2 Für Geist und Gemüth. Glückes Schmied" slolz?r Ruhm! »Seines Unglücks Meister" Helden thum! Der Teppich, den die Parze webt, Wird mit den Jahren bunt und bun te»; Werschlung'ne Muster, reich belebt, Sinnsprüche laufen deutungsvoll mit unter; Aber die Fäden von goldnem Schein Webt sie immer seltner hinein. Lern' dich bescheiden; dann, was auch Bleibt dir der Friede. j Knaöen-Hrziehung. ! Es wird so viel geredet und geschrie ben über die Erziehung der Mädchen, ober warum erwähnt man so selten die Erziehung der Knaben? Giebt sich idiese denn so ganz von selbst, oder brauchen diese weniger Aufsicht und Ermahnung? Datz dies nicht der jFall, daß Knaben oft viel schwerer zu Zeiten und zu überwachen sind, davon iweiß manche Mutter genug zu klagen und zu berichten, und daß auch eine ider manche junge Frauen erfahren, wenn ihr Gatte so viele ungerügte Fehler, schlechte Angewohnheiten und Rücksichtslosigkeiten aus der Jugend zeit hinüberbringt in d«n Ehrstand. Es ist freilich wahr, die Knaben blei ben in der Regel weniger lange im ,Elternhause, als die Mädchen -und ent ziehen sich daher früh«r der inütterli «hen Aufsicht, des Vaters Zucht, aber gewissenhaft benützt werden; es ge schieht ja nur zu ihrem eigenen Besten. Die Meinung ist viel verbreitet, Kna ben brauchen weniger höflich, weniger vieles bei ihnen ungerügt, was bei er steren streng getadelt wird, und macht !dabei sich und anderen gegenüber die vornherein zugegeben, daß die Knaben in der Regel lebhafter sind als die Mädchen und vR allen unmäßiger in niemals von ihnen verlangen, daß sie so still und sacht, so zart sich bewegen und gebärden wie die Mädchen. Kna ben sollen anders geartet sein und manches ist bei ihnen erlaubt, »vas an den Mädchen verletzt und unangenehm berührt; Knaben werden unter sich manchen Puff austheilen, manchen Streit mit den Händen ausfechten, wo bie Mädchen hin und her zanken, schmollen und weinen. Die Knaben springen oft mit einem Satz die Treppe hinunter, vergessen fast immer die Schuhe zu reinigen beim Betreten des Hauses und gewöhnen sich sehr schwer lässigen. Wir hören wohl hier und da, wie die Mutter das laute Thürzu schlagen ihres Aeltesten ganz beruhigt und mit den Worten entschuldigt: „So sind eben die Knaben!" Wir sehen, wie die kleinere Schwester dem Bruder Spielsachen einräumen muß, als et war ganz Selbstverständliches; und wenn der Jüngste lärmend und pfei fend in die Stube stürzt, natürlich ohne Gruß, Kasten und Schublade aufreißt nnd ohne Notiz zu nehmen von den Anwesenden, wieder davon stürmt —- dorm wird ihm höchstens der Seufzer nachgeschickt: „Wie ungezogen sind doch t>ie Knaben!" ab«r an's Tadeln und Bessermachen denkt man nicht, nicht daran, daß es jetzt noch Zeit wä re, auch „den Knaben" in Zucht zu nehmen und streng darauf zu halten, datz er höflich, manierlich und zuvor kommend gegen andere sei. Nichts ist erfreulicher, als einen gesitteten und tvohlgezogenen Knaben zu sehen; das ist ein Ruhm nicht nur für ihn, nein, wohl schon viel geschadet und manchem jungen Menschen fein Fortkommen er schwert; vom Aeutzeren schließt man Charäcter- und Gemüthsbildüng. Was wir unsere Knoden in der Ju gend lehren und wie wir sie fürs Haus eigenen Hausstand, ihre: Frau und oft der Mit- und Nachwelt zu gut, ihre jungen Herzen gelegt. Und kann auch nicht Jeder einst glänzend und hervorragend sein gut und tüchtig, sest und männlich im Berufe, rück sichtsvoll und aufopfernd nicht nur im eigenen Familienkreise, sondern gegen Jedermann sollen unsere Söhne alle dereinst werden, und Wz» wollen wir sie »rziehen und herandUd«, so lange sie noch