2 Bine moderne Z)ido. Die Klosterseebäuerin war früh Wittwe geworden. Mit zweiundzwan zig Jahren war sie unumschränkte Herrin des große» Hofes, der am ein samen Elbdeich in Dittmarschen lag. Ein ehemaliges Kloster, von dem nur die altersgrauen Umfassungs mauern mit dem eisenbeschlagenen Flügelthore und einem davorliegenden, schilfumwachsenen kleinen See übrig geblieben waren, gab dem Besitz seinen Namen. Schön war die Klosterseebäue rin Jngeborg, gros> und schlank, und ihre blonden Flechten trug sie so stolz, wie eine Königin ihre Krone. Sie hatte viele Bewerber; Alle wies sie zu rück. Aber ein Herz hatte sie doch, und das schlug für einen einfachen Bauern inecht, der seit manchem Jahr in ihren Diensten stand. Jens Jversen hatte kluge, braune Augen, ein ruhiges, be stimmtes Wesen und trotz seiner einfa chen Lebensverhältnisse eine Herzens bildung, die ihn weit über seine Stan des- und Altersgenossen emporhob. FranJngeborg hatte ihn nach und nach mit den wichtigste» Posten der Ver waltung betraut, ihm auch das Gestüt übertragen, das in ganz Dittmarschen berühmt war. Wie sehr sie Jens aber auch bevorzugte, «r hielt sich stets in seinen Grenzen, und das grämte sie rung darüber verbot. Sie fand des Räthsels Lösung eines Abends, als sie ihn mit einem barfllßi sein Eigen nannte als das Röckchen, das es trug, und ein paar große, un schuldige Kinderaugen. Ein Vorwand, die Magd zu entlassen, ergab sich für die Herrin bald, aber das besserte nichts; beim nächsten Termin kündigte Jens seine Stelle, da er zu Martini Heirathen wolle. Die schöne Jngeborg fuhr von ihrem Sitze auf, dann >sagte sie sanft, so sanft, wie er es noch nie von ihr gehört hatte: „Ich kann Euch in der Wirthschaft nicht entbehren! Ich bitte Euch, bleibt! Ich will Euren Lohn verdoppeln." „Es geht nicht, Klostersee bäuerin, die Liese steht allein in der Welt; wenn ich sie nicht zu mir nehme, wird sie mir verdorben, und dazu hab' ich sie zu lieb/' Di: Frau zuckte hoch müthig die Achseln: „Um solch ein dummes Ding" sagte sie zornig, und wandte sich ab. Da sie nichts hinzufüg te, nahm er den ausgezahlten Lohn vom Tische, seine Papiere und wandte sich zum Gehen. Aber er hatte noch nicht die Thürklinke in der Hand, als sie „Jens" rief und wieder „Jens"!" rief mit einem Tone, der ihm durch Mark und Bein ging. Er wandte sich um. Sie stand vor ihm, das stolze, schöne Gesicht von Thränen übersluthet und schluchzte: „Begreifst Du es denn gar nicht, Jens, daß ich Dich nicht lassen kann, daß ich Dich lieb habe? Nimm den halben nein" sagte sie und stieß den Fensterflügel auf, daß man weit in die blühende Landschaft hinaus sah —„nimm den ganzen Hof und mich dazu". „Ich kann nicht, Frau Jnge borg", sagt er mit bebender Stimme, dazu anbieten ich kann die Liese nicht lassen." Er wollte nach ihrer Hand fassen, doch mit einer stummen Bewe gung stieß sie dieselbe zurück und ver» Jens schritt aus dem Hause, um Pferdestall. Ein kleines Füllen, sms er mit derSaugftasche ausgezogm, sprang er siir das Pferd stets bei sich trug Thieres glänzenden Hals. Der eben er lebte unerwartete Auftritt mit der her rischen, schönen Frau, der Abschied junges Weib trat im schwarzen Kleide, im Schleier und Myrthenkranz zu ihm; im zärtlichen Geflüster mit ihr vergaß er für den Augenblick, was ihn bedrückte. Der rothe Schein am Horizonte verschwand nicht; er wurde größer, breitete sich aus. ein arauer Dunstschleier hisa in der Lust und „Feuer" rief es plötzlich