2 Zu spät. B«i der Gräfin von Soden ist heute "jour fix". Ein« auserlesene Gesellschaft von Künstlern und Künstlerinnen bewegt sich in den im extremsten Secessionsstil eingerichteten Salons der gräflichen Villa in der Thiergartenstraße. Die liebenswürdige Wirthin hat gerad« ei nen ihrer Gäst«, Helga von Bernhau sen, die zugleich ihre Freundin ist, in ein Gespräch gezogen. Helga ist 23 Jahre alt, Mittelstatur; Haarfarbe braun; in den reichen Flechten spiegelt sich das goldige Licht der elektrischen Lampen in eigenthümlichen Reflexen wieder. Sie ist in Trauer, ihr einfa ches Kleid schmiegt sich weich ihrer wohlproporti'onirten Figur an, und der Ausschnitt am Nacken zeigt ihre glän zend weiße Haut. Die Gräfin sagt: „Helga, ich möchte dir Herrn Hellburg vorstellen." „Ach danke; ich mag ihn zwar nicht, ober kennen lernen möchte ich ihn doch." „Aber warum kannst du ihn nicht leiden?" „Ich weiß nichts Nachtheiliges über seine Persönlichkeit, außer, daß er im mer ziemlich gelangweilt aussieht, aber ich meine doch seine Bilder; die mag ich nicht sie sind nicht immer ehrlich. Sicherlich könnte er bessere Arbeiten liefern, denn er malt doch hin und wie der etwas, das ganz verschieden von dem ist thatsächlich —." „Still, hier kommt er. Herr Hell burg, ich möchte Sie Fräulein von Bernhausen vorstellen." Nach den üblichen Höflichkeitsphra sen läßt die Gräfin beide allein. Hell burg läßt sich neben Helga auf ein Fauteuil nieder und nimmt eine ziem lich ungezwungene Haltung an. Eine junge Dame spielt gerade Schumanns „Aufschwung". Hingerissen lauschen sie diesen Tönen, die eine Leidenschaft, ein Sehnen ausdrücken; die Empfin dungen einer Seele, die nach dem Un erreichbaren strebt. Die Dame spielt gut als das Stück zu Ende ist, ern tet si« reich«» Beifall; dann wird die Unterhaltung fortgesetzt. Helga stößt einen langen Seufzer aus. „War das nicht himmlisch? Ich wünschte, ich könnte auch so spielen." „Spielen Sie nicht?" „Nein." „Welch ein Segen!" „So? Ist es ein Segen?" „Eine junge Dame zu finden, die nicht klimpert ja ich kann Da men, die „etwas" Klavier spielen oder „etwas" malen, nicht leiden!" „O," sagte Helga und lachte leis. „Wie meinen Sie?" „Ich male „etwas"." „Bitte vielmals um Verzeihung, gnädiges Fräulein. Wie konnte ich ouch wissen. Was malen Sie denn?" „Ich studire." „Ach so! Kunst, die wahre Kunst— Punktirrn und Schraffiren oder so etwas?" „Durchaus nicht, Herr Hellburg." erwiderte sie verletzt. „Wirklich nicht? Wie originell!" „Ich Hass« Punktiren und Schraffi ren!" Dann nach einer Pause. „Und ich male keine Theekessel unmöglich hübsche Schnitter oder süße fck ine Bilder der häuslichen Tugenden!" Er fährt aus und starrt sie entgei stert an. „Dan —ke," preßt er hervor, „Rache ist süß, nicht Ivahr? Aber Sie müssen bedenken, daß man bei einer Person, die man nur flüchtig kennt, ganz ohne Willen eine wunde Stelle berühren kann." Sie erröthet. „Ich bitte um Ver zeihung, wenn ich Sie verletzt habe, aber Sie haben mich ärgerlich ge macht." „Bitte, keine Entschuldigung ich war ebenso grob. Si« haben ganz recht. So lange ich meine Kunst um des Geldes wegen ausübe, habe ich kein Recht, jemand anders zu kritifi ren." Sie ist verstimmt und findet kein« Worte der Entgegnung. „Nach allem," fährt er fort, „bin ich nicht besser als der Fabrikant, der bil lige, hübsch« Waaren producirt, weil das Publikum gutes Material nicht würdigt. Das groß« Publikum liebt die Bilder, die ich nach seinem Ge schmack male; aber die Bilder, die ich nach meinen eigenen Gedanken male, diese finden kein Gefallen und keine Abnehmer. Dann gelangt wohl solch' ein Gekleckse an die Wand des Speisezimmers, und der Hausherr zeigt es stolz seinen Gästen: „Von d«m berühmten Hellburg gemalt ein auf strebendes Tal«nt nicht alle feine Bilder sind so gut gelungen malt manchmal den größt«n Unsinn man nxiß nicht, ist's ein Sonnenuntergang oder ein Mädchen mit rothem Sonnen schirm!" Dies sagt er mit cynischem Lächeln vnd hält inne. Dan» fügt er mit leicht verändertem Ton« hinzu: „Aber was malen Sie denn, Fräu lein v. Bernhausen?" „Ach, allerlei; im modernen und an tiken Stil am liebsten arbeite ich im Freien. Augenblicklich