Gräfin Daran. (6. Fortsetzung.) „Etwas sehr Sonderbares." sagke Julie. „Denken Sie sich nur, da schreibt mir einer, von dem ich mein Lebtag noch nichts gehört habe, daß er mich seit Jahren im Geheimen liebe, und daß er eine unvermuthete Erb schaft gemacht habe, die es ihm ermög liche, mir das schönste Leben an seiner Seite zu bieten, ich möchte ihm doch ein Rendezvous gestatten." „Und Sie wollen nichts davon wis sen ?" ..Natürlich möchte ich hin, wenn ich nur wußte, wie ich mich wegschleichen könnte." „Das ist doch einfach genug. Sie Hit ten Madame Tourbelle um einen Aus gang." „Das wird mir diese Woche nicht er laubt werden." „Warum denn nicht?" „Weil ich die Jour bei ihm habe." „Bei wem?" „Bei Nummero 4, bei dem Gelehr ten." „Was ! ? bei einem Kranken ! ich dachte, die mürben doch nur von Män nern bedient." „Der nicht, sondern meistens von mir, denn er ist so ruhig wie ein Lamm ; aber da füllt mir etwas ein. mein unbekannter Anbeter bittet mich heute Nacht auf einen Ball nach Ma bille zu kommen ; wollen Sie statt mei ner Nummero -t bedienen? Sie brau chen ihn gar nicht zu fürchten, die Nachtwache bei No. 18, 19. 20 können Sie auch anstatt meiner übernehmen. Ach, wenn Sie mir doch diese Gefällig keit erweisen wollten !" „Wird es denn keine Unannehmlich keiten geben ?" sragte Eecile. „Gott bewahre, man glaubt mich bei der Nachtwache und Sie werden ohne hin nicht fortgehen." „Gut. wenn ich Ihnen dienen kann, von Herzen gern." Nach zehn Uhr Abends schlich sich Julie hinaus, und Eecile trat ihren Nachtdienst au. Nummero 18 lag im Bett und schlummerte. Numero 19 wollte sich nicht niederlegen, sie weinte jämmerlich, aber heute hatte Cecile kein Mitleid mit ihr, sie dachte sortwahrens daran, ob es Jean gelingen würde, Julie zu bethören, und ob sie es ihm wohl gestehen werde, im Falle sie Kenntniß von Leonhards Ankunst und Verweilen in der Anstalt hatte. Auch Numero W schlief ruhig, jetzt blieb ihr nur noch Numero -t zu bedienen, dann konnte sie die ganze Nacht ihren Ge danken nachhängen. Sie öffnete die Thüre zu Numero 4. Ein großes Ge mach, von einer Lampe erhellt, zeigte ihr, daß sie bei einem Kranken war, der sich wohl die meiste Zeit, mit Lesen und Schreiben beschäftigte; denn es be fanden sich mehrere Regale mit Büchern im Gemache, und vor dein Tische, aus dem die Lampe brannte, saß, ihr den Rücken zukehrend, ein Mann in gebück ter Hallung. der eifrig schrieb. Ge räuschlos ging sie zum Bett, um es für die Nacht in Bereitschaft zu setzen, brachle frisches Wasser und fragte, wie ihr Julie anbefohlen, ob er noch etwas wünsche. Bei ihrer Frage suhr er jäh zusammen und stöhnte tief auf. Auch sie erschrak über seine heftige Bewe gung, suchte rasch die Thüre zu errei chen und wiederholte von dortaus mit zitternder Stimme ihre Frage. „Allbarinherziger Gott!" rief er und wandte sich um. Im nächsten Moment lag sie an sei ner Brust. „Träume ich?" rief er. o Cecile, sprich zu mir, bist Du eS? bist Du es wirtlich?" „Sie warf sich vor ihm auf die Knie und umtlammerte ihn mit beiden Ar men. „Endlich! endlich!" Er zog sie empor und drückte sie an sei» Herz, dann schob er ihre Haube zu rück und tüßte sie aus die Stirn. „Mein Lied mein einzig, einzig Lieb." „O Gott", flüsterte Eecile, „jetzt ist doppelte Vorsicht nöthig, ich muß Dich verlassen, aber es ist die letzte Nacht, so Gott will, in der Du gesangen bist." „Bin ich nicht irrsinnig? ach, Eecile, bin ich es nicht? Sie sagten es und ich ihat, als ob ich ihnen glaubte." „Tu bist gesund Gott schütze Dich!" Und ehe er eS hindern konnte, war sie aus dem Gemache entschlüspt. Erst gegen fünf Uhr morgens kam Julie, um Eecile von ihrer Wache ab zulösen. „Ich habe mich prächtig unterhalten," sagte sie. „es ist ein feiner, reicher Herr. Werden Sie eS glauben, daß ich mich nicht erinnere, ihn jemals gesehen zu haben? Und als ich ihn darum fragte, da lachte er und sagte: „Er wolle war ten, ob ich nicht selbst daraus käme. Am nächsten Sonntag habe» wir uns im Jardi» de» PlanteS zusammenbe stellt." <>ecile hörte kaum ihr Geplauder. Mit Ungeduld harrte sie der Stunde, wu sie aus der Anstalt tonnte, um. wie sie angab, einigt sehr nöthige Geschäfte besorgen zu tonnen. Endlich war sie außerhalb der Mau ern. aber statt, wie sie sonst gewöhnlich gethan, in der gemietheten Wohnung ihre Kleider zu wechseln, stieg sie in «inen eben vorbeifahrenden Omnibus und suhr bis in die Rue Rivoli. „Was sehe ich. Gräsin, Sie?" rief