Ein puritanischer Heide. Von J?lien Gordoa. (12. Fortsetzung.) Aber für Paula, der das Herz heut« weit und voll war, hatte dieses Meer von unbekannten Gesichtern et was Großartiges und Berauschendes. Ein paar einleitende Reden wurden gehalten, wobei die Kunst der Redner mehr oder wenige: zu wünschen übrig ließ, während doch alle über einen gewissen pathetischen Schwung und die Schlagfertigkeit von Männern ver wöhnt sind. Dazwischen kamen Mu sikstücke zur Ausführung, und end lich. nach der eigentlichen Festrede, wurde der Präsident bestürmt, auch das Wort zu ergreifen. Die rechte Hand auf der Brust, die linle nicht ganz ohn« Anmut gegen die wogende Menschenmenge unter ihm ausstrek kend. sprach er. nachdem die ersten Ausbrüche patriotischer Begeisterung gestillt worden waren, ein paar war me, glücklich gewählte Worte zum Preise des großen Gelehrten, dessen Gedächtnis zu ehren und aufzufrischen man sich heute hier versammelt habe. Er sprach ruhig und klar, die rauhe gewaltige Stimme erfüllte den wei ten Raum und drang sogar noch hin aus auf die mondbeschienene Straße, wo sich eifrige Hände, darunter in gro ßer Anzahl die kunklen unsrer schwar zen Brüder, zum Beifallsklatschen rührten. Paula saß nur ein paar Schritte von ihm entfernt, und plötz lich trat er, sich zum Dank für den stürmisch gespendeten Beifall vernei gend, zu ihr hin und führte sie rasch „Meine Damen und Herrn," sagte er und lautgezischte „St!" stellten einen Augenblick lang tiefe Stille im Saal her „ich weiß, daß Ihre Zu rufe nicht mir gelten: Sie haben viel mehr sicher die Absicht, der Tochter hallte wider von begeisterten Jubel rufen. Das Orchester spielte das „HeU Columbia!" und alles nig erschreckt hattet und sie wußte nicht recht, ob sie des Präsidenten un vermutete Handlungsweise billigen wie glücklich ich darüber bin! O gissen dich nicht!" ' gespielt. Als sie jetzt d!r Treppe hin aufgestiegen war. fand sie ihre Jung wie sitß war doch diese neuerrungene Geltung in der Welt, diese Huldi gung, diese schmeichelhafte Beachtung, di« mit jedem Tag mehr ein Teil ihres Lebens, ein Bedürfnis sie wurden. Mögen die im Dunkel da ist ja doch nur Neid! der Beifall fühlt, die Welt hatte mit Bewunde eine liebliche Frau, und an der Seite des Beherrschers hatte sie ge standen und aus das Volk herabge- und Redner sich fühlen müssen, dl« durch die bloße Gegenwart sich Tau> Nachdem sie ihr hübsches Helles Kleid und daS niedliche Putzhütcken abgelegt hatte, begann sie sich rasch und elastisch im Zimmer hin und her zu bewegen, sie zog den Kamm Fülle löste, und hüllte sich, leise vor sich hinsummend, in ein Morgenkleid von sliederfarbigem Crepe de Chine, das sich in weichen Falten um ihre Gestalt schmiegte. Bei aller zuneh menden Eleganz in ihren Anzug und dem entwickelteren Geschmack in der Auswahl, hatte sie eine ausgesproche ne Vorliebe sür gedämpfte, zart« Farbtöne beibehalten, und sie hatte vielleicht nie hübscher ausgesehen, als jetzt in dem Augenblick, wo sie sich vor ihren Spiegel sitzte und ihre herrli chen, üppigen Haare auszukämmen begann. Das Salböl des Schmerzes hatte Paula mit einer neuen Art von Schönheit übergössen, die sie selbst nur zur Hälfte erkannt«, die aber von andern erraten