6 Die Heim!«»?. Von C. Slciiiitz. Heute war er entlassen worden, «r, Christian Friedrich Brünnecke, heute, zivn Tage vor Weihnachten. Entlas sen aus dem Gefängniß, wo er we gen betrügerischen Bankrotts zwei volle Jahre gesessen hatte. Es über raschte ihn, daß sie wirtlich vorüber war, diese fürchterlich- Zeit, die über leben zu können ihm Anfangs unmög lich, die ihm unabsehbar erschienen war. Aber schließlich waren sie in der grauen Eintönigkeit d- Gefängniß lebens dennoch verstrichen, wenn auch ein Tag nach dem andern mit bleierner Schwere kam und ging. Das Portal der Anstalt schloß sich hinter ihm und er stand im Freien. Wohin sollte er sich zunächst wen den? Nach kurzer Ueberlegung ging er in ein«n Barbierladen, von da in ein Bad, von da in ein Kleidermaga zin. Keinen Hauch von dem letzten Ort, in dem er die letzte Zeit seines vierzigjährigen Lebens zugebracht, wollt- er an die Stätte bringen, die er jetzt aufzusuchen gedachte. Zu seinem Weib wollte «r, zu seinen Kindern, aber bei diesem Gedanken erhellte sich sein Auge nicht, im Gegentheil, die Furchen, die sich ihm unerverwischlich in die Stirn gegraben, wurden tiefer, sein Gang schwerfälliger. Hat ein Verbrecher überhaupt Weib und Kin der, hat er Anspruch auf sie? Mochten Andere glücklicher sein und sie wa ren glücklicher, «r wußte «F er nicht, ihn hatte sein Weib aufgegeben und seine Kinder hielten ihn vielleicht für todt. Wenn er's nur wäre! Wenn.nur die trüben Wellen des Kanals vor dem er stehen geblieben war, ihn längst ver spenstig Herz schlug weiter, das war schon viele Tod- gestorben und pulsirte jeder Empfindung von Scham zum Gott! Ihm lam Alles so fremd vor, er Stadt befand. ll h' um den Weg zu dxr eigentlichen Woh nung zu weisen. Briinnecke befand sich in einem Vorraum, der sonderba- Brünnccke wollt« öffnen, die Thür war verschlossen. , „Wer ist da?* fragte ein üleines Mädchen. „Gut Freund," sagte Briinnecks erregt. „Den Namen, bitte!" sagte ein Junge. Seim Kinder, o Gott, «s waren sein« Kinder, die ihn seinen Na „Die Mama schickt mich," erwiderte Briinnecke nach leichtem Zögern. „Das gilt nicht," sagten beide Kin der. „Ohne Namen dürfen wir Nie mand einlassen". .ZSrünnecke," sagte der Mann ent schlossen. Die Thür wurde geöffnet und zwei blaue Auzenpaare richteten sich neu gierig auf den Unglücklichen, der vor seinen Kindern stand und nicht wagt«, sich ihnen zu erkennen zu geben, nicht hoffen durfte, von ihnen erkannt zu werden. Trotz alledem hob er erst den kleinen Jungen, dann das kleine Mäd chen in die Höhe, um sie zu herzen und zu küssen." „Bist Du ein Onkel?" fragte Benno. Meta dagegen sah grob und for schend den Fremdling an. Ihr Blick wurde unruhig, aber sie schwieg. Brün necke sah sich im Zimmer um. Eine nicht zu vertreibende, feuchte Kälte herrschte darin. Die Möbel waren ihm fremd, sie waren alt, aber es wa >r:n die seinen nie gewesen. Drei dürftige Betten standen an den Wän den, ein schadhaftes Sopha, davor ein Tisch, vier gebrechliche Stühle und ein Schrank, das war Alles. „Zeigt mir die Wohnung," sagte «r. „Hier noch die Küche," sagte immer ängstlicher Meta. „Kommst Du vielleicht, Zettel auf zukleben?" , Er sah sie verständnißlos an. „Weil ich Dich bitten möchte," fuhr die Siebenjährige fort, „nicht in die Mitte, daß man's gleich