6 Sic Kunst. Ilch ;u kleiden. Bon Georg Buj>. „Die Schönheit des Körpers," sagt Galen, „beruht auf dem Ebenmaß aller Theile, wie im Kanon des Polykl«! ge zeigt ist." Was ist aber Ebenmaß? Wir nehmen an, daß es «in uns wohl gefällig berührendes Verhältniß der einzelnen Theile unter sich und zum Ganzen ist. Lässt sich dieses Verhält hältniß genau sixiren, durch mathema tische Formeln ausdrücken, ist es das Verhältniß dH goldenen Schnitts? Menschliche Ertenntniß hat eine Gren ze, und auch in diesem Falle. Das Wesen des Ideals beruht darin, daß es sich niemals verwiMcht. Die ab solute Normalgestalt weroen wir nie mals finden, denn sie ist unerreichbar unerreichbar wie das Absolut- Schöne. daß die Schönheit des Körpers auf dein Ebenmaß aller Theile beruht, wie denn überhaupt das Ebenmaß in der Kunst stets als der erste und wichtigste Factor anerkannt worden ist. Wir ges für das Charakteristische der Er scheinungen ein Norinativ-Tchönes gewonnen, in dem das Ebenmaß eine stalten, bestimmen das Verhältniß der einzelnen Theile unter sich und zum ganzen Körper, ziehen aus di«sen Er gebnissen das Mittel und construiren eine Normalgestalt in der stillschwei genden Anerkenntniß, daß sie in Folge unserer menschlichen Beschränkung die einzige, wahre, echte Jd-algestalt, di« absolut schön ist, noch immer nicht sein kann. Wir müssen uns also begnügen mit einem Nothbehelf. Solche Normalgestalten haben Poly moch Bochenek, ganz abg-sehen von ei -ner Reihe anderer Künstler und Na turforscher, conftruirt und zur Nach achtung empfohlen. Die Laien gelangen, wenn auch in schlichterer Form, auf demselben Wege zu der scheinbaren Ertenntniß der lschönen Gestalt: wir üben Kritik an diesen und jenen Menschen, die uns ergründen und sichtbar zu'veranschau lichen sucht, wird der vom Künstler aufgestellt- Kanon die Richtschnur ab- Die Vorzüge der Gestalt zur Er lcch vor, wohl aber zu der unbeding ten Forderung, daß sich die Vertreter und Vertret.«.'innen der Bekleidungs kunst nach Möglichkeit mit gewissen Anforderungen der Aesthetik und ganz besonders mit einem guten Ka können und überhaupt einen festen Halt zu haben gegen Thorheiten der Mode, die geradezu den Glauben er wecken, als habe eine völlige Verschie bung der Körperverhältnisse stattge funden. Von gewitzigten Vertretern der Be- IleidungÄunst wird jene Forderung als sehr berechtigt anerkannt, und es der zahlreichen Schneiderakademien, die in den letzten Jahrzehnten entstan den sind, das ästhetische Moment beim Zuschneiden eine ganz hervorragend- Würdigung gefunden. Leider werden die Institute, die man nur zu oft we gen ihrer hochtrabenden Signatur be spöttelt. noch nicht in wünschenswer thein Umfange besucht. Die meisten von ihnen können wirkliche Werthschä tzung beanspruchen, da sie ihren Schü lern und Schülerinnen neben der praktischen auch die in unseren Tagen ganz besonders nothwendige theoreti sche Ausbildung« verschaffen. Wenn ein- Schneider!-', in der Geschichte der che» werden. Also zu belächeln sind die Institute, welche diese Kenntnisse zu vermitteln suchen, durchaus nicht. fer Schneiderinnen zu bespötteln, die in ihren Ateliers die Venus Milo, die Medicäerin oder sonst eine klassische Frauenfigur stehen haben, um an die- Schon ein einfacher Kanon für ein« weibliche Gestalt kann der Schneide rin, die ihre Kundin verschönern will, vortreffliche Dienste leisten. Die Nor malfigur ist acht Kopflängen hoch, mithin beträgt ihre Schulterbreite zwei Kopflängen. Weicht die Schulterbreite der lebenden Gestalt von diesem Nor malmaß ab, so kann di; Schneiderin durch das Costüm corrizen: si- wird die allzu bedeutende Schulterbreite verringern, und die allzu geringe Schulterbreite zu steigern suchen. Mit Vortheil wird sie auch