Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 24, 1896, Page 2, Image 2

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    2 Zriihlingsmorgen.
Küßt das Licht den jungen Morgen,
Fällt der Thau auf Blüth' und Blatt,
Hei, wie wandert fich's da lustig
Durch die grüne Waldesstatt!
Tönt so hell der Quelle Rauschen,
Lacht das Grün so zauberisch,
Pocht das Herz in truntner Wonne,
Klingt das Liedel jung und frisch!
Küßt das Licht den jungen Morgen,
Fällt der Thau auf Blüth' und Blatt,
Traun, da mag ich's nimmer glauben,
Daß das L-ben Schmerzen hat.
Lacht mir so die weite Erde
In des Lenzes Blumenflor,
Kommt mir Herzeleid und Trübsinn
Wie ein böses Märchen vor.
Tausend Blüthen seh ich sprossen,
Und da denk' ich so dabei,
iOb die Blume meines Glückes
Denn nicht auch zu finden sei.
Die auch muß so frei erblühen
Unter Sturm und Sonnenschein,
Darf kein Mattes Topfgewächse,
Keine Treibhauspflanze sein.
Was doch so die Menschenseele
Wunderliche Träume hat,
Küßt das Licht den jungen Morgen,
Fällt der Thau auf Blüth' und Blatt!
Beim Stierkampf.
Eine amerilanisch-mexicanilche Version einer
Sch'llerschcn Ballade von W. v. Schier-
Jedesmal wenn ich die bekannteßal
lade „Der Handschuh" von Schiller ge
hört habe, behagte mir der Schluß
nicht. Daß der Ritter, nachdem er sei
ner Dame den höchsten Liebesbeweis
durch das Heraufholen ihres Hand
schuhs aus dem drohenden Bannkreis
der wilden Bestien gegeben, sich dann
Pill seitwärts in die Büsche schlagt
anstatt den ihm winkenden Lohn nun
ebenso kühn und srischgemuth zu
pflücken, das wollte mir gar nicht in
den Sinn.
Ich muß gestehen, dieser entsagen?
de Ritter erschien mir immer etwas
im Lichte eines „Chump". d. h. eines
dummen Kerls. Wenn ich mich dabei
erinnere an ein Erlebniß, dessen Au
genzeuge ich einst war, so scheint mir
dies in erhöhtem Maße zuzutreffen.
Da wo der Rio Grande die Grenz
scheide bildet zwischen dem altenMexi
co und dem im fernen Südwesten ge
legenen Theil der Vereinigten Staa
ten. der einst den Männern spanischer
Zunge entrissen und dem großenlan
keereiche angegliedert ward, herrschen
noch heute eigenthümliche Zustände.
Noch heute haßt der Ureinwohner den
„Gringo" (Amerikaner) mit einem glü
henden, unversöhnlichen Hasse. Noch
heute zahlt der Gringo dies Gefühl
zurück mit Zinsen, und der Spottna
me. „Greaser", den er dem Mexikaner
beilegt, gilt als tödtliche Beleidigung.
Auch sind die Unterschiede zwischen den
beiden Rassen noch so greis- und fühl
bar wie je, und im Aussehen, in Le
bens- und Denkweise kann man sich
kaum größere Gegensätze denken als
die zwischen der herrschenden und der
, pnterworsenen Bevölkerung. Der
.Gringo" der kühne, rücksichtslose Vor
kämpfer der Zukunft, der „Greaser"
treuer Anhänger der Vergangenheit,
so stellt sich überall die Sache dar in
jenen weiten Gebieten.
Trotzdem jedoch kann es an Annä
herung und Vermischung der beiden
Rassen nicht fehlen, denn die Macht
der Gewohnheit, die Berührungspunk
te sind eben zu vielfältig und zu stark.
Und eine solche Episode bildet den
Stoff der nachfolgenden Erzählung.
Brownsville auf der einen Seite,
Matamoras auf der anderen, so schei
det der Rio Grande del Norte die bei
den Länder. Unweit Matamoras aber,
auf einer Hacienda von ziemlicherAus
behnung, weilte eine Schönheit, die
schon viele amerikanische Caballeros
zum Ueberschreiten des Flusses veran
laßt. Dnez Pacheco hieß sie und war
«ine vollendete Blüthe der spanisch
inexicanischer Damenwelt schlank,
zierlich, cokett, mit dunkeln strahlenden
Augen, seidenen Wimpern und locki
gem Haar. Die ganze Umgegend
träumte von ihr, und der alte Oberst
Pacheco, der einst Gouverneur der
Grenzprovinz gewesen und für einen
sehr ahnenstolzen Mann galt, hatte al
le Mühe, um die Courmacher von fei
gem Gehöjt zu halten.
