Weihnachten. Von Arno Holz. wieder nun »Ht au» dem Schornsteinfeger und trommelnde Hosen. Dunkeln Ticke Kerle mit rothen Ras«», ?di, Weihnacht ihr« Sterne funkeln. Reiche Hunde und arme Schlucker, Uii« Engel im Himmel hört man sich Und alte«, alle» an» purem Zuckerl küssen. Und oben, oben erst In drr Krone, »nd die ganz- Welt riecht nach Pfeffer- Da hängt eine «irkliche, gelbe Kanone, uiissen. Auch ein Leutnant mit silbernen Tres sen— Wie Dächer lagen dicht verschnei«, vnd fern, noch fern schien di« schöne Zeit. In d«n ofs«nen Mäulerchen ihr« Finger, Via» dachte an sie kaum dann «nd wann. Steh'n um d«n Tisch di« klein«n Tinger, »Nutter teigte die Kuchen -n. Und um die Wett« mit den K«rz«n vnd Vater, dem mehr der Lehnstuhl Puppern vor Freude ihre H«r.,«n. «a» daneben und la» «nd rauchte. Jnde» die unsern sich leise feuchten. To, Plötzlich, eh' man sich'« «ersah, Wir sind ja leider schon längst „erwach. Un» dreht sich die Welt um andre Achsen, Mitten im Zimmer steh« n»n der Baum. UnS quälen tausend Siebensachen. Vian reibt sich di« A«g«n und glaubt e» Wir sind große, vkrständig«, «erniinslig« kaun». Leute! Die Ketten schaukeln, die Lichter weh'n, Herrgott, W°S gibt'» da nicht alle» z« Nur «bin heut- nicht, hrut«, h-ut«! s-h'-U Drr Armenarzt. ES ist so feierlich still heut. Durch alle Thüren des Gebäudes, durch all« Ritzen duftet es nach frisch gehaltenen Stollen, nach grünen Tannenzweigen, Pfefferkuchen. Es liegt etwas Geheimnißvolles, Aöstliches in der Luft. Kein Wunder es ist Weihnachts tag. Neben der blitzblanken Kochmaschine «ms der Wasserball! sitzt in der Ecke d«r die junge, rothhaarige Köchin, und putzt letzten Federkiele aus den beiden Enten, die sie zum geschafftes?putzet, gescheuert, "des fleißiges Mädchen sie weiß das auch selbst recht gut; aber da ist dieser -Bimmchen, der Willy, Kutscher bei der bei den „Maikäfern" Wursche von 27 Jahren, macht ihr seit dreiviertel Jahren in aller Form den Hof und Rieke fühlt's, sie ist dem hübschen Burschen von Herzen gut. Dennoch nagt der Zweifel an ihr meint es der Willy ehrlich mit ihr? Wird «r sie Heirathen? Er lacht und scherzt und küßt sie, sobald sie ernste Hragen an ihn richtet. Hastig und ungeduldig zupft Rieke die Federkiele aus dem prächtigen En terich. Und heut gar, am Christtage, hat er shr mit einem schallenden Kuß auf die Wange „Guten Morgen" gewünscht, hat gelacht und geheimnisvoll gethan: „er habe eine ganz besondere Ueberra fchung für sie rathen solle sie «inmal und dann war er ge gangen, um die Braunen einzuspan- Da ertönte die Klingel. Hastig warf Miete die Ent« hm und lief zu ihrer .Herrin. blühen Hyazinthen, Primeln und Maiglocken i» Töpfen. Ihr Duft er füllt den ganzen Raum. ist nicht das Glück. Ihr feines schmales Gesicht ist bleich, hohe Stirn fallen Wellen des üppigen schwarzen Haares. Die junge Frau metta über die Aeste der duftenden Tanne, dann steht si«, in tiefen Gedan ken, die Hände fest iminander ver- Nun sind es sechs Jahre, daß sie die Gattin des Doktor Walter Dornhei in d«nen sie sich bemüht, ihm jene Lie be einzuflößen, die sie für ihn empfand sechs Jahre, in welchen sie täglich, ja stündlich den Kampf mit einem Schattin, mit ein«r unsichtbaren Ne benbuhlerin, mit der Jugendliebe ih res Mannes für eine Andere, aufneh men mußte. Wie sie diese Jahre durchlebt wi« si« sich dahin geschleppt hatte, ohne Vertiefung, ohne Sonnenstrahl an der Seit« ihres stets korrekten, immer gleich höflichen, kühl und refervirten Gatten sie wußte es selbst nicht. Noch immer stand