corrigiren kön nen, wenn sie weiß, daß bei der Nor malfigur die Taillenbreite gleich einer Fußlänge ist. Diese normale Taillen breite durch Schnürungin zu einer ganz abgesehen von den bedauerns werthen Nachtheilen für die Gesund heit, eine Geschmacksverirrung, die nicht scharf genug zu geißeln ist. Ein« von Natur zu schmal geformte Taille, die erheblich hinter j-n« des Kanons zurücktritt, kann hingegen, um sie dem übrig-n Körper proportional erschei nen zu lassen und die viel begehrt« Schlankheit zu erreichen, durch Wat iirung verbessert werden. Von dieser Verbesserung machten insb«sonders die französischen Modedamen von der Re volution vielfach Gebrauch: sie benutz ten zu diesem Zweck klein« Hüfttissen und verlängerten auch die Taille des Kleides. Leider wurden diese Hilfs mittel in kurzer Zeit in einer solchen Uebertreibung angewendet, daß von ei ner Verschönerung kaum noch die Rede Di: Damenconfection benutzt mit Vorliebe das lebende Modell, die so genannte „Eonsectioneuse". Jedes größere Geschäft gebietet über ein hal bes oder ganzes Dutzend dieser Da men, unter denen die englische Figur, die Normalfigur und Figuren in ver schiedenen Stärken und Größen ver treten sind. Ein Uebelstand bei dieser Massenfabrikation, die ja in Hinblick auf dss Wesen unserer heutigen Indu strie durchaus berechtigt ist, besteht nur darin, daß die individuellen Besonder heiten der Käufer keine Berücksichti gung finden können. Wer eine fo-che Berücksichtigung beansprucht, muß auf Massenwaare verzichten und sich einen Anzug nach Maß „bauen" lassen. Der geschickte Maßnehmcr wird aber nicht ren Fällen zu Gunsten einer vortheil haften Wirkung gewisse, nothwendig erscheinende Correcturen nach den Nor- Es könnte nun so scheinen, als ob auch gewissen Moditollheiten ein Zu geständniß gemacht werden soll. Ge möglichst genau inne hält und aus Sonderbarkeiten, welche eine scheinbare Verschiebung der Körperverhältnisse herbeiführen, verzichtet. Leider läßt sie diesen '.llnstlerischen Grundsatz nicht ausschließlich walten, oft unterdrückt sie ihn sogar, um nur etwas Neues, schäftes einen Modezwang in der siche ren Voraussicht auszuüben, daß sich ihm die Damen willig unterwerfen werden. Daß txr Geschmack bei ei nem solchen Verfahren oft zu kurz kommt, lehren zahlreiche Beispiele: aus jüngster Zeit mögen nur die Keulsn ärmel angeführt werden, jene Mon stra, die an Geschmacklosigkeit ihres Gleichen suchen und ganz besonders scheußlich wirlen bei kleinen, an und für sich schon breiten Damen. Als Princip in diesem Unsinn hat wahr scheinlich gegoltin, die Taille durch den Gegensatz der gewaltig gesteigerten Schulterbreite möglichst schmal erschei nen zu lassen. In Wahrheit sind je doch Figuren geschaffen worden, die bedenkliche Aehnlichkeit mit den be ht das Ergebniß au' d-n Bei der Bekleidung des Körpers ist worden sind, zu durchblättern. Aber alles Neu« entwickelt sich aus dem Al- Der angeborene Geschmack, die Aus wahl kostbarer, theuerer Ltosse, die einfache Anerkennung der Tages lich Schönes erreicht werden soll. Den Beschluß dieser Ausführungen mögen des Dichters schöne Worte bil den: „Gott nur siehet das Herz. Darum eben, weil Gott nur das Herz Erträgliches sehen." So hat Schiller treffend die eigentliche Triebfeder des Schmackens und Putzens gekenntzeich geschmackvoller Roben, Hüte, Umhänge und Sonnenschirme ist nichts weiter als «in Ausfluß der höchsten Rück- Weibliche Studenten. Ein französischer Schriftsteller Na mens Louis Frank hat sich mit der Frage beschäftigt, welche Stellung die Frauen in den verschiedenen Staaten Europas und Amerikas zur Universi tät einnehmen. Darnach wurden die Universitäten in Frankreich den Frauen schon 1863 geöffnet. Eine Dame, die den Magistergrad in der Mathematik erwarb, erhielt an der Scrbonne das erste Diplom und un gefähr gleichzeitig eine englische Dame das erste medizinische Doctordiplom. 