2 Di« wenvische xrach». Der Farbenreichthum und die Ei yenthUmlichleiten der wendischen Tracht enthüllen sich in ihrer ganzen Fülle an dem sonn- oder festtäglichen Wald. Die weibliche Bevölkerung ist auch hier die treuefte Bewahrerin alt überlieferter Sitte und Tracht geblie ben. In der Woche macht es die Arbeit auf den feuchten Wiesen und Feldern nothwendig, daß Arme und Beine frei und unbekleidet gehalten werden, während das Mieder den Oberkörper sorgfältig verhüllt. G-Ht die Spre'wälderin zur Arbeit ans, so legt sie auch des Alltags blendend weiße Wäsche und Tücher an; „sie leuchtet förmlich in ihrer Sauberkeit," wodurch sie schon von fern von einer deutschen Märkerin zu unterscheiden ist. die zur Landarbeit stets ihre schlechtesten Kleider anzieht. Auf dem Kopfe trägt die Spreew-lderin ein Tuch, oft von schneeigem Linnen, oft aber auch von schwarzer oder bunt durchwirkter Seide, welches in streng vorgeschriebene Falten gelegt und so gebunden wird, daß zwei Zipfel sich deckend über den Rücken frei herabfal len, die beiden anderen Zipfel aber zu beiden Seiten des Kopfes abstehen. Dieses Kopftuch, die Lappa. deckt daZ Haar, einen Theil der Stirn und d°» Ohren bis auf die Ohrläppchen. An der Art und Weise, auf welche diz Falten gebunden sind, ist der Hei mathsort der Trägerin zu erkennen. Das weiße Stirntuch dient nament lich zum Schutze gegen heißen Son nenschein. Der kurze Rock der Spreewälderin, meistens von einem weithin leuchtenden Roth, ist ge wöhnlich mit eigengewebter Leinwand gefüttert und wird an einem fchwarz sammetnem Mieder mit weit ausge schnittenen Armlöchern befestigt. Di bloßen Arme sind mit kurzen schnee weißen A-rmeln bekleidet, die zum „Kittelchen" gehören, d. h. einem we stenartigen, linnenen Kleidungsstücke, welches unter dem Mieder sich befin det. Sorgfältig ist das Brusttuch um den Körper gelegt; seine beiden vorde ren Zipfel werden von einem Sam metbande am Körper festgehalten und sind unter der Schürze verborgen. Die letztere umgibt den Körper Länge des Rocks und läßt von diesem nur etwa zwei Hände breit am Rücken sehen. Nur bei feierlichen Gelegenhei ten und im strengsten Winter trägt die Wendin Strümpfe, von Kindheit an aber schon das Kopftuch. So die nach den einzelnen Dörfern in Farbe und Schnitt wechselnde Alltagstracht, die oft von überraschender und male rischer Schönheit ist. Den Haupttheil der SonntagS tracht bildet beim weiblichen Geschlecht die Mütze, welche aus einem Pappege stell besteht. Dasselbe springt an bei den Seiten des Kopfes fast zwei Hände breit vor und läuft spitz zu. Eine steife, in viel- Falten gepreßte, breite, weiße Krause ist an demselben befestigt: sie umgibt das ganze Ge ficht. Ein vorschriftsmäßig gefaltetes Tuch bedeckt das Pappgestell. Dieses Tuch ist an hohen Feiertagen und an den ernsten kirchlichen Festen, bei wel chen die Kleidung nur schwarz und weiß sein darf, weißer Damast, an den Sonntagen dagegen oft ein sehr viel kostbarerer Stoff. Unter dem Kinn stecli eine Schleife, in der Fzrbz mit dem Kopftuch übereinstimmend. Der Sonntagsrock unterscheidet sich gewöhnlich von dem Alltagsrock nur durch den besseren Stoff und einen breiten Seidenbefatz. Das Brusttuch wird zur festlichen Kleidung ebenso umgelegt, wie in der Woche. An ho hen Festtagen ist dasselbe entweder weiß oder schwarz; an Sonntagen ober erglänzt es in den lebhaftesten Farben. Die Strümpfe sind stets weiß, die derben Schuhe ausgeschnit ten. Im Winter ergänzt sich dieser Anzug noch durch schwarze dickgesüt terte