LI« Abenteuer sn «kr «iviera. Von Alfred Mai,er-Tckhaldt. Als der Oberst aufwachte, emp fand er seine Lage als keineswegs be haglich. Die Hände waren ihm auf sen Rücken gebunden; seinen Mun» tedeckte einer seiner Reithandschuhe, iiber den ein vom Tischtuch abgerisse ner Leinwandstreisen ihm in mehr fachen Windungen um den Kopf ge wickelt war. Die Rouleauschnur, die ihn in den Sessel gesesselt hielt, war so strasf gezogen, daß sie ihn in die Arme und Beine schnitt. Und der widerlich-süßliche Chlorosorm geruch wollte auch gar nicht aus der Äafe. . . . Die tiesverschleierte schlanke Dame in Schwarz, die behauptet hatte, die Witwe seines Regimentskameraden Blenkhurst zu sein, stand vor ihm. Mit der höflich-sicheren Gelassenheit, die an wohlerzogenen Amerikanerin nen so überaus sympathisch berührt, sprach sie: . ... „Also nochmals tausend Dank für Ihr freundliches Entgegenkommen, lieb« Oberst. Entschuldigen Sie gütigst die kleine Unbeqemlichkeit, die Ihnen zu verursachen die Umstände mich leider zwangen. Unser Plauder stündchen wird mir zeitlebens eine meiner angenehmsten Erinnerungen bleiben!" Damit grüßte sie ihn mit unnach ahmlicher Grazie und schwebte aus dem Zimmer. Wirklich, ein Pracht weib! Diese Anmut mit Kraft ge paart in dem elastisch-jugendlichen Körper. Mit welcher Kraft! Wie sie ihn, Oberst Grizzles. dem seine Bä renstärke noch mehr als seine Grob heit den Spitznamen Grizzleybear eingetragen, von hinten umschlungen, festgehalten und betäubt hatte, nicht für möglich bätte man es halten sollen von solch weiblich-zartem We sen! , Der Oberst sah noch, wie der im Schlüsselloch steckende Schlüssel sich scheinbar von selbst umdrehte und die Tür abschloß. Offenbar wurde er von außen mit einer Zange gefaßt und gedreht. war ja wirklich ein reizendees Si tuatiönchen. Da faß er, ohne ein Glied rühren zu können, unfähig, ei nen Laut auszustoßen, in seinem Sessel; sein Schreibtisch erbrochen, die Schränke durchwühlt. Ob die Kanaille auch den Geheimtresor un ter dem Bilde im Schlafzimmer ent deckt haben, mochte? Und fünf Schritte davon das Telephon un erreichbar! Der Schädel hätte ihm zersprin gen können vor Wut und Scham. Mit welcher Wonne würde die gelbe Presse sich des Vorfalls bemächtigen, wenn man ihn in diesem Zustande auch in dem Schmutzblatt, den „Town Topics": „Galantes Abenteuer eines Obersten!" „Der übertölpelte Grizz leybear!" „Der graue Oberst und die schwarze Dame!" ganz New Jork würde seine Freude haben on dem Skandal. Und erst seine po litischen Gegner wie die den Fall ausschlachten würden. Kein Mensch würde ihm ja glauben, daß das Frauenzimmer sich bei ihm als Wit we des seligen Blenkhurst eingesührt nnd ihn angebettelt habe; als Wüst ling, den die gerechte Strafe traf, würde man ihn kennzeichnen, >etzt vor den Wahlen. Plötzlich überlief es ihn siedend beiß; wenn man ihn nun nicht fand? Wie sollte man ihn denn überhaupt finden wann? Die Aufwartefrau hatte er ja gestern zum Teufel gejagt, und noch keine neue. Wenn's draußen schellte, er tonnte weder öffnen noch um Hilfe schreien. Der Abend senkte sich herab, und init der zunehmenden