1868 hatte die medizinische Fakultät in Paris 4 weibliche Studenten, 1886 119. In der juristischen Fakultät in Paris wurden dagegen nur 3 Damen immatrikulirt. In Deutschland sind die Frauen hinsichtlich des Universi tätsstudium mit am schlechtesten ge stellt. Sie werden weder zu den Vor lesungen noch zu den Examen zuge lassen. Zwar erhielten 1871—8 V an der Universität zu Leipzig einige Da men Zutritt zu den Vorlesungen, doch wurde die Erlaubniß später wieder aufgehoben, ebenso in Bayern, wo 188 V auch den Frauen der Zutritt zu den Vorlesungen gestattet worden war. In Oesterreich - Ungarn und Spanien sind den Frauen die höheren Unter richtsanstalten gesetzlich verschlossen. Rußland besitzt «ine medizinische Hoch schule für weibliche Studirende. Die Wirksamkeit dieser Anstalt ist durch eine kaiserliche Verordnung vom 2. August 1890 geregelt und ein im vorigen Jahre ausgestellter Utas hat außerdem den Frauen das Recht er theilt. an den russischen Eisenbahnen als chirurgische AjliAnten zu sungi ren. Dagegen verbietet ein Ukas von 1876 den Frauen, die Advocatur und Anwaltschaft auszuüben. In Belgien haben die Frauen das Recht, alle Vor lesungen zu hören und akademisch« Grade bei allen Fakultäten zu erwer ben, dagegen können sie nur als Aerzte oder Apotheker prakticiren. Die eng lischen Universitäten stehen den Frauen schon längst offen, wogegen sich die schottischen in dieser Beziehung noch, bis vor kurzer Zeit ablehnend verhal ten hattem Erst nach langen Käm pfen ist es so weit gekommen, daß die Universität zu Edinburg weibliche Studirende zuläßt. Holland zählt viele Damen unter seinen Studirenden. Das Hauptcontingent weiblicher Stu dirender findet man aber doch in der Schweiz. Deren Anzahl betrug dort im Sommer 1892 641 und der größte Theil da«n war in Genf, Bern und Zürich, ewige in Lausanne und Basel. Von diesen weiblichen Studenten stu dirten 161 Medizin, 46 Philosophie, 21 Naturwissenschaft und 5 Jura. Trotz alledem gibt es unter den 1137 pratticirenden Aerzten ,der Schweiz nur 10 weibNche. In Italien haben die Damen Zugang zu allen Hochschu len sowie das Recht, jede Wissenschaft-, liche Bethätigung mit Ausnahme der Anwaltschaft auszuüben. In Rumä nien steht die Universität zu Bukarest den Frauen offen, ebenso wenig ist in versität einschreiben zu lassen. Voll ständige Unterrichtsfreiheit herrscht in den Ver. Staaten, wo den Frauen nie mals dij höheren Unterrichtsanstalten verschlossen waren. In 23 Staaten der Union steht es den Frauen nicht Aerzte gibt. Die Sonntagsruhe. A. " Vielfache Scheidung. Algy: „Ich wundere mich, daß Ihr Schauspielerinnen Euch fast immer rm: „Das lommi von den häufigen Pausen zwischen unseren Ehen!" Sin Tag in Bayreuth. Bayreuth, di« Stadt des reinen Thoren (wie sie in Anspielung auf Parsifal genannt wird) liegt auf der oberfränkischen Hochebene, in ziemlich weitem Boge?« umkränzt von sanftge wölbten Hügeln, den Borbergen des rauhen Fichtelaebirges. Ein nicht zu anspruchsvoller Naturfreund kann dem Landschaftsbilde Behagen abgewinnen und Derjenige, welcher es auf die Ent deckung einer bis tief ins Mark hinein waldursprünglichen! Kleinstadt abgese hen hat, wird schwerlich wo anders seine Neugier besser befriedigen können. Wenn man ganz ehrlich sein will, so Nest. Trotz seiner 23,999 Einwohner Gassen durchwandert. Aber alle zwei bis drei Jahre wird dieses trostlose Nest dem Winterschlafe entrissen, mit einem Schlage entwickelt sich weltstädti- Zimmerchen abverlangt, zu dem lin stockfinsterer Corridor führte, welcher die schönste Gelegenheit zum HalSbre- Richard Wagner. Wie die meisten