2 Die Kerven. Ein Arzt erwirbt sich in der Regel durch krampfhafte, strenge Uebung einen langen, dehn- und haltbaren Ge duldsfaden. Besonders nöthig hat er ein solches elastisches Ding den einge bildeten Kranken gegenüber. Doch das weiß ja alle Welt, wenn es ihr auch nicht immer wieder in den mannigfach sten Formen erzählt würde. Alle Welt weiß auch, daß die eingebildet nervösen Damen die schrecklichstePlage für einen vielbeschäftigten Arzt sind. Sie brin gen es fertig, auch den dauerhaftesten Geduldsfaden zum Reißen zu bringen und das höflichste Doctorlämmlein don»)' «ait qui niiU v pense! in einen sackgroben, bärbeißigen Löwen zu verwandeln, der seine Stimme don nernd erschallen läßt und Augen macht, als wolle er die sanfte, flötende Kläge rin verschlingen. „Ach, Doctor, meine Nerven!" Neunundneunzig Mal schon hat es Dr. Theobald Brause im Laufe kurzer Zeit mit bewundernswerther, freilich nur scheinbarer Gemllthsruhe von der llei nen, hübschen Frau Hersilie v. Herbach angehört, obgleich er sich sagt, daß schon allein zu dem täglich dreimaligen Wechseln der Toilette, zu den ununter brochenen Besuchen, zu den unendlichen Kasfeellatschen, zu dein ewigen Genör gele mit den Dienstboten und zu den dramatischen Eifersuchtsscenen mit dem unschuldsvollsten aller Gatten ge radezu „Stricke" von Nerven gehören. Frau v. Herbach glänzt ja in dem erschreckend leeren „Journal" des ju gendlichen Aeslulapjiingers als licht umslossene Aristokratenperle, sie ist der gesellschaftliche Embryo, aus welchem sich der große und vornehme Zulauf von Patienten für ihn entwickeln soll. Also Eines Tages aber, nachdem Theo bald in der Nacht wieder herausgeklin gelt worden war, weil der Budiker von nebenan, in Firma August Seespeck, darauf brannte, so rasch wie möglich seinen dreizehnten Sprößling die Wände der elterlichen Kellerwohnung beschreien zu hören, purzelten alle seine lobenswerthe» Borsätze über den Hau se"- Der arme Erdensohn ist ja oft cm Narr des Glücks. Sehr natürlich kommt dann einmal ein Augenblick, wo er mit unsagbarem Vergnügen die Demuthsmasle, die er mit gebeugtem Sllavennacken vor der launenhaften Dame Fortuna getragen, fallen läßt und ihr seinerseits einmal einen Fuß tritt versetzt. O, so etwas thut unend lich wohl. Als das Hundertste „Ach Doctor, meine Nerven!" dem lebenden Munde von Theobald Brause's einzi ger vornehmen Patientin entflohen war, erschien vor seiner Phantasie das derbe Gesicht des Budilers, daneben das des Dreizehnten, dem er in der vergangenen Nacht zum Eintritt in diese erbärmliche Welt verholsen hatte. „Donnerwetter!" entfuhr es ihm da laut und grob. „Wenn Sie dreizehn Rangen hätten, würden Sie leine Zeit haben, an Nerven zu denlen. Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand. Und wenn Sie Verstand hätten, würden Sie über andere Dinge nachdenlen, als ewig und immer über Ihre sogenannten Nerven. Die Phan lasie-Bacillen, die Sie so nennen, iexi stiren gar nicht; Ihre wirtlichen Ner ven sind gesund. Für die brauchen Sie mich nicht. Basta!" Der Geduldsfaden war gerissen. Dame Fortuna hatte ihren Fußtritt. Frau Hersilie v. Herbach fiel zu nächst in Ohnmacht. Theobald Brause sah das nicht mehr, denn er hatte be reits die Thüre von draußen zuge macht, als Hersilie aus sprachloser Er starrung zum Sinlen in die Sophaecke jenen Ohnmachten, in denen man noch Entschlüsse fassen lann. Hersilie entschloß sich, angesichts der mangelnden Zuschauer man sich! ja drief vom Kothurn ihres blauen Blu tes herab. In diesem Briefe ersuchte sie ihn um