überrascht ausspringend Professor Etoile. „Gefunden! ich habe ihn endlich ge funden." und im Uebermaße ihrer Auf regung legte sie ihre Arme um seine» Hals und sing bitterlich zu schluchzen an. „Beruhigen Sie sich, mein arme? Kind, und sprechen Sie. Wäre eS möglich? Hat Ihnen nicht Ihre trank haste Phantasie einen Streich gesvielt? Täuschten sich nicht Ihre Augen?" „Nein, nein, er stand leibhaft vor mir, wie Sie jetzt ich hörte ihn spre chen und o Wunder! er ist so ge sund wie wir beide." „Nicht möglich." rief Etoile, „wo ist «r denn?" „In der Anstalt Simon. Lassen Sie uns keine Minute Zeit verlieren, ihn aus seinen! Gefängniß zu befreien. Wie können wir es thun?" „Das ist sehr einfach. ich fahre nw Ihnen nach Neuilly, wir gehen zusam men in die Anstalt des Herrn Simon, und an meinem Arm verläßt Abensberg das HauS. Seien Sie versichert, mein Machtwort wird keine Widerrede erhal ten. Sie können sich getrost auf mich verlassen." Wirklich fuhr Professor Etoile mn <secile bei der Simonfchen Anstalt vor. Ganz ungehindert betraten beide den Hof und das Haus. Nur als der Professor sich mit ihr in das Gebäude der Kranken begeben wollte.,kam Frau Tourbelle und fragte nach den Wün schen des Herrn. Der Professor zog seine Karte mit der Bitte, diese dem Herrn Director zu übergeben, er be suche einstweilen einen Bekannten. Sie blickte ihn wohl etwas befremdet und mißtrauisch an. ließ ihn aber doch ge währen und eilte das Billet dem Di rector zu überbringen. Als Etoille mit Abensberg und Cecilt sich wieder dem Vorderhaus? näherte, kam ihnen eilig Doctor Simon entge gen, prallte aber erschrocken und erblei chend zurück, als er Abensberg sah. „Was soll das bedeuten?" sragte er Etoill:. „Besser, Sie fragen nicht," erwi derte der Professor, ..wenn es Ihnen aber nicht recht ist, daß ich diesen Herrn aus Ihrer Anstalt entferne, so wenden Sie sich an mich, ich werde Sie dann aufklären." „Graf Thionville —" wollte sich de» Director entschuldigen. ' „Bitte, sprechen Sie nicht weiter," unterbrach ihn rasch Etoille, ~dieser Herr wurde aus dem Palais der Grä fin Daron hierher gebracht ich bin im Austrage der Gräsin da, ihn zurück zu holen. Seien Sie froh, wenn nichts mehr darüber gesprochen wird." Director Simon verbarg sein glü hend rothes Gesicht unter einer tiefen Verbeugung. Unangefochten schritten sie dem Ausgang zu. Sechstes Kapitel. Oberst Bergh weilte mit seiner jun gen Frau in der Schweiz. Anfangs ivar sie voll Interesse für die Schön heiten der Natur, als er ihr aber vor schlug. auch de» Winter am Gensersee zuzubringen, sragte sie ihn: „Mein lieber Freund, glaubst Du nicht, daß es etwas einsam dort sein wird?" „Einsam, mein Liebchen, wenn ich Dich habe?" Sie wandte den Kopf, ihr Gemahl hatte sie nicht verstanden, sie dachte ja nicht an ihn, sondern an sich. „Eugen, ich glaubte, den Winter müsse man immer in einer großen Stadt zubringen und dann, ich habe eine solche Sehnsucht gehabt, nach Paris zu kommen." ~O Du Kind, Du." rief er lachend und sah in ihre wunderbar schönen Augen, „wo denkst Du hin? Ein Deutscher geht jetzt nicht nach Paris, ich wenigstens in keinem Falle, nein, wir gehen nach Montreux, miethen uns da eine am See gelegene Villa und le ben dort, als wären wir im Paradies." „Paris wäre mir lieber wie dieses Paradies," warf sie etwas ärgerlich ein: denn es war das erste Mal. daß er ihr einen Wunsch versagte. Mont reux war dieien Herbst sehr besucht, Bergh miethete eine reizende Villa und pries sich glücklich, einige Monate in Ruhe leben zu können; denn in letzter Zeit fühlte er sich öfters von einem ner vösen Kopfschmerze gepeinigt, den die Aerzte, die er konsultirte, den Strapa zen des Feldzuges zuschrieben. Ruhe, hatten sie alle einstimmig gerathen, und diese Ruhe gedachte er jetzt mit seiner angebeteten Frau zu genießen. Sieg linde freilich hatte andere Wünsche, sie wollte in Gesellschaft und sich bewun dern lassen. Anfänglich war sie von der Bewunderung ihres Gatten befrie digt; er wußte ihre Schönheit zu wür digen und durch reizende Toiletten noch zu erhöhen. Nun aber fand sie es doch lächerlich, immer nur von dem Gatten angestaunt zu werden, das genügte ihr aus die Dauer nicht. Mit Genug thuung bemerkte sie, welch ein Aussehen sie jedesmal bei der Table d'hote er regte; alles blickte aus ihre graziöse, anmuthige Gestalt, auf ihr liebreizen des Gesicht; auch der General fühlte sich geschmeichelt, daß seine junge Fran so gefiel, nur war er