Tuchjacken. Ein kompetenter Beurtheiler sagt über diese Sonn tagstracht der Spreewälderinnen, daß sie bei den körperlich meist sehr schön gebauten Frauen und Mädchen ein Bild darbiete, wie es malerischer kaum wieder gefunden werden dürfte. Al les, was Farbenfrische und Eigen thümlichkeit heißt, ist freilich in die sen Gegenden nur der weiblichen Tracht vorbehalten geblieben. Die Männer tragen an den Wochentagen graue, auch Wohl blaue Leinwan röcke; aus dem Kirchgang erscheint dann der lange bläue Tuchrock. Die Kopfbedeckungen sind aber völlig mo dern. Sehr einfach. Tochter: „Du Bat i. we">jt Du nicht, der Herr Kas sier könnte uns für die Festvörstellung «in Billet verschaffen?" Vater: „Aber, Marie, was fällt Dir denn «in !...wo der in meinem Hause wohnt! Der käm' dann gewiß ein paar Tage später verlanget' wieder einen ter: „Ach was, deswegen brauchst Du ihm noch lang leinen" Ofen setzen zu lassen! Da sagst Du einfach, dasStück hat mir nicht gefallen!" Guter Rath. Ein Haus knecht gewinnt 80,000 Mark, und da Maul"'" Kolossaler Erfolg.— B«ariff! Von der Presse gehen Sie direkt in die Hände der Käufer über, so daß sie noch gar nicht zur ersten — Auslage gekommen sind." Silvesternacht. Kein Glock.-nlaut, kein Menschenmund, Noch der Gestirne Kreisen Vermag auf Gottes Erd.'nrund Die Zukunft dir zu weisen! Die Glocken tönen durch die Nacht, Du lauschest ihrem Klingen; Das Jahr, das du herangewacht, Was wird das neue bringen? Drum frag dich selbst! Das Jahr wird gut. Gehst du auf rechten Wegen. In deinem Thun und Lassen ruht Des neuen Jahres Segen! Warum ich meinen S»l»cft«rpunsch „i««» »ront. Der Sylvesterabend war wieder einmal da und meine Stimmung eine recht gedrückte, wie das bei einem alten Junggesellen oft, ganz besonders aber an der Schwellt eines neuen Jahres so vorzukommen pflegt. Wohl hatten mich Bekannte zum Sylvesterpunsch gebeten, allein ich hatte abgelehnt, weil ich einen Abend wie den letzten des Jahres lieber allein als in einem Kreis, den ich nicht als den „der Meinigen" betrachten kann, verbringe. Ich versuchte meine Melancholie auf der Straße zu verscheuchen, aber es wollte nicht gelingen. Da kam mir der Gedanke, eine der silberhalsigen Flaschen „Feinste Punscheffenz", die mir an dem Schaus«nster einer Deli katessenhandlung freundlich zuklink ten, werde mir gute Dienste thun, mir energisch Helsen, über den Rest des alten Jahres und meine dunkle Ab schlußstimmung hinaus zu kommen. Nachdem ich dieses Sylvesterheilmittel erstanden und in die unergründliche Tiefe meiner Paletottasche hatte glei ten lassen, kehrte ich in mein Jungge- Geist. die ehrsame Wittwe Müller, mit den Vorbereitungen für den Abend be schäftigt. Sie kniete, als ich eintrat, vor dem Ofen, bemüht, das F«uer an zuzünden, «in Geschäft, welches sie mit heftigem Pusten und der täglich wie derkehrenden Versicherung, „der Ofen ziehe nicht", erledigte. Sie benutzte diese allabendliche Verrichtung an dem einen unerbetenen Bericht über sämmt liche Vorgänge im Haus« zu erstatten. „Bei dem jungen Weinand im Hin terhause geht es heute sehr schlecht," begann sie. „Der Doktor ist schon drei Mal da gewesen. Das ist doch hart für die alte Frau; sie hat ihr Doktor kennen den Franz ja selbst und haben ihn immer so gut leiden mö gen. ' Wie der Herr Doktor wünschen die große Bowle für sich allein?" „Ja. Frau Müller ich brauche Prachtkleid herum. Wenn sie Die Abneiguna, die ich im Allge meinen gegen das Wasser habe, wird mir von diesem dadurch vergolten, daß mäß zum Sieden entschließen