Der unermüdlichste aber unter ih
nen war ein Amerikaner, einer der
gehaßten Rasse, die der alte Pacheco
einst unter General Santa Anna bei
Eiudad Real mit hatte bekämpfen
helfen. Und noch wunderbarer Weife
schien die reizende Dnez gerade diesem
Fremdling noch den größten Theil ih
res jungen Herzchens geschenkt zuha
ben. Und doch eigentlich war das ganz
natürlich. Denn Frank Richardson war
ein stattlicher, feuriger, reicher Freier,
der in jeder Beziehung die übrigen
Söhne der benachbarten Hacienderos
oder reichen Kaufleute aus Matamo
ras ausstach. Außerdem war er
eigentlich selbst ein halber Mexicaner,
denn seine Mutter kam aus dem Lande
der Azteken und hatte ihm ihre bräun
liche Schönheit hinterlassen. Aber seit
ihrem Tode war Frank viel im weiten
Lande „de los Uankees" herumgereist,
war in Philadelphia und New Uork
auf höheren Schulen gewesen und hat
te sich eine zeitlang als Superinten
dent einer Minengesellschaft in Colo
keit lahren in Brownsville, wo er ein
blühendes Grenzgeschäft betrieb und
täalich reicher ward. Die Mexikaner
erzählten sich viel von seinen fabel
haften Reichthümern, die ihrer Mei
nung nach genügen sollten, um mit
Onkel Sam selbst zu rivalisiren.
Dabei war Frank aber beliebt, sehr
beliebt, bei Mexikanern wie bei seinen
eigenen Landsleuten, denn er war li
beral, sreigiebig, und sehr gutherzig,
auch fröhlich und voll Humor. Bei al
ledem aber sah der alte Oberst Pacheco
diesen Fremdling keineswegs mit gün
stigen Augen an, und mehrmals schon
hatte er Drohungen gegen das Leben
des unternehmungslustigen Freiers
ausgestoßen, obgleich Schön - Dnez
ihn stets wieder schnell besänftigt hatte
mit ihren ihren fammetweichenPatfch
händchen. Frank kannte den alten
Kriegshelden, und er wußte, daß er in
ihm das einzige ernste Hinderniß für
seine Liebe zu erblicken hatte. Aber al
les das hielt ihn nicht ab, bei mond
heller Nacht über den Fluß zu setzen
und den Weg nach der nur eine halbe
Stunde entfernten Hacienda zu neh
men, so oft die Gewalt der Leiden
schaft ihn trieb.
» » «
Eine solche Nacht war's wieder. Die
Sterne funkelten in südlichemGlanze,
der weiche Friihlingswind flüsterte in
den Büschen, und die mexicanische
Spottdrossel flötete zärtlich in dem
Boskett hinter der Veranda. Unter
dem Fenster, das nur ganz matt er
leuchtet, stand der brave Liebhaber mit
seiner Mandoline im Arm und sang,
mit gedämpfter, ausdrucksvoller Bari
tonstMme:
„Ja, ohne Dich ist wirklich kein Le
ben", murmelte auch sie, die da oben
hinter den Jaloussieen den geliebten
Sänger beobachtete. Aber nun ein
Schrei einScharren auf dem sandi
gen Boden, und das Geräusch mehre
rer heftiger Stimmen. Windlichter
flackern, und die entsetzte Schöne sieht
ihren Vater, zornbebend vor dem
Fremdling stehen.
Frank ist indeß nicht leicht aus der
Fassung zu bringen. Die zertrümmerte
Mandoline mit dem Fuße wegstoßend,
blinkt in seiner Faust der zit--
verlässige Colt'sche Navyrevolver, mit
dem er sich freie Bahn verschafft und
sich gegen die ihn umschwärmenden zer
lumpten „Peones" (Knechte) des alten
Mexikaners den Rücken deckt, indem er
sich dicht an die Hauswand lehnt.
„(juieu es, sennores?" sagt er
ruhig.
Der alte Oberst nähert sich. „Sen
nor, Sie stören den Frieden meines
Hauses. Was wollen Sie hier? Meine
Tochter? Die erhält kein Amerikaner,
mag er auch sonst noch so ehrenwerth
sein. Wozu also die Mühe?"
„Sennor Don Pacheco, haben Sie
die Güte, mich anzuhören", sagt Frank
ganz ruhig. „Sie wissen, daß ich Ihre
Tochter. Donna Unez, liebe, ehrlich
und aufrichtig liebe, und sie zu meinem
Weibe machen möchte. Sie liebt auch
mich, wenn mich nicht Alles täuscht."
„Oho, Sennor, das wage ich zu be
zweifeln."
„Dann überlassen Sie esJhrerToch
ter selbst, Sennor, zu entscheiden",
wendet Frank unerschrocken ein.
„So sei es man rufe meine Toch
ter, Donna Dnez, herunter in den Pa
tion," befiehlt der alte Oberst.
Und sie kommt, und mit tiefem Er
röthen giebt sie zu, auch ihrerseits dem
jungen Amerikaner zugethan zu sein.
„Aber meine Tochter soll keinen
hassenswerthen Uanlee ehelichen", ruft
der alte Oberst nochmals.
„Ich bin eigentlich gar kein Uankee",
spricht Frank, „denn meine Mutter
war selbst eine Mexikanerin."
