2 Mutterpflichien. Knabe, in einer Ecke, das Ge nung über eine hohe, schöne, schnee weiße Stirn. Die Augen find dunkel und blitzend, der Mund groß, ab:r wohlgeformt mit weichen Linien. In diesem Augenblick ruht ein Ausdruck von Trotz,und Mißvergnügen über dem sonst angenehmen Gesicht. Er thut, als wär« er in sein Buch vertieft, aber bei jedem Laut von draußen zuckt Buch hält, zittert. Die Schwestern und der kleine Bru der sind, wie er selbst, in ihren Sonn tagsstaat gekleidet. Sie befinden sich «ine Treppe hoch in dem Zimmer, das ihnen zum Schulzimmer dient. Die ses wie das Kinderzimmer sind unver ändert geblieben, das Schlafzimmer und neue, schwere Gardinen bekom men. Und die ein« Wand ist mit blü henden Kamelien dekorirt worden, die mit ihrer duftlosen Schönheit den Luxus im Ziminer erhöhen. An der Decke brennt di« Lampe mit zartem, mattgcschliffenem Glas und wirft ei nen rosa Schein über das große Bett ist daSselb« Bett, aus dem seine Mut an dem er als siebenjähriger Knabe die Schrecken des Todes kennen lernte, und an dem sein Kinderherz einst vor Schmerz beinahe gebrochen wäre. Sein Vater hatte seitdem dieses Zimmer nie mehr betreten, sondern sich sein Bett in sein Arbeitszimmer im unteren Stockwerk bringen lassen. Es hatte unbewohnt und unberührt gestanden bis jetzt fünf Jahre lang. Es war sein Heiligthum gewesen, wohin er ge hatte. ' d Ihre letzte Arbeit ein kleiner Kri stine Lippen zusammen, als er daran denkt, und seine Augen funkeln vor Erbitterung. Für sie, die Neue, die sie Mama nennen sollen. Aber das thut er nie, niemals. Sie mögen ihn pei nigen, ihn bitten, ihm befehlen. Er hat nicht mehr als «in« Meutter beses sen, er will auch nie eine andere haben. Wie können die Geschwister so froh sein und jub«ln o, sie erinnern sich ihre dunklen Erinnerungen aufge frischt. Aber sie hat einen so flüchtigen und leichten Sinn, sie lebt nur für den Augenblick und das Neue, was er ihr bringt. Je länger es dauert, desto eifriger werden die Kleinen. Die Gouvernante hat alle Mühe, sie in Ordnung zu hal ten, damit sie ihre weißen Kleider nicht Der Schnee breitet seine weiche Decke über alles, über Aecker und Wie sen, über die Wipfel des Waldes und treten und ihren Platz einnehmen soll. Aber er kann nichts thun, er ist voll kommen machtlos. Wie er sich aber nach seiner Mutter sehnt! Wenn er sich Hu ihr ins Grab legen könnte und alles vergessen! Er wird weicher, d«r Gedanke an deir Tod erscheint diesem von einem langen Lebenskämpfe mü den Mann«. Dir Lippen beben, ein paar h«iße Thränen fallen aus den dunklen Augenwimpern auf die u»- gelesenen Seiten des Buch«s. . Endlich! Das Schliitmg-läut« kommt näher nun sind sie an der ; Thür. D«r Plan d«r Gouvernante, di« Kinder sollten nach dem Alter in > einer Reih« auf der obersten Treppen stufe stehen, scheitert sogleich. Die vier Kleinen rennen schreiend und sich knuffend in den Korridor hinaus und lehnen sich über das Geländer, um hinunter in den Flur zu sehen. Der Bediente hat die Mäntel ab genommen. Sie steht da in ihrem ele lachend ihr vom Scknee noch feuchtes, glühendes Gesicht ihrem Gatten zu, der sie in s«ine Arme schließt und sie will trachten neugierig ihre neue Mama. In ihrer kindlichen