sieht. Willst Du?" Jetzt erst verstand Briinnecke. Sprachlos sah er in die großen Kinderaugen, die mit eindringlicher Bitte auf seinem Gesicht hafteten. So viel Reif war auf diese zarte Jugend gefallen, daß sein Kind mit den Prak tiken des Exekutors schon so vertraut war? Er schlug die Hände vor's Ge sicht, die Thränen zu verbergen, die schon lange in seinen Augen gebrannt hatten und erst jetzt langsam herab rollten. Als er seine Fassung wiedergewon nen hatte, wanderte sein Blick aber mals auf die von Feuchtigkeit beschla genen Wände. Ueber dem Sopha hin gen die Familienbilder, Meta als Ein jährige, in sehr großer Photographie, seine Frau, seine Eltern, seine Schwie gereltern und andere nahe Verwandte. Sein Bild fehlte. Benno, ein Junge von fünf Jahren, verfolgte den Weg, den die Blicke des Fremden nah men. „Papa's Bild habe ich auch," sagte er, als habe er verstanden, was der Fremde vermißte. „Dort ganz hinten im Schrank hab' ich's neulich gefunden. Willst Du's sehen, Onkel? Aber schnell, eh' Mama kommt." „Aber Benno," sagte Meta. „Ja, weil Mama sonst wieder so traurig wird. Und ich kann's doch nicht ertragen, wenn Papa's Bild hin ten mi Schranke steckt, wie ein Wisch. Ich schnitze in der Schule einen Rah men und da stecke ich später das Bild „Wo ist der Papa?" fragte Brün „Todt," 'sagte Meta. „Nicht wahr," eiferte Benno, „ver reist und kommt erst wieder, wenn er reich geworden ist." Briinnecke stützt- den im Gefängniß ergrauten Kopf auf die Hand und überlegte: Sollte er bleiben, wo viel leicht doch s-!n:s Bleibens nicht war, sollte er gehen, da es ihn doch mit Allgewalt wieder herziehen würde, wo hin auch sein Schicksal ihn verschlug? Er sah die Kinder an. Benno hatte sich zutraulich an seine Seite gesetzt, Meta lieZ den Blick nicht von ihm, hielt sich aber scheu zurück. Beiden, die er als übermüthig frohe Kinder ge kannt, sah man deutlich an, daß et was geschehen sei, was ihren.Stirnen einen vorzeitigen Ernst aufgedrückt hatte. Der Blick Meta's besonders hatte etwas Forschendes, Frühreifes, was im Gegensatz zu den kindliche?, Zügen herzbewegend wirkte. Sie trug ein grobes Aollkleidchen, sah aber sehr .sauber aus, Benno's Anzug war stark abgetragen und als sich Brünnecke's Blick zu Boden senkte, nahm er wahr, daß die Schuhe seines Jungen klaff ten. Um sie einem solchen Loose zu wei hen, hatte Brünnecke die Mutter dieser Kinder halb mit Gewalt dem Frieden ihrer elterlichen Häuslichkeit entführt. Wie mochte es mit feiner Frau selber stehen? Er wagte ?eine Frage darüber an die Kinder zu richten und fühlte die Nothwendigkeit, sich vorzubereiten, ehe er ihr gegenübertrat. Ob sie wirklich nicht wußte, daß heute der Tag seiner Freilassung war? Es hatte ganz den Anschein und sein in den Schrank geräumtes Bild illu strirte die Rolle, die hier zu spielen er gewärtig sein mußte. Dennoch durst er den Versuch nicht scheuen, vor die Harte, Entfremdete zu trenn, eh' er mit einem von der Vergangenheit ganz losgelösten Herzen sich in einem frem den Erdtheil nach einer neuen Heimath umsah. „Ihr seid vortreffliche Kinder," sagte er, „Du mein prächtiger Junge und Du, meine stille Meta. Könnt Ihr aber auch schweigen, um mir eine Ueberraschung nicht zu verderben?" Schönes mit. Das soll denn eine Ueberrafchung werden, wenn ich mor- gen mit