6 Nuf »er VraulsHau. Es ist Nacht. Der Sixt und der Hartl liegen beide in ihren Betten oben in der Dachkammer. Dachkam mer ist eigentlich für den Raum «in viel zu stolzer Ausdruck. Es ist nur «in Bretterverschlag mit zwei Bettla den. In jeder derselben ein' Stroh sack, zwei grobe Leintücher, eine Pferdedecke und «in mit Bockhaar ge fülltes Polfter. Dann stand noch ein Schrein in dem Verschlage, mit Ro sen bemalt. Darüber Napoleon der Dritte zu Pferde. Dieses Bild hatte Hartl einmal in seiner Einsals als ein Heiligenbild gelauft. An der Wand hingen einige Joppen, lederne Hosen und, sorglich mit eini gen allen Taschentüchern umwunden, di- schön ausgenähteu ledernen Bin den, der Hauptschmuck der Tiroler Tracht. Ganz verborgen unter dem Gebalk des Daches hatte Sixt sein denn hier und da wilderte er aiich ein bischen. Ein W«ihbrunn »riigl?in an der Thüre, darüber C. M. 8., die Namen der heiligen drei Könige. denn auf das „Königsraucha" n?it dem geweihten Rauch am Drei küniaabend kielten sie Beide große Stücke. Der Sixt wälzt sich schlaflos im Bette herum, daß die Lade in allen Fug.'n kracht. Da greift er hinunter/ nimmt einen seiner genagelten Schuhe und wirft ihn mit aller Gewalt an die Bretterwand, gerade ober dem Nett', seines Kameraden. Mit einem Schlag hört Hartl auf zu schnarch-n, aber aufgewacht ist er noch nicht. Da nimmt Sixt den zweiten Schuh und wieder donnert «in Knall durch das ganze Haus. Da fährt der Sixt in seinem Bette „Herein! Kreuz Teufl, wer thut denn da so fürnehm und klopft an?" „Sixt," sagt darauf Hartl, „i kann nrt schlaf« und mir flieg'n allerlei Gedanken in Schädl ummer. Denk lei, mei Dasl, die Kurzbauern Anna, hat an Fr«undin drent'n über'nKreuz joch, die Wiesenhoserin. Weißt, der ist sertin (vergangenes Jahr) der Bauer gach fortgestorben. Und mei Basl hat halt g'meint, wenn i," amal , uinmisteiget über's Joch und schaug-t mir die Gelegenheit an." „Wie ist denn die Wiesenboserin, was ist's denn suc a Gattung?" fragt Sixt neugierig. „Sie war nit schlecht." sagte Hartl. „Zwanzig Rindtr und fünf Facklen — drei werd'n auf'n Hof selber aufg'- freß'n." „Teufl. drei Facklen und selb?r auf'n Hof auffreß'n, Du. dös muß a schöne, a saubere Murin sein," brummte Sixt. „Eben deshalb hab' i halt g'meint. Sixt, wenn wir glei' morgen ein Be such antreten thät'n. Morgen ist a g'meiner und nachher kummcn zwei recht- Feiertag und Brief brauch' i kein' von der Basl. So weit ha! sie schon geredt mit der Wiesenboserin." „Ist gar nit dalket, was D' da aiiskopfst. Die Wiesenboserin kann nix zu- und vorrichte und unsereiner sieht cuei wie'S um und aus steht auf'n Hof." „'s ist rein der Teufl. wenn «i'm so a Gedank'n in's G'müth g'setzt wird." sagte Hartl. „Weißt, so als Bauer auf an 5-» os aufziehen, sell wär „Sell will i meinen." schmunzelte S.xt, „und b'sunders auf so «in, wo selbst drei Facklen ausfreß'n. Mandl, so was ist a Perspektiv auf alles And're im Haus!" Am anderen Morgen stiegen der Sirt und der Hartl wirklich üb-r's Joch, um „auf B'fchau" zu gehen. Sie hatten folgende Verabredung ge troffen: Während der Hartl sich bci der Braut recht „zumachet" zeia«n sollte, wollte der Sixt auf Spekula tion in Hof und Haus herumwandern. Auf diese Weise sollte die ganze Ge schichte nicht ein Aufsitzer' lixrden. Und der Sixt traute sich schon zu, ein hellsehendes Auge für Alles z» haben und den Hartl rechtzeitig zu warnen. Nach einer langen und anstrengen den Wanderung stiegen die beiden Bursche auf der anderen Bergseite zu Tbale und da lag auf einer Anhöhe, matten in weiten Wiesen und Feldern der Hos. Aus dem breiten Kamin stieg dichter Rauch. Da zog Sixt seine mächtige Uhr aus der Westen tasche. entfernte erst ein ledernes Beu teichen, dasin ein „Schilchkrotgehäufe" und sah nach der Zeit. „I bekumm Vertrauen zu der