Genie der T!mt. (3. Fortsetzung.) Ter Blaustistgewciltige sah an, waS Areying geschrieben, sah, daß es gut un auch ihn „Theuerster, haben Sic noch eine Se kunde Zeit? Erlauben Sie es ist von meinem FrUhstückswein billige garette, wenn ich bitten darf ha ben Sie schon über Ihren Sommer dispvnirt?" Ihnen dies bunte Treiben aus so 'nem Taubenschlag, will sagen Redaltion, Spaß?" Reiz:: Sie das, selbst so ein paar Wo chen ?" I „WaS würden Sie faxen, wenn ich Ihnen Gelegenheit dazu böte?" „Ab " keinen Vertreter für die Sommerferien. Wollen Sie die Sache die vier Wochen lang für mich abmachen?" „Habe aber noch nie " „Das gibt sich. Sie würden mir vier zehn Tage lang assistiren, ich zeige Ih nen alles, es ist keine Hexerei; kurz, Chef vor. Kennt ohnehin Ihre Gedicht sammlung, sprach sich neulich sehr an erkennend darüber aus " legen. 3 Z Der freie Schriftsteller dünlt sich über den armen Silasen, den Redak des durchschlagenden Erfolges noch n!cht erlebt hat, vielleicht ein Pöstchen auf einer Redaltion das sind Ge- Blaustift und Kleistsrtopf ihr vergnügt mit den Fingern. „Wie sich die Ereignisse verschlin gen," dachte er, „diese Gute mußte ih ssnderbar-m Blick, der an allen Ver zierungen der Fassade entlang kroch. „Wie sagte Archimedes? (ich meine wenigstens, er war's): Gi!> mir, wo ich stehe, und ich «verde die Erde bewegen." Asta. Joseph, Franz und Fritzi sa -Ben auf der weinumranlten Garten- Asta hatte den peinlichen Eindruck von heute früh fast vergessen; Franz sah trotz des am Nachmittag nachgehol fen Schlummers sehr blaß aus schrieb, einmal ganz so schrieb, wie ich fühle, ihm unrerhüllt mein Herz ent gegenirug, aus die Gefahr hin, rnver n-.ü'hs an diesem lieben Tage, wie die Mine —" und sie meinte wirklich, nur iär Irlef Hade "olese Wandung vo?- bracht. „O, nachher, wenn wir allein sei« werden wie will ich da die Arme um ihn schlingen wie ihm zeigen " Da kam der Tiener mit dem Abend blatt der *'Z»itung. Asta erstaunte, wie hastig Franz daS „Ach ja, die unglückliche Frau," dachte sie, „er wird begierig sein, etwas über sie zu lesen." „Steht etwas von der Aermsten drin, Franz?" fragte sie, „die heute morgen was hast Du, mein lieber Jo s-pH?" Marenholz war zusammengefah ren. wie von einem Kälteschauer'Uber riefelt. „Heiß geworden im Dienst," brachte er herauö, „bischen erkältet ängstige Dich nicht, Herz, es hat nichts aus sich!" Fritzi sah, daß Franz mit besonde rer Aufmerksamkeit eine längere Notiz im lokalen Theil des Blattes las. blickte ihm über die Schulter und las mit. „Hört, dies ist ein ganzer Roman!" rief sie plötzlich und begann vorzu lesen. Franz griff heftig zu, ihr das Blatt wieder aus den Händen zu nehmen die Kleine aber ließ es nicht fahren. „Ich bin sechzehn Jahre alt und darüber," proiestirte sie aufspringend, „gehöre nicht mehr in die Kleinkinder bewabranstalt, bin der und der <l, v um'!