als „Knaben" dahetm im El ternhaus« sind. —Manch « s. was Alle längst wissen, wird erst dann ein Scandal, Wenn Einer es jagt, ... Wer ist der Verfasser? Endlich war es ihm gelungen. Sein dreiaktiger Schwank „Mitgistgeheim nisse" hatte bei seiner Erstaufführung in der Residenz einen sogenannten „durchschlagenden" Erfolg errbngen. Der Name des Autors, Daniel Schulze, wurde von den rothen Lippen reizen der Frauen und von dem schwarzen Mund der Presse weithin verkündet. Die Nachwirkung des theatralischen Triumphes war eine geradezu phäno menale. Der Director, der das Stück nur aus Gefälligkeit für den Verleg« aufgeführt und Schulze nichts zuge traut hatte, nannte diesen seinen lie ben Freund, obschon Schulze gelegent lich eines schüchternen Einwurfes bei einer Probe in Gegenwart des Perso nals von dem Leiter des Musentem pels fürchterlich angeranzt worden war. Es regnete Einladungen zu Di ners und Soupers. JugendlicheSchrist steller baten ihn um seine Mitarbeiter schsst. Reizende junge Mädchen mit wenig und reizlos« mit viel Mitgift wurden ihm von Heirathsagenten dutzendweise angeboten. Sein Schnei der, ein hochgradig nervöser Mensch, verfiel in einen Paroxismus jauchzen der Antheilnahme. Er umarmte den Dichter und ließ auf einen Theil seiner Tantiemen sofort Arrest ausbringen. Fast sämmtliche Bühnen der Pro vinz führten „Mitgistgeheimnisse" auf oder hatten das Stück in Vorberei tung. Auch am Stattheater in K. fvllte die Premiere des Schwankes stattfinden. Der Verfasser hatte dem Director mit getheilt, daß er derErftaufführung bei wohnen würde. Director Schleußer war nicht wenig stolz darauf und gab dem Drucker des Theaterzettels den Auftrag, über die Ankündigung des Titels zu setzen: «Unter persönlicher Anwesenheit d«s Verfassers." Auch der Charakterdarsteller Josef Schimmlich war bei dem Ereignitz aktiv beiheiligt. Hatte er doch die Hauptrolle, «inm jener bekannten On kel, darzustellen, die eigens aus Ame rika herübereilen, um dem in Verle genheit befindlichen dichterischen Fa denspinner ein beschäbiger deus ex machina zu sein. Schimmlich war in recht übler Lau ne. Sein glattschimmerndes Antlitz, das den Gesichtsausdruck eines ver schlagenen herrschaftlichen Dieners hatte, war sinsterer denn je. Der Di rector hatte ihm den Vorschuß verwei gert. Allerdings nicht ganz mitUnrecht; denn der stets geldbedüistige Mime stand sich eigentlich besser als der am nämlich die ihm unausgeseht zuflie ßenden Vorschüsse in Betracht zog, be zog er mehr als die doppelte Summe nicht missen, da er ein begabter und ge wissenhafter Darsteller war. Daß ihn heute der Mangel an jeglicher Münze <m der Bethätigung feines Opserdur stes hinderte, erbittert« ihn am meisten. Am Morgen des Premieretages watete er in der geschilderten Stimmung durch fußhohen Schnee, als er plötzlich den Stephansboten erblickte.Derfelbe mach te eine Bewegung nach der Tasche. „Etwas für mich?" ben." Mit dankbaren Schmunzeln reichte der Beamte dem Schauspieler eine Schimmlich fühlte sich verpflichtet, die Karte zu lesen. Der Dichter Daniel Schulz« theilte der Direktion mit, daß Eben versenkte er die Karte in die Brusttafch« seines Rockes, als ihm ein erneutes „Guten Morgen" «ntgegen tönte. Ein hochelegant, fast gigerlhaft ge kleideter Herr hatte mit höflicher Ele ganz den blinkenden Cylinder gelüf tet.