male ich in der Gegend des Wannsees, wo mein« Schwester ein« Villa besitzt." „Die Glückliche! Dort wohnen zu können. Mr armen Berliner müssen föeilich in der Stadt ersticken." „Ja, und gerade jetzt ist es dort sehr schön. Im übriaen, ich denke Sie ken nen meinen Schwager, Herrn v. Reck ling?" „Hans von Reckling? Aber natür lich. Der ist Ihr Schwager? Ich be kam neulich eine Einladung, ihn Ends nächster Woche zu besuchen, aber ich werde nicht gehen können." „Warum denn nicht?" »Solchen Luxus kann ich mir nicht Leisten/antwortet er ironisck. „Das ist schade. Meine Schw-ster würde sich außerordentlich sreu«n, Sie k«nnen zu lernen; und gerade jetzt ist die Gegend entzückend." „Und hier in der Stadt ist es uner träglich. Bielleicht gehe ich doch." „Malen Sie denn nicht im Freien?" „Wenn ich kann, gewiß. Aber giebt es denn Theekessel etc. im Freien?" Der spöttische Ton macht si« errö then. „Es thut mir leid, das vorhin ge sagt zu haben." Er lächelt ein wenig und sieht sie nachdenklich an. Dann sagt er: „Ich werde nach Wannsee kommen. Noch heute Abend will ich an Reckling schreiben. Hier werden sie durch die Gräfin un terbrochen. „Sie verzeihen, Herr Hellburg. Helga, ich möchte dich der hervorragen den Landschaftsmalerin FräuleinWak d«n vorstellen, di« dich gern« k«nnen lernen will." „Fühle mich außerordentlich ge schmeichelt." „Gestatten Sie. gnädige Frau, daß ich mich empfehle," unterbricht sie Hell burg. „Wie, so bald schon? Aber wenn Sie gehen müssen. Auf Wieder sehen!" „Adieu, Fräulein von Bernhausen!" „Leben Sie wohl, Herr Hellburg. Also auf Wiedersehen in Wannsee!" — „Nun, gefällt er dir besser," erkun digte sich Frau von Soden. „Etwas besser —ja aber sein ganzes Wesen erscheint mir so als wenn er innerlich zerknirscht wäre." „Dieser Mann hat es durchaus nicht leicht. Er unterhält seine Mutter und Schivestern." „Was habe ich gethan! Hätte ich das vorher gewußt!" denkt Helga betroffen. Ein schöner, aber heißer Sonntag Nachmittag im Juli! Sanft gleitet das Boot mit seinen zwei Insassen an den Ufern des Wannsees entlang. Sie haben sich oft gesehen, seit ihrer er sten Begegnung bei der Gräfin von Soden. Helga hat ihn verstehen ge lernt, und mit diesem Verständnisse hat eine heiße Liebe zu diesem Manne ihr ganzes Wesen gefangen genommen. Hans von Reckling und Hellburg sind Schulkameraden, und schon die dritte Woche weilt er in seinem gastlichen Hause. Heute verbringen der Haus herr und seine Gattin den Sonntag Nachmittag in ihrem Heim, w«shalo Helga und Fritz Hellburg allein eine Ruderpartie unternehmen; durchaus nicht unwillig, daß kein Dritter ihr Beisammensein stört. Er sieht zu ihr auf und sagt: „Ist dies nicht wunderbar?" „Ja. großartig." „Wenn es nur nicht so bald vorüber wäre." „Daran dürfen Sie nicht denken; genießen Sie es. solange es anhält." „Kann aber jemand die hervorra gendsten Gerichte vollwerthig mit dem Bewußtsein genießen, daß, je mehr er das Gute würdigt, desto mehr der Ge danke an sein trostloses Dasein, in dem es für gewöhnlich ke'ne so guten Ge richte giebt, ihn peinigt und quält." „Aber Sie werden die herrlichsten Gerichte genießen können, wenn Sie auf d«ni höchsten Punkte Ihres Schaf fens angelangt sind. Man wird Ihre Werke bewundern. Dann können Sie jeden Tag das Schönste und Beste ha ben." „Ja, vielleicht dann wenn es zu spät ist." „Zu spät? Wofür?" Ein Blitz seiner blauen Augen erregt in ihr ein warmes Aufwallen ihrer Gefühle? aber er sagt nichts. Sie macht sich daran, den Thee zu bereiten sämmtlich« Utensilien hat sie dazu mitgenommen und stellt den Kessel über die kleine Spirituslampe. Bald ist der Thee fertig, und sie werden ganz fröhlich bei diesem kleinen Picknick. Dann werden die Tassen gereinigt, wo bei er ihr behilflich ist, und wieder in den dazu gehörenden Korb verpackt. Und dann plaudern sie weiter. „Ich will diesen Winter studienhal ber nach München gehen," sagte si«. „Beinahe habe ich jetzt das nöthige Geld zusammengespart." „O. wie ich Sie beneide!" „München." „Ja." „Waren Sie jemals dort?" „Nein. Ich fand niemals die Ge legenheit dazu. Bedenken Sie doch, ich muß eine Familie ernähren." »Ja, ich weiß," sagte sie weich. Eine