2 »i« Lage von Eydari»' Ende. Im greisen Alterthum erblühte am blauen Meere von Tarent, in der süd tveit des jetzigen Buffaloria die be rühmte Stadt Sybaris, die von grie chischen Kolonisten vor unseres Hei lands Geburt um des achten Jahr hunderts Mitte gegründet sein soll. Bevorzugt durch die günstige Lage, das wunderherrliche Klima und die außerordentliche Kraft des Bodens, wuchs die Einwohnerzahl und der un nie so rasch, daß sie schon nach andert halb Jahrhunderten im Stande war, ein tüchtiges Heer von 300,000 Strei tern auf die Beine zu stellen. Mit der Ausdehnung an Land und Leuten mehrte sich der Reichthum, mit den aufgehäuften Schätzen, nahm aber auch der Luxus bei den Sybariten der art zu, daß sie bald wegen ihrer Uep pigkeit, Verschwendung und Schwel gerei in ganz Griechenland und Ita lien berüchtigt wurden und man noch heutigen Tages einen genußsüchtigen Schlemmer mit dem Namen Sybarit zu bezeichnen pflegt. Trotz der anschwellenden Sitten losigkeit in Stadt und Land, standen doch bei den Sybariten die schönen Künste in Glanz und Flor und beson ders Frau Musika ward gar hoch von ihnen verehrt. Ihr Lieblings-Jnstru ment war die sanfte Flöke, die nicht allein bei allen geistlichen und welt lichen Festlichkeiten, sondern auch bei der Zähmung und Ablichtung der Hausthiere eine Hauptstimme hatte. Auch beim Exercieren und Marschi ren der Soldaten zu Fuß und zu Pferde mußte dieses weiche Instru ment die Hauptrolle spielen und ihre Tänze begleiten. Ja. die sämmt lichen Pferde der sybaritischen Kaval lerie wurden so wohl dressirt, daß sie nach den lockenden Tönen der Flöten schloß ohne die Vorstellung eines sol chen Tanzes der Reiterei, die zuvor im Schritt, Trab und Galopp vorbeidefi lirt war. ' Wie noch heutigen Tages einzelne Menschen und Hanze Länder, die des nigst ein Heer von 300,000 Mann mo in einer Stärke von 100,000 Mann, ten. Am Flusse Trais (jetzt Triento) stie furchtbar blutiges Gesecht des Fußvol bange Erde unter dem Hufsch!age ihrer muthigen Rosse erzitterte. Doch als die vorderen Geschwader sich zum An ober weitschallenden FMen, aus deren Munde der sybarMsche Kavaller«-Pa rade-Walzer erklang. Sofort spitzten" die vorderen Syba- Ein kluger Mann ersieht daraus, daß es nicht so sehr adf die Waffe an kommt, sondern auf die richtige Ver wendung derselben, so daß sogar Wanste Flöten über Speere und Schwerter siegen könne». Aus Umwegen. Herri,H«- ten Sie vielleicht die patentirte« „Luna" Hosenträger von Müller ><c Eo. aus Wien?" Kaufmann: Bedauere, die führen wir nicht!" Herr: .O, das »st schade!" Kaufmann: „Soll ich Ihnen vielleicht welche bestellen?"' Herr: „Ja sehr gerne! Ich bi» »äm lich der Reisende dieser Firma hier hn» inttne Muster!" cha r s blä ck. Principal: „Na, haben Sie den „Miller" gesunden, sür »en ich Ihnen die Rechnung ausgeschrie ben halte?" tsommiS: „Leider nicht! I« dem Hause wohnten eine ganze Menge „Müller", vo» denen Keiner uilse, SchuldMer sein wellte. Ter Letzte H»I mich sogar hinaufgeworfen!" Prin cipal: „Zu de» gehe'i See nochmal «er iß'S!" Aus dem Kasernhof. Un>. terojfizier: KerlZ, ich tage Euch nachexer.iren, bis Ihr die Milchstraße sür eine königlich preußische Lhoussee «aseht>" «o»tsan»». Von Mr». Forrester. l Phil Ehester, Dolly Ehester, seine Frau, und ich, Roger Temple, saßen im Cafe Anglais in Paris beim Mit tagessen und beabsichtigten, nach dem Diner zusammen in's Theater zu ge hen. Es Kkht sür gewöhnlich fest, daß, wenn eine Gesellschaft aus drei Personen besteht,eine von diesen dre'.en Überzählig ist; ebenso sicher