2 Zriihlingsmorgen. Küßt das Licht den jungen Morgen, Fällt der Thau auf Blüth' und Blatt, Hei, wie wandert fich's da lustig Durch die grüne Waldesstatt! Tönt so hell der Quelle Rauschen, Lacht das Grün so zauberisch, Pocht das Herz in truntner Wonne, Klingt das Liedel jung und frisch! Küßt das Licht den jungen Morgen, Fällt der Thau auf Blüth' und Blatt, Traun, da mag ich's nimmer glauben, Daß das L-ben Schmerzen hat. Lacht mir so die weite Erde In des Lenzes Blumenflor, Kommt mir Herzeleid und Trübsinn Wie ein böses Märchen vor. Tausend Blüthen seh ich sprossen, Und da denk' ich so dabei, iOb die Blume meines Glückes Denn nicht auch zu finden sei. Die auch muß so frei erblühen Unter Sturm und Sonnenschein, Darf kein Mattes Topfgewächse, Keine Treibhauspflanze sein. Was doch so die Menschenseele Wunderliche Träume hat, Küßt das Licht den jungen Morgen, Fällt der Thau auf Blüth' und Blatt! Beim Stierkampf. Eine amerilanisch-mexicanilche Version einer Sch'llerschcn Ballade von W. v. Schier- Jedesmal wenn ich die bekannteßal lade „Der Handschuh" von Schiller ge hört habe, behagte mir der Schluß nicht. Daß der Ritter, nachdem er sei ner Dame den höchsten Liebesbeweis durch das Heraufholen ihres Hand schuhs aus dem drohenden Bannkreis der wilden Bestien gegeben, sich dann Pill seitwärts in die Büsche schlagt anstatt den ihm winkenden Lohn nun ebenso kühn und srischgemuth zu pflücken, das wollte mir gar nicht in den Sinn. Ich muß gestehen, dieser entsagen? de Ritter erschien mir immer etwas im Lichte eines „Chump". d. h. eines dummen Kerls. Wenn ich mich dabei erinnere an ein Erlebniß, dessen Au genzeuge ich einst war, so scheint mir dies in erhöhtem Maße zuzutreffen. Da wo der Rio Grande die Grenz scheide bildet zwischen dem altenMexi co und dem im fernen Südwesten ge legenen Theil der Vereinigten Staa ten. der einst den Männern spanischer Zunge entrissen und dem großenlan keereiche angegliedert ward, herrschen noch heute eigenthümliche Zustände. Noch heute haßt der Ureinwohner den „Gringo" (Amerikaner) mit einem glü henden, unversöhnlichen Hasse. Noch heute zahlt der Gringo dies Gefühl zurück mit Zinsen, und der Spottna me. „Greaser", den er dem Mexikaner beilegt, gilt als tödtliche Beleidigung. Auch sind die Unterschiede zwischen den beiden Rassen noch so greis- und fühl bar wie je, und im Aussehen, in Le bens- und Denkweise kann man sich kaum größere Gegensätze denken als die zwischen der herrschenden und der , pnterworsenen Bevölkerung. Der .Gringo" der kühne, rücksichtslose Vor kämpfer der Zukunft, der „Greaser" treuer Anhänger der Vergangenheit, so stellt sich überall die Sache dar in jenen weiten Gebieten. Trotzdem jedoch kann es an Annä herung und Vermischung der beiden Rassen nicht fehlen, denn die Macht der Gewohnheit, die Berührungspunk te sind eben zu vielfältig und zu stark. Und eine solche Episode bildet den Stoff der nachfolgenden Erzählung. Brownsville auf der einen Seite, Matamoras auf der anderen, so schei det der Rio Grande del Norte die bei den Länder. Unweit Matamoras aber, auf einer Hacienda von ziemlicherAus behnung, weilte eine Schönheit, die schon viele amerikanische Caballeros zum Ueberschreiten des Flusses veran laßt. Dnez Pacheco hieß sie und war «ine vollendete Blüthe der spanisch inexicanischer Damenwelt schlank, zierlich, cokett, mit dunkeln strahlenden Augen, seidenen Wimpern und locki gem Haar. Die ganze Umgegend träumte von ihr, und der alte Oberst Pacheco, der einst Gouverneur der Grenzprovinz gewesen und für einen sehr ahnenstolzen Mann galt, hatte al le Mühe, um die Courmacher von fei gem Gehöjt zu halten. Der unermüdlichste aber unter ih nen war ein Amerikaner, einer der gehaßten Rasse, die der alte Pacheco einst unter General Santa Anna bei Eiudad Real mit hatte bekämpfen helfen. Und noch wunderbarer Weife schien die reizende Dnez gerade diesem Fremdling noch den größten Theil ih res jungen Herzchens geschenkt zuha ben. Und doch eigentlich war das