lang« Pause. Dann macht er das Boot vom Ufer los, und zurück geht es zum Bootshause. Helga ist jetzt in München. Mit glücklichem Herzen durchschlendert sie die Straßen, auf denen die festlich ge putzte Meng« aus >d«r Stadt hinaus strömt; denn heute ist Sonntag. Hel gas größter Wunsch ist erfüllt: ein Bild, von ihrer Hand gemalt, ist von der Jury angenommen worden. Sie hat ihre Arbeit heute unterbrochen, um der Kunstausstellung einen Besuch abzustatten. In dem Gebäude an gekommen, durchstreift si« di« Räume, neugierig zu erfahren, in welche Ecke man wohl ihr Bildchen gesteckt hätte. wird trotz ihrer Hast ihr Auge von einem Bilde gefangen genommen, wel ches durch seine markige Technik und urwüchsige Originalität des Themas unter den anderen hervorragt. Der Titel des Bildes ist „Circr". Die Hauptfigur, ein Weib, ist fascinirend schön teuslich schön. Sie sitzt auf marmornem Boden, di« Händ« um die Kniee geschlungen. Langes, wallendes Haar fällt in schweren Massen über ih re Schultern und hüllt sie fast völlig ein; graugrün sind ihre Augen, die von grausamem Triumphe l«uchten. Das Weib richtet seinen Blick voll auf den Beschauer: das ganze Bild macht auf jeden, der davor steht, einen berü ckenden Eindruck. . . Lang steht Helga dort, ehe ihr der Gedanke kommt, den Namen des Künstlers aus dem Katalcg zu erfah ren. Hier ist er: „Circe" von Fritz Hellburg, München. War es möglich Hellburg in München! Wieder sieht sie nach dem Bilde. Dann wendet sie sich ab, um ihren Gang durch die Ausstellung fortzufe tzen. Da sieht sie ihn plötzlich stehen. Auch er starrt das Bild an; aber mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck. Er sieht um zehn Jahr« älter aus. Di« ganze Erscheinung des Mannes drückt eine solche Abgespanntheit aus, daß sie ihn eine Zeitlang wortlos anstarrt. Er bemerkt ihren Blick, und ihre Aagen begegnen sich. „Fräulein von Bernhausen, Si« hier!" > . „Und Sie, Herr Hellburg?" „Ich freue mich, Sie zu sehen. Sie huben hier tin Bild, nicht wahr?" „Ein ganz bescheidenes und die ses hier ist das Ihrige?" „So ist es." „Es ist wunderbar!" „Gefällt es Ihnen?" „Ich denke, es ist großartig gelun gen, fast zu großartig. Wv haben Sie das Modell gefunden?" „Sie ist hübsch, nicht wahr?" „Ja die Schönheit einer Teufe lin." „Sie haben Recht. Sie ist «ine Teufelin. Sie ist gut getroffen." Dann wendet er sich von dem Bilde ab und sagt: „Zeigen Sie mir nun das Ihrige." Nach langem Suchen finden sie es— «in Aquarell frisch und lebendig, ei ne landschaftliche Studie. „Ich habe Ihre Arbeit gern. Sie ist so belebend, gleichwie «in kühler Nordwind nach all diesem tropischen Unsinn." „Ich freue mich, daß das Bildchen Ihnen gefällt. Meine Arbeit ist mir alles!" „Alles?" „Sehen Sie, ich bin allein habe keine Heimath, nur ein paar Freunde!" „Ihre Schwester?" „Sie ist sehr gut, aber ich besuche sie nur in den Ferien. Ich bin bereits zwei Jahre hier und wohne mit zwei Amerikanerinnen zusammen. Wir le ben sehr haushälterisch." „Sie sehen auch nicht besonders wohl aus." »Ich? Ich bin ganz wobl, nur manchmal etwas angestrengt. Sie se hen aber auch nicht gut aus. Wohnen Sie hier in München?" „Ja, meine Mutter starb vor sechs Monaten." „Ach. das thut mir leid. Sie wer den Sie vermissen." „Ja, ich vermisse sie. Meine Schwe stern verheiratheten sich bis auf die jüngste, die jetzt Krankenpflegerin ist. So hatte ich schließlich Gelegenheit, meinen eigenen Weg zu wandeln. Ich machte Fortschritte und war glücklich und zufrieden, bis ich ja bis ich nach dieser verwünschten Stadt kam!" Erstaunt sah sie ihn an: „Gefällt Ihnen München nicht?" Sie erreichen jetzt den großen Pa villon der Sculpturen - Ausstellung und setzten sich auf eine der grünen Bänke. Rücksichtslos stößt er mit sei nem Stocke Löcher in den gelben Sand. „Haben Sie diese Bilder genug in Augenschein genommen?" fragt er dann. „Für diesmal, ja!" „So erlauben Sie mir. Sie nach Haufe zu bringen. Ist es weit? " „Durchaus nicht." Sie verlassen den großen Kunstpa last und gehen in den goldenen Maien sonnenschein hinaus durch die belebten Straßen. Endlich biegen sie in eine kleine Sei tenstraße ein. „Hier geht mein Weg," sagt sie, „wollen Sie mit