ist es, daß. wenn eine von diesen drei Perso nen der Ehemann einer der anderen ist, dieser den Ueberslüssigen abzuge ben pflegt. Unser Fall jedoch machte :ine Ausnahme von dieser Regel. Der arme alte Phil war so taub wie ein Laternenpsahl und störte unsere Unte rhaltung nicht im Geringsten. Ja, sei ne Anwesenheit lieh der Sache noch einen ganz besonderen Reiz. Wo fand man einen ähnlichen Fall, da man in Gegenwart des Gatten der Frau un genirt den Hof machen konnte ? Le- s ser, ich fürchte,Du hältst mich nach die ser Einleitung für einen ganz gewis senlosen, leichtsinnigen Menschen der bin ich aber wirklich nicht. Laß! Dir erst die mildernden Umstände sa- z gen, die ich zu meinet Rechtfertigung anführen will, ehe Du mich ver- Jch war zwar seit Jahren Dollys Verehrer, ich gebe Dir aber mein Eh renwort darauf, daß ich ihr in der un schuldigsten, harmlosesten Weise auf der Welt den Hof machte. Sie war meine einzig« weibliche Bekannte in Jndie» gewesen, und ohne ihre mun tere, liebenswürdige Gesellschaft hätte j ich das Leben dort sehr schwer ertra gen. Dolly war eine Kokette von Kindesbeinen an und bleibt sicher eine, bis in ihr neunzigstes Jahr, wenn der Himmel ihr ein so langes Leben be-! scheiden sollte trotzdem war sie die' beste kleine Frau, die es gab. Phil ließ > sie, da er die unschuldige Art ihres Kokettirens sah, ruhig gewähren und trat ihr selten störend in den Weg. Ein oder zwei Mal hatte er Männer, die Dolly zu sehr den Hof machen woll ten, sozusagen „an die Luft Mich aber hatte er gern und vertraute mir unbedingt. „Wenn ich nur alles hören könnte, was Sie zu Dolly spre- > chen, wäre ich ganz ruhig," sagte er mir eines Tages, und ich lnmllte ihm als Antwort in's Ohr (ein Theil de? Lunge ging nämlich immer drauf, wenn man sich ihm verständlich ma chen wollte): „Danken Sie der güti gen Vorsehung, lieber Freund, daß Sil es nicht können! Wo Unwissenheit Segen ist. da ist es Thorheit, sie fort zuwünschen." Ich lehrte eben heim aus Indien und zwar nicht auf dem allerkürzesten Wege. Aber ich hatte ja auch nichts, das mich in die Heimath zurückzog. Keine zärtlichen Eltern erwarteten mich mit Sehnsucht, keine liebenden Schwestern zählten ungeduldig du Stunden bis zu meiner Rückkehr und fragten sich, welche Schätze ihnen wohl der Bruder aus dem fernen Asien mit bringen würde. Ich war eine Waise und besaß als einzigen Verwandten auf der Well mir einen Bruder, der zur Zeit meine. Abreise noch die Schule in Gton be suchte. Während meines Fernsein von England war unsere Miitter ge storben und hatte Tom, obgleich er de, Jüngere war, zwei Drittel ihres Ver mögens vermacht, während sie mir nu, ein Drittel hinterließ. Er hatte also ein jährliches Einkommen von zweitau send Pfund, ich dagegen nur das be scheidene von eintausend, und wenn ick auch Tom dies Bevorzugtwerden nichi nachtrug und ihm in keiner Weis« grollte, so mußte ich doch, wenn ich aufrichtig sein wollte, zugeben, daß ich keine Sehnsucht, kein besonderes Ver langen trug, den Burschen wiederzu sehen oder in meine Arme zu schließen. Um jedoch auf unser Diner zurück zukommen so bestand es au« Suppe, Kotelette und sehr schönem Kompot und schmeckte nach den An bei ihm der Kostenpunkt gar kein, Rolle spielte. Wir hatten einen ele ganten, bequemen Wagen gemiethel „Sie sind wirklich ein abscheuliche? Mensch, Roger!" sagte Dolly. Ich erschrak über Anrede nicht im immer das junge Mädchen dort an jenem Tische angestarrt. Ich weiß nicht, was Sie an ihr so schön finden." „Was sagt sie?" fragte Phil, der zu meiner Linken