wurde und eine mächtige Wirkung ausübte. Na gende Sorge und kleinlicher Aerger v/rhärten die Gesichter; ein großer Schmerz macht die Züge oft weicher und «dler. Die Einbuße ihrer un befangenen Herzenseinfalt hatte ihre Erscheinung des mädchenhaften, kind lichen Reizes beraubt, aber die innere Wandlung hatte eine düstere Glut in ihren Augen entzündet, und Fremde, die ein Jahr früher gleichgültig an ihr vorübergegangen wären, blieben jetzt betroffen stehen und blickten ihr fragend nach. Eigenartig war ihr Gesicht immer gewesen, und jetzt war es in hohem Grade interessant und mußte die Phantasie «ines jeden be schäftigen. Unmittelbar vor ihr, bis an den Rand d«s Spiegels zurückgeschoben, stand ein spitzenbesetztes, mit einer rosa Bandschleife verziertes Nadelkis sen. Ihre Jungfer hatte es mitge rühmenswerter Geschicklichkeit verwen det worden, um im Verein mit den andern niedlichen Dingen, die den Ankleidetisch einer Frau zieren, der Gasthofstube einen wohnlichen, heimi schen Anstrich zu verleihen. Als ihr Blick auf dies Werkzeug weiblichen Putzes fiel, entdeckte sie einen Brief, der mit einer Stecknadel an die rosa Bandschleife festgeheftet war; ne Kissen heran, nahm die Nadel, die den Brief festhielt, heraus und hob den Umschlag in den helleren Licht kreis. Woher konnte er nur sein? Sie wollte nur zwei Tage hierblei ben und hatte sich keine Briefe be stellte. Der Umschlag fühlte sich dick sie ihn um und hatte augenblicklich Als Robinson Crusoe auf seiner wilden Insel die ersten menschlichen Fußstapfen entdeckte, kann er kaum tiefer erregt und erschüttert gewesen sein, als Paula es bei ihrer Ent deckung war. Wie ein Stein glitt ihr die Botschaft aus den Händen und siel schwer zu Boden; die bloße Berührung schien ihre Finger ge lähmt zu haben. Im nächsten Au genblick aber bückte sie sich, hob den gerade vor ihren Füßen liegenden ihn rat- und hilflos hin und her. Offenbar mußte es ein langer Brief sein, denn er war, wie gesagt, dick und schwer. Die erste Regung war eine gewisse Angst vor sich selbst; die Furcht, daß sie der Versuchung, ihn zu lesen, unterliegen könnte. Dar laut. in dessen oberstem Fach wie sie sich die Mappe enthielt keinen Brief umschlag, der groß genug gewesen Mannes Brief in den großen Um schlag gesteckt, die «leine Wachslerze an ihrem zierlichen Reiseleuchter an- Jetzt schrieb daS verschlafene Gesicht eines Neger» .Wollen Sie die Güte haben, diesen Brief sofort zu besorgen wann geht die nächste Post ab?" „Ja, gnädige Frau, ich gehen snell," sagte der Niger, und verschwand, ohne ihre Frage beantwortet zu haben. Die fieberhafte Geschäftigkeit, wo mit sie das Werk vollbracht hatte war ihr heilsam gewesen und hatte sie aufrecht erkalten. Jetzt war der Würfel gefallen, und der Rückschlag trat sofort ein; sie fühlte sich schwach, und die Glieder wurden ihr schwer Monatelang hatte sie sich nach einem Lebenszeichen von ihm gesehnt, und keinen andern Wunsch gehabt, als es von sich zu schleudern, wie wmn es ein ansteckendes Gist enthielte. „Wie konnte er's wagen! Wie konnte er's wagen!" flüsterte sie. wie der hastig hin und her gehend, vor sich hin. Sie wollte das Bewußtsein er littenen Unrechts, das Gefühl, ein« Schmach erfahren zu haben, das