Sach." sagte er: ~s ist erst neune und der Ziamin recht schön toul (fest). Sell ist a Zeich'n, daß man in den Haus auf die Kost was halten thut." Die beiden Freunde stiegen hinun ter in das Thal, überschritten den Bach und gingen auf den Hof, unt«r dessen Thüre «ine stattlich« Frauenge stalt stand. „Untnsetzt wie a junger Sveck und frisch im Garten," „Gott sei's gedankt," saate 5->artl, „der Leidenskelch war nit schlecht!" Als sie näher kamen, trat Hartl vor und sagte: ..Grüß Gott, Wieshoserin, und an schön' Gruß von meiner Basl soll i ausricht'n, von der Kurzbauern-Anna, und de hat g'meint. wenn mir in an Sunntig, dem a F«irtig nachkummt, nix G'cheidters einfallet, sollet i mir a mal da die Gegend anschauen, hat sie g'meint. die Basl. An Knödl Werst mir 55i,n auswart'» und an Platz aus'i",H«ustock zum liegern und döS ist der Sixt. Der helfet mir bei der G'fchicht." „So," sagt« die Frauensperson trocken. „Wenn D' in Deine G'red a Luck'n lassen thät'st, daß i Dir sagen könnt', i bin nit die Bäurin, brauchest Di nit so anzustrengiren." „Höll' Teufl, ist sell schad," sagte Hartl. „Ja, wo find' i nachher die Bäurin?" .In der Stub' drinnen," war wie der die trockene Entgegnung. Nun stolperten die Zwei durch den dunklen, mit allerleiGeräthen gefüllten Gang undHartl öffnete mit einem aus tiefster Brust geseufzten „in Gott's Namen" die Stubenthür. Am Fen« ster faß eine buckelige, alte Person mit so einem verbissenen, bösen und runze ligen Gesicht, daß selbst der durch den Umstand muthige Sixt, daß ihn ei gentlich die Geschichte nichts anging, ein leises „Kreuz Sackera nicht un terdrücken konnte. Hartl starrte erst eine Weile auf die Bäuerin, dann saqte er: „Oha, nichts für ungut, aber i mein', mir hab'n 's Haus g'fahlt." Mit diesen Worten wollte er schon wieder umkehren. Rasch entschlossen aber packte Sixt feinen Kameraden und zog ihn bis zur Bäuerin. „Dös ist der Hartl," sagte er, „und an schön' Gruß soll er überbringen don seiner Basl. der Kuifzbauern- Anna." „A sHau, schau." krähte die Alte und stand aus! „sell ist also der Hartl. Schau, schau! Ja, ja. a kräftige Kripp (Körper), sell ist gut. Hihihi." lachte sie. „Zwei Knecht' lass' i geh'n, wenn so a kräftiger Bauer auf'n Hof kummt. Für die eig'ne Each' arbeitet man leicht für Zwei, gelt Hartele?" Der Sirt schlich sich zur Thür hin aus und gedachte für alle Fälle Um schau zu halten auf dem Hofe. Daß die Wiefenhoferin so eine häßliche Alte war, das ist für den Hartl frei lich eine böse Sache, und dann die Geschichte mit der Entlassung zweier Knechte, die wollte ihm gar nicht tauaen. Neben der Thür war eine Bank, und da faß die Frauensperson, welche zuerst unter der Hausthür ge standen hatte, als der Sixt und Hartl ankamen. Sixt nahm sein Pfeifchen aus der Tasche, begann es umständlich zu stopfen und setzte sich feuerschlagend neben sie hin. „A schöner Hof," begann er. 's thut's." antwortete das Weib. „Ja, 's tböt's, wenn er nit so verschuldet wär'." „Verschuldet?" horchte Sixt auf, „verschuldet? A wa« Du nit sagst!" ..Freili' verschuldet. Die Sparkasse in der Stadt hat schon die ausständi gen Zinseszinsen einklagt." ~O. sell war der Teufl," sagte Sixt. „a so steht,'s auf den Hof?" „O baleib," sagte hierauf die Aus kunftgeberin, „so arg is 's nit. Die Bäurin ist so viel a Klein rin), die bringt 'n Hof schon wieder außer. Sollst a mal fech'n, wie de z' Mittag kocht. Schwarz,blentene Nockn im Wasser g'fott'n und mit an Dau men großen Stückl Schmalz abg'- fchmätzt." „O höllischer Teull, dös wär' a Freß' für mi." sagte Sixt. „Ja und nachher auf z' Nacht ang'- fressen Erdäpfel, die guten kummen in die Stadt auf'n Markt, und wenn's gut geht, abg'rahmte Milch. Und in der Früh, wenn der Hahn kräht, muß all's aus die Federn und daß es früh g'nug g'schieht, weckt sie alle Taa um a