dem Weihnachtskind zuglisch einkehre." „Bringst Du «inen Baum mit?" fragte Benno. „Freilich, aber nur, w-nn Ihr den Mund haltst. Ihr versprecht es? wohl." Und sie nochmals umarmend, ent fernte sich Briinnecke eilig. Er wollte jetzt feiner Frau gar nicht begegnen. Wie er ab-r aus dem Hause trat, sah er sie auf sich zukommen, d. h. sie sah ihn nicht, sondern blickte auf ihren Begleiter, einsn noch jugendlichen Menschen, mit dem sie sprach. In die sem Augenblick wogen alle Leiden, die Brünnecke vom Tage seiner Haft bis heut-'erlitten, leicht wie Spreu gegen di- Zentnerschwer«, mit der ihm jetzt das Hirz im Busen lastete. Seine Au g-n verschlangen die Gestalt, das Ge sicht seiner Frau. Beides hatte gelit ten; das war die jugendschöne Frau nicht mehr, die er verlassen und die ihn aufgegeben. Di- Thatsache, daß eine wiloe, wahnsinnige Eifersucht auf bei... Ist er vorhanden?" „Ich habe Kinder," sagte Brün necke's Frau, und bei dem Klang der wohlbekannten, der lieben, vertrauten Stimm- wollte das Herz ihm bre chen. „Was thut's?" sagte der junge Mann. „So wird: ich ihr Bater sein." „ES geht nicht," sagte Frau Brün necke. „Ich werd- jetzt dafür bestraft, daß ich den Muth nicht hatte, wahr zu sein." „Was soll das heißen?" fragte der Begleiter. „Das heißt, daß ich gelogen habe und daß ich nicht Wittwe bin." „Nicht Wittwe?" stotterte er. „Aha > — geschieden also?" „Auch nicht geschieden. Ich habe gelogen, als ich Ihnen sagte, daß mein Mann todt sei. Er ist nicht todt, er ist ein Verbrecher. So, nun wissen Sie's. Und damit wäre die Angele genheit erledigt. Adieu, meine Kinder sind eingeschlossen. Bewahren Sie mein Geheimniß, nicht meinetwegen und nicht meines Mannes wegen, aber wegen der Unschuldigen da hinten in meinem Moderstübchen." „Ach!" sagte er, „wie schrecklich! Verzeihen Sie, aber ich kann mich noch garnicht sass-n. Ist er ein schlimmer Verbrecher?" „Unterschlagung, Betrug," sagte sie kurz und hart. „Frevelhafter Leicht sinn, bei Jedem zu verdammen, bei ei nem Familienvater ach, ich kann's nicht ausdenken der's vererbt, sei nen Kindern als weiter zu vsrerbenden Fluch hinterläßt bis in's dritte und vierte Glied Gehen Sie, ich ver liere sonst meine Fassung und und kommen Si- ni-mals wie der." Sie war schon lange fort und der Mann stand noch immer da und starrte in den Thorweg, trotzdem von Frau Briinnecke nichts mehr zu sehen war. Herr Briinnecke hatte sich umgewendet und beobachtete den Fremden. Er konnte nicht viel über dreißig Jahre alt sein, war von strammem Wuchs und in seinem kurzgeschorenen Blond kopf saß ein Paar scharfblickender, kluger Augen. Endlich athmete er tief auf, machte Kehrt wie ein Soldat der er entschieden gewesen sein mußte und bald verlor er sich aus Brünnecke's Gesicht. Briinnecke sah recht alt und verfal len aus, wie er so dastand und dem! Bewerber um die Hand seiner Frau finster nachstarrt-. In wenigen Stun den, seitdem er das Gefängniß verlas sen, trieb er umher wie ein verfallener, armseliger Nachen auf sturmgepeitsch ter See. Daneben wollte ihm die Zeit der Gefangenschaft beinahe friedsam erscheinen. Ein grelles Licht fiel blitz artig auf feine Schuld, die ihm inmit ten der viel größeren Ueb-rtbäter na hezu harmlos erschienen war. Und in das zuckende Licht siel wie ein Don nerschlag das