2 Orthopädie in der Eine gute Körperhaltung ist di: nothwendige Vorbedingung für die freie Entfaltung aller edlen Organe. Die fchlechteHaltung ist meist üble An gewohnheit. Nachlässigkeit, führt aber unfehlbar zu dauernder Entstellung. Eltern können nicht genug auf die Ha ltung ihrer Kinder Acht geben, nicht oft genug ihnen die Mahnung zurufen: „Halte dich gerade!" Ein französischer Hygieniier, Fernand Lagrange.schreibt darüber einen beherzigenswerthen Ar tikel, in dem er ausführt: „Im frühe sten Alter sind die Spiele in freier Luft von größtem Nutzen, denn sie beruhen alle auf der Bewegung des Laufens, und das ist die geeignetste Körper übung. um die Athmung zu heben und das Blut mit der größtmöglichen Menge Sauerstoffs zu versehen. So dann aber sind die Laufiibungen auch direkt in orthopädischem Sinne nütz lich, sie stärken die Wirbelsäule, die Haltung des Körpers ist beim Laufen die denkbar günstigste. Die Lieblings haltung des Kindes ist immer so, daß sie eine Verkrümmung der Wirbelsäule zur Folge haben muß, wenn dem nicht bei Zeiten entgegengetreten wird; denn die Rückenmuskeln sind beim Kinde äußerst schwach, unthätig, energielos und geben die Wirbelsäule allen Ein drücken preis, die dauernd auf sie wir ken. Darum ist es vor Allein wichtig, daß das Kind sein« Haltung so oft wie möglich ändert, dabei aber immer wie der zu geraden, gestreckten Stellungen angehalten wird. Man kann gar nicht genug darin thun ja man mag es getrost bis zur Nörgelei treiben —, jede Sekunde dem Kinde zurufen: „Sitz, steh, geh gerade!" Diese unausgesetzten Mahnungen sind der allerwesentlichste Theil der häuslichen Riickengymnastik. Die Muskeln der sortwährend Ge mahnten fangen endlich an, mit größe rer Energie zu arbeiten, sie gewinnen an Kraft, beginnen ihre Funktionen als Stütze der Wirbelsäule zu erfüllen. Wenn das Kind willfährig war und die Eltern hinlänglich aufmerksam ge wesen sind, wird gerade diese Gymna stik nach der Formel „Sitz oder steh oder geh gerade!" die allerbeste Ortho pädie gewesen sein. Wir sehen's ja am bloße Wort bedeutet. „Stillgestanden!" noch schlaffen Gliedmaßen und die Wirbelsäule ganz im besonderen straf fen sich zur höchsten Spannkraft, zu stahlharter Festigkeit. Für junge Leute von schlechter Körperhaltung ist der militärische Drill von wunderbarer Wirkung. Meist schon nach einem Mo nat des Militärdienstes hat die Wir gung sich gar nicht mehr gerade strecken Spiegel stellen. Ueberhaupt ist der Spiegel vielleicht das werthvollste Hilfsmittel bei der Angewöhnung einer achtz'g Johr' z> sei'." Immer Pessimist. Buch noch Wachsthum. Principal: Wie Kindermund. Die »eine Else: „Ach, Herr Doktor, Sie haben sich mit Schwester Käthe verlobt! O, so'n Verloben muß doch schön sein." Doktor: „Warum, Du kleiner Nase weis?" Else: „Käthe thut's näm lich schon zum dritten Mal." Er und sie vor Gericht. Richter: Ihr Alter? Junge Frau Zlorö und AiiÄöcutsäi. „Ein schrecklicher Mann!" Mit dem Ausruf stürmte die lebhafte Frau Anna in das Atelier ihres Gatten. Hans Düben hatte sich seit Jahren in Mün chen als Maler niedergelassen; er war ein geborener Mecklenburger, Anna rühmte sich, ein Berliner Kind zu sein. Düben unterbrach seine Thätigkeit an der Staffelei und wandte den Kopf nach der Dame, auf dem nicht mehr die volle Jugend, doch