sie vor dem ge schmückten Christbaum. Nun fuhr sie aus ihrem Sinnen; die goldene Stock- Stunde. Ihr Gatte war noch nicht da heim —? Das erschien ihr seltsam. Er hatte ja wenig Zeit für sie die Pa tienten, die Polyklinik, sein Dienst als Armenarzt, den er vor Jahr und Tag übernommen dennoch, sie fühlt« es: er achtete und schätzte sie, und «iner Rücksichtslosigkeit konnt« si« ihr«n Walter nicht zeihen. Wenn er die übliche Speisestund«, und am h«iligen Christtage nicht ein hielt, so war es etwas Besonderes, das ihn fernhalten mußte «ine seltsam« Unruhe erfaßte di« junge Frau. Wo blieb er? Was konnte ihm zugestoßen sein —? Sie wollt« nach d«r Klinik d«n Di«n«r nach d«m Berbleib des. Eilig fch«llt« sie dem Mädch«n. „Riete — schnell Hut und Mantel ich ich ha.be noch einen W«g —" Di« hübsch« Köchin erstaunt«. „Ab«r, Ma domchen es ist ja gleich finster das Essen " Schon war die junge Frau fertig rief- damchen läuft >veg, am Weihnachts tag? Da ist 'was nicht richtig! Und alles kommt von den heillosen Män (denn txr Arb«ittr kann sich keinen „Spezialisten" für seine jeweilige Krankheit gönnen) vor allem Ge duld, himmlische Geduld Willens« Futterale lassen. Von all' diesen „Kräutlein Wun dermild" hatte der Dottor Walter Dornheimer das richtige Quantum! nicht gar redselig, aber warmen, offe nen Blickes, verstand er, sich bald das Vertrauen des Patienten zu erwerben. In den zwei Jahnen, in welchen er, ne ben seiner Privatpraxis, das Amt ei nes Armenarztes übernommen, fand er reichlich Gelegenheit, seineMenschen liebe zu bethätigen. „Doktor" spät gekommen. Er fand den Warteraum heut nicht so voll; nur wenig« hatten ausgeharrt und saßen auf den Bänken. Der Eine, ein schlanker, bleich«! Mensch in den dreißiger Jahren, wird zuerst eingelassen. Seine Hände zit tern, aus d«m aufgedunsenen, bleisar b«nen, ei,ist schön zu nennenden Ge sicht schauen ein paar glanzlos«, starre Augen. Als «r vor d«m Arzte steht, senkt er den Blick und dreht den abge schabten Hut verlegen zwischen den Händen. „Sie haben Ihr Wort gebro chen und wieder g«trunk«n, Saviensky man hat sie aus dem Chor des Z.- Theaters entlassen ich hörte es schon —" Der Arzt sieht m dies bleiche, ver w«inte Gesicht: dann schreibt er einen Brief. „Hi» so- in frischer Luft beschäftigt sich selbst nicht!" Der Arme ist tief Alkohol - Teufel verfallen, und fein treibt Polilik und steht mit den Ge blauen Augen sehr tief lagen, erschien «ls dritte. D«r Arzt sah ihr freundlich da, Frau Hainwald wie geht es denn?" Statt aller Antwort hob die Frau ihre beiden Hände empor, die sie tuch« verborgen hatte. Dornheimer sah erstaunt „Hml das sieht ja recht schlimm aus! Die Finger total verkrümmt die Knö chel dick geschwollen! Ich hab« Ihnen doch voriges Frühjahr gesagt, Sie sollten die Arbeit in der Druckerei ein stellen! Eine Blutvergiftung ist im Wi«d«rholungsfalle schlver zu kuriren ich warnt« Sie dringend." Ein lebensmüder, bitterer Zug flog über des jungen Weibes Gesicht: „Ich hab' es ja mit and«r«m versucht! Zei tungen, Frühstück ausgetragen, Boten gänge gemacht! Wer nimmt denn ein Weib mit lahmen Fingern?" Das be griff der Arzt recht wohl. „Und Ihr Mann? Die Kinder —Fast lachte sie bitter auf. „Mein Mann? Der sitzt drüben im Oesterreichischen und fragt nicht nach uns! Teddy, mein Kleinster, ist im Sommer an Entkräftung gestor ben Paul und Mieze haben im Hof« bei Droschkenkutscher Friedelands Ob dach gefunden " Sie wandte sich ab: heiße Thränen rieselten ihr über di« Wang«n. „Es wird mir h«ut zu spät." «rklär