leider nichl immer wohl genug, um sich in dem Maße darüber zu freuen, wie sie es wünschte. Legte er sich dann nach Tisch schlafen, so saß sie auf dem Balkon und schaute auf die blaue Wasserfläche oder auf den schneeweißen Deut du midi, gähnte und seuszte. Wenn die Villa, die hart neben der ibrigen stand, doch be wohnt wäre! So in nächster Nähe eine angenehme Gejellschast zu haben, müßte reizend sein. Wer nur jener noble Herr sein mag, der mir gestern und heute vi, » vis saß? Erst sah er mit grimmigen Zorn aus Eugen, man hat gesagt, es sei ein Franzole, und diese tonnen mit keinem sreundlichen Auge einen Deutschen anschauen. Als aber sein Blick aus mich siel, da veränderten sich plötzlich seine Züge. Erstaunen, Bewunderung waren deutlich darin zu lesen, und dann verfolgte er jede mei »er Bewegungen. Ich glaube mich nicht zu täuschen, daß er den Kellner fragte, wer ich bin. Ob er wohl länger in Montreux bleibt? Auch die nächsten Tage saß der in teressante, bleiche Fremde ihr gegenüber, und sie bemertte mit Entzücken, daß sein seurigeS schwarzes Auge wie ge bannt nach ihr blickte. Sie lächelte vor sich hin. Wenn Eugen nun auai Glicht mehr Table d'hoke speisen will, muß ich vor Langeweile hier sterben, trotz aller Pracht der Natur. Daß doch alle Männer einander gleich sind. Leonhard war ganz entzückt von mir, und dann, als ich seine Brant war, sing auch er an, den Herrn zu spielen. Ich mukte mich seinem Wil len fügen und dei feinem griesgrämi gen Vater bleiben, während er gegen Frankreich zog. Mit welch' glühcn dein Enthusiasmus bewunderte mich Eugen, und nun wir verheirathet sind, nun legt er sich nach Tisch zu Bett und schläft, statt mich zu unterhalten. Bor uuserer Hochzeit hat er immer ge sagt, daß er fürchte, für mich zu alt zu sein. Damals lachte ich darüber, er kam mir so jung vor wie Leonhard --- aber heute sah ich wirklich, daß er schon mehrere graue Haare hat, und di< Spitzen seines Bartes erbleichen auch. Daß doch alles Glück zerrinnt wie die Seifenblasen! Wie sehnte ich mich, Leonhards Weib zu werden! Welche Traume von Jubel und Freud« umgaukelten mich! Und als ich ihn ge heiratet hatte, da mußte er fort in den Tod. Und dann kam die Zeit, wc ich mich sehnte, Eugen zu gehören. Ich getraute mir anfangs kaum daran zu denken, daß er mich liebe ach Gott! Er hat mir ja auch ein schönes Le ben geschaffen, aber er hatte doch viel leicht recht, der Altersunterschied scheint mir wirklich ein zu großer zu sein. Was soll ich da auf den glitzernden See hinausstarren, bis mir die Augen thränen? Ich mache lieber eine tlemi Promenade, es ist besser, als hier allein zu träumen. Sie zog ein elegantes schwarzes Spit zenkleid an. welches das blendend! Weiß ihres Gesichtes noch mehr hervor hob, warf dann, ehe sie ging, noch eine» prüsenden Blick in den Spiegel, lächelte und huschte rasch aber leisi hinaus. „Was er Wohl sagen wird, wenn ei erwacht und mich nicht mehr sieht?" dachte sie. Aber ich kann doch nicht immer wie eine Gefangene im Zimmer sitzen, bis er ausgeschlafen hat. Mit befriedigter Eitelkeit bemerkte sie, wel ches Aussehen sie bei den Vorüberge henden hervorrief. Sie verließ das Seeuser und stieg die Bergstraße em por, welche nach Aux Avant» führt. Manchmal blieb sie stehen, schöpfte Athem und blickte sich um, als erwarte sie jemand. Eine dunkle Blutwelle schoß in ihre Wangen. „Da ist er wirklich", rief sie und machte rasch eine Bewegung, als wollte sie entfliehen. Ihr Entschluß aber dauerte nicht lange, denn schon nach einigen Sekunden stieg sie wieder lang sam aufwärts. Mit pochendem Herzen vernahm sie hinter sich eilige Schritte. Gleich daraus wurde sie französisch an gesprochen. Es war ihr Tischnachbar. Sie blieb stehen und wollte ihm eine kurze abweisende Antwort geben, aber vor seinem Blicke senkte sie ihr Auge zu Boden. „Längst schon wünschte ich, mich Ih nen vorstellen zu können, jedoch die ernste Stirn Ihres Herrn Vaters hielt mich davon ab. Wie kommt es, daß ich Sie endlich allein treffe?" Um ihren Mund schwebte ein Lä cheln. der Ernst ihrer Miene war ver schwunden. Der Gedanke, daß er ihren Gatten sür ihren Vater hielt, amüsirte sie köstlich. Sah denn ihr Gatte wirk lich um so viel älter aus? Sie hatte ez doch sonst nicht bemerkt, aber freilich er hätte in Wahrheit ihr Vater seil' können. Oberst'Bergh glaubte kaum seinen Augen zu traue», als er seine Frau in Begleitung eines fremden Herrn daher komiiien sah. Er hatte sich nicht