6 «r ist nervi»». „Er ist nervös, der gute Herr Doc« tor!" so habe ich mehr als einmal seine Bekannten sagen hören. Im Grnnde genommen war er weder das Eine noch das Andere. „Doctor" nannten sie ihn nur aus schuldiger Hochachtung und seine Nervosität war wirtlich nichts als ein eingebildetes Leiden. Doch ich will meine kleine Geschichte ordnungsmäßig beginnen und dem Leser vor Allein meinen Helden vor stellen. Es ist Herr Konrad Ulrich oder Wal demar Mnther, unter welchem Schrist stellernaincn er seinen Freunden und Bekannten als gefeierter Epiker sattsam bekannt war. Das große Publikum freilich hatte von Konrad Ulrich ebenso wie von Waldemar Günther nicht die leiieste Ahnung, obwohl er schon vier äußerst elegant ausgestattete Werke im Selbstverlage hatte erscheinen lassen, zur Freude seines Anhangs, zum Schrecken der Kritiker. Denn Konrad verfehlte nicht, den letzteren jedes neue Buch pflichtichiildigst zuzusenden. Daß sich aber keiner der gestrengen Herren Recensenten entschließen konnte, Wal demar Günthers seltenes Talent begei stert anziicrkcmic». daß sie sich vielmehr alle iiiinicr von Ncuem übcr sein Ge schreibsel witzelnd belustigten, das war es, nur das. was unseren guten Konrad nervös gemacht hatte. Er ward zer fallen mit sich und der Welt, aber er dichtete weiter. In dem Hause, das ihm sein Vater neben einem hübschen Vermögen erbt hatte, hatte er sich, sernab vori dem Lärm der Slraßc, aus den Hos hinaus ein Studirzimmer Herrichten lassen und Niemand durste ihn stören, wenn er dort über seinen Versen brütete. Daß dieses sein Allerheiligstes vom Professor unten im Parterre „Konrad's Blech schmiede"genannt wurde, ist dem gottbe gnadeten Dichter glücklicher Weise nie zu Ohre» gekommen, ich glaube, er wäre im Zorn gestorben, wen» er eS erfahren hätte. Das, was der nervöse Epiker vor allem beanspruchte, war die peinlichst« Ruhe in der Umgebung seines Studir zimniers. Mielher mit Kindern nahm er grundsätzlich nie in sein Haus und sollten ihm auch sämmtliche Wohnun gen lcer stehen. Einmal freilich ist er mit diesem Grundsatz arg hineingefal len. Da war nämlich der Regierungs rath Bötticher gekommen, um die Woh nung im zweiten Stockwerk zu besichti gen. „Haben Sie Kinder?" hatte ihn Konrad Uliich gefragt und: „Neun!" hatte dcr RegierungSrath geantwortet. Konrad hatte: „Nein!" verstanden und der MiethSkontralt war vollzogen wor den. Wer aber schildert des HauswirthZ Schrecken, als der RegierungSralh mit neun mehr oder weniger unerzogenen Rangen in das stille HauS einzog! Und der Kontrakt lies aus süns Jahre! Ter Nervöse wähnte, das wurde ein Nagel zu sciiicm Sarge werden. Mit größe rein Eiscr denn je sorgte er nun. daß die gestrenge Hausordnung von allen Paltcien pünltlich eingehalten wurde. Ta war jedcS Teppichtlopfe» im Hör, jedes Gehen auf den Hintertreppen in Holzpantoffeln und dergleichen mehr auf da-Z Ausdrücklichste untersagt. Im Hausflur aber war mit machtigen Buchstaben zu lesen: „Jedes Singen, Musiciren und Ausrufen im Hof isl verboten!" Zu alledem war der Haus nraiiri ein pensionirter Wachtmeister, dcr. wenn ia einmal gegen die Vor schriften gerehlt wurde, mit donnernde, «Stimme Ordnung schaffte. „Dei Herr Toctor ist ja so nervös!" Nun trat eines Tages ein Ereignis ein. welches von weittragendster Bedeu tung werde» sollte. Ii: seiner „Blechschmiede" saß Wal demar Günlher an seinen, Schreibtisch. Er sann und >c»,n und war nervösei als je; denn just an der wichtigsten Sicllc seines neucstcn Epos versuch!« er vergebens de» rechte» Rein, zu fin den, trotz des RciinlexikonS. welchcS e, imincr zur Hand hatte. Td aus einmal „entsetzlich! himmel schreiend!" ertönten unten im Hof die krächzenden Töne eines verstimm» tcn Leierkastens. „Tie blaue Donau!" rief Konrad! „o. übcr solche Unverschämtheit!" sprang auf und stürzte zur elektrischen Klingel, seinen dienstbaren Geist hcrbeiznruscn. Und Friedrich kam. „Der Hausmann soll komme» aber i» Eile!" herrscht« ihn dcr Nervöse an, und schon war Friedrich auch wieder draußen, den Besehl seines Gebieters auszuführen. Diesem ober zuckte es in allen Gliedern, wenn er die Töne des Marterinstru ments vernahm. Inzwischen war der Hoskünstler sehr sinnreich von der blauen Donau zur kleinen Fischerin übergegangen. Unser Held raste. „Mir das mir!" ries er ein über das andere Mal und durch maß iu langen Schritten sein Zimmer. Ter Hausmann aber kam und kam nicht. „Pflichtvergessener Söldling! Ich werde ihn hinausjagen, wenn er nichl aus seinem Posten ist!" so begann Konrad einen