hinter ihm. Der Ruf wiederholte sich, die tanzenden Paare kamen herausge stürzt. „Sollte es der Klosterseehof sein? Während die anderen noch berie hatte Jens sich ein Pferd ge schwungen und war davon gesprengt. Sein Herz sagte es ihm sofort' das war der Gruß der Klosterseebäuerin zu seinem Hochzeitstage! Als er um die Windung des Deiches bog, stutzten Pferd und Reiter: vor ihnen, nur durch den kleinen See getrennt, stand der Klosterhof in vollen Flammen Au» dm massiv«« Mauern empor leckt« das Feuer an vier, filnf Stellen zu gleich in die Lust; es war so still um „Jngeborg!" schrie er ans, stürmte in rasender Eile um den stillen Weiher, sprang vomPserd« und rüttelte an dem mächtigen Thor. Aber es war ver schlossen wie die Heiden kleinen Fenster im tiefen Mauerwerk daneben, und wie höhnend stieg jetzt eine breite Feuer garbe aus dem Kornboden «mpor, das brennende Getreide wie einen funkeln den Schleier über den Hof ausbrei tend. Jens schrie auf. Das war Jnge borgs Werl, sie hatte den Brand an gelegt! Sie hatte sich selbst den Holz stoß angezündet, um den Hochzeitstag des Geliebten nicht zu überleben, um der Qual des Verschmähtseins zu «nt gehen. de? Brandstätte, Jens überließ es ih nen, das Hofthor einzustoßen, und wandte sich nach den Ställen zu seinen Pferden. Ein furchtbarer Anblick bot sich ihm dar. Durch den Rauch und die Helle geängstigt, bäumten sich die edlen Thiere und rissen verzweifelnd an den Kelten und Halftern. DaS junge Fül len hatte sich in seiner Todesangst überschlagen und das Rückgrat? gebro chen; es lag verendend quer über den Krippen. Aus dem Heuboden darüber, wo das Feuer jetzt Eingang gefunden, siel das Heu in glühenden Flocken auf die dicht aneinander gepreßten Thiere gung, mit blutüberströmten, rauchge schwärzten Händen suchte Jens die verwickelten Halfter zu lösen, riß sei nen Hans heraus, zog das sich sträu bende, nach allen Seiten ausschlagende Thier ins Freie, übergab es einem Knechte und stürzte zum Stalle zurück. Aber zu spät! Ein Strom brennenden die unglücklichen Thiere. Um ihre To desqual zu kürzen, schlug Jens die Thür zu und mit donnerndem Gepras sel stürzten wenige Augenblicke später die Stallgebäude zusammen. derKlosterseebäuerin fand man verkohlte menschliche Ueberreste. Unter einem schweren Balken war «in Theil derselben unversehrt geblieben; es war der Arm und die Hand der schönen schmeide und ihrenÄingen. Wie zu einem Feste hatte sie sich geschmückt. Tags zuvor hatte sie dem Ortsvorste her einen versiegelten Brief übergeben, bestimmte, daß „Alles was vom Klo sterseehof übrig bliebe, dem Jens Jver sen erb- und eigenthümlich .gehören solle." überall mit geholfen hatte, fand ihn ausgestreckt am Abhang des Klostersees liegen. Als sie neben ihm niederkniete, hörte sie, daß er bitterlich schluchzt«. „Warum weinst Du?" fragte st«, sein Geficht sanft rmporhebend. Er deutete schweigend seitwärts, wo im Schilfe ein Pferd todt hingestreckt lag. „Ich habe den Hans mit Gefahr meines Le bens gerettet", sagte er leise, „aber es half nichts. Der Rücken war ihm bis auf den Wirbel durchgebrannt; er litt fürchterlich! Ich führte ihn hierher. Mit der Linken drückte ich noch einmal Rechten schoß ich ihn durch's Herz. Er einmal mit seinen guten großen Au gen, den Augen eines Freundes, «inen Menschen an, und dann war's vorbei." Und der neue Gutsherr des Kloster seehofes und seiner rrichgesegnetenLän dereien legte den Kopf in seines jungen Weibes Schooß und weinte