hinaufkommen? Ich bereite Ihnen wieder Thee wie damals. Sie sagten doch, er hätte Ihnen ge schmeckt." „Aber die Amerikanerinnen." „Ach, die haben ihre eigenen Zim mer." Noch ein paar Schritte und sie stehen vor einem Hause, mit Balcons in je dem Stockwerk. Sie ruft dem Pfört ner ein fröhliches „Guten Abend" zu und steigt dann die vier Treppen zu ihrer Wohnung empor. Ahr kleines Empfangszimmer geht nach der Stra ße; die Wände sind fast vollständig mit Photographien und Malstudien bedeckt. „Bitte nehmen Sie Platz, während ich den Thee mache," sagte sie. Sie steckt einen kleinen Gaskocher in der niedlichen Küche an, setzt den Kessel auf und kehrt ins Wohnzimmer zurück, um einige Bückier vom Tische zu neh men und ein schneeweißes Tuch darauf zu decken. Dann bringt ste eigenthüm lich geformte Täßchen herbei. Beide nehmen auf ziemlich wackeli gen Stühlen Platz, trinken Thee und sprechen von alten Zeiten, während die Dämmerung ins Zimmer schleicht. Nach einer langen Pause, die keines von beiden zu brechen wagt, sagte ei endlich. „Ich bin ein Feigling!" Sie sieht ihn fragend an. „Ich sollte Ihnen «ine wichtige Thatsache, die mich selbst betrifft, nicht verschwiegen haben." „So wichtig soll das sein?" „Ich bin verhcirathet." Sie wird um einen Schatten blei cher, versucht aber vergnügt auszusehen und freudig zu sagen: „Wahrhaftig ja das hätten Sie mir früher sagen sollen Wann werden Sie mich Ihrer Gattin vor stellen?" . i „Niemals!" „Aber warum denn nicht? Was habe ich denn gethan, um Ihr« Frau nicht kennen lernen zu dürfen?" „Ach nichts, gar nichts! Darf ich Ihnen davon erzählen?" .Bitte!" , l ' . „Ich kam nach München vor unge fähr fünf Monaten. Eröffnete mein Atelier und arbeitet« an dem Ausstel lungsbilde. Ich fand ein wunderschö nes Modell für meine „Circe". —<Sie haben es ja gesehen." Sie nickte. „Nun, mein Modell heißt jetzt Frau Hell burg." Leise, fast flüsternd, fragte sie ihn: „Lieben Sie sie denn?" Ihre ganze leidenschaftliche Seele drückt sich in ihren Augen aus, und si« vergißt ihren eigenen Kummer vor dem seinigen. „Sie Armer!" kann sie nur sagen.— Beide sind stumm. „Welch' ein Narr ist er gewesen, sich damals auf dem See nicht ausgesprochen zu haben," muß sie unwillkürlich denken. Endlich erhebt er sich. „Leben Sie wohl für immer. Sie sind so liebenswürdig zu mir ge wesen; aber ich werde Sie nicht versehen." „Ach nein. Wir werden uns noch manchmal begegnen." "Nein, nein; einmal hat der mer ein Ende." Seine Worte können nicht mißver standen werden. Er ergreift ihre Hand, welche kalt wie Eis ist und zit tert. Ihre Augen offenbaren ihm das Geheimniß ihres Herzens. „Welch' ein Narr bin ich gewesen. Ich hätte der Zukunft und mir ver trauen sollen." Sie weint leise, und ihre Thränen fühlt er wie feurige Tropfe» auf sei nem Gehirn. „Auch Sie, ja auch Sie habe ich un glücklich gemacht. Geliebtes Mädchen, warum sollen wir unser Leben zerstö ren. Lassen Sie uns noch einmal von vorn anfangen." „Wie können wir von vorn anfan gen? Das Vergangene bleibt bestehen." Sanft entzieht sie ihre Hand seinem heißen Griffe. „Sie können Ihre Thaten nicht so schnell in Vergessenheit bringen. Sie haben einen Fehler ge macht. Liebe ist nicht alles. Ich liebe Sie ich schäme mich nicht, es zu gestehen; aber ich liebe Ihre Ehre noch mehr. Seien Sie ein Mann und kehren Sie zu Ihrer Arbeit zurück." „Sie könnten nicht so sprechen, wenn Sie mich aufrichtig liebten." „Das sollte ich nicht können? Mein Gott, Ihr Männer begreift nicht, was Liebe für uns Frauen bedeutet!" Ihre Selbstbeherrschung droht sie zu verlassen, und ein langer Seufzer ent schlüpft ihr. Er reißt sie in seine Arme und küßt sie wieder und wieder. Sie entwindet sich ihm und bedeckt das Gesicht mit den Händen. Dann sieht si« ihn ruhig an und sagt: „Geh', geh', wenn du mich liebst." „Verzeih', Geliebte, ich bin «in Schuft. Ich werde zu meiner Arbeit zurückkehren." Sie streckt ihm die Hand hin —voll- kommen gefaßt. Er ergreift sie—beugt sich hinab und küßt sie aus die Stirn. Dann geht er wortlos hinaus. Hastig eilt er dahin. Vorwärts durch die jetzt hell erleuchteten Straßen. Studenlang scheint es ihm. Er gelangt zum Flusse und beugt