Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 16, 1905, Image 2

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    Zwergboot-Abenteurer.
I turn, „der fingerlose Fischer". An
> bellieillgt.
Es ist «ine eigenthümliche, aber
-schließlich zum Gesetz der Gegensätze
passende Erscheinung, daß mitten in
der größten Vervollkommnung moder
ner Verkehrsmittel eine gewisse Klasse
ivohl die Benutzung derselben ver
schmäht, wie in herausfordernder
Weise sich zu zeigen bemüht, daß sie
ohne dieselben, ja mit den denkbar ein
sachsten und ursprünglichsten Vorrich
tungen und sonst nur von ihren Glied
maßen unterstützt, ebenso weit auf dem
Erdball oder der Wasserwüste kommen
<ann. Der Eine macht auf Schusters
Rappen Weltreisen oder stiefelt minde
stens durch einen ganzen Erdtheil hin
durch nach einer Weltausstellung, dau
re es, so lange es wolle; und Manche
leisten sich noch Schubkarrenschieben
»der Fässerrollen dabei. Andere über
schwimmen weite Meeresarme oder
überqueren die gewaltigsten Masser
sälle und Wirbelströme und lassen die
spießbürgerliche Fortschrittsmenschheit
von Dampfern oder von stolzen Brü
cken aus sie bewundern. Und wieder
um Andere versuchen, auf winzigen
Fahrzeugen, die nur etwa das Drei
sache ihrer eigenen Körperlänge messen
und von schier robinsonmäßiger Ein
fachheit sind, über die größten Welt-
Sturmes, der Einsamkeit, des Hun
gers und des Durstes Monate und
Verschiedenerlei Triebfedern hat
diese culturtrotzende Abenteuersucht.
Einige jener abenteuernden Landrat
ungewöhnliche Sorte Schnorrspeku
lanten, welche hinterher die Hand auf
heben, wenn sie es nicht schon vorher
gethan; mitunter harmonirt dies voll
kommen mit dem Weltboldenthum und
deren Trieb nach der Walhalla des
,Dime"-Mufeums. Doch sind damit
noch lange nicht alle Fälle erschöpft.
Die Waghälse der Wasserwelt aber
ist. Und die imponirendste unter ih
nen sind die Zwergboot - Oceanvaga
dunden. welche sich meistens auf dem
Wassers sowie alle Schifsahrtsfort
der Tod in mannigfachen Gestalten be
ständig im Nacken sitzt! Nur ein einzi
ger von allen hat sich je in einem
ous gar kein einsamer Seereisender ei
nen tollen Versuch machte, das Welt
meer in einer Nußschale zu überqueren.
solche, Namens Naper und Langford,
Jahre genug Weltgeschichte mit Bril
b-r ohne Hilfe bleiben könnten! Bis
jetzt ist allerdings noch kein derartiger
Fall bekannt geworden. Aber die
Du:lle, welche jene Tiefseefischer häu
fig an den Großen Bänken und in den
ben, scheinen jedenfalls, einen sehr gu
ten Nährboden für den Bacillus der
Nußschalen - Manie zu bieten, die je
doch in der Form von Weltsahrt-
Sport erst in den Tage» des modernen
cher Art unternahm im Jahre 1864
«in Mann von New Jork aus. Mit
einer Schaluppe, die er „Vision" taus
aber er ist „versunken und vergessen."
Zuletzt wurde er unfern der Großen
Bänke von «inem Dampfer gesprochen
und mit etlichen Vorräthen versorgt,
da die seinen schon zum guten Theil
schwand er spurlos für immer, aber
sein Schicksal läßt sich leicht ungefähr
errathen. Es dauerte geraume Zeit,
bis er einen Nachfolger fand, welcher
eine solche Fahrt ebenfalls ganz allein
wagte.
Zwei Jahre später indeß machte das
Liliputanerboot „Red, White and
Blue" mit zwei Insassen, John Hud
che Fahrt in derselben Richtung und
vollendete sie in 38 Tagen. Das ist,
wie sich aus anderen Beispielen erge
aber in diesem Punkt hat eben die
blinde Glücksgöttin die Hauptentschei
dung.