um seinen Hans. „Weißt Du, daß man die Klo sterseebäuerin verbrannt gesunden hat?" fragte Liese zaghaft, die ver sengten Haare ihres Gatten streichelnd. Er fuhr entsetzt empor. „Also doch!'" stieß er heraus „ich dachte es mir wohl." „Warum dachtest Du es?" fragte sie leise. Er aber antwortet« nicht und schloß ihr den Kindermund mit einem langen, innigen Kusse. Xrlntlufttge Damen. Es gab eine Zeit, in d«r auch dii weibliche Welt Gefallen daran sand zum .Schoppen" zu gehen, und dies« Zeit war das sechzehnte Jahrhundert Damals wurde das Kneipen der Da men so sehr Mode, daß sogar die Be hörden wiederholt gegen die „Wribti zechen" einschritten. In Aktenstücke» aus jenen Jahren begegnet man imme, und immer wied«r den Namen von Frauen, die eine Virmahnung deswe gen erhielten, weil sie den Weg aus bei Kneipe nach Hause nicht ohne Hilfe zu rückzulegen vermochten.Dabei waren eS auf diese Weise Skandal erregten, wii z. B. im Jahre 1591 die Frauen dei Tübinger UniversitätsprosessorenEru einer Prozeßschrift aus genanntem Jahre heißt, daß sie „oftmals nach Lustnau und Derendingen ziehen, sick tig Naive Frage. Herr: mir verschafft haben, einen kolossaler Buckel!" Heiraths - Agent: „Ja, mein Herr, halten Sie d«in einen Buckel süi »inen Manzeli" Aie Sache des Sajay. Von Martin Weber. «Um Gotteswillen, wir sind verlo ren!" schrie cine junge Mädchen stimme. Gleich daraus ein kreischen der Aufschrei, einige unterdrückte langgezogene Trompetenton eines von Schmerz und Angst geschüttelten Ele phanten ... das Qschungelgebüsch der indischen Landschaft brach lints und rechts zur Seite und der Thiercoloß sank ausschnaubend und mit rollendem Rüssel die Lust peitschend, in die Knie, «»in n«uer Aufschrei und aus dem hölzernen Thurm, den der Elephant aus seinem Rücken trug, stürzte, von der Tatze des Tigers, der seine Plan ten in den Widerrist des zuckenden Tragthieres geschlagen hatte, getroffen, ein formloser, zerfetzter und blutender Menschenlörper in die Tiefe. Es war der eine von den beiden Männern, in deren Gemeinschaft das junge Mäd chen, die Amerilanerin Miß Kitty Evans, den Thurm zur Tigerjagd be stiegen hatte. Fast in demselben Au genblicke, als der «ine Gefährte den tödtlichen Streich von der Bestie «r -hielt, trachte «in neuer Schuß, und un fein, erfüllte sie ganz. „Oh, Sir, das ist furchtbar," sagte Pe leif« zu ihrem Begleiter. »Ist nun alles vorüber?" Der Angeredet« wandte den Kopf hastig herum. Das Lastthier hatte sich „Um Gotteswillen 1 Was bedeutet That sehen Sie, Miß, die Augen der Bestie ja... schießen Si« Die Mahnung kam zu spät. Miß Kitty's Büchse hatte sich entladen, ohne das Thier zu treffen. Ein heiseres der Schuß des Mannes und gleich zeitig saß der Tiger aus dem Kopse des Elephanten. Dieser stürzte und suchte vergeblich mit dem Rüssel seinen Peini ger zu fassen. Ein Prasseln des Thur mes, glühend heißer Athem, der ihr scheiden, ob es das Blut des Thieres. Ries war dann hörte sie noch «inen scharfen Knall und ein kurzes Zischen dicht n«ben ihrem Ohr, und dann war Miß Kitty hatte das Be brcnnenden Schmerz und «inen dum pfe« Druck auf Stirn und Schädel decke. Sie hörte eine tiefe, fremdländi sche Männerstimme leise reden, spürte die zärtliche Brührung einer Iveichen Hand, und wie ein vibrirender, wonne süHer Ton zitterte «s durch ihr« Ner ven. Ihre Augenlider öffneten sich halb und sahen ein tiefgebräuntes, feingeschnittenes Mannesantlitz über sich gebeugt, das von blauschwarzem Haar