Stund' früher den Hahn auf." „Jesus Maria, was ist mei dös für Eine," schrie Sixt völlig auf. „Und nachher spart sie viel, isenn's wieder heirathet. Drent'n über'n Berg ist so a Zudingerin, die Kurzbauern- Anna. Der hat die Bäurin 'n Auf trag aeben, sie sollet um ein' tüchtigen Bauern umschaug'n, ein' kräftig'n Mensch'n, der mit der Arb«it a Loch in die Weltkug'l reißt. Und da hat sie berichtet, sie werd' ein' fchick'n, an bißl an narrifch'n Mensch'n, aber stark wie a Stier und die Bäurin werd'n schon zllglen, wie sie ihn braucht. Und der hätt' a nö an Ka merad'n, der leuf' ihm überall nach und so kinnt sie eigentlich drei Knecht', fortfchick'n.' Zwei fiir'n Bauer und ejL.' für'n ander'n Esel." „Und ein' für'n ander'n Esel, hast ganz recht, ein' für'n ander'n Esel, wenn er so an Ef'l sein thät," sagte Sixt. „O du mein," schrie die Sprecherin hell auf. „Oes Zwei, Du und der Andere drinn, ös feid's am End' gar die Zwei." „Freili," sagte der Sixt, „mir sein die Zwei, der drinnen der Anwerber und i da herausd'n, der Es'l." „Geh', nimm mir's nit übel," sagte sie, „aber Du wirst Di' lei eing'wöh nen auf'n Wiesenhof, wenn die Bäurin Eng Zweien erst die Hörn' aberq'rjss'n hat.". „O, so lang ivart' i gar nit, kannst mir's sicher qlaben, so lang wart' i nit." sagte Sirt und stand kurz ent schlossen auf, ging in's Haus und öffnete die Stubenthür. Völlig er starrt schaute er auf das Bild,' wel ches er da erblickte. In einer Ecke saß fast gebrochen der Hartl in zärtlichster Umarmuna minder alten Bäurin. „O. dös is recht, daß D' kummst." rief sie dem Eintretenden entgegen. „I und 's Hartele sein schon ganz einverstand'n: aelt, meinSchatz," sagte sie, ihm zärtlich die Wangen strei chend. „S" schön taugen wir Zwei z'sammen, so schön. Gar 's G'wand von mein' verstorbenen Bauern kann er brauchen." d mit einer Rede „Hartl, kimm außer auf a Trüm mele Weilchen), i muß Dir was saa'n!" ..Aber kumm bald wieder, mei' Herzblatts mei' Honighefele." sagte die Alte und halste und küßte den Burschen einige Male derb ab. „O Sackera!" schrie Sixt schau dernd, drehte sich ab und ging voran. Wie ein Träumender , folgte Hart! nach. So durchschritten die Beiden den Hof, dann gingen sie hinter den Stadl, dort stieg Hart! über «inen Zaun und fing an zu laufen, über du Brücke, auf der anderen Seite den Berg hinan und Sixt immer hinten drein. Am späten Abend kamen di! Zwei heim und schlichen sich still in ihre Kammer. Sixt schnarchte schon wieder: da, krach, flog ein Schuh, von Hartl geschleudert, an die Wand. „Himmel und Holl'," fuhr Sixt vom Schlafe auf, „was ig 's denn schon wieder?" „Geh', huangart a bissele mit mir, i fürcht' mi'! 's tramt mir alleweil von der Wiesenhoserin," sagte Hartl kläglich. . Einige Tage nachher kam ein Bur sche über's Joch und brachte unseren beiden Helden folgende Nachricht: „An schönen Gruh von der Wiesen hoserin und sie lasset die Kurzbauern- Anna recht schön grüßen, aber wenn sie wieder a mal an Better zu ver kupplen hätt', so möcht' sie Ein' schicken, der's den Leutnen ankennt, wer Bäurin und wer die alte Haus nahterin is. Solchene Zöch, dö sich so hinter's Licht führ'n lass'n, taug'n nit als Bau'rn auf an rechtschaffnen Hof." Lange standen der Sixt und der Hartl am Zaun und dachten über die Botschaft nach. Endlich sagte Sixt: „Die Andere, de vor der Thür g'- sess'n is und de nach der Botschaft die Bäurin sein thät, hat ganz recht g'habt mit dem, was 's mir g'sagt hat." „Was hat's denn g'sagt?" „Du hättest an Kamerad'n, der leuf Dir nach wie a Ef'l!" Daö W«<t«rmachen. Ergibt wenige Menschen, die noch heute an die Kunst des Wettermachens glauben. Die Wettermacher machen keine Geschäfte, gleichviel, ob sie durch Zaubersprüche oder durch wissenschaft liche und technische Mittel, wie Feuer anzünden, Veranstaltung von Explo sionen