Zti» Helena (14. Fortsetzung). Er preßte heftig, die Hand seiner Mutter. Sie sah ihn erschrocken und sehr bang an. Sie hatte auf der Stelle verstanden, welche Hoffnungen ihn bewegten. Daß er sie jetzt noch nicht aussprach, begriff sie. Daß er sie aber überhaupt hegte, begriff sie nicht. Wie selten versteht eine Frau die Liebeswähl eines Mannes! konnte. Das bißchen Schönheit vergeht doch, dachte sie. cmsopserungsfähigen Zügen im Wesen eines Weibes, und wo sie die nicht fand, glaubte sie ganz kindlich, da gefesselt fühlen. „Mein lieber Junge, sagte si« end lich in das beklemmende Schweigen fort. Denk mal, was hier alles auf zulösen 15t..." „Ja," sprach er hastig, „hier ist viel zu ordnen. Vor allen Dingen Tante Irenens Verlassenschaft. Wir werden müsse morgen fort. Die Mutter ver stand diese nicht. Jrne Hjelmer fen war ja da. rühr brächten. Die Mutter erzählte ihm auch noch, Tante Irene Habe, wie alle unheil ernstliche Anstalten dazu getroffen. Seit der Nachricht von Edlefs Un glück aber habe sie fast die Besinnung Wohltaten aufgehalst zu haben. Thassilo aber schien dies rätselhaft. Eine große Unruhe erfaßte ihn. Er endlich Irenens Schlüssel zu geben. Der Schreibtisch stand dem Bette gegenüber, darin die Mutter Edlefs Kissen entblößt, stand da wie eine Stätte der Unbarmherzigkeit. Alles Behagen war aus dem Raum geflohen. hinausgefegt Frierend setzte sich der Mann an den Schreibtisch. Der hatte einst Ire nens Gatten, Edlefs Vater, gehört Schronlteile. Auf der Platte standen der Verstorbenen darauf gestellt wor den waren: Bilder des Gatten, Pho tographien von Edles. Und ein Bild von Beate. Es zeigte sie in jenem weißen Kleid, ins ihre Schultern tief enthüllte. Sie lächelte in das kahle, lalte Zimmer der Vergänglichkeit mit dem üppigen Lächeln sicherer Lebensfreude Nebenan saß Frau Marie Stür mer noch ein Weilchen feierlich in ihrer Sofaecke und dachte, wie schreck lich es sei, daß Thassilo nun schon in dem Schreibtische der lieben, armen Irene wühle. Dann siel ihr ein, daß das Mäd ch-n in dcr Küche sicherlich dummes Zeug mache, denn mit ihren Koch künsten war es schwach bestellt, und der arme Tbcissilo hatte schon gestern «in Mittagessen vorgesetzt belomimn, gewesen war. Als sie aufstand, ein wenig küm merlich, denn ihre Nerven waren doch recht laput von all den Aufregungen, sah sie, daß die Platte oes Nipp fchränlchens wieder einmal s-hr schlecht abgewischt war. Und wirklich: von dem schönen Köppingschen war ein halbes Blatt abgrbrochen. Ein wohltätiger und kräftiger Aer ger zerstreute sie ganz und gar. In Fast war es Mittagessenszeit, und die Uhr ging auf drei, als Marie Stürmer wieder in ihr Wohnzimmer trat. Sie erschrak förmlich. Ihr Sohn saß da so versteinert am Fenster. Und sie wußte es seit seinen Kna benjahren: er war starr, wo andere rasen. Eine ungeheure Erregung lähmte ihn äußerlich um so stärker, du?Maschas! du?" Er sah sie an. Mein Gott, war dies in Hohn und Zorn verzerrte Gesicht noch das ernste Gesicht ihres lieben Jungen? „Mutter," sagte er, „Mutter du und ich, wir sind belogen und bestoh l</i sie sagten, er sei genial. Ja, er hat die Genialität der Frech heit gehabt !" Zitternd gehorchte sie. Ihr Näh auf der Kante und sah den Sohn ganz ängstlich an. „Nicht du, liebes Muttchen, hast leichtert. „Aber das ist doch egal. So wie wir zusammen lebten!" sagte sie leise. „Tante Irene hat eine musterhafte Ordnung in ihren Papieren und Bü- du hast ihm auch eine Generalvoll macht ausgestellt. Er hat mit seinem Gelde unglücklich gearbeitet. Als er mit unserem Geld gewagt. Zuerst mit Glück. Dann hat Edles in Holland Schulden, viel Schulden gemacht. Er nein Gelde gedeckt wurden. Die Schmälerung