te d«r Arzt nach kurzem Besinnen, mich Ihres Falles gründlich anzunehmen. Kommen Sie nach den Feiertagen wie der zu mir und hier (er faßte in die Tasche und zog ein blankes Zehn markstück hervor) „So, da kaufen Sie gleich ein paar Pfund Fleisch, und Milch, viel Milch und den Kindern heut Schluß!" Christfest mit Ihrer Braut! Kommt was Besonderes ich bin den Abend zu Hause! Dem vergnllgt schmun zelnden Seidel 30 Mark in die Hand drückend, schob er den Hut in die Stirn und ging die Trepp« hinab. Fritz Bimmchen, der Kutscher, wel cher Punkt 12 Uhr bestellt war, hielt vor dem Hause; ab«r «s wurde fast 3 Uhr, «he die Visiten erledigt waren. Dann kaufte der Doktor in aller Eile Verschiedenes für seine Gattin und wollte heimfahren. Er hatte in einem Junxlierladen der Friedrichstraße für seine Frau ein« reizende Uhr mit Bril lantmonogrammen bestellt, die er ab holte: als er die Straße wieder betrat, sah er unweit seines Kupee's einen Menschentrupp ein Schutzmann schrieb eben «ine Adresse in sein Notiz buch, während mitleidig« Passanten ei ner jungen, ohnmächtigen Frau Hilfe leisteten, die von zwei Studenten vom Pflaster aufgehoben wurde. Als man die Kranke in «inen schnell requirirten Wagen hob, und d«r Schutzmann sich zu ihr setzt«, konnte der Doktor einen Blick auf das todtblasse Antlitz wer fen. „Großer Gott!" murmelte der Arzt schreckensvoll. Seinem Kutscher winkend, daß er folgen möge, setzte er sich eiligst zu dem Polizisten, dem er seinen Namen nannte. Die beiden Wa gen rollten davon. Ein gütiges Geschick wollte es, daß die Droschke, welche die geängstigt« Klara Dornh«imer führt«, durch «in« schmale Gasse kam, in der «in Ziegel wagen gestürzt war. Als Klara sich aus dem Wagensenster bog, glaubte sie nicht recht zu sehen da drüben stand ja das Kupee ihres Mannes, und Bimmchen, der auch sie sah, sprang «iligst vom Bock. „Wir hab«n eine Todtkrank« nach Hause ge bracht —" sagte er ihr auf ihre Fra gen: „Eine Stunde schon sind wir hier —" Es war ein schmutziges, v«rfallenes Haus, vor dem sie standen; nach den blinden, gardinenlosen Fensterscheiben zu urtheilen, mußten seine Bewohner ebenso unsauber und lichtscheu sein. Eine Stund« war Walter schon hier? Wer mochte di« Kranke sein? Vielleicht konnte sie Hilfe leisten, Gutes vollbrin gen. Sie zahlte ihren Kutscher und ging die holperigen Treppen hin an. Ein« alte Frau wies sie zurecht. Leise drückte Klara auf di« Klinke; die Thür schitn nur angelehnt. Sie trat in das Zimmer. Es war «in großer, kah ler Raum, mit weißgetUnchten Wän den. Aus j«dem Winkel schaute die Ar muth. An der Wand stand ein Bett, vor d«m Dr. Walter Dornh«imer saß. Er hatte den Arm auf die Stuhllehne und den Kopf in die hohle Hand ge stützt und sah unverwandt auf eine w«iblich« Gestalt, die in den erhöhten Kissen zu schlummern schien. Ein herberS«ufzer entrang sich desDoktors Brust. Seine Gattin war näher getre „Walter —!" sagt« sie leise. Er staunt wandte «r sich um. Erst jetzt sah Klara, daß schwere Thränen in seinen Augen standen. „Walter willst Du mir nicht sagen, wer jene Frau ist, an deren Lager Dich so das Gefühl über mannt —?" Sie zog ihn zur Thür und sprach ganz l«is«, nur ihm ver- Doktor „Jolanthe ist es jene Zu zählte!" In Klaras Brust stritt di« te. Sie trat an das Sterbelager. Aber bei der Betrachtung des zarten, noch jug«iidlich«n, viel, viel üb«rstandene Leiden verrathend«n, im Tod« noch ideal schönen Gesichtes, floh d«r böse Teufel der Eifersucht, und ließ die all erbarmende Menschenliebe in ihrem Herzen