sich über das Ge länder. Hastig schießen die kleinen Dampfboote unter ihm hin und her, wie kleine Meteore mit ihren vielen farbigen Lampen. Lange starrt er in die schwarze Fluth. „Dort unten muß es sich gut schlafen," denkt er bei sich. Dann lenkt er seine Schritte heim wärts durch die Hauptstraßen. Als er an einem hell erleuchteten Ca fe vorbeikommt, sieht er seine Frau an einem der kleinen runden Tische im Freien sitzen, der Mittelpunkt einer ganzen Gruppe von jungen Leuten, la chend, schwatzend und trinkend. Beim Vorübergehen bemerkt sie ihn und ruft ihn beim Namen. Er kehrt sich nicht daran. Blindlings stürmt er weiter, kaum auf den Weg achtend. Endlich erreicht er sein Haus und steigt die Treppe hinauf. Er zündet eine Kerze an und geht durch den Cor ridor in sein« Arbeitsstube. Späterhin tritt sein« Frau ein. Si« findet ihren Gatten nicht im Wohn zimmer und hebt den Vorhang empor, der es von seinem Arbeitszimmer trennt. Er sitzt auf einem Stuhl, den RL? cken ihr zugekehrt. Sein Kopf lehnt auf dem Arm. Sie stößt ein kurzes, grausames La chen aus. „Wache auf, mein Gatt:; hier ist dein liebes Geniahl." Sie tritt näher zu ihm, legt die Hand auf sein« Schulter und schüttelt ihn. Er heb! den Kopf nicht. Dann stellt sie das Licht auf dei Tisch und betrachtet ihn genaun. Er ist todt. <siu Band. von Gaston Ter»?. I. „Sieh doch, Papa, die schönen Pup pen! Wie hübsch sie angekleidet sind! Ach, die große da. mit dem schwarzen Hut, sie hat ein blaues Kleid, wie Mama eins hatte, weißt du? Mit ei ner breiten, seidnen Schärpe, die flat terte". Und das kleine Mädchen deutete mit dem Finger auf die Pup pen im Schaufenster des Spielzeuz händlers. Es war ein sechjährigeS Mädchen, mit großen, braunen, schmeichlerischen Augen, zartem Gesichtchen und frischen Lippen, welche in einem rosigen Lä cheln die perlmutterglänzenden Zähn chen sehen ließen. In ihrem granatro? then, pelzverbrämten und mit weißer Seide gefütterten Plüschmäntelchen, einen breiten, weißen, mit schwarzen Federn gezierten Filzhut auf dem Köpfchen, glich sie einer Märchenprin zessin. Dazu ein ernster, nachdenkli cher Ausdruck, die Ernsthaftigkeit eines traurigen Kindes. Der Anblick.diAr so verführerischen, so schon geschmück ten Puppen entlockte ihr keinen Freu denausbruch. Sie interessirte sich für die Art und Weise wie sie angekleidet waren, beurtheilte sie danach, ob sie modern seien, denn sie beschäftigte sich bereits, wie eine wirkliche kleine Da me, mit dem Schnitt der Kleidtr und mit den Farben, welche man trug, und beobachtete mit Aufmerksamkeit die Toiletten der Damen auf der Straße. Der Vater neigte sich zu ihr, und mit zärtlicher, ein wenig verschleierter Stimme fragte er: „Marcelle, mein Liebling, soll ich dir eine davon kaufen?" Bevor sie ant wortete, betrachtet« sie nochmals nach denklich während einiger Minuten die Auslage. „Ich möchte schon, Papachen! Da ist besonders eine, die mir sehr gefällt. Die, welche Mama so ähnlich sieht, mit ihrem schönen Kleid." Eine Wolke zog über das Antlitz des Mannes. Eine bittere Falte entstellte den Mund, die Augenbrauen schoben sich zusammen. Die Augen vertieften sich. Dann nahm dasselbe seine frü here düstre Ruhe wieder an, wie eine Welle, welche einen Augenblick durch das Hineinwerfen eines Kiesels erregt worden war. Eine unbestimmbare Trauer lag darauf, in welcher sich eine lebensmüde, kummerbelcidene Seele verrieth, Augen, die nichts sahen, weil ste sich in unklaren Träumen verloren, Runzeln, die sich wie Spinnengewebe ausbreiteten, der Bart gleichsam ver blichen in seiner Aschenfarbe und daS schmerzlich«, wie versteinerte Lächeln. All dies gab ihm mit seinen dreißig und einigen Jahren das Aussehen ei nes ältlichen Mannes. Als sie aus dem Laden wieder her austraten, der Vater mit einem gro ßen Karton unter dem Arm, in wel chem die Puppe schlief, fragte Mar celle: „Wohin gehen wir jetzt? Sag, Pa pa." „Wir gehen durch die Tuilerien, und werden uns den Hanswurst anse hen." „Ja und dann die Schiffe ansehen und dann Waffeln essen!" Die Abenteuer des Polichinell, des Polizisten und der Mutter mit ihren Kindern amüsirten sie nicht sonderlich; sie fand, daß die kleinen