seine Rechnung und verbat Als Dr. Brause diese Epistel gele- Berather in die „Hütten der Armuth" eilte. Jetzt stülpte er das bestaubte Er fühlte sich förmlich als Volts besuch. Theile der Menschheit, der leine Ner- Thätigleit »u widmen. , Feierlich legte er seine Hand auf den krebSrothen Kopf de» häßlichen Knirp ses in der Wiege und tätschelte mitTo desverachtung darauf herum. Pardauz! Großer Gott, das ein jährige Zwölfte ist vom Tische herun tergefallen, gerade auf das zweijährige ten »m Tische stand. Ein mörderliches Geschrei erfüllte den Kellerraum. In dieses Geschrei mischte sich dasSchluch „Ach Gottchen, ach Gottchen," „Nerven?" murmelte Theobald und starrte sie entgeistert an. „Hier auch?" Sein Gehirn schwindelte. mit unfruchtbaren Reflexionen gemar schlief schlecht. Um 12Uhr riß seiner Asthma - Anfälle bekommen. Brause fühlte mit dumpfer Verzweif lung, daß er aus dem Zauberring, den seine Nachbarschaft um ihn geschlossen, nicht herauskam. wußte genau, daß Stade ei» ordentli cher Mann war. Die rothe Nase hatte das Eckenstehen an einem einzigen De- Theobald. macht, Doctor! Wie soll ich Ihnen das danken, wodurch? Mein Gott, ich bin Sie küssen!" „Wie haben Sie das nur angefan gen? Hersilie will mir das Mitiel nicht nennen," begann Herr von Herbach jetzt Theobald hatte sich bereits in die Situation gefunden. „Grob bin ich geworden," sagte er trocken, „das ist das ganze Geheimniß." „Ha, ha, ha, ha!" lachte Herr v.Her bach. „Ha, ha, ha, ha! Köstlich! Ein zig! Doctor, ich muß Sie noch einmal küssen!" Nein, er tonnte nicht vor Lachen. Und Theobald lachte mit. Zum Theil Befriedigung, daß ihm der zweite v. Herbach hatte ihm alle mit nervösen Frauen geplagten Ehemänner seiner Betanntschaft in's Haus gejagt, und so hatte Dr. Brause plötzlich alle Hände voll zu thun. Frau v. Herbach danlte er es zu dem, daß er für ein Original galt. Seine „göttliche" Grobheit begann be reits sprichwörtlich zu werden. Dabei pries man sein gutes Herz, seine weiche Hand. Man nannte ihn in den Cafes der Residenz das Ideal eines Arztes. Die Oberstin von Bärenllau, die ein bischen heftig fchriftstellerte, erllärte, er sei das Ideal eines Arztes, denn er besitze ein Fallenauge, ein Löwenherz und eine Jungfrauenhand; er sei lein „Herrgottsslicker", sondern ein ganz genialer, bedeutenderMensch, der schon stehe!" """° ' Was die Sappho der Residenz sagt, gilt als Oralel. Ein Commerzienraths - Töchterlein, die reizende Lili Berg, entbrannte in Heller Neugier, das Doctorphänomen lennen zu lernen. Ihre Jungfer, eine entfernte Verwandte von August See- Antlitz, in dem die meertiefen Augen was unter dem Pantoffel stehenden Papas plötzlich Nerven. Dr. Theobald Brause mußte geholt werden, natürlich nur Dr. Theobald Brause. Aber allein mußte Lili mit ihm reden, ganz allein. hen, da stutzte er. Und als er sah, daß Lili sich aus die Kirschenlippen biß, um nicht zu lachen, wobei sie in der rechten brachte: ach, meine Nerven, Herr Doctor!" da wurde Theobald Brause dummer Junge, 'pfehl mich!" „'pfehl mich!" echote da das tolle Ding und wollte sich ausschütten vor Ende, das wonnevokle zu dem die Freundschaft auf der Himmelsleiter der jungen Liebe gestiegen war. Frau v. Herbach, die sich durch ein regelrecht»? Erkältungsfieber die Gunst Dr. Theobald Brause's wieder errun gen hatte, war lange hiervon genesen und befand sich mit unter den Hoch zeitsgästen. Selbst der Umstand, daß Herr v. Herbach mitten in feinem lrampfhaft auswendig gelerntenTrinl fpruche stecken blieb, vermochte ihre Nerven zu keiner