Dunkelheit wuchsen die Schreckbilder seiner Phan tasie ins Grauenhaste. Seine einge schnürten Gliedmaßen schmerzten ihn schier unerträglich. Erst als der Morgen wieder dämmerte, kam ein Zustand wohltätigen Erschöpstseins über ihn, und er fiel in ohnmachtähn lichen Schlaf. Heftiges Poltern an der Korridor tür ließ ihn wach werden, als die Senne schon hoch am Himml stand. Die Kaminuhr zeigte aus zwei Uhr nachmittags. Stimmen Axt schläge, Splittern von Holzwerk Dann Fußtrampeln im Korriddr. Wie derum vergebliche Versuche, die Zim mertür zu össnen. bis sie krachend nachgab und drei Schutzleuten Einlaß Im Nu fühlte sich Grizzles losge schnitten und auf einen Diwan ge legt. Zwei der Beamten waren eifrig beschäftigt, ihm Arme und Beine zu frottieren, während der dritte ihm ein großes Glas Kognak einflößte, das er aus der auf dein Seitentisch stehenden Karaffe eingegossen. Sobald der Oberst sich genügend erbolt hatte, stellte der eine der Bcam ' ten sich ihm als Kriminalkommissar »Äryce vor und zeigte ihm eine getypte Nohrpostkarte. die vor einigen Stun den bei der Polizeistativn eingelaufen war. Fie lautete: „Oberst Grizzles, 24, 14. Straße West, siebentes Stockwerk links, lidgt » gefesselt in seiner von innen verschlos senen Wohnung und wird verhungern, wenn Ihr ihn nicht befreit." Natürlich hatte man die Nachricht für eine alberne Mystifikation gehal ten; der ablösende Revierschutzmani» war, als er seinen Posten bezog, in dessen doch glücklicherweise auf den Gedanke» gekommen, nachzusehen, und hatte die Tür tatsächlich ver schlossen gefunden. Da er die Ge wohnheiten des Obersten, der zu die ser Zeit nicht auszugehen pflegte, kannte, hatte er an die Wache telepho niert. Die Untersuchung ergab, daß des Obersten gesamter, einige hundert Dollar betragender Bargeldvorrat, seine Uhr und sämtliche Preziosen ge raubt waren. Natürlich war der Geheimtresor geöffnet; das Scheck buch jedoch seltsamerweise unberührt. Vermutlich hatte die Diebin nicht den Mut gehabt, eines der Formu lare auszufüllen und damit einen Angriff auf das Bankdepot zu un ternehmen. Dagegen fand sich eine andere, höchst merkwürdige Ueberra schung. In einer Ecke des Schlafzimmers war nämlich eine Planke des Fuß bodens ausgehoben, die, wie die Un tersuchung ergab, anstatt mit Nägeln, mit Schrauben befestigt gewesen war. Die Höhlung war säuberlich mit Blech ausgekleidet und im übrigen leer wie eine taube Nuß. Der Inspektor und seine Unterge benen sahen sich an. Dann mußte Oberst Grizzles. so unangenehm es ihm auch war, sein Abenteuer aus führlich berichten. Eine Dame hatte gestern bei ihm angeläutet und sich als Witwe seines inzwischen verstor benen Kameraden Major Blenkhurst vorgestellt, die ihn in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen wünsche. Natürlich hatte er sie mit größter Höflichkeit empfangen; im Laufe des Gesprächs hatte sie ihm einen Brief, den Blenkhurst auf dem Totenbett an ihn geschrieben haben sollte, überreicht, und während er sich bemühte, die ziemlich bundeutliche Handschrift zu entziffern, war er überfallen, chloro formiert und gefesselt worden. Mit