sonst so rasch und feurig in ihr aufloderte, in sich wachrufen und aufstacheln, aber nachdem der Brief endgültig ab geschickt war, mochten die Verbrechen des Gatten ihr minder schrecklich er scheinen als sonst. Ihr eigener Tri umph und das ihm bereitete Weh lie ßen sie ein wenig zusammenschrum pfen. Sie malte sich aus, wie er oen Brief aufreißen werde; sie mußte sich den Kopf darüber zerbrechen, wie er nur ihren Aufenthalt ausfindig ge macht haben konnte. Sollten die Zeitungen, die so viele Geheimnisse enthüllen, von ihrer Reise hierher ge sprochen haben? Dann war jedenfalls kein Zweifel darüber möglich, daß er ihr Leben mit Spannung verfolgte. Der Gedanke rief eine Wallung eit ler Genugtuung in ihr hervor, die sie entschlossen unterdrückte und ver warf. Dann kam ihr urplötzlich in den Sinn, daß er möglicherweise krank, ja am Sterben sein könnte, und das der Brief einen flehenden Ruf an sein Krankenlager enthalten haben möchte. Es war ihr, wie wenn eine Hand von Eis sich um ihr Herz lrallie, daß ihr vor dem kalten, harten Griff der Atem versagte und sie vor unbegreiflichem, körperlichem Schmerz laut stöhnte. Würde sie sich denn auch dann noch weigern zu ihm zu gehen? Würde sie es dem Sterbenden verweigern? Würde sie sich abwenden und es andern überlassen, die bre chenden Augen zu schließen, deren letz ter Blick nach ihr ausschaute; andern, die gestammelten Worte zu hören, dem letzten Atemzug zu lauschen, bis diese Brust für immer ruhte? Dann taumelte sie auf ihr Bett, drückte das Gesicht in die Kissen und stammelte schluchzend: „O Gott! Laß «s das nicht sein! O. nur das laß es nicht sein!" Nur Menschen von starker Ein bildungskraft können sich Möglich keiten ausmalen, bis sie ihnen zu vol ler, greifbarer Wirklichkeit werden. Ehe der Morgen kam, hatte Paula Haupt des Gatten an ihrer Brust ge halten, hatte ihm die Tränen der Reue von den Augen gewischt hatte Wort« der Vergebung in sein Ohr geflüstert, nein sie war selbst ge storben. Als die Morgendämmerung hereinbrach und die Sterne einer nach henden Tages ihren Glanz einbüßten, war sie zu Tode erschöpft und ge brochen. Fünfzehntes Kapitel. Als sich ein passendes Haus den hatte und für die Wintermonate gemietet war, siedelten Frau Sorchan und Paula nach Waschington über und freuten sich der bequemen, ge räumigen Behausung, die auf d«r Sommerseite eines der „Kreise" der Stadt gelegen war. Von ihrem Brief hatte Paula der Tante lein Wort gesagt, aber dies Schweigen be stätigte nur die Wichtigkeit, di« das Ereignis für sie gehabt hatte. Die Dinge, wovon wic nie reden, sind uns selten gleichgültig. Frau Norwood erschrak fast über das Bedürfnis beständig«! Zerstreu ung. das sich um diese Zeit ihrer be mächtigt hatte. Sie befolgte Herrn Ackleys Lehren treulich, vielleicht we niger aus Gehorsam als aus eigener Lust an diesem neuen Leben. Stünd lich wuchs das Bewußtsein ihrer Macht, der Macht einer schönen, be gabten Frau, die sich in einer Aus nahmestellung befindet und deren in nere Beweggründe für ihre Hand lungsweise die Welt nicht kennt und deshalb enträtseln möchte. Zu Anfang des Winters kam auch die Prinzessin nach der Hauptstadt, wo sie mit einem Gefolge von Freun den in einem sehr geselligen Hause