saß. „Worüber är gert sie sich?" „Das Kompot schmeckt ihr nicht,"! brüllte ich ihm zu. Ich hätte diese Lüge nicht gesprochen, tonnte ihm aber Essen und Trinken. Ich habe selten so gutes Kompot gegessen." ! Leider mußte ich zugeben, daß ich mich in der That seit einigen Minuten da rauf beschränkt halte, nichts anderes zu thun, als nach der jungen Dame am anderen Tische hinzublicken (nicht sie anzustarren, wie Dolly sich aus drückte). Nicht allein deshalb, weil mir dasselbe so bekannt vorkam, daß ich darauf hätte schwören mögen, ich sei j ihm schon einmal im Leben begegnet. Ein paar Mal begegneten sich unsere Blicke, dann kam es mir so vor, als flöge ein kaum merkliches Lächeln um ihren kleinen Mund. Sie saß mir gegenüber, ihr vis-avi» mit dem Rük ken nach mir saß eine stattliche, volle Dame und zu ihrer Rechten ein ältli cher Herr. Wahrscheinlich Papa und Mama. Nein, der Papa war er, wie ich nach längeren. Beobachten schloß, sicher nicht, dazu war er zu höflich und aufmerksam gegen sie, und dazu warf sie ihm hin und wieder zu schelmische Blicke zu, die nicht ganz frei von Ko ketterie waren. ! „Ich will mich hängen lassen, wenn ich mir schon jemals im Leben so über etwas den Kopf zerbrochen habe," sagte ich, halb zu Dolly, halb zu mir selber. „Worüber thun Sie eS denn?" fragte Dolly etwas schnippisch. „Ueber die junge Dame da drüben. Ich habe ihr Gesicht entschieden schon mir übrigens so vv, als kenne auch sie „Trösten Sie sich damit," erwiderte Dolly, „daß Sie sich das nächstemal, da sie einander begegnen, sicher kennen werden. Sie »st eine Erzkokette." ln diesem Augen-blick erhob das Trio sich, und jetzt bekam ich zum er stenmale das Gesicht der wohlbeleibten Dame zu sehen. „Beim Zeus !" Ich stürzte auf sie ! zu und ergriff ihre Hand. Es war meine Tante Janet. Und ! täuschte mich kein Blendwerk—war dies reizende junge Wesen wirklich meine Cousine Corisande, die ich als kleines Mädchen mit der Puppe im i Arm verlassen hatte? j „Das nenne ich eine Ueberraschung, j Roger!" rief meine Tante lachend. „Darauf hatte ich nicht gerechnet, Dich , heute hier wiederzusehen." j „Liebste Tante" und ich drückte ihr auf's Neue herzlich die Hand „Du glaubst gar nicht, wie ich mich über unser Wiedersehen freue." Daß das Sprichwort: „Blut ist kein Wasser," wahr ist, sah ich jetzt ein ich war wirklich entzückt, meine Verwandten getroffen zu haben. „Und und das ist Corisande?" fragte ich. „Ja," erwiderte eine Stimme, die mir wie die schönste Musik klang, ist Corisande. Ich erkannte Dich auf den ersten Blick, Roger, und amüsirte mich höchlich über Dein bestürztes Ge sicht und über den Zorn Deiner Freun din." „Aber. Corry! Kind!" verwies die Mama. Was war aus dem Kinde Corry ge worden ! Ich. der ich mich nie im Sturme einnehmen ließ und mir in jeder Lebenslage meine Kaltblütigkeit bewahrt hatte, mußte zugeben, daß ich selten ein bezaubernderes Geschöpf ge sehen hatte und daß mein Herz vor Vergnügen, mit diesem bezaubernden Geschöpfe verwandt zu sein, laut pochte. Sie schien meine Gedanken von mei nem Gesichte zu lesen, denn sie sagte ja, lieber Roger, aus Kindern werden Leute." „Das sehe ich," antwortete ich, und wahrscheinlich mit einem sehr warmen Blicke, denn ein geschmeicheltes Lächeln flog über ihr Gesicht. j „Was thust Du hier in Paris?" fragt- Tante ?kanet. „Bleibst Du lange hier ? Hast Du schon zu Mit tag gegessen ? Kannst Du uns jetzt, begleiten?" „O nein." antwortete Fräulein Co- risande statt meiner. „Roger hat be reits eine Verabredung, wie Du siehst." Ich ärgerte mich über