^ Ihnen dann selbst den Weg nach dem Theater zeigen." Schimmlich war von seiner Höflich keit selber überrascht, aber ein eigenar tig«s Etwas machte ihm den Fremden besser« Quellt wenden können? Die durstige Künstlerseele hatte sich nicht getäuscht; sie erhielt eine respect den Hallen des Gambrinus zu beglei ten. Jeder war mit der Gesellschaft des Anderen zufrieden. Schimgilich kam Trunk, und der Fremde hoffte, sich durch den Schauspieler über die Thea terverhältnisse der Stadt, besonders über den Director zu unterrichten. Beim dritten Glase war die Stimmung unseres Künstlers schon eine ganz ge hobene. Es war ihm schon anfänglich das eigenthümlich gedrückte Wesen des Elegants ausgefallen; jetzt, da der h rr liche Gerstensaft ihm wohlig wärmend durch die Adern strömte, fragte et den Fremden ohne Umstände nach dem Grunde seiner Niedergeschlagenheit. Dieser seufzte. „Ich heiße Schulze", sagte er tra gisch. i »Das ist doch lein so.namenloses ' Unglück", bemerkte der Mime mit dem Ernst eines guten Komikers. „Ich bin Reisender für Massig, Schall und Co., Eisenwerk und Fa brik für Wellbleche. Da es jetzt Poli zeivorschrift ist, daß jede Bühne einen eisernen Vorhang besitzen muß, bereise ich sämmtliche Theaterstädte der Pro vinz, um ven Direktoren meine Offer ts zu machen." Der Schauspieler begann Mit ern ster Miene eine lustige Operettenmelo die zu pfeifen. Schulze sah ihn mit unsicherem Blick „Da werden Sie bei unserem Alten wenig Glück haben, lieber Herr Schul ze. Den Auftrag giebt er bestimmt sei nem Freund« Kurzhammer, der ihm schon seit Wochen die Bude deswegen einrennt, ist der Director «in ganz unzugänglicher Mensch. Na, Prost!" „Die Geschäfte gingen in der letzten Zeit nicht besonders; meine Chefs sind unzeduldig.Jch muß ihnen endlich wie der einen Auftrag schicken, sonst wird «eine Stellung wacklig. Ich möchte >a Hern Provision zahlen, wenn mir Je inand zu dem Auftrag verHülse." Peinliche Stille. Der Reisende begann zu grübeln. Es war das Beste, schleunigst abzurei sen und in der nächsten Stadt sein Glück zu versuchen. Ein fürchterlicher Schlag auf den Tisch ließ ihn «mporfahr«n. Der Mime rieb seine von dem allzu kräftigen Schlage schKerzende Hand, legte sie dann burschikos auf den Arm Schutzes und sah ihm psissig lachend in das nicht sonderlich intelligente Ant- werden den Auftrag erhalten, lieber Schulze. Vor allem aber eine Frage: Können Si« zur Noth auch et was Comödie spielen?" „Ein Geschäftsreisender muß das alle Tage. Wenn «s sein mutz, spiele ich sogar die Jungfrau von Orleans." .So hohe Ansprüche stelle ich nicht; Wenn Sie das aber sonst wollen, kön nen Sie's mal hinter dem Vorhang thun, aber hinterm eisernen. Kellner!" Und Schimmlich balancirte dem Ganymed im Bewußtsein seiner wich tigen Offenbarung das leere Glas zum vierten Male in die Hand. „Als Reifender werden Sie wissen, daß jeder Mensch bei seiner Schwäche zu fassen ist. Auch unser Director hat «ine. Dos sind die Berühmtheiten, be sonders ober die Theaterdichter. Die können von ihm verlangen, was sie wollen, sie setzen alles durch. Nun er wartet er heute den Versasser des Stückes, das wir am Abend spielen werden. Der führt nun denselben auf regenden Namen wie Sie, lieber Herr Schulze. Nun gab mir eben der Post mensch eine Karte, welch« di« Mitthei lung an die Direktion enthält, daß Ihr Namensvetter verhindert sei, zur heutigen Aufführung seines Stückes zu kommen. Jetzt aufgepaßt: Sie stellen sich unserem Alten nachher als Dichter des Stückes vor." Der Mann des Eisenbleches fuhr empor. „Ich als Dichter?!" „Ruhig! Sie sind der Dichter Schul ze. Die Postkarte gebe ich dem Direc tor erst morgen früh, da ich es bei der Aufregung am Premierabend ganz und gar vergesse. Der Director weiß, daß der Verfasser noch ein ganz junge> Mensch ist, und daß er bis jetzt nur dies eine Stück geschrieben hat. Nun haben junge Dramatiker fast