zu Gast war, und Paula wurde auf Geselligkeit getragen. Als Paul bllhrend hervorgehoben worden war, hatte sie «In gewisses Ansehen erlangt, und Beziehungen zu der ernsteren, offiziellen Gesellschaft waren dadurch Saal und an ihren Wagen geführt hatte, war Witwer und ihr sofort mit seinen Töchtern Besuch gi- im Hause dieser Familie war lie dem Staatssekretär vorgestellt worden. ei nem von jenen deren land sind. Er schüttelt« Paula die Hand, wie er sie täglich Hunderten von Damen schütteln mutzte, aber er verliebte sich hernach in sie, was minder unerläßlich war. Uebrigcns muß dabei sofort bemerlt werden, daß seine Huldigungen zwar glühend genug wären, aber die Grenzen der Achtung niemals überschritten, und daß ihre weißen Enzelssittige voll ständig unversehrt dabei blieben. Der Sekretär des Jimern. der unverhei ratet und „dämonisch" war und sich niemals von seinen Kollegen aus stechen lassen wollte, wo das schöne Geschlecht in Frag« kam, folgte sei nem Beispiel; er trieb seinen Minne dienst allerdings ein wenig ungeschickt, aber aus diesem Gebiet tut der gute Wille schon viel, und seine Aufmerk samkeiten waren schätzenswert und wurden geschätzt. Durch Vermittelung dies«r Groß wiirdenträger kamen die Sorchanschen Damen sofort in politische Kreise und wohnten sogar einigen kleinen Gesellschaften in der trübseligen Häß lichkeit des blauen Zimmers im Wei ßen Hause bei. Sie wurden jedes mal von einem der Hauptverehrer oder von beiden zusammen ritterlich durch all diese offiziellen Festlichkeiten gelotst und machten di« Bekanntschaft von Senatoren und Abgeordneten, die sie dann bald auf die Tribüne deS Abgeordnetenhauses zu einer wichti gen Sitzung einluden, bald ihnen ein Frühstück in den Beratungszimmern gaben und es insgesamt als ihre Aufgabe zu betrachten schienen, für das Wohlergehen und die Unterhal tung dieser beiden Damen zu sorgen. Als die Prinzessin angekommen war, führte sie Paula sofort Fräu lein Piper zu, sowie „Fräulein Pi pers Mutter", wie man die vielge prüfte Matrone allgemein nannte, de ren Lebensaufgabe es war, die Ehren dame und erste Dienerin dieses no madischen, rastlosen jungen Mädchens zu spielen. Mit Frau Heathcotes Ankunft er schloß sich für Paula ein weiterer Ge sellschaftskreis, die Sphäre der Di plomatie, der strebenden Bergnii gungsjäger und der ohne amtliche Pflichten in Washington lebenden be güterten Familien. In einem Haus dieser Art begegnete sie dem öster reichischen Gesandten, der sie bei dem Gartenfest in Newport nicht hatte sprechen können und bei der Aus stellungseröffnung mit den Augen ver schlungen hatte und der mehr denn je darauf erpicht war, ihre Bekannt schaft zu machen. Er war in guten Vermögensverhiiltnissen, Junggeselle und sehr in der Mode, und begann sofort Paula feurig den Hof zu ma chen. Anfangs tat er es aus List und um einen bestimmten Zweck zu erreichen er wollte eine andere mit seiner Verehrung für Paula ärgern und reizen, überdies war sie ihm ja neu; gegen Ende der Gesellschastszett hatte er sich aber allen Ernstes in sie verliebt. Solch ein niedlicher Zeit vertreib kann zum Tvrannen werden. Eines Abends besuchten die Prin zessin und Frau Norwood einen Ball aus der englischen Botschaft. Sir