ihre Worte.! Hier vor allen Lenien konnte ich ihr nicht gleich sagen, daß sie sich täuschte, wenn sie glaubte, Dolly und ich seien ein liebendes Paar, aber es war mir sehr unangenehm, sie mit einem sal-, sehen Verdachte fortgehen zu lassen. „Dann besuchst Du uns aber mor- > gen in unserem Hotel ?" fragte Tante Janet. ! „Mit Entzücken," versicherte ich eif- i rig. „Und bleibst den ganzen Tag be, uns," sagte Corisande, „vorausgesetzt, daß vie Dame dort nichts dagegen hat." „Selbst wenn sie etwas dagegen hätte, würde ich doch kommen." ant-. wartete ich. „Nun. dann also Adieu für heute,"! sagte Tante Janet herzlich.. .Und auf Wiedersehen morgen !" "X >1 m»>n!" sagte Corisande, die vorzüglich französisch sprach. Und mit einem schelmischen Blick nach der j Richtung, in der Dolly sich befand, sehte sie hinzu: „Die Dame erwartet Dich." „Nun!" bemerkte die besagte Dame ! sehr ungnädig, als ich meinen alten ! Platz an ihrem Tische wieder ein > nahm. ! „Nun." antwortete ich und bemühte ! mich, den Jubel meines Herzens nicht! durch Worte zu verrathen. „Das junge Mädchen ist meine Cousine, die ich seit Jahren nicht gesehen habe und ! deshalb nicht sogleich wiedererkannte." ! „Wirklich," rief Dolly zornig und rümpfte ihr Näschen. „Die Männer sind doch ein undankbares Geschlecht. Sobald sie ein neues Gesicht sehen, lau fen sie ihm nach und kümmern sich nicht schwichtigendcm Tone, „ich kann doch : meine Tante und Cousine, wenn ich ih« nen zufällig begegne, nicht verleugnen. Seinen Verwandten ist man stets Rück sicht schuldig." „Ach was! Wenn das Mädchen nicht hübsch wäre, wäre es Ihnen ganz gleich, ob sie Ihre Verwandte ist oder nicht. Nicht etwa —" und Dolly be eilte sich, den Fehler rasch wieder gut zu macben „daß ich sie hübsch siilde. Sie sieht zu dumm aus u?,d scheint sich schrecklich zu schnüren, denn eine setzte sie, da ich als Weiser ein goldenes Stillschweigen beobachtete, hinzu, „und wann haben Sie Ihr nächstes Wieder sehen verabredet? Ich wundere mich, daß Sie nicht gleich mit ihr auf und davon gingen. Meinethalben" (mit steigendem Zorn) „hätten Sie es thun können. Mir ist es sehr gleichgiltig, ob Sie da sind oder nicht." Unterdessen betrachtete Phil uns voller Neugierde. Der arme Kerl! Er wußte, daß es ihm nichts nützte, Fragen über unseren Streit an uns zu richten, daß wir sie ihm nicht beant worten konnten, ohne sämmtliche Gäste des „CaseAnglais" mit in's Vertrauen zu ziehen. „Ich habe ihnen versprochen, sie mor gen zu besuchen," sagte ich in möglichst gleichg'ltigem Tone. „So, so,", erwiderte Dolly. „Hätte ich das nur ein paar Stunden früher gewußt! Jack Bryant bat mich, morgen mit ihm spazieren zu fahren, und ich schlug es ihm um Ihretwillen ab. Es ist jedoch noch nicht zu spät, um diese Absage zu widerrufen. Ich will ihm, sowie ich nach Hause komme, ein paar Worte schreiben." stens hätte ich plötzlich das Gefühl, als fei ich Jacks Freund geworden und könnte ihn auf der Stelle umarmen, daß er die Güte haben und mich bei Dolly vertreten wollte. „War der alte Herr der Gatte Ihrer Eousine?" fragte Dolly, und ich fuhr zusammen, als hätte mich eineSchlange gebissen. Welche Teufelinnen sind doch die Frauen ! Sie verstehen es, bei jedem Manne die verwundbare Stelle zu fin den, und werfen dann den Pfeil ge schickt dahin. Die Idee war ja lächer lich. Wenn er ihr Mann gewesen wäre, hätte sie ihn mir sicher vorge stellt, und dennoch verließ mich der Ge danke an Dollys Worte ke.inen Augen blick und verfolgte und ärgerte mich den ganzen Abend hindurch. Ja, so gar noch am