kann. In Anbetracht dieser seiner Unlie benswürdigkeit beschloß ich, noch einen Besuch im Hinterhause bei der schwer geprüften Mutter zu machen. Mit rothvenveinten Augen, wie die Nähe eines Krankenlagers sie veran laßt, kam mir Frau Weinand entge gen. „Das ist freundlich. Herr Doktor, daß Sie nach uns schen. Er schläft," dabei deutete sie nach dem Nebenzimmer. „Hoffentlich bringt ihm der Schlaf Besserung," versetzte ich. Sie schüttelte den Kopf. „O, es geht sehr, sehr schlimm." Ein Thränenstrom brach aus ihren Augen und, als versagten die Füße ihr plötzlich den Dienst, sank sie auf ei nen alten Lehnstuhl. „Warum muß es gerade jetzt so kommen?" schluchzte sie, „gerade jetzt, da Alles so schön und gut hätte wer den können. Von morgen ab gehört er dem Hoftheaterorchester an, hat eine gesicherte Stellung, ein festes Ge halt. Bisher mußte er sich mit Pri vatstunden abquälen, und konnte trotz seines prächtigen Spieles nicht auf kommen. Die Herren Kollegen vom Orchester haben lange gegen ihn intri girt; sie fürchteten sein Talent. Aber aenützt-hat es ihnen nichts. Der Hofkapellmeister hat ihn einmal zufäl lig spielen hören, und da war da wäre sein Glück gemacht gewesen. Weinand, sagte er damals zu ihm, Sie mich ich haben heute noch spreche ich mit dem Intendanten ; mit dem n«Uin ?lakrr werden zwei erste Geige« pcnsionirt, da gibt rs Platz, da zugeschickt wurde, der morgen zu lau sen beginnt. Mit dem Glockenschlag „Zwölf" wollte ich meinem Franz zum Hofmusikus aratuliren. Ach, und jetzt, wie wird es um 12 Uhr stehen? einzige Stunde mehr geben dürfen; die Plackerei mit talentlosen Schülern und anspruchsvollen Eltern hat ihm Zugesetzt." Geschieh!« mit Professors drüben hat ihm zum Schluß noch übel mitge spielt." erzählte sie weiter. „Welch« Geschichte, Frau Wei- Er hat mir's nicht eingestanden ; doch ich habe es gleich gemerkt, daß der Junge wie verändert war von dem Augenblick an. in dem er drüben die Wohnung betreten. Einer Mutter entgeht so etwas nicht! Es hat n^ir gen Herzen schlimmes Unheil anrich ten konnte. Der Herr Professor hat auch scharfe Augen und hat wohl be- Wort sein Leid geklagt hat." „Wie viel Uhr ist es?" fragte er „Acht Uhr, lieber Franz." Doktor?" Ich suchte ihm die Todesgedanken auszureden, er aber schüttelte traurig stand. „Sind Professors heute Abend recht hätte der Professor Ob sterbe ? Noch vier Stun- Zeit...." deckten Tisch, Marie, strahlend in Ju vorgestellt wurde. In der von Freude und Wohlbeha gen erfüllten Atmosphäre wurde -ch „Vielleicht ist es ihm jetzt besser," dachte ich, während Marie einen Strauß'schen Walzer zu spielen be gann, „er schlief als ich ging, viel leicht wird er genesen und ich muß mir Vorwürfe machen. Unheil gestiftet zu haben." etwas Muth zu schöpfen, aber auf der Treppe begegnete mir Frau Weinand, bleich vor Angst. „Kommen Sie rasch. Herr Doktor," rief sie athemlos, .es geht zu End« bleiben Sie hin und wieder schien sein Bewußtsein zurückzukehren und dann fragte er, so viel ich verstehen konnte, nach der Zeit. Es schien, als wolle er seine letzte Le benskraft zusammenraffen, um das mve Jahr zu erleben. Einen Augenblick richtete er sich noch auf und fragte deutlich nach Marie. „Ich werde sie holen, sobald Ihre Mntter zurückkommt." Es war mir, als gleite ein Freuden schimiNLr über das bleiche Gesicht. Unendlich dauerte es, bis die Mut ter den Arzt, der in froher Gesellschaft Sylvester feierte, gefunden hatte. End lich kamen die Beiden. Zum zweiten Male eilte ich nun in das dritte Stockwerk des Vorderhau