Die Kriimelbirpe. l. „Ah, Frau Oberrechnungsrä thin —!" „Seh' ich recht. Frau Professor? Trotz d«r Enge der Passage zwi schen Treppengeländer und Schul waarenstand oersuchten die beiden Damen eine angemessene Begrüßung mit hinterwärts räumlich beeinträch tigter Verbeugung. Das Zusammentreffen war gerade nicht angenehm, und die Oberrech nungsräthin erröthete leicht unter ih rem schwarzen Wittwenschleier, wäh rend das satte Antlitz der Professorin den Ausdruck der Verlegenheit in ein kindliches Lächeln klerdete. nicht „leiden"; der Ort ihres heutigen Zusammenstoßes aber fügte dieser persönlichen Animosität noch die Be schämung hinzu, daß sich beide auf einem Gebiet trafen, welches zu betre ten sie öffentlich als unter ihrer Wür renhaus geringerer Güte, ein Ramsch basar, schmutzig, dumpf und übelrie chend. . . Aber man kaufte billig hier, und w«r sich darauf verstand, wählt« und wühlte sich Sachen heraus, die bei einem Spezialisten das Dreifache kosteten. „Äuch Einkäufe machen?" raffte sich endlich die Professorin empor, ihr Geldtäschchen auf dem starken Embon point bettend. „Meiue Grethe schickt mich extra hierher! Sie will den Ge genstand ihrer Wünscht ausgerechnet hier gesehen haben, denn trotz mei nes Verbotes läuft die haushälterische Kleine immer hierher und holt sich ihre Nähutensilien. . .Jetzt irre ich Abtheilung für Wirthschafts- und Küchengeräthe. Wissen Sie hier Be scheid, liebe Frau Oberrechnungsrä thin?" Diese Anzüglichkeit kränkte die an dere Dame sichtlich. Noch einmal trat die fahle Rosensarbe in ihr ver härmtes Gesicht. Sie zog ein schmale heit: „Nein, Frau Professor! Ich habe ja dieses Jahr einander förmlich! Ihr Grethel kommt doch aufs Kostümfest vom Beamtenverein?" Maskeraden schon satt! Ihre Lora gefällt Ihnen das Band, Frau Pro wo der Wirthschansstand ist! Ach, Ichaftsstand?" sagte es nur, weil Lora ihre seidene Bluse dort getaust halte. Die Grethe den Regalen, auch Porzellan, gepreß tes Glas, dick kstaubt. und Handtuch halter, Haushaltungstreppen und son- Di« OberrechnungSräthin guckte sich verlangend um. Sie könnte so das gerade einer Arbeiterin di« ge füllte Petroleumiann« reicht«, ind«m st« höflich fragt«: „Noch etwas, mein« Dam«?" Die Dame sagte: „Nee doch!" Die Professorin aber fordert«: „Ich möchte eine Krümelbürste mit Schau fel haben, japanisch!" „Kopfschüttelnd verabschied«!« sich di« Frau Ob«rr«chnungsräthin. Was wollte die Professorin mit einer sol chen KrUmelbiirste! Einer so elegan ten? Man hielt ja auch so viel als möglich auf Ordnung im Hauswesen, aber eine Krümelbürste eine japa nische gehört gerade nicht zu den unentbehrlichsten Dingen. Ein einfa cher, kleiner Besen that es auch in der In der Familie? Ha! Sollten Pro fessors Gäste haben —? Die Oberrechnungsräthin blieb mit ten auf dem Markt stehen. Zornig erstaunt betrachtete sie den schuldlosen Brunnen, von dessen Bret terverdachung wehmüthig tropfende Eiszapfen herabhingen. Ha! Eine feingegliederte Gedanken kette entwickelte sich in der grauen Substanz des Kleingehirns der Ober rechnungsräthin, und mit der Engen« einer Heldin machte sie kehrt und eilte schnell hinschlüpsenden Fu ßes durch die Pfützen des Marktpla tzes und schlängelte sich durch das Ge triebe einer verkehrsreichen Straße. Ein Metzgerladen war ihr Ziel. Wer beschreibt aber ihr Erschrek ken, als gerade aus der Thür, an deren Pfosten ein halbirtes Kalb sein Hochrelief bewundern ließ, die Pro fessorin heraustrat, mit jenem behag lichen Schmunzeln auf dem Gesicht, das schon im Vorgenuß eines Bra tens schwelgt. „Ah, wir treffen uns ja heute über all!" nickte die Professorin wohlwol lend, sorglich ihre Packete schleppend. „Gruß ans Genie! Auf Wiederse hen!" „Leise, auf ihren Gummischuhen schritt die Oberrechnungsräthin indes sen über die nassen Steinsließen an den Marmortisch des Ladens und verlangte ein Pfund Kalbskoteletten. Während die gewaltig dicke Metzgerin das Rippenstück zerhacke, ergab sich ein Gespräch wie von selbst. „Sie waren ja 'ne Ewigkeit nicht bei uns, Frau Oberrechnungsrath! Ihre werthe Kundschaft ist uns doch „Das nicht, meine