anderen Morgen, als ich zu meiner Tante in's Hotel ging, äng stigte und schreckte ich mich unbegreif lich, und in sehr erregtem Zustande folgte ich dem Kellner die Treppe hin auf in das Zimmer meiner Verwand ten. Meine schöne Cousine trat mir ent gegen und begrüßte mich herzlich. Sie war allein. Gott sei Dank, der alte Herr war nicht anwesend. In civ.cm Anfall verwandtschastlichec Zärtlichkeit ergriff ich ihre beiden Hände und drückte sie herzlich, sorgfältig jeden Finger ihrer Hand prüfend. An dem dritten Finger der linken Hand trug sie drei Ringe, aber keiner von ihnen war ein glatter Reif, und nachdem ich mir diese Gewißheit verschasst hatte, athmete ich erleichtert auf. Corisande war noch schöner, noch reizender, noch neckischer, als am Tage vorher. „Du mußt heute mit meiner Gesell schaft allein vorlieb nehmen, armer Roger," sagte sie. „Die arme, liebe Mama hat ihre Migräne und kann Dich, da sie den Bormittag über das Bett hütet, leider nicht empfangen. Sie muß jeden frohen Tag mit diesem ent setzlichen Kopfschmerz bezahlen. Ist das nicht traurig ? Die arme Mama!" „Das thut mir aufrichtig leid," be merkte ich und bemühte mich, ein theil nehmendes Gesicht zu machen. „Aber, Du —wie geht es Dir ?" „Mir." sagte Corisande, „immer gut. Ich kann mir alles bieten, ohne daß es mir schadet. Und nun sage einmal, lieber Vetter, ist dies eine steif, Visite, die Du uns machst, oder kannst Du mir ein paar Stunden schenken?" „Den ganzen Tag," rief ich, „wenn Du mich haben willst." „Gewiß, gewiß," erwiderte sie und sah mich mit ihren lachenden Augen an. „Du bleibst den ganzen Tag. Abgemacht?" Ich schwebte im siebenten Himmel. „Wir wollen spazieren gehen," suh, sie fort. „Darin ist nichts Unpassen des, nicht wahr ? Du bist mein Vetter oder mein Bruder," setzte sie, schelmisch lächelnd, hinzu. „Dein Vater. Großvater, Onkel was Du willst," sagte ich und freute mich im Stillen, ihr nichts von all' diesem zu sein, sondern in dem reizen den Verhältnisse eines Vetters zu ihr zu stehen. „Nein," sagte sie lachend, „Du bist mein Bruder. Ich will nur meinen Hut holen. Mama hat nichts dage gen, wenn wir Beide zusammen spazie ren gehen, und Hudson, unser Mäd chen, hat mir versprochen, auf Mama recht achtzugeben. Apropos, liebe, Roger, ich habe Dir noch gar nicht ge sagt, welche Pläne ich für den Spazier gang habe. Wir wollen zum Markt nach St. Cloud, dann auf einen ent zückenden Balkon am Wasser, für den ich schon lange von serne schwärme, sten wir wollen Boot fahren." Damit eilte sie zum Zimmer hinaus. Meine Cousine Corisande schien ebenso originell als schön zu sein. Ihr Programm gefiel mir aber doch ganz gut. In wenigen Minuten erschien sie wieder und zwar vollständig serlig für den Spaziergang. Si» hatte ei» blaßblaues Kleid an auf den Stoss desselben verstand ich mich nicht, ob er Kattun, Satin oder Zephyr hieß, mir zenügte es, daß er sie vortrefflich klei vete. Um den Hals trug sie ein Hut ich glaube, Schute nennt man viese Facon, genau weiß ich es jedoch nicht. Sie war eben dabei, sich einen Knövsen anzuziehen. „Komm," sagte das entzückende Ge schöpf und setzte, als ich einen Blick auf ihre noch unbehandschuhte rechte Hand warf, hinzu: "Es ist zwar nicht hübsch, sich die Handschuhe auf der Straße anzuziehen, aber wir Englän der sagen ja immer: Im Auslande ist Alles erlaubt." mein schönes Cousinchen," bemerkte ich. „Du kennst Paris. Ich dagegen habe von seinen schönen Plätzen bis jetzt Monde." „Vertraue Dich mir unbesorgt an," antwortete sie. „Und nun rufe, bitte, einen Wagen heran! Sage