grauenhafte, Vergangen heit, Gegenwart und Zukunft verhee rende Wort „der's vererbt!" Alles nur das nicht! Und Briinnecke wäre auf die Knie gesunken, wenn er sich nicht auf offener Straß- befunden hätte. Wie zuvor seine Frau, sagte sich jetzt Lriinnecte: nicht meinetwegen, nicht sondern der Kinder wegen, auf deren Lebensmotgen jener tödtliche Reis ge fallen ist und die hinten im „Moder- Wär's wahr? Wären sie gerichtet, diese holden Plaudermäulchen da hin ten, weil er sich vergangen, weil er dem Trieb nicht widerstanden hatte, die be hagliche Häuslichkeit, in der ihm seine Kinder aufblühten, in der sein Weib so traulich waltete, auf Kosten seiner Ehre weiter zu führen? Er hatte gl» hofft, durch äußerste Anstrengung das Weib. niit der Frag«, waS «r thun könne, um seine Kinder von der Schuld zu be- freien, die er begangen. Sein Tod löscht si- nicht aus, das tonnte nur sein Leben, «in Leben strengster Pflichter füllung, thun. Sein Auge würd« kla hatten ihre heutigen Worte bewiesen. Wenn er sie freigab? Aber ebenso gut hätte er sich das zuckende Herz aus Gut denn! Er wollte nicht über das Maß der sittlichen Größe hinaus gehen, für das er zugeschnitten war. Und über das verwegene Wort mußte er bisher lächeln. Da er einmal ein Sünder war, durfte er sich nicht pha risäisch mit einer Tugend brüsten, die er zu erreichen sich außer Stande fühlte. Darüber kam er zu dem Entschluß, der Stunde zu gehorchen. Er hatte den Kindern zu morgen den Weih nachtsbesuch versprochen, laß sehen, welcher Art die verheißene Ueberra schung ausfällt. Nach diesen innerlichen Kämpfen überfiel Briinnecke plötzlich ein Heiß hunger. Und so menschlich klein und schwach wurde er wiederum, daß er sich darauf freute, nach zweijähriger Ent behrung wieder einmal ein appetitliche res Mahl wählen zu können, als die Gefangenkost es bot. Er hatte zwar mit seiner Arbeit mehr verdient als die Anderen. Der Direktor der An stalt, ein humaner Mann, mochte er. kannt haben, daß nicht alle guten Triebe in Brünnecke verkümmert wa ren, er beschäftigte ihn in seinem Pri vatkabinet und bezahlte ihn gut. Den noch hatte Brünnecke den Abscheu vor der Kost überwunden, um für seine Kinder zu sparen das konnte ihm seine Frau doch nicht wehren. So brauchte er dann nicht mit leeren Händen zu ihnen zu kommen, konnte ihnen ausbahnen zum Weih nachtsfest, wie Väter glücklicherer Kin der thun. Er trat also in das nächste beste Lo kal wählerisch zu sein, hatte er ver lernt und ließ sich einen bescheide nen Imbiß reichen. Er mund«te ihm köstlich und brachte ihm zum Bewußtsein, daß er wiederum im Freien sei, und sein sah- fing an, sich ein wenig zu Nach Tisch vervollständigte Briin necke sein Zukunftsprogramm. Am an deren Tage sollte sein Schicksal sich entscheiden, er wollte ihm entgegentre ten wie ein Mann. In einem Cafe setzte er sich an eines der Marmortisch chen, holte sein Notizbuch hervor, rech nete, erwog und faßt- seine Ent schlüsse. Darüber war es Abend ge worden, er ging in eine Herberze, ließ sich von dort aus sein Bündel holen, legte sich in's Bett und schlief flugs ein. Merkwiiüdig! Der Unglückliche "lächelte im Schlaf.... Der Weihnachtsabend war da. In wn Fenstern es aufzuleuchten, Wachslichte, Confekt, vergoldete Aepfel und Nüsse, metallischen Flitter und Leuchtkugeln.und über