2 Man pe. oer Anarmlfl. Auch in das sonst so friedliche Heim des Rentiers Mampe war der Umsturz eingezogen. Während Vater Mampe sonst mit vergnügtem Sinnen aus fei nes Hauses Zinnen stand und auf das beherrschte Grundstück schaute, saß er hmje mißmuthig und brummend in sollte.^ „Nicht um die Welt!" hatte Emmi erklärt. „Ich mag den Senfmann nicht, den Giftmacher, er ist dreimal so alt wie ich!" „Aber er hat «ine groß« Praxis!" polterte Mampe. „Und eine große Platte!" gab Emmi zurück. „Ich weiß schon, woher der Wind weht! Dir spukt der junge Dr. Roth bach im Kopf der Hungerleider!" „Und wenn es so wär«? Den Senf mann nehme ich auf kein«» Fall und wenn Du mich zwingst, gehe ich aus dem Hause!" „Ungerathene Tochter! Ich enterbe Dich!" „Desto besser! Dann weiß ich wenig stens, daß Rothbach mich nur aus Lie be heirathet!" „Du empört Dich also gegen Dein«! Nater?" „In meiner freien Wahl lasse ich mich nicht behindern, und wenn, die Welt auch in Stücke geht!" „Anarchistin!" schrie Mampe außer sich vor Wuth und sank in seinen Sor genstuhl, der diesmal den Namen mit Recht trug. Am Nachmittag trat Emmi mit freudestrahlendem Gesicht vor ihren er mit Dr. Rothbach verlobt." „Unsinn!" schrie der Alte, „die Ver- Vicht majorenn und darfst ohne meine Einwilligung «nicht Heirathen! Am allerwenigste!', so einen Kurpfu scher!" /„Du irrst Dich, Papa, erwiderte Emmi, „ich kann Heirathen, wen ich will, entweder den Dr. Senfmann, den Du willst, od«r den Dr. Rothbach, den ich will! So schreibt es das Gesetz bor!" Damit reichte sie dem erstaunten Va ter ein« Mitgliedskarte der Berliner Ortskrankenkasse, der sie am Vormit «lmtlich bestätigt, daß sie als Mitglied der Kasse „freit Aerztewahl" habe! Auf Grund des Paragraphen 427 wählte sie demnach Dr. Emanuel Theo bor Rothbach. 5 q- -1-9 Der alte Mampe war wüthend; alle seine Einwände fcheit«rten an dem Recht der freien Arztwahl, das feine Iluge Tochter für 7S Pfg. sich erkauft hatte. Erst schimpfte er einen ganzen Tag lang über alle staatlichen Ein richtungen, dann wandte er sich dem Anarchismus zu und würd« Mitglied des Diskutir-Clubs „Quasselzunge". Alles aus Aerger, weil ihn seine Toch ter Emmi auf Grund einer behördli- Flucht. Wo Niemand sich um die Wirthschaft scheert, schwert Bon der Decke herunterhängen; Wo Alles zerzaust wird und verheert, Wo zu unterst das Oberst« wird ge kehrt Von sieben brüllenden Rangen; Wo die holde Gemahlin, still verklärt, Beim Spiegel steht und nicht sieht, noch hört, Zart kolorirend die Wangen Da bin ich in tiefster Seele»verstört Kor Schceck, an der Thüre umgekehrt And in ein Wirthshaus gegangen! Tic praktisch« HauSsrau. Man glaubt gar nicht, was man aus einem alten Herrenüberzieher alles ma chen kann. Mein Mann hatte einen solchen. Ich verwendete di« Knöpfe sür mich auf ein Jacket, aus den beiden Aermeln machte ich «ine Hose für mei nen Hermann, aus dem seidenen Fut ter Schürzen für die beiden Mädchen, aus dem Stoff einen Anzug für mei nen Kleinsten, aus beiden Taschen Hauben für die beiden Vubem»und aus den abgenähten Watteinlagen Schuh sohlen in die Stiefel. Es sind mir dann nur noch die Knopflöcher übrig Otblieben. Mythologische Rem!» Diana und nicht Anna?" „Nun, hat sie mich nicht so lange gehetzt, bi» sie «uch erlegt hat?" —— Lüchows Kur. „And nun, meine Herren, ich denk, »vir heben die Sitzung für heute auf," sagt« der dicke Lüchow, Gutsherr auf Nieder-Gülzow, und sah auf'seine Ta schenuhr. „Alle Hagel! Schlag elf!" Schwerfällig erhob er sich und schlug dem neben ihm sitzenden Kreisphysikus so derb auf die Schulter, daß dieser erschrocken aus seinem Halbschlummer auffuhr. „Na, wie steht's, alter Pflasterkasten, wollen Sie mit aufsteigen? Mit mei nen Braunen geht's doch wohl ein bis chen schneller, als mit Ihren schwachen Doctorbeinen." D«r Angeredete, ein kleines, ver schrumpeltes Männchen mit einerßrille auf der Nase, rieb die getroffene Stelle. „Lassen Sie doch solchen Unsinn, Lüchow," knurrte er verdrießlich, „und prahlen Sie nur nicht so mit Ihrer Gesundheit! Sie kommen mir doch noch mal unter die Finger! Sie wer den zu dick, viel zu dick! Lassen Sie all Ihr Wassergeplansche und gehen Sie hübsch nach Karlsbad!" Benno Lüchow sah schmunzelnd noch „Hol der Teufel Karlsbad!" sagte Besten geben, in der ich zwar keine all zu rühmliche Rolle spiele, aber na, Sie werden ja hören." Er setzte sich wieder zu den aufhor chend zusammenrückenden Herren und bestellte einen neuen Schoppen. Sein fettes,''rothes Gesicht leuchtete förmlich durch den Dunst der Rauchwolken, die aus den kurzen Pfeifen der Gutsbe sitzer aufstiegen. Außer diesen in der Umgegend An gesessenen waren noch der besagte Doc tor, der Apotheker und der Amtsrichter des Krcisstädtchens anwesend; sie Alle Pen zusammen. Lüchow that «inen tiefen Schluck aus seinem Humpen, dann hub er an: „Sie wissen, meine He«ren, daß ich. bevor ich hierher kam, in der Mark ansässig war und da vom Vater her «ine kleine' Klitsche besaß, die wenig Ertrag, aber viel Arbeit brachte. Col nitz hieß das Ding. Uebrigens: Buch weizen alle Ächtung! Sonst nifcht Sand, ein bischen Hafer, Kartof feln wieder Sand! Na, aber ge schuftet wurde eklich. von früh bis spät! Meine Frau übrigens auch nicht alle zu kriegen! Aber wir waren zufrieden die Rangen gediehen, wie's Unkraut was will man m«hr? Da will's der Teufel, daß «in neuer Doctor sich in unserer Nähe niederläßt. Sie wissen, ich kann das Mediciner- Volk nicht ausstehen, nichts für un gut, Doctorchen, Sie sind noch einer von den Erträglichen.'— Also weiter: Der Kerl kam mir trotzdem in's Haus. Ein Kind erkrankte uns, meine Frau, wie alle Weiber auf's „Neue" versessen, ruht nicht eher, bis der Arzt geholt wird. Der Junge kam freilich durch, aber seitdem hatte ich keine Stunde Ruhe mehr im Haus. Der Doctor hatte meiner Alten nämlich einen Floh in's Ohr gesetzt: ich sei zum Schlaganfall disponirt, zu dick, zu roth, weiß der Teufel was noch Alles, und müsse so schnell als möglich nach Karlsbad! Hol's der Kuckuck! Na, das La- Erst fluchte ich und wetterte, daß die Wände dröhnten, sie sprach von Gewissenlosigkeit, heiligen Pflichten ei nes Hausvaters gegen Frau und Kin der, ich schlug die Thür hinter mir zu und ging pfeifend auf's Feld. hasu""^d Stand der Ernte, meinem Befinden u. f. w. Na. da schütte ich denn mein Herz Ich achte nicht viel darauf. Plötzlich erhebt sich der Fremde. Noble Er« „Verzeihen der Herr meine Drei» Ihnen so ki-.r entwickelte Krankheits bild interessut uiich