ohneAus nahme einen Neben- oder Hauptberuf. Ihr Beruf ist eben Ihr Beruf. Sie ma chen dann ruhig Ihre Offerte und ver sprechen dem Alten, daß das nächste Stück, daß Sie schreiben, an seiner Bühne zuerst aufgeführt werden soll." „Aber ich kann doch gar nicht dich ten!" „Brauchen Sie ja auch gar nicht. Die Thätigkeit eines Dichters bei der Aufführung besteht nur im Zusehen." Die Aussicht, an der Table d'hote bei seinen Kollegen im Reiche des Mer kur mit dem Streiche renommiren zu können, kitzelte unseren Schulze nicht wenig. Dennoch schlug ihm heftig das Herz, als er in das Bureau des Direc tors eintrat. Er machte eine Vernei gung und sagte: „Schulze." Director Schleußer. ein behäbiger Vierziger, sprang so eifrig auf, datz der Stuhl scharrend zur Seite flog. Er fatzte mit Wärme den Reisenden bei beiden Händen und drängte ihn mit freundschaftlicher Energit in einen weich gepolsterten Lehnsessel. „Aber das freut mich ja ganz au- Der Director betitelt« jeden Schrift steller mit „Doctor." Unserem „Doctor" war doch «in we nig flau geworden. Aber bald erwachte in ihm wieder feine alte Unverfroren heit, die Herzlichkeit des Bühnenleiters ermuth'lgie ihn immer mehr. „Na, Reife gut bekommen? Ja? Ich hätte Sie erst mit dem Nachmit- Schranke. Er meinte es mit seinem Gaste so gut, datz er ihm nicht die Ge schäftscigarre, sondern seine theuren „Apropos, Doctorchen (man war beim zweiten Glase des leuchtenden Südweines), was sagen Sie zu Lin dau. was?" dumm an. Er hatte eine Gemeinde schule nur bis zur drittvorletzten Klasse besucht. Theater ii«d Literatur wußte Zu jener Zeit, da dies Geschlichen spielt, hatte Lindau just Bühnenerfolg errungen, de.r Aller Munde war. Der Director wiederholte feine Frage. Schutze fühlte, «r müsse et was sagen. „Linda», lieber Director? Ganz nett. Mutz im,mn den Bodense« denken." Es entstand eine Pause. Dann lachte der Director aus voller Kehle. „S»hr geistreich, lieber Doctor, sehr geistreich! Sie meinen, er könne mit seinen Stücken auch mal in's Wasser fallen! "Famos!" Und er trank das dritte Glas leer. Die Stimmung wurde immer gemüth licher. die Nase des Direktors schim merte roth, die Luft des Zimmers Beim vierten Glase, als Beide sich schon durch einen scharf duftenden Havannaschleier betrachteten, rückte Schulze mit seiner Osserte heraus. Der Director war davon doch etwas unangenehm überrascht. Er hatte den Auftrag mit allen sachlichen Details für Herrn Kurzhammer bereits fertig in seinem Schreibtisch. Aber Schulze ist bereit! in seinem Fahrwasser. Jetzt wird er zungenge wandt. In welchem Lichte weiß er nicht das Wellblech zu schildern, wie streicht er die Billigkeit, die solide Ar beit von Massig, Schall und Co. her vor. Alle eisernen Vorhänge der ge sammten Theater Europas bestehen aus nachlässig verarbeitetem Kuchen blech, sofern sie nicht von Schutzes Firma geliefert sind. Selbst ein ge wiegterer Mann als Director Schleu ßet hätte nach den Ausführungen des mercantilifchen Demosthenes überzeugt sein müssen, datz die Offerte Kurzham mers eine grotze Uebervortheilung be deute. Als Schulze nun gar, den Rath Schimmlichs befolgend, das Verspre chen seiner nächsten Erstaufführung in's Feld führte, war auch der letzte Widerstand des etwas benebelten Büh nenleiters gebrochen. Schulze hatte die Bestellung mit An gabe aller Maße und sonstigen Details in der Brusttasche seines Rockes. Aber der Musenmann ließ ihn nicht los. „Nun, lieber Doctor, vorwärts in die Generalprobe!" Schulze sah sich hilflos um. Aber es half nichts. Kam er nicht eigens hierher, um der Ausführung des Stückes beizuwohnen? Also mußte