und Bart dicht umrahmt war, und aus d«m zw«i dunkle, abgrund tiefe Augensterne ihr entgegenleuchte ten. Das war nur ein Moment, ihr« Lider schlössen sich sofort wieder, aber di« stltfamen schwarzen Augen, in de nen Gluth und Weichheit sich zu mi schen schienen, folgten ihr auch in die Nacht ihres bewußtlosen Dahindäm m«rns. Ein Gefühl der Ruht, des Ge borgenfeins und einer geheimen Selig keit überkam sie, und trotz ihrer Schm«rz«n flog «in leichtes Lächeln Üb«r ihre Züg«. Als st« zum zweiten Mal erwachte, fand si« sich auf weichem Pfühle aus gestreckt' kostbar« T«ppich« waren über sie gebreitet. Der. Raum, in d«m sie sich erblickt«, machte di« Märchenpracht aus Tausend und «in« Nacht lebendig. Indisch gekleidet« Frauen machten sich im Saal« und um die Kranke zu schaf fen. Si« schien aus ihrem Traum «r-> wacht zu sein, um «in«n vitl glänzen deren Traun, zu «rl«b«n. Drüb«n an der Wand stand di« Ge stalt ein«s hochgewachsenen, schlanken Mannes, di« Arm« verschränkt auf der Brust. Kitty «rkannt« d«n Kopf wi«- der, mit dem sich so lange ihre ver schwiegenen Träum« beschäftigt hatten. Es ging wie ein magischer Bann von di«sen Augen aus, wie die Sterne auS unergründlichen Welträumen ausleuch teten. Sie konnte ihre Blicke nicht loslösen von diesem Gesicht mit seiner Befehlen nachkam. Kaum hatten die Frauen das Gt» mach verlass«n, als «r di« Arm« aus ihrer Verschränkung fallen ließ, mit hastigen Schritten auf das Lager Kitty'« zuschritt und mit einem Knie den teppichbelegten Boden berührte. Eine lange, beängstigende Still« trat etn. Endlich brach Miß Evans das Schweigen. „Ihr hobt mir das Leben gerettet, Fürst. Ich danie Euch. Wo si.'d meine Gefährten?" sagt« sie. «Eure Gefährten, Miß?" antwoc.et: der Inder, .hätten bessere Schützen sein müssen, um Euer Leben und ihr „Ich dank« Euch, Fürst! Ich werde Euch immer danken!" sagte sie und reichte ihm mit leisem Lächeln ihre schmale weiß« Hand. Der Rajah hielt sie umschlossen; seine brennenden Blicke len, als er mit verschleierter Stimme entgegnete: „Danlt mir nicht, Miß! Ich tl>at's für mich! Nicht nach Eurer Dankbarkeit verlangt's mich.. während «ine leichte Roth« über sein feines g«bräunt«s Gesicht flog. Dann beugte er sein Antlitz hastig nieder und drückte «inen Kuß auf di« kleine Hand, lender Strom durch ihr« Nerven. Die Hand zitterte. Ihr Augen richteten sich groß, fast erschrocken, auf d«n kommen schienen, sie mit einem magi schen Netz umspannten. Kitty schloß einen Moment die Augen: denn sie „Die Welt steht Euch offen, Miß," sagte er. „Was Ihr auch wünschet es soll geschehen! Nichts sei mein, was nicht auch Euer ist, wein Schloß, meine hat, mir dafür «inen anderen Wunsch gestatten wolltet... verlaßt dies« Mau«rn und di«s« Gärten so bald laßt mein Herz hoffen. Miß! Ihr sollt Ihr jetzt weilt! Eine hohe Göttin ist Empfindungen zurücklassend. Kitty blieb. Diese neuen Verhält nisse hatt«n s!« wi« ein schwüler, wun ch«lte ihren Sinnen; d»r Troß von friedigte ihre Eitelkeit; das Bewußt- den Besitzer all' dieses Reich- Am Tage vor der Hochzeit war Kitty kein Wort von Liebe! Wi« vom Blitz- Botxn. Man stürzt« zitternd in das Schlaf zimmer Kitty's. Am Boden lag ohn mächtig die Zofe; auf dem Bett aus gestreckt, kalt und starr, mit inarmor nxißen Geivande von wunderbarer, märchenhafter Pracht, halb Brautkleid, halbTodtenhemd, mit blutrothen Edel sinn«» um Arm und Busen seltsam besetzt. Nichts deutete darauf hin. wo durch sie den Tod gefunden. Eine