„So habtJhr, Sennor, Eurer Mu
ttersprache entsagt. Oder weichen Be
weis wollt Jljt erbringen, daß Ihr
Mexikaner seid? Halt das eorrec»
clel toro das Stiergefecht. Habt
Ihr je eines mitgemacht nicht als
Zuschauer, als Kämpfer? Doch nein—
wie sollte ein Amerikaner des Nordens
dazu kommen. Nun wohl, Sennor,
wenn Ihr Euch getraut, beim Stier
kampfe nächstenSonntag Ihr wißt,
auf der Plaza del Gobierno den
Beweis zu liefern, daß Ihr ein Mexi
kaner sind, daß Ihr den glänzenden
Stahl von Toledo dem Thier in'sHerz
stoßen könnt, daß Ihr mit einem Worte
ein Mann seid und keine Memme, so
ich sag's vor Zeugen und die Hei
lige Jungfrau von Guadaloupe hörts
auch sollt Ihr die Hand meiner
Tochter haben. Anders nicht."
Es war eine Verrücktheit, ein Be
weis jener nichtsachtenden Tollkühn
heit, wie sie eben nur in der goldenen,
der dummen Jugend, bei einem rasend
Verliebten möglich ist. Aber Frank Ri
chardson that's.
Das Gerücht, daß der junge Ameri
kaner aus Brownsville als Matador
auftreten wolle, hatte sich in der Um
gegend verbreitet. Von jenseits des
Flusses aus waren die Schaulustigen
herbeigeströmt, viele von ihnen Freunde
des reichen Kaufmanns aus Browns
ville, „to sev kuir pla.v", wie sie sich
ausdrückten.
Ehrenplatze, in der mit einer weiten,
roth-weiß-grünen Baldachin versehe
nen wo sich auch die übrigen
Spitzen der Gesellschaft befanden, saß
der alte Oberst Pacheco mit seiner lieb
nickit im Stande, den Stolz auf seinen
außerordentlichen Muth zu dämpfen.
vie Spitzenmantille über die weißen
Schulter und den Fächer schwingend
gegen die Hitze, sah das schöne Mädchen
mit brennenden Augen in die Arena
Jetzt, als der Stier halbblind vor
Wuth und die blutüberströmten Flan
ken mit dem Schweif peitschend in ei
ner Ecke raste, erschien Frank Richard
son. Sein Erscheinen war das Signal
für einen Beifallssturm wie ihn selbst
die Arena von Matamoras noch nicht
erlebt. Eine blutrothe Rose fiel zu sei
nen Füßen nieder. Er hob sie mitGra
zie auf und verbeugte sich,mit dem gan
zen Anstand eines Altcastiliers gegen
die Dame, Dnez, die ihm dies Symbol
der Liebe geworsen.
Und dann ging's so schnell, daß
man mit seinen Augen kaum folgen
konnte. Der Stier kam angerannt mit
gesenktem Haupt Frank sprang im
richtigen Moment behend zur Seite.
Wieder folgte eine Attacke, und da wäre
der junge Amerikaner beinahe auf der
Spitze seiner Hörner stecken geblieben.
Aber das Glück, das dem Muthigen
stets wohl will, war ihm auch diesmal
hold, und im Aufstehen, noch halb
knieend empfing er seinen wüthenden
Gegner auf der Spitze seines Schwer
tes. Es war natürlich Zufall, was
sonst, aber der Degen bohrte sich bis
an's Heft dem schäumenden Thier
zwischen Schulter und Hals ein, und
mit einem dumpfen Röcheln sank das
Ungeheuer in die Kniee. EinigeZuckun
gen, und es war verendet..
Ein Tosen, ein Heulen,' ein Klat
schen, als ob der ganze leichte Bau ein
fallen sollte, begrüßte die tapfereThat
des Fremdlings. Er war Sieger ge
blieben in einem Stiergefecht, er, der
Neuling, der Amerikaner, und sein
Ruhm war nun felsenfest und für alle
Zeit begründet in Mexico.
Frank Richardson ist jetzt nicht mehr
so jung wie damals, und Donna Anez
ist nicht mehr ganz so schlank. Aber
ihre Kinder sind beredte Zeugen dafür,
daß eine mexikanisch - amerikanische
Verbindung nicht unter allen Um
ständen schlecht ausfällt.
Epidemie in Dodenberg.
Selbst Rodenberg's älteste Leute
wußten nichts von epidemischen Kran
kheiten. Und nun plötzlich behauptete
das schwache und schöne Geschlecht, es
grassire eine rapid steigende Epidemie,
der Radsport!
Schon vor Jahren traten vereinzelte
Symptome, bei halbwüchsigen Buben,
in die Erscheinung. Da prangte unter
der Weihnachtstanne das von wohl
wollenden Großeltern,Pathen oder den
verblendeten Eltern selbst gestiftete
Dreirad. Zum Entsetzen der Mütter
unternahmen die hoffnungsvollen
Sportsmen kühneProbefahrten in dem
ohnehin überfüllten Bescheerzimmer.