Phantasie hatten sie sie sich anders gedacht, vielleicht mit rem Vater. Sie sehen statt dessen ein gen Kopf, eine schlanke, feine Gestalt. Daß ihre neue Mama sehr schön ist, ist dagegen sie nicht ver- Jhre purpurnen Wangen bekommen eine noch höhere Röthe, ihr H«rz klopft heftig, und sie wird befangen vor den „Da sind unsere Kinder, Maria", sagt ihr Gatte; „sie sehnen sich danach, ihre neue Mama küssen zu dürfen." Sie hat sich früher nicht richtig hin auf sich nahm, obgleich sie wußte, was sie erwartete. Selbst erst neunzehn Jahre, meint sie, bis vor kurzer Zeit noch ein Kind gewesen zu sein. Wie wird sie die Pflichten erfüllen können, die ihrer warten! Was ist sie bis j«tzt anders gewesen, als der verwöhnte Liebling ihrer Eltern? Ein Mädchen wie alle die anderen mit ziemlich gutem Verstand, gefühlvollem Herzen, ein bißchen eitel, ein bißchen kokett und dere Mädchen, und der Traum ist für sie ein wenig früher zur Wirklichkeit geworden als für die meisten ande hören, und das war ihnen genug! Die Verlobungszeit war so kurz gewesen, mit der Aussteuer war es so eilig ge st« ihr nie Unruhe machen würden. Nur der Aelt«ste, Sigurd, habe einen trotzigen Sinn und sei schwer zu be würbe, wie sie noch bis vor wenigen Jahren mit ihren Puppen gespielt b Üb«r sie, eine Ahnung von Pflichten, die sie nicht kannte. Nicht Puppen, sondern fünf kleine, lebendige Wesen antwortungsvollsten Beruf der Welt einschließt. Sie suhlte sich verwirrt, wie sie vor LMn!"^ ihre Stiefmutter lächelnd an. „Sie ist meine älteste Tochter", fuhr der Vater fort und zog sie an sich, mein Mädel?" „Ja, Papa". Sie lächelte von neuem, sah ihre Mutter freundlich an Kommst du nich. heraus und begrüßest Der Knabe erhob sich langsam uno ging auf den Vater zu. „Gut«n Tag, Papa." Der Vater klapste ihn auf den Kopf. „Da ist deine neu: Mama gieb ihr einen Willtommenkuß", fuhr der Vater fort. deine Mutter!" ! „Laß ihn", bat sie, „es ist noch s» > neu für ihn und er kann es nicht »er stehen." .... Stimme, er sah dit kleine, feine zarte Hand auf seiner Schulter und fühlte ihr Zittern. Etwas, was «r lange nicht empfunden, schlich sich über ihn et was Liebliches und doch Schmerzhaf tes, das der Erinnerung an seine todte Mutter glich. Sein Herz begann hef tig zu schlagen und das Blut stieg ihm zu Kopf. Er wollte weinen, aber er konnte nicht? das Weinen blieb ihm im Halse stecken und drohte ihn zu und stürmte aus dem Zimmer, ohne auf des Vaters erzürnten Ruf zu ach ten. Blaß und ernst ließ sie sich von ih rem Räume Kindern einer andern Mutter zu sein. „Wie soll das werden", dachte sie traurig, „ich bin so unerfahren, ich weiß nichts anderes, als sie lieb zu ha ben!" sitzen. ch l Sch „ stand. einen finstern Blick zu und antwortete „Ich will keine andere Mutter ha uen langjährigen, stillen Kummer aus geweint, seine und seiner Mutter Un bill, seinen Haß und seinen Trotz. Sie xelauscht, entzückt, überzeugt, bezwun gen. Die Liebe, die für dies gefühl volle Kind das Leben war, hatte es Und dann hat'r gesagt: gerad' so ost wie mei' Hemd thät" ich mei' Ueber- Schach ä' Tie Vernunftehe. fa>id, s ' G d« b b dir eine verführerische Hummermahon naise prangte. Aber di: hübsch«, schlank« Brünette hatte offenbar