unzemein! Allcr- Dings bin ich auch einigermaßen Ken ner, das heißt Naturarzt« und wenn ich mir ein Urtheil erlauben dürfte, ob gerade Karlsbad für Ihr Lei den —", er zuckt die Achseln und macht dabei «in so bedenkliches Gesicht, daß mir himmelangst wird. «Erbarmen Sie sich!" rufe ich, „Herr —" „Mein Name ist —" und er sagt fo'n paar undeutliche Worte, aus de nen ich Dr. Kochtizki oder so was her aus zu hören meine, „wenn Sie gestat ten, so entwickele ich Ihnen uneine Diagnose etwas näher." Ich nöthige ihn fast mit Leiden schaft, Platz an meinem Tische zu neh men. und beordere beim Wirth «in« Flasche Rothwein extra fein, der Mann sieht mir für meinen Alltagskrätzer doch zu nobel aus. Und nun muß ich noch mal berich ten, und er hört zu mit gespannter Aufmerksamkeit, sowie ich aber die Vorschriften meines Arztes erwähne, schüttelt er unwillig den Kopf. Er prüft meinen Puls, meine Zunge, legt nicht gezwungen, mein Gut während der Ernte zu verlassen, was ohnehin schon zur Beruhigung meiner Ge fuhr «r mit g«rad«zu bestrickender Lie benswürdigkeit fort, „Ihnen eine kleine Anleitung zu geben, vielleicht gleich heute Abend? Sie könnten mor gen schon wieder zu Ihrer Frau Ge mahlin zurückkehren, und mir würden Sie gewünschte Gelegenheit geben, mich für Ihre liebenswürdig« Gastfreund schaft" er wies auf den Rheinwein „zu revanchiren. Morgen mit dem ersten Zuge muß ich nach Berlin zu einer Confultation." Er nannte eine der ersten ärztlichen Eapacitäten der Residenz. Ich war entzückt von dem Manne und zu Al lem sofort bereit. „Di« Nummer Ihres Zimmers?" „Schaffen Sie also ein: kleine Wanne mit kaltem Wasser, sowie mehrere La ken und Handtücher nach dort. Also, Herr Lüchow auf Wiedersehen! In einer Viertelstunde finde ich mich wie der ein!" Genau nach fünfzehn Minuten klopfte es an meiner Zimmerthür und der Naturdoctor trat ein. Er hieß mich «ntkleiden, während er zwei Rie senlaken in die mit Wasser gefüllte Wanne tauchte, sie ausrang und mit einem liebenswürdigen: „Bitte, er schrecken Sie nicht, Herr Lüchow," so schnell um meinen nackten Körper schlug und mich dann fest und geschickt darin einwickelte, daß mir beinahe die Besinnung und die Bewegungsfähig keit völlig verging. Dann schlug er mir ein nasses Handtuch um Kopf und Schultern und schleppte mich mit un heimlicher Kraft auf mein Bett, wo er mir zum Ueberfluß noch den ganzen Körper mit einer schier endlosen Ban dage umschnürte, die er seiner Tasche entnommen. Zum Sck/iß deckte er mich mit dem Federbett sest zu. Ich war unfähig, auch nur eine Zehenspitze zu rühren; die ollen Egyp ter, die ich mal habe im Museum lie gen sehen Mumien nennt man sie blick wahre Hampelmänner im Ver gleich zu meiner Bewegungslosigkeit. Gerade wollte ich meinen Mund zu einer Frage aufthun, da klatsch! nahm eine nasse Eompresse mir auch noch die Möglichkeit zum Sprechen! Alles das h?.te mein Peiniger in we nigen Minuten bewerkstelligt, wäh rend das hinreißende Lächeln nicht von der Ausdruck seines Gesichtes plötzlich. Er stellte sich vor mich hin, die beiden Hände in den Hosentaschen, und sah mich spöttisch lächelnd an: „Na, wie thut's, Freundchen? Ganz unschädlich jetzt, wie? Steht Ihnen großartig, die Verkleidung! Na. nun nach der Zuvorkommenheit des Wir thes zu schließen auch k'ne recht lu crative Persönlichkeit. Ich bin Men schenkenner, wie Sie sehen! Na, ganz nach der Regel habe ich die nassen Ein wickelnngen nun wohl gerade nicht ge macht, aber ich hoffe, sie werden Ihn» auch nichts schaden! Mein Herr." und er !