Krunhi!be< « i „Verehrtester Herr Direktor, bitte aus ein Wort: Da theilt mir meine Nichte soeben „per Expreß" mit, sie hoffe, nicht in der üblichen, feierlichen Weife empfangen zu werden; nichts sei ihr widerwärtiger, als diese Schau stellung, Reden u. s. w.! Was um Himmels willen ist nun —in der zwölsten Stunde sozusagen— zu thun, nachdem wir nach unserem Ermessen, „Auf Ihren ausdrücklichen Wunsch „Aus meine B itte, Herr Direktor, oder sagen wir, die letzte Comtesse von Wildenhof wie eine Wirthschaftsmam sell in das Schloß ihrer Bäter einzie hen zu lassen. Sie kamen mir in der seinem ellenlangen Gedicht, da am Waldrande steht der Schmied mit den Böllern, dort an der Rampe die Herren nun —" „Schicken wir sie einfach nach Hause!" „Das heißt, Sie, Herr Direltor, da thun lassen?" „Warum nicht! Was den Leuten schließlich die Hauptsache ist, der ar beitsfreie Tag und ihr Essen, soll ihnen nicht entzogen werden. Damit werden Glinde reichen, was dieser wohl nicht bemerkte, denn er hatte sich bereits schnell der an der Ausfahrtsrampe des Schlosses versammelten Gruppe der Wirthschastsbeamten und sonstigen ländlichen Honoratioren zugewendet, welche sich nach seiner kurzen Mitthei lung, daß kein „offizieller Empfang" stattfinde, unter Ausrufen der Verwu nderung, vielleicht auch des Mißvergnü gens, zerstreute. Nur einer der Herren blieb auf einen Augenwink des Direk tor Oberförster, ein etwas korpulenter, hübscher Mann, mit schnellen Bewe gungen und einem außerordentlich ge- Direktors und sägte in parodirendem Tone: „Wenn kein offizieller Empfang stattfinden soll, meldet sich nu? der mandttire im Paradeanzug mit Or densband. Ein Rapport wird nicht überreicht. ... . Soviel weiß ich noch mir leid!.... Ins Wildenhossche bekleide denßang eines Regimentscom mandeurs. Ha, welche Lust, Gräfin Wildenhof zu sein! Wie der Onkel spricht, so geschieht's, wie sie telegra- Phirt,so lausen sie fort die Ehren compagnie und die Musik nämlich und wir stehen da, wie die erlasse mir gütigst die Fortsetzung, welche zu Deinem famosen Frack nicht passen würde. Räumen lvix vielleicht die Ehrenpforten, Guirlanden und Kränze auch beiseite?" „Wenn Du es selbst thun willst, mei netwegen! Den Leuten habe ich einen arbeitsfreie» Tag versprochen und sie sollen ihn haben, trotz aller gräflichen Grillen." « „Ich ? Hättest Du Nasael geboten, seine Sirtinische Madonna zu ver nichten. ehe eines Menschen Auge sie ge schaut? Mein ganzes kiinstlerischesVer mögen ist in diesen Ehrenpforten und Guirlanden ausgedrückt. Ich betrachte sie als das Hauptwerk meines Lebens, die Krone meines Schaffens. Sie ver . Nichten, ehe die schöne Comtesse —Apro- pos sie ist doch schön? Zur Erörterung dieser überaus wichtige» Frage können wir es uns übrigens bequemer machen; noch sind wir ja unter uns," unterbrach sich der Redselige, rückte auf derßampl, welche, da sie ihrem eigentlichen Zwecke randa benutzt wurde, zwei Stühle zu recht, setzte sich und zog eine Cigatren tasche hervor. Dann wiedrholte er seine Zwischenfrage: „Schön ist sie doch?" „Wer?" „Heiliger Irgendjemand! Kann „sie" heut und in aller Zukunft, geringere Persönlichkeit bezeichnen, als Comtesse Wildenhof! Hast Du sie je gesehen, Wolf?" i „Nein," antwortete der Direktor kurz, fast barsch, und sein Fuß berührte hef tig das Eifengeländer der Rampe. „Pardon... Auras! Komischer Wi derwille, Kn Du da gegen Deinen Vor namen hegst; und er klingt doch so alt deutsch biderb, so ritterlich feudal hocharistokratisch." „Du weißt, ich hasse dieses Feudale." „Und doch unterbrichst Du Deine gerichtlicher Verwaltung stehenden Herrschaft Wildenhof zu werden?" „Nimm an, ich hätte meine besonde ren Gründe dafür gehabt." „So schlau bin ich, mit Deiner güti gen Erlaubniß, längst gewesen, wenn Du es auch nicht für nöthig hältst, mir rindn Einblick in diese jedenfalls sehr interessanten Gründe zu gewähren, mir der ich täglich mein ganzes Herz in Dei nen Busen ausschütte, der Dir schon auf der Akademie die Ehre erwies, Dir Geld abzupumpen, der für Dich durchZFeuer gehen, ja, selbst das theuerste Opser, wenn Du es verlangtest, Dir bringen, diese Ehrenpforten abbrechen würde, ehe die schöne Gräfin sie bewundert und dem genialen Erbauer durch ein huld volles Lächeln gedankt... na, da wä ren wir ja wieder auf unseren Hain unsere Comtesse, wollte ich sagen, zu rückgekommen. Ich halte sie entschieden für schön. Die alten Wildenhoss da droben im großen Speisesaal und drü ben in der Kapelle haben durchweg schöne Gesichter, freilich auch verd hochmüthige, mit solch einem gewissen Blick von oben herunter: wer sind wir doch Rasse darin, feines Blut! Das erbt sich fort, just, wie bei meiner Diana, von Hektor dem Zweiten aus der Juno, deutsches Hundestammbuch Nr. 796 ... Wie heißt sie denn? Ich meine natürlich die Comtesse." „Brunhilde, glaube ich." „Wie, was, Brunhilde?" rief der Oberförster und patschte mit der flachen Hand auf seinen Schenkel. „Da seh' ich leibhaftig vor mir stehen: und Jordan und was sich sonst Brun hildiges auftreiben läßt. O, o, Brun hilde! Getraust Du Dir auch die Rolle des Siegfried mitEhren durchzuführen, Freund Auras? Sie wird die Herrin herauskehren, diese Walküre aus dem edlen Geschlecht Wildenhos, und Dir Ueber des Direktors kräftiges Ge sicht flog ein eigenthümliches, fast har tes Lächeln. „Sei versichert, daß ich auch der Gräfin Wildenhof gegenüber meine Rechte zu wahren und Üebergrifse zu rückzuweisen wissen werde," antwortete er, und seine Stimme hatte trotz ihrer schen Klang. „Ja wohl, aber wenn sie nach dem Beispiele ihres edlen Oheims, welcher bei allen seinen Unverschämtheiten ver sichert, er wisse wohl, daß er hier nicht das Geringste zu befehlen oder einzu wenden, sondern nur ganz höflichst und ich, wenn auch sie bittet? Eine bittende Walküre,... und wenn Du neunmal sehr ergebenst zu bitten habe, also, sage neunundneunzigmal in Drachenblut ge badet wärest, hörnerner Siegfried, die bittende Walküre macht Dich windel weich." „Mich nicht!" Wie Hammerschlägt aus einen Amboß, so hart und klingend ses Pflaster ausstattet, desto Des Direktors Gesicht hatte sich longsam mit einer dunkleOßöthe be deckt; jetzt hob er die Faust, als wolle er sie auf die Tischplatte niederschmettern, und donnerte: „Eine Wildenhof, hie Tochter des —" Er vollendete nicht. Mit einem gewaltsamen Ruck gewann er im Augenblick seine Selbstbeherr 'schung wieder. Seine Hand senkte sich kühl und ein wenig