ganz natürlich. Denn Frank Richardson war ein stattlicher, feuriger, reicher Freier, der in jeder Beziehung die übrigen Söhne der benachbarten Hacienderos oder reichen Kaufleute aus Matamo ras ausstach. Außerdem war er eigentlich selbst ein halber Mexicaner, denn seine Mutter kam aus dem Lande der Azteken und hatte ihm ihre bräun liche Schönheit hinterlassen. Aber seit ihrem Tode war Frank viel im weiten Lande „de los Uankees" herumgereist, war in Philadelphia und New Uork auf höheren Schulen gewesen und hat te sich eine zeitlang als Superinten dent einer Minengesellschaft in Colo keit lahren in Brownsville, wo er ein blühendes Grenzgeschäft betrieb und täalich reicher ward. Die Mexikaner erzählten sich viel von seinen fabel haften Reichthümern, die ihrer Mei nung nach genügen sollten, um mit Onkel Sam selbst zu rivalisiren. Dabei war Frank aber beliebt, sehr beliebt, bei Mexikanern wie bei seinen eigenen Landsleuten, denn er war li beral, sreigiebig, und sehr gutherzig, auch fröhlich und voll Humor. Bei al ledem aber sah der alte Oberst Pacheco diesen Fremdling keineswegs mit gün stigen Augen an, und mehrmals schon hatte er Drohungen gegen das Leben des unternehmungslustigen Freiers ausgestoßen, obgleich Schön - Dnez ihn stets wieder schnell besänftigt hatte mit ihren ihren fammetweichenPatfch händchen. Frank kannte den alten Kriegshelden, und er wußte, daß er in ihm das einzige ernste Hinderniß für seine Liebe zu erblicken hatte. Aber al les das hielt ihn nicht ab, bei mond heller Nacht über den Fluß zu setzen und den Weg nach der nur eine halbe Stunde entfernten Hacienda zu neh men, so oft die Gewalt der Leiden schaft ihn trieb. » » « Eine solche Nacht war's wieder. Die Sterne funkelten in südlichemGlanze, der weiche Friihlingswind flüsterte in den Büschen, und die mexicanische Spottdrossel flötete zärtlich in dem Boskett hinter der Veranda. Unter dem Fenster, das nur ganz matt er leuchtet, stand der brave Liebhaber mit seiner Mandoline im Arm und sang, mit gedämpfter, ausdrucksvoller Bari tonstMme: „Ja, ohne Dich ist wirklich kein Le ben", murmelte auch sie, die da oben hinter den Jaloussieen den geliebten Sänger beobachtete. Aber nun ein Schrei einScharren auf dem sandi gen Boden, und das Geräusch mehre rer heftiger Stimmen. Windlichter flackern, und die entsetzte Schöne sieht ihren Vater, zornbebend vor dem Fremdling stehen. Frank ist indeß nicht leicht aus der Fassung zu bringen. Die zertrümmerte Mandoline mit dem Fuße wegstoßend, blinkt in seiner Faust der zit-- verlässige Colt'sche Navyrevolver, mit dem er sich freie Bahn verschafft und sich gegen die ihn umschwärmenden zer lumpten „Peones" (Knechte) des alten Mexikaners den Rücken deckt, indem er sich dicht an die Hauswand lehnt. „(juieu es, sennores?" sagt er ruhig. Der alte Oberst nähert sich. „Sen nor, Sie stören den Frieden meines Hauses. Was wollen Sie hier? Meine Tochter? Die erhält kein Amerikaner, mag er auch sonst noch so ehrenwerth sein. Wozu also die Mühe?" „Sennor Don Pacheco, haben Sie die Güte, mich anzuhören", sagt Frank ganz ruhig. „Sie wissen, daß ich Ihre Tochter. Donna Unez, liebe, ehrlich und aufrichtig liebe, und sie zu meinem Weibe machen möchte. Sie liebt auch mich, wenn mich nicht Alles täuscht." „Oho, Sennor, das wage ich zu be zweifeln." „Dann überlassen Sie esJhrerToch ter selbst, Sennor, zu entscheiden", wendet Frank unerschrocken ein. „So sei es man rufe meine Toch ter, Donna Dnez, herunter in den Pa tion," befiehlt der alte Oberst. Und sie kommt, und mit tiefem Er röthen giebt sie zu, auch ihrerseits dem jungen Amerikaner zugethan zu sein. „Aber meine Tochter soll keinen hassenswerthen Uanlee ehelichen", ruft der alte Oberst nochmals. „Ich bin eigentlich gar kein Uankee", spricht Frank, „denn meine Mutter war selbst eine Mexikanerin." „So habtJhr, Sennor, Eurer Mu ttersprache entsagt. Oder weichen Be weis wollt Jljt erbringen, daß Ihr Mexikaner seid? Halt das eorrec» clel toro das Stiergefecht. Habt