«,- entwachsen! Daß ihr's wißt, ich babe jetzt eben heimlich Gyps „.Villi»,,' tlii gelesen, kann also auch lesen, wenn sich eine über spannte Närrin wegen getäuschter Liebe in "den Kanal stürzt. Und noch dazu drei Schritt von uns!" Franz mußte ihr den Willen lassen warf aber dabei einen raschen, ent schuldigenden Blick auf Marenholz. Asta sah diesen Blick, folgte ihm, und ihre großen Augen wurden dabei rund und tiefdunkel. Nun las Fritzi und schenkt- denVer lrbten keine Silbe. Hatte Asta recht, daß an diesem Tage die verschwiegenen Regungen in der Seele ihres Verlobten ungehemmt großen Stadt täglich Vorfällen, wie Asta sie fast gleichgiltig oft gelesen und doch regte sich auf ihrem Herzens grunde etwas wie ein leises Zittern, eine unklare, dumpfe Furcht, eine un heimliche Ahnung, als wolle der Vor fall plötzlich sie selbst mit einem neuen, versteinernden Antlitz ansehen. Ihre Blicke hingen wie gebannt an den Zügen ihres Verlobten Maren holz hatte die Augen halb geschlossen wer ihn nicht genau betrachtete, hätte ihm nicht angemerkt, daß Besonderes in ihm vorging, während Fritzi las. Asta aber sah schärfer; unter der feinen röthlichen Haut seines Antlitzes sah sie sein Blut erstarren, sich sträu ben, den gewohnten, gleichmäßigen Gang zu nehmen sie merkte seiner Brust die gewaltige Anstrengung an, ruhig zu athmen sie fühlte, seine Augen unter den gesenkten Lidern flimmerten vor Erregung, weil ihnen versagt wuroe, einen raschen, spähen den Blick auf sie Asta zu werfen. Und diese verschwiegene Qual über trug sich auf sie. Die feinen Füblsaden ihrer Seelen bebten und tasteten angstvoll vorwärts, der Verzweiflung, dem stumm drohen den Unheil entgegen, das sie wit terten. „Man mag den Stab brechen über die Arme," schloß der Artikel „wer das Antlitz gesehen hat, das sie im Augenblick vor ihrer That auf der freien Bordschwelle zu der eben imOsten ausgehenden Sonne erhob, ein Antlitz, still überspielt von einem leisen gram vollen Lächeln, voll tiefer Friesens fehnsucht, von wehmüthig-sanfter Vor ahnung endlichen, ewigen Friedens fast verklärt^ — der wird ihr ihre That der Verzweiflung nicht hart vorenthalten können, wird dem gequälten Weibe, ihrem gebrochenen Herzen die Ruhe gönnen." „So weit der Bericht," fügte die Re daktion hinzu, „den uns ein Augen zeuge eingesendet. Wie wir soeben er fahren, haben die Wiederbelebungsver suche. die man sofort angestellt hat, in der That zu keinem Resultate geführt, die unglüliche sVrau von W ist nicht Fritzi keck. Tone verichwiegener Erregung: will die Todte sehen!" „Ums Himmels willen, welcher Ein denn er bemerkte, wie Joseph erblaßte. Jetzt endlich erhob Marenholz oie Lider, blickte Asta in die Augen, die tet sah, und e?n Harter, stählerner Schimmer trat in seinen Blick. „Warum?" fragte er. „Ich will sie sehen," gab Asta statt der Antwort zurück. „Bitte, Joseph, führe Du mich zu ihr." Marenholz schnellte in die Höhe. „Du solltest Dir diesen Anblick er sparen, liebe Asta!" fagk er, und seine Stimme war nicht ganz fest, „es ist lein erfreulicher Eindruck!" „Es ist einer der tollsten Einfälle, die Du je gehabt hast!" fügte Franz grob hinzu. „Die Unglückliche hat einen Mann geliebt, der sie verrathen, der ihr das Herz gebrochen hat," erwiderte Asta, jede Regung in ihres Verlobten Gesicht überwachend. „Sie muß ihn sehr ge liebt haben nun hat sie niemand in Berlin, der ihr die letzte Liebe thut ihr Schicksal droht jedem Weibe, das einen Mann liebt ich will Kränze auf ihr Bett legen ich werde