sarkastisch klingen den Tone fortfuhr: „Ich wundere , mich nur." „Ueber denßlödsin», den Du zuTage zu fördern vermagst. Ich weiß wohl, daß Dich die Hitze des Gesprächs ziem lich weit fortzureißen Pflegt: diese mehr als blühende Phantasie hätte ich denn aber doch nicht in Dir vermuthet." „Phantasie? wir werden ja sehen... ich glaube, ich habe wieder einmal einen Anfall des zweiten Gesichts. Ich habe Dich gewarnt und wasche meine Hände in Unschuld," sagte Wür zburg mit beleidigter Miene und schwieg ganze fünf Minuten, nach deren Ab lauf er soweit versöhnt war, um eine außerordentlich fabelhaft klingende Jagdgeschichte erzählen zu können. Dieselbe hatte kaum ihr ungemein merkwürdiges Ende erreicht, als die Ruwersche Equipage in den Schloßhof brauste, um mit einem schneidigenßucke am Fuß der Rampe zu halten. Der Kammerherr sprang zuerst heraus und half den beiden Damen aussteigen. Ein leises „Alle Wetter!" entfuhr den Lip pen des Oberförsters, der mit Auras hinabgeeilt war, und dieser selbst war so betroffen,daß er sich kaum verbeugte, als Herr Ruwer etwas weitschweifig die Vorstellung mittheilte .... Was waren alle die regelmäßig schönen, aber fast ausdruckslosen, maskenähnlichen Gesiebter auf den Ahnenbildern droben im großen Saale gegen diese lebensvol len, energischen und doch so wunderbar edel gezeichneten Züge, gegen diese kö nigliche Haltung der hohen Mädchenge stalt, die langen, losen Flechten, die wie zwei goldschimmernde Schlangen ihr über die Schulter fielen, als sie das stolze Haupt zum lühlen Gruße neigte! Sie schien sich dieses srapptrenden Ein druckes ihrer Erscheinung vollkommen bewußt zu sein, ein leises Lächeln zuckte um ihre Lippen, fast noch mehr hoch» müthig überlegen als spöttisch. . . Der Direltor bemerkte es, und im Augen» blick gab es dem weltgewündtenMnnne seine völlige Sicherheit wieder. In ge schäftsmäßiger Weise sprach er einige Begriißungsworte, dann sührte der Kammerherr seine Nichte die Rampe hinauf nach dem großen Wappen- und blumengeschinückten Portal, die Geselli schqftsdame, Frau von Leist, f?lgte ihnen, nachdem sie, wie es schien, eine Minute gewartet, ob einer derßeamten ihr den Arm bieten werde, wozu sich je doch keiner von beiden veranlaßt fühlte. Sie blieben im Hofe und spazierten wieder und ab. Würzburg unterbrach zuerst das Stillschweigen, indem er, die Hände über dem wohlaus gesiillt:n Rocke faltend, mit kläglicher Stimme rief: „Na, was sagst Du nun? Eine Brunhilde, wie ans dem Ni belungenliede herausgeschnitten! Ach, wir werden nette Dinge erleben!" „Wenn Du nach dem heutigen Mu ster fortfährst, zweifle ich nicht daran," erwiderte Auras spöttisch. „Uebrigens glaube ich die Stunde bis zum Diner besser ausnützen zu können als mitMll „Diese Frage verdiente eigentlich ein Nein zur Antwort," . lachte der Direk tor, sich umwendend, doch verfinsterte „Wollten Sie die Güte haben, Herr Kammerherr, der Gräfin Wildenhof unseren ergebensten Dank und zugleich im Voraus unsere Entschuldigung zu förster. Wie angewurzelt blieb der Kammer herr stehen, das trotz seiner fünfzig Jahre noch immer feine, anziehendeGe sicht verzerrte sich zu einer häßlichen Grimasse. „Erbärmlicher, hochmüthigerPöbel!" zischte er halblaut