Ihr je eines mitgemacht nicht als Zuschauer, als Kämpfer? Doch nein— wie sollte ein Amerikaner des Nordens dazu kommen. Nun wohl, Sennor, wenn Ihr Euch getraut, beim Stier kampfe nächstenSonntag Ihr wißt, auf der Plaza del Gobierno den Beweis zu liefern, daß Ihr ein Mexi kaner sind, daß Ihr den glänzenden Stahl von Toledo dem Thier in'sHerz stoßen könnt, daß Ihr mit einem Worte ein Mann seid und keine Memme, so ich sag's vor Zeugen und die Hei lige Jungfrau von Guadaloupe hörts auch sollt Ihr die Hand meiner Tochter haben. Anders nicht." Es war eine Verrücktheit, ein Be weis jener nichtsachtenden Tollkühn heit, wie sie eben nur in der goldenen, der dummen Jugend, bei einem rasend Verliebten möglich ist. Aber Frank Ri chardson that's. Das Gerücht, daß der junge Ameri kaner aus Brownsville als Matador auftreten wolle, hatte sich in der Um gegend verbreitet. Von jenseits des Flusses aus waren die Schaulustigen herbeigeströmt, viele von ihnen Freunde des reichen Kaufmanns aus Browns ville, „to sev kuir pla.v", wie sie sich ausdrückten. Ehrenplatze, in der mit einer weiten, roth-weiß-grünen Baldachin versehe nen wo sich auch die übrigen Spitzen der Gesellschaft befanden, saß der alte Oberst Pacheco mit seiner lieb nickit im Stande, den Stolz auf seinen außerordentlichen Muth zu dämpfen. vie Spitzenmantille über die weißen Schulter und den Fächer schwingend gegen die Hitze, sah das schöne Mädchen mit brennenden Augen in die Arena Jetzt, als der Stier halbblind vor Wuth und die blutüberströmten Flan ken mit dem Schweif peitschend in ei ner Ecke raste, erschien Frank Richard son. Sein Erscheinen war das Signal für einen Beifallssturm wie ihn selbst die Arena von Matamoras noch nicht erlebt. Eine blutrothe Rose fiel zu sei nen Füßen nieder. Er hob sie mitGra zie auf und verbeugte sich,mit dem gan zen Anstand eines Altcastiliers gegen die Dame, Dnez, die ihm dies Symbol der Liebe geworsen. Und dann ging's so schnell, daß man mit seinen Augen kaum folgen konnte. Der Stier kam angerannt mit gesenktem Haupt Frank sprang im richtigen Moment behend zur Seite. Wieder folgte eine Attacke, und da wäre der junge Amerikaner beinahe auf der Spitze seiner Hörner stecken geblieben. Aber das Glück, das dem Muthigen stets wohl will, war ihm auch diesmal hold, und im Aufstehen, noch halb knieend empfing er seinen wüthenden Gegner auf der Spitze seines Schwer tes. Es war natürlich Zufall, was sonst, aber der Degen bohrte sich bis an's Heft dem schäumenden Thier zwischen Schulter und Hals ein, und mit einem dumpfen Röcheln sank das Ungeheuer in die Kniee. EinigeZuckun gen, und es war verendet.. Ein Tosen, ein Heulen,' ein Klat schen, als ob der ganze leichte Bau ein fallen sollte, begrüßte die tapfereThat des Fremdlings. Er war Sieger ge blieben in einem Stiergefecht, er, der Neuling, der Amerikaner, und sein Ruhm war nun felsenfest und für alle Zeit begründet in Mexico. Frank Richardson ist jetzt nicht mehr so jung wie damals, und Donna Anez ist nicht mehr ganz so schlank. Aber ihre Kinder sind beredte Zeugen dafür, daß eine mexikanisch - amerikanische Verbindung nicht unter allen Um ständen schlecht ausfällt. Epidemie in Dodenberg. Selbst Rodenberg's älteste Leute wußten nichts von epidemischen Kran kheiten. Und nun plötzlich behauptete das schwache und schöne Geschlecht, es grassire eine rapid steigende Epidemie, der Radsport! Schon vor Jahren traten vereinzelte Symptome, bei halbwüchsigen Buben, in die Erscheinung. Da prangte unter der Weihnachtstanne das von wohl wollenden Großeltern,Pathen oder den verblendeten Eltern selbst gestiftete Dreirad. Zum Entsetzen der Mütter unternahmen die hoffnungsvollen Sportsmen kühneProbefahrten in dem ohnehin überfüllten Bescheerzimmer. Daß die werthvollsten Dinge dabei zu Falle kamen, mußte geduldet werden, so lange der liebenswürdige Stifter zugegen war. Später verwies man dem Fahrkünstler solch verwerfliches Thun. Das Rad wanderte in den Flur, allwo es arglose