dem Kutscher," fuhr sie, leicht hinein hüp fend, fort, „daß er uns nach der Brücke „Willst Du es ihm nicht sagen?" bat ich sie. „Ich spreche ein entsetzli ches Französisch, während Du die Sie erfüllte meine Bitte, und da sie unterdessen einen Handschuh glücklich angezogen hatte, reichte sie mir die Hand hin, um ihn ihr zuzuknöpfen. Ich gab mich dieser reizenden Beschäf tigung natürlich mit Wonne hin. „O weh!" rief Corisande plötzlich. Ich sah auf und erblickte Phil und Dolly, die an uns vorübergingen. Das heißt, Dolly erblickte ich eigenilich nicht, denn sie hielt den Sonnenschirm bedeutungsvolle Handbewegungcn. Corisande lachte spöttisch. „Armer Roger !" sagte sie. ich erröthete. „Du bist im Irrthum," rief ich, „wenn Du glaubst, ich sei der Verehrer jener Dame." „Was wäre denn so Schlimmes da bei ?" fragte Corisande kühl. "Der Mensch muß sich amüstren. Und das ist wohl ihr Herr Gemahl?" „Ja, der arme, alte Phil Ehester, einer meiner liebsten Kameraden." Corisande warf mir einen so schel mischen Blick zu, daß ich noch tiefer er röthete, und rief: „Ich gebe Dir mein Ehrenwort —" „Das hast Du wirklich nicht nöthig, lieber Vetter. Du weißt, „wer sich entschuldigt, klagt sich an", also ver theidige Dich nicht! Ich glaube Dir ohnedies und habe eine zu gute Mei ich Dir im Ernste zutrauen könnte, Du seiest in diese kleine, gewöhnlich aus sehende Frau verliebt." Wie ily sah, tonnte Corisande, wenn sie wollte, ebenso scharf sein wie Dolly. Da ich im Laufe der Jahre du Erfahrung gemacht hatte, daß man eine Frau nie gegen die andere verthei digen oder loben dürfe, schwieg ich nigsboot, und wir stiegen in dasselbe ein. Wir fuhren mit keiner sehr ge gewählten Gesellschaft zusammen mit ordinär aussehenden alten Wei bern, die Geflügel zum Verkaufe mit sich, führten, und mit Männern, die wenn ste auch im Vergleich zu den Frauen einen höchst anständigen Ein druck machten, ich mir doch, weiß Gott! nicht zu Reisegefährten ausgewählt ha ben würde. Ich ärgerte mich darüber, meine schöne, junge Cousine in einer ihrer so unwürdigen Umgebung zu se hen, und vermuthete innerlich, daß sie sich unter der Bootsi'hrt gewiß etwas ganz Anderes vorgestellt hatte, als ste hier fand. Aber sie rief lachend: An der Brücke de l'Alma stiegen d« konnten uns neben einander setzen. Jetzt fing die Fahrt erst an, mir Spaß zu machen. Es war ein wunderschö aiifmerksam und sagte: „Da gehst Du einmal mit mir hin, nicht n^hr?" bei, gesehen. Welche Welt von Aus zu verleben. Sollte ich ihr von diesem Entschlüsse sagen? Nein, das wäre zu stürmisch St^. Sande war wie ein Kind, sie freute sich auf dem Markte über Alles, was sie sah. Apfelkuchen und Johannisbrod laufte sie sich, Messer warf sie, nach der Scheibe /choß sie und traf dreimal ge nau die Mitte. Zum Schlüsse bestand sie noch darauf, daß ich mich für einen Bild zugleich einrahmen ließ, und als sie das Bild, auf dem ich einem Äffen mehr als einem Menschen ähnlich sah, erblickte, wollte sie sich vor Lachen auii schütten. Sie kaufte, was sie nur sah, und belud mich mit Allem, was sie ge- kauft hatte. Dabei gab sie mir einmal über das andere die Versicherung, sich noch nie im Leben so gut amllsirt zu haben. merkte sie, als die Uhr etwa zwei sein Ich machte ihr den Vorschlag, hier in St. Eloud zu frühstücken. „Nein, nein, nein!" erwiderte sie. „Das thue ich nicht. Ich habe mir vor genommen, heute auf dem Balkon am Flusse zu frühstücken, und was ich mir vornehme, führe ich immer aus. Also komm mit mir dahin!" Zwanzig Minuten später saßen wir denn auch wirklich