zwischen den ausein ander gepreßten Lippen hervor. „Mein ist es, daß Du selbst so Dir und Deinesgleichen wieder nachGe bühr den Fuß auf den Nacken setzen, einer Frechheit mit der Reitpeitsche be gegnen" ... und seine überaus ge pflegte Hand ballte sich zur Faust. Er vergaß, daß Brunhilde seineAnt wort erwartete, und lehnte sich in grim migem Grübeln an das zierlich ge schmiedete Eisengitter der Rampe. Als vor zwei Jahren nach dem Tode deS früheren Generaldirektors zu dessen Nachfolger der damalige Oberförster Auras, Dozent an der Land- und Forstwirthschastlichen Akademie, vor geschlagen wurde, war er selbst mit sei nem ganzen Einfluß für diesen einge treten. Dem stolzen Aristokraten fraß die Sequestration der Herrschaft Wil denh»s am Herzen, umfomehr, als er, der Besitzer eines kaum eine Meile ent fernten unbedeutenden Gut«s, in frühe rer Zeit an Stelle des fast stets abwe selbst die Rolle des Gebieters gespielt hatte. Der frühere Direktor, ein ehema liger» höherer Beamter der Staats kratischem Pflicht- und Selbstgefühl seinem Einfluß wenig Spielraum ge-, geben; den schlichten, jungen Dozenten hoffte er durch die Wucht seines Ranges und Namens zu einem gefügigen Werk zeug herabzudrücken. Er wurde bitter enttäuscht. Auras sicherte sich im Boraus eine fast unbe fchränkteMachtvollkoinmenheit und trat alsdann der Anmaßung Ruwers noch weit entschiedener entgegen, al? sein Vorgänger. Es kam zu einigen uner quicklichen Scenen, bis der junge Di rektor sich jeden weiteren Besuch des Kammerherrn in Wildenhof verbat, und sein Recht dazu aus seinem Con tract und den Seq»estrationsbestim mungen nachwies, welche nur der ein zigen Tochter des verstorbenen gräfli chen EhepSdres das Bewohnen des Schlosses gestatteten. Nur zu deutlich fühlte Ruwer, daß er hier einem ihm überlegenen Charakter von unbeugsa mer Festigkeit gegenüberstand. Er gab, äußerlich wenigstens, nach, um sich doch den freien Verkehr in Wildenhof z>u si chern, und befleißigte sich von nun an einer außerordentlichen Höflichkeit allen von der gerichtlichen Verwaltung ange stellten Beamten, namentlich aber dem Direktor gegenüber. Die geringste, je dem Gebildeten selbstverständliche Ge fälligkeit erbat er sich wie eine Gnade; niemals mehr ließ er sich hinreißen, eine Forderung zu stellen, einen Tadel aus- zusprechen oder auch nur die geringste Anordnung zu treffen.. und unter die ser geschmeidigen Höflichkeit wuchs ein glühender Haß gegen den Mann cm des Lächeln umzuckte bei dicsem Gedan ken die Lippen des Kammerherrn war die Stunde gekommen, alle diese der Freundlichkeit stumm ertragen mußte, mit gleicher Münze heimzuzah len und wieder hob sich die kleine, „Onkel Edmund," rief eine helle, kräftige Mädchenstimme vom Balkon fenster herab. verlorenen Sinne» auf... „Ah, Brun hilde! Wird sie diesen Bauern zu zäh men wissen? Ich hoffe es. Sie ist trotz fälschte, stolze Blut. Und wenn Viktor" lauter Stimme, zog seinen tadellosen Frack sckiarf in die Taille und trat in das Portal zurück. 