Passanten ge fährdete. Zum Glück hielt der Mecha nismus den Kraftproben selten lange Stand. Das stark malträtirte Rad spazierte, unter thränenreichem Geleit seines Besitzers, auf den Speicher, wo es über die Launenhaftigkeit der Men schen Philosophiren konnte. Die Mütter athmeten auf. Sie hat ten genug an schweren Visionen gelit ten, wenn der Sohn tollkühn über Ro denbergs vorsintsluthliches Pflaster holperte. Ein Beinbruch zählte zu den gelinderen Wahnvorstellungen. Da, als die Stadt in ihrer weltbe rühmten Baumblüthe prangte, flog eines Tages eine elegante Gestalt auf hohem Zweirad durch die Gassen. Dieser lange Mensch, von Beruf Re ferendar beim Amtsgericht, übertrug den Ansteckungsstoff aus der Großstadt in diesen gesegneten Erdenwinkel. In schneidigstem RadlertiHcot machte er Dagegen waren etliche Handlungsbe flissene, sogar der „Apothekergeselle" wie die Rodenberger den Lehrling nigstens die, wie ein Phantom um die Ecke huschende Rückansicht zu bewun dern. Das lehrreiche Sprichwort von cyclc bedeutete ein häusliches Schar mützel. Kampf um des Streitobjects „Sein" oder „Nichtsein". kreuzten sich, vermeinend, die ganze Holle sei auf der Spazierreise. Sonst war jegliche Modethorheit in kodenberg verpönt. Ein rother Schlips, den der Gerichtsschreiber am Sonntag spazieren führte,erregte schon peinliches Aussehen. Und nun sah man solide Männer wie Jahrmarkts hanswürste auf dem Rad hocken. Selbst der Steuereinnehmer, der sich in Anbetracht fünffacher Vaterwiirde jeglicher Narrethei begeben sollte, überraschte seine Mitmenschen mit einem braungestreiften Sportanzug. Vorlaute Backfische waren der Ansicht, er sähe aus wie ein in die Länge gezo gener Maikäfer. Sogar der durch mancherlei Vorkommnisse abgehärtete Stadtdiener vermeinte in dem Herrn Einnehmer den Vorläufer einer Gauk lerbande zu erblicken. Erst der kar diale Gruß des Einnehmers klärte den Verblüfften über den dienstwidrigen Irrthum auf und glättete seine stramme Polizeimiene. Sonst pilgerte man zu den nahen Waldbergen. Die treue Gattin wußte des Hauses Schirm und Hort unter ihrer bewährten Leitung bei gleichge sinnten Freunden. Man feierte Pic nics im duftenden Haid»kraut, be rauschte sich an Natur und Freund schaft und sang Lieder von Lenz und Liebe, Freiheit, Männerwürde und Treu und Einigkeit. Jetzt saß die grollende Gattin mit den Kindern da heim, wehmüthiger Erinnerung an jene billigen Freuden hingegeben. Der Referenbar, der all dies Herze leid heraufbeschworen, war sich seiner Nichtswürdigkeit durchaus nicht be wußt. Ja, er brachte in doppeltem Sinne Zwietracht in ein bislang fried sames Haus. Mit guten Empfehlun gen betrat er als Gast Doctor Unruhs Haus. Der Doctor nahm ihn freund lich auf, die behäbige Doctorin desglei chen, und die achtzehnjährige Lena machte es sich zur Pflicht, umgehend für den gewandten Großstädter zu schwärmen. Die phlegmatische Doctorin amü sirte sich harmlos über die steigende Aufregung der Damen, deren Männer der Fahrmanie zum Opfer «fielen. Ih rem Frieden drohte keine Gefahr, denn der Doctor hatte sein Halbverdeck, die guteingesahrenen Braunen und seinen in Treue bewährten Christian. Diese blinde Vertrauensseligkeit erlitt nun um die Sonnenwendzeit jählings einn Riß. Der Doctor rückte mit derThat sache heraus, daß er die Equipage ver kauft und die Praxis per Rad abfah ren werde. Das schlug wie eine Bombe ein! Die Doctorin weinte und schmollte ob solcher empörenden Hinterlist. Sie schwur, den Referendar in Acht und Bann zu thun, bis der Doctor diesen tollen Plan aufgebe. Der Doctor bewies mit rhetorischer Gewandtheit, daß er als Radler ein Vermögen erspare. „So'n Gaul will alle Augenblick fressen, und Christian desgleichen!" „Du übertreibst wieder. Das Bis chen für Christian hat man über. Christian macht sich auch im Garten nützlich." „Einerlei! Ich Hab's einmal satt, unthätig hinterm Spritzleder zu hocken, in der Erwartung, nächstens mal von Christian in den' Chausseegraben ge schmettert zu