u. s. w., Regen zu erzeugen su chen. Während der Dürre von 1893 hat die französisch- Akademie der Wis senschaftin einige Angebote erhalten, in welchen kluge Wettermacher Regen zu stiften versprachen, wenn man ihnen im Boraijs 20,000 bis 60,000 Franken zahlen wollte. Ein tüchtiger Landre gen in jener Zeit wäre Millionen werth gewesen. Es fand sich aber Niemand, der die 60,000 Franken riskiren wollte. Aber es gibt noch heute ein Land, in welchem alljährlich während zweier langer Monate das Wetter gemacht wird. Dieses Land ist Dänemark. Dort herrscht in einigen Dörfern eine sehr originelle Sitte, über welche jüngst Feilberg ausführlicher berichtet hat. Im Februar machen dort die Män ner und im März die Frauen das Wit ter. Am 1. Februar macht der Pfar rer den Anfang. Das ist nur bildlich zu nehmen ; denn er macht an diesem Tage nichts Besonderes, sondern die Leute sagen: „Heute hat der Pfarrer das Wetter gemacht!" Ist es schön, so wird er gelobt, ist es häßlich, so ist das seine Schuld. Am 2. Sebruar macht einer der Bauern, am 3. Februar ein zweiter Bauer das Wetter und so geht es fort in einer bestimmten Reihenfolge, bis zum 1. März, an welchem Tage die Frau Pastor als Wettermacherin gilt,- dann kommen die Bäuerinnen und de ren Töchter an die Reihe. - Daran knüpfen sich allerlei Scherze. Hat z. B. eine der Bäuerinnen ein schönes Wetter gemacht, so ziehen die Nachbarinnen über warme Röcke Som merkleider an, und gehen in Sommer- Hüten und mit Sonnenschirmen zu der Frau „Sonnenschein", um ihr zu dan ken und sie zu beglückwünschen. Ist aber das Wetter schlecht, so wird der „Wetterhexe" ein Besen vor die Thür gestellt, oder die Nachbarinnen suchen das Gehöft in Pelz und Mantel auf und bringen gar ein Seil mit, um die Wettermacherin am Brunnen anzu binden, damit sie ihr eigenes Wetter ausstehe. Man sperrt auch die bösen Wetter- Hexen scherzweise in den Hühnerstall oder bringt sie in's Storchnest. Die Wahl der Monate für Manne« und Frauen zum Wettermachen ist in verschiedenen Ortschaften niaii dieselbe. Hier und dort wird schon im Januar der Anfang gemacht. Sicher sollte durch diese Sitte der Aber- und Hexenglaube früherer Zei ten verspottet werden. Wir möchten dabei bemerken, daß der Theil der Bollskunde, welcher das Weitermachen durch Zauberei betrifft, bis jetzt fast „gar nicht" bearbeitet wurde. Da in unserer Zeit derartige Ueberlieferungen sich verwischen und aussterben, so wür den wir Lesern, die derartige auf das Wettermachen bezügliche Bolkssitten und Ueberlieferungen kennen, für deren freundliche Mittheilung danlbar sein. Es gibt allerdings noch Leute, die fest behaupten, daß es auch in unseren Tagen Wetterhexen gebe, nur daß ihr Unwetter nicht weit über die vier Wände der Behausung hinausreichen könne. Einer dieser Männer klagte mir einmal in Bezug auf Frauen: „<Aie machen uns das Wetter. Fräulein „Sonnenschein" sind sie alle: aber un g:s Weib ist schlimmer für das Haus, als de: Schauer für's FcW." Et» gelungener vewel». Frall Ella, die Gattin des Direktor Holm, saß in ihrem Boudoir und las aufmerksam einen Brief, welchen ihr die Zofe vor wenigen Minuten über bracht hatte. Während der Lektüre stieg eine leise Rothe in die Wangen der jungen Frau, und ihre kleine Hand fuhi zu wiederholten Malen nach der Stelle, wo, wenn man den Anatomen Glauben schenken darf, das Herz sitzt. /Dieser Brief war aber auch that sächlich dazu bestimmt, die Gedanken und Gefühle einer Frauenseele» revolti ren zu lassen und von Grund aus auf zurühren. Der Kavalier, den Frau Holm auf dem letzten Subscriptionsball kennen gelernt hatte, und der, mit ihrem Gat ten schon von früher her bekannt, seit diesem Abend häufig das elegante, in dee Potsdamer Straße belegene Haus des Direktors besuchte, der Kavalier, der, dem ungestümen, leidenschaftlichen