auch sorgen, daß sie ihre Ruhe finde ich bitte, Joseph, hilf mir dabei!" „Gern, gern!" brachte er mühevsll heraus. „Und n'.m komm!" fuhr Asta fort. „Ich mach- mich fertig laß uns nun einmal zu ihr hinübergehen!" Mar-nholz verneigte 'ch stumm er konnte nicht widerr-sen uns nicht beistimmen. Franz sab ihn starr vor Bestürzung an und Asta verließ den Tisch, um sich ihren Hut aufsetzen zu lassen. Es war etwa um die gleiche Tages zeit, als in der Heiligengeiststraße vor Herrn Heinrich Graaf Therese, das Mädchen für alles, trat, -ine Karte in der Hand, mit der Meldung „der Herr Die Karte trug eine Neunpsrlen krone über dem Namen „Leonhard Graf Breying, Herr vom Breyings reuth und dem Bss'sche." Herr H-inrichGraaf und las noch einmal: .Herr vom Brey ingsreuth und dem Bos'fche." „Nicht zu Hause!" bemerkte er dann dem Mädchen. Diese sperrte Mund und Nase auf so lange sie da war, war ihr das noch nie begegnet. „Sie ssllen sagen, Therese, ich bin nicht zu Haus!" Therese gestand, daß sie bereits zu gegeben, der Herr sei anwesend. „Gut ich lasse mich ja auch sonst nicht verleugnen und man soll weder lügen, noch sein; Leute zur Lüg- er ziehen! Führen Sie also den Herrn Berliner Zimmer. Nun ward der Herr vom Breyings reuth eingeführt. Er war ein wenig erstaunt der Vater von Annie Gras empfing ihn im Schlafrock, sehr höslich, mit einem etwas verschmitzten Läch-ln. und frag te im Tone eines alten Ladeninhabcrs: „Womit kann ich aufwarten?" Breying gerieth nicht aus der Fas sung. „Mit nichts mein hochverehrter Herr Graaf," sagte er, auch seinerseits schalkhaft lächeln», „im Gegentheil, ich wollte mir dis Ehre geben, Ihnen meine Aufwartung zu machen." „Ah," dachte Graaf, „eine neumo disch« Art Geschäftsreisende:. Irgend «in großes Haus, das sich d,'n Luxus erlauben kann, einen gräflichen Csm mis Voyageur zu halten. Jetzt handelt es sich nur darum, den Mann auf eine ich mir erlauben darf? —" Breying erstaunte, dann verstand er und lachte fröhlich auf: „Nein, nein! „In Vormundschaftsangelegsnhei ten?" Herr Graaf hatte mehrers ihm „Ebensowenig!" Jetzt sah Herr Graaf feinen Besuch schon mit ein wenig Mißtrauen an. das nicht? mein Herri was, wenn ich sragen darf, führt Sie denn zu mir?" „Ich wollte mir die Ehre geben, Ih nen mein- Aufwartung zu machen!" gefährlicher Schlauberger war. „Gewiß, das hörte ich bereits. Aber ich bin neugierig, zu erfahren, zu wel chem Zwecke." Dabei betrachtete er die perlgrauen, recht hellen Handschuh», den tadellosen schwarzen Rock und feinen Zylinder Br-yings nicht ohne ausgesprochenes Mißtrauen, und eine Ahnung der Wahrheit dämmerte in ihm auf. kennen zu lernen, vielmehr, um die Ehre zu erwerben, von Ihnen gekannt zu werden!' sagte Bieying so verbindlich, wie ihm überhaupt möglich war. Diese kleine Gansi die Tochter dieses villes weiblichemAdreßkalender dermal einst eine runde Million erben würde, hätte ihm, als cr sie um die Erlaub niß fragte, bei ihnen Besuch machen zu dürfen, auch irgend eine leise Andeu iung geben können, was für ein Mam muth und Deinotherion in gesellschaft licher Beziehung ihr Herr Papa wäre. Der alte Mann hatte die schnurrige Ansicht, daß man immer etwas von ihm wollen