werden!" „Es ist zu abscheulich, daß Du mit dem Referendar so heimlich bei Kauf mann Saft das Complott ausgeheckt hast! Nicht ein Loth lasse ich mehr bei Safts holen! Und der Referendar hat den letzten Thee bei mir getrunken, Daß Lena nach diesem Trumpf mit verweinten Augen umherging, erboste die gereizte Mutter noch mehr. Sie richtsrath ausrücken. Die ohnehin schüchterne Frau des Kaufmanns Saft duldete inzwischen, kampsesmüde, daß ihr speculirender Eheherr ein ganzes Dutzend Räder in seinem Laden aufpflanzte. Jede Woche polirte man die jecte mit Schmirgelpapier und geöltem Leder, und klemmte eins ums andere in das ohnehin enge Schaufenster, zum Staunen der Nachbarn. Herr Saft vergnügte sich täglich, seiner Frau von dem „immensen Profit" vorzudeklami ren. So kamen die Herbststürme. Bei Safts verschwammen die brillanten Aussichten in den sich fort und fort auf dem Lande wälzenden Nebelmas sen. Er selbst quälte sich täglich durch den klebrigen Brei der Landstraße, um ein gutes Beispiel zu geben, und er fand auch noch Sportgenossen, die ihm folgten. Den Doctor überkamen Heimweh stimmungen nach dem geschmähten,un thätigen Hocken hinter dem Spritzleder des leichtsinnig verkauften Wagens. Der Referendar hatte, seit man bei tors getrunken. Eines Tages kehrte Lena von einem Ausgang in befremdlich gehobener Stimmung heim. Schon am folgen den Abend entwickelte der Referendar im Club die Ansicht, daß Rodenbergs Wartegeld gesetzt! Hierauf grenzenlose Bestürzung der Sportgenossen. Der Doctor verläßt in grimmiger Laune, nach einem Dis „Wissen Sie's schon? Der Refe erst. Aber die Wuth der Männer! Und mit dem Herrn Doctor hat er sich so halbwegs überworsen. Er hat ihn aber auch gleich gewarnt, die Equipage nicht abzuschaffen. Also Sie wissen noch gar nichts? Ich bin heilfroh. Mein Mann ist bei bindsadendickem Regen auf die Erhebungen gefahren, nur weil er mir beweisen wollte, daß er den Wagen sparen könnte. Nun hat er sich einen handfesten Katarrh zugezogen, Fliederthee hab' ich gekocht, und nun liegt er im Schwitzkasten." Während sich die Einnehmerin in ihrer derben Manier den aufgespeicher ten Groll von der Seele schwatzte, pflog Lena eine nicht minder interessante Zwiesprache über die Hintere Garten mauer hinab, als sei dies Heuer der lieblichste Aufenthalt. Der Doctor aber gestand eines Tages polternd und unwirsch, er habe seine Braunen zu rückgekauft. Von den SOO Mari Reu geld verrieth er nichts. Christian, der sich bislang privati sirend im heimischen Dorfe aufhielt, zog triumphirend wieder in Doctors Kutscherstube ein. Seine Ahnung, daß Doctors ohne ihn nicht „assistiren könnten", war keine trügerische. Das rundliche Antlitz der Doctorin legte sich wieder in die altgewohnten Behagenssalten. Ihr weiches Herz ward versöhnlich gegen die Mitwelt ge stimmt. Und in dieser menschen freundlichen Anwandlung lief ihr im allerengsten Gäßchen der Referendar in den Weg. Sie brachte es nicht übers Herz, seinen respectvollen Gruß unerwidert zu lassen. So wagte er nächsten Tages einen letzten Versuch, und siehe da, Mama litt offenbar an Gedächtnißfchwäche, sie ließ ihn gnä digst vor. Als der Doctor gegen acht Uhr aus dem Club kam, traute er seinen gesun den Augen nicht. Da saß ja der „Rechtsverdreher", wie er den Referen dar grollend titulirie, und schlürfte sei nen Thee, als hätte er hier das größte Recht dazu. „Ha, diese Weiber! Wenn sie nur ihren Willen durchsetzen," knurrte er ingrimmig. Brummend gab er nach Wochen auch seinen väterlichen Segen, um den Lena und bHigter Rechtsverdreher befchei dentlich baten. Bei Kaufmann Saft lag das Stim mungsbarometer sehr tief. „Die vie len, schönen Hundertmarkscheine!" stöhnte dann Frau Saft vorwurfsvoll. „Und wenn die verflixten Dinger nur nicht so leicht rosten wollten." Dann schlug ihr Eheherr zornmü thig auf den Tisch, daß die kleine Frau ängstlich zusammenklappte. heulst und lamentirst Du da? Laß die Sonne wieder hoch kommen, dann erlebst Du, daß ich in vier Wo