Zuge seiner Männernatur folgend, so oft es nur anging, durch Blicke und ge schickte, geistvolle Wendungen in der Konversation zur Genüge anzudeuten wußte, welches Feuer die reizende Hausfrau in ihm entzündet hatte, der nämliche Kavalier schrieb heute ein duftendes Briefchen, worin er in vier eng geschriebenen Seiten Alles, was sein Inneres bewegte, alle seine Hoff nungen und Wünsche dem Papier an vertraute und um Antwort bat. Frau Ella las noch immer die Zei len ihres Anbeters. Im ersten Augenblick war sie starr über so viel Kühnheit, im zweiten zürnte und im dritten beschloß sie mit einem Lächeln um die vollen Lippen sich die Sache zu überlegen. Madame war keine Heldin, sie besaß ein weiches Gemüth und ein liebebe dürstiges Herz. Sie erinnerte sich mit Entzücken der reizenden Stunden, welche sie mit dem chevaleresken, von Jugend und Selbst bewußtsein strahlenden Gentleman zu gebracht und sie erkannte, wenn sie die einzelnen Stadien ihres Benehmens ihm gegenüber Revue passiren ließ.daß er mit dem heutigen Brief auf einem gewissen Nechtsboden stand. An ihren Gatten dachte Frau Ella bei diesen Meditationen nicht. Dies geschah überhaupt ziemlich selten und mit Re gelmäßigkeit nur immer dann, wenn die Rechnungen von Gerson einliefen. Es wäre ungerecht, hätte man ein Gleiches von dem Herrn des Hauses sagen wollen. Wenigstens um die Stunde, wo Frau Ella zwischen den ihres Boudoirs der sich zu°sage>?, daß er eine Frau Es war in einem Blumengeschäft der Leipziger Straße, dort stand der Direktor und hatte soeben ein pracht volles Bouquett für Fräulein Rosa U. vom Eorps de Ballet bestellt, als er reumüthig zum zweiten Male in die Tasche griff und ein zweites Bouquett bestellte. Dann zog er sein Portefeu ille und entnahm demselben zwei Vi sitenkarten. „Also das erste Bouquett senden Sie in die Friedrichstraße Ro. 105, zu Fräulein U-, und das andere in die Potsdamerstraße .... 1. Etage," sagte er zu der jungen Dame, welche auf merksam seinen Anweisungen gefolgt war. „Sie können," fuhr er fort, „die Adressen gleich auf die Rückseite dieser Karten hier bemerken, damit kein Irr thum entsteht." Als der Direktor das Geschäft ver- Befriedigung, daß er seiner Gattin nach längerer Pause wieder Blumen ins Haus schickte, denn in der Pots damer Straße, 1. Etage, lag seine eigene Wohnung. Ja, Herr Holm war kühn genug,mit dem Duft, den dieses Bouquett in sei ner Vorstellung ausathmete, sein Ge wissen einschläfern zu wollen, welches ihn ab und zu daran erinnerte, daß er seit einigen Wochen auf unrechtem Wege wandelte. „Wenn Ella die Blumen mit meiner Karte bekommt," philosophirte er, „dann möchte ich die Frau sehen.welche an einem so liebenswürdigen jungen Gatten zweifelt!" Am anderen Vormittag, als Frau Ella träumerisch die Kupido-Statuette im Salon betrachtete und ihr Gatte bereits seit geraumer Zeit auf dem Bu reau weilte, wurde ihr ein großesßou auett bchändigt, welches man soeben für sie abgegeben hatte. Erfreut griff die Dame nach den Blumen und zog herzklopfend die kleine Karte hervor, welche zwischen der Manschette eingefügt war. Erstaunt trat sie einen Schritt zurück, es war die Visitenkarte ihres eigenen Mannes, welche sie in der Hand kiiclt. Die Dame fühlte bei diesem dufti gen Gruß des Gemahls ein unbehagli ches Gefühl in sich aufsteigen, die Blu men legten sich aus ihre Seele und die Aktien des schneidigen Briefschreibers von eestern waren gerade im Begriff, unter Pari zu sinken, als Ella di< Karte umwandt«. Erst las sie vollk»mmen verständ nislos, was dort geschrieben stand: Friedrichstraße No. 10S, dann aber blitzte ein Gedanke durch ihren Kopf, der ihrem Zutrauen zu der Tugend des Direktors wenig Ehr» machte. Sie rief die Zofe und lieh schleu nigst ein Adreßbuch herbeischaffen. Als dasselbe gebracht wurde, suchte sie