ge wundert, daß sie den schönen Nachmit tag benützte. um spazieren zu gehen, obschon es ihn schmerzlich berührte, daß sie sich entfernte, wenn er leidend war, aber daß sie sich die Begleitung eines Fremden gefallen ließ, das ärgerte ihn. „Wie geht es Dir? was macht Dein Kopsweh? Hast Du es verschlafen?" „Wer war jener Herr, mit dem Tu eben gingst?" „Hast Du ihn nicht gekannt? Es war unstt Tischnachbar. Ich begegnete ihn zusällig. Er grüßte, dann sprachen wir von dem herrlichen Wetter, de° schönen Gegend und so weiter." „Ich finde das sehr unpassend. Wie kann er Dich ansprechen, wenn er nicht vorgestellt ist?" „Ah, pah, ich habe mich darüber ge freut," lachte sie, „es wäre traurig, wenn alle Menschen so steife Pedanten wären." „Wie ich, willst Du sagen", erwi derte er mit gerunzelter Stirn. „O bitte, verdirb mir meine Laim« nicht", ries sie, sich die rosigen, tleinen Ohren zuhaltend. „Ich habe mich eben köstlich amüsirt, ich mag kein Brummen hören. Ich habe es von meinem Herrn Schwiegervater noch satt, dem ich auch nie etwas recht ma chen konnte, und der mich tüchtig aus zankte, als er erfuhr, daß ich mit Dir ging. Du aber hattest damals dock- Deine Freude daran." Er biß sich auf die Lippen und wandte sich ab. Was nützte es ihm, mit ihr zu streiten? Er tonnte sie, so jung sie auch noch war, doch nicht mehr ändern. Der Gedanke, der schrecklich traurige Gedanke, daß seine Heirath ein« Thorheit war, kam in der letzten Zeit immer häusiger. Sie war schön, berückend schön aber er paßte nicht zu ihr. Der Unterschied der Jahre allein war es nicht, der die Kluft, die ihn von ihr trennte, immer größer werden ließ. Er war stets ein Lieb ling der Damen gewesen, er hatte «S in seiner Jugend nur zu gut verstan den, die Herzen zu erobern, und er hatte ja auch das SieglindenS im Fluge gewonnen. Nein, die Zahl sei ner Jahre war nicht schuld, wohl aber der große Abstand, die große Verschie denheit, der große Unterschied der Denkweise. Er tonnte es sich nicht verhehlen, so gern er es auch gethan hätte, Sieglinde war fürchterlich seicht einfältig, sagte eine leise mahnende Stimme in ihm, sie war auch nicht gut herzig, ja nicht einmal treu. Jetzt dachte er ost, daß sie seit der Zeit, wo sie seine Frau war, nicht ein einziges Mal ihres verstorbenen Gatten er wähnte. Hatte sie ihn ganz vergessen, oder geschah es aus Rücksicht sür ihn, ihren jetzige» Gemahl? Er lächelte schmerzlich vor sich hin. Rücksichten kannte sie ja nicht, sie bean spruchte sie nur sür sich selbst. Wie war es doch nur möglich, daß er. der siereiste, erfahrene Mann, sich also blenden ließ? Ach, hätte er sie doch nie geheirathet! Warum sich binden sür das ganze Leben binden an ein leichtsinniges, oberflächliches Weib? Er hatte thöricht gehandelt, und eS kam ei» Zorn über ihn. daß sie ihn dazu gebracht, thöricht zu handeln. Dann traten andere Bilder vor seine Seele. In seiner Jugend da hatte er es gar leicht genommen mit der Liebe, da hatte er sich nicht gebunden o hätte er es doch gethan! Alles wäre an ders gekommen. Wozu würde seine Ehe den» noch führen? Er war nicht der Man», der sich zum Gespötte der Menschen machen wollte. Wenn sie keinen Begriff von Anstand und Sitte hatte, so mußte er ihn ihr beibringen, im Guten oder Strengen. „Du wirst mit diesem Herrn nicht mehr zusammentreffen, hörst Du, Sieg linde. Ich verbiete es Dir." Sie gab teine Autwort und lächelte spöttisch. Ebenso hatte auch ihr Schwie gervater gesprochen, und sie hatte doch gethan, was ihr beliebte. Was würde denn ihr Begleiter, der Graf Thion ville, zu den neuen, strengen Anord nungen sagen, wenn er sie erfährt? O. das ist auch ganz der Mann dazu, seinen Willen durchzusetzen, mochte ihr Gatte thun, was er wollte. Warum auch wegen einer solchen Kleinigkeit den Schulmei ster spielen? Während so verschiedene Gedanken die Köpse der Ehegatten durchkreuzten, stieg draußen der Mond involler Pracht am Himmel auf. Tie kleinen Wellchen des Sees flimmerten und glitzerten, daß es kaum das Auge ertrug. Gene ral Bergh trat auf den Balkon hinaus uud betrachtete die ernste stolze Natur schönheit. Tie Schneeberge erhoben sich im blauen Silberlicht des Mondes, umflossen von wunderbarer Pracht. Ihre Spitzen schienen bis in den nächt lichen Himmel emporzuragen, während die Umrisse der tannenbewaldeten Berge dunkel und scharf sich abkanteten. In den Häusern von Montreux singen all mühlig die Lichter zu leuchten an. Das nächtliche Bild rief