Im Jahre 1867 gelangte das
Zwergboot „Nonpareil" mit drei jun
gen Männern Miller, Mikes und
Lawfon binnen 51 Tagen glücklich
„John T. Ford" mit William Mar
shall und Albert French von Baltimore
los und kam bis In Sicht der Küste
von Irland, dort aber kenterte er,
gerettet wurde. Eine Doppelfahrt Über
den Ocean machte 1879 1871 die
Schaluppe „Rayusa" mit zwei Bur
schen Namens Harper und Benson; sie
Tage.
Aber das erste Menschenkind, wel
länder Alfred Johnson, im Jahre
1876. Nur 16 Fuß war sein Boot
befestigt halte.
Nie wieder hat seitdem eine solche
Fahrt so großes Aussehen in der alten
und neuen Welt erregt. Johnson
damals 29 Jahre alt wurde an
vielen Orten Englands und Amerikas
als der Löwe des Tages gefeiert, und
als er nach den Ver. Staaten zurllck
in New Jork ausgestellt, und zwar zu
einem hohen Salär. Aber er hatte
von der e i n e n Trutzfahrt genug und
erklärte, nichts in der Welt könnte ihn
bewegen, noch einen derartigen Ver
such den materiellen Gewinn anbe
langt, so ist diese Kunst seitdem sehr
heruntergekommen; der letzte derartige
gends ein huldigendes Publikum und
gerieth In solche Geldschwulitäten, daß
er sein Booi, an dem er mit seiner
ganzen Seele hing, billig losschlagen
und schließlich die Rückfahrt nach
Amerika sich als Zwischendecks-Pflege
wart auf dem „Kroonland" erarbeiten
versuchte ein anderer junger Amerika
ner, Fred Madison, mit seiner Nuß
schale, welche den ominösen Namen
„Brittle" führte, eine Soloreise von
New Dork nach Liverpool, aber er
erreichte dafür das Jenseits. Zum
letzten Male wurde er mitten auf dem
tin waren das erste duser Pärchen.
v'N New Bedford, Mass., nach Eng-
iennoch war die Fahrt eine sehr erelg
nißvolle.
Etwas weniger Glück hatten Kapi
tän Louis Goldsmith und seine Gat
tin, welche in dem Bootchen „Uncle
Sam" von Gloucester aus in derselben
Dampfer aus ihrer brüchigen Nuß
schale gerettet, drei Tage nachdem
sie St. Johns, N. F., verlassen, wo
wo sie zum letzten Mal Station ge-
Eapitän William Andrews und seiner
Neuvermählten gehört, welche 1901 in
ihrem Boote, das sie „Dark Secret"
nannten, eine „Hochzeitsreise" von
Atlantic City, N. 1., aus über den
an den Azoren - Inseln anlegen; aber
ihr Schicksal hat mit dem Namen ih
res Bootes harmonirt, «s ist ein
dunkles Geheimniß. Capitän Andrews
hatte schon zwölf Jahre früher sich als
Einsiedler - Argonaut versucht, war
jedoch nur etwa 200 Meilen weit von
der amerikanischen Küste gekommen
ner ihn aufnahm, seine arg demolirt«
Nußschale (von 15 Fuß Länge) der
rasenden See überlassend, Einem
Bruder von Andrews übrigens gelang
es 1878, gleichfalls mit einem Boot
von 15 Fuß, in 62 Tagen ohne allen
Beistand von Boston nach Havre zu
kommen, worauf «r di« damalige Pa
riser Weltausstellung besuchte; das
Schlimmste, was er unterwegs durch-
andere verwegene Einzelfahrten über
das Weltmeer. Bei der «inen schlug
sein Bötlein fünfmal um; er hätte sich
aber nicht aufgreifen lassen, wenn ihn
nicht der Hunger dazu gezwungen
hätte, da auch seine Nahrungsvorräthe
waren. Durch diesen Mißerfolg ver
lor e; eine Wette von P2OOO, die er
nerseits in 57Tagen Cornwall erreich
te. Bei einer zweiten Wettfahrt wur
nem Boote für immer verschwand.
Andrews' letzte Fahrt war die er
wähnte Hochzeitstour.