chen ausverkaufe! Wir haben eine große Zukunft. In der Armee haben sie das Fahrrad auch schon und wenn nochmal zehn Jahre um sind, hat jeder anständige Mensch, der auf Bildung Anspruch macht, sein Rad! Damit basta!" Und richtig, mit der Lenzsonne stie gen Herrn Safts Aktien. Und die Doctorin mußte noch den schrecklichsten der Schrecken erleben eines Tages kam auch ihre Lena in Pumphosen hoch zu Rad. Aber dagegen war nichts mehr zu machen, denn Lena war ja bereits Frau Referendar. Sin« Vorahnung. Im Jahre 1788, als Kaiser Joseph 11. sich auf Besuch in Paris befand, ging er eines Abends mit seiner Schwe ster, der Königin Marie Antoinette, aus dem königlichen Theater, als der selben auf der Treppe de» Fächer ent fiel, welchen sogleich ein Herr in zier licher Kleidung aufhob und der Köni gin überreichte. „Bei wem habe ich mich zu bedan ken?' fragte die Königin. „Ich bin Advokat in der getreuen Stadt Paris," lautete die Antwort. „Und wie ist Ihr Name?" „Maximilian Robespierre!" „Ich danke Ihnen, mein Herr!" spivch die Königin, und im Weiterge hen zu ihrem Bruder: „Dieser Mann flößt mir Furcht ein!" Joseph lachte und erwiderte: „Seit wann fürchten sich Weiber vor Klei dern (liodes) und edlen Steinen (I>j«rrt>«) ?" Die „Kleider und Steine' aber brachten die Königin auf das Schaf fst. . . Glückliche Leut'. Wia draußen das Wetta, Was kümmert uns dees? Vagnüagt wia die Zeiferln San i und mei' Res! Und stürmts aa und reg'nts Und dunnters selm d'rei' Herinnet im Stüaberl Das garstige Fieber. Mei, sage Semer doch, liebe Petzbube rin, an was ist denn eigentlich Ihr Natzi gestorben? An dem malefiz garstigen Fieber ist er gestorben. Aber was ist denn das für ein Fieber, das garstige Fieber? Der Doctor sagt, das sei das Fieber, wenn man es im Unterleibe habe! Und Sie? „Ei! Ei! Herr Ma jor!" sagt der lange hagere Secretär Schmidt zum dicken Majorle, der ihm etwas abgetrunken begegnet. „Sie haben scheints zu viel getrunken!" „Und Sie", entgegnete der Major kurz, „und Sie haben scheints zu wenig ge — Widerlegt. Professor: Kei ne Regel ohne Ausnahme. Student: Ich weiß eine ohne Ausnahme, Herr Professor. Professor: Und die wäre? Student: Die alte Deutschen tranken noch eins, bevor sie gingen. Alexandre und Julia. Im Jahre 1846 kam Alexandre Dumas kils in Gesellschaft seines Ba ters und anderer bedeutendes Männer wie des Dichters Theophile Gautier, des Malers Giraud u. a. nach Ma drid, wo aus Anlaß der Vermählung der Königin Jsabella und der Jnsan tin Luise Fernando mit dem Infanten Franz von Assisi und dem Herzog von Montpensier glanzvolle Feierlichkeiten wohnt, beschlossen sie, über Andalu sien nach Algerien zu reisen. Ihnen schlössen sich vier fröhliche Gesellen an: die Maler Boulanger und Giraud und die Schriftsteller Desbarolles und geistreicher Weife geschildert worden Maquet. Die ganzeNeise ist in äußerst von Dumas in dem Buche „Von Menge von zwar witzigen, aber grundfalschen Angaben über Spanien und spanische Zustände enthält. Der „kleine" Dumas, wie er gemeiniglich hieß, war damals 22 Jahre alt; lein Wunder also, daß er mehr Sinn hatte für die schwarzen Augen der üppigen Andalusierinnen, als etwa für monu mentale oder landschaftliche Schön heiten. In Cordova, der Vaterstadt des Philosophen Seneca, entbrannte sein junges Herz in Liebe. Das kam nämlich so: Am Abend ihrer Ankunft in der Kalifenstadt, als die Reisege sellschaft nach dem Abendessen auf dem Balkon des Gasthofs, in dem sie ab stiegen, Kühlung athmete, gewahrte sie, daß in einem gegenüberliegenden vornehmen Hause ein außerordent liches Leben herrschte. Alle Fenster des Hauses waren hell erleuchtet, Wa gen mit schöngeputzten Damen und Herren kamen alle Augenblicke vorge fahren; aus einem der Säle erscholl fröhliche Tanzmusik. Der Gasthofbe sitzer theilte mit, daß der Herr des ge nannten Hauses, eine Militärperson hoher Stellung, ein Fest veranstalte, wobei seine einzige Tochter tzum ersten Male in Gesellschaft erscheine. Die kecken