eine feierliche Stim mung in seinem Gemüthe hervor und beruhigte den Sturm in seiner Seele. „Wie schön ist die Welt, nur dazu geschassen, den Menschen glücklich zu machen ach, wenn Sieglinde ihn lieben könnte! Wie weit aber ist sie ent fernt, das Wort Liebe auch mir dem Sinne nach zu verstehen; ein schönes Weib, aber kälter als der Schnee des Deut du Midi. Siegliude blickte verstohlen nach dem Gatten und gähnte. „Langweilig," murmelte sie. „Ich kenne seine Ge danken auswendig, weiß jede Bewe gung und jedes Wort, ganz wie der Schwiegervater, ein Pedant." Am andern Morgen machte sich der Oberst aus den Weg zum Arzte. Er hatte die Nacht schlecht geschlasen, und der quälende Kopsschmerz war nicht ge wichen. „Willst >Dn mich nicht begleiten?" sragte er, „es ist ein so hübscher Morgen. Sie schüttelte das schöne Haupt. Sie schmollt wie ein Kind, dachte er sich und machte sich schon Borwürse, sie vielleicht doch zu streng beurtheilt, zu rauh behandelt zu haben. Sie hatte ja im Grunde nichts Unrechtes gethan, suchte er sich zu beruhigen, sie ist noch so jung, hat noch keine Ersahrung. Niemand war da, sie zu erziehen, die ältere Schwester, die Mutterstelle bei ihr vertreten, wird die Charattersehler nicht beobachtet und Abensberg wird aIZ verliebter Bräutigam die Seichtig keil ihres Charakters nichl bemerkt ha ben. Der arme Abensberg! Seine Liebe zu ihr hatte sich bald abgekühlt, denn er verlangte nicht heim, ini Gegentheil, er wurde ganz erregt, wenn man nur davon sprach. Sein einziger Wunsch war, in Paris sterben zu dürsen. Welch ein wunderbares Weib von Güte und Opsersähigkeit war aber auch seine Pflegerin! Sieglinde hätte unmöglich so sein tonnen. Es ist thöricht von mir, daß mich ihre Gleichgiltigleit sür meine Schmerzen so unangenehm be rührt; sie ist gesund und jung, da hat man wenig Empfinden sür die Leiden anderer. Ich war srüher kaum besser als sie; ich dars nicht tinmal klagen über meine Schmerzen, sonst denkt sie, daß mein Alter die Schuld trügt. Kurz, der Tchlußresrain bleibt doch immer gleich, meine späte Heirath war eine Thorheit. Sieglinde sah ihrem Gatten mit spöttischen Blicken »ach. dann lrat sie wieder zum Spiegel, ihrer Freude, und musterte sich. Der Spott wich aus ihren Zügen, ijm einem Alisdruckc von Siegesstolz Platz zu machen. Das hellblaue Morgenkleid niit den zarten Spitze», das ihren weißen, wunderbar schön gesormten Hals srei ließ, und das reizende, kleine Häubchen, das aus ihrem goldblonden Haare kokett saß, stand ihr entzückend schön. Der Gatte aber hatt« heute Morgen leinen bewun dernden Blick sür sie gehabt. „Das sortwährende Kopswehisischulddaran." murmelte sie vor sich hin. „Ich kann mir nicht Helsen, aber er erinnert mich in letzter Zeit immer an den Schwiege rvater."- Sie seufzt« und ging in d«n Garten hinaus. Zu ihrer lledcrraschuiig sand fie dort, über die Hecke vom Nachbar grundstück gelehnt, den kecken Franzo fen, der sich ihr gestern als Gras Thion ville vorgestellt hatte. Sie wandte d«n Kopf und stieß einen leisen Ruf der Ueberraschung aus. „Guten Morgen", kam es von drü ben. „Wie kommen Sie denn hierher?" fragte fie. „Ich hatte teine Ahnung, daß Sie uns so nah« wohnen." „Ich habe die Villa gestern Abend noch gemiethet und werde nun stunden lang im Garten sein. „Hier bin ich. wenn Sie ollein sind, wenn Sie sich langweile». „So, Sie glauben, daß ich mich in Ihrer Gesellschaft nicht langweilen werde?" lachte sie und schlug ihn mit dem kleinen, zierlichen Sonnenschirm auf den Arm. „Ich werde mir Mühe geben, daß Sie bei mir nie Langweile finden sol len." „O, das wird Ihnen schwer werden, ich bin verwöhnt launisch, ich weiß gar nicht alle Fehler, die mein Gemahl an mir entdeckt hat." „Lassen wir eS darauf ankommen, schöne Frau. UebrigenS, wenn Sie nicht wollen, es ist Ihre Sache, aber ich prophezeihe Ihnen, daß Sie sich sehnen werden, mich zu sprechen." „Das ist aber doch arg, wie eingebil det Sie sind, ich glaube, so ist die ganze Nation, der Sie angehören." „Und ich wette, daß ich recht habe, .vollen Sie wetten?" Sie überlegte einige Sekunden, sein Eigendünkel reizte sie. „Ja wetten wir, aber um was?" „Wenn ich verliere, so bin ich ohne hin gestraft genug; denn ich verliere meinen Lebenszweck und wenn Sie verlieren, so werden Sir mich küssen/' „Ah!" rief sie aufspringend, „ich habe noch leinen Mann getroffen, der so keck ist, wie Sie es sind," rief sie zornig und eilte aus dem Garten mit dunkel gerötheten