11. haglichleit ausgestattetes Wohnzimmer. „Guten Tag, Fräulein Betty, darf ich um ein Plätzchen in Ihrem Reiche bitten? Wissen Sie schon alle Neuigkei ten? Kein Empfang, keine Böller, kein Musiktusch, keiu Diner! Nur Wolf und ich sind in den engsten Familienzirkel geladen oder befohlen ich weih nicht, soll ich uns»als glückliche Bevor zugte oder Opferläm mer betrachten... Brunhilde heißt sie, die Comtesse nämlich, und sie sieht auch sieht man ihr auf eine Viertelstunde Entfernung an. Uebrigens war sie so nett, als man eben von einer Gräfin gleichfalls bef —nein, eingeladen, Wolf hat jedoch entschieden abgesagt. Ist das nicht abscheulich? Der Kammerherr bat trotz Wolfs Absage verkünden?" Mit einem sehr hörbaren Seufzer nahm er Platz, so geschickt manöveri rend, daß er fast neben ihr saß. „Nur meinem Bruder gegenüber; ihm zu widersprechen, wagenSie nicht." „Doch nicht ausFeigheit, das schwöre ich Ihnen bei allem, was Sie wollen. Sie wissen es ja, Fräulein Betty, er hat eine so eigenthümliche Weise, An deren seine eigene Ueberzeugung bei zubringen, daß man schließlich nicht umhin kann, sich selbst die schmeichel hafte Versicherung zu geben, man sei mit seiner bisherigen gezentheiligen Meinung dem bekannten grautn Freunde ganz erschrecklich ähnlich gewe sen. Und dennoch Ihnen zu Ge fallen fliege ich wie auf den Fittigen des Sturmwindes hinüber und flüstere dem Kammerherrn ein vertrauliches Wörtchen zu. Ich bin überzeugt, er küßt mir die Hände dafür oder schenkt mir einen seinen Frühstücksorden." „Um Gotteswillen nein!" rief Betty, und hielt mit ängstlicher Geberde den Aufstehenden zurück. „Sie kenne» Wolf, er würde uns das nie verzeihen. Wollte er doch nicht einmal erlauben, daß ich mir die für die Comtesse be stimmten Zimmer ansah." „Allerdings eine frevelhafte Grau samkeit, die zum Himmel schreit." „Sie spotten natürlich wieder, doch verdroß es mich in der That ernstlich. Gestern Abend bin ich heimlich hinüber geschliipst.... welche Pracht, ich war geblendet, wie berauscht! Ein Feen märchen schien sicki mir zur Wirklichkeit zu gestalten. Nichts Köstlicheres, als in solchen Räumen zu herrschen! An ihrer Schwelle müssen Tcrgen und Kummer „So weiier!" fiel der Oberförster ein. „O Fräulein Bettn, dieser Ueber jluß ist keine Gewähr Glückes, nicht Töchter in ihren gsldenenPalästen glück lich. Kind, Kind, daS sich vom äußeren Schimmer blenden läßt!" Das Mädchen warf den Kopf zurück und blitzte Würzburn der urplötzlich sehr ernst gesprochen hatte, aus den dunklen Augen fast empört an. Ihre für eine ideale Schönheit fast zu vollen Lippen zuckten; beide Hände auf die wo gende Brust pressend, rief sie heftig: „Ich bin kein Kind mehr, und eben des halb werdenSie mich nie zu überzeugen vermögen, daß das Glück in der Be schränkung irnd Niedrigkeit liege. Der Wurm mag sich im Staube behaglich fühlen, dtn Adler drängt es gewaltsam empor zur Sonne, hinaus über das niedrige, enge Gewühl... Wäre ich ein Mann, ich würde dem Adler nicht wei chen. das höchste Ziel nur genügte mei nem Streben, und glauben Sie mir, ich würde es erreichen, würde herrschen und glänzen, beneidet und bewundert werden und glücklich sein " Ein tiefer Athemzug schwellte ihre Brust, dann ließ sie die Hände sinken und fuhr leiser fort: „Nie wird sich diescsTräu men und Verlangen, das in meinem ein hilfloses, armes Mädchen, und Sie thun Recht daran, mich thöricht zu schelten, zu verlachen." „Nein, Hetty, zum