verständnisinnigem Schmun zeln, hatten die Polizeibeamten zuge hört. Als der Oberst fertig war, äußerte einer lakonisch kurz: „Jim Curtis!" „By Jove Smith! Recht haben Sie! Das ist so eins seiner Stück chen stimmt auch sonst zu allem! Bor zwei Monaten ist er aus Sing Sing ausgebrochen, hat sich natürlich in New Jork verborgen gehalten und mußte jetzt endlich was unternehmen, um zu Geld zu lommen. Aber was wollte er gerade hier?" „Will ich Ihnen gleich sagen, In spektor! Herr Oberst, wie lange haben Sie diese Wohnung?" „Seit drei Vierteljahren." „Und vor rund einem Jahr wurde Curtis nach Sing Sing geschickt. Zwei Monate vorher war Mrs. De vereux' Perlenarmband gestohlen worden und ist bis heute noch nicht zum Vorschein gekommen. Geht Ih nen nun ein Licht auf? Der Dieb stahl wurde ihm ja mit zur Last ge legt, konnte aber nicht bewiesen wer den!" „Die Wohnung soll aber vor mir eine Dame gehabt haben", wandte der Oberst ein. Die Polizisten brachen in lautes Lachen aus. „Mit Damen haben Sie wirklich kein Glück, Oberst! Jim Curtis gibt mit Vorliebe Damen gastrollen und hat immer ein halbes Dutzend Wohnungen zugleich. In dieser hat er eben als Dame gehaust, halbe Million wert sein soll, hatte er dort unterm Fußboden verborgen. Jetzt hat er es abgeholt und leider bei der Gelegenheit Ihre Uhr und Kette und Geld dazu!" Nirgends vergessen ausgestandener Aerger und Ungemach sich doch leich ter als im sonnigen Nizza! Gleich nach seiner Ankunft hatte Oberst Grizzles seine angebetete Mrs. Devereux in ihrer von Kletterrosen überwucherten weißen Marmorvilla aufgesucht. Auf der dem Meere zu gelegenen Terrasse, wo sie Tee ge trunken, hatte der Oberst ihr die Ge schichte von seinem Ueberfall, die sie übrigens bereits aus dem Herald kannte, erzählt. Daß ihr entschwun denes Perlenarmband nach Ansicht der Polizei eine Rolle darin spielte, hatte ihr Interesse geweckt und die schöne Frau aus der kühlen Reserve, die sie ihrem Verehrer gegenüber daheim stets gezeigt hatte, ein wenig her austreten lassen. Sie schieden als beste Freunde, und der Oberst war aufgefordert worden, häufiger vorzu sprechen. Selbstredend hatte er es sich nicht zweimal sagen lassen. Traf er sie nicht schon morgens aus der „Promenade de sept heures", dann holte er sie sicher zum Tennis ab. Sie unternahmen Spazierritte und Aus flüge im Auto; nie fehlte Grizzles bei ihren Empfangsabenden Dienstags amerikanische Kolonie traf; und daß er auf allen Bällen ihr bevorzugter Tänzer war, mußten Mrs. Deve reux' zahlreiche Anbeter mit stillem Neid feststellen. war Grizzles mit dem Stande der Fleck, Gewiß, Mrs. Devereux mochte ihn besser leiden als die übrigen Courmacher aber von da bis zur Liebe schien doch noch ein sehr weiter Schritt. Die schöne, blonde Witwe genoß ihrer Freiheit in vollen Zügen und schien nicht die mindeste Lust zu haben, sich zum zweitenmal in Fesseln schlagen zu lassen. Immerhin seine Chancen standen nicht schlecht. Das hatte er sich heute noch mit Befriedigung gesagt, wäh rend er seinen Frack anlegte. Voll angenehmster Erwartungen schritt er die Rampe der weißen Villa heraus; heute, am