üft«!e mit tadelloser Eleganz seinen Hut „wünsche viel Vergnü gen und guten Erfolg!" Damit öffn«!- er die Thüre und schloß sie hinter sich mit behutsamer Sorgfalt. Ja, da lag ich nun. Brauche ich Ihnen mein: Gefühle noch zu schil dern? In Gottes großem Thiergarten gab's wohl kein Exemplar, mit dessen Namen ich mich nicht liebevoll titu- Zirte! Helfen that's freilich nicht. Nur daß mich nicht der Schlag gerührt hat in der Nacht, das begreif' ich heute Stunde auf Stunde hörte ich schla gen. Es ward ruhig im Gasthaus, dann mit dem ersten Morgengrauen wieder lebendig. Ich zermarterte mei nen armen eingewickelten Schädel, was ich denn eigentlich thun könne! Nichts, das wurde mir furchtbar klar. Warten mußte ich, bis man mich etwa vermißte! Und dann? Qen Kerl verfolgen? Unnütz! Der war natürlich längst über alle Berge! Und zudem, meine Blamage würde ja dadurch nur offen kundig werden! Den Teufel auch, wie würde der Doctor zu Hause triumphi ren, daß ich dem ersten bestenSchwind ler in die Hände gefallen, nur um »hm nicht zu gehorchen! Nein, das durfte nicht fein! Blieb also nur «ins: gute Miene zum bösen Spiel machen! Zu diesem männlichen Entschluß war ich endlich gekommen, als «s plötzlich an die Thür klopfte und gleich darauf der Hausknecht Johann mit freundlichem Grinsen eintrat. Als er mich in meiner ganzen Hilf losigkeit so daliegen sah, nickte er, als Wisse er schon Bescheid. „Der Herr Doctor mußten leider ge stern Abend noch abreisen," berichtete «r mit der gespreizten Geziertheit des Mecklenburgers, der sich „fein hoch deutsch" ausdrücken will, während er sich mit einer Langsamkeit, die einem wie mich Gefesselten zum Rasen brin gen konnte, anschickt«, mich zu befreien, „deshalb haben de Hä Doctor mich be auftragt, Hä'n Lüchow heut' Morgen, aber »ich vor 9 Uhr, auszuwickeln." Damit entfernte er zuerst meinen nassen Maulkorb puh! „War wohl 'n büschen lästig, wie?" fragte er theilnehmend. „I Du Teufelskerl!" dachte ich. „Ein sehr seiner Mann, der Hä Doctor," fuhr Johann unerbittlich fort. „Trinkgelder hat's man so ge regnet!" „Von meinem Reisegeld, daß Dich —!" und ich unterdrückte einen Fluch zwischen den Zähnen. Nachdem endlich die letzte Hülle von meinem Körper gefallen, begann Jo hann plötzlich meinen Rücken mit einer Bürste aus Leibeskräften zu bearbei ten. „Mensch, was machenSie denn da?" schrie ich. „Nu, ich soll Ihnen ja doch tüchtig bürsten," meinte Johann phlegmatisch, ohne sich stören zu lassen. „De Hä Doctor haben das so befohlen, weil Sie doch so geschwitzt haben wurden." „So, so," sagte ich scheinbar be sänftigt. Innerlich kochte ick zwar vor Wuth, aber es galt Nun einmal, die Rolle weiter zu spielen. Das Merkwürdigste an der ganzen Ge schichte aber war. daß ich mich eigent lich, trotz aller Aufregung und allen Aergers, so wohl fühlte wie lang« nicht. „Johann," sagte ich nach einer Weile gönnerhaft, „Sie sind doch wohl auch ein Anhänger des Wasserverfahrens?" „Nee," sagte dieser