Peveril Lightpace war damals Ge sandter, und er und Lady Lightpace standen samt fünf Töchtern mit lan gen Füßen, blendend weißen Zähnen und wundervollen Haaren das Gerücht behauptete, das Ehepaar be sitze vier weitere, in England ver heiratete Töchter am Eingang der Gesellschaftsräume, um ihre Gäste zu begrüßen. Graf Hartmann der Oesterreicher, hatte am selben Nach mittag einen Besuch dort gemacht und sich zum Herold der amerikanischen Damen aufgeworfen, indem er den Ruhm ihrer Schönheit, Eleganz und gesellschaftlichen Stellungen laut ver kündete. Den Oberst Heathcote hatte er als einen bedeutenden Politiker und mutmaßlichen Geschäftsträger, seine Frau als eine tonangebende, all gemein bewunderte Dame bezeichnet, und Sir Peveril, der erst kürzlich ge landet war, hatte sich, während er im ehrfurchtsvollen Kreis seiner weib lichen Angehörigen eine Tasse Tee schlürfte, diese Namen wobl hinter die Ohren geschrieben. Sin Neuling in der diplomatischen Laufbahn hatte er den rühmenswerten Vorsatz gefaßt, sich «eine Ungefchicklichkeilen zu schul den kommen zu lassen. Amerika und die Amerikaner waren ihm vor seiner Ueberfahrt ein Gegenstand aukrichti zeu Abscheus gewesen, und zwei heiße einsame Sommermonate in Washing te/ Nichtsdestoweniger hatte er sich sagen lassen, daß die Amerikaner sehr empfindlich feien und es dem Aus länder bitter verargen, wenn man ihre Lebensweise, ihre Einrichtungen und ihr Wesen lncht unaufhörlich bewun zwar mit grimmigem Gesichtcrschnei den, aber viel gutem Willen einstu diert hatte, zwang er sich jetzt, die lächelnde Maske zufriedener Heiter keit zu tragen, die er sich auch von keinem noch so heftigen Aerxer, keiner Verstimmung und keinem noch so ho hen Grad von Widerwillen nur auf lünstige Laufbahn möglicherweise von des Vaters jetziger Selbstbeherrschung und Besonnenheit abhängen konnte and Sir Peveril trug sein grausames Geschick mit dem Heldenmut eines stoischen Philosophen. fängerschaft, aber keineswegs uner klärlich, daß er, als die Gäst« nun erschienen, Paula Norwood mit Frau Heathcote verwechselte. Gewiegtere Diplomaten haben schon größere Irr tümer begangen. Sie wurde somit auf der Stelle der Gegenstand seiner sast überwältigenden Artigkeit; er bot ihr den Arm und führte sie selbst in den Tanzsaal, während die Prin> zessin an der Seite eines unbedeu tenden Gesandschastssekretärs den Nachtrab bilden mußte der Oberst hatte seine Frau nicht nach Washing ton begleitet. Als sie eintraten, war der Tanz schon in vollem Gang und der große Saal mit seinen alt modischen Vorhängen, den Krystall kronleuchtern mit ihren Myriaden von Kerzen, den veralteten Spiegeln mit ihrer aufgedonnerten Umrahmung, den großen Palmengruppen und blü henden Pflanzen, die das Orchester wie ein grüner Mantel verhüllten, kam Paula recht fröhlich und einla dend vor. Ein paar Minuten stand sie mit Sir Peveril unter einer mäch tigen tropischen Pslanzengruppe und sah dem Tanze zu. „Ihr Name, gnädige Frau, ist in Europa nicht minder gefeiert als in Amerika," begann Sir Peveril bom bastisch, verbindlich und mit großer Paula sah ein wenig verwundert „Wie wird Ihnen denn ... hm . . . die Diplomatie zusagen?" suhr er fort. „Ich wüßte hier leine Da me zu nennen, die