Unabhängigkeitstag, hatte Mrs. Devereux' es sich nicht nehmen lassen, was nur von irgendwie ge sellschaftsfähigen Amerikanern in Nizza weilte, zum Ball einzuladen. Kaum hatte er die Gastgeberin be grüßt, als sie ihm lächelnd einen schlank gewachsenen, bildhübschen, brünetten Burschen mit fast mädchen haft zarten Gesichtszügen vorstellte: „Lieber Oberst noch ein Lands mann. der heute angekommen ist Mr. de Ribeira aus Los Angeles." Donnerwetter wo in aller Welt kam dieser Kalisornier hergeschneit? Seine unternehmungslustige Miene gefiel Grizzles gar nicht, und die gut« Laune des Obersten ward entschieden gedämpft, als er feststellte, daß Mrs. Devereux dem Neuankömmling gleich die ersten vier Tänze bewilligt hatte. Sollt- ihm da eine Konkurrenz er- Es ward eine,' und zwar eine ganz gewaltige, wie die nächsten Tage er gaben. Mr. de Ribeira hier. Mr. de Ribeira dort das dritte Wort, das Mrs. Devereux sprach, war Mr. de Ribeira. Wo sie sich nur zeigte, im Kasino, im Theater, bei allen Wohl tätigkeitssesten. beim Tennis, beim Golf, im Auto Mr. de Ribeira folgte ihr auf den Fersen, und der Oberst konnte sich nicht verhehlen, daß die um zwanzig Lebensjahre reifere Erfahrung, die er aufzuweisen hatte, in den Augen der schönen Witwe kei nen Vorzug zu bedeuten schien. Rein toll geworden schien sie zu sein. Wengistens deuchte dies Grizz les. als sie eines Abends bei einem kleinen intimen Souper im Bristol, offenbar absichtlich, ein Bielliebchen an Ribeira verlor, nur um ihm ihr goldenes, rubinengeschmücktes Ziga rettenetui schenken zu können. Mehr als einmal war er daran, die Partie als verloren aufzugeben. Er machte sich seltener in der weißen Villa und fuhr jetzt öfters abends nach Monte. Er hatte angefangen, lor/war ihm gleichgültig. Nur be täuben wollte er sich feinen Aerger vergessen. Was ihm aber nicht ge lang. Dafür sorgte die Witwe, die ihn neuerdings als väterlichen Freund behandelte. „Lieber Oberst," meinte sie eines Tages, „finden Sie nicht, daß Mr. de Ribeira schlecht aussieht? Wissen Sie. ich habe Angst um ihn; ich fürchte, er spielt. Aber er hat mir verspro chen, daß er nicht in den Cercle geht. Ich habe ihm gesagt, ich kann die Gamblers nicht leiden!" „Lassen Sie ihn zum Henker ge hen!" hätte der Oberst ihr am lieb sten geantwortet. Aber dazu war er viel zu wohlerzogen. Außerdem kam ihm ein Gedanke. > „Er wird sicher nicht hier im Cercle spielen, wenn er weiß, daß Sie es nicht lieben. Mrs. Devereux. Aber Monte ist nicht weit!" „O Oberst! Wie können Sie das sagen!" „Ich will Ihnen mal was sagen, Mrs. Devereux. Diese Kalisornier spanischer Abkunft sind alle Spieler. Und diesem Mr. de Ribeira traue ich keine fünf Schritte übern Weg. Ver sprechen Sie mir, ihm gegenüber vor sichtig zu sein? Wollen Sie diesen Verkehr aufgeben, wenn ich Ihnen in drei Wochen den Beweis liefere, daß er ein Spieler ist?" „Oberst daseist „Häßlich oder nicht, ich habe mei nen Argwohn! Sie sollen mir vor läufig nur versprechen, ein wenig zu rückhaltend zu sein, das ist alleslch recht! Halten Sie mich für einen Gentleman oder für einen Schuft, der imstande ist, einen na jn. sagen