2 Zum ersten Mal allein. „Julchen," sagte die Frau Oberin spektor Brand zu ihrer Tochter, „Du bist nunmehr seit gestern Abend glück liche Braut, Du wirst, so Gott will, in drei Monaten verheirathet sein, und da Dir das seltene Los zutheil gewor den ist, dem Manne Deiner Wahl fol gen zu dürfen, so sind olle Aussichten vorhanden, daß der Himmel Dich reich segnen wird. Dreimal unberu fen, natürlich. Aber «s wird außerdem viel von Deiner eigenen Klugheit ab hängen, wie es Dir in der Ehe ergehen soll und darum merke Dir, was Deine erfahrene Mutter zu Dir spricht." Julchen, eine auffallend hübsche Brünette von etwa achtzehn Jahren, stand, anscheinend äußerst ernst, vor der Mama und lauschte mit zweckmä ßig niedergeschlagenen Augen den Worten der Weisheit. „Meide," fuhr die alte, würdige Dame fori, „sorgfältig jede größere Vertraulichkeit. Wer Männern den Finger reicht, giebt ihnen die ganz« Hand. Und sie nehmen sie! Man muß daher immer Distanz halten. Gewöhne bei Zeiten Deinen künfti gen Mann an Zucht und Sparsam keit. Küsse Du ihn überhaupt sehr selten und nur aus die Stirne hörst Du?" auch wirklich zu rückständig. „Und wenn er Dich fragt, Julchen, warum Du so scheu bist, so gesiehe ten. Das Wirthshaus ist der Tod gar manches auffällig gefunden ha ben. Denn sonst pflegt« Julchen höchst ungern zu Tante Eleonore zu gehen, nige Mark Taschengeld herauszuschla gen. Aber heute schmückte sie sich mit ganz besonderer Ueberlegung. heute diskreten Ausschnitt, die hellen Schu he und den Modellhut erster Garni tur, den ihr der Onkel jüngst aus Pa ris mitgebracht hatte. Jeder Men schenkenner hätte daraus geschlossen, daß Fräulein Julie Brand unzweifel haft den Besuch bei Tante Eleonore Grundsätzen behandelt haben würde, dir sie ihrer Tochter zur Aussteuer gab. Auf solche Weise geschah es, d-ch Julchen gerade Punkt halb drei Uhr jene Ecke kreuzen konnte, um die herum ihr Bräutigam, der Forstasseffor Muthmann, durch einen merkwürdi gen Zufall seinem Amte zustrebte. Als der junge, frische Jägersmann sie er äugte, war er fast gar nicht über rascht, seine Braut hier zu treffen? es sah fast aus, als ob es nicht zum er sten Mal geschähe. Trotzdem aber hatte er alle Mühe, sein Gesicht in Zimmer hinaus pfui, Has!" „Ja, schau Max," antwortete Jul chen, indem sie schmollend das Näs sah. .glaubst Du, mir ist das ein Ver gnügen? Gerade 10 gul lonnl icy sa gen, Du gehst gerne auf Deinßureau. Uebrigens scheint es mir auch so," setzte sie scherzend dazu. Er zuckte mit den Achseln und schaute sie prüfend an. „Du," sprach er langsam, wie einer, der seiner Sache nicht recht sicher ist. „hör mal Schatz. Ich habe heut Putz tag und es liegt gar nichts daran, wenn ich heut schwänze. Wenn Du um fünf Uhr zu der alten Schachtel kommst, ist es auch noch früh genug. Magst nicht, gehen wir ein wenig in den Park?" Julchen schüttelte energisch den Kopf. „Was Dir nicht alles einfiele." begegnete, ich danke. Papa und Mama, alle Onkel und Tanten erfüh ren es. Schamloses Geschöpf wär' „Ach waS, in drei Monaten sind wir Mann und Frau ... Ist denn das ein Verbrechen, wenn ich mit mei ner Braut spazieren gehe?" „Natürlich nicht. Aber mein Gott in Amerika kräht kein Hahn da nach, das sind eben vernünftige Leute, Nun schwammen die beiden im rich tigen Fahrwasser. Er war im Allge meinen ein Feind weiblichen Zauber rings um sie herum, und wenn „Ich hab' Dich gern," und „Du bist mein" und das freute sie mehr als alle Gesänge und alle Worte der Welt. zu fixiren. Und als er sie zum Schlüsse bat, cb genden Garten zu einem kühlen Liter geleiten. Zugleich lenkte es dieser of fenbar boshafte Gott so listig, daß im selben Augenblick, wo das behäbige Paar zwischen den Kastanien sich hin durchschob, Julchen den hübschen Kopf durch das Weinlaub steckte und Der glaubte es vorerst gar nicht, daß es einen so tückischen Zufall geben könnte, setzte seinen Kneifer zurecht und lugte vorsichtig hinaus. Leider, es Der Dicke draußen bestellte deutlich „Wie, traue Dir," zischle der Asses Cssen. Hast Du's gehört Max?" Uhr Abends an belegt sei! Der Assessor erklärte ihr aber rund weg, daß er sich lieber von wilden Pferden