Wetter. Walsh fand den Tod dabei;
che Reisen mit sich bringen!
er 1899 von Gloucester, Mass., nach
Gloucester, England, und in 62 Ta-
Ende des Golfes von Mexico. Im
Februar 1903 entflammte ihn der
Abenteuergcist auf's Neue, und am 8.
sissippi herauf nach der St. Louifer
Weltausstellung bringen sollte. Aber
diesmal war ihm das hold.
wieder losgefahren, traf ihn ein ahn
liches Mißgeschick, Durchnässung und
Bloßstellung brachten ihm den Rheu
ten können," äußerte er sich hinterher.
Blackburns gesammte Abenteuer wür-
de «in große? spannendes Buch fül
len.
Unter seinen Mitstrebenden sind na
mentlich der Deutsche Ludwig Eisen
braun, der Deutschamerikaner William
Schneider und der Portugiesisch-Ame
rikaner Joseph Ehavres erwähnens
werth. Die eine Hand des Letzteren
ist gleichfalls verkrüppelt, die That
eines wahnsinnig gewordenen Kame
raden auf einem Fischerboot. Ehavres
machte gegen Ende Juni 1903 eine
waghalsige Oceanfahrt in einer Nuß
schale, kam aber nur 300 Meilen
weit, und es war ein Wunder, daß
er so weit kam. denn das Boot erwies
sich als baufällig!
Eisenbraun machte, nach zwei ver
unglückten Versuchen, im Hochsommer
1903 eine folgreiche Zwergbootfahrt
von Halifax, N. S., nach Madeira in
-72 Tagen, und weiterhin nach Gibral
tar, das er am 20. November erreich
te. Schrecklicher Sturm überschwemm
te wiederholt sein Boot und beraubt,
ihn seiner Nahrungsmittel und seiner
meisten Gerätschaften; doch ließ ei
sich von vorüberkommenden Schiffen
au's Neue ausstatten. Einmal auch
stieß seine Nußschale mit einem schla
fenden Walfisch zusammen, ging aber
wenigstens nicht aus den Fugen. Ei
senbraun kann nicht genug davon er
zählen. wie unterhaltend diese Solo
reise für ihn gewesen sei, und wie u
besten habe schlafen können, da er dann
keine Segel zu bedienen gehabt. Im
Allgemeinen aber gehört der Verlust
an Schlaf zu den ärgsten Strapazen
im Einzelvagabundenleben des Mee
res.
Eine der tollsten Nußschalenfahrten
aber, die jemals gemacht wurden, war
diejenige von Herbert Berrill und An
drew Coan, welche in einem Boot von
19 Fuß Länge von Boston um das
gefürchtete Cap Horn herum nach San
Francisco zu gelangen suchte, aber
nach einer Reihe Abenteuer, bei denen
der Tod ihnen in vielen Gestalten in's
Gesicht starrte, froh sein mußte, dii
Südküste von Brasilien zu erreichen.
Endlich sei noch der großen Welt
reise des Capitäns Joshua Slocum
gedacht, welcher mit seiner Schaluppe
„Spray", die er selber gebaut, im
April 1895 von Boston abfuhr und
nach einer Weltfahrt von insgesammt
§46,000 Meilen glücklich im Juni
1898 nach dem Ausgangshafen zu
rückkehrte. Capitän Noß von Britifch-
Columbia suchte 1901, ihn noch zu
überbieten, indem er in einem indiani
schen Kriegscanoe eine Reise durch den
Stillen und den Atlantischen Ocean
u. f. w. unternahm. Er hatte einen
Gehilfen, welcher über Bord ge
schwemmt wurde, fand aber einen Er
satzmann zu Kapstadt und erreichte
London am 12. September 1904.
Der Zufall.
griechische Tragödie an. Ein Frevler
ladet Blutschuld sein
Haupt des Mörders verfallt d« H
Nnfang der achtziger Jahre des vo
rigen Jahrhunderts noch langgestreckte
königliche Forsten hin. Dort brach
noch der Keiler durch das Unterholz,
dort schrie noch der Hirsch, wenn es
seine Zeit war, auch der übrige Wild
stand war dank der vorzüglichen Hege
und Pflege ein ausgezeichneter. Lei
der aber wurde in einer Weife gewil
zweiflung zu bringen geeignet war.