wir's rund heraus, unbequemen Ne benbuhler glatt zu verleumden?" Mrs. Devereux sah ihn betroffen an. Der ehrliche, offenbar mit auf richtigem Schmerz durchsetzte Zorn lleidete'ihn gut. Gewiß ein Gentleman war er. Fast tat es ihr leid, ihn so schmählich behandelt zu haben. „Oberst, für einen aufrichtigen Freund habe ich Sie immer gehalten. Ich gebe Ihnen drei Wochen Zeit, sich zu überzeugen daß Sie unrecht haben. Versprechen Sie mir, dann offen zu bekennen, daß Sie sich ge läuscht haben?" „Topp es gilt. Und wenn ich rech! behalte. Mrs. Devereux?" sie schnell zur Antwort. Grizzles glaubte zu bemerken, daß sie leicht er- War er bisher nur ab und zu nach Monte gefahren, jetzt war er jeden Abend dort. Seine Aufmerksamkeit galt von nun ab aber mehr den Gä lten des Spielsaals als dem Roulette iisch. Den Kalifoinier bekam er je doch nie zu sehen. mit mäßigem Glück ein wenig ge spielt hatte und schon im Begrisf war, wegzugehen, blieb er am letzten Roulettetisch noch einmal nachdenklich stehen. Die überhitzte Atmosphäre, die diese auS aller Welt zusammen gefegte Spielerumgebung ausströmte, begann allmählich auch auf ihn ihre Wirkung auszuüben. Etwas von Spieleraberglauben überkam ihn er wollte eine Frage ans Schicksal stellen. Er zog ein 1000-Frank-Billett her vor und warf es auf Z6ro. „Gewinne ich," dachte er, „so soll's ein Zeichen sein, daß ich das andere Spiel auch gewinne, verliere ich gut, so gebe ich auf." „Le jeu est fait. Rien ne va plus!" rief die trockene, geschäfts mäßige Stimme des Croupiers. Die Kugel rollte und klapperte melan cholisch wartete Grizzles auf den Ausgang. „Z6ro!" Die auf dem Tisch ange häuften Goldstücke und Banknoten wurden zusammengeharkt, nur Grizz les wurde ein Pack Tausender hinge worfen wohlgezählte 35 Stück! „Z6ro, erklang es abermals. Nun hatte er im ganzen 70,000 Frank ge wonnen. Er raffte sein Geld zu sammen und wandte sich in äußerst gehobener Stimmung zum Gehen. Ein Schwärm beutelustiger Kokot ten folgte ihm. Aergerlich schüttelte er die Zudringlichen von sich ab; nach derlei stand ihm der Sinn wahr haftig nicht! Eine jedoch, ein schmäch tiges, blondes Ding, ließ sich nicht abweisen. „O Monsieur", sprach sie, „Sie haben so großes Glück gehabt, wollen Sie nicht ein gutes Werk tun? Bitte, bitte, lösen Sie mir bei Charles dort meine Brillantbrosche ein, auf die er mir 50 Frank geborgt hat, es war mein letztes Eigentum." Schon war besagter Charles, einer jener Wohltäter, die im Spielsaal Geld gegen Pfänder verleihen, heran gekommen. Der Oberst war in gene röser Stimmung; er löste das Schmuckstück ein und schenkte der Klei nen noch ein Hundertfrankbillett zu. Diese günstige Konjunktur wollte der Geldvermittler gleichfalls ausnutzen „Wünschen Sie nicht ein Andenken an diesen Glücksabend, mein Herr? Ich hätte ein hervorragendes Ange bot zu machen; diese Nadel, nur 8000 Frank! Ein Spottgeld mein Herr" Damit hielt er ihm eine Krawatten nadel entgegen, eine große, schwarze Perle, umgeben von drei kleinen, je doch sehr reinen Brillanten. Wie ein Schlag durchzuckte es Grizzles. Die Nadel kannte er ja als seine eigene, die