er schon seine Rolle weiter spielen. Einen Augenblick dachte Schulze an Flucht. Aber dieser Theatermensch mit seiner Glühnase ließ ihn ja nicht los. Es gingen heute Abend zwei Züge nach F., der nächsten Stadt, die Schulze zu beglücken hatte. Ein Cou rierzug um halb neun, ein Bummelzug um elf. Er beschloß, den letzten zu benutzen, da er keine Aussicht hatte, den Director um acht Uhr schon los zu Als der Wellblechreisende und Dich ter Schulze in den Tempel der Musen eintrat, wurde er von allen Mitglie dern ehrfurchtsvoll begrüßt. Einen be feine Bescheidenheit und Zufriedenheit mit den Leistungen der Darsteller. Das Entzücken erreichte den Höhepunkt, als der Herr Verfasser das gefammte Personal zu einem gemüthlichenSchop pen einlud. Beim Hinausgehen gezogen. „Na, erledigt?" Dankbar drückte Schulze seinem in telligenten Helfer die Hand. Der Druck hatte trotz seiner Wärme etwas Hartes, Kaltes. Später er kannte es Schimmlich als ein Zwan zigmarkstück. Die Provision! War es ein Wunder, daß Schimm lich bei der Tafel den „Doctor" als ei nen der geistreichsten, witzigsten und phantasievollsten Dichter der Gegen wart feierte? Es wurde eine schwere Sitzung, die sich bis zum Abend hin zog. Bald war es Zeit sllr's Theater. Director Schleuß«! führte feinen Gast in die Fremdenloge neben der Bühne und nahm an seiner Seite Platz. Schulze gefiel das Stück ganz außer ordentlich, er weinte vor Lachen. Der erste Act war zu Ende. Der Director stürzte auf die Bühne. Stürmischer Applaus. „Autor! Autor!" Das Publicum raste. „Autor! Autor!" Man wurde dringender. Das Ru fen ging in Toben über. Plötzlich fühlt« sich Schulze von hin ten gepackt. Es war der Director, dunkelroth im Gesicht. „Aber Doctor, wo stecken Sie denn? Raus, raus, aber schnell!" Schon war «r von dem recht kräfti gen Dir«ctor auf die Bühne geschleift. Er wußte nicht mehr genau, was mit ihm vorging. Es schien ihm, a?s ziele all das grelle Licht der Lampen in seine Auaen. Alles jauchzte ihm zu. „Aber Doctor, die Verbeugung!" Auch das tkat Schulz«. Er hatte ja den Auftrag in der Tasche. Der Director. die Mimen drückten ihm beglückwünschend die Hand, End lich gewahrte er, daß er seinen Logen platz wieder inne hatte. Am Ende des zweiten Aktes neue Rufe nach dem Autor. Aber was ist das? Und der re.ne.g. sich cbe„ „Vorhang runter!" Der Director brüllt es mit seiner heisernen Stimme und stürzte nach dem Fallen der Gardine auf den Bril lenmenschen wie ein Tobender zu. „Herr, wer sind Sie, was wollen Sie, was soll das heißen?" „Aber Herr Director, ich bin ja Ver fasser des Stückes! Ich heiße Schulze." „Was sind Sie, wer sind Sie? Em Verrückter sind Sie!" „Herr Director!" Der Director war sinnlos vor Wuth. Er winkte einem Theaterar beiter. „Halten Sie mal den Kerl hier fest. „Sie, August, holen den Poli zisten aus dem Vorslur an der Kasse." Der Herr mit der Brille gerieth jetzt aber auch aus dem Häuschen. „Sie werden es bereuen, mein Herr! Ich mutz doch schließlich am wissen, daß dies mein Stück ist!" Der Director lachte ingrimmig. „Na, nun lassen Sie nur die faulen Witze. Sie sind natürlich ein Student, der mit seinen Commilitonen um den albernen Ulk gewettet hat. Aber Bürschchen. Du sollst mich kennen ler nen. Ich werde Dir zeigen, daß sich Director Schleußer nicht anulken läßt. Der Verfasser wird Ihnen sofort ge genübergestellt werden. Herr Doctor! bitte!" Aber der. „Doctor" kam nicht. Sobald Schimmlich die Verbeugung des bebrillten Schwarztopfes gesehen, wußte er sofort, was die Glocke ge schlagen hatte. Er packte den ver blüfften Handlungsdiener und drängle ihn unbemerkt nach einer