zerreißen ließe, als auch nur :inc Minute früher zu weichen, als es Mädchen diese Widersetzlichkeit den f«n. Julchen glaubte in den Boden ver sinken zu muffen, als einer nach dem reihum, und wenn einer nieste, so murmelten sie mit einem ungeheuren Ernst ein Prosit, das wie ein „niemen to mori" klang. Julchen glühte wie .eine, frifcher- blüht- Pfingstrose, der Aliestor ruaie nervös auf seinem Sitze hin und her und zermarterte sich das Gehirn, wie er wohl aus einer so verwünschten La ge sich ohne allzu bedeutende Blamage herauswickeln könnte. Und da schien es ihm, es wäre wohl das beste, sich offen auszusprechen. Er wendete sich an den Senior, legte ihm den Thatbestand dar und zwar in sc lustiger und schonender Weise, daß sei ne Braut von ihrem Taschentuch nur einen mäßigen Gebrauch zu machen nöthig hatte. Zum Schlüsse appellirte er an die Ritterlichkeit der anwesenden ° Der Ausweg bewährte sich vorzüg lich, man trank ihm zu und die ganze Gesellschaft war sofort Feuer und Flamme für den Gedanken, dem be drängten Paar zur Flucht zu verhel fen. Nun war aber dieses Unterneh men gar nicht so leicht. Man unter suchte zuerst die Planke und ging da ran, eineLeiter zu vilden.die steigen ermöglichen sollte. Dieser Plan scheiterte aber an den vorliegenden Schwierigkeiten. Ein findiger Kopf hatte einen anderen Einfall, eilte in die Wirthschaft und requirirt: dort so viele Tischtücher, als er auszutreioen vermochte. Nadeln und Zwirn waren ebenfalls zu haben und ausgerüstet mit diesen Utensilien machte er sich mit Eifer und vielem Geschick daran, das Brautpaar als Gespenster zu vermum men. Schon nach einer bangen Viertelstunde bewegte sich plötzlich ein seltsamer Zug durch den Garten. Umgeben von dem Verjüngt. Wege. nie mehr aus, als er durfte, und be beispiellosen So flog Er hatte weder Verwandte noch nahe Freunde: seine Eltern waren früh gestorben, und so hatte er keinerlei Pflichten. Diese Vereinsamung hatte in ihm den Glauben an seine Fähig keiten, allen Ehrgeiz und alles Stre ben vernichtet, ja, er fürchtete jede Aenderung, die in sein so pedantisch geordnetes Leben eingreifen konnte. An einem Wintertage kehrte Julius Spaziergang zurück. In feinen' Ma n schritt er schwerfällig die Plötzlich vernahm er einen Lärm, und bevor er Zeit hatte, sich umzu schauen, hatte ihn bereits jemand am Arm gepackt. „Retten Sie mich!" rief eine dünne, ängstliche Frauenstimme,.. Nun bemerkte er auch zwei männliche Gestalten, die den Rückzug antraten. „Verzeihen Sie", begann das Mäd chen, das seine Hilfe angerufen hatte, „daß ich mich in meiner Angst unter Ihren Schutz stellte... Die Straße ist so dunkel... Man begegnet so oft Un annehmlichkeiten." Er beruhigte sie und bot ihr an, sie nach Hause zu begleiten. Schweigsam gingen sie nebeneinan der her. Als sie an einer Laterne vor beikamen, blickte sie zu ihrem Begleiter auf und bemerkte auf seinem runden Gesicht den Ausdruck der Gutmüthig keit und Treuherzigkeit. Auch er sah sie an, und so begegneten sich ihre Blicke. Auf dem Sofa faß ein altes Mütier- Als die Thür sich geräuschvoll ge öffnet hatte, erschreckte sie, doch nach einer Weile begann sie: nach dem vereinsamten Hause. Er ver mochte die Gefühle, die ihn bedräng ten, nicht in Worten auszudrücken. zu Di ssen. Eine alte Freundin der Verstorbenen Im Wesentlichen änderte sich Julius als Pflicht erschien. Noch fehlte dc:!'... Glllck.^— Talentvolle Idioten. Es ist dies ein Widerspruch, und doch gibt es Idioten, Menschen ohne liche Fähigkeit für das Kopfrechnen. Der englische Irrenarzt Jreland be richtet von einem idiotischen Knaben, tiger Geschwindigkeit addirte und mul tiplicirte. Diese seltsame Begabung verstehen wir aber erst dann, wenn wir uns klar machen, daß Verstandes- und Gedächtnißthätigkeit nichts Einheit liches sind, sondern psyckische Vor gänge, welche an ein sehr ausgedehntes Grunde gehen, 1-5 aber sich in nörma ent'wickeln. Es gibt nun Personen, deren Gesichtssinn so lebhaft ausgebil det ist, daß sie die von ihnen geforderte große Rechenaufgabe, die sie im Kopfe rechnen sollen, geistig auf eine gegen überliegende Wand projiciren und sie dann wie auf eine Tafel