ein unverwelk licher Liebreiz blühte, der Abglanz eines gesunden, frischen Herzens. Anna riß den Hut herunter, warf ihn auf den nächsten Stuhl und strich sich, Athem schöpfend, das Haar aus der Stirn, während der Maler ruhig fragte: „Gilt das mir?" „Ach wo, Dir!" wies sie mit halb schmollender Miene seine Annahme zu rück, näherte sich schnell und küßte ihn, ohne die Vorsicht vor den feuchten Far ben auf seiner Palette zu vergessen. „Du bist ein lieber Kerl, aber Dein College Bruck ist ein Ungeheuer!" Düben sah sie verwundert an. „Karl Bruck? Erlaube, ich kenne ihn nur als tüchtigen Künstler und guten Kameraden." „Ein Ungeheuer gegen seine Frau!" erklärte Anna. „Meine arme Franzis ka! Das hat sie nun davon, daß sie ihre Jugendliebe sechzehn Jahre lang im Herzen getragen und, als sie ihn in Berchtesgaden wiedergesehen, seine späte Werbung angenommen. Er ist inzwi schen verheirathet gewesen —" „Die Geschichte," schnitt Hans ihr den Faden ab, „kenne ich doch? Als Bruck daZ erste Mal um Deine Freun din freite, wies ihr Vater den armen Teufel ab; nun sind die gereiften Leute eben doch noch zusammen ge kommen. Was thut er ihr denn zu Leide?" „Zu Liebe thut er nichts!" betonte Anna. „Abends geht er in seinen Bräu, und sie sitzt allein zu Hause." „Das ließest Du Dir nicht gefallen", sagte Düben. Sie warf den Kopf in den Nacken. „Gewiß nicht, Hans! Diese süddeutsche Art der Männer, ihre Frauen zu ver nachlässigen, ist unausstehlich!" Er lächelte. „Ich dächte, in unserer Heimath sähe man die Männer auch allein in den Bierhäusern. Ich habe Dich nur verwöhnt." Ein strafender Blick traf ihn, so daß er einlenkte: „Nein, nein, Scherz bei Seite, Du hast es von Anfang unserer Ehe an verstanden, mir das Haus anziehen der zu machen als jedes öffentliche Lo kal." „In der Hinsicht," versetzte sie, „thut Franziska ebenso alles Mögliche, doch Bruck erkennt es nicht an. Es kann leicht kommen, daß sie sich von der Seite eines so stumpfen Mannes in den Nor den zurücksehnt." „Möchtest Du in den Norden zu rück?" fragte Düben. „Das will ich damit nicht gesagt haben," antwortete Anna. „Es lebt sich hier in mancher Beziehung angeneh mer, namentlich für Künstler. Der Kunsthändler kauft Dir Deine Bilder schon auf der Staffelei ab, er macht dabei immer noch sein gutes Geschäft!" setzte sie rasch hinzu. „Der Mann will doch auch leben!" meinte der Maler. „Aber wenn Deine Franziska über weiter nichts zu kla gen hat, als daß Bruck in den Bräu geht?" „Ja, wäre es das allein!" eiferte Anna von Neuem. „Er ist ein solches Gewohnheitsthier.daß ihm sogar Fran ziska's neue Wohnungseinrichtung, die sie aus ihren Mitteln angeschafft, Un behagen verursacht. Seine alten, wurm stichigen Möbel mit den mottenzerfres senen Ueberzügen sollten ihr heilig sein! Welcher Frau von Geschmack ist das zuzumuthen?" „Und da hat es Streit gegeben?" fragte Düben. Sie wiegte den Kopf hin und her. „Streit! Wo denkst Du hin bei Fran ziska's Lammesnatur? Sie gibt leider in Allem nach, das ist ihr Unglück. Statt ihm rund heraus zu sagen: „So will ich's, so muß es gemacht werden, so ist's recht, vom Hauswesen verstehst Du nichts," statt dessen duckt sie unter und schämt sich nur im Stillen über die Art, wie es bei ihnen zugeht. Ich hab' es selbst gesehen. Neulich Nachmit tag komme ich zu