Daß die werthvollsten Dinge dabei zu
Falle kamen, mußte geduldet werden,
so lange der liebenswürdige Stifter
zugegen war. Später verwies man
dem Fahrkünstler solch verwerfliches
Thun. Das Rad wanderte in den
Flur, allwo es arglose Passanten ge
fährdete. Zum Glück hielt der Mecha
nismus den Kraftproben selten lange
Stand. Das stark malträtirte Rad
spazierte, unter thränenreichem Geleit
seines Besitzers, auf den Speicher, wo
es über die Launenhaftigkeit der Men
schen Philosophiren konnte.
Die Mütter athmeten auf. Sie hat
ten genug an schweren Visionen gelit
ten, wenn der Sohn tollkühn über Ro
denbergs vorsintsluthliches Pflaster
holperte. Ein Beinbruch zählte zu den
gelinderen Wahnvorstellungen.
Da, als die Stadt in ihrer weltbe
rühmten Baumblüthe prangte, flog
eines Tages eine elegante Gestalt auf
hohem Zweirad durch die Gassen.
Dieser lange Mensch, von Beruf Re
ferendar beim Amtsgericht, übertrug
den Ansteckungsstoff aus der Großstadt
in diesen gesegneten Erdenwinkel. In
schneidigstem RadlertiHcot machte er
Dagegen waren etliche Handlungsbe
flissene, sogar der „Apothekergeselle"
wie die Rodenberger den Lehrling
nigstens die, wie ein Phantom um die
Ecke huschende Rückansicht zu bewun
dern. Das lehrreiche Sprichwort von
cyclc bedeutete ein häusliches Schar
mützel. Kampf um des Streitobjects
„Sein" oder „Nichtsein".
kreuzten sich, vermeinend, die ganze
Holle sei auf der Spazierreise.
Sonst war jegliche Modethorheit in
kodenberg verpönt. Ein rother
Schlips, den der Gerichtsschreiber am
Sonntag spazieren führte,erregte schon
peinliches Aussehen. Und nun sah
man solide Männer wie Jahrmarkts
hanswürste auf dem Rad hocken.
Selbst der Steuereinnehmer, der sich
in Anbetracht fünffacher Vaterwiirde
jeglicher Narrethei begeben sollte,
überraschte seine Mitmenschen mit
einem braungestreiften Sportanzug.
Vorlaute Backfische waren der Ansicht,
er sähe aus wie ein in die Länge gezo
gener Maikäfer. Sogar der durch
mancherlei Vorkommnisse abgehärtete
Stadtdiener vermeinte in dem Herrn
Einnehmer den Vorläufer einer Gauk
lerbande zu erblicken. Erst der kar
diale Gruß des Einnehmers klärte den
Verblüfften über den dienstwidrigen
Irrthum auf und glättete seine
stramme Polizeimiene.
Sonst pilgerte man zu den nahen
Waldbergen. Die treue Gattin wußte
des Hauses Schirm und Hort unter
ihrer bewährten Leitung bei gleichge
sinnten Freunden. Man feierte Pic
nics im duftenden Haid»kraut, be
rauschte sich an Natur und Freund
schaft und sang Lieder von Lenz und
Liebe, Freiheit, Männerwürde und
Treu und Einigkeit. Jetzt saß die
grollende Gattin mit den Kindern da
heim, wehmüthiger Erinnerung an
jene billigen Freuden hingegeben.
Der Referenbar, der all dies Herze
leid heraufbeschworen, war sich seiner
Nichtswürdigkeit durchaus nicht be
wußt. Ja, er brachte in doppeltem
Sinne Zwietracht in ein bislang fried
sames Haus. Mit guten Empfehlun
gen betrat er als Gast Doctor Unruhs
Haus. Der Doctor nahm ihn freund
lich auf, die behäbige Doctorin desglei
chen, und die achtzehnjährige Lena
machte es sich zur Pflicht, umgehend
für den gewandten Großstädter zu
schwärmen.
Die phlegmatische Doctorin amü
sirte sich harmlos über die steigende
Aufregung der Damen, deren Männer
der Fahrmanie zum Opfer «fielen. Ih
rem Frieden drohte keine Gefahr, denn
der Doctor hatte sein Halbverdeck, die
guteingesahrenen Braunen und seinen
in Treue bewährten Christian. Diese
blinde Vertrauensseligkeit erlitt nun
um die Sonnenwendzeit jählings einn
Riß. Der Doctor rückte mit derThat
sache heraus, daß er die Equipage ver
kauft und die Praxis per Rad abfah
ren werde. Das schlug wie eine
Bombe ein!
Die Doctorin weinte und schmollte
ob solcher empörenden Hinterlist. Sie
schwur, den Referendar in Acht und
Bann zu thun, bis der Doctor diesen
tollen Plan aufgebe.
Der Doctor bewies mit rhetorischer
Gewandtheit, daß er als Radler ein
Vermögen erspare. „So'n Gaul will
alle Augenblick fressen, und Christian
desgleichen!"
„Du übertreibst wieder. Das Bis
chen für Christian hat man über.
Christian macht sich auch im Garten
nützlich."
„Einerlei! Ich Hab's einmal satt,
unthätig hinterm Spritzleder zu hocken,
in der Erwartung, nächstens mal von
Christian in den' Chausseegraben ge
schmettert zu werden!"