Mädchen, welche um sie herum faßen, zu laut lachten: ein wohlerzogenes kleines Mädchen soll sich mäßigen beim Lachen. Es gefiel ihr wohl besser, auf dem Wasserspiegel des großen Bassins den Zug der kleinen Segelboote zu verfol gen. 11. Ihre Gedanken waren ausschließlich mit ihrer Puppe beschäftigt. Sie malte sich aus, wie sie wiegen, mit ihr plaudern, sie füttern sie spazieren füh ren würde. Sie fühlte, daß sie sie seh: lieben würde, diese neue Puppe, die so schön und so groß war. Sie würd: sie „Lucie" nennen wie Mama, denn wirklich sah sie der Mama ähnlich in ihrem blauen Kleide. Kinder vergessen rasch. Sie leiden nicht so intensiv, sie empfinden die Hef tigkeit des Schmerzes nicht so tief, um sich erinnern zu können. Gewiß hatte Marcelle in den letzten zwei Jahren oft an ihre Mutter ge dacht; es war kein Tag vergangen, an welchem sie nicht in ihrem confusen Gedächtniß von einer elegant gekleide ten Dame geträumt hätte, welche ganz Lächeln, ganz Jugend und Anmuth, sich des Abends über ihr Bett zu beu gen Pflegte, um sie zu küssen, und wel che sie des Nachmittags in die großen Magazine mitnahm. Das war's hauptsächlich, was sie vermißte, dieses langsame Umherstreifen durch die Feenpaläste, durch das Geriefel von Seide und Sammet, dies schillernde Licht, dies Her und Hin einer glänzen den, müßigen Menge, die correkte Zu vorkommenheit «iner Armee von La dendienern. Sie erinnerte sich nicht genau der Gesichtszüge der Mutter, und wenn sie in ihrer kleinen, leichten und verän derlichen Seele, in der alle Eindrücke wie in einem Spiegel reflektirten, ohne ein dauerndes Bild zu hinterlassen, das Andenken an die Mutter heraufbe schworen, so sah sie wieder die aus erlesene, mit Valenciennes garnirte, blaue Toilette mit einer breiten Schärpe, deren Enden wie Azur-Flü gel flatterten das letzte Kleid, wel ches ihre Mama getragen hatte. Denn dieses Kleid war's, welches ihre Mama angelegt hatte an dem Tage an welchem sie, unter dem Bor wande eines Einkaufs, Nachmittags ausgegangen und Abends zum Diner nicht wieder heimgekommen war. Sie durchlebte stets wieder die Scene. Ihr Vater ging fieberhaft erregt im Spei sezimmer umher. Gegen 9 Uhr hatte man eine Depesche gebracht. Er hatte einen heiseren, röchelnden Schrei aus gestoßen und war davongestürzt wie ein Irrsinniger, ohne sein Töchterchen zu küssen. Erst am nächsten Morgen sah sie ihn wieder, bleich, mit gerötheten, geschwol lenen Augen. Er erzählte ihr weinend, daß die Mama krank, sehr krank sei und daß man sie weit, weit entfernt, irgendwo auf dem Lande Pflege. Einige Tage verflossen in grausa mer Angst. Marcelle wurde in eine P«nsion gebracht. Als ein verwöhntes und eigensinniges Kind litt sie sehr. Die Fürsorge ihrer Eltern hatte sie an ein Leben voll Zärtlichkeit gewöhnt. Unaufhörlich schrieb sie ihrem Vater, sie wolle die Mama sehen. Nach drei Monaten sagt« man ihr, daß sie gestor ben sei. In diesem Alter macht man es sich nicht klar, was der Tod bedeutet. Und dann war's schon so lange her, daß sie ihre Mama gesehen hatte, daß sie auf diese Lösung vorbereitet war. ..Sie weinte nicht allzu viel, denn von diese,.. Tage an ließ man ihr all« ihre Launen durchgehen, man ließ sie spielen, so viel sie wollte. Eine Sache beunruhigte sie; aber sie wagte mit niemandem darüber zu spre chen. Es war dort ein kleines Mäd chen, welches ebenfalls seine Mutter verloren hatte. Dieses trug Sonntags beim Spaziergang lange Krepp- Schleier. Warum hatte man ihr kein« solchen angelegt? Dann, eines Tages, hörte sie durch Zufall die Unterhaltung zweier Unter lehrerinnen, welche, wie es ihr schien, von ihr sprachen. Sie behielt folgende Worte im Gedächtniß: „Waise? Hm, Waise für die Welt vielleicht dahinter steckt etwas. Die Mutter ist nur für den Bater todt. Aber, Sie verstehen, er will nicht, daß die Kleine erfahre unter welchen Ver hältnissen die Mutter sie verlassen hat." Sie dachte lange über den Sinn die ser Worte nach, endlich sagte sie sich, daß irgend eine entsetzlich« Krankheit ihre Mama dahingerafft haben müsse, da ihr Papa nicht wollte, daß sie da rum wüßte. Nach Verlauf eines Jahres nahm man sie aus der Pension zurück, und seit Beginn der Ferien