Wangen in ihr Ge machzurück. „Er kann warten, s» lange er lebt, ich werde nie kommen." Wirklich schloß sie sich wieder mehr aem Gatten an. aber sein Kopsschmerz nahm mit jedem Tage zu. es war ihm eine schwere Anstrengung, seine lebens lustige Gemahlin zu unterhalten, ihr seichtes Gerede anzuhören, mit ihr un ter die Menschen zu gehen, oder spazie ren zu fahren und sich ihrem Willen zu fügen. ..Ich glaube, die Seeluft bekommt mir nicht gut", sagte er. „die Aerzte wissen nicht, was die Ursache des steten Kopfschmerzes ist. Toctor Hausen glaubt, es sei ein Nervenleiden, er rieth, mir den Nerv oberhalb des linken Auges herausschneiden zu lassen, mäh rend Professor Niederweiler es für ein rheumatisches Uebel erklärt, und Toc tor Röseli sagt, das Leiden entspringe einer Blutarmuth." „Was?" lachte Sieglinde, „Du soll test Dich an der Stirn operircn lassen? Da bekämest Di! ja eine Narbe, freilich für einen Mann würde das nicht scha den. ehe ich mich aber so entstellen liege, lieber würde ich sterben." „O> Du eitle» Geschöpfchen, wenn ich Dir aber schwöre, daß ich Dich noch eben so lieben würde." „Dann würdest Du einfach die Un wahrheit sagen. Deine Liebe zu mir verdanke ich nur meiner Schönheit. Leonhard hätte mich auch nicht geheira thet, wenn ich ihm nicht gefallen hätte. >Es giebt keinen andern Zauber sür Euch Männer als unsere Schönheit, Ihr liebt alle, wie Ihr seid, nur mit den Augen. Meine Schwester Malvine be hauptete immer, wir Frauen allein lie ben wirklich, doch das ist bei mir anzu wenden, ich würde Dich nicht gemocht haben, wärest Du häßlich gewesen." „Du entziehst mir also Deine Nei gung, wenn ich verunstaltet werde?" „Ich weiß es wirklich nicht, aber ich glaube, es könnte so sein." „Schon daß Du so sprechen kannst zu mir so sprechen, das beweist, daß Deine Neigung so gut wie teine ist." „ES ist aber doch wirklich arg mit Dir," rief sie gereizt, „Du willst also, baß ich Dich anlüge?" „Nein, ich wünschte. Du hättest ein Herz." „Da hättest Tu Dich früher darum kümmern müssen. Vor unserer Hei rath entdecktest Du keinen Fehler an mir, ich bin eben wie ich bin." Er seufzte, nahm feinen Hut und ging. Die Luft in dein Gemache er schien ihm drückend, das Wehgesühl in seiner Brust ließ ihm leine Ruhe, eilig schritt er den Weg gegen Ehillon zu. Sobald sie ihn weit genug von der Villa wußle. eilte sie in den Garten hinunter, und alsbald erschien aus einem halbgeöffneten Fenster der Nach barvilla der Kops des Grasen. „Ah, da sind Sie ja doch!" Sie nickte ihm neckisch zu. „Wie Sie sehe», in meinem Garten, wo ich auch bleiben werde." „Dars ich zu Ihnen hinüberkommen?" „Nein, wo denken Sie denn hin?" „Ich denle, daß es meine Pflicht ist, Sie zu unterhalten." Als sie ihm eine Antwort geben wollte, war er nicht mehr da. Sie dachte, daß er nun kommen werde, al lein drüben blieb alles still. Sie ging an s User, wo ein kleines Bänkchen an gebracht war, setzte sich und sann über das eben geführte Gespräch mit ihrem Gatten »ach. Ja. er halte nicht unrecht, denn sie glaubte es selbst, daß das. was die Menschen mit dem Aus drucke Herz belegen, sie nicht besaß. Sie hatte sich noch über nichts einen tieseren Kummer gemacht. Als kleines Kind verlor sie die Eltern, ihre Stief schwester Malwine mußte in einen Dienst treten, sie selbst kam in'S Wai senhaus. Nach ein paar Jahren erbte Mälwine das kleine Bergschlößchen und holte sie aus dem Waisenhaus«, um sie zu sich zu nrhmen. Ohne Schmerz zog Sieglinde aus der Anstalt. Sie erin nerte sich, daß die Oberin ihre Schwe ster Malwine auf ihr« Gemüthslosig- Ikit ausmerliam gemacht habe. Aber Malwine hatte darüber ungläubig ge lächelt und die kleine Schwester zärtlich geküßt. Sieglinde erinnert« sich an das einförmige und doch so schöne Le ben aus dem Schlößchen, an ihre Zhrei- heit und an die stet« geduldige Liebe Malwinens. Und dann erschien Leon hard kurz darauf starb die Schwe ster, und wieder fühlte sie keinen beson ders großen Schmerz. Sie nahm ihr Geschick, wie sie es nehmen mußte. Damit suchte sie sich zu entschuldigen. Nur das Gefängniß bei dem Schwie gervater. wie sie ihren Aufenthalt in dessen Haus nannte, empörte sie. Der Tod Leonhards drückte sie mehr als er sie schmerzte. ES ist wahr, dachte sie, ich bin nicht zur trauernden Wittwe veranlagt. Ich sehe eS selbst, ein, ich bin ein leichtlebiges Ding. Der Mann da, fie sah nach der Nachbarvilla, würde eigentlich am besten zu mir passen, er scheint mir das Leben