aus dem besagten Balkon. „Ich hoffe, wir bekommen hier et was gutes zu essen." sagte die kleine Feinschmeckern!, „aber sei es, was es haben!" Der Balkon, der von unten sehr hübsch und einladend aussah, verlor schneeweiß entgegen geleuchtet hatten, sahen in der Nähe nicht besonders ap petitlich und sauber aus. Außer Bees- Minuten^Zeit. Ich hatte um zehn Uhr zu Hause ge frühstückt und konnte daher noch ganz es war aber keine da. Rufe den Kellner," sagte sie, einer Ohnmacht nahe. Ich gehorchte.,, Wie schlecht Du das „Garcon" aussprichst, Roger," bemerkte sie mit klagender Stimme. „Aber so schrecklich es sich auch anhört, rufe noch einmal!" Ich schrie mit aller Kraft meiner Lunge. Gottlob, es ließen sich Schritte hören und ich eilte dem Heißersehnten entgegen. „Brod und Butter!" donnerte ich ihm zu, „und wie lange, zum Teusel, lassen Sie uns auf das Beefsteak war sche Rothwein mit, St. Julien. Aber schnell, schnell!" Als ich zu Corisande zurückfehrte, fand ich sie in etwas heiterer Stim mung. Sie lachte herzlich, und zwar war meine schlechte Aussprache des Französischen die Ursache dieser Heiter keit. Der Kellner hatte mich jedoch ver standen, und das war ja die Haupt sache. Von dem Augenblick ab, da er das Verlangte gebracht hatte, hatte ich nichts weiter zu thun, als Vrödchen zu streichen, und Corisande setzte mich durch die Schnelligkeit, mit der sie ei- Endlich kam auch das Beefsteak. Ich steckte die Gabel hinein und konnte ei nen Ausruf schmerzlicher Ueberra schung nicht unterdrücken. „Schadet nichts," bemerkte mein Büschen, „reiche mir nur meines her über! Mein Hunger ist noch lange nicht gestillt. Ah," sagte sie, als sie den ersten Bissen im Munn hatte, „ich er kenne einer, allen Bekannie:, nieder, hat." Aber sie aß es trotzdem, ebenso die Kartoffeln, eine Menge kleiner Kuchen und mehrere Weintrauben. „So, jetzt ist mir besser," sagte sie mit einem Seufzer der Erleichterung. Sie stützte ihren Arm auf das Balkon „Wie schön Du bist!" sagte ich leise. es jetzt Sitte, daß junge Mäd- Jch Habe sehr viele. Findest Du diese Brosche nicht süß?" „Tom? Welcher Tom?" „Ah", dachte ich bitter, „er ist in der glücklichen Lage, Brillanten verschenken zu können, während ich —" Laut aber fragte ich ziemlich gleichgültig: „Was ist Tom eigentlich für ein Mensch geworden?" die Seile und sagte: „Ein reizender Mensch. Du bist zwar hübscher als er. Er ist kleiner , als Du und seine Nase ist nicht so schön wie Deine —" j „So!" und ich strich lächelnd mit der fichtstheil." """"" kwunderten Ge „Und wie ist er sonst? Ist er ein an- s ständiger Kerl geworden?" „Sehr anständig," antwortete sie trocken. Aber warum sollte ich meine Zeit ' damit verschwenden, von Tom zu spre« 1! chen? Mit jeder Minute liebte ich »i meine schöne Cousine mehr, und jetzt fühlte ich, daß ich mich nicht länger be ' herrschen und meinen G-.sühlen nicht ' länger Zwang anthun konnte. Ich er griff ihre beiden Hände und sagte: k „Corisande, Du liebes, süßes Kind, ich liebe Dich bis zum Wahnsinn. Bist -1 Du mir auch ein wenig gut?" > Sie entzog mir rasch ihre Hände und sah mich halb ärgerlich, halb erschreckt „Bist Du von Sinnen, Roger?" rief sie. „Du handelst schlecht, ehrlos —" r „Warum ehrlos?" 