Franzosen, die sich das Fest an sehen wollten, ließen dem erwähnten Herrn einen Brief überreichen, indem sie ihre Namen nannten und zugleich das Gesuch stellten, in seinem Hause erscheinen zu dürfen. Sie erhielten, wie dies bei der spanischen Liebens würdigkeit zu erwarten war, sofort eine freundliche Einladung. Nun warfen sich Dumas und seine Beglei ter in ihren besten Staat und betraten den Festsaal, wo sie äußerst zuvor kommend empfangen wurden. Die Franzosen verbrachten einen köstlichen Abend. Sie konnten sich nicht satt sehen an den herrlichen Frauen-Er scheinungen, die hier versammelt wa ren. Ihre Aufmerksamkeit wurde aber in ganz besonderem Maße durch die Tochter des Hauses in Anspruch genommen, ein Mädchen von geradezu blendender Schönheit, ein Ausbund all der Grazie und des Liebreizes, die den Andalusierinnen eigen sind. Du mas kils vernarrte sich förmlich in das Mädchen, und zwar derart, daß er sei nen Vater und die Reisegenossen aus Cordova fortziehen ließ und dort zu rückblieb, um zu den Füßen der Schö nen Liebesseufzer auszustoßen. Die Andalusien» erwiderte die Liebe des jungen Mannes, dessen Vater durch seine Romane schon damals in Spa nien allgemein bekannt war. Die Verliebten wollten Heirathen, stießen jedoch auf unüberwindliche äußere Schwierigkeiten. Der junge Dumas war nicht getauft, was für den streng religiösen spanischen Kriegsmann ge nügte, um ihn als Schwiegersohn zu rückzuweisen. Alles Flehen seiner Tochter vermochte nichts gegen die sel fenharte Strenge des Spaniers. Ju lia. so hieß das Mädchen, war aber nicht umsonst Andalusierin; sie ver schwand aus Cordova und begab sich nach Paris, wo sie mehrere Jahr« mit dem jungen Dumas zusammenlebte. Hierauf kehrte sie nach Spanien zu rück und installirte sich in Madrid in einem luxusvollen und im Mittel punkte der Stadt gelegenen Hause, wo sie ein etwas zweideutiges Leben führte. Bei ihr verkehrten Träger hochadeliger Namen und Besitzer gro ßer Vermögen. Lang, lang ist's her! Julia brach nie ganz mit Dumas; sie unterhielt mit ihm regen Briefwechsel. Der Botschafter Frankreichs in Ma drid, der mit Dumas kils verkehrt hat, erzählt, daß er während einer Saison die er in Gesellschaft des Verfassers der „Cameliendame" in einem Bade orte verbrachte, vielfach zu beobachten Gelegenheit hatte, wie der berühmte Schriftsteller mit Rührung die ihm aus Madrid zugegangenen Briefe las und öfters eingestand, er könne das Abenteuer in Cordova sein Leben lang nicht vergessen. Die Andalusierin starb zu Ansang der 70er Jahre, und in den von ihr hinterlassenen Papie r-n befinden sich zahlreiche köstlich« Briefe von Alexandre Dumas kils. Unter den Kunstgegenständen, die dem kürzlich verstorbenen Dichter gehört hatten und in Paris zur Versteige rung gelangten, befand sich auch ein schönes, junges Weib spanischen Ty pus in weißem Gesellschaftskleid dar stellte. Es war das Porträt Julia's, im Jahre 1846 gemalt. Gut genug. Donnerwet ter, Johann, was bringst Du mir denn gerade heute meine durchlöcherten Stie sel? Drum, weil ich geglaubt habe, dieselben seien für dieses miserable Re genwetter gut genug! Beleidigende Frage. Dame: „...Werden Sie mich auch ewig lieben, Herr Lieutenant?" Lieute nant: „Gnädigste, wie können Sie'sra gen? Ich liebe immer ewig!" sady Messtnglon. Unter den Frauen, welche im Laufe unseres Jahrhunderts durch ihre Schönheit, den Glanz ihres Auftre tens, ihren Geist, ihre Bekanntschaf ten. vor Allem durch ihre romantischen Abenteuer und ihre tollenAusschreiiun gen der tausendziingigen Fama endlo len Stoff zu Nachreden geliefert ha ben, so daß »och jetzt ihre Biographien sich lesen wie ein Roman, und zwar ein pikanter, gebührt der Lady Bles sington die Palme. xoi'M>c»rs I.ittlv nennt sie ihr neuester Biograph, Fitzgerald Mol loy und auf Pomp und Pracht und Prunk machte die Gräfin allerdings Anspruch, sie, die Tochter eines armen irischen Landbesitzers, die im 16. Jah re auf Befehl ihres Vaters den Capi tän Farmer ehelichte, nach