abwehrend und vor Schreck über diese Zumuthung in sein heimathliches Platt verfallend, „nee, mit Water diirfen's mi nich kiim men. Min Olfch feggt alle Sindag: Vadding, wasch' di doch en beeten! Rut! brüll ick, rut! brüll ick. Keen wascht Hofen und Föß! (Raus! Kei ner wäscht Hasen und Füchse!) Nee, det is nix sör mi." Und er legte philo sophisch die Laken zusammen. „Aber Johann," sage ich empört, „wie kann man so gegen Gesundheit und Reinlichkeit freveln! Sehen Sie mich mal an. ich fühle mich riesenhaft erfrischt, und ich würde Ihnen daher rathen —" „Nee, Hä Lüchow, nee, nee," wehrte er ab, „dat is nix sör mi, dat is man blos für feine Herren, wat Eenen sin Uhl, is'n Annern sin Nachtigal." Ich sah ein, daß solchen Prjncipien gegenüber nichts zu machen sei, und überreichte ihm ein Trinkgeld für sein« Abreiberdienste. Zu meinem Erstem nen wies er es vornehm zurück. „De HL Doctor haben schon Allens bestens bezahlt," sagte er. Ein unglaublich«! Kerl, dieser „Hä Doctor"! Ich drang übrigens nicht weiter auf Annahme, da ich die geringe mir ge lassene Baarschaft zu schonen alle Ur sache hatte. Dem Wirth gegenüber, der sich gleichfalls mit großem Interesse nach meinem Befinden erkundigte, pries ich das neue Heilverfahren schon in iiber fchisänglicher Weise und bat ihn um seinen „Kneipp". „Jawohl," sagte er, „das Buch kön nen Sie gern haben. Herr Lüchow. Ich les' so'n Zeug nie; wenn's Ihnen aber hilft, nu. ich wünsch' guten Er folg. Wir haben gestern Abend noch n-it dem Herrn Doctor schnell vor sei ner Abreise ein Gläschen auf Ihre Ge- Meinen Empfang zu Hause zu schildern, erlassen Sie mir wohl, meine Herren! Diesmal weinte Alles vor Freude! Ich überzeugte meine gute Frau bald oon der Vorzüglichkeit des Kneipp'schen Verfahrens, denn von da ab lebte ich danach, und es bekam mir, wie Sie sehen, großartig! Schwerer wurde mir's schon, ihr das Fehlen meines goldenen Uhr glaubhaft "ne höllische Spürnase, mein« Alte! Aber sie war schon froh, mich über haupt wieder zu haben. Die ganze Nacht hatte sie kein Auge zugethan, wie sie mir beichtete. Na, und bald daraus lam auch die Offerte und der Antauf von Gülzow; da gab's viel zu überlegen und zu packen, und sie fragt« nicht Weiher danach. So, mnneHerren, nun wissen Sie's, wie ich zum Naturheilverfahren und um meinen goldenen Chronometer ge kommen bin: denn zur Strafe für meine Dummheit wollt' ich mir leinen neuen wieder anschaffen. Und dem Langfinger bin ich im Grunde dank bar, denn er hat mir den Weg zur Ge sundheit gewiesen." „Na, na," grunzte der Doctor. „Ruhig, Doctor!" rief Lüchow. Seien Sie zufrieden, daß ich Ihnen mal Gelegenheit gebe, mich zu hänseln! Aber hübsch reinen Mund bei mir zu Hause, hören Sie? Das bitt' ich mir aus! Und nun wird's wirklich hohe Zeit! Guten Abend, meine Herren! Bis nächsten Sonnabend!" „Guten Abend, Lüchow!" xiieZlachtvor der Hinrichtung. „Herr Gefängnißaufseher! Herr Ge fängnißaufseher! Bitte, bringen Sit mir dazu doch auch Messer und Gabel zu guter Letzt!" „Darf ich nicht," entgegnete der Ge nannte, das knarrende Pförtlein öff nend. „Oder wenigstens «ine Serviette!" bat der Gefangene. „Darf ich nicht!" „Dann nehmen Sie nur auch den Braten wieder mit.ich habe keinen Hun ger. Und der liebe Wein! Ein