sich in so hervor ragender Weise dafür eignete." Paula konnte sich d«n tieferen Sinn dieser Anspielung nicht enträtseln und bemerkte daher nur, daß sie sich das Leben eines Diplomaten recht angenehm denke. „Ihnen, Sir Peveril, wird Wash ington im Vergleich mit London freilich recht kleinstädtisch erscheinen?" setzte sie hinzu. „Ich ruhe hier aus, ich ruhe aus, erwiderte er mit dem müden, abge hetzten Ausdruck, der gar nicht mehr „Und mir erscheint es eher wie ein Wirbel." sagte Paula, „aber frei lich, ich bin ja auch erst seit kurzer Zeit hier und" in diesem Augen blick trat man zu einer Quadrille an. und ein Franzose kam, Paula um diesen Tanz zu bitten. ES war ein zweiter Sekretär der Gesandschaft, den sie in Newport ken nen gelernt, wo man ihn sehr be gehrenswert gefunden hatte, ja die Prinzessin, für die er eine hoffnungs lose Leidenschaft zu empfinden vor gab, hatte Paula vor ihm gewarnt und ihr gesagt, er sei ein „Greul". Er hatte einen Busch lockigen, dun keln, ziemlich fettig aussehenden Haars, schöne Augen und schlechte Zähne, bog den einen Fuß beim Gehen einwärts und trug an Bart und Kleidern immer ein«n unaussteh lichen Tabaksgeruch mit sich herum, den auch die ausdringliche Verbena essenz, womit er seine Taschentücher überschwemmte, nicht zu verdrängen vermochte. Er brachte eS aber doch trotz seines schleppenden Ganges fer tig, die Quadrille mit gallischer Lebhaftigkeit zu tanzen, und machte auch in der bunten Umgebung der Hauptstadt einen minder widerwär tigen Eindruck als in dem vornehmen, verfeinerten Dunstkreis von Heath cote". Manche Leute tun wohl da ran, ihren Ankerplatz zärtlich zu be hüten. Fast unmittelbar nach der Qua drille suchte Sir Peveril Paula von neuem auf, und der Franzose drückte und schlengelte sich durch die Menge, um sich einen Platz hinter der Prin zessin zu sichern, die mit einem kleinen Hosstaat unter den Fittigen des Biz«- Ballfaals saß. Sir Peveril führte Paula ans Büfett, um ihr Gefrore nes zu verschaffen, und dann kam Lady Lightpace qu«r durchs Zim mer aus sie zugeschritten und redete sie an. Die Dame des Hauses war eine blonde, muntere Frau, die ihre häufigen Mutterpflichten offenbar mit geringem Schaden ertragen hatte. Wenige Minuten daraf wurde Pau la von dem Grafen Hartmann zum mehrmals rundum im Saal gewir belt, bis ihr Kleidersaum fast bis an die Decke flog, ihr der Kopf schwin delte und der Atem ausging. Dann schlug er, plötzlich innehaltend, die „Nun, meine Liebe," sagte die Prinzessin, .ich kann Ihnen nur so gen, daß Ihre Geschwindigkeit bei dem Grafen meinen Glückwunsch zu Ihrer Rettung auszusprechen. Es war wunderbar." man will," warf der binter Frau Heathcote stehende Franzose mit einem tiefen Seufzer dazwischen, allein die Prinzessin würdigt« seine Bemerkung keiner Antwort und drehte nicht ein mal den Kopf nach ihm um. „Wir bewegen uns allerdings ru higer und maßvoller," sagte Paula, „In Wien wird jetzt allerdings sehr rasch getanzt," erwiderte der Graf. „Das Orchester hat ein ganz anderes Tempo. Wenn gnädige Frau nach Wien kommen, werde ich Ihnen zei« Frau Heathcote. „Was Sie und Frau Norwood geleistet haben, genügt uns für den Anfang: sehen Sie nur, wie ihre Wangen glühen!" Graf Hartmann