müsse, wenn man ihm auswar tete. „Ich theile die Menschheit in zwei Klassen," begann er mit einer Art Gal genhumor. „Die «ine ist an sich nicht interessant; geht man zu ihnen, so hat man Geschäfte mit ihnen oder bedarf ihrer sonst irgendwie. Die andre um faßt die nicht allzudicht gesäten Män ner, welche eine Persönlichkeit besitzen, die man um ihrer selbst willen aufsucht uns bei denen man es sich zur Ehre schätzt, vorgelassen zu werden. Die erst« Klasse »st für mich nur ein nothwendi ges Uebel, in die andre rechne ich „Sie" hatte er sagen wollen, fuhr aber lieber mit kühn abgebrochenem Satze fort: „nun, mein hochverehrter Herr Graaf, ich hatte soeben die Ehre, Ih nen zu erklären, daß mich kein Geschäft zu Ihnen führt!" Dieses hochmuthige Kompliment be antwortete der alte Kammmacher da mit, daß er seine Brille aus der Tasche langte, aufsetzte und dann, über den Rand derselben hinweg, den Besuch mit „Ich hatte den Vorzug," begann Graf Breying in seiner Verlegenheit auf's neue, „durch ineinen Freund, losten Ihrer Fräulein Nichte, Ihrer Fräulein Tochter vorgestellt zu wer ten " Wieder kam ein Blick über den Bril lenrand, über den ihm das Wort im Munde stecken blieb. Doch entschloß stch der Plebejer jetzt zu einer Art Höflichkeit. „Ah so, meine Tochter. Ganz recht, meine Tochter hatte mir auch " Er blickt- auf die Karte, die er noch in der Hand hielt. „Würde mich Ihres werthen Namens auch erinnert haben, hätten mich di: drei Namen da auf Ih rer Kart- nicht verwirrt!" „Breyingsreuth und das Bos'fche sind die Stammgüter meiner Familie!" Herr Graaf machte sogar eine Ver beugung, eine Verbeugung vor den Stammgütern. „Sie sind LaNdwirth, wenn ich fra gen darf?" „Das nicht, ich lebe in der Reichs hauptstadt als Privatier!" „Bewirthschaften also Ihre Güter nicht selbst!" Dies sehr höslich, aber mit sehr hel len Augen. Breying lächelte. „Breyingsreuth und das Bos'sche sind leider schon im vorigen Jahrhun dert an -inen Seitenzweig gefallen." Herr Graaf machte eine Bewegung, als wolle er seine Verbeugung vor den Stammgütern wieser zurücknehmen: „So, so!" „Und Güter besitze ich nicht!" fügte Breying plötzlich mit großartiger Offenl>erzigkeit hinzu. Er sah ein, er mußte vor diesem Selfmademan ein andres Register ziehen. Heinrich Graafs Augen verloren ei nen Tbeil ihres mißtrauischen Aus drucks. Er warf einen raschen Blick auf die Uhr und nahm endlich jetzt auch ei nen Stuhl, mit der Miene: „Schön, diesen Besuch müssen wir ja nun wohl über uns ergehen lassen!" „Was auf meiner Karte steht, bedeu tet keine Anmaßung es sind die al ten historischen Titel meines Geschlechts, an denen ich um so fester halte, als ich selbst noch nie versucht habe, aus ih nen Kapital zu schlagen. Ich habe kein Vermögen, kein Amt, keinen Posten bei der Regierung oder in der Armee ich bin, da wir nun einmal auf meine persönlichen Verhältnisse' zu sprechen gekommen sinv, ein freier Mann, das heißt, ich lebe vom Ertrage meiner Ar beit!" Jetzt verneigte sich Herr Graaf im Ernst, leicht, aber mit freundlichem Lä cheln. „Als Kaufmann?" „Als Schriftsteller!" Herr Graaf zog nicht die Augen brauen in die Höhe. Er achtete jede Art Arbeit. „In ser That, der freieste