auf. wer Friedrichstraße No. 10S wohnte und fand den Namen des Frl. Rosa V„ Mitglied des Corps de Bal let dort angegeben, derselben Dame, welche ihr Herr Holm im Winter ein mal auf der Roussauinfel gezeiat hatte. Frau Ella lachte zornig und schleu derte das Bouquett zur Erde. Dann ging sie an ihren Schreibtisch und schrieb einen kurzen Brief, welchen sie vorläufig sorgfältig einschloß. Nicht lange darauf kam der Direk tor Heim. Glücklich, seine Frau in dankbarer Stimmung zu treffen, war er die Treppe hinausgeeilt und jetzt stand er „Verräther," rief sie ihm entgegen und hielt ihm die Karte mit der schwer gravirenden Adresse hin. „Du bist durchschaut. Es ist zwar hübsch von Dir, daß Du in dem Augenblick, wo Du für Deine Maitresse ein Bouquett bestellst, auch Deiner Frau ein ebensol ches zudenkst, aber Du hättest vorsich tiger sein sollen, mein Freund, und nicht dulden, daß man die Wohnungs anqaben verwechselte!" Der Gemahl sah starr auf die kleine Karte. Die junge Dame im Blumen geschäft hatte offenbar in der Eile die beiden Adressen vertauscht und auf die jenige Visitenkarte, welch« für das Bouquett seiner Frau bestimmt war, die Wohnung des Fräulein Rosa U vermerkt. Jetzt galt es ruhig Blut und eine eherne Stirn. „Aber, bestes Kind," rief Herr Holm mit einem sehr natliUichen herzlichen Lachen, „wie kannst Du so schwarz sehen? Ich versichere Dir, daß ich zu nächst gar nicht verstehe, was Du sagst. Wer wohnt denn eigentlich Friedrich straße No. 105?" Frau Ella blickte ihren Gatten kalt an. „Fräulein Rosa A. wohnt dort, ich meine, Du kennst sie!" „Natürlich kenne ich sie, wie man Diesen und Jenen kennt, aber ich schwöre Dir, daß sie mir gleichgiltig ist, daß ich nur ein Bouquett für Dich in dem Blumengeschäft dicht am Leip ziger Platz bestellt habe und daß ich absolut nicht weiß, wie diese fremde Adresse auf meine Visitenkarte Madame sagte nichts mehr, aber sie beschloß, der Sache auf den Grund zu sehen. Der Direktor sagte auch nichts mehr, wie es dem gekränkten Ehrge fühl geziemt, aber er beschloß, seiner Kurz nach Tisch ging Herr Holm wie gewöhnlich auf's Bureau. Er machte einen bedeutenden Umweg und trat in das Blumengeschäft, wo er be reits gestern gewesen war. Hier hatte er mit der Verkäuferin eine längere Unterredung, an deren Schluß die junge Dame versprach. Alles zu thun, was in ihren Kräften stand, und Herr Holm ein Zwanzig markstück in ihre Hand gleiten ließ. Noch war keine Stunde verflossen, als die Außenthllr des Geschäft- sich öffnete und Frau Direktor in den La den trat. Sie ging dicht an den Verkaufstifch und sagte nachlässig: „Man hatte mir von hier aus heilte Vormittag einßou quett zugeschickt, aber auf der Visiten karte hinten eine falsche Adresse be merkt. Diese Karte hier," Frau Holm öffnete ihr Taschenbuch, „ist für die Friedrichstraße No. 105 bestimmt, und ich wohne Potsdamer Straße. Hof fentlich hat der Herr, der die beiden I Bouquetts bestellte, durch die Ver wechselung der beiden Adressen keine Unannehmlichkeiten?" Die diplomatische Gattin des Di rektors sah erwartungsvoll in das Ge sicht der Verkäuferin. Dieselbe unter drückte geschickt «in Lächeln und erwi derte: „In der hier liegt ein Jrr stcllte ein anderer Herr ein Veilchen- Bouquett für die Friedrichstraße No. 106, und ließ ebenfalls seine Karte hier. Wi« ich zu meinem Bedauern sehe sind die Wohnungen verwechselt, „Ja wohl," erwiderte Madame, „ich danke Ihnen, mein Kind, ich bin zu friedengestellt!" Damit ginz sie und schlug de? Weg nach Hause ein. Also der Galle war rehabilitirt, die unbefangene Weise der Verkäuferin ließ keinen Zweifel zu. Frau Ella dachte an einen Brief, der, zum Absenden bereit,in ihrem Schreib tisch lag, und seufzte. Der Direktor litt an diesem Vormit tage an einer auffallenden Arbeits scheu. Nachdem er den Blumenladen