lebte sie mit ihrem Vater. Er umgab sie mit der zärtlichsten Liebe, beschäftigte sich aus schließlich mit ihr, führte sie täglich spazieren, befriedigte jegliche ihrer Launen. IN Sie gingen die Boulevards entlang, überschritten den Opernplatz, bogen in die >->«> <i«> tu I'iiix ein traten durch das Gitter in den Tuilerien- Garten. - Plötzlich stieß die Kleine einen gel lenden Schrei aus, und, die Hand ihres Vaters loslassend, lies sie auf eine junge, einfach, fast ärmlich gekleidet: Frau zu. „Mama! Mama!" schrie sie und wiederholte leidenschaftlich diesen unschuldigen, stammelnden, ewigen Liebeslaut. Zwei Jahre hatte sie sie nicht gese hen! Die Züge hatten sich in dem Ne bel der Erinnerung verwischt, aber so fort erkannte sie das liebe Gesicht, dse sanften, braunen, weichglänzenden Au gen, den kleinen, gewölbten Mund, von dem sie unzählige Küsse empfangen hatte. Gleichzeitig stand das frühere Bild, welches dunkel in ihrem Gedächt niß weiter gelebt hatte, plötzlich mit außerordentlicher Klarheit in allen Einzelheiten vor ihr auf, und sie be merkte, daß ihre Mama sich sehr ver ändert habe; sie war noch immer rei zend, aber ihre Gesichtszüge waren wie von tiefer Trauer umfchleiert. Die Mutter hatte sie in ihre Arme genommen und bedeckte sie mit Küs sen. Als sie sie wieder auf den Boden stellte, bemerkte sie wenige Schritte vor sich den Vater ihres Kindes, welcher wankend, seiner selbst kaum mächtig, an einem Baume lehnte. In einer Anwandlung von Angst hielt sie daß Kind an sich gepreßt, alt fürchte sie, daß er es ihr entreißen würde. Und Thränen drangen unter ihren Lidern hervor. Ihre Blicke tauchten ineinander. Im Grunde ihrer Herzen war tiefe Trau riakeit. aber kein Zorn Ergebung. In einem Augenblick durchlebte der Mann wieder die gemeinsam verbrach ten, ruhigen, glücklichen Jahre, ihre Freuden, ihre Seligkeit. Er sah sie wieder wie ehemals in ihrer anmuthi gen Schönheit. Ein unendlicher Reiz ging noch immer von ihr aus. Er be merkte, daß sie ärmlich gekleidet war, errieth, daß sie zermalmt sei, am Ende ihrer Kraft, daß sie verlassen war. Er empfand gleichzeitig Mitleid, Schmerz, Liebe und Eifersucht. Und dennoch blieben sie beide unbeweglich und stumm. Plötzlich löste sich das Kind aus der mütterlichen Umarmung, lief auf den Vater zu, nahm ihn bei der Hand und führte ihn hin zu der Frau, die seine Gefährtin gewesen war. Ihre Hände berührten sich, und wie einer geheimnißvollen Macht gehorchend, legte sie sich ineinander und preßten sich. Und der Vater sagte ernst und zärt lich: „Wir hatten dich erwartet." Kein l»rund zum «»ratulire«. „Nu, Herr Sorgenreich, Si« machen ja e recht trauriges Gesicht, was 's Ihnen denn passirt?" „Ach hären Se, das is änne beese Geschichte Sie wissen doch, daß vori ges Jahr meine Frau starb?" „Na, das wußte ich nickt, da drücke ich nachträglich mei Beileid aus/' „I warum, nich gar! Ich war froh, wie ich das ahle keifende Ungeheier los war." „Na, da gratulire ich." „Ja, dazu liegt heite erscht recht ge Grund vor." „Warum nick?" „Ach, mein lieber, guter Freind, ich bin schon wieder verheirathet!" Stimmt. Der kleine Moritz: „Vaterleben, ist unser Name alt?" Bernstein: „Gott der Gerechte, wie haißt alt? S?hr alt! Schon die alten Phönizier hab'n gehandelt mit dem Bernstein!" BegreiflicherJrrthum. Frau: „Ich begreife nicht, wie Du das aushältst. Seit zwei Stundei« steht ein Geflllgelhändler mit Enten unter Deinem Fenster!" Prosessc7 (zer streut): „So, so! Enten sind das. .. ich dachte, Du hättest Kaffee-Kränz chcn!" Verständigung. A.: (am Telephon): „Bitte etwas lauter, mein Herr, ich verstehe kein Wort!" B.: „Schafskopf!" A.: „Danke, so geht's, pas wünjch«a Sie?" Zwei Teelen und ein Gedanke. Wenn Herr Balthasar etwas wollte, so setzte er es auch durch, sogar seiner Frau gegenüber; aber er war eine so bewunderungswürdig bescheidene Nr tur, daß er niemals etwas wollte. Mit Ausnahme des einzigen Males, wo er den Hausschlüssel verlangte, um aus zugehen. Und er hatte ihn! Er fühlte ihn zu deutlich durch die Rocktasche hindurch, um es etwa für einen Traum zu halten. . Wohl zehnmal in der Minute legte er die Gabel nieder, denn er saß mit seiner Gattin