Beruf!" „Uns ivenn ich fragen darf," fuhr er lächelnd fort. „Sie sind mit Ihrem Berufe zufrieden? Man sagt, der deut sche Schriftsteller sei nicht immer auf Rosen gebettet?" „An der "Zeitung!" „Nicht meine Richtung," bemerkt« „Doch eines der ionser das Blatt gelten lassen politische Gegnerschaft ist in Berlin so leicht mit persönlicher Gehässigkeit versetzt." ungewöhnliche Bahnen gekommen ! dann empfahl sich Br-ying mit der Empfindung, einen nicht ungünstige!? Eindruck hinterlassen zu haben. Der alte Herr aber, wie er die Thür hinter jenem geschlossen, lachte hart auf. ner Besuch in aller Form gewesen ei, ei Sie wären mir der Rechte für mein Goldfischchen, lieber Herr. Ein rechter und echter Junker von Habe nichts! Therese, merken Sie sich Den stark beschäftigt!" ' nicht in meinem Hause!" „Wie gesagt, Therese." brummte er noch einmal in Sie Kückie hinein, kommt der wieser: „nicht zu sprechen!" Als Herr Graaf diese Order gegeben hatte, trat er zu seiner Tochter Annie in's Zimmer. öfter zu ihr.en kommen!" Annie sah auf, wagte aber nicht recht zu antworten. Du gern zu ihnen gehen? Gern oft zu ihnen gehen, Kind?" leise Angst heraus. Glückselig schlug sie die Augen zu ihm auf. „Ach ja!" sagte sie strahlend. Er mußte sich den Nagel tiefer in's Herz treiben. London muß —würdest Du unter deß gern ein paar Wochen ganz bei ihnen leben, mit Onkel, Franz, Asta und Fritzi?" Der Name Fritzi war ihm am schwersten auszusprechen. Statt aller Antwort stand sie auf und blickte ihn mit so vollentzücktem Gesicht an, daß sein altes Kinn zu be „Er hat recht er hat recht," rief es in ihm, „sie vergeht bier!" Und er klemmte die paar gelben Zähne, die ihm geblieben, fest auf die Unterlippe. „Es ist wohl sehr schön bei ihnen?" „Sehr schön, ach herrlich, Papa!" Dies „sehr schön" so offen, so froh hatte sie zu ihm nie gesprochen, seit ihrer Kinderzeit nie, kaum zu Weihnachten einmal bei Geschenken, die sie besonders freuten! „Sehr schön," sagte sie noch einmal mit Emphase. „Der Garten, der herr liche Gartensaal! So groß, größer als unsre ganze Wohnung, und Marmor säulen, Palmengruppen darin, so herrli»e italienischen Landschaften, so wunderschöne orientalische Teppich —" „Ja, Marmor," dachte er, „Palmen, italienische, orientalische Dinge, allen diesen fremdländischen Plunder wendet diese verfluchte moderne Zeit an, uns Alten das Herz unsrer Kinder zu ent fremden, es die alte, schlichte, deutsche Art verachten zu lehren. Was unsrer Eltern höchster Prunk war, was wir mit scheuer Liebe lange Jahrzehnte ge pflegt und geehrt haben, das ist ihnen einfach unmodern, geschmacklos fort sei!" „Asta ist wohl ein sehr hübsch:sMäd macht war der ihre, mit mehr Ge schmack, reizend kleidet sie sich!" Hatte er in der Erziehung seines Kindes etwas versehen? G-schmack? Nach Ausbildung ihres Geschmackes hatte er nie gefragt. „Geschmack bringt man auf die Welt mit, mein Kind!" sagte er bitter. „Man hat ihn entweder, oder hat ihn nicht!" Er ward bitter, weil er den ersten leisen Vorwurf sich in seinem alten Kunstausstellungen, großen Magazine, diese Ausstellungen des Kunsthand werks, wo man so reizende Sachen sieht, da würde mein Geschmack sich auch