„Es ist zu abscheulich, daß Du mit
dem Referendar so heimlich bei Kauf
mann Saft das Complott ausgeheckt
hast! Nicht ein Loth lasse ich mehr bei
Safts holen! Und der Referendar
hat den letzten Thee bei mir getrunken,
Daß Lena nach diesem Trumpf mit
verweinten Augen umherging, erboste
die gereizte Mutter noch mehr. Sie
richtsrath ausrücken.
Die ohnehin schüchterne Frau des
Kaufmanns Saft duldete inzwischen,
kampsesmüde, daß ihr speculirender
Eheherr ein ganzes Dutzend Räder in
seinem Laden aufpflanzte. Jede Woche
polirte man die
jecte mit Schmirgelpapier und geöltem
Leder, und klemmte eins ums andere
in das ohnehin enge Schaufenster, zum
Staunen der Nachbarn. Herr Saft
vergnügte sich täglich, seiner Frau von
dem „immensen Profit" vorzudeklami
ren.
So kamen die Herbststürme. Bei
Safts verschwammen die brillanten
Aussichten in den sich fort und fort
auf dem Lande wälzenden Nebelmas
sen. Er selbst quälte sich täglich durch
den klebrigen Brei der Landstraße, um
ein gutes Beispiel zu geben, und er
fand auch noch Sportgenossen, die ihm
folgten.
Den Doctor überkamen Heimweh
stimmungen nach dem geschmähten,un
thätigen Hocken hinter dem Spritzleder
des leichtsinnig verkauften Wagens.
Der Referendar hatte, seit man bei
tors getrunken.
Eines Tages kehrte Lena von einem
Ausgang in befremdlich gehobener
Stimmung heim. Schon am folgen
den Abend entwickelte der Referendar
im Club die Ansicht, daß Rodenbergs
Wartegeld gesetzt!
Hierauf grenzenlose Bestürzung der
Sportgenossen. Der Doctor verläßt
in grimmiger Laune, nach einem Dis
„Wissen Sie's schon? Der Refe
erst. Aber die Wuth der Männer!
Und mit dem Herrn Doctor hat er sich
so halbwegs überworsen. Er hat ihn
aber auch gleich gewarnt, die Equipage
nicht abzuschaffen. Also Sie wissen
noch gar nichts? Ich bin heilfroh.
Mein Mann ist bei bindsadendickem
Regen auf die Erhebungen gefahren,
nur weil er mir beweisen wollte, daß
er den Wagen sparen könnte. Nun
hat er sich einen handfesten Katarrh
zugezogen, Fliederthee hab' ich gekocht,
und nun liegt er im Schwitzkasten."
Während sich die Einnehmerin in
ihrer derben Manier den aufgespeicher
ten Groll von der Seele schwatzte, pflog
Lena eine nicht minder interessante
Zwiesprache über die Hintere Garten
mauer hinab, als sei dies Heuer der
lieblichste Aufenthalt. Der Doctor
aber gestand eines Tages polternd und
unwirsch, er habe seine Braunen zu
rückgekauft. Von den SOO Mari Reu
geld verrieth er nichts.
Christian, der sich bislang privati
sirend im heimischen Dorfe aufhielt,
zog triumphirend wieder in Doctors
Kutscherstube ein. Seine Ahnung, daß
Doctors ohne ihn nicht „assistiren
könnten", war keine trügerische.
Das rundliche Antlitz der Doctorin
legte sich wieder in die altgewohnten
Behagenssalten. Ihr weiches Herz
ward versöhnlich gegen die Mitwelt ge
stimmt. Und in dieser menschen
freundlichen Anwandlung lief ihr im
allerengsten Gäßchen der Referendar
in den Weg. Sie brachte es nicht
übers Herz, seinen respectvollen Gruß
unerwidert zu lassen. So wagte er
nächsten Tages einen letzten Versuch,
und siehe da, Mama litt offenbar an
Gedächtnißfchwäche, sie ließ ihn gnä
digst vor.
Als der Doctor gegen acht Uhr aus
dem Club kam, traute er seinen gesun
den Augen nicht. Da saß ja der
„Rechtsverdreher", wie er den Referen
dar grollend titulirie, und schlürfte sei
nen Thee, als hätte er hier das größte
Recht dazu.
„Ha, diese Weiber! Wenn sie nur
ihren Willen durchsetzen," knurrte er
ingrimmig.
Brummend gab er nach Wochen auch
seinen väterlichen Segen, um den Lena
und bHigter Rechtsverdreher befchei
dentlich baten.
Bei Kaufmann Saft lag das Stim
mungsbarometer sehr tief. „Die vie
len, schönen Hundertmarkscheine!"
stöhnte dann Frau Saft vorwurfsvoll.
„Und wenn die verflixten Dinger nur
nicht so leicht rosten wollten."
Dann schlug ihr Eheherr zornmü
thig auf den Tisch, daß die kleine Frau
ängstlich zusammenklappte.
heulst und lamentirst Du da?