ihr, sie sitzen gerade beim Kaffee. Meinst Du. sie hätte mir eine Tasse anbieten dürfen? Gott be wahre! Er wäre ja verkürzt worden. Und noch schlimmer! Franziska erzählt mir, wenn ein Bekannter ihren Mann aufsucht und Bruck läßt sich Bier holen, so fragt er den Gast: „Wollen Sie auch ein Krügel?" „Ja." sagt der, greift in die Tasche und zahlt der Magd zwölf Pfennige." Düben lachte hell auf: „Schatz, weißt Du denn nicht, daß es hier allge mein so Brauch ist?" „Aber Franziska," rief Anna unwil lig. „ist aus ihrem Lübeck her gewöhnt, daß man den Besuch bewirthet, und wird sich nie in diese Verhältnisse fin den. Bei uns im Norden steht auf den Tischdecken eingestickt: „Für die Gäste immer das Beste!" HanZ zuckte die Achsel: „Ländlich, sittlich!" „Nein, ländlich schändlich, muß man hier sagen," verbesserte die gereizte Frau heftig. „Liebe Seele," besänftigte er, „Bruck ist eine so gutmüthige Haut, daß ei sicher auf Alles eingeht, was Franziska wünscht, wenn sie's ihm richtig vor stellt." „Da kennst Du ihn schlecht, Hans! Dickköpfig, eigensinnig ist er, wie all« Süddeutschen, am Alten klebend, jedei Neuerung entschieden abgeneigt und in erster Linie immer nur auf seine Ruh« und Bequemlichkeit daß. ihm jc nichts in die 'Quere kommt, was ihn stört und herausreißt." „Im Allgemeinen," erwiderte Dü ben, „ist das allerdings der süddeutsche Charakter: aber wenn die Leutchen ei nen kräftigen Anstoß von außen bekom men, der sie aus ihrer süßen Behaglich keit aufrüttelt, sind sie ebenso rührig, wie das Volt bei uns, ja sie werden fuchswild und gingen dem Teufel sel ber zu Leibe, wenn es einen gäbe; das hat sich an den Baiern, Schwaben und Pfälzer» im französischen Kriege gezeigt." „So?" gab Anna zurück. „Sie be dürfen nur eines triftigen Anstoßes? Dann besorge Du das einmal bei Dei nem Bruck!" Er war keineswegs so willfährig, wie sie erwartet. „Du bist die echte Berli nerin! Ueberall die Nase und Finger hineinstecken. Euch in fremde Angele genheiten mischen —" Sie ließ ihn nicht enden. „Weil wir hilfsbereit sind, weil uns fremdes Un- „Und aussprachen laßt Ihr auch Kei nen," bemerkte Düben, „immer fallt Ihr ins Wort." Sie rümpfte ihr Stumpfnäschen, das zu dem Gesicht paßte, wie lein anderes gepaßt hätte, und erwiderte getränkt: „Wenn ich so unangenehme Eigenschaf ten habe, wundert's mich nur, wie Du Dich überhaupt in mich verlieben tonn test." Er kniff ihr in'S Ohr: „Kindskopf! Eitel seid Ihr aber auch, Ihr kritisirt Alles und Jeden mit unerbittlicher Schärfe, Euch aber soll Niemand triti siren. Was willst Du denn nun ei gentlich von Bruck, und welchen Anstoß soll ich ihm geben? Daß er künftig für seine Gäste das Bier bezahlt?" Annas Empfindlichkeit war schon wieder verflogen; ihre Stimmungen wechselten im Handumdrehen, und klei ne Reibereien gehörten bei ihr zum ehelichen Vergnügen. Sie nahm dem Maler Pinsel und Palette weg, hängte sich an seinen Arm und begann: „Etwas ganz Anderes, Hänschen! Franziska ist durch ihren Philister so eingeschüchtert, daß sie sich fürchtet, nein, Du wirst es kaum für möglich halten!" „Daß eine Frau sich vor ihrem Mann fürchtet? Nach meinen Erfah rungen nein!" warf er scherzend „Denke Dir, ich finde sie in Thränen, zuerst will sie nicht mit der heraus, ich lasse aber nicht „Sieht Dir ähnlich!" schaltete Dii „Bis ich höre, daß sie sich ängstigt, ihrem Mann zu gestehen, was jeden Andern glücklich machen würde." Dü ben errieth aus der Andeutung, um was es sich handelte. Anna sprach hastig weiter: „Franziska fürchtet, die Unru he, die ein Kind verursacht, wird für Bruck ein entsetzlicher Gedanke fein. Da muß von unserer Seite etwas geschehen, Hans!" „Von unserer?" fragte er gedehnt und fügte spöttisch hinzu: „Sollen wir etwa das Kind zu uns nehmen?" Sie schlug ihm auf die Finger. „Ach, Unsinn! Ich nahm mir sofort vor, der armen Seele beizustehen, natürlich durfte Franziska nichts davon merken. Du mußt zu Bruck und ihm klarma chen, wie ein Mann sich in solchem Fall zu benehmen hat." Düben machte eine ablehnende Hand bewegung. „Das wird ihm schon klar „Nein," widersprach sie, „von selbst wird dem nichts klar! Geh', Hans, thue es mir zu Liebe!" Und sie zupfte ihm schmeichelnd am Bart. „Muß es gleich sein?" fragte er,schon nachgiebiger gestimmt. Sie nickte nur bittend, sie kannte ihre Macht über ihn. „Quälgeist!" brummte er, entledigte sich jedoch mit einem Ruck seiner Loden joppe. Unterwegs überlegte er, wie das Ding am besten anzufangen sei; denn mit der Thür ins Haus fallen mochte er nicht. Er traf den Collegen ebenso thätig, wie er selbst zuvor gewesen, warf aber keinen Blick auf Brucks Arbeit, sondern forderte ihn zu einem Spazier gang in den Englischen Garlen auf. Bruck lehnte ab, er hab- keine Zeit. „Und ich stehle mir die Zeit," er klärte Düben, „ich muß Dir etwas sa gen." „So red' hier!" verlangte Jener ziemlich mißmüthig und fuhr fort zu malen. „Wir müssen im Freien sein," ent gegnete der Mecklenburger, „die Ange legenheit ist ernst und betrifft Dich, Deine Frau darf uns nicht überra schen!" Bruck stutzte, wurde neugierig, da aber Düben nachdrücklich wieder holte, hier sei nicht der geeignete Ort für eine vertrauliche Mittheilung, ent schloß er sich, zu folgen. Der große Park war zu dieser Stunde wenig be sucht, die Beiden fanden bald eine ge fame Alke, und Hans ging ans Werk, mit der Frage einleitend: „Du bist ein Bequemlichkiitsmenfch, aller Sohn, thut Dir Deine Wiederverheirathung nicht leid?" „Ich denke, sie thut Dir zu viel!" gefällt mir's schon ganz gut." „Hast Du ihr das gesagt?" forschte Düben. ilin dir Begleiter, „wie sie mitzuneh men, wenn Du ausgehst. Ich lasse meine Frau nur im Nothfall allein zu Hause." Bruck blieb stehen. „Ja, warum red't Franziska nicht, wenn sie mit will? Hätt' ich denn 'was dagegen?" Düben lächelte. „Sie soll reden, wenn Du den Mund nicht aufthust? Die Wünsche und Bedürfnisse seiner Frau muß man errathen." . zu begehren, was Du ihr nicht an bietest. Sie fürchtet, es könnte Dir un angenehm fein. Und doch müßtest Du Bruck schüttelte den Kopf. „Kinder? Du nicht." Bruck warf sich verletzt in die Brust. „Hör' einmal, was denkst? Das Ge schrei von meinem eigenen Kind nicht ertragen? Wär' ich dann einen Schuß Pulver werth?" die Schulter. „Hab' ich Dich doch rich tiger taxirt, als unsere Frauen! Meine hat es aus Deiner herausgeholt, ihr es den Hörer. „Was sagst? Red'st wahr?" rief er. „Mir sollt' noch der Stolz werden, Vater zu heißen?" Düben nickte. „Es steht Dir be vor!" Da beschleunigte Bruck, der sonst nur sehr gemächlich zu gehen pflegte, seinen Schritt dermaßen, daß der Freund Mühe