Und da häufig auf feiten der Schul
digen nicht der verhältnißmäßig ge
ringe wirthschaftliche Nutzen die Trieb
feder zum Freveln war, sondern eine
ungezügelte Jagdleidenschaft, die auf
gesetzmäßigem Wege nicht befriedigt
werden konnte, so nützten auch die sehr
strengen Strafen, welche die Schöf
fengerichte und die Strafkammer zu
verhängen pflegten, nichts; der Wild
frevel war nicht auszurotten. Des
halb wurde die strengste Aufsicht ge
übt, und die natürliche Feindschaft
zwischen Förster und Wilddieb hatte
sich zum leidenschaftlichen Hasse ver
dichtet.
In der zi«mlich einsam gelegenen
Oberförstern hauste seit mehreren
Jahren ein Oberförster mit seinem
jungen Weibe. Die Anstellung hatte
ihm endlich die Möglichkeit gegeben,
sein Lieb heimzuführen. Die Ehe war
gesegnet in jeder Beziehung. Zwei rei
zende Kinder tappten im Hause um
her; Zufriedenheit und Frohsinn
wohnten mit unter dem Dache.
An einem milden Septemberabend
hing sich der Oberförster die Bllchs
flinte um und pfiff seinem Hunde; er
wollte noch einen Gang in das Revier
machen, wie «r sagte. Bald war er
den Augen der ihm nachschauenden
Gattin in der zwischen den Bäumen
herrschenden Dunkelheit verschwun
den. Einige Stunden waren vergan
gen. da hörte man im Forsthause aus
der Stille der Wälder in weiter Ferne
dicht hintereinander drei Schüsse fal
len. Die Zahl machte die Frau Ober
förster stutzig; sie beruhigte sich indes
sen mit dem Gedanken, daß offenbar
ihr Mann mit einem seiner Förster
an der Grenze der Basernjagden dai
Wild vor dem Austreten auf diese
zurückscheuchte, um es vor den Schrot-
Anstande sitzenden Bauern zu schützen.
Die Nacht schritt vor, der Oberförster
war noch nicht zurück. Unruhig lausch
war ja öfter vorgekommen, daß er des
Nachts im Walde verblieb; dann
hatte er aber vorher seine Absicht aus
drücklich mitgetheilt. Da heulte plötz
lich vor dem Gehöfte ein Hund. Eine
in d«r von Anfang an eingeschlagenen
Richtung. Und die Knechte fanden
schließlich ihren Herrn. Das Heulen
des Hundes hatte ihnen den Weg ge
wiesen. Todt lag der Oberförster
ausgestreckt auf dem blutdurchtränkten
Moos; eine Schrotladung, offenbar
aus nächster Nähe abgefeuert, war in
Büchsflinte lag neben ihm; die Pa
trone des KugellaufS war frisch ab
geschossen. An der Leiche fehlte
überraschter Wilddieb war, konnte
Anhalt Nach der Ueberzeu
führte ein Zufall auf die Spur des
Thäters. Wenige Tage nach dem Auf
finden der Leiche nahm ein Staats
perverletzung, Diebstahls und Wil
derns vorbestraften Büdner im Dorfe
T. vor, nennen wir den Mann
Schmidt. Gegen ihn schwebte, damals
und zwar schon längere Zeit, eine Un-
Flinte, deren Einziehung bei seiner
letzten Verurtheilung wegen Wilderns
ausgesprochen war, nicht
See geworfen haben während der
dringende Verdacht bestand, daß er sie
irgendwo versteckt hielt. Die Unter
suchung förderte zwar die Flinte nicht
zutage, aber Schmidt war am nächsten
Tage aus der Gegend verschwunden.
Da er selbstverständlich schon seit lan
gem von dem gegen ihn bestehenden
Verdacht des Meineids Kenntniß hat
te, war nicht anzunehmen, daß die er
folglose Haussuchung ihn veranlaßt
hätte, sich vor einer Anklage zu ret
ten. Er mußte also noch anderes auf
dem Gewissen haben, und bei seiner
Persönlichkeit und der Nähe seines
Heimathsdorfes vom Thatorte dräng
te sich jedem Betheiligten die Annah
me von selbst aus. daß er dem an dem
lenkt, die Verdachtsgründe hausten
sich auch immer mehr, Schmidt selbst
aber war und blieb verschwunden.