ses. Man hörte drinnen mein Klop fen nicht, so laut wurde gelacht, so hell klangen die Gläser. Als ich schließlich ohne auf «in „her ein" zu warten eintrat, eilte mir der Professor mit einem Champagnerkelch entgegen. „Sie kommen gerade zur rechten Zeit," rief er fröhlich, „um mit uns auf das Wohl des neuen Brautpaares anzustoßen, das sich noch im alten Jahr verlobt hat. Dieses alte Jahr legen. Also aus das Wohl des Braut paares im alten, auf das Wohl des Ehepaares im neuen Jahre!" flüstert« ihr etwas in's Ohr. Franz wandte ihr sofort den Kopf zu und richtete seine Augen auf sie; er hatte ihre Nähe gefühlt, sie gesehen und erkannt. Dann, als fürchte er, Der Arzt hatte sich über den Ster- Herzfchlag. Plötzlich richtete er sich auf und kehrte sich zu der Mutter. Diese verstand ihn und warf sich mit einem Schmerzensfchrei über den Reinhard war unterdessen gleich falls eingetreten und legte feinen Arm um das zitternd« Mädchen. Da schlug es Zwölf von den Thür men, und die Glocken begannen mit ehernem Klang das neue Jahr einzu läuten, dort die Hoffnungen zweier Menschen zu Grab geleitend, hier zwei Glückliche dafür mit süßen Verhei ßungen begrüßend. Zwischen Leid und Frsud' stand ich, der ich nichts zu fürchten und nichts zu hoffen, nichts zu verlieren und nichts zu gewinnen hatte. Als ich nach einiger Zeit wie der vor meinem Zimmer stand und die geplanten Sqlvestertrunk, und klir rend zerschellte alsbald die Silberhal sige unten auf dem Straßenpslaster... Sonderbare« Wer»««. Volisthiimlichteit. Ihre Geschäfte Pjerbetalent entfaltet werden soll. Un- Während des Actes der Trauung muß dann die Braut ihrem Eheliebsten aus den Fuß treten und beim Knieen auf Vorsichtige Etnla dung Bitte, Herr Furiofo, spielen Sie uns etwas v0r.... aber nicht wahr, Sie hören dann auch wieder aus?" Z«r Dritte. Sie wollten den letzten Abend deS Jahres zusammen verbringen, zu Dreien, wie immer. Ein heiteres, ver gnügtes Kleeblatt sie mochten gar keine andere Gesellschaft. Die Drei waren der Kanzleirath Müller, seine junge Frau Jdet und deren Vetter, ein Musiker. Vetter Hugo lebte getrennt von sei ner Frau, die ihn verlassen hatte, um zur Bühne zurückzukehren, und war sehr froh, bei Müller's eine angenehme dann. Hugo hatte sich in Kost gege ben, denn Müller atz gern gut, und für zwei Personen es kaum zu ko- Winter spielten sie Skat. Auch spiel händig.und das war ja erst der Grund gewesen, warum Müller ihn einlud. Er selbst war nicht musikalisch und so viel älter als Ida; ihre Musik sollte sie sehr gut dabei, wenn sie zusammen spielten. So waren sie immer und immer fröhlich beisammen; wohlerzogen und grundbrav, wie Ida war, kam nie etwas vor, was ihren Gatten geärgert oder verletzt hätte. Besonders, da er so gerne Skat spielte, und nun hatte er seine Partie zu Hause. Es war reizend, und Niemand wünschte sich etwas Besseres. Der Kanzleirath gemüthlich und bequem, Ida heiter und sorglos, Hugo der Spaßmacher für Beide sie waren alle Drei für einander geschaffen. Vor zwei Jahren, als Müller sein kürzlich verwaistes Mündel heirathete, hatte sich Hugo unbändig gefreut. Thür fetzen/ Sie that es auch nicht, und ihr Mann noch weniger. Zum Sylvester war Zweierlei geplant, erstens die Bowle, die Hugo so unvergleichlich zu bereiten verstand und dann das Blei gießen. Damit hatten sie sich im vo rigen Jahre köstlich amüsirt, denn Hugo war unerschöpflich im Erklären der xeheimnißvollen Bleiklümpchcn. Müller kam heute wegen der Ab schlüsse im Bureau etwa» später nach Hause. Ida trat ihm