Lachen stimmt das wahrhaftig nicht, imGegentheil, ich finde es herzlich traurig, daß ein Geist wie der Ihrige sich so weit verirren kann. Halten Sie die Comtesse für glücklich? Sie besitzt alles, wonach ihr Wünsche» steht, hohe Geburt, Namen, Rang, Stellung— und ist doch nur eine Geduldete in ihrem eigenen Hause." „Das letztere ist ein Ausnahmefall, und auch das nur auf kurze Zeit. In einigen Jahren verfügt sie wieder frei glänzendes, innerlich unbefriedigen des, vielleicht elendes Dasein fristen, strahlend und doch erstarrend kalt, wie vergänglich und als Rückstand todte Asche, bittere Hefe, trübes Erwachen. Es gibt Besseres und Edleres, als das nein friedlichen Thale, das kein Sturm erreicht, die Freude am Schaffen für den eigenen kleinen Herd, der reine Ge nuß, den nur die wohlverdiente Ruhe nische Zusammenleben mit geliebten, gleichgesinnt«!« Angehörigen gewähren können, diese köstlichsten Gaben des Ge schickes, die uns immer treu bleiben." „Wer sich damit Zu begnügen verwaz ich gönne es ihm und beneide ihn nicht darum!" rief Betty verächtlich. „Nicht jeder ist ein Adler." I Der Oberförster zuckte die Achseln und erwiderte in seinem gewöhnlichen humoristischen Tone: „Zu des Adlers Glück; wie könnte er sich sonst aus zeichnen?... Ich meinerseits gestehe, selbst auf die schreckliche Gefahr hin, fortan von Ihrer Sonnenhöhe aus dertcn Adler beneide." Die funkelnden, schwarzen Mädchen augen liefen spöttisch über seine ganze Gast darüber völlig vergessen wurde. Dieser ließ sich die osfenbare Miß achtung anscheinend sehr wenig anfech ten. Ein Zeitungsblatt aus der Tasche ziehend, begann er zu lesen, bald jedoch wölkten siq ... . War dieses reizende Geschöpf in der That nichts als eine jener Alltagsnaturen, denen der äußere Schein eines glänzende» Geschickes als einzig Erstrebcnswerthes erscheint, die sich unbedenklich dem verkaufen, welcher Verlangen nach dem erbärmlichen Flit ter? Beim Manne mag dieses Streben seine Geltung haben, das Weib wird Auras Eintritt unterbrach dasStill schwcigen. „Es ist Zeit, Würzburg. Habt Ihr Euch gut unterhallen?" „Was mich anbetrifft, natürlich ja ... wir sprachen von Feigheit, Grünspech ten, stillen Thälern, Comtessen und Ad- lern, also Stoff in Hülle und Fülle," sagte der Oberförster launig und reichte Betty die Hand zum Abschiede. Nur > für einen Augenblick legte sie ihre Rechte in die seine; der leise Druck, den er . wagte, fand keine Erwiderung. Zur bestimmten Minute traten die beiden Beamten in den Salon des . Schlosses. Gleich darau erschienen die Herrschaften, die Damen i» großer ' Toilette, wie zu.einer Hoftafel. Brun- ' Hildes und Auräs Blicke kreuzten sich j scharf. Hatte sie noch einmal darauf ge rechnet. ihm durch ihre königliche Er- Falten niederrieselnden Seidenkleid« noch imponirender erschien, als vorher. zu blenden, so wurde sie entschieden ent täuscht. Ihren herablassenden Gruß durch eine gemessene Verbeugung erwi dern, wartete er ruhig, bis der Kam merherr ihr seinen Arm reichte, dann trat er an Frau von Leist heran und führte sie, jenen Beiden folgend, in den anstoßenden Speisesaal. Würzburg schloß allein den Zug, über das steife Eeremoniell nicht wenig amüsirt. Geschleckiles