zurück. Kissen auf der Diele und auf diesem Kissen, an die Wand gelehnt, saß ein schlafendes Kind, ein Mädchen, zwei tder drei Hahr« alt, und steckte in blauem, verwaschenen Wollkleidchen. Ein Schuhchen stand auf der Diel«, und vom Fuße war das Strümpschen beruntttgerutfcht, und zeigte ein« nied liche rund« Wad«. In d«n Armen hielt die Kleine einen Kochlöffel, d«r in „Es ist ihr Kind Jolanth« hatte nur das ein«. Es ist nun ganz Waise." Sie ging leise zum Ofen und beugte sich über das Kind. „Darf ich «s mit mir n«hmen?" fragte sie ihren Galten. Ein Strahl von Freud« huscht« über sein bkiches Antlitz. „Du Du wolltest —? Ach, Klärchen " Sie lächelt« mild. Dann trat sie zu d«m Bette, schaute die Todte lange an, als wolle sie dies Bild fest ihrem Ge dächtniß «inprägen nahm dann das schlummernde Kind vom Bod«n in ihre Arme, hüllte es sorglich in ihren war men Pelzmantel und fragte leise: ..kommst Du bald, Walter?" Er sah ihr feuchten Blickes tief in die Augen. „Gott vergelte Dir's tausendfach, Klara ich ordne nur an. was noch nöthig sie ist ja vereinsamt gestor ben dann bin ich bei Dir " Unsere Riete Lämmermeier staunte nicht wenig, als ihr „Madc»nch«n" mit dem Kinde anlangte, aber sie hatt« die Kinder lieb: drum rief sie beim An blick d«s pausbäckigen Goldlöpfchens: „Herrje das ist ja ein Weihnachts engelchen!" „Ri«le geh? mal 'raus zu Lieders in den zweiten Stock und bitte um die »eine Badewanne, tannst auch um ein bischen weiche Wäsche bitten, bis wir morgen welche laufen. Dann machst Du schnell ein warmes Bad, und auf der Ottomane in meinem Schlafzimmer ein Bett für die Kleine zurecht. Lauf, Rieke, d«r Herr kommt gl«ich!" Däs ließ sich di« flinke Rieke nicht zweimal sagen. Klara legte dasWürm chen auf die Chaiselongue und kl«id«t« Bad fertig sei. „Wird sie schreien?" fragte sich Klara und kehrte inS Wohn zimmer zurück. Fritz Vimmch«n, der mit heimgekommen, hatte die Kerzen auf dem Kronleuchter und di« rosafar benen Stehlampen angezünd«t. Auf d«m Sopha aber saß das Kind mit frisch gerötheten Bäckchen, sah mit gro ßen Blauaugen zu den Lichtern empor und rief vergnllgt „Dada dada!" „Wie heißt Du denn, mein Herzchen!" fragte Klara. „Bibbi, Mamas Kind!" sagte die Kleine. „Bibbi also heißt Du? Und wo ist denn Dein Papa?" „Nicht Pappa Bibbi, Mamas Kind!" rief energisch der kleine roth« Mund. „Willst Du zu mir kommen, Seel ch«n?" m«inte di« Doktorin. „Mir kommen —" echote Klein - Bibbi und streckte die Aermchen ihr entgegen. Dann wurde gebadet, srottirt, geplau dert, nur beim Kämmen der langen goldenen Löckchen zog Bibbi ein „Schippchen". Endlich gab es süßen Milchbrei, bis der kleine Magen nicht mehr wollt«. Der Doktor fand sein junges Weib mit dem Kinde in den Armen unter den grünen Zweigen des Christbaums. Zum ersten Male in sei ner mehrjährigen Ehe fand er, daß Klara schön sei zum ersten Male ge stand er sich selbst in tiefer Reue, daß er ihr kein liebevoller Gatt« bisher ge wesen, und viel, ach, so viel gut zu ma chen habe. Als dann die hundert goldenen Lichter am Baume brannten, und das Kleine mit beiden Händchen danach griff, sagte Klara bittend: „Nicht wahr, wir b«halten es, Liebster ?" Er küßte si« heiß und innig, und sagte zum ersten Mal«: „Mein süßes, treues Weib kannst Du vergeben —?" In der Küche aber, kurz ehe sie zur Besch«erung gerufen wurtxn, da hatte Und die Rieke hatte vor Glück und Ist's so recht, mein Bräutchen?" Die Miutvrignrre. i zu Haus. Dös wär' noch schöner, am Weihnachtsabend ganz allein Trübsal blasen." Sie wurde