blickte in Paulas leise gerötetes Gesicht, und dann ließ er seine Blicke abwärts wandern über ihre kräftige, jugendliche Büste und die schlanke, vornehm« Gestalt, Er überlegte sich dabei, wie viel Zeit es wohl kosten werde, sie zu besiegen? Rasch würde es nicht gehen, das sagte er sich wohl, denn bei allem Reiz lag etwas Abweisendes, Unbe rührbares in ihrem Wesen. Aber er betrachtete sich als einen Virtuosen keit der Aufgabe reizte ihn. Er zog einen langen Widerstand leichten Sir gen vor, die Belagerung war immer voll Ueberraschungen, sie lieferte köst liche Augenblicke und Erinnerungen und war keineswegs als verlorene Zeit anzusehen. Kühle, vornehme, schwer zugängliche Frauen zogen ihn an, eitle und sinnliche Egoisten haben in der Regel diese Vorliebe, denn bei solchen Frauen ist mehr Aussicht auf Alleinherrschaft. Paula, die von der raschen Be wegung erhitzt, von dem noch neuen Gefühl ihrer Macht, deren in ihr Ohr geflüsterte Bestätigungen sie noch nicht einmal in ihrem vollen Umfang begriff, gehoben war, die sich an der Seite ihrer angebeteten Prinzessin glücklich und geborgen fühlte von Sir Peverils Höflichkeit geschmeichelt, von den Klängen der Tanzweiken ge wiegt und beflügelt und von der Be rührung mit dieser fröhlichen, gewiß fähigen Menge heiter gestimmt fühlte, warf dem Grafen unter ihren dunk len Wimpern hervor einen Blick zu, der entschieden nicht frei von Ge fallsucht war. „Haß im Herzen, Lie be in den Augen," sein« Huldi gungen taten ihrer erwachenden Ei telkeit wohl, aber seine körperlich« Nähe flößt« ihr einen starken Wider willen ein. Es ist mitunter ein Glück, daß den Männern kein Einblick in die weiblichen Geheimbücher gestattet ist- Als das Orchester den Marsch an stimmte. der das Zeichen zum Abend essen war. kam zu Paulas nicht ge ring«r Verwunderung Sir Peveril mit majestätischer Steifheit auf sie zu, bot ihr während einer plötzli chen Ebbe im Gespräch den Arm und führte sie f«i«rlich ins Speisezimmer. Hier nannte er sie zum erstenmal „Frau Heathcote". und das Mißver ständnis wurdt mit großer Heiter keit von Paulas und einem gemachten Humor von des Hausherrn Seite. aufgeklärt.Aber ob sie nun unter ei gener oder entlehnter Flagg« segelte, die junge Frau Norwood kam von diesen Abend an in die Mode, wobei natürlich alsbald auch Eifersucht. Neid und Unbarmherzigkeit, das gie rige das sich mit seinen hun grigen Augen jedem Erfolg an die Fersen heftet, ihre Arbeit begannen. Aber es ist zu fürchten, daß ihre kleinliche unterirdische Rachearbeit mal viel davon, denn sie hatte da» Talent, den Klatschzungen eine ge wisse heilsame Furcht einzujagen, und wenige würden es gewagt haben. Pou- Nein, sie beachtete das Gezische der das Leben mit einer Tragödie zu durch in das Bereich des Lustspiels „Welche ist sie?" fragte eine Da me bei einem Empfang im Hause des Staatssekretärs, den Hals im Gedränge reckend. so besonders hübsch ist?" „Hübsch nicht, eher interessant." .Glauben Sie alle die Geschichten, die man sich von ihr erzählt?" Für die Küche. Flockenklöße mit Obst. Man bringt «in Quart Milch mit Unzen Butter, 2 Unzen Zucker und einer Prise Salz ins Kochen, gibt dann K Unzen Haferflocken hinein und kocht dies unter Rühren zu einem dicken