entwickelt haben!" Das sprach sie nicht aus aber scharssinnig, wie er war, las er ihr den Gedanken vom Gesicht und gab ihr mit brennendem Schlünde recht. Etwas kleinlaut fuhr Annie fort sie merkte ihm die beginnende Verstim mung an, aber ihr Herz ein ihnen. Ich sah von weitem, wie sie ihn empfing und ach. ich war froh," sie sprach plötzlich mit sehr gedämpfter Stimme „d«ß ich nicht mit dabei zu sein brauchte beim Empfange der Ex zellenz ich fürchte, ich hätte mich wie ein rechtes Gänschen benommen!" „Wie ein rechtes Gänschen!" wieder holte er dumpf und ließ den Kopf sin ken, den er sonst nicht gerade hoch, aber wahrlich nicht gesenkt zu tragen pflegte. Eine Pause entstand. Annie merkte, daß der Vater mit sonderbar trüben Augen vor sich hin starrte. „Sei mir nicht böse, Papa," bat sie. „aber Du fragtest mich ja." „Ich bin Dir ja nicht böse, Kind!" Ja, ja, es war nicht zu leugnen Haben. Für den Verkehr mit Excellen zen war sie nicht erzogen. Und für den Verkehr mit Excellenzen muß doch nun Wilhelm 111., der schlichte, bürge» wegen pflegt? Aber er füblte, dies Feuer, Wasser bei Wasser" würde sie einfach nicht verstanden haben. Und ein Prinzip, das einfach „nicht ver standen" wird ist gerichtet, ist todt. Der Hochmuth, diese Tugend desAdels, ist in uns Bürgerpack gefahren, sagte er sich, wir möchten es gern ihnen gleichthun in Beherrschung gefälliger Umgangsform können wir ihnen konnte es sich nicht verhehlen: er selbst schämte sich auch. Da war die Bresche! Und nicht nur da. Er studierte in grimmig in seiner Tochter Gesicht herum. So viel schöner ist alles bei ihnen, las er d>a, so viel freier, so ein ganz an- Wir, ja wir sind die Eulen, die nun einmal in unfreiwilliger Blindheit die Augen vor dem neuen Tage nicht aus des Reiches Herrlichkeit weht, da-Ban ner von Purpur, Seide und Gold väterlicher Verhältnisse, will es nicht „Es ist Zeit, daß ich sterbe!" sagte Bitterkeit voe üch hin. „Wie?" fragte Annie, die nicht »er stand. Deinen Verwandten gehen magst, wenn Du Dich dort so viel wohler fühlst, wohlan, so geb hin, geh, so oft Du maast, ich will Dir nicht imWege sein!" Ehe sie noch antworten konnte, drehte „Ältes, trauriges Huhn." dachte er auf dem Gange. „Du stehst am User und kannst die Entlein nicht hüten, sie wollen schwimmen!" Ihm war. als wankten um ihn die wrasendumpfen Mauern des dunklen Korridors. (Fortsetzung folgt.) Eine praktische Schöne. Der junge Schlucker (Clerk mit 510 Per Woche»: Ob ich Sie liebe? Ich gebe ja aus! Was denken Sie davon? Die junge Schöne: Ich denke, Sie sollten eine Gehaltserhöhung bekommen. ?mn Schmuck des Weihnachts- Baumes. Nur eine sehr kurze Spanne Zeit trennt uns noch von der fröhlichen, se ligen Weihnachtszeit und Jedermann beginnt daraus zu sinnen, wie er seine Lieben am besten ersreuen kann. Für die Kinderwelt ist der in strahlendem Lichterglanz und prunkendem Schmuck prangende Weihnachtsbaum aber stet» das hefte Geschenk, er ist gewissermaßen das Symbol des schönen Festes. Da rum dürsten unseren Leserinnen einige Winke für den Schmuck des Baumes willkommen sein. Einen prächtigen Baumschmuck erge ben Schmetterlinge, die sich in der« Zweiaen des Baumes schaukeln. Man reiht