nur drei monatlichem Eheleben mit einem Ca pital, Jenkins durchbrannte, unter dessen Schutz sie sechs Jahre lang leb te, bis der Earl os Blessington sie ken nen lernte und sich so sterblich in die junge Schönheit verliebte, daß er dem Capitän, angeblich als Ersatz für die der Dame geschenkten Juwelen einen Cheque für 10,000 Pfd. Stlg. (PSO,- 000) schickte und sie heirathete. Ein so schwelgnisches Leben führten der Graf und seine Frau in London und auf Reisen, daß selbst das Jahreseinkom men von 5150.000. das der Graf aus feinen irischen Landgütern zog, den Bedürfnissen und Anforderungen deK Ehepaars nicht genügte. Die Glanzperiode der Gräfin hebt aber eigentlich erst nach dem Ende Earl an, der in Paris einem Schlag anfall erlag. Auf ihren Wittwengehalt, armselige 2000 Pfd. §lO.OOO angewie sen, öffnete sie erst in Seamore Place ihren Salon, in dem sich Minister, wie Lord Palmerston, Politiker vom Schlag des Benjamin Disraeli, Lite raten wie Dickens, Landor, Lzrd Lyt ton, Schauspieler wie Macready, Künstler wie Landseer, Schee, Archer, Wilkie. Dichter wie Rogers. Campbell und Moore zusammenfanden. Disrae li, Englands nachmaliger Premier- Minister, stand hoch in Lady Blessing ton's Gunst und in einem aus dem Jahre 1834 datirten Briefe fragt er sie um Rath über die französische Litera tur, ob er Sand lesen solle, ob Balzac, und als er sich um den Eintritt in den hochconservativen Carlton - Club be warb, bat er seine Gönnerin, für ihn Stimmen zu werben und er wurde aufgenommen, allerdings nicht ohne heftige Opposition. Daß der König der Dandies, der Graf d'Orfay, im Salon dieser berühmten Dame ver kehrte, die ihr mageres Einkommen dur» Abfassung von Büchern über Schönheit und heute gänzlich vergesse nen Romanen zu vermehren suchte, ist nur natürlich: weniger natürlich war seine unglückliche Ehe mit der Stief tochter der Gräfin. Der Skandal beschäftigte sich mit dem Haus in Seamore Place in aus giebiger Weise, und nicht ohne Grund. Dann zog Lady Blessington aussLand, wie sie ihrem Freund Landor schrieb, nach Gore House, in Kensington, wo sie zu ihren intimen Freunden auch den Prinzen Louis Napoleon zählte, der ihr einige Jahre später vom Schlosse Ham aus, wo er als Gefangener saß, einen Brief schrieb, in dem er sagte, daß er keinen Wunsch habe, zu verlassen, „denn ich bin hier an mei nem Platz." Aber dv Freundin Lord Byron's— denn auch dieser Dichter hatte sie ge kannt konnte den Prunk in Gore House nicht mehr lange fortsetzen, ob schon ihr Charles Dickens, der ersteße dacteur der vor gerade 80 Jahren ge gründeten „Daily News", für die sei ner Zeitung gelieferten ausschließlichen Mittheilungen einen Jahresgehalt von 800 Pfd. (P 4000) zahlte, der unter Forster auf 600 Pfd. reducirt wurde. Gore House mußte gegen Gerichtsvoll strecker und Gläubiger wie eine bela gerte Festung verbarricadirt werden, und der Concierge gab nur solchenPer sonen Zutritt, die ihm als Freunde der Gräfin persönlich bekannt waren. Und in einer dunklen Nacht entfloh Lady Blessington in Gesellschaft ""des Comte d'Orfay nach Paris. Ueber 20,000 Personen besuchten die Prunkgemächer des herrlichen Palais an den drei der Versteigerung des Mobiliars voraus- Jn fremder Erde ruht sie, deren Le bensabend Manches mit. dem Ende der berühmten Lady Hamilton, der Ge liebten des Lord Nelson gemein hat; ihre Ueberreste auf dem Kirchhof in St. Germain - en - Lain deckt ein Mo nument, auf welchem ihr Freund, der Dichter Börry Cornwall, in schwül stigen Versen ihre Tugenden lobt. Freundlicher Stern. Bon Julius Slurm. Freundlicher Stern, Ewig mir sern Wandelst du hoch am Himmel die Bahn, Nur mein Blick kann grüßend dir nahn. In mein stilles, nächtliches Thal Strahl. Scheiden können die beiden uns nicht, Spiegelt sich doch mir im Auge dein Licht. -Zweideutig. Meyer: Sie, Herr Hirsch, der Lieutenant da drüben si'ht Ihnen wirklich etwas ähnlich. Geldjude Hirsch: Ja, ja, er hat auch 'was van mir!
Significant historical Pennsylvania newspapers