5 „In hohem Grade ehrlos," versicherte sie und machte ein trauriges, bestürztes ' Gesichtchen. „Ehrlos an mir und an e Tom." ° „An Tom?" stieß ich hervor. „Wa ) rum an Tom?" „Weil ich, wie Du weißt, seine r Ich blieb sprachlos und wie gelähmt - vor Erstaunen sitzen. > „Du weißt es natürlich," fuhr sie - fort, „denn wir haben es Dir alle Drei - geschrieben, Tom, Mama und ich." - Ich war noch immer nicht im i Stande, zu antworten. ' „Glaubst Du, sonst wäre ich mit r Dir,der Du mir fast fremd bist, spazie- Z ren gegangen? Ich sagte es Dir ja. daß ich Dich als meinen Bruder be» ' trachtete." ! Mein Herz schwoll über vor Biitsr c keit, aber ich erwiderte keine Silbe. Ich c kam mir wie Esau vor, dem sein jünge rer Bruder das Erstgeburtsrecht ge > raubt hatte, und wünschte mir, unien , auf dem Grunde der Seine zu liegen 1 oder lieber nie von Indien zurückge ' kehrt und nur weit, weit fort von Co . risande zu sein. Unwillkürlich mußte ' ich an Dolly und an meine Treulosig» ' keit ihr gegenüber denken. > „Da kommt das Boot." bemerkte ' Corisande in eisigem Tone. „Wir wol ! len einsteigen." Schweigend legten wir die Fahrt zu , rück. Als ich meine Cousine nach ihrem Hotel geleitet hatte und wir vor der ! VZ' lächelnd: , ja? Sieh einmal, als Schwager und l Schwägerin müssen wir doch Freunde > sein. Komm noch zu Mama herein, bitte, bitte!" l „Danke," erwiderte ich, „ein ander» ! mal, heute ist es mir zu spät gewor l den." Am selben Abend reiste ich von Na > ris ab. «in theurer Schmu«. Auf einem Balle in einem der vor nehmsten Häuser erregte der Hals , schmuck der Gräfin B. wegen seiner Kostbarkeit allgemeines Aufsehen. 5 Eine ihrer Freundinnen bemerkte, als man ihr davon sprach: „Er hat aber , auch einen seltenen Preis gekostet." „Und welchen?" . Rubel und vier ! Man drang in sie, sich über diese > »vier Monate Gefängniß" näher zu > erklären, und sie erzählte Folgendes: .Als die Gräfin in Petersburg lebte. , einer Stadt, wo bekanntlich auch der Reichste nicht reich genug ist kam 5 eines Morgens ihr Juwelier zu ihr, als ste eben beschlossen hatte, in ihren > Ausgaben mit größerer Sparsamkeit zu Werke zu gehen. Sie hielt sich für > stark genug, jeder Versuchung zu wi - verstehen, und ließ, trotz jenes Vor- Rubel, welche er kosten sollte. Um und unerwarteten Entschlüsse, welche die Liebe zum Schönen allein einer Weltdame einflößen kann. —„Können Sie," sagte sie zum Juwelier, „mir diesen Schmuck aufheben? In vier Monaten werde ich den Preis dafür zahlen." Der Juwelier ließ sich nicht lange bitten und versprach, so lange zu warten. Kaum hatte er seinen als die stoische junge Dame ihrem ! Haushofmeister klingelt. „Ich ver ! reise," sagte sie, „ich verreise auf län gere Zeit, verabschieden sie meine j ich schließe das Haus." In der That Monate. Nach Verlauf dieser Zeit trai die freiwillige Gefangene aus ihrem Kerker wieder hervor? sie hatte vierzigtausend Rubel erspart und werben. Zwölf Per 112 o n en, die sich vornehmen, immer zusammen zu essen, aber dabei niemals in derselben Ord nung sitzen wollen, würden dies bei einer Mahlzeit am Tage 13 Millionen Jahre lang thun können, ohne daß sie ein einziges Mal wieder in derselben ! Reihenfolge zu Tisch sitzen würden, wie an einem früheren Tage. Zwei Menschen können natürlich nur auf zwei verschiedene Weisen nebeneinan der sitzen, drei bereits auf sechs Wei sen, vier auf 23, fünf auf IM, sechs auf 72V, sieben auf 6040, acht aus 40,320, neun auf 362,880, zehn auf 3,628.000, elf auf 39,908,000 und zwölf auf 478,896,000 Weisen. ! Splitter. Das kleinste . Ungliick nimmt man ernster, als das größte Glück, Am meisten überrascht es uns, wenn unZ eine verdiente Aner ! tennung Irisst. Verfängliche Frage. „ES ' gibt tausend Wege, um reich zu wer j „Und der wäre?" „Sehen Sie, ich wußte ja. dag Sie ihn nicht kennen!"
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