manchem Baum schwebte feierlich ein wächfener Engel oder ein Ehristustind. Hinten bei bei Brünnecke's blieb es wie sonst. Eine armselige Lampe beleuchtete nur einen Kreis auf dem Tisch, sonst blieb die Stube beinahe finster. Wie flei ßig auch Frau Brünnecke war, der auf Männerhände berechnete Arbeitsmarkt trug ihr nur kärglich- Frucht. Einige herrenlose Tannenzweig« hatte sie aus dem Alexanderplatz ausgelesen, außer dem einige Aepfel und Nüsse und einen kleinen Weihnachtswsck eingekauft. Den Abend zu feiern, setzte sie die Kaffeemühle in Bewegung, und die Kinder sahen ihr froh erregt zu. Sie dachten an den Onkel, der seinen Be such auf heut- Ab-nd zugesagt hatte. Dabei warfen sie sich Blicke zv. flüster ten, lachten rind waren, was selten bei ihnen vorkam, so heiter wie andere Kinder beinahe wenigstens. Frau Briinnecke ging umher, machte Feuer in der Küche, und es heiterte sie auf, ihre Kinder lachen und munter, wiewohl leise plaudern zu hören. Bei der Klempnerfrau gegenüber im sel ben Trakt wurde wahrhaftig auch ein Tannenbaum angezündet. Und dabei siel Frau Briinnecke ein, morgen ist F-iertag und sie mußte ja morgen, ist Freitag und sie mußte ja heute noch die Treppe scheuern. Sie band sich den grauen Rock mit einer Kiichenschllrze hoch, füllte den Eimer an der Wasserleitung im Borraum, er mahnte die Kinder, sich ruhig zu ver halten, eh- Fremde das noch zi-mlich unbewohnte Hintergebäude betraten. Sie schämte sich ihres von Pflicht und Nothwendigkeit gebotenenThuns nicht, aber sie war zu sehr Dame geblie ben, um sich gern dabei betreffen zu lassen. ein, mit einem Tanenbaum und son stigem Gepäck geladener Dienstmann die Treppe heraufstiegen. Natürlich mußten sie an ihr vorbei, sahen sich aber nicht weiter nach ihr um. Im dritten Stockwerk war die große, nach dem Platz gehende Wohnung bereits vermiehet, deren Hintertrakt an die Hoswohnungen stieß. Dorthin, dachte Frau Brünnecke, »ürden de: Herr Scheuerlappen hantirt, vollendete sie ihre Arbeit, begab sich dann in den Flur hinauf, leerte den Eimer in den Abguß und wollte eben ihre Zimmer thür öffnen, als diese ausging und der Dienstmann heraustrat. Frau Brünnecke Augen nicht, bis es ihr einfiel, daß er sich in der Thür geirrt haben müßte. Wäh rend dessen hatte sie aber diese schon geöffnet und blieb verwirrt, erschrocken stehen. Ein bis zur Decke r«ichender Baum, von schlichtem Tannengezweig, freilich nur mit Lichtern geschmückt, stand aus dem Tisch. Die Kinder sahen sprach los zu, wie ein Herr ein Packet nach dem anderen öffnete und jedem «ine auf ihre Wünsche berechnete Herrlichkeit entnahm, eine Puppe mit Schlagau gen, einen Harlekin, einen Baukasten — Benno's Augen wurden unnatürlich groß einen Frachtwagen, ein Schaf, eine Ziege, ein Pferd und zwei Win teranzüge mit Pelz klappen und einen Muff für Meta. Frau BrünneSr trat näher. Ihr Herz wallte auf, aber nicht vor Fr«ud«. Dennoch wurde ihr warm, wenn auch ihre Züge starr blieben und sich ein tiefe Falte zwischen den Augen bil det«. Briinnecke hatte die Thür wohl gehen hören, aber er that nicht dergleichen. So wüthend sein Herz schlug, so ruhig fuhr er fort, feinen Kindern die Be schickung auszupacken. Auch störte es ihn nicht, daß sie schwiegen, hörte er doch ihre tiefen Athemzüge, sah er doch ihr- selig verklärten