Kundgebung zu be wegen. Und doch.... Brause's standen später bei See speck's Vierzehnten und bei Herbach's Erstem Gevatter. Ein Arzt das sah Theobald jetzt ein darf es mit teinem Stande ver derben. Und schließlich waren Brause's den Budikers eine Genugthuung dafür schuldig, daß sich nach der Hochzeit Nummer Bier bis Nummer Zehn an den Ueberresten des Festmahls, die zu gleichen Theilen in ihre Kellerwohnung und in die Bodenkammer des Dienst mannes Stade gewandert waren, ent setzlich den Magen verdorben hatten. Standesgemäß. Lebensbild von Ida Barver. „Man bringt dem Modeteufel zu viele Opfer," hörte ich, als ich meiner Freundin Emma einen Besuch machte Seine noch eben gerunzelte Stirn glättete sich schnell, Emma versteckte die Rechnungen, die sie ihm wohl ge „Wenn Dir Dein Mann das Geld standesgemäßes Auftreten halten?" „Vielleicht begehrst Du zu viel!" „Zu viel!" sagte sie erregt. „Ist es Blick zu und sagte: „Nur gut, daß Carl thun? Ist es nicht seine als arme Vater seine Kräfte schonen lönne." „Du hast sonderbare Grundsätze," sagte Emma fast beleidigt. „Ist es Dein Ernst, daß ich Clara, die so zart und empfindlich ist, tagsüber vielleicht in ein Bureau oder hinter einen Ver kaufstisch stellen soll, oder daß ich Gleichen, die stets lränlelt, wohl gar an die Nähmaschine setze, damit sie schwindsüchtig wird?" „Nun, so würde ich die Mädchen wenigstens anhalten,' daß sie sich ihre Garderobe, Hüte u. dergl. selbst serti „Dazu sind sie gar nicht veranlagt," sagte Emma topfschüttelnd. „Clara spielt Klavier. Gleichen malt; sie ge hen ja nicht müßig, aber mit der Nadel nein, dazu habe ich meine Kinder nicht erzogen!" zg s ld t „Soll ich die Frau Mells annehmen oder sagen lassen, daß ich nicht zu spre chen sei?" fragte mich Emma. „Warum willst Du sie nicht anneh men?" fragte ich verwundert. „Ist sie „Läßt sich von ihren Kindern erhal ten," sagte Emma geringschätzend, „weiß überhaupt nicht, was sie ihrem Als Frau Mells jetzt eintrat, schien haben; sie ging ihr freundlich entgegen, erlundigte sich theilnehmend nach ihren guten, braven Töchtern, die man als Metts, sichtlich geschmeichelt, erzählte, daß ihre Anna, die bisher in einem ersten Kleidersalon ein Jahresgehalt von 3500 Mark bezogen, jetzt ihren Posten aufgab, da ihr von einem Con currenzgeschäft 6000 Marl geboten wurden; die Kathie sei mit ihrem Buchhalterposten, den sie belleide, sehr zufrieden, sie verdiene jetzt 275 Marl monatlich. Lina habe sich feit einem Heirathen. „Sind Sie eine glückliche Mutter!" sagte neidlos. „Sie litten Mells verwundert. „Ich verstehe Sie stotternd, „wenn man es der gesell schaftlichen Stellung des Gatten schul dig ist, groß auszutreten, es dann un feine Töchter zum Geldverdienen an halten lönne?" ergänzte die Mutter. „Da theile ich Ihre Ansicht nicht, Mädchen ist, desto glücklicher ist sie. danlbar sie mir sind, daß ich die Stan desborurtheile fallen ließ und sie zur Arbeit angehalten habe. Hätte mein verstanden gewesen wäre er wollte stets das Decorum gewahrt wissen. Als er starb und ich bettelarm mit mei gen." Wohl drei Jahre sind seit jenem Be such bei Frau Emma vergangen. Sie hat ihren armen Mann mit ihrem Wunsch, standesgemäß auftreten zu lönnen, zu Grunde gerichtet. Er lonnte, wie sehr er sich auch mühte, die Summen, die das Haus brauchte, nicht erschwingen; Schulden häuften sich auf Schulden; in einem Anfalle von Ver zweiflung hat der Bedauernswerthe seinem Leben ein Ende gemacht. Emma sorgte selbstverständlich für ein „stan desgemäßes Begräbniß" und ist dann mit ihren