ihm damals bei dem Ueberfall in New York gestohlen wurde! Eine innere Stimme jedoch flüsterte ihm zn: „Vorsicht! Nichts merken lassen!" Deshalb fragte er unbefangen: „Zeigen Sie her. wirklich sehr hübsch! Von wem haben Sie die Nadel?" „Die hat mir vergangene Woche eine Dame verkauft, wahrfcheinlick -ine Kokette, die sie hier irgendwie er gattert haben wird. Sie kommt öf ters her, heute ist sie nicht hier." „Nun geben Sie mal acht, werter Freund! Diese Nadel wurde mir, Oberst Grizzles, in New York ge stohlen, vielmehr geraubt! Auch von einer Dame Ich könnte einfach die Polizei benachrichtigen und Ihnen Unannehmlichkeiten machen, will es aber nicht tun. Ich habe nämlich ein großes Interesse daran, jene „Dame" wiederzusehen; ich kaufe Ihnen meine Nadel für 5000 Frank ab und ver spreche Ihnen noch einen Tausender extra, wenn Sie mir dazu Hilfen. Ab „Aber ich schwöre Ihnen, ich weiß nicht, wer die Dame ist, noch wo sie „Ist auch gar nicht nötig! Ich habe alle Veranlassung, anzunehmen, daß sie mir, wenn sie mich sieht, aus dem Wege gehen wird. Ich werde deshalb von nun ab täglich mit ei nem roten Schnurrbart und in fuch siger Perücke herkommen. Ihnen werde ick mich zu erkennen geben, und wenn Sie die Dame hier im Soll°ich Ihnen die Polizei auf den Hals Hetzen?" „Nein, nein, Herr Oberst, ich bin ein ehrlicher Mann Sie nehmen mir die Nadel ab?" „Geben Sie her hier 5000! Und wie gesagt, 1000 bekommen Sie dazu, wenn ich das Weibsbild fasse!" Seit drei Tage bezog Grizzles nun schon allabendlich seinen Lauer posten in Verkleidung; bisher ohne Erfolg! Diese Jagd hinter dem Einbrecher, in die er da so unvermu tet hineingeraten war, hatte seinen Gedanken eine ganz neue Richtung gegeben; er dachte fast nicht mehr an Ribeira und die Witwe. Wie eine Befreiung empfand er es und atmete förmlich auf. Mochte Mrs. Devereux schließlich tun, was sie nicht lassen konnte er hatte jetzt Wichtigeres vor. als hinter dem Kalisornier her >uspionieren! Jemand stieß ihn im; Charles stand neben ihm und zog ihn in eine Ecke. .Herr Oberst, sehen Sie, dort am zweiten Roulettetisch, die Dame in Schwarz! Sie muß wieder in Geld not sein, sie hat mir das hier für 3000 Frank verkauft, IS,OOO ist es minde dtnes, mit Rubinen inkrustiertes Zi garettenetui Mrs. Devereux' Ge schenk an Ribeira! Dem Obersten' flimmerte es vor den Augen. Ding? 6000? Hier, her da«>it!" am Roulettetisch einzog, wurde von hinten der Hut nebst Perücke abge rissen. Sie zog daraufhin einen stets im Saale anwesenden Detektivs entgegen. Mrs. Devereux erhielt am folgen den Morgen ein kleines Paket. Als sie es öffnete, blitzte ihr ihr Ziga rettenetui entgegen. Dabei lag ein Billett: „Gnädige Frau! Anbei der ver sprochene Beweis, daß Mr. de Ri beira alias Mrs. Blenkhurst alias licher Verwandlungskllnstler und Ein sich nicht scheut, dem ersten besten Pfandleiher zu verschachern, was ihm heilig sein sollte, nur um seiner Lei denschaft frönen zu können! Vielleicht wird er demnächst vor dem Unter suchungsrichter auch Auskunft über Ihr Perlenarmband geben, meine Na del hat sich bereits gefunden. Nähe res mündlich. Ihr allzeit