Gesichter. Die sah auch Frau Briinnecke, die leise ihren Eimer an der Thür abge> setzt hatte und näher gekommen war, so nahe, daß Herr Briinnecke wohl oder übel den Blick zu ihr aufschlagen mußte. Und nun ruhten seine Hände ' — die Augen von Mann und Frau wurzelten ineinander. Die frühreife. Meta flüsterte ihrem BrudeH «in Wort in's Ohr. Benno wurde blaß und sprang auf. Er trat zu Briinnecke und fragte: „Ist's wahr? Bist Du der Papa?" Brünnecke hob den kleinen Jung-n auf und küßt- ihn, eine Antwort, die Benno ganz gut zn verstehen schien, denn ex klammerte sich um den Hals Brünnecke's, als wolle er ihn nicht mehr fahren lassen. Der Mann setzte den Kleinen jedoch bald nieder und wandte sich an die Frau, die noch im mer wie erstarrt dastand. Er wollte sich nur ihr, nicht den Kindern ver ständlich machen, er wollte leise spre chen und doch ging den fieberisch Lau schendes kein Wort verloren. „Weib!" stammelte er. „Begreifst Du denn nicht? Aus Liebe geschah's, für Dich that ich's... und für die Kin der. Es war das Werk eines bösen Augenblicks und ich habe dafür ge büßt. .., o wie furchtbar gebüßt habe ich! Für mich gab's keinen lichten Moment, kein Lachen wie für die An deren keinen Trost und auch keinen Besuch nicht einmal einen Brief, für den ich mein halbes Lebsn hingege ben hätte..." Frau Briinnecke sprach noch immer nicht. Ab-r ihre Blicke glitten über die Kinder, über den armseligen Haus rath, zuletzt über di- eigenen abgear beiteten Hände. „Ich hatte Anderes zu thun", sagte sie endlich. „Du brauchst mir auch jetzt nicht zu helfen. Fort mit den, Flitter den Du Dich getraust, aus jenem Hause hierher zu bringen." „Den ich mir erarbeitet habe", sagte «r schnell. „Jeden Pfennig davon. Dafür habe ich mich an die... an die Kost dort gewöhnt. Und überhaupt— siehst Du, ich bin «in Anderer gewor einen Augenblick gewesen und mein ganz-s Leben setzte ich dran, den Au genblick auszumerzen aus meinemßlut, meiner Kinder Leben. Solch' ein bö ser. verbüßter Augenblick vererbt sich nicht. Wie sollt- er auch? Als ich's that, waren sie schon geboren, und ich war rechtschaffen bis dahin, ich will es wieder sein. Sind sie nicht übrigens Blut von Deinem Blut, Du Ueberge rechte. Du Harte?" Meta hatte sich an Frau Brünnecke's Härte. „Ich will für meine Kinder nicht todt sein", fuhr Brünnecke fort. „Sag' Boshaft. Aelt-reZ Fräu — Das Wichtigste. Höre mal, Du läßt Deiner Frau gewiß zu viel Recht. Nein, nein, in wichtigen Fragen habe ich immer das erste Wort. Wer aber das letzte?! Nsoptirlvuty. Humoreske ron O S t. Ü r c u h b c r g c r. Die Pumpels waren nun schon seit na, sagen wir: tausend Jahren verheirathet und die ausgesprochen glücklichsten Leutchen. Bis aus ein geheimes Weh! Sie nannten einander ja Papachen und Mamachen; doch so nett sie das auch von sich gaben, es er setzte nicht im entferntesten den Reiz, den Kinderlippen diesen Ehrentiteln zu denn plötzlich die in der Ueberschrift näher spezialisirte Wuth in ihrer fürch terlichsten Gestalt. ihnen die standesamtlichen Listen un terbreiteten. Als die beiden Alten dann aber auch in Wahrheit an das fällig naiven Uebereiltheit schritten, ge schah es bald, daß sie weit und breit nur noch berüchtigten „Kinder ihr Heim, um so wenigstens «in paar Stunden Vater- und Mutterschaft zu