Töchtern nach einer lleinen polnischen Stadt übergesiedelt. Frau Mells, die ihre Kinder nach ihrem Stande praktisch erzogen hat, verstand es, das Geld, das die Töchter verdienten, zusammenzuhalten, ihnen eine entsprechende Mitgift zu ersparen. Sie sind alle drei heute glückliche Frauen, lebhaft, munter, thätig, stolz auf ihr selbsterworbenes Glück. Trost im Herbst. Es gehet durch die Äuen Ein frischer Brausewind; Schatz, laß uns gehn und schauen, Wie weit die Früchte sind. Die Sense klingt, Die Garbe sinkt, Der Herbst füllt Faß und Scheunen. Gelbroth umrankt. Und will sich schon ründen und bräu nen. Verwellten wie im Hage Der Rosen heiße Pracht. Manch trauter Platz Im Wald, mein Schatz, Gab unserm Glück den Segen. Der Herbst zieht an. Doch er auch lann Der Liebe den Pfad nicht verlegen! Entblättert stehn die Lauben, Wir ziehn in's feste Haus: Beim rothen Blut der Trauben, Da schwatzen wir uns aus. Macht's uns lein Weh, Die Liebe treibt Auch im Winter uns duftende Rosen! Vor Gericht. Präsident: „Sind Sie verheirathet?" Bettler: „I Jott bewahre! Jlooben Sie, ick Arabellas Toiletten. Bon Th. v> LiSla. Das Lieblingsgericht desHausherrn war an diesem Tage besonders gelun gen. Sichtlich hatte es ihn in gute Laune versetzt, und als nach der Mahl- Sommer hin?" Die Mutter ergriff, wie gewöhnlich, vor Allein das Wort.. Sie war eirie suchen," sagte sie, „dort ist indessen Alles theuer. Das Schlimmste ist in sten. für Ostende." Der Schreck fuhr den Eltern bei dem Worte förmlich in die Glieder. Die Miene des Vaters drückte dumpfe Verzweiflung aus und die Mutter flüsterte entsetzt: „Aber Kind —" „Ich weiß, was Du sagen willst, Mama," unterbrach sie Arabella. „Ich Mitteln, Rechnung trägt. Ich und Stadt. Was die Toiletten anbelangt, ein. „Das thut nichts," erwiderte Ara bella, „das Schwimmen lernt man Rechnung. Das erste Erscheinen der schönen Arabella auf der Düne machte Auf sehen. Das Badelostüm war be rückend, weiß mit breiten schwarzen nicht, Paula am zärtlichsten zu hät scheln, denn sie hatte stets einen Schwärm von Herren um sich. Ihr Gefolge ließ sich auch auf der Düne nicht spotten. „Du hast ja einen sehr ansehnlichen Hofstaat," sagte Arabella zur Freun din. auch gerade noch einer herbei, freilich der langweiligste unter Allen —er spricht jede Stunde ein Wort. Kom men Sie nur heran, da ist Eine, die in Ihrer Gesellschaft noch nicht gegähnt hat," sagte Paula in der Richtung des neuen Ankömmlings, der sie allerdings nicht hören tonnte. Die jungen Mäd chen lachten. Inzwischen kam Herr von Gieseler, so hieß der wohlempfoh lene Kavalier, wirtlich heran und wurde Arabella vorgestellt. Er gefiel ihr merkwürdigerweise besser als alle die Anderen, vielleicht weil er ernster war. Paula wandte sich zu ihren freunden. Herr Gieseler, der sich bei der Vorstellung stumm verbeugt hatte, blieb schweigend neben Arabella stihen. Das junge Mädchen sah ihn an. > „Ich dante," sagte sie dann lächelnd und mit harmloser Ironie, als hätte der junge Mann eine Frage gestellt, hier sehr wohl. Mir gefällt Ostende über alle Maßen so weit ich es bis her lennen lernen tonnte. Ich war noch wenig am Meere, dente aber, sein Zauber wird allezeit gleich mächtig auf mich Wirten. Schon das ferne Brau sen der Wogen versetzt mich in Aufre gung und läßt meine Pulse höher schlagen/' „ , h chh Kavalier sprach lein Wort. Arabella wiederholte indessen das frühere Verfahren, setzte eine Rede des Herrn voraus und gab eine Antwort. „Es ist sehr freundlich von Ihnen, daß Sie bereit sind, uns die Sehenswiir jdigleiten