ganz leichte braune Linie um den Hals gab den einzigen Anhalt. Um den linken Arm befand sich «in br«it«r kunstvoller Boldreif, flimmernd von Edelsteinen. Grabe Kitty's hingestreckt, die Pistol« Die Breolin. der staubigen Straße vor Uebermü dung. Gott sei Dank, daß d:e Depe schen abgegeben waren. Endlich Rube, Kühle. Bald wird das Sternenban ner über der schönen Stadt wehen; die stellt. O, diese unerträgliche Gluth' tier?" „Na, dann linls ab." Der Huf meines Pferdes schlug den Kiesweg, der bis zum Hause führte. eine Todtenstille. Ich ritt bis zur Treppe lein Mensch ließ sich scheu. Ich sprang vom Pferde; mein Säbel trat. Da erscholl aus dem Hause ein langer, klagender Ruf. Ich hielt einen Augenblick erschreckt inne, dann ösfi'tte ich mit festen. Griffe die Thüre »nd trat in den liihlen Flur. Geräuschlos hochgewachsener Mann mit schwarzem Bart und brennenden Augen trat her „Sie gestatten Sennor, mein Name ist Hartmann, Adjutant des Oberst Campbell. Ich werde die Kranle nicht Das gelbe Gesicht des Spaniers ver zerrte sich. Da erscholl von neuem der durchdringende, klagende Ruf. Die Thür öffnete sich abermals, und ein „Ich bin Arzt. Drinnen liegt «ine Kranle in Fiebcrphantasien auf Tod len." Ich war auf's höchste erstaunt. Der Spanier faßte den Arzt an der Schulter. „Aber ich bitte Sie, Sennor." Der Arzt führte ihn fort und redete >hm eifrig und erfolgreich zu, wie es schien. Ich stand unterdessen auf dem liihlen Flur; der Schweiß lief an meinem Körper herunter. Drei Nächte hatte ich nicht mehr geschlafen, feit gestern nichts gegessen, meine Geduld riß. Ich stieß den Säbel auf die Fliesen, näherte mich den Herren und wollte um eine Ertlä dritten Male der Ruf erscholl, wilder als vordem, der Schrei einer Wahnsin nigen. Der Arzt eilte auf mich zu und ergriff meinen Arm. „Bitte, seien Sie menschlich, retten Sie ein Leben." groß und prachtvoll ausgestattet war. Ueberall standen Kühlgefäße und an der Wand ein Bett, auf dem ein Weib ruhte. Als ich eintrat, wandte sie sich um, und durch ihre prachtvollen Au gensterne glitt ein seliges Leuchten. Sie warf ihr schweres, schwarzes Haar zurück und streckte mir ihre Hand ent gegen. Es war llar, sie verwechselte mich im Fieber mit einem Anderen. Mann." Jetzt wußte ich es. Sie verwechselte mich mit einem Geliebten, einem spani schen Officier. Die Uniform, das Raf feln des Säbels, das Klirren der Spo ren täuschten ihre fieberhaft erregten Sinne. Ich fühlte mich höchst unbe haglich in der Rolle. Auge suchte das Antlitz des Mannes, der an der^e- Zügen ließen mich erbeben. Ich wollte bleib, Juan, bleib, ich sterbe." Ich setzte mich nieder. „Du hast wohl Hunger von dem langen Ritte, Man brachte Früchte, Speisen und Wein. Ich aß ohne Appetit. Die Uni form Nebte nur am Körper und die Köpfchen an meine Brust, lächelte mich an und drehte schelmisch imine» Schnurrbart. „Weißt Du, Schlechter, als ich tiaS letzte Mal bei Dir war! Wie die Sonne so blutroth hinter den Bergen unter ging, wie der Mond empor kam und sein silbernes Licht über die Wellen warf und dann —" Ich bebte am ganzen Körper. Durfte ich bleiben und das süße Geflüster an hören? Ich blickte auf; der Arzt wintte mir gebieterisch zu. „Ach sieh, die kühlen, thaufrischen Granatblüthen rieseln über meine Schultern." Ich zog die leichte Decke über ihre Schultern. ergriff meine Hand die arme Margerita nicht allein zu lassen. Ich saß den ganzen Abend, die lange „Die Krisis ist überstanden," flü