hatte, an sein:r Seite zu bleiben, und bat: „Halt, halt. Du läufst ja furchtbar!" Dir, beleibtheit zum Trotz schoß er vorauf und davon. Athemlos erreichte er Franziska's Zimmer. Sie saß mit ei ner Handarbeit am Fenster, auf ihrem stillen Gesicht lag ein Zug der Trauer. „Fränzel!" rief er, und da sie zusam menzuckte, beschwichtigte er rasch: „Er schrick nicht, um Gottes willen!" Ihre Hände ergreifend, nahm er den Ton sanften Vorwurfs an: „Mein liebes Fränzel, und du hast mir's nicht zu erst vertraut? Steht Dir die Freun din näher? Wenn Du mir ein Glück bescherst, woran ich bei unserem beiderseitigen Alter nimmer noch ge dacht —" „Du freust Dich, Karl?" unterbrach leuchtenden Blickes. „Ob's mich freut!" versicherte er, den Arm um ihren Nacken legend. Ohne zu fragen, wußte sie, wer ihm ihr Ge heimniß entdeckt. Bruck zog einen Stuhl heran, er litt nicht, daß sie sich erhob, als bedürfte sie schon jztzt der größten Schonung. Er setzte sich dicht neben sie und streichelte ihre Wangen: „Jetzt behältst aber auch nichts mehr auf dem Herzen, oder läßt Dich gegen Andere aus, wenn Du Wünsche hast! Sieh, ich erfülle Dir Alles, was Du willst; Düben meint, daß ich müßt'. Aber daß ich Dich rechtschaffen liebe, daran darfst nicht zweifeln, sonst thust Dir und wir weh! Ich hab' meine süddeut schen Eigenthümlichkeiten, aber auch mein süddeutsch Gemüth, und wenn Du Dich nicht glücklich bei mir fühltest, wär ich ein unglücklicher Mensch!" Jedes seiner herzlichen Worte drang belebend in Franziska's Seele. Ver gessen waren ihre heimlichen Sorgen vor der Zukunft. Am Nachmittag ging sie, verjüngt dareinfchauend, mit ihrem Karl zu Dübens. Dort brannte auf dem gedeckten Tisch unter der Wiener Maschine der Spiritus, den Hans im Begriff war, zu löschen. Anna sah auf den ersten Blick, wie die Dinge standen, und empfing das Paar in ihrer lebhaf ten Weise: „Kinder, Ihr lommt gerade recht zum Kaffee!" Bruck wurde etwas verlegen: „Aber wenn Ihre Buben aus dem Gymna sium kommen?" Anna lachte. „Nur heran, meine Herrschaften! Wenn die Jungen her einstürzen. wird frischer gemacht!" Ein rascher Kuß auf Franziska's Lippen, dann langte sie nach Brucks Hand und fuhr ernster fort: „Verzeihen Sie, Bruck, ich hab« heut was Ehrliches auf Sie geschimpft, bitte Ihnen aber Alles ab. Hans hat mir gehörig den Text gelesen, und ich sehe ein. wir Nord deutschen dürfen keine besonderen Vor züge für uns in Anspruch nehmen. Wir sind vielleicht im Ganzen ein bischen Ihr —" „Vor Allem," fiel Düben leicht spot tend ein, „schneller mit der Zunge!" „Was man „einen großen Mund haben" nennt", gab Anna offenherzig zu, „aber der Kern Eures Wesens läßt nichts zu wünschen übrig!" „Schon wieder von oben herunter," tadelte Düben halb ernst, halb scherzend seine Frau. „Huldvoll und gnädig las sen wir Euch allenthalben neben uns gelten. Und bei der vornehmen Anma ßung, die Euch von uns verletzen muß, sollt Ihr uns von Herzen gut sein. Ehe wir die souveräne Manier nicht able- Scheu vor uns haben." „Das mußt nicht glauben," versetzte Bruck mit schalkhaftem Augenzwinkern, Schuh drückt; schaut Euch nur unsere „Münchener Fliegende Blätter" an, die geben Euch manch einen gesunden Hieb! Doch darum leine Feindschaft! Ihr habt uns das geeinigte Vaterland ver- schafft, und treu wollen wir zusammen