rechter Herztröster, wenn er früher wäre er schienen. Heute graut mir vo» ihm. Herr Gefängnisaufseher, nur eine Mi nute schenken Sie mir, Sie sind auch ein Mensch und die letzte Bitte schlagen „Was wünschen Sie denn?" „Nur ein Bändel Spagat, oder so was, es ist leicht was gut. Bitte!" „Darf ich nicht!" „Schauen Sie doch. Morgen werd' ich ohnehin gehenkt. Den Tod habe ich sa verdient, ich sehe es ein, aber die Nacht, die jetzt angeht, hab- ich nicht verdient. Um Gottes Jesu Willen Leute! Leute! peinigt mich nicht mit dieser schrecklichen Nacht vor der Hin richtung. Nur dies« Nacht schenket mir, nur die gräßliche Angst nehmt mir w-g, ich bitte Euch beim gekreuzigt«!, Heiland, ich bitte Euch!" " „Giebt's nicht!" antwortete der Auf seher und wollte fort. Der Gefangene siel ihm in den Arm und flüsterte mit groß:? Hast: „Sie vergeben sich ja- nichts, wenn Sie mir helfen. Es wird's Niemand erfahren. Nur dieses Stricklein da, mit dem Sie das Ofenholz binden, vergessen Sie es, verlieren Sie es in dieser Zelle. Ich will ja nichts damit, will ihnen nur die Ar beit ersparen. Ich Hab's ja gelernt da» hier, für mich Alles selber zu thun, so will ich auch das thun, ich brauche Nie manden dazu, nur das —" Die Pforte war in's Schloß gefal len, der Gefangene wieder allein. Aber zum Guckloch schrie er es grell hinaus, daß es hallte im duntlen Gange: „Wer giebt Euch das Recht! Das Leben mir nehmen, Ihr könnt es ja, das Gesetz sagt es und Ihr thut es. Aber mir ge waltsam das Leben erhalten, bis es Euch gefällt, mich schmachvoll abzu thun! Mir zu sagen: Morgen mußt Du sterben, aber es verhindern, daß ich's heut; schon thue! Woher habt Ihr dieses Recht! Wenn ich den Tod ver dient habe, so laßt mich doch gleich ster ben! Ich wills freiwillig thun, und damit der Henker nicht zu kurz kommt, soll er Geld haben. Auch kann er den Kadaver an den Galgen hängen,> damit sie Alle sehen, daß es seine Richtigkeit hat. Alles ist mir recht. Alles; wozu nur die Gewalt, wenn ich's ja freiwil lig thun will! Habe ich getödtet, gut, so tödtet mich allfogleich. Wo steht es denn geschrieben, daß ich noch eine lange Nacht leben muß, weil ich- getöd tet habe? Zum Tode habt Ihr mich ver- Gegentheil, die es ausführt! Durch Henkersband sterben, ich be greife es ja, daß Jhr's wollt, und es Herren, wie namenlos grausam seid Ihr. Das Urtheil lautet «infach auf den Tod, und so hat's der König un ert höchstens fünf Minuten, wenn der Henker k«in Stümper ist. Seit Ihr mir vor sieben Wochen das Urteil ge sprochen habt, sterbe ich ununterbro chen. Das ist Euch aber nicht genug, die Todesangst muß noch verstärkt wer den. bevor es zu Ende geht; also heute die gnädige Mittheilung, .daß morgen früh sechs Uhr das Urtheil vollführt wird. Mein Opfer litt nicht eine Mi- Und Ihr ladet auf Euch solche Schuld schwöre ich Euch, macht ein Ende!" So schrie er -s hinaus, jedes Wort wie ein Todesschrei, im langen Korri dor widerhallte es schauerlich, aber Di« «s hören sollten, die hörten es nicht. Als der Gefangene sich umwandte in seine düstere Zelle, sah «r auf der Bank neben dem Lagerstroh den Bratenteller und das Weinglas. Da lachte er auf. „Jetzt ess«n und trinken!" rief er aus seinem hohlen Lachen hervor. „Sich ein-n guten Tag anthun