kleinen, un scheinbaren Thür im Hintergrunde der Bühne. „Retten Sie sich. Schulze, der wirk liche Dichter ist da!" Dabei riß er das Thürchen auf. Die Treppe führte nach hinten in's Freie. Es ist die sogenannte Nothtreppe." „Aber mein neuer Cylinder in der Sie nicht, ich schicke das nach." „Nach F. postlagernd, bitte. Nun aber raus!" Unbedeckten Hauptes stürzte der Vertreter von Massig, Schall und Co. davon. Das alles trug sich schneller zu, als ich es hier niederschreibe. Er erreichte glücklich eine Droschke, die mit ihm nach dem Bahnhof jagte, wo fein Gepäck schon lagerte. Er konnte also noch den Schnellzug nehmen. Noch einige bange Minuten ein klagender Ps-sf, und mit Eil zugskraft wurde der verwegene Hand lungsdiener dem unsicheren Bereiche der Musen entrückt. Während der Director noch nach dem „Doctor" rief, nahte sich der Jn spicient. „Herr Director, wir müssen anfan gen. Das Publikum wird schon unge duldig." In der That ließ sich schon vereinzeltes Scharren vernehmen. Jetzt wollte sich Director Schleuß» auf nichts mehr einlassen. Alle Gegenre den des vermeintlichen Studenten gin gen an seinem Ohr vorüber. Der Gefangene wurde der Polizei übergeben, die ihn sofort nach de« Wache beförderte. Das Klingelzeichen ertönte, der letzte Akt beginnt. Schleuß» bemerkt mit Befremden, daß der Verfasser nicht mehr in der Loge ist. Ihm wird dabei nicht wohl. Doch bald beruhigt er sich: der Docto» wird noch kommen? es ist ihm vielleicht infolge der heftigen Scene schlecht ge worden. So dachte er, und dennoch kann er einen gewissen Argwohn nicht mehr unterdrücken. Doch der letzte Akt der Premiere nimmt seine ganze Auf merksamkeit wieder gefangen. Mit dem tröstlichen Gefühl, daß die Ruhe nun wieder ganz hergestellt sei, überläßt er sich seinen kritischen Beob achtungen. Doch das Maß der schrecklichen Ueberraschungen war noch nicht voll. Es saßen zehn Studenten in den Vorderreihen des Parkets, lau ter fröhliche, zu einem Ulk aufgelegte junge Herren. Die Duplicität des Verfassers hatte in der Pause nach dem zweiten Alt schon zu mehr oder minder guten Wi tzen herhalten müssen. Nun waren ihnen auf irgend eine Weise die Worte urtheilten. Es wurde sofort ein geflüsterter Krieqsrath abgehalten, wie man sich faßt worden. Nach dem letzten Akt wurde der Ver, sasser Wiedtrum lärmend gerufen. sich. Ein gewaltiger Sturm bricht im Publicum los. „Autor, Autor!" Kein Rufen Jetzt dünkt den Musensöhnen der und sagt laut: „Eins, zwei, drei!" Im Nu stürmen alle zehn Studenten durch die Verbin dungsthür auf die Bühne. Erneutes Toben im Publikum. Dichter entschuldigen. Der Vorhang hebt sich. Zehn junge Leute stürzen hervor, reichen sich die Hände und verneigen sich sämmtlich als Verfasser der „Mitgiftgeheim nisse." Ein Stück von zwölf Autoren! Das Publikum stutzte, es entstand ein« au genblickliche Stille. Daß sich nach dem ersten Akt ein Autor, nach dem zweiten zwei n.d »cm dritten Alt ga< zehn Herren sämmtlich als Verfasser des Stückes vorstellten, das war selbst dem sonst ziemlich gutmüthigen Pro vinzpublikum zu viel. Es fühlt« sich verhöhnt. Ein Tohuwabohu von Pfeifen, Trampeln, Zischen, Heulen und son derbar unarticulirien Lauten. Zum Schluß entstand eine allge meine Schlägerei zwischen den Stu denten, ihrer Partei und den übrigen Inzwischen hatte sich Schimmlich in die Garderobe geschlichen, wo der Ueberrock des Direktors hing, und prakticirte in dessen Brusttasche eine Postkarte. Dann eilte er zurück auf die Bühne. Der Director war vorSchreck, Wuth und Aufregung der Verrücktheit nahe. terthür aus dem Theater zu flüchten, und er folgte diesem