von Ostende zeigen zu wol len." Gieseler blickte verdutzt darein, tonnte jedoch nicht umhin, über die Schelmerei des Mädchens lächelnd, sich Bildwerk sein. In den ersten Nach sehen!" „Kind," sagte die Mutter auf dem Heimwege, „der Mensch ist ja wie stumm." „Das schadet doch nichts," erwiderte Arabella. „Jede Frau kann, wenn sie gerade muß für Zweie reden." erste junge Schöne, die sich trotz seiner Einsilbigteit und Schüchternheit mit ihm beschäftigte, und da er sich bei terhielt, fesselte sie ihn mehc als jede Andere. Mit einer Beaut6 von der Art Arabellas unterhält man sich aber nicht ungestraft täglich zehn Stunden, und ehe die zweite Woche um war, wortkarge Kavalier in das schöne Mädchen verliebt sei. Sie war auch die Einzige, die ihn nicht zum Reden nöthigen wollte wie die anderen Da men. Erst als sie vertrauter mit ein ander geworden waren, sagte sie ein so wenig?" Er blickte sie bewundernd an und er widerte: nug?" Die Antwort bewies, daß es ihm nicht an Schlagfertigkeit fehlte. Ara bella erröthete, als er die Worte sprach und erwiderte: „Was Sie für schöne Komplimente sagen tönnen! Schade, daß es nicht öfter geschieht." , Noch immer karg mit dem Worte, sprach er nach längerem Verlehr doch häufiger, seine Ausdrucksweise war aber immer sehr knapp. Eines Tages sagte er: „Ich habe Sie bisher nur in Ihrem Badeanzug und in Ihrem Bade-Ko stüm gesehen warum das?" „Das geschieht Ihretwillen," sagte das junge Mädchen ohne die geringste Verlegenheit. Seine Miene drückte die größte Ber „Ganz recht, tadeln Sie mich nur," fuhr Arabella fort, „aber ich lann mir nicht helfen. Ich glaube Ihnen in die sen absonderlichen Anzügen etwas ge fallen zu haben und fürchte, daß Sie sehr enttäuscht werden, wenn Sie mich im Kleide der Alltäglichteit sehen." Gieseler erhob protestirend die Hände. „Es freut mich, daß Sie es zugeben," sagte Arabella, „übrigens besuchen wir heute Abend die Tanz unterhaltung im Kurhaus. Wenn Sie loinmen wollen, werden Sie sehen, daß ich im langenßock leine so schlechte Figur mache, wie Sie zu vermuthen Er lachte nur, ohne etwas zu sagen, wohl wissend, daß er auch mit der ge läufigsten Rede gegen die Neckereien des jungen Mädchens nicht aufkommen Nach etwa vier Wochen dieses ver trauten Verkehrs war auch die arme Arabella verliebt, und wenn ihr schweigsamer Verehrer plötzlich aus gesprungen wäre, so würde sie sehr unglücklich gewesen sein. Eines Ta ges holte Herr von Gieseler die Damen zu einer Fahrt in der Barte ab. Sie fuhren bis zum Leuchtthurm, den sie besichtigten, und lehrten nach einigen Stunden heim. Die rothe Abend sonne hüllte das Meer in berückenden Glanz, nur der junge Mann war noch stiller als sonst. Das junge Mädchen tannte lein Geheimniß mehr vor dem Geliebten und da die Mutter, müde von der Sonnengluth und der scharfen Seeluft, an ihrer Seite eingeschlum mert war, beichtete Arabella ihrem Ritter auch, daß sie beinahe ausschließ lich im Badeanzug und im Bicycle- Kostüm nur zu sehen war, weil sie leine anderen sashionablen Toiletten hatte. Etwas wie Rührung über die harmlose List des prächtigen Mädchens beschlich ihn. Er sah sie an und fragte dann in seiner turz angebunde nen Art: „Wollen Sie meine Frau werden?" Eine Blutwelle schoß ihr in's Ge sicht, und die Kehle war ihr wie zuge schnürt. Nun hätte sie reden sollen und lonnte nicht. Nun machte sü's wie er, nur ihre Augen sprachen und mit dem Kopfe nickte sie ein Ja. Wenige Tage später erschien Ara bella zum ersten Male in einer elegan ten Sommer - Toilette auf der Estrade, dieses