hierzu weiße oder silberschimmern de Glasperlen auf feinen Blumendraht und formt daraus die Flügel des Schmetterlings, dessen Leib man aus einem Flöckchen fest zusammengerollter Watts fertigt und querüber dicht mit ausqefädelten Perlen bewickelt. Am Kopfe bringt man an den geeigneten Stellen zwei größere, schisarze Perlen als Augen, sowie zwei lange und zwei kurze Fühler an; erstere stellt man aus glattem Draht her, an dessen Ende je Perle befestigt wird, die kurzen Draht gereihten Perlreihen. Unten am Leibe des Schmetterlings befestigt man eine Drahtspirale, die derart an dem Baum befestigt wird, daß der Schmetterling über den Zweigen zu schweben scheint. Die Spirale stellt man her, indem man den Blumsndraht fest und dicht um eine Stricknadel wi ckelt und dann herunterschiebt. Reizend sind ferner Lamettakörb chen. Aus Blsmendraht fertigt man zierliche, kleine Bügelkörbchen, die man dicht mit Lametta bewickelt, indem man letztere hin und zurück durch dasDraht oeftell zieht. Die Lamettaenden müs sen natürlich sorgsam gesichert werden. An ihrem Bügel aufgehängt, dienen diefeKörbchen zur Aufnahme desChrist baumconsektes oder Eandies. Allerliebst sehen auch kleine, mit Glöckchen behangene Tamburins aus. Man nimmt hierzu den Rand eines kleinen.' kreisrunden Schachteldeckels, bronzirt denselben innen und außen und bohrt sodann dicht nebeneinander kleine Löcher hinein, durch welche man zuerst der Länge, dann der Quere nach ein feines Goldschnürchen zieht. Außen aus dem Rande des Tambou rins befestigt man, in angemessener Entfernung von einander, winzige, runde Metallglöckchen, oder in Er mangelung derselben kleine Mes sing-Kugelknöpschen. Eine Schlinge von Goldschnur dient zum Aushän gen. Viel zur Belebung des Baumes tra gen kleine, bunte Fähnchen bei, die hier und da an den Zweigen aufgesteckt wer den. ferner kleine, im Strahl der Weih nachtskerzeni prächtig funkelnde und blidende Brillantkronen. Dieselben werden aus ganz dünnen, abgeschälten Weidenruthen geflochten uns Vicht mit weißen Wollsädm umwickelt. Hierauf legt man das Krönchen- etwa 24 Stun den in starke Alaunlösung. Setzt man letzterer einen beliebigen Farbstoff zu. so kann man den Krystallüberzug auch farbig herstellen. Schmale bunte Bobybändchen dienen zum Aufhängen. Sehr hübsch, wenn auch etwas müh sam anzufertigen, sind silberne Schiff chen; man kann dieselben auch als klei ne Nähbehälter für Spulen, Nähna deln, Fingerhut u. s. w. bsnützen. Um das Schifflein herzustellen, schneidet man zuerst aus Pappendeckel die Mu ster für die einzelnen Theile und dar nach den Boden ans Carton und hell zusammennäht, gemacht, mit blauer schlössen. Von der Spitze des Mast fehlen. beklebt sie außen dicht mit Moos, süt chen. welche nicht angehängt, sondern mittels Dextrins auf den Zwergen fest geklebt werden, machen in den Zweigen des Weihnachtsbaumes einen sehr hüb sche» Effect. Pech. Sieht sie über mich weg! Keine Sorge. Frau: »Du gehst schon wieder in die Kneipe, Mann? Was soll das nur werden, wenn Du alles Geld verbringst? Näch stes Jahr soll der Junge zur Schule." Mann: «Na ja, bis dahin bin ich ja zurück!" 3
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