unseres Kapitals wur de dadurch so groß, daß die Zinsen sind da. Sie waren beide sich ihres Tuns voll bewußt. Alle beide. Du kannst in Edless Briese» die mitleidig spöttischen Bemerkungen lesen, in de zuholen, in „unserem Metier als noble Menschen" kein Aufhebens da von machen würden, daß man aber fahr-, w d .Mein Sohn/' rief sie, „mein Sohn!" Im Grunde ihrer Seele glaubte sie beinahe alles dieses gar nicht. Das nes erkannt habe: r war ein Lüg ner, will ich es frei sagen, daß er es war. Aendert der Tod die Tatsache? Mildert er sie? Schuft bleibt Schuft, ob lebend, oder tot!" „Es ist nur weil Tote sich nicht verteidigen können," flüsterte sie. „Hier sind die sprechenden Beweise in Briefen und Zahlen. Wie be quem hat es das Schicksal diesen bestohlen hat!" „Ich glaube, ich weiß es jetzt," sprach sie, „aber Bergeben ist christ lich/ h 112 h - fj- So rannen ihnen die Stunden. Mit unerschöpflicher bitterer Lust dem Gespräch erwog und zerglie heit. lich. Der Mutter schien es, als hätte sie Er küßte sie voll Andacht. „Spä- Wohltat sei. Beinahe beglückt. „Ach", sagte sie Er stahl mir dich. Er stahl mir Mutter Geld. Sein jämmerlich klei nes Ich brauchte so viel künstliche stand!" > greife, was ich litt!" ihm die Zeit. Es war Abend, als er in Mar Ob Hedi da schlief? Maurer Kloth. geschlagen. Meine Frau ist es ja nicht so lieb. Aber die Mari fünf zig für jede Nacht die nimmt man Kaffee....." hier sei und die Damen besuchen wolle. Das Mädchen ließ ihn in das liches. . namenloser Leidenschaften. Die Tür tat sich auf. Es war Hedi, die hereinkam. nein schweren Wesen Erleichterung bringen . „Meine liebe Hedi!" sagte er wie ein Erlöster. Thesit/ abweisen, das ging nicht. Beate wußte recht gut, daß es wichtig für sie war, freundschaftlich mit ihm zu stehen. So schickte sie denn erst Hedi hinunter. „Es ist mir sehr lieb, erst von Ihnen zu hören ... ich möchte doch viel wissen . . . ." Aber sie unterbrach ihn: „Erst muß ich wissen, wie es Ihrer lieben, teu ren Mutter geht!" „O," sagte er dankbar und ge rührt, „sie leidet. Es war zu viel. Besonders das Letzte. Ich will es Ihnen nachher erzählen! Ist Beat unglücklich? Sehr? Hat sie Pläne für die Zukunft? Möchte sie in ihr Hedi'' wurde sehr verlegen. Wie leicht war das alles gefragt! Wie schwer beantwortet! Nein, Beate war nicht unglücklich! Wenigstens konnte das Mädchen, das durch eine harte Jugend und viel Kümmernisse gegangen war, Beatens Seelenzu- ligr Offenheit!" Thassilo. »ng.uckUch. drängte entscheiden! Vielleicht hatte sie ihn jedem Verständnis Hedis entrückt. „Ich weiß es nicht," sprach sie leise, „Beute ist wohl eine verschloss bart sie nicht." nie sein!" Wie weh das tat! Unsäglich weh! Hedi sah zu Boden. Und plötzlich suhlte Tassilo sich jestät des Leides, tan? Zubrechen, sei geboten. Er war doch Edliss nächster Verwandter. Er durs!e doch nicht denlen, sie habe lein Herz! Aber gerade in diesem Au genblick ... die Hast des Sich-wie der-ankleidens . . . vie Sorge, recht schön im Trauerlostüm auszusehen Augenblick war die Kummerstim mung wie weggeweht. Ach, der arme Edles! Ja, gewiß, es war schreck lich .. . Aber immer, immerfort wei nen kann auch ein gebrochenes Herz nicht! Und ihr Herz war doch ge wiß beinahe gebrochen . . . .! Ein schwerer Seufzer hob ihre Brust. Ach, ihre Lage war grgßlich! Ob es wohl eine Frau gab, die sich voll Sicherheit darin zu bewegen wußte? „Ich muß Fassung bewahren, lie ber Thassilo," sprach sie langsam, „sonst Er tußte ihr zum zweitenmal die He.nd, ergriffen gerade durch diese Fassung. „Sie haben seiner armen, lieben Mama die letzte Ehre gegeben?" fragte sie und schritt aus die Gruppe von Stühlen und einem Tischchen zu, die