entrüstet entge gen. Hugo hatte für heute abgesagt; sein« Kollegen hätten ihm das Ver sprechen abgenöthigt, zu einer Syl defterfeier des Bühnenvereins zu kom men. „Es war mir diesmal unmög lich, auszuiveichen," schrieb er, „und ich gehe lieber gleich in's Restaurant issen, denn Ihr würdet mich zum Schluß des Jahres noch ausschelten. Ich werd« um »Wölf auf Eure Ge sundheit trinken und morgen Alles gut zu machen suchen." Müller und seine Frau schimpften wie die Rohrspatzen. Solche Rück sichtslosigkeit! Wenn man das ganze Jahr die Füße unter dem Tische hatte, darf man am Sylvester nicht fehlen! Abscheulich von Hugo! Er hielt sich das ganze Jahr von Kollegen- und Vereinskrei sen fern, wohl seiner zertrümmerten Ehe wegen, die er trotz seiner äußeren Lustigkeit nicht recht verwinden konnte. Und auch Müller's waren nicht sehr gesellig, er, der Kanzleirath, schon gar nicht, Ida fügte sich, weil sie ja zu Hause auch ihr Vergnügen hatte. Und so hatten sie auch gar nichts vor für den Sylvesterabend. Es blieb ihnen nichts übrig, als allein zu Hause zu bleiben. Sie gehörten keinem geselli gen Kreise an und hatten auch sonst Niemand, den sie im letzten Augenblick hätten einladen können. Der Kanzleirath saß in seiner So phaecke, um ein wenig zu schlummern. Ida hatte sich in die Küche begeben, um das Abendessen vorzubereiten. Wie sie sich ärgerte; Hugo aß Hasen braten so gern, der hätte sich gefreut. Da.klingelte Müller vom Speisezim mer aus. Ida eilte hinein. „Was willst Du, Kar'»?" „Ach, spiele doch ein wenig Klavier, Jdachen, mir zu Liebe! Siehst Du, ich kann ohne Musik nicht einschlafen." „O, sehr gern, lieber Karl." Sie setzte sich an das Instrument und spielte alle drei Gondellieder von Mendelssohn. „Nein, das ist zu reizend," rief er dankbar. „Es ist fast schade, dabei zu schlafen." Aber er nickte doch ein. „Der Gute," dachte sie gerührt. „Er meinte, ich wollte ihm zu Liebe gar nicht spielen! Vernachlässige ich ihn nicht ein Bischen? Was könnte ich ihm nur für eine Freude machen? Je denfalls will ich allein die Bowle brauen, ich habe ja voriges Jahr gese hen, wie Hugo es macht. Und ein ver gnügtes Gesicht aufsetzen, obgleich die Sache etwas langweilig ist. Und als ihr Gatte „ausgeduselt" hatte, kam sie hereingehüpst. „Nun, weißt Du, Karl, wir wollen uns nicht weiter ärgern. Sollten wir nicht ganz gut ohne Hugo fertig wer den können? Mag er doch fort blei ben!" „Du bist zu lieb, Ida!" Er sah sie nett sie heute war. Er konnte es gar nicht fassen. Sie hatte ihn geheirathet, um sich zu versorgen, wußte er; hinein, ohne weiter über einander nachzudenken, ohne sich um einaAder zu bemühen. Und heute war Ida auf einmal so liebenswürdig! Seine Rührung hier- wechseln, hatten sie Beide das Bestre machcn. Nur, sie konnten zu Zwei nicht Skat spielen. Das war sehr bitter. Aber Ida schlug vor, es mit Piquet zu versuchen, das war auch ein sehr hübsches Spiel, dei beliebte Zeitvertreib ihrer Eltern. Karl verstand es nicht, aber mit Feuereifer war sie dabei, es ihm zu lernen. Sie verloren sich Beide in die Aufgabe. Er begriff, aber spielte doch nur sehr fehlerhaft. „Nun, morgen wirst Du es schon besser spielen," sagte sie tröstend. „Ach,morgen ist ja Dein Vetter da," meinte er, „und Piquet kann man doch nur zu Zwei spielen." „Es ist wahr," gab sie zu, „aber wer weitz, ob Hugo jetzt immer so re gelmäßig kommen wird, wenn er ein mal in Kollegenkreise geräth." „Ach, der kommt wieder," sagte der Kanzleirath kläglich. „Mutz er denn?" dachte Ida. So einmal zur Abwechslung war