genießen. Bis vor die Gerichte hatte und Lampionbeleuchtung. Auf dem Wege dahin schon hatte sich das kommende Unheil angekündigt. „Du, Minchen." hatte Herr Pumpel plötzlich mit wichtigem Tonfall geäu ßert, „mir juckt die Nase!" „Da wirst Du entweder etwas Neues erfahren, mein Dickerchen, oder «ins auf die Nase bekommen." „Das Erster« hoffentlich, das Er stere!" Im Garten meinte Herr Pumpel nach einer Weile: „Die Neuigkeit läßt auf sich warten. Ich bin so unruhig. Mamachen; ich „Du bist so kurzsichtig, Papachen, fremden Tisch." „Weißt Du was, wehe mit dem Ta schentuch, sobald ich mich nähere. Kannst thun, als wär's gegen die Mü cken. Auf Wiederschen denn, liebes Minchen!" „Auf Wiedersehen, mein schlaues Dickerchen!" sich. Pumpes tröstete sich schnell, hatte der Welt dastehen. „Wie heißt Du, Kleiner?" schen Leiermannskindern. „Verstehst Du Deutsch, mein armer Junge?" forschte er sorglich. „Fragen's doch nicht so dumm!" „Hast Du keine Verwandte hier?" „Hier? Ne, Onkel!" Patentkerlchen!" Sie nahmen ibn zwischen sich. „Na, tröste Dich nur, mein Herz chen," sprach Minckien, „wir thun Dir Pumpel. „Trinis! Du Bier?" „Na ob!" kams hinter dem Tuch hervor. „Kellner! Noch ein Schnittchen Einfaches für den Kleinen." len. Am End'b«di«n'ich den gar!" „Das hat der kleine Viccolo nicht nöthig, Herr!" begehrte Pumpel jetzt aber auf. „So? Ach bitte, Herr Wirth!" rief der Kellner hohnlachend. — Und nun kam der große Moment, wo der Wirth unter allgemeiner Theil- nahme auf den Pumpelschen Tisch zu trat und donnert«: „Nun hab' ich's aber satt, Herr Pumpel! Erst stören Sie mir das Kellner durch den Garten spazieren tragen und nun halten Sie ihn vom Dienst ab. Das ist Freiheitsberau bung, wissen Sie das?" Pumpel rutscht« zusammen; nur Frau Pumpel stotterte noch: „Aber— warum weint er denn so?" „Weil Sie ihn für ein Kind neh men!! Das würde mich auch krän ken!" Der hatte gut reden. Sieben Fuß maß er! „Ja wie wie alt ist der Kleine „Gestern hat er sich verlobt!" Der Wirth ging. Piccolo aber sprang feixend auf: „Solche alten Esels! Ich bab' noch nie Einfaches Die Pumpels aber hat dieser Klaps auf die Nase gründlich geheilt von ihrer Wuth. Allzu schlau ist ungesund. (8.10 Uhr Abends.) Parquetsitz? F 9 sagen Sie? Well, ren lassen! (Bezahlt für F 9, E 3 und D 9.) (8.13 Uhr Abends.) Herr Schmartmeyer (sich schmun zelnd auf F 9 niederlassend): Wirtlich 'ne famose Idee von mir! Ein Bis chen kostspielig zwar, aber, du lieber Gott, was thut man nicht aus Liebe zur Kunst, besonders wenn es sich um «in Ballet handelt! (B.IS Uhr Abends.) Herr Schmartmeyer: Da soll aber doch ein heiliges Kreuzdonnnwetter xvov Frau Gutherz? Sie brauchen mir nicht zu danken. Das Glück und die Befriedigung, welch? man empfindet, wenn man einem Nebenmenschen hat Kelsen können, macht jeden Dank über flüssig. Tramp: Well, Madam,an mir soll'Z nicht fehlen, w:nn Sie Jahr ein Jahr aus alle Tage dreimal glücklich sein wollen. der. „Weg da. Junge, vom Ofen, wie kommst Du dazu, so fürchterlich einzuheizen?!" Schwester Li-schen meinte zur Mama: „Ach, wenn ja nur Ach so! „Wie sind Sie denn mit Ihrer Weckeruhr zufrieden?" „Ausgezeichnet." »Zuerst schien sie Ihnen aber nicht zu gefallen." .Nein, zuerst nicht, aber jetzt ist sie ia put."
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