Tages auch Frau Schmidt verschwun
blieben gänzlich erfolglos. Wieder
vergingen lange Jahre. Die Dezer
zu ermitteln, waren vergeblich gewe
sen. Eines Tages zeigte aber die Frau
eines Arbeitsmannes im Dorfe H.
wie er sich nenne, überhaupt nicht hei
ße, sein richtiger Name sei Schmidt.
Der Mann wurde in Haft genommen
und gab schließlich die Führung eines
falschen Namens und die ihm zur
Last gelegten Diebstähle zu. Es wur
de bestimmungsgemäß bei der Staats
anwaltschaft des Geburtsorts des
Schmidt Auskunft über seine Vor-
strafen eingefordert, und aus dem
übersandten Registerauszuge «rgab
sich, daß Schmidt bereits wiederholt
wegen Diebstahls bestraft worden
war. Da anscheinend Rückfalldieb
stahl im Sinn« des Gesetzes, der erheb
lich schwerer bestraft wird, vorlag,
mußte der M'sche Staatsanwalt zur
Prüfung der Frag«, ob die Voraus
setzungen thatsächlich gegeben waren,
die Akten über frühere Bestrafungen
des Schmidt sich übersenden lassen.
Zwecks Feststellung des Rückfalls wird
nur geprüft, wann der letzte Diebstahl
begangen und wann die letzte und die
vorletzte Strafe verbüßt ist; der übri
ge Inhalt der Akten interessirt nicht.
Nun hatte, wie sich nachträglich her
ausstellte, seinerzeit auch der Unter
suchungsrichter in der Voruntersu
dem Oberförster begangenen Mordes
hie Alten über frühere Bestrafungen
des Schmidt eingefordert und sie
nach Einsichtnahme später zurückge
schickt.
Und hier setzte wieder der Zufall
ein, in feiner Folgewirkung dem schul
digen Mörder den Tod, dem verletz
ten Recht die Sühne bringend. Wäh
rend der M'fche Staatsanwalt zur
Feststellung der für den Rückfall in
terefsirenden Daten in den eingefor
derten Akten blätterte, fiel fein Blick
auf die zwei Worte: „Wegen Mor
des". Sie waren in einem der er
wähnten Schreiben des Untersu
chungsrichters enthalten. Ueberrascht
las er das ganze Schreiben und ent
ren bei der preußischen Staatsan
waltschaft L. eine Untersuchung gegen
Schmidt wegen Mordes geschwebt hat
te. Sofort setzte er sich mit dem
Staatsanwalt in L. in Verbindung.
Die verstaubten und vergessenen Ak
ten wurden hervorgeholt, die Jdenti
mals flüchtigen Schmidt war bald
festgestellt, und nach wenigen Mona
ten stand Schmidt wegen Meineids,
gewerbsmäßigen Wilderns und Mor
des vor seinen Richtern. Er gab zu,
einen Schuß, und zwar den tödtlichen,
auf den Oberförster abgegeben zu ha
ben, behauptete aber, in Nothwehr ge
handelt zu haben: der Oderförster
habe zuerst auf ihn geschossen. Ein
Augenzeuge des Vorfalls war nicht
vorhanden, man wußte nur, daß drei
Schüsse gefallen waren. Da meldete
sick> die als ZuHörerin anwesende Frau
des Schmidt wieder belastete sie
Ihren Mann auf das schwerste. Sie
bekundete als Zeugin das, was er ihr
in der Nacht sofort, nachdem er heim
gekehrt war, über sein Zusammentref
fen mit dem Oberförster erzählt hatte.
Danach war er beim Wildern von dem
Oberförster überrascht worden. So
fort hatte er auf den Beamten geschos
sen, aber zunächst gefehlt; dieser hatt»
nun seinerseits geschossen und auch ge
fehlt. Dann hatte Ihm Schmidt das
tödtliche Blei mit dem dritten der von
den Zeugen gehörten Schüsse in das
Herz gejagt.