ordentlich böse und mur melt« etwas zwischen den Zähnen, das wie „Unfug" klang. Dr. Höfer lehnte freundlich ihr großmüthiges Anerbieten, daS nicht so anstandiger runden uaen. die.die B-schrank.h.it ihres Gesichts noch mehr hervorhoben, ganz erschreckt an. Was faselte er da? Er blieb allein und war doch in Gesell schaft?... Furchtsam drückte sie sich mit ihren I Reinemachen - Requisiten zur Thüre hinaus. Es schien nicht ganz richtig Schrullen und Grillen. Am Weih „Jesses Maria Josef", kreischte sie heraus. hatte weder das Erschrecken der Alten die nun schon seit beinah« zwanzig Jahren seine treuen Begleiter waren, nur unterbrochen durch die Arbeit. Jahre, daß das Glück in Gestalt eines ihren ersten Kuß tauschten. Wie rosig lag das Leben, die Zukunft vor ihnen! Mit welchen himmelstürmendcn Plä hatt« mit unerbittlicher Hand in ihr volles herrliches Glück gegriffen und die Geliebte nach wenigen Tagen an sich gerissen. Im Frühling war's und als dessen schönste Blüthe wurde sie geknickt, mußte welken... sterben. Der stille Träumer im Lehnstuhl stöhnte auf. Zwanzig Jahre waren darüber vergangen, zwanzig lange Jahr«, und er hatt« sie nicht vergessen. Niemals war «s ihm «ingefallen, nach einem neuen Glück zu suchen. Sein Schmerz, obwohl im Lauf« der Jahre milder und ruhiger geworden, hatte ihn nie verlassen. Als er f«in «infach«s Abendbrot, der Sitte gemäß aus Karpfen und etwas süßem Nachtisch bestehend, gegessen hatte, ging er daran, den Kaum anzu zünden. Er holte das klein«, braune Kästchen vor, in dem die Lichthalter la gen, sie waren alt und unmodern, teil weise zerbrochen und fast jeder mit Wachslicht betropft. Er konnte sich nicht entschließen, neue zu kaufen. Ei ne dunkle Stelle am Baum gefiel ihm nicht, vielleicht hatte er noch Lichter; richtig, da lag noch ein Päckchen in weißes, nein ganz vergilbtes Papier gewickelt. Er öffnete es und sah vor sich «ine angebrannt« Cigarre. Beim Anblick dieser Cigarre überkam es ihn, der stille, einsame Mann weinte wie «in Kind, aber es waren leis« Thrä nen; Thränen, di« erleichtern, alles Be klemmende yom Menschenherzen los lösen. Vor zwanzig Jahren war sie angc - raucht, dann war sie im Glücksjubel weggelegt. Die „Glückscigarre" hatte er sie lachend getauft, sie kam mit den Lichthaltern in das dunkle Kästchen. Und als er sie beim nächsten Weih nachtsfest wied«r zu sehen bekam, rief sie sein Leid in verdoppelter Stärke zurück. Er schwur sich zu, sie nur in einer Stunde zu Ende zu rauchen, in der er sich glücklich sühle. Und da dies« Stunde nicht kam, ruht« die Glücksci garr« im verstaubten Papier. Heute, wo «r sie durch Zufall wieder vor Au gen hatte, stand auch die ganze Ver gangenheit vor ihm. Er fing zu ver gleichen, zu erwägen an. Er war ru hig geworden war diese Ruh«, die «r lange entbehrt, schon Glück? Nein aber vielleicht die ehrenvolle Stel lung, die er inne hatte? Die Hochach tung, die er allgemein genoß? Auch das genügte nicht. Dann vielleicht das Vertrauen, das seine Kranken, seine College» ihm entgegen brachten? Er wurde zweifelhaft, konnte das nicht schon als Glück gelten für einen Mann, der ohne Hoffnungen, ohne Wünsche durch's Leben schritt? Ohne Wünsche ja, das war's. Er hatte keinen Wunsch mehr, und in dieser Wunschlo sigkeit lag Zufriedenheit, lag Glück. Er war zufrieden mit dem Leben, das er jetzt führte, mit der Einsamkeit, die «s umschloß, mit der schweren Pflichter füllung, der angestrengten Thätigkeit, die sein Beruf mit sich brachte, zufrie den mit allem, sein Schmerz war ihm