Mal am Arm ihres Dann schrieb sie den Schwestern nach Hause die Geschichte vom Bade lostüm und dem Bicycle - Anzug, die eine hübsche Lehre enthielt. Darum erzähle ich sie weiter, wie sie mir von einer der jungen Damen verrathen wurde. Beweis. Gattin: „Bist Du mir auch wirtlich gut, Franz?" Gatte : „Aber, Kind, wie kannst Du da stes Gut, meine Freiheit, für Dich ge opfert!" DasrichtigeWort. „Was, der Mensch hat Dir Geld geliehen?" „Ja, das ist ein Leicht gläubi ger!" Aarnm. „Et is also abjemacht, Mingleken, Du nimmst mir?" fragte Krischan Padde. Minte, „das heißt —" ertönt clectrische Glocke. Minka Frau Oberst. Krischan ist ein Handfester. Ob er Weis« angedeutet, daß es ja ganz nett sein müsse, als Frau „Gutsbesitzer" Padde neben vier stattlichen Kühen neben sich zu leiden, was ihr kein Mensch verdcnken könne. Krischan schwang sich nun mitten im Donner gepolter seiner immer heftiger werden den Klopferei zu der Schlußfolgerung auf: Mingtelen, dat söt« Jör, hat die putzige Bedingung blos jestellt, um der Frau Oberst zu beweisen, daß ihr Kri schan lange nich so viele Bretter vor dem Kopse habe, wi« diese das krän kender Weise behaupteten. Da tippt ihn Jemand auf die Schul ter. Jäh dreht er sich zur Seite. Der Jemand ist «in hübscher Mensch mit dunllen Augen und schwarzem Schnurrbart, in anständiger, fast fei ner Kleidung. „Sie sind der Diener des Obersten von Adlerfeld?" fragt er jetzt in dringlichem Tone. Krischan nickt« mit einem gewissen Hochgefühl. „Hier dieses Schreiben." bei diesen Worten hält der junge Mann einen Brief mit einem auffällig groß«n Sie g«l empor, „ist sofort beim Herrn Obersten abzugeben. Ich warte auf Antwort." „Na, denn gewen S' man 'n beten up d« Sälen hier Owacht," sagt Kri schan und trabt mit dem Schreiben ab zu seinem Herrn. ~W«r hat das gebracht?" fragt der Oberst, während er das Siegel, das ein Wappen löst, denn er ist Siegelsammler. Und hier hat er augenscheinlich etwas sehrßeach'.ens werth«s für seine Sammlung vor sich. Nun ist d«r Brief geöffnet und ausge breitet. Zugleich fährt der Oberst zu- Papierblatt zu beugen. Auf der gro ßen, feierlich - ofsiciellen Fläche steht nichts weiter als di« kalligraphisch ge malten und in den Anfangsbuchstaben verschnörkelten Worte: „Gerälh es, so ist es gut! Geräth es nicht, so ist's auch gut"! Der Oberst liest di«se Worte unwill kürlich laut ab und schließt den erreg ten Befehl für Krischan an: „Hol' mir 'mal das Individuum herein, das die sen Wunsch gebracht hat!" Krischan eilt, um mit Minka zu re den, mit der Geschwindigkeit eines „reitenden Moccaläsers" davon, um beinahe sofort mit dem Ausrufe wie der auf der Bildfläche zu ersch«inen: „Es ist schon jerath«n, Herr Oberst!" „Was d«nn, Kerl?" „Das Jndesidelbum hat die Uni form jemaust!" » » « Die Frau Oberst behauptete, Kri schan hab« damit, daß «r d«n fremden Menschen mit der Uniform allein ge lassen, einen erzdummen Streich be gangen und ihre lleine Kammerjung fer könne also laut d«r von ihr gestell ten Bedingung den langen Bauernsohn re? Meinung. Die Liebe allein hat eb«n hinreichendes Feingefühl, um den ge liebten „Gegenstand" voll und ganz zu verstehen. Das Vertrauen, mit welchem Krischan den Fuchs in den Hühnerstall gesetzt hatte, war ein gol- Streichcs wegen heirathete sie ihren Krischan. Und sie Ist eine glückliche Frau geworden, denn sie hat Verstand Dame (die um eine Beisteuer für einen „M«in Diener wird Ihnen fünf Mark geben." Zweite Dame: „Und meiner Vaterstolz. „Ihr Sohn
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