mitten im Zimmer unter der elektrischen Krone stand Mit ihrer gewohnten königlich anmutigen Ge bärde bat sie, mm möge sich setzen. „Und meine Mutter sendet Ihnen tausend Grüße!" sagte er. Sie neigte danlend das Haupt. Sie fragte aber nicht, wie es seiner Mutter gehe. Es siel ihm auf. Ein leise-, schmerzliches Gefühl wollte in ihm auswallen. Gleich zieh er sich der Härte. Wie tonnte man von ihr Gedünlen an andere verlangen! „Was führt Sie noch so spät heute abend hierher? Und so direlt von oer Bahn, wi« mir scheint?" fragte Beate. fallen! Aber wieder war. es, als hübe die Zwiespältigkeit seines Wesens ihr Haupt, und aus dem Untergrunde seiner Seele !am etwas herauf.... In das heiße Begehren seines Temperamentes, das sich sättigen „Was haben Sie!?" fragte sie, zu machen, die ..." Nein, dachte er, nicht ich will ihn ihr zeigen, wie er war. Es könnt« ihr wehtun . . . Und fest und sicher fuhr er fort, wie ein Mann, vor dessen Willen sich alles niederwerfen muß auch die Feinde in seinem eigenen Temperament. Er sagte, daß Edlef und seine Mutter lein nennenswertes Vermö gens, daß sie an dem Gewinne des Wertes teilhabe, welche er noch zu sammen mit Edlef begonnen? daß er hierüber alsbald feste, beruhi gende Besprechungen mit Wackernag«! Rungen als etwas Selbstverständli ches hin. Ihr fiel nicht von fern ein, daß ihr da ein fürstliches Ge scheut angeboten wurde oder ein Almoseu wie man es nun nennen wollte. „Ich weiß es," sprach sie, „daß Sie Edles viel verdanken. Und ich habe das Bertrauen, daß Ihr Ver hältnis zu dem teuren Verblichenen Sie bestimmt, meine Rechte voll zu wahren." Noch einmal packte es ihn .... die Bitterkeit stieg qualvoll ...» Seine Augen sprühten .... Schon wollte das böse Wort der Wahrheit das Hägliche tun! Innerlich sehr befriedigt, erhob Beate sich. Es lag ihr aber viel daran, das recht abzukürzen. Sie wußte nicht, wie es kam, aber mit dem allerbesten Willen war sie nicht in der Stimmung, zu weinen heute abend. So konnte Thassilo noch wirklich denken, sie sei nicht traurig. Und sie war es doch schrecklich, ganz schrecklich! Sie hatte gar nicht ge dacht, daß es so viel Kummer in der Welt gäbe! Sie würde noch rein alt und häßlich davon werden! „Verzeihen Sie. wenn ich mich schon zurückziehe!" sagte sie mit leid vollem Ausdruck. „Sie begreifen... Aber Hedi plaudert wohl noch gern mit Ihnen. Tie arme Hedi hat sonst immer nur mich und meine Trä- Und dieser Gedanke rührte sie Plötzlich doch... Ja, das Leben war zu schiver jetzt Sie drückt« ihr Ta schentuch gegen die Augen und reichte abgewandten Hauptes Thassilo die Rechte. Der Mann war aus aller Fas sung. Seiner verschlossenen Art er schien jeder Gesühlsausbruch als et was Unerhörtes, Er glaubte dann ein Maß von Empfindungen zu se ben, das über sein Begreifen fast hinausging. Er kam sich dann selbst roh und kalt vor. Und nun gar die Tränen einer Frau! Dieser Frau! Er suchte Hedis Blick. Er wollt« auch in ihren Augen das Mitleid und die Rührung lesen, die er mit und über Beate empfand. Aber er begegnete einem blitzenden, ja, einem „Warum überhäufen Sie Edlefs Witwe so töricht mit Großmut? Onkel Altheer ist wohl manchmal in allerlei Schwierigkeiten, aber seine Tochter kann er noch ernähren." „Hedi," sagte er erstaunt, „woher wissen Si.' denn, daß es Großmut ist?" (Fortsetzung folgt). Gewissenhaft. „Soll ich nicht unserm Sohn gleich in's Feld schreiben, daß wir den Hauptreffer gewonnen haben?" „„Lieber nicht, schließlich schießt er vor Aufregung daneben!"" Du vielleicht Geld, lieber Onkel?" aus diese sonderbare Idee?"" ! „Na, ich dachte, Du wärest in der > selben Situation wie ich."
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