der Wildenhof deutlicher tige Verhöhnung'des Naniens Wilden hof erscheinen mochte. Er fühlte sich offenbar sehr unbehaglich und das um soniehr, als Brunhilde in wahrhaft königlicher Unbefangenheit den Ap plomb der vollendeten großen Dame zur Schau trug. Dementsprechend verlief auch dieUn tcrhaltung, über deren Lücke» nur Wurzburgs dreiste Lebhaftigkeit und Ruwers gewaltsame Anstrengung hin weghalfen. Und als endlich die Pein vorüber war, entließ die Gräfin ihre Gäste mit so herablassender Würde,das; der aufs höchste amüsirte Oberförster kaum ein Lachen zu nterdriicken vet mochte, während Auras seine stattlich! Gestalt noch höher emporrichtete, ein stummerProtest, den nur diejenige nicht verstand, welcher er galt. „Noch ein Wort, Herr Direktor," fügte sie hinzu, unwillkürlich die ihrem bitte Sie, morgen früh meine Wunsche entgegenzunehmen." Herr von Ruwer wand sich fast vor Verlegenheit über diesen unerwarteten Zwischenfall. Auras erröthete ein we nig, antwortete indeß volllommen ru hig: „Zu meinem Bedauern lann ich Ihrem Wunsche nicht entsprechen, Grä ,sin. Ich habe bis morgen zwölf Uhr Leute, welche meilenweite Wege zurück legen, um mich ZU sprechen, und denen jede Minute kostbar ist, nicht wartcil lassen. Nach beendetem Dienst werde messe»? Verbeugung und die breite Flügelthür« siel hinter ihm ins Schloß. BlUtroth wandte sich Brunhilde an ihren Oheim: „Das, das mir?... was bedeutet das?" Ihre Stimme zitterte in heftigster Erregung. Ruwer zuckte die Achseln. „Es bedeutet eben, daß dieser unge schliffene Bauer in Deinem eigenen Schlosse mehr Herr als Du selbst und überdies, wie Du siehst, fähig und ge willt ist, Dich dies fühlen zu lassen. Ich habe Dich genügend gewarnt, hier hin auch das geringste VersügungSrecht versagt ist. Dir außer Deiner Rente nichts zusteht, als die Benutzung dieser Wohnung und des Parkes, sowie ver- Recht, auf Deinen Namen pochend, schlugst Du mein Abrathen in den Wind.... die Folgen davon machen merkbar und Dir bleibt, falls Du es nicht vorziehst, zu weichen, schließlich nur der eine Ausweg, zu welchem auch nützen und jede Gelegenheit gebrauchen wird, Dich zu kränken. Es ist, als trüge er einen unversöhnlichen Haß ge die Familie Wildenhof imHerzen, einen Haß, den er unter kühler Gelassenheit oder feiner, boshafter Ironie verbirgt, gerte bei der Erinnerung an die Krän kungen, die er mir zufügte und auch Dir nicht ersparen wird." „Und weshalb ziehst Du die Faust alter Offizier?" Der Kammerherr zupfte in verbis senem Ingrimm an seinem Halsorden. .... Die Antwort lag in den Verhält nissen, welche dieser stolze, hartnäckige Mädchenkopf noch immer nicht begrei fen mochte. Der geschmeidige Hofmann hatte freilich besser mit Möglichen, und Unmöglichem, mit seiner eigenen IUU» der Kraft Anderer rechnen gelernt. (Fortsexung folgt.) «u» »er «u»««, «lt«n Zeit. In Augsburg fand 1446 ein Frei» schießen statt, bei dem ein Glückshafen von zweiundzwanzig Gaben ausgerichtet ward, darein 36,464 Zettel und auf jeden acht Pfennig eingelegt worden, daraus August, ein Koch von Gmünd, das beste, nämlich vierzig Gulden ge« zugegangen." Im Jahre 152 l M der Rath zu Osnabrück die erste Lot terie eingerichtet haben ; eine 1582 er schienene