halten, denn es wär' eine Schand', weg!" Sofort wandte Bruck sich zu seiner Gefährtin: „Mein Fränzel, mein liebes Fränzel, ich weiß gar nicht, was ich anstellen soll vor Seligkeit!" Seine Stimme stockte, Thränen traten ihm in die Augen. Plötzlich lachte er wieder und schlug sich auf die Kniee: „Ich hab' schon meinen Plan, 's Atelier ist der wärmste Raum, der Bub kriegt's als Kindszimmer!" Anna stieß ihren Mann leise an: „Der Bub!" „Siehst Dn," sagte Düben, „eines so kindlichen Ausdrucks der Freude sind wir kaum fähig. Wir schämen uns fast, unser innerstes Gefühl zu verra then. In der rückhaltlosen Kundgebung warmen Empfindens sind die Süddeut schen uns voraus." „Das leid' ich nicht," widersprach die Berlinerin, „sie sollen nichts voraus ha ben! Du bist der Beste!" Damit fiel sie ihrem Mann um den Hals ünd preßte ihn ungestüm an sich. ?ic Zuildcriiiilch im Zause. Es ist eine bekannte Thalsache, daß cine große Zahl ausgezeichneter ärzt licher Errungenschaften wenig Nutzen zu stiften vermag, weil ihre' Anwen dung für weite Volkskreise zu kostspie lig ist. So verhält es sil? auch mit den Fortschritten, welche die Wissenschaft in der Lehre von der künstlichen Ernäh rung der Säuglinge gemacht hat. Jahrzehnte ernsten und redlichen Mä hens liegen hinter uns, und wir können doch keinen Erfolg verzeichnen, wenn wir die Allgemeinheit in's Auge fassen; denn im dritten und vierten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts starben in Eu ropa von 1000 Lebendgeborenen 188 im ersten Lebensjahre und im achten und neuntmJahrzehnt betrug die Zahl dieser lleinen Todten 194 auf 1000 Die Ursachen d-ieser großen Kinder sterblichkeit sind sehr mannigfach; aber das steht fest, daß etiva zivei Drittel dieser Säuglinge durch Ernährungs krankheiten dahingerafft werden. Na mentlich im Sommer während der hei ßen Jahreszeit, in den Monaten Juni, Juli, August und September, fordert der Brechdurchfall unter den künstlich ernährten Kindern zahllose Opfer. Einen wichtigen Antheil an der Ent stehung dieser Krankheit hat zweifellos das Darreichen verdorbener Milch. Nun ist es in letzter Zeit gelungen, die ses so überaus leicht zersetzliche Nah rungsmittel durch zweckmäßiges Abko chen haltbar zu machen oder zu „steri lisiren", und wir besitzen ausgezeichnete Apparate, mit deren Hilfe die junge Mutter gute Milch zu Hause haltbar zu machen und auszi'/wahren ver mag. Aber diese Apparate kosten Geld und wie billig sie Diesem oder Jenem erscheinen mögen, für sehr viele sind sie unerschwinglich. Daraus erhellt, daß durch diese Apparate in den bemittelten Kreisen Segen gestiftet wird, daß sie aber auf die Kindersterblichkeit weiter Kreise, auf die Voltssterblichkeit über haupt keimn Einfluß haben können. Aber keine arme Mutter braucht da rum den Kopf hängen zu lassen. Es wäre auch traurig, wenn die Er rungenschaften der hygieinischen Wis senschaft nur den Reichen zugute kom men sollten! Sie sind glücklicher Weise derart, daß sie Jedem Nutzen bringen können, der sich ein wenig Mühe gibt, die Arundsätze zu lernen und sie im Leben praktisch zu bethätigen. So kann man die Säuglingsmilch nuch ohne einen kostspieligen Sterilisirunzs appaoat zweckmäßig aufbewahren man braucht dazu weiter nichts als ei nen reinen irdenen Topf mit einem De ckel, der in jedem Hausstande zu haben ist- Was die Milch verdirbt, das sind ner, selbst d.