in der letz ten Nacht! Ist es Bosheit von ihnen oder —. Ja, wenn man sich mit einem halben Liter Wein betäuben könnte! Wenn man Das könnte! Doch es soll ja nur zur H-rzstärkung sein, damit man hernach eine noch größere Qual empfinden kann. Wenn man den Wein löffelweise nimmt, heißt es, soll er leichter berauschen. Ach, daß man zwei Arme hat und zehn Finger! Und Zähne! Und doch so hilflos sein muß! Wie viel gutes Blei habe ich verschwendet auf meinen Jagken! Wie viele Wesen getödtet, die gern gelebt hätten. Und mir ist nicht ein einziges Kllgelchen geblieben, um meine rasende Angst zu dämpfen. Angst vor dem Henker! Es ist ja zu drollig, er thut doch nicht mehr, als was ich mir selber thun möchte. Ah, Schritte! Kom men sie schon? kommen sie? Nein, es wird der Priester sein. Wenn es sonst nichts ist. ich laß' danken. Meine Sünden hab' ich alle schon ge deichttt; jetzt könnte ich nur noch fremde beichten. Brrr, ein Schüttel frost geht durch meinen Leib, Das find fremde Sünden. Daß ich noch leben muß aus dem einzigen Grund-, um Todesangst zu l«iden lauter fremd« Sünd-n. Ich danke schön, für den Zuspruch, ich danke. Ich will an dere Gesellschaft haben in dieser Nacht. Ist Das die andere Gesellschaft? Die Zeiten meines Glückes habe ich gerufen, daß sie mich zerstreuen sollten in dieser Nacht. Den Glanz, die Freunde, die Frauen, die Spiele und die Siege hab« ich gerufen. Statt Dessen kommen andere Gäste. Aus den dunklen Wäl dern auf mich her mit verglasten Au gen die Rehe und Hirsche, die gefallen sind von meiner Hand; die Rebhüh ner, die Fasanen, die Auerhähne, alle umkreisen sie mich, diese verfluchten Todtenvögel, jetzt. Was? Gebeichtet wollt Ihr sein? Auch Ihr wollt ge beichtet und gebüßt sein? Seit die Welt steht, kommt Das keinem Jägers mann zu Sinn. Daß ich in «in paar Stunden an den Galgen kommen werde, blöken und schnattern sie mir zu, diese schrecklichen Hin weg! Hinweg von mir! Was seh' ich noch? Menschengeripp«! Arbei ter, Hörige, Bauern. Kind«r, die ver dorben und verhungert sind auf mei nen reichen Gütern? Weiber auch! Was wollen denn di«, wir sind ja quitt! Ihr habt den grünen Kranz verkauft, ich habe ihn baar bezahlt und wahrlich nicht gefeilscht. Abgedrun gen. sagt Ihr? Ei. geht mir weg. wer's Euch nicht abdringt, Dem weist Jhr's selber vor die Füße es ist die alte Geschichte. Endlich ein Freund! Der von Monte Carlo! Der mit dem Mal auf der Stirn! Was willst Du von mir? Mich für den Zufall ver antwortlich machen? Wären die Wü rfel anders gefallen, hätt's mich getrof fen. Im Spiele gehts nicht anders. Aber Aladar, Du bist grauenhaft an zusehen. Aladar! Sei Du im Frie den und laß' ihn auch mir. Jetzt jetzt erscheint er selbst! Gras Ferdi nand, der tödtlich gehaßte Nebenbuh ler! Einzig nur das Sterben dieser Kreatur wird mir angerechnet. Der Moment! wie er von meinem Dolche getroffen hinsank wahrhaftig, der war süßer als alle Liebe, die ich genos sen, der war eines Henkertodes werth! Was willst Du, Graf, wir stnd quitt! Wie? Die Hand reichest Du mir? Du allein? Du allein bist ver söhnt, Du, an dem ich das Verbrechen Allen, die meine Freunde gewesen! Sie schreien mir Flüche zu. Du'allein kommst zu mir als Tröster in dieser dete!... des Todes Pforte steht der Erschlagene, tödtet. Ich sehe es jetzt: der Mensch sündigt! Nach Deinem Rathschluß „ —H«rr Gefängnißaufseher!