h«ilig, in jenem sich immer gleichblei b«nden Herzeleid um die theure Todte war er glücklich. Mechanisch griff er nach der Cigarre und rauchte sie z« End«, di« feucht«n Augen auf den breN' nenden Lichterbauii! gerichtet. Sitie «plvkngtschichte. Die Lerferinnen dürfte es interesfi ren, daß nicht nur Bücher, sondern auch Spitzen ihre Geschichte haben. Durch die Ungeschicklichkeit eines Ein käufers hatte ein deutscher Kaufmann in Prag im Jahie 1764 auf der Leip zigei Messe für schweres Geld mehrere Kisten schwarzer Spitzen, die ihm nach Prag geschickt wurden, erstehen müssen. Das Unglück der Verwechselung der weißen und schwarzen Spitzen war unter den damaligen Verhältnissen, da lich an der Kleidung kundzugeben, ein sehr großes. Die Kiste schwarzer Spitzen war total unverkäuflich. Wie sich später herausstellte, war sie ur sprünglich von einem Pariser Kauf mann für den französischen Hof, der um ein Familienglied in Trauer war, bestellt, aber nicht bezogen worden, da man sich dort plötzlich entschlossen hatte, der heimischen französischen Handarbeit, den Valencienner Spitzen, den Vorzug zu geben. Der Kauf mann in Prag, dem die theuren Spi tzen nach dem Auslande, wo sie etwa an einem oder dem anderen Orte hätte verkauft werden können, war, da für die Spitzen beim Transport über die Grenze ein außerordentlich hoher Zoll gezahlt werden mußte, ebenfalls un möglich. Da stprb der deutsche Kaiser Franz 1.. der auch in Prag sehr be liebte Gemahl und Mrtregent der Kai serin Maria Theresia, am 18. August 1765 zu Innsbruck in seinem achtund sünfzigsten Lebensjahre, und der Oberstburggraf von Prag, der Präsi dent der böhmischen Landstände, hatte durch ein Circular den Ständen mit getheilt, daß es der Wunsch der Kai serin sei, auch der Adel in allen Erb landen möchte mit ihr Trauer um den „guten Kaiser Franz" anlegen. Um zu dem Requiem in der Schloßkirche ganz in Trauer erscheinen zu können, entstand in Prag unter den Damen der Landstände plötzlich eine große Nachfrage nach schwarzen Spitzen. Da erfuhr man. daß jener deutsckie Kauf- « mann 3000 Ellen seiner schwarzer Spitzen am Lager hatte, die ihm nun mehr zu einem hohen Preise abgelaust wurden. Um die schädlichen Einwirkungen der durch den Kohlenbergbau hervorge rufenen Bodensenkungen auf Gebäude, wenn auch nicht ganz zu beseitigen, so doch bedeutend abzuschwächen, ist man in mehreren Gemeinden des rheinisch westsälischen Bergbaubezirks dazu übergegangen, sämmtliche Neubauten» unter denen Kohlenbergbau getrieben wird, stark zu verankern. Dieses Ver fahren hat man auch in der Gemeinde Herne bereits seit längerer Zeit einge schlagen. Bei den öffentlichen Gebäu den, die im Grubenfelde der der Hi bernia - Gesellschaft gehörenden Zeche Shamrock errichtet werden, trägt diese die Kosten der Verankerung. Einen bemerkenswerthen Fall der Gebäude - Verankerung findet man z. V. bei der im Bau begriffenen zweiten katholischen Kirche in Herne. Bei die sem aus Sandstein errichteten und im Rohbau beinahe vollendeten schönen gothischen Gotteshause hat di« Zeche Shamrock gleichfalls die sehr bedeuten den Kosten der Verankerung übernom men. Die in diesen großen Bau ein gelassenen Anker sind aus bestem Schmiedeeisen hergestellt und bieten di« schützt. ES ist selbstverständlich, daß die Stadt nennen können. Der fürstliche «ompontft. Ein Prinz, der in seinen zahlreichen wandten komponirte, hörte eines Ta ges eine Mozart - Oper. Es fiel ihm auf, das diese melodiös war, und er
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