es auch zu Zweien. Gondellieder," bat er, „vorhin war ich doch ein wenig schläfrig und habe sie nicht voll genossen." Nochmals spielte sie alle Drei, weich schmelzend, mit dem ganzen Zauber des reizenden Sechsachtelrythmus. Er fand es wieder schön, viel schöner, wie das lärmende Vierhändig. Warum hatte sie ihm bisher so we nig vorgespielt allein ihm? Wie leicht war es, den guten Karl glücklich zu machen! Sie spielte noch einige sentimentale Stücke und hatte den Hochgenuß, Thränen in die Augen ih res Gatten zu locken. Inzwischen war das Abendessen fertig. Da saßen sie nun «inmal allein bei Tische, es war, ausgenommen in der allerersten Zeit ihrer Ehe, nicht der Fall gewesen. Während man sonst immer auf den Fremden bedacht sein mußte, legten sie heute einander die besten Bissen vor. Und ein festlicher Eifer, eine innere Freude lag auf ih ren Gesichtern, sie kannten sich selbst nicht mehr. Dann kam die Bowle. Sie war vortrefflich gerathen, denn im Grunde verstand Ida sehr wohl, etwas Wohl schmeckendes zuzubereiten. „Und nun wollen wir auch Bleigie ßen," schlug sie vor, „warum sollten wir denn irgend etwas von der Syl versterfeier auslassen?" .I«, wir wollen Bleigießen," rief er erfreut wie ein Kind. E« >var Alles vorbereitet gewesen, man erwartete ja eine« Gast, und bald zischte das heiße Metal in dem kalten Wasser. Was Karl gewissen hatte, war ein charakter loses Etwas, so allenfalls viereckig, aber sehr „frei" viereckig. „Ein Blatt von den Piquetkarten," sagte er, „wir werden weiter Piquet spielen." Keines dachte daran, daß es auch ein Blatt von den Skatkarten bedeu ten konnte. Nun goß Ida ein schmales, läng liches Ding, an dem einen Ende ge spalten, am andern mit einem rund lichen Abschluß. „Ein Baby, es ist ein Vaby," schrie Karl sgfort. „Lecher Unsinn!" rief sie und verstummte. Es war wirklich so etwas wie ein nacktes, menschliches Figürchen, wenn auch die Beine ungleich waren, die Arme nur angedeutet und der Kops gar zu groß. Sie lachte ein w?n!g. Da schlug es zwölf. Sie wurde ganz still, als fühle sie den Flügelschlag des Ge schickes. Er erhob das Glas, die köstliche, duftige Bowle. „Meine Ida," sagte er gerührt, „wir waren bisher eigentlich nicht recht ver heirathet. Es war immer ein Dritter da. In der Ehe aber darf der Dritte immer nur ein Kind fein! Wenn Du wüßtest, Ida —" . Sie senkte den Blick und erhob auch ihr Glas. Sie ließen den „Dritten" leben, aber Hugo war es nicht. Am Neujahrsmorgen kam Hugo mit einem großen Blumenstrauß und einer feinen Bonbonniere für Ida. „Ihr seid natürlich sehr böse," rief er, „ich begreife das, aber ich habe Euch wirklich hochleben lassen, als das neue Jahr antrnt. Und nun denket! Meine Kameraden hatten mit mir ein Komplott vor. Sie wollten mich mit meiner Frau zusammenbringen. Sie war da sie ist nämlich durchgefallen, die Arme, und hat jetzt kein Engage ment. Natürlich war ich ganz spröde." Er blickte triumphirend von Karl zu Ida. Beide hatten ihm abgera then, sich weiter mit der Theaterprin zessiin einzulassen, denn derlei sei nie mals häuslich. »Ihre Frau ist gewiß in sich gegan gen durch die erlittene Enttäuschung," sagte Ida. Hugo war wie aus den Wolken ge fallen. Anstatt der schmeichelhaftesten Vorwürfe, die er erwartet hatte, dieser Gleichmuth! Kein Wort des Bedau erns! Und Ida schien ganz gestimmt für eine Versöhnung mit der Theaterprin z-ssin. „Ja. was würdet Ihr denn begin nen ohne mich?" frug er verdutzt. „Anstatt des Skat Piquet spie len," warf der Kanzleirath hin. „Anstatt des Vierhändig