Laß die Sonne wieder hoch kommen,
dann erlebst Du, daß ich in vier Wo
chen ausverkaufe! Wir haben eine
große Zukunft. In der Armee haben
sie das Fahrrad auch schon und wenn
nochmal zehn Jahre um sind, hat jeder
anständige Mensch, der auf Bildung
Anspruch macht, sein Rad! Damit
basta!"
Und richtig, mit der Lenzsonne stie
gen Herrn Safts Aktien. Und die
Doctorin mußte noch den schrecklichsten
der Schrecken erleben eines Tages
kam auch ihre Lena in Pumphosen
hoch zu Rad. Aber dagegen war
nichts mehr zu machen, denn Lena war
ja bereits Frau Referendar.
Sin« Vorahnung.
Im Jahre 1788, als Kaiser Joseph
11. sich auf Besuch in Paris befand,
ging er eines Abends mit seiner Schwe
ster, der Königin Marie Antoinette,
aus dem königlichen Theater, als der
selben auf der Treppe de» Fächer ent
fiel, welchen sogleich ein Herr in zier
licher Kleidung aufhob und der Köni
gin überreichte.
„Bei wem habe ich mich zu bedan
ken?' fragte die Königin.
„Ich bin Advokat in der getreuen
Stadt Paris," lautete die Antwort.
„Und wie ist Ihr Name?"
„Maximilian Robespierre!"
„Ich danke Ihnen, mein Herr!"
spivch die Königin, und im Weiterge
hen zu ihrem Bruder: „Dieser Mann
flößt mir Furcht ein!"
Joseph lachte und erwiderte: „Seit
wann fürchten sich Weiber vor Klei
dern (liodes) und edlen Steinen
(I>j«rrt>«) ?"
Die „Kleider und Steine' aber
brachten die Königin auf das Schaf
fst. . .
Glückliche Leut'.
Wia draußen das Wetta,
Was kümmert uns dees?
Vagnüagt wia die Zeiferln
San i und mei' Res!
Und stürmts aa und reg'nts
Und dunnters selm d'rei'
Herinnet im Stüaberl
Das garstige Fieber.
Mei, sage Semer doch, liebe Petzbube
rin, an was ist denn eigentlich Ihr
Natzi gestorben? An dem malefiz
garstigen Fieber ist er gestorben.
Aber was ist denn das für ein Fieber,
das garstige Fieber? Der Doctor
sagt, das sei das Fieber, wenn man es
im Unterleibe habe!
Und Sie? „Ei! Ei! Herr Ma
jor!" sagt der lange hagere Secretär
Schmidt zum dicken Majorle, der ihm
etwas abgetrunken begegnet. „Sie
haben scheints zu viel getrunken!"
„Und Sie", entgegnete der Major kurz,
„und Sie haben scheints zu wenig ge
— Widerlegt. Professor: Kei
ne Regel ohne Ausnahme. Student:
Ich weiß eine ohne Ausnahme, Herr
Professor. Professor: Und die wäre?
Student: Die alte Deutschen tranken
noch eins, bevor sie gingen.
Alexandre und Julia.
Im Jahre 1846 kam Alexandre
Dumas kils in Gesellschaft seines Ba
ters und anderer bedeutendes Männer
wie des Dichters Theophile Gautier,
des Malers Giraud u. a. nach Ma
drid, wo aus Anlaß der Vermählung
der Königin Jsabella und der Jnsan
tin Luise Fernando mit dem Infanten
Franz von Assisi und dem Herzog von
Montpensier glanzvolle Feierlichkeiten
wohnt, beschlossen sie, über Andalu
sien nach Algerien zu reisen. Ihnen
schlössen sich vier fröhliche Gesellen an:
die Maler Boulanger und Giraud und
die Schriftsteller Desbarolles und
geistreicher Weife geschildert worden
Maquet. Die ganzeNeise ist in äußerst
von Dumas in dem Buche „Von
Menge von zwar witzigen, aber
grundfalschen Angaben über Spanien
und spanische Zustände enthält. Der
„kleine" Dumas, wie er gemeiniglich
hieß, war damals 22 Jahre alt; lein
Wunder also, daß er mehr Sinn hatte
für die schwarzen Augen der üppigen
Andalusierinnen, als etwa für monu
mentale oder landschaftliche Schön
heiten. In Cordova, der Vaterstadt
des Philosophen Seneca, entbrannte
sein junges Herz in Liebe. Das kam
nämlich so: Am Abend ihrer Ankunft
in der Kalifenstadt, als die Reisege
sellschaft nach dem Abendessen auf dem
Balkon des Gasthofs, in dem sie ab
stiegen, Kühlung athmete, gewahrte
sie, daß in einem gegenüberliegenden
vornehmen Hause ein außerordent
liches Leben herrschte. Alle Fenster
des Hauses waren hell erleuchtet, Wa
gen mit schöngeputzten Damen und
Herren kamen alle Augenblicke vorge
fahren; aus einem der Säle erscholl
fröhliche Tanzmusik. Der Gasthofbe
sitzer theilte mit, daß der Herr des ge
nannten Hauses, eine Militärperson
hoher Stellung, ein Fest veranstalte,
wobei seine einzige Tochter tzum ersten
Male in Gesellschaft erscheine. Die
kecken Franzosen, die sich das Fest an
sehen wollten, ließen dem erwähnten
Herrn einen Brief überreichen, indem
sie ihre Namen nannten und zugleich
das Gesuch stellten, in seinem Hause
erscheinen zu dürfen. Sie erhielten,
wie dies bei der spanischen Liebens
würdigkeit zu erwarten war, sofort