zu nehmen, wie ich es auch thue. Leonhard hatte noch besseres Verständniß für mich als Bergh, dieser wird mit jedem Tage schwerfälliger. Mit welch einer Ver achtung er mich ansah ich möchte nur wissen, ob ich ihm nicht mehr - sieh da! Gras, wie kommen Sie da her als „Lohengrin?" „Wie? Sie sehen es ja, mir dem Schiff, wollen Sie nicht eine klein' Kahnsahrt machen?" „Ja, wirklich, das müßte angenehm sein." Sie stand aus, sprang in den Kahn, ohne die Hand zu nehmen, die er ihr bot, um ihr hineinzuhelfen. Wieder lauschte sie seinen kecken Wor ten, bis sie be> Erwähnung ihres Gat ten sich plötzlich ihres Unrechts bewußt war und energisch bat. daß er sie an'S Land bringe. Ohne Gruß eilte sie da von. Oberst Bergh kam kurz nachher heim. „Wie ist Teine Laune?" sragte sie höhnisch. „Hat der Spaziergang Tein Kopfweh gelindert?" „Ich glaube, das ist Dir ganz gleich giltig." erwiderte er ruhig. „Wen- Du willst, so sahren wir noch ein weuig, spazieren." „Oh. bemühe Dich doch nicht, Tu bist zu gütig, an mich zu denken." „Was willst Du dann beginnen? Ich habe Dir eine Lektüre mitgebracht, viel leicht unterhält Dich das Buch." Sie blätterte nachlässig darin herum. „Wird sicher ein langweiliges Zeug sein, nicht der Mühe werth, sich die Augen damit zu verderben." „Willst Du ein wenig spazieren gehen und die Baronin Holzhausen de suchen?" „Gott bewahrt, lasse mich nur und schlafe Du wicaer. Du wirst von dem Gang müde und matt sein." ' Er wandle sich schweigend ab. Wo hin sollte vieles Verhältniß noch füh ren? wie lange würde er noch Geduld üben können? Ach, wenn er nur voll kommen gesund wäre, aber bei dem steten, marternden Kopfschmerz konnte er nicht einmal sicher Kenten, sich keinen Plan machen, wie er dem junge» Weibe zeigen sollte, daß er ihr Herr sei, und daß sie sich sügen müsse. Ja doch, das konnte er, aber ihre Liebe gewinnen niemals wieder und ltebte er sie denn noch? Siebentes Kapitel Professor Abensberg saß über einen Bries gebeugt und starrte wie sinnlos auf die paar Zeilen: „Vater! Ich bin genesen und auf dem Wege, in Deine Arme zu eilen." Aessten ihn denn seine aufgeregten Nerven? Oder ist er wahn sinnig? Aber da stand es ja mit gro ßen, kräftigen Buchstaben, es konnte lein Irrthum sein, kein boshafter Wille obwalten. Das waren ja die Schrift züae feines Leonhard. Nicht todt!? Oh! Er stand auf, aber seine Füße zitterten so stark, daß er wieder in den Sessel zurücksank. Er bedeckte sein Antlitz mit beiden Händen, schwere Thränen rannen durch seine Finger, dann beugte er sich wieder über den Brief und las ihn nochmals. „Mein Sohn! O Tu Kind meines Herzens!" rief er und streckte die Arme zum Him mel empor. „O Gott, mein Gott, er lebt! O Marie, wenn Tu noch lebtest!" Wieder zog er aus der Schublade seines Schreibtisches das Bild seiner längst verstorbenen Frau hervor, küßte es und sprach: „Er lebt, Marie. Tein Kind — Wie soll ich es ihm sagen? Ich kann mir keine Lösung denken einer ist zu viel auf Erden. Entweder mein Leonhard oder er. Plötzlich fuhr er in die Höhe, er hörte einen Wa gen rollen, der vor feinem Hause hielt. Mit unglaublicher Schnelle sür sein Alter eilte er hinaus. Ein lauter Schrei entrang sich seinen Lippen, und dann sank er halb besinnungslos an die Brust Leonhards, der sorgsam die leichte Gestalt des Greises auf seinen Arm in'S Haus trug. „O Vater, mein Vaters rief«, ihn auf das Sofa fetzend und ihn mit bei den Armen umschlingend, „sehe ich Dich wieder: o, ich war schon ganz hoff nungslos. dieses Glück noch zu genie ßen/' Wieder preßten sie sich fest aneinan der, dann langes Schweigen. „O Tu Todtgeglaubter", sing der Professor an. „ach, daß Dich in Dei ner Heimath niemand anders erwartet, als Dein alter Vater." Jetzt erst erhub Leonhard das Haupt und sah den Greis fragend an. Er hatte sie ganz vergessen. „Wo ist sie?