Rath, indem er denselben Weg nahm, den kurze Zeit vorher der Commis voyageur gegan gen war. Jetzt hielt es Schimmlich schon um des unglücklichen Verfassers willen doch für gerathen, der Sache ein Ende zur Polizeiwache. Hier gab es noch viele erbitterten Scenen und Mißverständnisse. Erst als sich der wüthende Verfasser auf seine Postkarte bezog, kam das rettend- Licht der Aufklärung. Schimmlich Postkarte bei Anfang der Probe ge geben zu haben. Den Inhalt hätte e« als discretes Mitglied natürlich nicht gelesen. Als Schleußer die Karte schließlich in seiner Tasche fand, blieb ihm wei ter nichts übrig, als geknickt wegen sei ner Zerstreutheit um Verzeihung zu bitten und sich als Opfer eines teuf lisch raffinirten Reiseonkels hinzustel len. Der Verfasser Schulze, der sich die Doctor-Titulation feitens des Direk tors energisch verbat, klärte dem Poli zeibeamten den Grund seines Kom mens auf. Es war ihm gelungen, die hatte. Erst während des zweiten Aktes war er in's Theater gekommen. Schließlich endigte die Affäre in ei» eine herzliche Versöhnung zwischen Dichter und Director zu Stande brachte. Schimmlich, der geriebene Fuchs, lachte sich in's Fäustchen. Für ihn war dieser Tage ein Festtag gewesen. Die Versagung des Vorschusses hatte er bitter gerächt, ihm war eine gute Provision und eine Kette von Labe trunken zu Theil geworden, wie sie seine Kehle schon lange nicht mehr ge kannt hatte. Der Redacteur des Localblattes nutzte den Vorgang natürlich weidlich für sein Blättchen aus. Sein aus hämischen Ausfällen zusammengesetz ter Bericht trug die fettgedruckte Spitz marke: „Wer ist der Verfasser?" Ein Zufriedener. Ich lebe zufrieden, Genügsam und still Wofern ich nur habe, Was täglich ich will. Ich brauche kein Gastmahl Im vornehmen Sinn; Ein Schinken mit Knödeln DaL reicht mir schon hin. Die kostbaren Weine Sind Fürsten-Gebrauch; Sechs Liter vom „Hofbräu" Genügen mir auch. So Manchem macht Sorgen Das Geld in der Truh'; Vor Dieben und Räubern Hab' ich meine Ruh'. D'rum leb' ich zufrieden, Genügsam und still So lang ich Credit hab' Und Niemand was will! > Triftige Entschuldigung. Ein polnischer Gutsbesitzer hatte von einem Juden Geld geliehen und nicht zurückgezahlt. Der Jude mahnte sei nen Schuldner mehrere Male und als derselbe immer dringender wurde, warf ihn der Gutsbesitzer di« Treppe hinunter, wobei der Jude sich arg ver letzte. Als dieser nun den Schuldner darüber verklagt«, vertheidigte derselbe sich damit, daß er sagte: Ich habe nur den Pelz des Juden, weil er so stank, hinausgeworfen, wenn d«r Jud« darin gesteckt hat, ist das sein Pech, ich kann dafür nicht." Gegenseitig. Student: „Können Sie mir einen Anzug machen, mein lieber Meister Zwirn?" Schnei der: „Ich heiße ja aber nicht Zwirn." Student: „Ach was, so nenne ich alle Schneider." Schneider: „Das macht denn auch nichts, Herr Pump." Stu dent: „Pump? So heiße ich ja gar nicht." Schneider: „Ja.sehen Sie, lie ber Herr, so nenne ich eben alle Stu denten." Ein modernes Familienle ben. Fremder: „Ist Jemand bei Euch zu Hause?" Die kleine Emma: „Ach nein, Mama hat Vorlesung auf der Universität, Anna ist im Gymnasium, Bertha hat Dienst auf der Post und ich muß gleich in die Fechtstunde gehen. Wollen Sie vielleicht mit Papa spre chen?" Fremder: „Wenn ich nicht ZweifelhaftesCompli ment. Fräulein Aeltlich: Ich bin weit älter, al? Sie denken, Herr Baron! Herr: Oh, das glaube ich nichlj Der arme Anton. Es sind ungefähr vier Decennieq her, datz die unterirdischen Gefängnisse des Spielbergs, dieser berüchtigten statt, dem Publicum zur Besichtigung freigegeben worden sind. Der alte