verlassen hatte, begab er sich keines wegs, wie man von einem so fleißigen Manne hätte vermuthen sollen, auf's Bureau, sondern er warf sich in eine Droschke, welche ihn einen entgegenge setzten Weg suhlte. jugendlich-üppigen Dame in kokettem Negligee,deren aufgelöster Haarfchmucl mit kecker Grazie über die Schultern fiel. Ella's Gatte blickte auf eine Visitenkarte, welche seinen Namen trug und auf. der hinten die Worte! „Potsdamerstraße 1. Etage/ standen, während Fräulein Rosa U, ihr feines Näschen zeitweilig in einem großen Beilchenbouquett vergrub. „Weißt Du, Darling," rief Herr Holm plötzlich, „ich muß meiner Frau noch einen besseren Beweis mei ner Unschuld bringen. Die Aussage der Blumenfee genügt mir nicht recht!" „Haben Sie einen Plan?" fragte die leichtfüßige Freundin und betrachtete bewundernd eine Diamant-Nadel, die der Direktor seit gestern im Slips „Ja wohl," Herr Holm strich selbst gefällig seinen Bart, „und ich glaube, er wird Deinen Beifall finden!" Fräulein Rosa öffnete ihre niedli chen Ohren und der Direktor erzählte. „Ganz hübsche Idee!" sagt- die Dame am Schluß, „wird denn der Lieutenant M. einwilligen?" „Das laß meine Sorge sein, schönste Rosa, für Geld Erreicht man Vieles. Ich sage Dir in Betreff des Arrange ments noch Bescheid!" Herr Holm erhob sich, nahm das zarte Kinn der Tänzerin für zwei Se kunden zwischen seine Finger und ein- Pfahl sich. Etwas später trat er in eine mit Ge schmack und vielen hübschen Frauen köpfen dekorirte Junggesellen-Woh nung. Hier wohnte der seit einem Jahr inaktiv: Lieutenant v. Maris, mit dem der Direktor weniger als in tim und mehr als oberflächlich ver kehrte. Herr v. Mares stand im Dienste einer Versicherungs-Gesellschaft. ver kehrte in der besten Gesellschaft, wußt« sehr gut zu rechnen und war gelegen!« lick kleinen Nebenverdiensten nicht ab hold. „Sagen Sie, alter Freund," begann der Direktor, „möchten Sie mir an einem der nächsten Abende einen gro ßen Gefallen thun?" „Natürlich," nickte der Lieutenant, indem er an eine kleine Summe dachte, welche er seinem Besuch noch schuldig war. „Es handelt sich um eine Wette, de ren Einzelnheiten Sie mir erlassen fuhr der Direktor fort. „Wür- Abend, mit Fräulein Rosa D. bei . erscheinen und ein kleines Souper ein nehmen?" Der Lieutenant sprang auf. „Mit der Balletteuse?" „Mit derselben!" „Darf ich leider nicht," sagte Herr Holm lächelnd. „Ick, will Sie noch heute der Dame vorstellen und die Ko sten des ?lbends tragen. Genügt Ih nen das?" Er entnahm seinem Portefeuille sechs Einhundert-Markfcheine, welche er dem Lieutenant hinüber schob. Nach Verlauf weniger Minuten war der ge schäftliche Theil dieser Sache zur Zu friedenheit beider Parteien erledigt. Am folgenden Vormittage fragte der Direktor seine Gattin, ob si« Lust hätte, heute mit ihm zu soupiren. Ma dame willigte ein. Sie war seit zwei Tagen der Spiel ball verschiedenster Gedanken und Em pfindungen gewesen und hoffte von dieser kleinen Erholung außerhalb des Hauses viel für ihrenGemüthszustand. Als sie gegen Abend Toilette gemacht hatte, warf sie einen Blick auf den Ka sten, in welchem die Antwort auf das Schreiben eines gewissen Kavaliers ruhte.sie mußte sich entscheiden, die Zeit dränqte. Sie trat dicht heran, schloß auf und steckte den Brief in ihre Tasche, noch heute sollte er befördert werden. Es war gegen die zehnte Abend stunde, als der Direktor Holm mit sei ner Frau behaglich im Restaurant saß und die Anwesenden musterte. Plötzlich rückte er wie elektrisirt auf seinem Stuhl vorwärts, die Thür hatte sich geöffnet und Lieutenant v. Mares trat ein, neben ihm eine auffal lend gekleidete Dame, an deren Brust ein allerliebstes Veilchensträußchen prangte, „Da haben wir den Beweis, und zwar einen höchst gelungenen Beweis, falls Du noch an Deinem Mann zwei -5.1n