getreuer Ritter Grizzles." Als sie die Zeilen las, lief es ihr kalt über den Rücken. Ribeira Jim Curtis! Um dieses Verbre chers willen hatte sie den Ober sten Welch furchtbarer Gefahr war sie da mit knapper Not entgangen! Mein Gott, sie hatte sich doch für so er fahren gehalten, so sicher gefühlt, und wäre fast diesem Banditen zur Beute gefallen. „Nein das Alleinsein war doch nichts für sie! An eine alleinstehende Frau, namentlich wenn sie reich ist, drängen sich zu viel« Abenteurer her- Nach drei Wochen meldete der New Aorker „Herald" die Verlobung von Mrs. Florence Devereux, Witwe von Gerald I. Devereux, mit Oberst James Rowland Grizzles. «ine Net«« «nttSuschitng. / In dem hübschen Billenvorort von Paris, Passy, erhebt sich in der Rue Raynouard ein bescheidenes Haus, das im Laufe der Jahre zu einem Wallfahrtsort der Verehrer des Dich ters Balzac geworden ist. In dem mittelsten der von Balzac ehedem be wohnten Räume steht noch ein klei ner Schreibtisch mit einer Unmenge von Schubladen. „Dort hob Balzac sein Geld auf,. . . wenn er etwas hatte. Und gerade an diesen kleinen Schreibtisch mit seinen vielen Schub fächern knüpft sich unsere Geschichte. Der Dichter hatte die Gewohnheit, wegen der größeren Ruhe in der Nacht zu arbeiten und bis spät in den Tag hinein zu schlafen. So kam es, daß eines Mittags sein Schneider, mit einer langen Rechnung bewaffnet, ihn aus den schönsten Träumen riß. Mit unwillig grollender Stimme klang es schläfrig aom Bett her: „Was wollen Sie denn von mir?". . . „Ich habe die Rechnung für die letz ten Anzüge mitgebracht, Herr v. Bal zac." Ein kräftiges „Uuuuaaaah!" war zunächst die Antwort des seinem unliebsamen Besucher immer noch die Kehrseite zuwendenden Dichters. Dann schaute er, sich die Augen rei bend, zum Schreibtisch hin: „Gut, öffnen Sie bitte die oberste Schublade rechts", sagte er zu dem Schneider, der ob der schnellen Erfüllung feiner gewagtesten Hoffnungen sich eilfertig „Ebensalls l-er!" „Noch tiefer, die nächste!" „Auch nichts vorhanden!" „Vielleicht in der Reihe auf der linken Seite!" Nach langem vergeblichen Durch suchen gelangte der Schneider zu ei nem Fach, das voll mit Papieren war. Freudig rief er aus: „Hier hab' ich's, da sind lauter Papiere!!" Ruhig antwortete Balzac: „Das sind meine unbezahlten Rechnungen. Legen Sie die Ihrige oben auf!" drehte sich gegen die Wand und nach wenigen Minuten trieb das lräftige Schnarchen den enttäuschten Gläubi ger aus der Wohnung hinaus. «Us »er St«r»war>«. In die Treptower Sternwarte bei Berlin lam ein biederer Bauer, sah sich die Fernrohre an und sagte, er möchte auch einmal durchgucken. Was er sehen wolle? Na, den Mond. Sehr gern, sagte der diensttuende Astro ! nom, da solle er nur am Abend wie- Mond auch ohne Ihr olles Fernrohr > sehen." «haltspear« im wirtöh««»». Shakespeare war in London lange „Soll ich meine Bequemlichkeit nicht haben in einem Wirtshaus?" Wie sein Geschöpf, der dicke Sir John, 112» hat auch Shakespeare selber gedacht und in der Taverne „Zur Meermaid" in Broadstreet mit seinen Freunden tapfer gegessen und gezecht. Zwar die Bekanntschaft von