Zwei händig." fügte Ida hinzu. „Aber nichts für ungut. Wenn Sie Ihre Theaterprinzessin nicht bekommen, so werden Sie uns immer ein lieber, an genehmer Gast sein. Nur haben wir uns gestern überzeugt, daß wir uns auch allein ganz gut unterhalten tön nen ohne einen Dritten.' Dem Jahre wünschen wir, daß eZ uns nicht an des Winters Sonnen wende des Sommers Wonnen sende. schen wir im Sängerkampfe, daß er den Gegner beim Zwtegesang im Sie ge zwang. Wer in heiterer Tafelrunde den 'raus schmeißen! Den lyrischen Dichtern wünschen wir, daß sie Erhörung finden, wenn sie zu Goethen flehen: Laß uns nicht flöten gehen! D«m jungen Manne, der ein jun ges Mädchen zum ersten Mal auf einem Ball findet, wünschen wir, daß er sich nicht gleich Knall und Fall bin det. Wer vom Sylvesterpunsch vielleicht mal sollte einen Kater fühlen, dem möge die Stirn ein zärtlicher Vater kühlen! Wer bei seinem Studium gestört wird durch einer schlecht gespielten Geige Nähe, dem wünschen wir, daß seine Geduld nicht auf die Neige gehe. Wir wünschen der Dame, deren Mittel nicht dazu ausreichen, daß sie der theure Schneider Neide, hinrei chende Geschicklichkeit, daß sie sich selbst die Kleider schneide. Wem heutzutage soll eine Reise glücken, dem mögen keine Hindernisse auf die Gleise rücken; auch wünschen wir, daß sich ihm auf die Landwege keine schneeige Wand lege. Wer gerne.faullenzt in der Hänge matte, dem fei gewünscht, daß er dazu stets Zeit in Menge hatte. Wem der Himmel nicht will des Glückes Traum schenken, der möge sich zum Trost mit einemPülleken Schaum tränken. Spät schlag' Dir die Stunde Heuer, in der Du zahlen mußt die Hunde steuer ! Dem armen Teufel, der seine letzte Hoffnung auf die Lotterie gesetzt hat, wünschen wir, daß bei der Ziehung die Kummer nähme. Dem Bratenbarden wünschen wir» daß Jeder, den er durch seinen Sang ergötzte, ihm in splendider Weise den Gang ersetzte. dem obdachlosen Strandläufer. Wenn bei der Debatte die Parteien mehr, als nöthig ist, in's Feuer gera then. dann wünschen wir, daß ein schlauer Redner dämpfen möge die weitere Hitze durch heitere Witze. Es möge der Wind den Börsenmän nern, die spekulirend in die Weite Freundliche Arme mögen sich des schwachen Trinkers annehmen, daß er nicht überwältigt von dem Produkt der Weinranke, hilflos 'rein wanke! Und Denjenigen, der thöricht will fröhlicher Menschen Bund heißen, den soll der Hund beißen! Es hat die Tanz-Akademie Jungst in Berlin als Krastgenie Verpönt den ,Contre"-Tanz mit Glanz Sie schuf stattdeß den „Reihen"- Tanz! Bald wandelt nun der „Eontre"-Hatz Zun» „Reih«n"-Baß den „Contre"- Baß. Die „Eontre"-Bande schmuggelt fein Sich drauf als „Reihen"-Bande ein. Die „Contremine" läßt sodann Als „Reihenmine" springen man. Auch wird der „Contre"-Admiral > Zum „Reihen"-Admiral zumal; Wann aber vom „Galopp" man sagt: Die Lungensuchtbesörderungsjagd". Und wann die „Polka" jeder dreist „Masurenhoppelpoppel" heißt. Und wann verweht der alte Dunst, Verschweigen muß ich's noch mit Schmerz h-rz! Ihr einziges Bedau ern. Kranke Frau: Ach, Georg, ich Liebling? Kranke Frau: Daß es nicht ein anderes Glied der Familie ist, mir steht schwarz so gut! Im A.: bei näherer Bekanntschaft verliert er! Auch eine Nclnhnung. Zahnarzt (der bei ein:r Kahnpartie in's Waffer gefallen ist, zu feinem Le bensretter): Edler Mann, wie soll ich Ihnen danken? Kommen Sie init venü (in der Buchhandlung): „Geben Sie mir die Werke eines Dichters, der nicht für Volksausgaben schreibt!"
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