>r besten Milchwirtschaft beziehen, enthält schon diese Keime, und indem in der Milch vermehren, geschehen ist, dann hält sich die Milch Batterien, Pilzkeime etc. schweben in de: Luft, sie setzen sich aus derselben mit dem Staube ob, und wenn sie in kleinen Fläche wie der Oeffnung eines Milchtopsts absetzen, sehr geringfügig ist. aber dann lange Zeit stehen blieben; an den Wandungen solcher Töpfe haben sich inzwischen viele Bak terien niederlassen können, und wenn sie in Massen in di« Milch gelangen, so können sie dieselbe schnell verderben. Dies geschieht immer, wenn wir die Auf Grund dieser Thatsachen lassen sich folgende Regeln für die Behand lung der für Säuglinge bestimmten Milch im Haus« aufstellen. Die Mutter suche möglichst gute und Sofort nach Empfang wird die Milch in einem mit einem passenden Deckel versehenen Topfe eine halbe Stunde lang abgekocht, wobei der Anfang der Topfe wird nun die Milch als Vor an einem kühlen Orte aufbewahrt. Will man dem Kinde Nahrung geben, so gießt man die nöthige Menge in ei nen kleineren Topf ab, hält dabei den Deckel so, daß er mit einem festen Kör per, wie z. B. Tischplatte, Klndung setzt ihn, nachdem das Abgießen besorgt worden ist, wieder auf den Topf. Der Milchvorrath ist nur für die Dauer fallen. Verhältniß mit heißem, vorher abge lochtem Wasser, kocht sie noch einmal aus, bis sie aufwallt, und füllt sie in tu 24 Stunden erhalten, so empfiehlt es sich, den Vorrath nach 12 Stunden noch einmal abzukochen; bei warmer sind klar. der Mlchbehandlung im Hause warm. Seine Assistenten haben verschieden artig aufbewahrte Milch auf deren Ge halt an Keimen geprüft, und sie fanden in je einem Kubikcentimeter Milch 24 Stunden nach dem Abkochen: in einer Sterilisirflasche 21 Keime; in der Milch aus zugedecktem Topfe, die nach den oben angegebenen Regeln behandelt wurde, 38 bis SOO Keime; in abgelochter Milch, die nicht im Kochtopf geblieben war, 4 Millionen bis 400 Millionen Keime. Wir ersehen daraus, daß unser Ver fahren nahezu die Zuverlässigkeit eines Sterilisirapxarates erreicht. Die alte Jungser. Und rings um sie ist Einsam teit; Ach, es verklärl lein Hoffnungsschim mer Ihr tief verborg'nes Herzeleid. Sie träumte einst von sel'gem Lieben, Von einer frohen Kinderschaar; Ihr armes Herz ist krank geblieben. Weil es einmal verwundet war. gen, Jedoch sie fürchtet Spott von Euch. Und steh' den Menschen hilfreich bei! müssen doch einen Unterschied machen zwischen Knaben und Mädchen!" sagt der Schulinspektor zum Turnleh rer. „Wie können Sie die jungen Damen über'n Bock springen lassen?" Turnlehrer (gereizt): „Nicht über'n Bock? Nunß soll ich sie vielleicht über eine Ziege springen lassen?" Reciprocität. „Warum haben Sie nicht geheirathet?" „Ja, sehen Sie, lieber Freund, das kam so. Als ich jung war, gelobte ich mir,nicht eher zu Heirathen, als bis ich das Ideal eines Weibes gefunden. Vor Kurzem fand ich mein Ideal, machte ihr einen Antrag,und was denlen Sie, geschah?" „Nun?" Sie erklärte mir, sie suche nach dem Ideal eines Mannes." Selbsterkenntniß. Hausfrau (zu einem Bettler): Was tern sind! Bettler: Oh, Madame, ich seh' schon, daß ich dann überhaupt hier nie auf Etwas zu rechnen hab'. ped? Zln'or uns Iraucn. In einer Zeit, wo