liebe Frau Dreitritt! Aber meine Tochter Hai immer so pikante Launen. Fisch. Geflügel, Süßes Gott, so der That die Nahrung auf die Phan tasie!" „Ei ja wohl!" nickte die Dicke und zerhieb treffsicher die Knochen. „Den ken Sie, mein Mann träumt hat! Das ist wohl so was ähnliche ivie Ihrer Tochter ihre Phantasie! So, ein Pfündchen Koteletter! Sehen Sie, wenig Knöchelchen! Noch was gefällig, Frau Oberrechnungsrä thin?" „Etwas Schmalz, bitte! . . . Die Frau Professor kauft wohl alles bei Ihnen, Frau Dreitritt?" „Ei ja!" nickte die Metzgerin und warf mit dem Holzspachtel das Schmalz aus das Pergamentpapier. „Eben hat sie mir mein schönstes Rostböfs weggeschnappt! Eine tüchtige Frau ist das, was wahr is muß wahr bleiben! Geld haben sie wenig, der Herr Professor, du meine Güte, mer braucht nur den kleinen Herren anzu sehen! Viel hat der nich in sei'm großen Koppe! Aber die Professorin macht noch was aus dem Haushalt! Soll einem nich wundern, wenn die Grete bald einen kriegt! Ein Rost böfs war sonst nicht für Professors hl tisch und „dichtete". Besorgt blickte 11. sessor und Frau beehrten sich. . . „Du lieber Gott!" rief Lora in aufrichtigem Bedauern, „den dummen reizend? Meine Grethe ist ja so luch liegen! Als sie nun flugs das Tischtuch abkehrte, ehe sie den Apfel kuchen reinholt«, den sie selbst ge- das andere können Sie sich denken! So zwei junge Menschenkinder. . . . Reizend, was?!" Die Oberrechnungsriithin lächelt« bittersüß und beugte sich über ihre Handarbeit. Ein Wurm fraß an ihr. Sie konnte sich schon denken, daß die Bürste ganz von selbst an der Fall sucht litt! Die Grethe war so eine, di« half nach! Ihr« Lora dagegen, die ließ sich eh«r aufhängen, als so etwas zu thun! Di« hatt« andere Ideale und ein höheres Werthmaß für die eigene Persönlichkeit! Der Wurm aber erstarb nicht. Er peinigte die Oberrechnungsräthin sehr. Lora ging inzwischen al» Genie auf den Beamtenball und fand viel Bewunderung. Das blau« Band machte sich prächtig an der gold«n«n Leier. Besonders ein junger Unter bau-Ingenieur zeigte großes Interesse für Leier und Band; und dann soll ten die wachsamen Mutteraugen fest, daß er Lora mehrmals zum Tanze engagirte. Und da hörte die Oberrechnungs riithin auf den Wurm. Ihr Plan war gefaßt. Holdselig lächelnd zog sie den Ingenieur in ein Gespräch. Di« Sonntage waren so langweilig für einen alleinstehenden Junggesellen versteht sich! Man fühlt sich ein- Jngenieur die Einladung zu einem einfachen Mittagbrot „ganz wie alle Tage" an. tigt Während der nächsten Tag« ent wickelte die Rechnungsräthin nun eine „Frau Dreitritt, ein Rostbeef!" sagte sie, stolz an den Marmortisch tretend. „Ist es auch schön abgehan gen?" „Und ob! Ich hatte 's für Profes sors resersirt, aber da is jetzt Fett lebe zu Ende! Die futtern sich jetzt als eingeladenes Brautpaar durch den sämmtlichen Bekanntenkreis! Noch was gefällig, Frau Oberrechnungsrä thin?" „Ein halbes Pfund Speck! Viel leicht können Sie mir alles zuschicken, Frau Dreitritt? Aber bezahlen will ich gleich jetzt! Ich hab« noch Com „Schönchen, Frau Oberrechnungs rath! Der Bursch« bringt Sie's!" Schnell schlüpst- Loras Mutter davon. Mit hcchgerötheten Wangen eilte sie ins Waarcnhaus und kaufte eine Krümelbürste eine japani sch«. - - Zu Hause angekommen, hatte sie einen Kampf mit der Tochter zu be stehen. Lora fanb die Einladung „aufdringlich". Wenn der Ingenieur «in höheres, geistiges Interesse an re, so'würde er von selbst Mittel und Wege finden, sich ihr zu nahen. Die Sympathie baue Brücken über's Meer. Ueberhaupt! Sie dächte an so et was nicht! Ihre Kunst stehe ihr Hö ne sei ein überwundener Stand- Die schöne Krümelbürste empörte Lora vollends. „So ein spießbürgerliches Instru ment!" rief sie aus. „Die Schaufel aus lackirter Pappe, da vergeht einem ja alle Poesie! Wie kannst du so et was kaufen, Mama! Das ist ja gegen jeden gebildeten Geschmack!" Die OberrechnungZräthin schwieg weislich. Sonntag früh kam aber Lora ganz von selbst in Bewegung. Sie ordnete künstlerisch das Speise zimmer und deckte eigenhändig den Tisch mit dem Läufer aus Creppapier, der echt-meißener Vase und dem Ge «würzeinsatz. Die gold?ne Leier Hinz symbolisch über dem Schreibtisch im Wohnzimmer, und der Kanarienvogel hatte soviel Pflichtbewußtsein fein längstes und reinstes ti!