geschrieben beim Rechnen vor sich haben. Auch bei dem oben erwähnten Idioten ist wohl eine solche besondere Ausbildung des Gehirntheils für das Gesicht anzu nehmen. Dabei fehlt ihnen aber die Eigenschaft, welche Geistesgesunde im mer besitzen, ihre Fähigkeit nicht ver werthen zu können, weil bei ihnen die Association, die Möglichkeit der Ver knüpfung mit anderen Dingen nicht vorhanden ist. Immer ist es nur ein außerordentliches Gedächtniß sür irgend ein einzelnes Gebiet, hier für die Zahlen, ein anderes Mal für Na men und Ereignisse. Der berühmte französische Irrenarzt Morrel kannte einen Idioten, der die Noamen K a ausweii felben Stunde. Wieder andere haben Zeichnen. Im Asyl von Earlswood Abbildung eines Schiffes besaß. Alle Menschen beobachten. Mißverst a n d e n. „Nicht wahr, Ihr alter Verbindungsbruder sonst?" „Freilich, genützt hat mir's Der Bauchredner. Kell ner: Was wollen Sie essen, Mister Darnleh? Ventriloquist: Einen Au genblick, ich berathe mich noch mit mei- Ter Handel mit Frauenhaar. Dieser Handel, so schreibt ein Wie ner Blatt, ist über die ganze Welt ver breitet. Der Consum ist ein massen hafter. Vor allein handelt es sich, dcium, den Haarbedarf aller jener der Mode und befindet sich gerade jetzt stark in Blüthe. Eine Folge dieser Mode wird voraussichtlich eine we erseht werden sollen. Jede Rasse und fast jede Nation hat ihr besonderes Haar, das sich in Qualität und Farbe binnen sehr geschätzt, und eine der tast barsten Qualitäten ist das aschblonde Haar, da es nicht naturgetreu gefärbt werden kann und echt fein muß, wäh täten »,i!t das silbcrgraue Haar; viese Sorte, echt und lang, ist, wie versichert wird, jetzt kaum zu bezahlen; es hängt br eigen nennen, nur in den seltensten Fällen ihres Hacnjchmuckes berauben, i,ni es zu verkaufen, während die aber bald als solches erkannt wird, als Surroaat zu verwenden. Das größte und billigste Haar ist das sogenannte „Chinesenhaar". Die Chinesinnen er neuern nämlich ihre Frisur meist erst nach Wochen und Monaten, und der Absc-11, da? sogenannte „Wirrhaar' das sich dabei vom Kopse löst, wird von ihnen verkauft und kommt in den tes „Chinesenhaar", das von einer Flachsart, die in Frankreich wächst, gewonnen wird. Doch die vegetabili sche Faser kommt bald zum Durch bruch? das Haar wird grün und muß dann immer wieder nachgefärbt wer den. Dieses vegetabilische Haar, eben so wie das Haar vom Schweifbüschel des Büffels und eine Art Angorahaar finden meist nur für Theaterperrücken und zu Costümzwecken Verwendung. Als ergiebiges Feld zum Ankauf von Haaren gelten ineist jene Gegenden, in denen die Bauernmädchen das Tuch den Haarschmuck verdeckt und der Abgang des Haares sich nicht bemerk bar macht, wird es den Mädchen leich digen und es für einen verhältnißmä ßig billigen Preis zu verkaufen. Da geschieht es mitunter, daß die Mädchen ohne Bedenken als Preis für ein Kopf tuch. das ihnen ein Hausirer anbietet und das ihnen gefällt, ihr Haar opfern und für ihr Haar das Kopftuch ein tauschen. Hier mag auch einer Sitte Erwähnung geschehen, die heute noch die jüdischen Mädchen in Rußland und Galizien üben. Von dem Augenblick, Kopf mit einem künstlichen Scheitel, der aus falschen Haaren hergestellt wird und der ihr eigenes Haar bedeat. Die Mädchen der ärmeren Klasse schneiden sich aber in dem Moment, wo sie den Scheitel aufsetzen, ihr eigenes ssaar ab, da sie es nicht mehr benöthi gen, und bringen es zum Verkauf. Das Haar der Wienerinnen ist sei nes Glanzes und seiner Feinheit wegen sehr geschätzt, doch kommt es nur wenig in Handel, da seine Beschaffung keine leichte ist. Nicht selten kommt es aber vor, daß Damen, die stark von Kopf ler die Quelle des Leidens ist. In Ihr Standpunkt. Vater (vom Frühschoppen heimkehrend): Ge stern ist's aber nach der Parade den Leutnants bei der Kritik schlecht ge aangen. Backfisch: Na ja, so n alter General hat seinen Neid, weil an un seren Leutnants sonst absolut mchtK auszusetzen ist! ner Arbeit fortgehen, sonst würde ich Sie hinausschmeißen,.. Reisender (höflich): Paßt es Ihnen diesen Nach mittag vielleicht besser?
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