Der Wahrspruch der Geschworenen
lautete auf Schuldig wegen sämmtli
cher Missethaten. Als der Obmann
auf die Frage des Mordes mit lauter
und fester Stimme das Wort „Ja"
dete Dame ohnmächtig zusammen;
die Stimme der irdischen Gerechtigkeit
hatte der Wittwe des Ermordeten die
Besinnung geraubt. Schmidt wurde
zum Tode und zu mehrjähriger Zucht
hausstrafe nebst den üblichen Neben
strafen verurtheilt. Das Urtheil wurde
rechtskräftig.
Es war an einem trüben Februa^
rieselte das Naß vom grauen Him
mel. Fröstelnd standen die geladenen
Zeugen hervorragende Bürger der
Stadt, Offiziere, Aerzte mit hoch
geschlagenen Paletotkragen auf dem
Gefängnißhofe, scheuen Blickes nach
einem auf einigen Blöcken ruhenden
Brett mit angefügtem Klotze und nach
einem dabeistehenden hochgewachenen
älteren Mann im Frack blickend. Ern
sten Angesichts und füsternd unter
hielten sich die in ihre Talare gehüllten
Richter und Staatsanwälte. Manch
einer der Anwesenden, der das Eiserne
Kreuz auf der Brust tragen durfte,
zeigte eine Blässe der Züge, welche
er sicherlich bei dem Pfeifen der Ku
geln und dem Platzen der Schrapnells
nicht gezeigt hatte. Da hub die Ge-
dumpf zu sieben Schlägen
an; gleichzeitig fiel ein wimmerndes
Glöcklein ein. Ein Thor der Mauer
öffnete sich; langsam trat, geführt von
einigen Gefängnißbeamtin, den Rock
den Hof. Es war Schmidt. Noch
ging Schmidt trotzig feine letzten paar
Schritte in diesem Leben. Nach we
nigen Sekunden lag das abgeschlagene
und der Scharfrichter meldete dem
Ersten Staatsanwalt, daß das Ur
theil vollstreckt sei.
K«in Streber. Bureauvor
stand: Jetzt, wo es so viel zu thun
gibt. . > da wollen Sie Urlaub haben?!
Anzüglich. Dachdeckermeister
(zum Wirth): Na, die Hasenjagd ist
vorbei, Ochsenwirth. Da werden wir
Einblicke in Frauengrfängniffe.
In «iner Versammlung der Deut
schen Gesellschaft für ethisch« Kultur in
Berlin hielt Fräulein Thekla Fried
länder einen Vortrag über „Einblicke
arbeiten für den Lebensunterhalt, si«
hat d«n Ausweg des Leichtsinns. Die
Noth des Lebens, die den Mann auf
den guten Weg führt, wird für die
ben die schädigendste Einwirkung; die
schlechtesten Anstalten sind die, wo 6
bis 8 in einer Zelle zusam-
und Sicherheit der Gesellschaft. Große
Geh. Ober - Reg. - Rath Dr. Krohne.
In diesen Anstalten besteht die maß
erzieherisch begabte Frauen stehen,
amte hervor. Als Aufgaben stellt
Fräulein Friedländer hin die höchst
ist «in Mittel zur Verhütung des Un
sorg^
lichen Gefangenen in Svnderzellen bei
Nacht, für Anstellung von wissenschaft
lich und fachwissenschaftlich vorgebilde
dingten Begnadigung", vor Allem für
zum ersten Male verurth-ilte Jugend-
si: können sich den Erlaß der
Anwendung, wenn sie mit Schutzauf
sicht der Fürsorgedereine verbunden ist.
Verbindung der Staatshilfe mit sozia
ler Hilfsarbeit! Da,u treten die Aus
gaben der FamMenfürforge und die
großen Aufgaben der Unterbringung
der Entlassenen. Es hat sich ergeben,
daß die Kriminalistik unter den Män
nern, insbesondere unter den Jugend
lichen, erheblich zugenommen hat,
»zählend die Zahl der weiblichen Ge
fangenen einen erheblichen Rückganz
zeigt-