- sragte er. „Frage mich nicht," seufzte der Pro fessor. „Warum? ist sie nicht mehr unter Deinem Schuhe?" „Nein, sie ist entflohen mit ihrem Geliebten." (Fortsetzung folgt.) Kleines Mibver st ändnik. (Im Eisenbahncoupe): „Mei gutcstel Herrche. wo fahren Sie hin?" „Ich fahre nach Dresden!" „Ei! Da fah ren wir zusammen. Ich fahre och nach TräSden Ich hab' Sie nämlich was im Ooge!" „So! Zu welchem Augenarzt gehen Sie da in Dresden?" „Ich will nicht zum Oogenarzt; ich hab' Sie nämlich e' Geschüst im Loge!" Gezwungene Dankbarkeit ist Undankbarkeit. « «er»tt«t. von Maul R,»eri<v ' Der „schöne Hugo", wie er allgemein r wegen feiner tadellosen Cravatten, dick - nöthigen Handschuhe und höchsten Steh. - kragen genannt wurde, hatte seiner ' Verlobten fest versprochen, sie, nebst Frau Mama pünktlich am Sonntag r Nachmittag um drei Uhr abzuholen, r Eine, ihm noch unbekannte, jung ver ' heirathete Schwester seiner Braut hatte ? sür diese Zeit ihren Besuch angekündigt ? und gemeinsam sollte dann das Wie» versehen in einem nahen Gartenrestau t rant beim gemüthlichen „Kaffeekochen" t gefeiert werden. Eitel, wie der schöne ? Hugo nun leider einmal war, hatte die Vervollständigung seiner eleganten Toi -2 lette natürlich zu viel Zeit in Anspruch e genommen, und so kam er atheniloS, ' nachdem er in der Aufregung schon auf mehrere falsche Pferdebahnen gesprun - gen war, erst gegen vier Uhr in der ' Wohnung seiner geliebten Verlobten an. Er klingelt ein-, zwei-, ' dreimal. Niemand öffnet! Klarunt» klarer wird'S ihm: Klara ist ausge gangen! Daran trug gewiß nur wieder die liebe Schwiegermama in sp» " die Schuld, denn Klara der Engel.... ' Aber, was war nun zu thun? Nach kurzer Ueberlegung begab sich Hugo nach dem ihm bekannten Konzertgarten, ' um dort die wahrscheinlich Vorausge gangen zu suchen. Der Garte» war, des selten schönen Wetters wegen, fast überfüllt und be mühte sich Hugo daher vergeblich, unter der Menschenmenge seine Damen zu ' entdecken, was natürlich keineswegs da» zu beitrug, seine schlechte Stimmung zu verbessern. Aergerlich irrte er im Gar ten umher. Plötzlich verspürte er einen ziemlich unsanften Rippenstoß. > „O, verzeihen Sie, mein Herr," ent schuldigte sich erröthend eine junge Dame, die, mit einer riesigen Kanne bewaffnet, soeben aus der Kaffeeküche kam, „es ist nicht gern geschehen!" Galant, wie immer, zog der schöne Hugo sein brummiges Gesicht sosort wieder in aiimuthige Falten und ent» gegnete, daß es ihm ein „Hochgenuß" gewesen sei, mit einer so „liebreizenden" Dame in so> „angenehme Berührung" zu kommen!. -- Ein Wort gab das an dere, und die kleine, lustige Dame machte einrn so überwältigenden „netten" Ein druck auf unsern schönen Hugo, daß er Braut, Schwiegermutter und alle» Andere vergessend sofort begann, den „liebenswürdigen Schmerenöther" zu spielen uud der neuen interessanten Be kanntschast den Vorschlag machte, mit ihm gemeinsam den Kaffee einzuneh men. Lachend gestand ihm die schöne Un bekannte, daß sie sicher dazu durchau» nicht abgeneigt wäre, doch leider sei sie nicht allein, sondern mit noch einigen Damen hier und Übrigens sei auch der Kaffee, wie er ja sähe, schon ge kocht. Noch einige Damen? Das war ja eine ganz brillante Aussicht für den leichtsinnigen Hugo, und mit liebens würdiger Zudringlichkeit bat er um die Erlaubniß, der Damen Gast sein zu dürfen. Er wolle auch „ganz artig" sein, nicht mehr, als „höchstens" sieben Täßchen trinken und gern für den nö thigen Kuchen sorgen. Scherzend und lachend ging die junge Dame auf feinen Vorschlag ein und führte ihren galanten Ritter zum äußersten Ende des Gartens „Hier, mein Herr," sagte sie endlich, stehenbleibend, „meine Mutter und Schwester." Hugo blickte auf und sah in die er staunten Gesichter seiner Braut und zu künftigen Schwiegermama. „Wie, Sie tennen meine Anna?" wunderte sich Mamachen. „Ja, woran erkanntest Du denn meine Schwester?" fragte KlSrchen, d«r Engel. „Ich?— Oh' ," stotterte der ver legene Hugo und blickte verzweiflungS voll in die schelmischen Augen seiner übermüthigen Schwägerin., „Nun, ganz einsach," nahm diese endlich für ihn das Wort, „da der Herr nur mit den Gedanken an seine Braut hierherkam und ihm nur ihr Bild vor Augen schwebte, so erkannte er mich, die Schwester, selbstverständlich an der Ähnlichkeit! — Ein dankbarer Blick und später ei» herzlicher Händedruck lohnte der Helferin in der Noth. Hugo nahm sich aber die Erfahrung zu Herzen und —sah sich künftig besser vor k «in kleines MiKverstSndniH. Dame: Aber Bridget, wie können Sie in tiner so lächerliche» Kopfbedeckung mit dein Baby nach dem Park aussaht ren wollen? Bridge«: Wissen Sie denn nicht mehr, Madam, daß Sie mir ausdrück lich besohlen haben, ein kleine« Mütz chen auszusetzen, >ve»n ich das Bab>» spazirt» fahre? Mütterlich« Nachsicht. ! Vat«r (mit dem Stock drohend, zum Sohn, der mit den Schularbeiten b»- jchastigt ist):.. Wie, Du weißt nicht, wann Karl d«r Groß« geboren ist?" Mutter „Aber Wilhelm, bedenk« auch, wie lang' das schon her j iit!" 3
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