ehe malige Gefangenenaufseher machte den Führer und er wußte viel Interessan tes über die einstigen Häftlinge zu er zählen, die in den Höhlen ein marter volles Dasein gefristet, bis in den mei sten Fällen ihnen der Tod die ersehnte Erlösung gebracht hat. Der Alte geleitete uns, eine kleine Gesellschaft von Herren und Damen, durch den von hohen Mauern um» fchlossenen Hos zu einem großen eiser nen Thore, das der Wärter mit dem öffnete: „Die Gefangenen, Wir gingen eine breite Holztreppe hinab, der Führer leuchtete mit der Fackel voran und nach einigen Minu gegrabenen Höhlen, den fogenannteit Zellen. Dort hingen noch, an eiser nen Ringen befestigt, die schweren Ketten, an welchen die Sträflinge an geschmiedet gewesen. Für die „Ein» gemauerten" wurde das Essen un!» Wasser durch eine Oeffnung von oben herabgelassen. „Hier befinden wir uns in de» Josephinischen Gefängnissen," sagt« der Führer, „die der große Volkskaiser aufgelassen hat. Und jetzt will ich Ihnen die Leidensgeschichte des „ar men Anton" erzählen. Aus einer gräflichen Herrschaft bei Blasko war ein junger Förster, An» ton Smutny hietz er, angestellt. Der schmucke, stattliche Bursche vergaffte sich in eine schöne Bauerndirne, die Tochter eines reichen Steinhofbesitzers. Die Annerl war ebenso in den Toni bespaar schwelgte so lange im Glücke, bis der Vater des Mädchens von dem Verhältnisse hörte und mit einem Donnerwetter dazwischenfuhr. Der Alte hatte mit seiner Anna ganz andere Absichten. Das Mädcheir war für den Sohn des Mühlenbesi tzers, für den Müller-Hans bestimmt» und diese Heirath galt beim Stein so lammfromm sie sonst war, in dem Punkte verstand sie keinen Spaß, sie erklärte dem Vater, daß sie von ihrem Toni nie lassen wolle und daß sie lie ber in den Teich gehe, als den aufge zwungenen Bräutigam zum Manne nehme. Der erzürnte Steinhofbauer schwor, den Jäger niederzuschlagen, wenn er mit ihm im Walde zusom- Leiche auf. Vor dem Todten kniet« der Anton und zwei Männer sahen es genau, wie er das Messer aus der steckte. Der Förster wurde von den Hä schern gefesselt und in's Gefängniß geschleppt. Beim Verhör leugnete de» Anton die That auf das Entschie denste und gab an, daß er einige Tage zuvor sein Jagdmesser verloren habe. durchstreifte er den Wald und zu fei nem Entsetzen sah er d«n Steinhof bauern als Leiche vor einem Gebüsche liegen. In der Brust des Todten steckte die Klinge des Försters. Nichts. Anton galt für den Ver den! alle Folterqualen kein Geständ niß abpressen tonnten, zu lebenslange« Kerkerstrafe. Anton wurde in die Katakomben Wasser herabsickert, war er neunzehn Jahre lang mit schweren Eisenketten an den Ring geschmiedet. Nach dieser qualvoll überstanden«» Auge traf, gebrochen an Leib und Seele sank er in der Stube des Ge richtshern zusammen. Sein« Frei lassung war angeordnet, denn der Müller-Hans hatte auf dem Todten bette bekannt, daß «r den Steinhofer «rmordet und dann die Anna geheira thet habe, die keine Ahnung davon ge habt habe, daß nicht der Anton, son dern ihr Gatte der Verbrecher sei. Der freigekass«n« Först«r zog in sein der langen Trennung wieder zu sehen. Die alte Frau pflegte ihren Toni, der nicht mehr gesunden wollte und einige Wochen später verschied." Damit schloß der Wärter seine Er zählung und wir verließen die Kala- „Aber Lcni, Sie haben ja einen Gendarmen in der Küche!" —„Aber gnä' Frau, man hört jetzt immer so viel von Einbrüchen!" Ein Kenner. Herr (in der Leihbibliothek): „Ich bitte um einen neuen Band." Bibliothekar: „Was beliebt?"— Herr: «Das abgegriffenste «»cht' . ,
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