solltest," raunte der Direktor Frau Ella zu, indem er sie auf die so- eben eingetretine Gruppe aufmerksam Machte. „'Siehst Du, das ist das famose Fräulein Rosa aus der Friedrichstraße und der Herr neben ihr unser eben so famoser Freund Mares. Das Bou guett, das er ihr heute gekauft hat, scheint diesmal mehr en miniature ge halten!" Frau Ella antwortet« nichts, sie athmete schwer und preßte das Ta schentuch vor das Gesicht. „Laß uns gehen," flüsterte sie ha stig, „mir ist nicht wohl. Die Hitze im Lokal, ich weiß nicht Der besorgte Gatte war bereits auf gesprungen, und in zwei Minuten be fand sich das Ehepaar auf dem Heim wege. Als der Direktor unweit des Tisches vorüberschritt, wo der Lieute nant von Mares, um dessen Lippen ein höchst verlegenes Lächeln zuckte, mit seiner so wohlfeil gewonnenen Acgui sition saß, seufzte er tief auf dieser Anblick kostete ihm runde 6iX> Mark. Er bot seiner Frau den Arm und führt?, sie ins Freie. Ella eine Stunde später zur Ruhe ging, zog sie die kouvertirte Antwort von vorhin aus ihrer Tasche und zerriß den Brief in lauter kleine Stücke. Der Beweis der Unschuld ihres Ge mahls, der ihr so von ungefähr gewor den war, ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, der Gemahl war rehä bilitirt und der Lieutenant von Mares war erkannt. Und das war um so peinlicher, als er und der Kavalier, der ihr vorgestern in vier eng geschriebenen Seiten seine Lieb« erklärt hatte, an einer bedau ernswerthen Identität litten. Frau Ella löschte das Licht, sank; zerknirscht in die Kissen und gelobte sich, die Männer zu hassen. Aber der Schwur einer schwachen Frau ist hinfällig! Schi»nppe»»d Ouasselmcter in »er Deftillr. Schnuppe: Sa-g mal, Quasselmeier, I is denn det wirtlich wahr, det Du in Amerika jewesen bist? Ick hab' ge hört, Du bist nich weiter als bis Ham, dura jekommen. Quasselmeier: Quatsch, sag ich Dir, Schnuppe. Ick soll nich in Amerika jewesen sind? Ick kann das janze Ame rika in- und auswendig. Schnuppe: Na, haste denn ooch die Liegenden Fische uff'm Meer fesche»? Quasselmeier: Wo werd' ick denn nich! Aber det laß Dir nich weiß machen, det die Sorte Fische Flügel haben nre, die Fischer haben ss'n Luftballon, da binden se die Fische an und lassen se fliegen. Schnuppe! Wie is denn det mit det Meeresleuchten? Quasselmeier: Blech is't, Schnuppe. Die Passagiere stehen usfm Schiff und stecken Ilimmstengel an. Det jiebt denn fo'n Widerschein iir't Wasser, det nennen sc Meeresleuchten. Schnuppe: Warste denn ooch bei die Mormonen? Quasselmeier: Naturlichemang. Schnappe: Det muß aber etlich sein mit die viel Weiber. Quasselmeier: Garnicht Sehe mal, kriegst Du von eene nich den Haus schlüssel. kriegst ihn von der andern. Schnuppe: Hast Du ooch mal in di» Niaaarafälle gebadet? Quasselmeier: Und ob! Schnuppe: Na, da betreff ick Dir uff 'ne janz jemeine Ufffchneiderei, die Nia aarafälle sind ja garnich in Amerika, die find ja bei Schaffhausen! «Sauz n«tür«i». A.: Kennen Sie den Rentier Krause, Der drüben wohnt in jenem Hause? B.: Gewiß, ich kenn' ihn ganz genau. Ihn, stine Kinder und die Frau: A.: Wissen Sie auch, Herr Kamerad, Weshalb der Haare hat? B.: Nein Kamerad: i' ist mir egal, Ob er behaart ist oder kahl. A.: Der Grund, der ist doch sonnenklar: Die Neger haben „Krauses" Haar! Tröstlich. Reisender (im Borstadt-Hotel): .Aber. Kellner, das Wasser in dem Glase sieht ja ganz schmutzig aus. Wer soll denn das trinken!" Kellner: „Haben's keine Angst, Euer Gnaden. Das Wasser kommt frisch vom Brünnle. Nur daZ Glas ist ä bischt schmutzig." —lm Eifer. Ehef: „Herr Schmidt, ich bin mit Ihnen als R«-»> senden nicht zufrieden. Sie mache« viel Spesen, wenig Geschäft- »ad trin ken täglich dabei zehn Flaschen Wein. Sie müssen entschieden viel mehr lei sten. !
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