Sir John Old castle, dem Urbilde Falstaffs, hat er Eastcheaps, geinacht, aber für gewöhn lich pflegte er mit feinen Freunden und Kollegen Fletcher, Taylor »nd Burbage bei Dun, dem Wirte der Meermaid, zu speisen und zu trinken. Das Mittagessen nahm die Gesell schaft um 12 Uhr, das Abendessen „gekochte Tulpenstengel",' „Pute in Weißwein und Essig gesitten und mit Fenchelsauce übergössen",, „gepö kelte Gans mit Nelke und Ingwer gewürzt", „Omeletten von Malven- Essen kam auch die Nase aus ihre Kosten. Und an Bier und „Sekt" wird es ganz sicher nicht gekehlt ha iier Zeit seit Sir Walter Raleighs die Pfeife nannte, gewesen zu sein! Morgens 9 Uhr» Beim Doktor Bor der Tür stand ein Bauernjunge von etwa IS Jahre und sagte: „Der Herr Doktor soll au in d'Gmeind bunne werre!" „Wo kommst du denn her?" „Von Z." Die Haushälterin nieldete die Bestellung ihrem Herrn. den Aeltesten des Bärenbauern und fragte ihn im Dialekt: „Was ifch denn deim Badder g'schehe?" „Er Hot e blaus Aatz." „Sonscht nix?" „Doch!" „Was denn? Sag doch alles!" „Sonscht noch alles." „Was denn alles?" „I woiß nitte!" „Hot denn noch aaner e blaus Aaag?" „Jo!" „Wer denn?" Nun nannte Vadder. , kumin mittags. .Jo. Mittags ließ der Landarzt anspan nen. Nachdem er seinen frisch ausge« ging auf den Sohn und Enkel über, und des Bauern Aeltester hieß jetzt schon der „junge Bärenbauer". Bärenbauer: „'s wor G'm'o'i'n'd'«- ortswahl." ein deutscher Baron." Er aber schüt telte düster das Haupt. „Ich bin keinßaron, und ich habe nicht in Hei delberg studiert. Ich bin nur in der Freiseurschult angestellt, in der die „Sahst du. mit welchem Löwenmut lEr sein Gewehr auf Möven lud?" Aengst! ich. Pantoffelheld (zur Köchin): Geh'n S', Kathi, tun Sie mir's zu Lieb', und verföhn'i» lassen S mich halt net allein mit Nach?? He" meine Alte net schimpft, möcht ich ihr gern für 20 Pfennig PralinS« mitbringen, die ißt f' gar gern! Monolog eines Jung gesellen. Ja, putzsiichtig sind al« le Mädchen heutzutage, aber putzen, nee, das wollen sie wieder nicht. Ein querköpfiges Voll, das Weibervolk, Kuriert. „Das Wasser ist doch ein mächtiger Faktor in dir Heilkunde!" Studiosus: Ja, ich habe auch ein mal welches getrunken und war ku riert. Pariert. Arzt: .Nu, sagen Sie mal, lie ber Rechtsanwalt, ist denn das nicht ein recht peinliches Gefühl, wenn man sich nach einem verlorenen Prozeß noch die Kosten zahlen lassen muß?" Rechtsanwalt: „Ja, Sie Ha ben's darin besser, lieber Doktor, die Hinterbliebenen zahlen Ihnen das Honorar gern!" » Moderne Kriminali st ik. „Bitte schön, könnten Sie meiner Wange erkennen, welcher Lump mich heut im Wirtshaus ge ohrfeigt hat?" Im Berufseifer. Gatte (seinen hellen Ueberzieher ausziehend): „O, diese Lumpen..." .Was ist denn?" andere Kleidungsstücke aus dem Bor zimmer des Herrn Hüllweg gestoh len zu haben. Die haben Sie na werden ja gewöhnlich verkauft. Anzüglich. Herr: .Ich begreife nicht, ange betete Karin, was Sie mit Ihrem Wohltätigkeitsverein für Sachen ma chen was können denn Frauen Mißverstanden. Arzt: Ich Frau; es steht schlecht mit Ihrem
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