genialen Menschen Lebensjahren gewesen. Einst wurde ihm eine halbe Million Dollars ange boten, wenn er nach Amerika kommen und dort den Dankees seine Zukunfts musik höchst eigenhändig vordirigiren wolle. Er schlug das Anerbieten ent rüstet aus, nahm aber doch PS9W kür die allerschlechteste seiner Kompositio nen, den Philadelphiaer Centennial- Marsch, an. Bei der Begründung des Festspielhauses schwebte ihm der Ge danke vor, daß sein Kunstwerk uicht zum Privilegium der begüterten Klas sen entwerthet werden solle, er wollte überhaupt keinen Eintrittspreis bei den Festspielen erheben, dafür aber auch nur den Würdigen, namentlich ?en lernbegierigen Musikern den Besuch ge statten. Er hatte den schwärmerischen und damals noch ganz gesunden König von Bayern vollständig in der Hand und es hätte ihm wohl nur ein Wort gekostet und die in den königlichen Prunkschlössern später verschwendeten Millionen hätten in München ein Fest spielhaus ganz nach den Plänen deS Meisters geschaffen. Aber Wagner war verstimmt durch die Gegnersekast der Münchener, besonders der pariiku laristischen Hofclique. Er entzweite sich mit seinem Freunde auf dem Throne und zog sich grollend nach dem weltentlegenen Bayreuth zurück. Dort baute er sein Festspielhaus unter uner hörten persönlichen Opfern aus eigenen Mitteln und denjenigen seiner Freunde. Jetzt steht es da am denkbar schlechte sten Orte, weit ab vom Weltverkehr, es kostet den Wagnerschwärmern schweres Geld, um nach B. zu gelangen uno dort in der schlechtesten Weise zu oezitiren, und der Fremde, welcher jetzt 21 Mark für einen Sitz bezahlt, bildet sich bei diesen in Deutschland unerhörten Prei sen noch ein, daß er das Opsc: einer Geschästsspekulation Seitens der Frau Cosima Wagner geworden ist. Das ist nun zwar ganz und gar nicht der Fall, denn die Wittwe des Meisters kann froh sein, wenn die Spielperiode kein Defizit hinterläßt, aber man kinn den Leuten, welche von den kleinstädtischen urtheil gar nicht ausreden. Ja, hätte Richard Wagner einen Manage c ge habt, der ihm den geschäftlichen Theil dann könnte jetzt die Hälfte deS Hau ses zu 40 Mark per Sitz verlöt wer lernbegierigen Musici znr freien Be nutzung hätte übergeben werden kön nen. Ich konnte nur einen Tag, einen entsetzlich kalten und regnerischen Tag, in Bayreuth verbringen, da es gar nicht möglich war, für die späteren Vorstel lungen Eintrittskarten zu erhalten. Selbstverständlich besuchte ich die Villa Wahnfried, wo die Familie Wagner wohnt, sowie das hinter dem Hause be legene Grab des Meisters. Das visl von einem herrlichen Parke umschlosse nes Gebäude, dessen Inneres man je doch nur auf Einladung der Frau Co denn die Wittwe des Meisters ist damit umrankten schlichten Marmorplatte ohne jede Inschrift. Villa Wahnfried in Bay reuth. Das Tabernakel Wagnerischer Kunst liegt etwa 20 Minuten vom Bahnhofe entfernt auf einem die Stadt überbli aus Stein aufgeführt, sondern der obere Theil besteht fast gänzlich aus Fachwert. Aber das Theater hat rie senhafte Dimensionen. So beträgt die Höhe der Bühne 43 Meter, also unge fähr 142 Fuß. Der Zuschauerraum huldigt rein demokratischen Grund der Zuschauerraum besteht, kostet ein Sitz so viel als der andere. Das Par terre ist eine ziemlich steil aufsteigende seitlich theilt. Aus diesem Musen was an die frivole Genußsucht unserer Tage erinnert, dagegen sind alle Ein richtungen bequem und es gibt wohl kein anderes Theater, welches sich so rasch füllen und entleeren kann. Das Haus faßt im Ganzen 1650 Zuschauer, Berliner Opernhaus 1800, das Hof theater tn Dresden 1730, das Ham burger Stadttheater 2<XX>, das Mün chener Hoftheater 2399 Zuschauer auf nehmen kann. Die Baukosten des Festspielhauses betrugen 39,999 Mark. Am Tage meines Besuchs