die größt« Anziehungskraft für die Wu tower Herren, und er mußte «in« kleine Geduldprobe bestehen, eh« er ihre Auf merksamkeit aus sich lenken konnt«. „Darf ich bitten, gnädiges Fräu lein —" Er hielt inn« und sah sie ver wundert an. Negine erröthete. „Sie wußten nicht mehr, Herr Assessor, daß Sie hier in meiner Heimath sind?" Ein leiser Vorwurf klang aus ihren Worten; aber <s lag mchr darin als verl«tz!e Eitelkeit. jctzt von ihrer Wohlthätigkeitspflicht so in Anspruch genommen, daß nach einer flüchtigen Vorstellung di« Fort jei'.ung des Gesprächs auf eine stillere Zeit verschob:» werden mußt«. Um diese Gelegenheit abzuwarten, setzte sich Tisch und bestellt« sich ein Glas Pil sen». Also in Reginens H«imath war «r. Daß er das ganz hatte vergessen kön nen! Sechs Jahre war's her, daß sie einander in einem Berliner Privat- Tanzstund«ncirkel kennen gelernt. Da mals natürlich hatte er sich sterblich in sie verliebt. Regine war ein sechzehnjähriges Backfischch«n, «r ein junger Student. Es war «in kal ter Winter, und die Eisbahn hi«lt sich bis Mitte Marz. So trafen si« ein ander fast täglich auf d«r Rousseau- Insel und liefen stundenlang Hand in Hand über die glatte Fläche. Von Liebe und V«rlobung hatten sie nie ge sprochen; aber als er vor den großen Ferien von ihr Abschied nahm, drück ten si« sich die Händ«, als ob sie wüß ten, daß sie zusammeng«hörten, und daß die Trennung nur eine vorüber gehend« sein könnte. Doch bei den Ar beiten zum Referendar- und zum Af fcssorexamen hatte er Regine und die Tanzstundenzeit ganz vergessen. Das Concert hatte unterdessen be gonnen. Es wurde leer im Speise saal. Paul stand auf und ging wieder zum Büffet. Wie Regine sich verändert hatte! Damals war sie «in kleines, wildes Mäd«l geivefen' mit lustigen, blauen Augen und frischen, runden Backen. Nun war sie eine Schönheit geworden. Unt«r dem schwarzen, leicht gescheitel ten Haar blickte das länglich geformte Augen bekamen durch die langen, schwarz«» Wimpern und die dunkeln Brauen «in«n Sch«in von Träumerei. Die anmuthigen Bewegungen der tvei ßen, schlanken Hände, ihre Art, den Mund zu öffnen, zu reden, der Blick ihrer Augen, wenn si« zuhörte, das Alles fesselte ihn wie etwas Neues, vier Uhr Zeit?" „Herr Wille, mein Musiklehrer," stellte si« vor, „Herr Assessor von - ,z« unterricht geben." „Und das sieht die Mutter ruhig mit Und «r hat doch das ganze Geld von der ersten Frau." Di« Plaudernden stießen sich jetzt mit den Ellbogen an und richtete» Regine erschienen war. Paul durchzuckte es wie «in Stich. Also R«aine hatten ohne Zweifel die Bemerkungen l«in«r Nachbarn gegol Ger Gatt« robe, holte sich Mantel und Mütze und verließ den Bazar. Er mochte in sei die klarkalt« Winternacht. Was hatte hielt sich Paul von Enar wieder in Wutow auf. Er hatte Regine bisher nicht wiedergesehen. er sonst zu vermeiden pflegt«: in der Näh« des Langen Sees, der Schlitt schuhbahn der Wutower. Der Weg führte unmittelbar am Ufer entlang, undPaul blickte weithin über die weiße glatte Fläche, auf der die Schlittschuh läufer sich tummelten. Richtig! Da drüben die Frauengestalt, er hätte sie aus weiter Ferne unter Tausenden herausgefunden. An d«r graziösen Art, wie sie in Bogen über den See