—tü—!ü—tü —tiit zu rollen, als der Gast ein trat. Es machte sich sehr familiär. Dazu der Bratenduft, die Nsth weinflasche am Ofen und der Aepfel kvrb aus dem Büffet. Sehr fami- Der Ga!t rieb sich die rothen Win terhände den Harzer Sän küßte der Sappho die Hand. Vor innere? Bewegung brachte er kein Wort herauZ. Wärterin brachte, verwirr! von dem Glänze des Tages, die Schüsseln. Bis dahin ging alle? gut. Es schneite k>:rrlich. Der Gast hatte gl'iinende Auaen, Die Oberrechnungsräthin aber ver solgte ihren Plan. Als die Auswärterin die Teller ab- Aber wer beschreibt ihr Entsetzen und Ergötzen . . . Der Gast nahm ihr das Werkzeug -ab und sag^: te. . ." Schwärmerisch drückte er die japa nische Bürste an sein hochkopfendes k di Obe ch s " Pfefferkuchen und Aepfel. Und Grethe antwortet«: „Er ist Ei» Unglücklicher. Er war es seit dem 12. März d«S vergangenen Jahns, sein«m 39. Ge burtstage. Herr Felix Niedermann hatte an diesem Tage von seiner Frau Werke zum Geschenke bekommen, wie sie jetzt in Massen erscheinen. Dieses Buch wurde seine ständige Lektüre, Lebewesen. Wasser trank er nie, ohne sich. Die Retorte eines Chemikers Wirthshaustische bähte. schen Meinungen zum Ausdruck brachte, ein gelegentliches Glas Bier wohlwollend gelten und sogar den könne, im Ansturm« der Krank heit nicht verzagt still« zu stehen. Er hatte sich auch für den Gebranch von Auch si/fröstelte es oft Thränen den bösen Umstand, daß der Cognac zu schwer zu nehmen sei. Ihre Tochter erwiderte kein Wort darauf. Mutter, die solch schrecklich« Mittel Das Tabakrauchen, als gänzlich baar jedes Nährwerthes, hatte er vollständig eingestellt. Mit dieser Vor- Er sagte nichts, trank einen „Was hast Du denn?" fragte die Frau. und schickte sich i.n, zu Bette zu gehen. Abends ward der Arzt geholt. Der Arzt kam und schüttelte den Kops. Bettruhe und Umschläge auf die ge fährdete Stelle. Die Krankheit ward als leichte Blinddarmreizung erklärt. Felir ab. „Nein, Dir fehlt wirklich nichts tioneller behandelt. Als der Doktor fort war, bemerkte Felix frohlockend, daß diesmal das keine Spur gewesen. Da wurde Fe lix wirklich böse. Er holte sein Buch kamen die Kinder aus der Schule. Der achtjährige Felix theilte frohlo ckend mit, daß er nun vierzehn Tage Da fiel der Papa vor Schrecken fast vom Sessel herab. „Durch den Anfall von Blind darmentzündung ist meine Constitu- Felix schüttelte den Kopf solch ist! Rücksichtslos! Rücksichtslos im brachte aber nur ein vollständig un artikulirtes Gegröhle hervor. Die Be obachtung seines Schlundes und der ständig, da sich seine Augen infolge füllt hatten. Er versuchte das Expe- Lampe wie ein Fabrikschlot rauchte. Den Löffel in den Mund gedrückt, die angstverzerrten Züge, bot er den Lampe sah, eilte aus Herrn Felix Dhh ' k „Was was?" stotterte Felix. Er Komm mir nicht hinüber, sonst be kommst Du die Diphtheritis." Sie ging mit dem Buche fort. Die sich wahrhaft glücklich fühlt. Rapolconder , »er vuchstav« Ein englischer Journalist, der essen des Buchstaben M aus Napoleon I. getraut. Seine Marschalle (Mass<s - Mortier) und 26 Divisions Du siehst ja, sie ist frisch gestrichen! Gaunerhumor. Geistli cher (besucht den Delinquenten): Sie wissen also schon, daß übermorgen Ihr letzter Gang ist? Delinquent: Freilich! Hab' ja schon einen Knoten in's Taschentuch gemacht! Variante. Schusterjunge: ick Jeselle! Bekannter: Dann hast Flamme!" Am Stammtisch. .Ja, vom Radium, meine Herren, vom Dinge, die einfach Keiner glaubt! Mit einem Wort, das Radium ist gewissermaßen der Oberförster unter den Metallen!" versprocken, als nach dem ersten Akte stark gepfiffen wird): O weh! Das Kleid ist sicher schon hin! Girgl: .... 's Nachtlamperl hab'n s an'bunden ... die scheinen Rücksichtsvoll. Frau Mann: „Wo denkst Du hin! Ich wollte ihn doch nicht beschämen!" Beim Heirathsve re mittier. »Nun, mein Fräulein,
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