alle Schulen und Lehranstalten ihre Pforten längst ge schlossen haben und hinter dichten Dunstwolken verborgen einen langen festen Sommerschlaf thun, mag es eben so unpassend als grausam erscheinen, auch nur eine einzige der vielen vor trefflichen „Schoolmam's" aus ihrer wohlverdienten mittsommerlichen Ruhe selbst nur momentan aufzuschrecken. dürfte. Eltern angestellt, und noch weniger Kinder zu ihr in die Lehre gegeben. Manche werden vielleicht vermuthen, daß dies geschieht, weil unsere Lehrerin kein umfassendes Wissen besitzt und keine genügende Bildung erzielen könn te und doch ist sie im Stande sowohl Zoologie als Botanik, Musik und Zeich höhere Lebens-Philosophie und noch manche Wissenschaft mehr vortrefflich zu lehren. Sie zeigt uns die ganze Thierwelt in Lebensgröße wie sie lebt und sich er nährt, wie die schlanken Fische tief un ten bei den deuntlen Felson des von serdasein führen, und die kleine zierliche Bachforelle mit ihren röthlichen Pünkt chen dahinfchnellt zwischen dem glän zenden Gestein des rauschenden Büch leins. Wie die Krähe haust auf nack ten Felsen, und das Bienlein sich schau kelt und vollsaugt in duftenden Dolden von süßem Klee. Wie das Mutter- Pferd in liebevollem Instinkt sein gra ziöses Fohlenkind hütet, wie die Kälb lein mit fast intelligenten Gesichtern ne ben ihren respektive» etwas verdumm ten guten Kuhmamas sich der frischen würzigen Weide erfreuen, wie die Küchlein und Entlein und jungen Truthühner, pickend und gackernd und watschelnd, getreulich ihrer Erzeugerin folgen. Tannen, die schlanken Cedern ?n den bläulichen Horizont förmlich hineinra gen, wie die Kräuter, Flechten und Moose, und rothbäckigen Beeren be scheiden am Boden dahinkriechen, und die Wasserlilien an ihren schlanken, gei sterhaft sich windenden Röhrenstielen wie Zauberblumen aus dem Wasserspie gel emporblühen. Wie der Erdboden zum Lohn für Mühe und Fleiß ergie big alles trägt, was zur Erhaltung von Menschen und Thieren nöthig ist. Wie das Getreide in goldgelbe» Aehrensel dern leuchtet, Buchweizen und Kartof feln mit weißen zarten Blumen, süße Erbsen mit rosig poetischen Blüthen sich schmücken und Korn-, Bohnen- und Liebesäpfel-Pflanzungen in frischem saftigen Grün ganze Landstrecken be decken. Ferner läßt sie uns die Musik der tausend lieblichen Bogelstimmen verneh men, das Schlagen der Buchfinken, das Zwitschern des Rothkelchens, den eigen thümlich monotonen Schlag des „Will o Whifp" und das ganze große ge mischte Orchester der Waldstimmen an unser lauschendes Ohr klingen, beglei tet von dem geheimnißvollen Rauschen der Blätter und dem Murmeln der Ge birgsquellen. Sie zeigt uns Farben und Formen in solcher Mannigfaltigkeit, daß wir es kaum fassen können. Wenn die Sonne Abends in's Meer versinkt, taucht sie vorher noch mit ihrem Wunderpinsel über das Firmament dahin, und in zarten, goldig, rosig, bläulich verwo benen Farbentönen wandern die Wol ab. Sie zeigt uns. wie die Dünste der Wasserfläche entsteigen, wie der elektri sche Funke von Wolke zu Wolke springt, auch das vielgestaltige Gestein und fei- /dank d ' an der strahlenden Pracht des Weltalls bei ihren getreuen Schülern erreichen kann, ist die Natur. Darum gehet hin und lauschet andächtig ihren wunder baren Lehren.
Significant historical Pennsylvania newspapers