—Herr Gefängnißaufseher!" rief er mitten «in der Nacht. Gerufene zum Guckloch herein. „Von Herzen bitte ich um den Prie ster." „Punkt zwölf." Zeit?°" Kunden „Wie kommt es, lhre Jagdtasche lich im hohen Norden auf Walfisch jogd gewesen!" Z-rauen als vestvycder. Die Legislatur des Staates Colo» rado ist in unserem Lande die erste ge setzgebende Körperschaft, welche Fraueil zu ihren Mitgliedern zählt. Das Ge setz von Kansas gibt dem weiblichen Geschlecht das Recht zur Bekleidung von Municipalämt«rn und mehrere Frauen haben solche innegehabt; in Wyoming besitzen die Frauen seit Jah ren dasselbe Stimmrecht wie die Män ner. doch haben sie bisher noch k«ine Mitschwester mit einer l-gislativen Mission betraut; in Colorado traten die Republikaner für die Gleichberech tigung der Frau«n «in und nachdem Frau Francis Klock. Von diesen drei Gesetzgeberinnen verdient Frau Francis Klock an erster Stell« genannt zu werden. Sie ist eine würdige Matrone von ernstem und gemessenem Wesen, welche ihrer vor züglichen Charaktereigenschaften wegen allgemein geschätzt wird. Frau Klock ist in Lee, Berkshire County, Mass., geboren, stammt väterlicherseits von je nen kernigen deutschen Pionieren ob, welche das Mohawk - Thal der Civi lisation erschlossen. Schon vor demi Bürgerkriege reichte sie ihrem Gatten, der den Reparaturwerkstätten d«H Rio Grande - Eisenbahn in Denver als Meister vorsteht, die Hand zum Bund für das Leben. Frau CarrieHolly. In manchen Beziehungen ein stück ihrer vorgenannten Collegin ist Frau Carrie Holly, welche von Pueblo in die Legislatur gesandt wurde. Von quecksilbernem Temperament hat diese Frau, die in New Uork als Tochter des Richters William W. Holt geboren wurde, seit Jahren an der Frauenbe wegung einen activen Antheil g«nom>- men. Sie ist mit dem Richter Holly verheirathet, den Lincoln an seinem Todestage zum Mitglied des Territo rial - Obergerichts «rnannte. Frau Holly hat literarische Ambitionen. Wie sie selbst sagt, geht ihr Ehrgeiz dahin, eine guie Rede zu halten und einen gu ten Roman zu schreiben. Den Haus haltungspflichten kann sie keinen Ge schmack abgewinnen. Frau Clara Creffingham. Die Dritt« im Bunde ist Frau Clara Cressingham, «ine Tochter der Stadt Brooklyn. N. D.. welch- mit ihrem Gatten nach Denver zog. als dessen Ge sundheitszustand zußefürchtungen An laß gab. Frau Cressingham ist eine tüchtige Rednerin und von einer be merkenswerthen Activität als Gesetzge berin, ohne ihre Pflichten als Haus frau hintanzusetzen. Unsere Gigerln. „Sag', Gusli, weißt Du, wo man die Handschuhe nach der neuesten Mode trägt?" „Im Gilet?" „Nein!" „In der äußeren Brusttasche?" „Nein." „Oben am Hutband?" „Nein." „Unten in der aufgeschla genen Hose?" Nein." „Na, w» Gut ausgeredet. „Du hast von Fräulein Ida 'nen Korb be kommen?" Rittmeister: „Ja, das Glück kam ihr zu plötzlich!" Diese Frauen. Erster Herr: „Warum bist Du so niederge-, schlagen?" Zweiter Hein „Denke Dir. der Arzt empfiehlt meiner Frau, sich mehr Bewegung zu machen und nun war sie heute schon in fünf Mode magazinen, um Bestellungen zu ma chen."
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