wurde Tannhäuser gegeben. Ich war, wie viele Andere nur wegen der von Bay reuth monopolisirttn l?tzten Oper Wagners, Parsifal, nach Bayreuth ge pilgert und war deshalb recht ent täuscht, als ich den Theaterzettel mit Tannhäuser vorfand. Tannhäuser hatte ich wohl dutzendmal« in vorzüg licher Aufführung gesehen, jedoch sollte ich bald erfahren, daß Tannhäuser in der Bayreuther Vollendung ausge führt, etwas ganz Anderes ist, als Wagners Grab. Tannhäuser in Dresden, Berlin oder München. Ich würde gern eine noch weitere Reise machen, um jenen Ge nuß noch einmal durchkosten zu kön nen. Von der Klangwirkung des un terirdischen Orchesters kann man sich gar keinen Begriff machen, wenn man nicht selbst Öhrenzeuge gewesen ist. Hundertundzehn Musiker, sorgfältig auserlesen aus allen Kunstinstituten Deutschlands, spielen hier unter Lei tung eines von Wagner selbst heran gebildeten und in dessen Intentionen eingeweihten Kapellmeisters (der eben falls dem Publikum unsichtbar bleibt). Hier klingen die Blasinstrumente nie mals schmetternd, brutal und grell, hier übertönt kein Instrument das an dere, das ganze Klangbild ist ideali sirt. Ein geübtes Ohr kann auch die leisesten Mittelstimmen mühelos ver folgen. Einen so milden schönen, ab- geklärten Ton des Orchesters findet man wohl nirgends in der Welt. Dazu kommt «ine Akustik, welche den kleinsten Triller der Flöte, wie den gedämpftesten Wirbel der Trommel und das sanfteste Flüstern der Geige» im ganzen Zuschauerraum zur Gel tung bringt. Die Sänger brauchen nicht bis vor die Rampen hervorzutre ten um sich im ganzen Hause verständ lich zu machen, wie das bei vielen Theatern der Fall ist. sondern man hört selbst das ätherischste Pianissimo Bühne. Zu beneiden sind jene un terirdischen Musik«r allerdings nicht. Trotz aller Bemühungen ist es nicht gelungen, den unsichtbaren Schauplatz ihres WirkenS zu vent!!ir«n. Man muß ihnen deshalb Freiheiten in Be zug auf Toilette gestatten, die an an deren Orten undenkbar wären. An schon Wagner hat die Hemdsärmel hi-r salonfähig gemacht. Auch gehört es sich, daß den Unterweltlerischen d«r bayrische Labetrunk während der Pro ben und Ausführungen nicht entzogen wird. — Es ist zwecklos, ausführ lich der Leistungen der Solisten zu ge denken. Es treten hier nur Künstler allerersten Ranges auf und zwar sind sich dieselben wohl bewußt, daß sie vor dem kritischsten Publikum der Welt singen. Wer in Bayreuth abfällt, hat an jeder anderen Bühne einen schweren Stand, wer in Bayreuth besonders ge fällt, dessen Stern wird bedeutend stei gen. Hier werden keine Künstlerma rotten geduldet, auch der größte Des zu unterwerfen und alle vorgeschriebe nen Proben mitzumachen, einerlei wie lange die Rolle schon auf seinem Re pertoire steht. Es sollte ein Künstler Fe st spielhaus chen und Unarten zu machen, welche sogar auf mancher Hofbühne Deutsch lands voH besonders beliebten Sän gern verübt werden.—Selbstverständ lich »wird kein Takt gestrichen, das hast hinreißender Gewalt und Schön heit erscheint, als vielleicht die schönste Perle der ganzen Oper. Waldsriedent des Wartburgbergs, die Welt für die Ausstattung so großartig «ingerichtet ist, wie das Festspielhaus. In allen zur Ausführung gehören gen Wagnerianern eine große Rollt spielt, di« Feststimmung und die Weihe des Orts. Nachmittags und erst um Abends 9 Uhr grünte der Stab des durch den Sühnetod Elisabeths erlösten Sünders Tannhäuier. Das sind fünf Stun telstündige Pausen unterbrochen wer den. In diesen Pausen hat man Gele genheit den durch das gespannte Zu hören ermüdeten Körper gebührend aufzufrischen. Erst Begeisterung, dann Durst, erst Tannhäufer, dann bairi sches Vier, erst höchste Erdenentrückt heit, dann Bratwürste und belegte B-inmchen, das