schwebte, wie sie sich wiegte, wie sie den Kopf auf die Seite neigt«, erkannt« er sie: Regin«. Und wieder überkam ihn, trotz allem Grübeln und Zwiespalt kurz vorher, jenes warme Frohgefühl, wie damals bei dem Wohlthätigleits f-st- Regin«! Mit ein«m Male stand es sprechen und sie fragen, ob sie verlobt ist. Er eilte die Treppen hinunter, lieh «in Paar Schlittschuhe, befestigte sie und hatte im Nu Regine erreicht. Ihr Gesicht war von der frischen Lust gerathet. Die Auaen blickten ihn strahlend an. Si« sah jünger aus als Er reichte ihr die Hand und gab sich Mühe, ihre Fragen über sein Leb«n in Hoh«nkrug unbefangen zu beant worten. „Aber an dem Abend, beim Vazar, sah ich Sie ja nicht mehr," sagte sie. ob er sie nicht mehr loslassen woll!«. „Sie sind verlobt, Regine?" fragte er „Sagen Sie! Mit Wille?" Herr Assessor." nur das gleichmäßig« Schleifen der Schlittschuhe auf dem Eise. Eine Weile fuhren si« ganz mechanisch neben men. Ich schätze Will« sehr hoch. Au lich seit Papa's Tod« geht's nicht „Ein« Vernunftehe!" unterbrach er sie bitter. „Das hätte ich Ihnen wahr haftig nicht zugetraut." ten Familie, reich, jung, will Berlin als Rechtsanwalt niederlassen, und ich glaube, er würde ganz gut zu nem Jubel. „O! Der Begriff Vernunftehe ist „Aber nicht doch, Paul!" lachte sie Tie moderne Pythia. „Aber was soll ich damit machen?" fragte er. Sie sah ibn an und mußte Schachtel an dem Seidenoändchen hin und her schlenkerte. „Es 'st doch eigent lich ein Blödsinn, den Hvchzeitsluchen len Sie das Werthobjekt haben?" führt. sie- D s .ß h für den Fall, daß Si: Junggeselle b!«> sie, „der letzte ist der richtige. Aber Herz^geschrieben, daß Weise selbst interessirt ist." so langweilig seien, wie «r immer ge „Noch Eins!" sagte sie. „Die kleiner Trost zu wissen, welcher Ge- Sie also!" befahl sie. des Telegramm von ihm: I,Jhr Name war der Ich glaube jetzt an siand sie ihm eines Tages mit schelmi schem Lächeln, daß auf sämmtlichen Streifen derfelbeNant« gestanden habe, t«l gewesen sei. „Di s wußte ich schon am selben die Zettel „Du Bösewicht !" schalt barg glückselig ihren Kops an seiner Brust. Besuche ans Rath. scheint. ch Daß es Leute gibt, die in vollster Harmlosigkeit den andern nur auffu heit. Es ist «ine Rücksichtslosigkeit, dl« nicht, und er kann «s auch nicht? sein eigener Takt als Gastgeber und Wirth verbiet«! es ihm. / M Musterzeichnungen, von dem und je- Ausruf: „Oh, das könntest Du mir sches, der fühlt die Be fertigt. geholfen, genützt: thust Du das Gute, so wirf,es ins Meer, sieht's nicht der Fisch, sieht's doch der Herr. Und zu- Umkehr. letzte Köchin war solch' unverschämte Person?" Frau: „Ja, blos ihretwegen hab« ich alle acht Tage das Klavier stimmen lasse» chiissen!" Wirklich«Freude. „Wie könnte ich die Leute mit meinem Besuch erfreuen?" „Indem Du ihnen schreibst, daß Dein Aufenthalt sich auf die Zeit zwischen zwei Zügen beschrän ken werde und wtnn Du dann D«in Wort hälft." Unverbesserlich. „Ja, ich glaube, ich habe gesagt, daß Sie über sich selbst gern« Unwahrheiten sagen." „Ich bin an solche Redereien nicht gewöhnt. Ich bin «in G«ntleman, mein Herr!" „Da sehen Sie, Sie mache» »Z wieder sol"
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