eine freundliche Einladung. Nun
warfen sich Dumas und seine Beglei
ter in ihren besten Staat und betraten
den Festsaal, wo sie äußerst zuvor
kommend empfangen wurden. Die
Franzosen verbrachten einen köstlichen
Abend. Sie konnten sich nicht satt
sehen an den herrlichen Frauen-Er
scheinungen, die hier versammelt wa
ren. Ihre Aufmerksamkeit wurde
aber in ganz besonderem Maße durch
die Tochter des Hauses in Anspruch
genommen, ein Mädchen von geradezu
blendender Schönheit, ein Ausbund
all der Grazie und des Liebreizes, die
den Andalusierinnen eigen sind. Du
mas kils vernarrte sich förmlich in das
Mädchen, und zwar derart, daß er sei
nen Vater und die Reisegenossen aus
Cordova fortziehen ließ und dort zu
rückblieb, um zu den Füßen der Schö
nen Liebesseufzer auszustoßen. Die
Andalusien» erwiderte die Liebe des
jungen Mannes, dessen Vater durch
seine Romane schon damals in Spa
nien allgemein bekannt war. Die
Verliebten wollten Heirathen, stießen
jedoch auf unüberwindliche äußere
Schwierigkeiten. Der junge Dumas
war nicht getauft, was für den streng
religiösen spanischen Kriegsmann ge
nügte, um ihn als Schwiegersohn zu
rückzuweisen. Alles Flehen seiner
Tochter vermochte nichts gegen die sel
fenharte Strenge des Spaniers. Ju
lia. so hieß das Mädchen, war aber
nicht umsonst Andalusierin; sie ver
schwand aus Cordova und begab sich
nach Paris, wo sie mehrere Jahr« mit
dem jungen Dumas zusammenlebte.
Hierauf kehrte sie nach Spanien zu
rück und installirte sich in Madrid in
einem luxusvollen und im Mittel
punkte der Stadt gelegenen Hause, wo
sie ein etwas zweideutiges Leben
führte. Bei ihr verkehrten Träger
hochadeliger Namen und Besitzer gro
ßer Vermögen. Lang, lang ist's her!
Julia brach nie ganz mit Dumas; sie
unterhielt mit ihm regen Briefwechsel.
Der Botschafter Frankreichs in Ma
drid, der mit Dumas kils verkehrt hat,
erzählt, daß er während einer Saison
die er in Gesellschaft des Verfassers
der „Cameliendame" in einem Bade
orte verbrachte, vielfach zu beobachten
Gelegenheit hatte, wie der berühmte
Schriftsteller mit Rührung die ihm
aus Madrid zugegangenen Briefe las
und öfters eingestand, er könne das
Abenteuer in Cordova sein Leben lang
nicht vergessen. Die Andalusierin
starb zu Ansang der 70er Jahre, und
in den von ihr hinterlassenen Papie
r-n befinden sich zahlreiche köstlich«
Briefe von Alexandre Dumas kils.
Unter den Kunstgegenständen, die dem
kürzlich verstorbenen Dichter gehört
hatten und in Paris zur Versteige
rung gelangten, befand sich auch ein
schönes, junges Weib spanischen Ty
pus in weißem Gesellschaftskleid dar
stellte. Es war das Porträt Julia's,
im Jahre 1846 gemalt.
Gut genug. Donnerwet
ter, Johann, was bringst Du mir denn
gerade heute meine durchlöcherten Stie
sel? Drum, weil ich geglaubt habe,
dieselben seien für dieses miserable Re
genwetter gut genug!
Beleidigende Frage.
Dame: „...Werden Sie mich auch ewig
lieben, Herr Lieutenant?" Lieute
nant: „Gnädigste, wie können Sie'sra
gen? Ich liebe immer ewig!"
sady Messtnglon.
Unter den Frauen, welche im Laufe
unseres Jahrhunderts durch ihre
Schönheit, den Glanz ihres Auftre
tens, ihren Geist, ihre Bekanntschaf
ten. vor Allem durch ihre romantischen
Abenteuer und ihre tollenAusschreiiun
gen der tausendziingigen Fama endlo
len Stoff zu Nachreden geliefert ha
ben, so daß »och jetzt ihre Biographien
sich lesen wie ein Roman, und zwar
ein pikanter, gebührt der Lady Bles
sington die Palme. xoi'M>c»rs
I.ittlv nennt sie ihr
neuester Biograph, Fitzgerald Mol
loy und auf Pomp und Pracht und
Prunk machte die Gräfin allerdings
Anspruch, sie, die Tochter eines armen
irischen Landbesitzers, die im 16. Jah
re auf Befehl ihres Vaters den Capi
tän Farmer ehelichte, nach nur drei
monatlichem Eheleben mit einem Ca
pital, Jenkins durchbrannte, unter
dessen Schutz sie sechs Jahre lang leb
te, bis der Earl os Blessington sie ken
nen lernte und sich so sterblich in die
junge Schönheit verliebte, daß er dem
Capitän, angeblich als Ersatz für die
der Dame geschenkten Juwelen einen
Cheque für 10,000 Pfd. Stlg. (PSO,-
000) schickte und sie heirathete. Ein so
schwelgnisches Leben führten der Graf
und seine Frau in London und auf
Reisen, daß selbst das Jahreseinkom
men von 5150.000. das der Graf aus
feinen irischen Landgütern zog, den
Bedürfnissen und Anforderungen deK
Ehepaars nicht genügte.