Flugichrist L»«vi GlückStöpse. wie die bey der jetzi» gen Welt in Brauch sind") erwähnt dieselbe ; doch bestanden auch dort die Gewinne noch in Waaren. In Ham burg schlug die Bürgerschaft im Jahre 1611 zur „Errichtung eines Zuchthau ses" eine Lotterie vor, welche mit Be willigung des Magistrates im Jahre 1615 gezogen wurde. In Nürnberg Ichemt die erste Lotterie im Jahre 17lZ gezogen worden zu sein, was sich aus der.Beschreibung der Merkwürdigkei ten in Nürnberg" von H. vou Murr (1861) ergibt, welcher einen Kupfer stich erwähnt, der die Ueberschrift trügt: „Borstellung des Lotto publito, welcher auf dem großen Nathhaus Saal zu Niirnbcrg gehalten worden Anna Schon vor der preußischen Staats lolterie, welche Friedrich der Große nach dem siebenjährigen Kriege ins Leben rief, wurde im Juli 1746 zu Berlin eine Lotterie gezogen, welche nur aus einer Klasj? bestand; dieselbe hatte zwanzigtausend Loose, deren jedes fünf Thaler kostete, so daß der ganze Einsatz hunderttausend Thaler betrug. Von den viertausendachtundzwanzig Gewin nen war der Hauptgewinn ein Haus im Werthe von vierundzwanzigtauseni» Thalern. In Wien wollte sich im Jahre IBOZ „ein braves deutsches Mädchen von zwanzig Jahren" durch die Lotterie aus spielen lassen.. Es sollten vierund zwanzigtausend Loose, das Stück zu einem Gulden, gemacht werden. Fiel das Loos auf eine Frau, so sollte sie viertausend Gulden erhalten,' zog ein „behinderter Mann" dasselbe, so sollte er scchstaujend Gulden bekomme». War der Gewinner ein lediger Mann, dem dab brave deutsche Mädchen aber nicht gefiel, so erhielt er ein Reugeld von achttausend Gulden. Das „brave, deutsche Mädchen" machte also unter allen Umständen ein recht gutes Ge schäft. In Wie» stand der erste Glückshafeir «uf dem Graben neben dem heutigen Sparlaffengebäude. Es war dies eine vude, von deren Giebel bunte Fähn chen flatterten. Ei>ie Musikbande be gleitete jede Ausrufung eines beben» ienden Gewinnes mit dem obligaten Da gab es Löffel, skainme, Bürsten, Nippsachen die schwere Menge. Spielzeug, Uhren, ja selbst lebendige Thiere: einnial sogar auch eine pracht volle Equipage Elegante Kalesche mit xwei prächtigen Schimmeln), die der glückliche Gewinner gleich selbst sort kutschirte und beim nächste» Pferde händler versilberte ganz so wie heute bei den PferdeaussteUungs-Lot!en«n. Das Geschäft renkte sich/a» »uuiche»' Tagen wurden für 20,066 Gulden Loose verkauft. Im Jahre 1795 be saß den Glückshafen am Graben der is a Speltakel!" Im Jahre 1864 wurde» die öffentlichen Glück-Häfen abgestellt. Versichert gegen «uiffe. lints in einer Reihe auf de» Tisch. Der Chinese besichtigte die Uhren und machte sich dabei RayelS augenblickliche die Ll6-Uhr au di/Stelle der für 546 ihm wieder zuwandte, zeigte er auf die K46-Uhr und sagte? „Ich will doch nur Mädchen Sl6 und trottete seines We ges. Bald nachher entdeckte Rahel den Schwindel und weinte bitterlich über Schmerz weiter: hatten die Uehrcheir doch alle denselben Preis, as seiner haben . gelöste! stück for Stück nicht »ervoS und abgespannt,—ich muß Ruh« haben, «verde in s Bad reise».—Arzi: Sic? Hei»! ?a wolle» wir lieber Ihr» Gattin fortschicken! 3
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