Brei. Matn läßt den Brei ab- und etwas Citronenschale daran, sticht mit einem Eßlöffel Klöße davon ab und brät sie in heißem Schmalz auf beiden Seiten lichtbraun. Man legt die Flockenklöße zum Entfetten kurze Zeit auf Löschpapier und bestreut sie beim Anrichten mit feinem Zucker. Man gibt gekochtes Obst zu den Klö ßen. Tomaten 112 l e i 112 ch. I>/tz Pfd. fen, di« man in Mehl wendet und in einer feuerfesten Kasserolle, in der man daS Fleisch zu Tisch bringen kann, nebst einer großen gehackten Zwiebel in 4 Unzen Butter oder Fett sowie 6 Unzen vorher abgebrühten Reis zu dem Fleisch und so viel kochendes Wasser hinzu, daß daS Ge schmeckt das Tomatenfleisch vor dem Anrichten sorgfällig mit Pfeffer und Salz ab. röstete oder auch ungeröstete Meitze brotscheiben. Man kann ein paar Kapern darauf streuen. Gedämpftes Kalbfleisch. Man nimmt ein Stück Keule oder Brust, häutet es und spickt es nach Belieben. In einer passenden Kasse rolle läßt man ein Stück Butter zer gehen, legt etwas zerschnittenes Wur zelwerk hinein, ein bis zwei Zwie beln, etwas Salz und ein Kräuter» striiußchen, gibt das Fleisch darauf, gießt so viel schwache Brühe (Brühe aus Knochen) oder auch nur Waffer dazu, daß daS Fleisch eben bedeckt ist und läßt es über gelindem Feuer bei öfterem Begießen mit der Brühe weichdämpfen. Die Sauce wird durch ein Sieb gerührt, mit etwas in But ter gelb gedünstetem Mehl verkocht über d«n Früchten steht, 20 bis oder Viertel geschnitten, vom Kern haus befreit, in so viel Wasser, daß sie eben bedeck! sind, 16 Minuten ge kocht. dann mit dem Schaumlöffel Wasser gelegt und nebst reichlichem Zucker und etwas Zimt und Zitro nenschale und Vanille und dem Saft einer Zitrone langsam so lange ge dünstet, bis Birnen und Hagebutten weich sind. Den Saft läßt man noch etwa» einkochen, oder man macht ih» mit etwas Kartoffelmehl seimig. Aepfel und Kartoffeln. Frischgekochte Salzkartoffeln werde» mit dem Kartoffelstampf«! fein ge rührt und mit weichgeschmorten, aber nicht zerrührten Aepfeln untermischt, wobei man auf zwei Drittel Kartof feln ein Drittel Aepfel rechnet. Unter daS Gericht rührt man ein Eidick. Butter, 2 Eßlöffel feinen Zucker und etwa» kochende« Wasser, damit eZ ge schmeidig wird, und stellt es heitz. Beim Anrichten wird es mit kleinen ausgebratenen Speckwürfeln und ge rösteten, ganz klein geschnittenen Semmelwürfeln bestreut und mit warm gemachten, nicht gebratene» Rotwurst- oder feinen Zungenwurst scheiben umgeben. Einmachgläser - V e r» schluß. Nicht jede Hausfrau ist im Besitze von Patent - Einmachgläsern. Darum möchten wir auf einen sehr preiswerten Verschluß hinweisen. Man spannt über die gefüllten Glä ser gutes, in Eiweiß getränktes Sei denpapier, legt es mit Hilfe eine» FadenS, den man wieder abnimmt, unter dem Rande des GlaseZ fest a» und läßt das Papier vollständig trot ten werden. Dies wiederholt man noch zweimal. Will man noch mehr tun, dann läßl man sich von ge wöhnlichem Fensterglas passende Glasdeckel schneiden, die Gläser. So behandelte Gläfe^ breiten, verzinkten oder emaillkrrten Topf, legt auf den Boden und zwi fchen die Gläser alte Tücher, Holz wolle u. f. w., damit sie sich nicht beschädigen.
Significant historical Pennsylvania newspapers