Die Glanzperiode der Gräfin hebt
aber eigentlich erst nach dem Ende
Earl an, der in Paris einem Schlag
anfall erlag. Auf ihren Wittwengehalt,
armselige 2000 Pfd. §lO.OOO angewie
sen, öffnete sie erst in Seamore Place
ihren Salon, in dem sich Minister, wie
Lord Palmerston, Politiker vom
Schlag des Benjamin Disraeli, Lite
raten wie Dickens, Landor, Lzrd Lyt
ton, Schauspieler wie Macready,
Künstler wie Landseer, Schee, Archer,
Wilkie. Dichter wie Rogers. Campbell
und Moore zusammenfanden. Disrae
li, Englands nachmaliger Premier-
Minister, stand hoch in Lady Blessing
ton's Gunst und in einem aus dem
Jahre 1834 datirten Briefe fragt er sie
um Rath über die französische Litera
tur, ob er Sand lesen solle, ob Balzac,
und als er sich um den Eintritt in den
hochconservativen Carlton - Club be
warb, bat er seine Gönnerin, für ihn
Stimmen zu werben und er wurde
aufgenommen, allerdings nicht ohne
heftige Opposition. Daß der König
der Dandies, der Graf d'Orfay, im
Salon dieser berühmten Dame ver
kehrte, die ihr mageres Einkommen
dur» Abfassung von Büchern über
Schönheit und heute gänzlich vergesse
nen Romanen zu vermehren suchte, ist
nur natürlich: weniger natürlich war
seine unglückliche Ehe mit der Stief
tochter der Gräfin.
Der Skandal beschäftigte sich mit
dem Haus in Seamore Place in aus
giebiger Weise, und nicht ohne Grund.
Dann zog Lady Blessington aussLand,
wie sie ihrem Freund Landor schrieb,
nach Gore House, in Kensington, wo
sie zu ihren intimen Freunden auch den
Prinzen Louis Napoleon zählte, der
ihr einige Jahre später vom Schlosse
Ham aus, wo er als Gefangener saß,
einen Brief schrieb, in dem er sagte,
daß er keinen Wunsch habe,
zu verlassen, „denn ich bin hier an mei
nem Platz."
Aber dv Freundin Lord Byron's—
denn auch dieser Dichter hatte sie ge
kannt konnte den Prunk in Gore
House nicht mehr lange fortsetzen, ob
schon ihr Charles Dickens, der ersteße
dacteur der vor gerade 80 Jahren ge
gründeten „Daily News", für die sei
ner Zeitung gelieferten ausschließlichen
Mittheilungen einen Jahresgehalt von
800 Pfd. (P 4000) zahlte, der unter
Forster auf 600 Pfd. reducirt wurde.
Gore House mußte gegen Gerichtsvoll
strecker und Gläubiger wie eine bela
gerte Festung verbarricadirt werden,
und der Concierge gab nur solchenPer
sonen Zutritt, die ihm als Freunde der
Gräfin persönlich bekannt waren. Und
in einer dunklen Nacht entfloh Lady
Blessington in Gesellschaft ""des Comte
d'Orfay nach Paris. Ueber 20,000
Personen besuchten die Prunkgemächer
des herrlichen Palais an den drei der
Versteigerung des Mobiliars voraus-
Jn fremder Erde ruht sie, deren Le
bensabend Manches mit. dem Ende der
berühmten Lady Hamilton, der Ge
liebten des Lord Nelson gemein hat;
ihre Ueberreste auf dem Kirchhof in
St. Germain - en - Lain deckt ein Mo
nument, auf welchem ihr Freund, der
Dichter Börry Cornwall, in schwül
stigen Versen ihre Tugenden lobt.
Freundlicher Stern.
Bon Julius Slurm.
Freundlicher Stern,
Ewig mir sern
Wandelst du hoch am Himmel die
Bahn,
Nur mein Blick kann grüßend dir
nahn.
In mein stilles, nächtliches Thal
Strahl.
Scheiden können die beiden uns nicht,
Spiegelt sich doch mir im Auge dein
Licht.
-Zweideutig. Meyer: Sie,
Herr Hirsch, der Lieutenant da drüben
si'ht Ihnen wirklich etwas ähnlich.
Geldjude Hirsch: Ja, ja, er hat auch
'was van mir!