sterte der Arzt. schied nehmen wollte, wandte jnir der Spanier wortlos den Rücken. Er schien um zehn Jahre gealtert zu sein. Worgen um zwölf. Mit rasender Eile sauste der Schnel lzug von Chicago nach New Jork. Aber für die Ungeduld des jungen Mannes, viel zu langsam. Er war ein schöner, stattlich?! Mensch; sein gebräuntes Gesicht, der feste, entschlossene Zug um den Muno, die grauen, von schwarzen Wimpern und Brauen beschatteten Augen wären jederzeit aufgefallen. Jetzt aber, den großen, silbergestickten Sombrero auf dem Kopf und verzweifelte Ungeduld in allen Zügen, fesselte er doppelt die Neugier der Mitfahrenden. „Der Kerl muß einen Mord auf dem Gewissen haben", sagte ein HandiungZ reisender aus Omaha zu dem Eisen bahnangestellten aus Buffalo. „Oder er ist auf der Fahrt zu fei nem Schatz", erwiderte dieser und hatte damit den Nagel auf den Kopf getrof fen. Tom Weir, Ansiedler im Thale des Flusses der verlorenen Seelen in Colorado, war auf dem Wege nach New Uorl, auf dem Wege zu sein.r Braut. Wie er sich jetzt die Masse rothgolde keinen Hände, sie erwiderte feine lei denschaftlichen Küsse, sie drückte sich seit in feine Arme und verlobte sich mit ihm. Jetzt sollte er sie endlich wiederse ' s t sie mit umflorten Blicken und stocken der Stimme gebeten?atte, ihn nicht zu vergessen. Er empfing öfters Briefe von ihr, liebe, herzliche, zärtliche Zeilen, die er lüßte, über die er weinte, und die er Nachts unter fein Kopfkissen legte. Und sie hatte ihr Wort gehalten. Sie hatte ihn nicht vergessen sie, die Einzige, Herrliche. Gab es denn in Gottes wei ter Welt einen glücklicheren Menschen als ihn? Wann endlich würde dieser entsetzlich langweilige Zug in New Jork eintreffen? Nur ein kleines, unbedeutendes Et was mischte sich in seine Seligkeit ?Jch bin des Unterrichtens müde", hatte sie geschrieben, „das Leben einer Lehrerin ist so begrenzt, so stumpfsin nig, deshalb habe ich mich der Kunst gewidmet." Das war alles. Kunst Kunst? Kunst ist doch harmlos genug. Aber seltsam, er halte sie nie zeichnen oder malen sehen, er er innerte sich sögar, daß sie, als er ihr die Schönheiten seiner westlichen Berge voller Begeisterung zeigte, verstohlen dabei gegähnt hatte. Sein Entschluß war gefaßt, er woll te nach New Jork, er wollte sie sehen und sie anflehen, ihren Beruf aufzuge- ! ben und endlich die Seine zu werden. Er konnte ihr ein behagliches Heim bieten, und wenn sie sich auch nianch — war er nicht da mit seiner schü- ebensogut wie in New Bilder malen. I Donnernd fuhr der Zug in dießahn» Hofshalle ein, und Tom Mir sprang wie elektrisirt empor. Die Adresse des Breeses, den er über dem Herzen trug, führte ihn tief in die Stadt hinein. Als er sich endlich durch gcfundeii hatte und Ilingelte, öffnete ihm ein leck aussehendes Kammerzöf chen, Mißtrauisch sah es ven großen, breitschultrigen Fremden, seine Klei dung, seinen Sombrero an. „Ist Fräulein Cameron zu Hause?" „Nein", erwiderte sie gedehnt, »sie fährt im Pari spazieren." „Kann ich sie heute Abend sprechen?" „Nein, selbstverständlich nicht", ent gegnete sie verwundert, „des Abends ist denn eigentlich?" Es wurde ihm abwechselnd heiß und «alt. „Vielleicht morgen um zwölf", sagte sie schnippisch, „vor zwölf steht sie je doch nie auf", und mit einem Ruck warf sie die Thüre ins Schloß. Verletzt, zornig, argwöhnisch wandte er sich weg. Was, zum Henker, sollte das heißen? Kunst, ein Wagen, im Ue berfluß leben, nie vor 12 Uhr aufste hen? Er hielt