Thusnelda beim Abend brot, und fühlte, ob der Schlüssel noch da wäre. Plötzlich aber stand er auf. Es war ihm etwas eingefallen. Er ging nach dem Schlafzimmer, öffnete ein Wandschränkchen und entnahm dem selben ein Schächtelchen mit weißen Paketchen. „Es wird doch später werden als zwölf Uhr," murmelte er. „Und wenn ich nicht will, daß mir die Alte einen Heidenkrach schlägt, so muß ich zu, die sem Mittel greifen. Hm, hm", fuhr er fort, als er den Inhalt der Schachtel prüfte, „es sind doch von meiner letzten .Krankheit noch sechs Pulver übriH geblieben und jetzt sind es nur noch fünf? Wie geht denn das zu? Doch gleichviel, für meinen Zweck genügt ja eines." Mit einem so unschuldigen Gesicht, wie es nur immer ein Mensch mit schwarzen Plänen und weißen Pulver chen haben kann, schritt er wieder nach dem Wohnzimmer zurück. „Liebste Thusnelda", sagte er dann, „als ich vorhin zum Fenster hinaus schaute, ging die Steuercontrolleurin in einem neuen Hute vorbei." Wie ein Rakete war Frau Thu-» nelda vom Stuhle auf und zum Fen ster gesaust, während Herr Balthasar schmunzelnd das weiße Pulver in den Abendtrunk seiner Gattin schütete. „Ich sehe nichts", rief Frau Thus nelda ärgerlich, nachdem sie sich den Hals nach allen Seiten hin verdreht hatte. „Sie wird bereits nm die Ecke ge wesen sein", erwiderte Herr Balthasar schadenfroh. Seine Gattin warf ihm einen gifti gen Blick zu, der etwa sagen wollte: Wärst Du doch, wenigstens für heute Abend, auch schon um die Ecke! Dann aber machte sie wieder eine freundliche Miene und sagte: „Willst Du nicht Dein Bier austrin ken? Du brauchst dann nachher von dem theueren Exportbier nicht so viel zu trinken." Dabei trank sie ihm gleich zeitig einen tüchtigen Schluck zu. „Sie geht auf den Leim", froh lockte Herr Balthasar innerlich. Jetzt wacht sie vor vier Uhr morgen früh nicht auf." „Hurra, Alte sollst leben!" rief er und leerte sein Glas auf einen Zug. Dann lehnte er sich behaglich in sei nen Lehnstuhl zurück. Wie wurden ihm doch aus einmal die Glieder so schwer! Es war vier Uhr morgen. Die Sonne schien bereits schwach däm« mernd durchs Fenster und kämpfte mit dem röthlich fahlen Schein der Lamp?, die allmählich zu erlöscken drohte. Ta fuhr Herr Balthasar plötzlich wie aus einem schweren Traume auf. Sein ster Griff war nach dem Hausschlüs sel. Er war noch da. Dann blickte kr mit weit aufgerissenen Augen im Ziii mer umher und ein Wuthschrei entfuhr seinen Lippen. Vor ihm saß seine Gemahlin, eben falls schlafend, nun aber durch den von ihm verursachten Lärm gleichfalls er wachend. Ihr erstes Gefühl, als sie den überli. steten Gatten sitzen sah, war eitel Trt» umph; doch als sie die Situation er kannte, krümmten sich ihre Finger in unzweideutiger Weise und das Eheb.i rometer kündete Sturm. Denn auch sie war ja das Opfer ei nes Schlafpulvers geworden. Zu vorsichtig. Jgnaz Veilch«nstein und Mösts Blüthenfeld, der eilig vorübergehen will, treffen sich auf der Straße. Jgnaz: „Nun, wohin eilst D« jo schnell, Moses?" Moses: „Laß mich, ich hab' gar keine Zeit." Jgnaz: „Wo mußte denn hin?" Moses: „Ich muß gehen baden." Jgnaz: „Wie haißt baden?" Moses: „Nu, Du weißt doch, daß ich mich heut Abend verloben will." Jgnaz: „Und deshalb gehst Du ba den?" Moses: „Nu gewiß." Jgnaz: „Wenn nun al>er die Verlo bung zurück geht? " AufdemExerzierplatz. Lieutenant: „Also Sie sind Atheist Einjähriger? Na, an das Exerzier reglement werden Sie schon glauben müssen!" Neues Mittel. Gattir: „Ich habe nun alles umsonst versuch?, um unser schreiendes Jüngstes zu be ruhigen." Amateurphotograph: Viel leicht will's photographirt sein?" Beim Dorfbader. „Was für ein furchtbarer Lärm war denn eben bei Ihnen?" „Hab' der Hu berbäuerin einen Zahn gezogen!" „Unsinn; es waren mindestens zehn Personen!" „Ganz recht; sie hatte ihre neun Kinder bei sich. .. die haben alle mitgeschrieen!" —lmmer zerstreut. Dienst mädchen: „O Gott, Herr Professor, so eben wurde in unserer Straße ein alter Mann mit Brille von einem elek trischen Straßenbahnwagen überfah ren und auf der Stelle getödtet." Pro» ftssor: „Mein Himmel, Lisette, das bin ich doch wohl nicht?"
Significant historical Pennsylvania newspapers