sind die Gegensätze, die in der berühmten Kneipt neben dem Festspielhause in freundlichster Lösung sich versöhnen. In diesen Pausen hat man auch willkommene Gelegenheit das Publikum zu studiren, das interessanteste und vielsprachigste Theaterpublikum,welches auf der Welt zu finden ist. l IndeiPause. Ich hatte erwartet, daß die Mehr heit dieses Publikums aus Leuten be stehe, welche die Neugier nach Bayreuth getrieben hatte, aus Leuten, bei denen „money no object" ist. Kurz aus ei nem Modepublikum, wir man es in den Bädern und an der Riviera trifft. Jedoch waren diese an der Kleidung und am Benehmen leicht kenntlichen Leute bei weitem in der Minderheit. Die Mehrheit bestand aus Musikern und Musikfreunden, man bemerkte viele Künstler ersten Ranges darunter, so z. B. hatte mir der Zufall den be deutendsten Pianisten der Jetztzeit, D'Albert, zum Nachbarn gegeben. An Speisetischen und Büffets ging es recht gemüthlich zu,bei Bier und Kaffee plauderten einander ganz fremde Menschen über die Aufführung, und sogar die vielen sonst so steifen Eng länder und Amerikaner wurden von zum Zeichen, daß die Pause beendet ist und alle Gäste strömen dem Fest spielhaus« wieder zu. Letzteres füllt sich erstaunlich schnell und nach weni- Unfug des Da Capo ist auf's Tiefste Verpönt und erst nach Schluß des Akts erfolgt mäßiger Beifall, niemals aber Es gibt heute nur noch wenige Gegner, welch- Wagner unter schätzen, oder sein« Größe verkleinern ihrem Ein-flusse nicht mehr entziehen. Man kann mit Recht sagen, daß Wag ner der Ausdruck der gesammten dra matischen Musik unseres Jahrhunderts ist. Ab«r in dem Maße wie die Wag ner'sche Musik sich durchgerungen hat, hat auch die Zahl der sogenannten ver rückten Wagnerianer abgenommen. Die Menschen, welche in ihrem blinden Fanatismus nichts Anderes gelten lassen wollen, als Wagner, sind nur noch in vereinzelten Exemplaren vor- Zum Schluß will ich den Lesern eine Ode auf Bayreuth nicht vorenthalten, welche ich in einem der vielen Frem denbücher fand: Alte fronNne- Edelfräulein Lispeln dieses Gnadenortes Heiligen Namen, aufgelöst in Scheue Inbrunst, und der Säuglinz Eingeschläfert von/ nachbarlich Süßen Klängen mannichsacher Wagner-Haspelnder Klaviere, Selbst der Säugling träumt in seine» Unschuldsvollen Windeln nur von Kindermehl und Parsifal... Ach so! j „Also den Rentier Thomas Mülle« willst Du keirathen? Aus Liebe?" „Nein, aus Halberstadt!" —R i Kkirt. .... Wie ist es dm» tel einen Heirathsantrag gemacht?" „Ach, ich wollt' ihr halt 'mal, was An genehmes- sagen!" Zaristisch begründet. Hotelier: „Ich kann den Mann als» votat: „Gewiß, denn er hat gelogen. Die Sirenen locken die Reisenden durch ihren Gesang an, Ihre Tochter aber treibt die Reisenden durch ihren Ge sang aus dem Hotel fort!" Noch gar nichts. A. zu B.: Ich sage Ihnen, in H. sind die Hotel preise so hohe, daß der Oberkellner an l gewiesen ist, beim Präsentiren der Rechnung darauf zu achten, daß sich hinter dem Gaste oder in seiner unmit telbaren Nähe ein Stuhl oder ein Sofa befindet! B.: Das ist noch gar nichts: in R. ist der die Rechnungen Präsentirende soweit medizinisch gebil det. daß er etwa in Ohnmacht fallen den Gästen gleich die ärztliche Hilfe leisten kann! Eingegangen. „Sage mir doch, Männchen, ist der Weg weit in Dein Stammlokal?" „Gott behüte keine zehn Minuten!" „Viel leicht läßt aber die Küche dort zu wünschen übrig," „Ich kann Dich versichern, daß sie vorzüglich ist!" —- „Aber der viele Tabakrauch könnte Dir in Zukunft doch schaden!" „ES wird wenig geraucht und die Ventila tion ist sehr gut!" „Da kommen wohl auch mitunter Damen hin?" „Gewiß, liebes Weibchen!" Dann kann ich also ganz beruhigt mit Dir gehen!"
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