plötzlich im Gehen inne und schalt sich selbst einen Narren, ei nen gemeinen, verächtlichen Hund, daß Als er sein Hotel betrat, rannte er ben sich zusammen an die Bar. Tom freute sich des Landsmanns von Her zen um die Wahrheit zu gestehen, fühlte er sich einsam und hatte Heim weh. j „Kopf hoch, Junge", lachte der An dere, „geh ins Theater und amusir« Dich. Zeig mal den Vergniigungsan zeiger her. Geh ins Gotham, große Menschenausstellung dort. Haben die 'ne junge Schönheit aufgefischt, über die ganz New Uork verrückt geworden ist! Sie zeigt sich nur für ein paar Minuten, aber sie hinterläßt einen Eindruck, einen Eindruck! Na, ich sage Dir, das Wasser läufi einem im Mund Dich ab. Gute Nacht, hab' große Eile." Und fort war er, noch ehe Tom ihm nachrufen tonnte, d"ß er morgen um zwölf Uhr nicht frei sei. Das Theater war dicht besetzt. Auf der Bühne drängte sich eine Menge hübscher Mädchen, alle mit dem gleichen stereotypen Lächeln und den gleichen einschmeichelnden Blicken. Musik und Gespräch, Tanz und Gslächter gab es Doch Tom langweilte sich. Vielleicht war sein gewohntes einsames Leben daran schuld, vielleicht fühlte sich daS Herz, das die Frauen so hoch verehrte, angeekelt von der gemeinen Schaustel lung, die sich ihm hier darbot. Wie konnten nur die anständigen Damen um ihn herum Gefallen an so etwas finden! Zeitweise entschwanden die Vor gänge um ihn her seinenßlicken, „Mor gen um zwölf", tönte es ihm ins Ohr. Er hörte es durch die Melodie des Orchesters, aus dem Refrain des Lie des heraus, die Geigen athmeten und flüsterten und seufzten es immer wie der und wieder: „Morgen um zwölf morgen um zwölf." Jetzt wurde die Bühne verdunkelt. Zwei Herren hinter ihm unterhielten sich flüsternd über das schöne Geschöpf, das sich als Statue zeigen werde. Tom beugte sich vor. Der Vorhang theilte sich. Auf einem Sockel stand ein Weib; ihr rothgolde nes Haar siel in schweren, lockigen Massen aus die weißen Schultern nie der. Wie Marmor hob sich die pracht volle Gestalt gegen den dunklen Hinter grund ab. Dort stand sie unter dem vollen Schein des Calciumlichtes den Kopf zurückgeworfen, die Augen halb ge schlossen. all die süßen Reize, von venen er kaum zu träumen gewagt hatte, den verschlingenden Blicken der Menge schamlos preisgebend. Der Freund aus Denver klopfte an Toms Thüre und rüttelte und schüttel te daran. „Mach auf, Weir öffne doch, ich bin's Darling aus Denver. Steh auf, Faulpelz, ich will Dich zum Lun cheon abholen." Keine Antwort. „Mach auf, Weir," schrie er noch einmal und verschaffte sich mit einem Faustschlag Eingang. Aber der stille Schläfer, der ausge streckt auf dem Bette lag, rührte sich nicht. Langsam, in schweren Tropfen rieselte das Blut aus der rechten Schläfe herab, in die der junge Mann mit sicherer Hand die tödtliche Kugel gesandt hatte. Jetzt war ihm wohl, jetzt war es „morgen um zwölf". Kasernenhosblüthen. Unterofficier (sich einen recht unge schickten Rekruten betrachtend): „Und aus solchem Menschen soll man nun ei nen Helden machen!" ein Dickhäuter, der mit einer dünnen Haut zur Welt gekommen!" „Himmel. Kerls, wenn euch die Göt- Kerl Unterofficier gemacht! (Beim Stiefelappell.) Sergeant: „Kerl, Ihnen fehlt ja eine Stiefelstrip fel siegen?!" .Einjähriger, schauen Sie nicht im mer so stolz drein, als ob Ihre Vorfah ren schon in der Arche Noah die Bel fchon Eoncurs gemacht, als Sie noch garnicht auf der Welt waren!"
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