inhaltsschweren Mono log. indes der Leiermann im Hose fein Repertoire weiter verfolgte und die all beliebte Kreuzpolka intonirtc. „Will denn gar keine Ruhe werden heute?" rief der Dichter und fügte gleich darauf hinzu: „hat sich denn Alles gegen mich verschworen?" Denn er hörtc von zwei weiblichen Stimmen den geistreichen Tert der Polka fröhlich mitsingen: „Siehst Du wohl, da kommt er!" „Ihr werdet von mir hören!" don nerte Konrad und rührte wohl eine ganze Minule lang die elekrische Klin gel. Aber weder Friedrich noch dcr HauSmann kamen. So schnitt d?r Nervöse denn zur Selbsthilse. Es wußte dem grausame» Spiel ein End« Hemacht werden! Er stürzte an d<U Finster und öffnete e». Mit einem Blick tiberschaute er die Situation. Unten im Qos der Leiermann, um ihn her die Rangen des Regierungsralhes, die jenen lustig umtanzten, und in allen Stockwerken geöffnete Fenster, aus denen weibliches Dienstpersonal blickte und sich des so seltenen Genusses ersreute! Die beiden Mädchen des Professors im Parterre waren die Sängerinnen, deren Stimme er vorher vernommen hatte. „Ich werde Euch die Hausordnung lehren!" dachte Konrad und laut rief er den Leiermann an. „Können Sie nicht lesen? Wie? Musiciren ist hier verboten! Ich bin nervös! Ich halte es nicht aus! Hören Sie nicht? Ruhe will ich Ruhe, Ruhe, Ruhe!" Und richtig der Leiermann endete die schöne Polka. Wenn aber der Dichter gewähnt hatte, den fahrenden Spiclmann niederzuschmettern, so hatte er sich bitter getäuscht. Dieser viel mehr wendete sich schmunzelnd nach oben und ries den Vorredner in echtem Berliner Jargon folgendermaßen an: „Nee—wat Sie aber vor eene scheene Stimm? haben!" Ein schöner Erfolg der fulminanten Ansprache! So also wurden des Haus wirthS ernste Worte beantwortet! Und wie die Mädchen in den Fenstern alle kicherten und lachten! Eine ries sogar einer Freundin ganz vernehmlich zu: „Det war aber jut jejeben!" Und eins der Kinder, das größte, sagte killend zum Leiermann: „Ach —noch ei» Stück Herr Kapellmeister, bitte, bitte!" Und dieser ries wieder sragend zu Kon rad hinaus: „Ders ick?" Prosessors Auguste aber iügte hinzu: „Man bloß noch Eenen, zum Abgewöhnen!" Das war alles Schlag auf Schlag gegangen. Konrad war außer sich. Wüthend schloß er das Fenster. Unten aber begann das vierte Bravourstück mit obligatem Gesang: „Ach, ich hab' sie ja nur auf die Schulter geküßt!" Ter nervöse Herr konnte es nichl mehr aushallen. Er nahm Hut und Stock und stürmte sort. Wie war ihm so wohl, als er aus der Straße war. Wenn er aber heimkommt, wird er fürchterlich Musterung halten! So eilte er weiter. Jetzt stand er vor „Brauses Bier- Haus", welches srüher sein Stammlokal gewesen, aber jetzt schon seit Jahren nicht mehr von ihm besucht worden war. Am runden Tisch saßen wir damals all' seine Freunde und Bekannte. „Sie, Herr Toctor? Das ist schon!" „Ich denke. Du bist ner vös?" „Was führt denn Sie hier her?" „Kommen Sie nur. das Bier ist immer noch ausgezeichnet!" So scholl es ihm von allen Seiten entge gen. Und Konrad setzte sich und ein Fragen hin und her begann es war eine lustige, sröhliche Unterhaltung. Aus dem Nachhausewege sagte der .Nervöse zu sich selbst: „Ich werde jetzt ösler zu Brause gehen! Das wird mich ausheitern!" Und er hat es gehalten und sein« Nervosität hat sich allmälig verloren. Wer aber weiß, was geworden wäre, wenn damals nicht der Leiermann verzeihe mir, Waldemar Günther, daß ich die kleine Geschichte verbreitet habe! Ter Zimmergymnastiker» „Sie treiben jetzt Zimmergymnastik? Wie machen Sie denn das?" „Nun sehr einfach. Sehen Sie. z. B. so!" „Und dann etwa so!* „Sehen Sie, und dann so!" Der rechte Moment. Schau, spieler <zui» Tischgenossen): Würden Sie niir nicht bis inorgen IVO Mark borgen? Tischgenosse: Warum denn? Schauspieler: Muß heute im DonEar los König Philipp spielen: und s ist doch gar zu lumpig, wenn man da mit leeren Taschen hintritt. Die Furcht vor der C h o lera, vor Steuer» und sonstiger Lc benSnoth scheint auch in der Thicrwelt hier und da eine Panik hervorzu'rusen. So wird der „Kreuznach. Ztg." aus ArnSheim berichtet: „Ein geistig gestör ter Käser stürzte sich hier von dcr Gale rie des Kirchthurm» herab und sand sei nen Tod." »indergefchtchte«. Kindergeschichlen erzählt eine liebens würdige Mitarbeiterin; wir geben sie hiermit an unsere Leserinnen weiter. Nr. I. Kürzlich ging ich hinter zwei kleinen Buben im Alter von sieben und neun Jahren, welche, aus dcr Schule kommend, in gar ernsthafter Unterhal tung begriffen schienen; und interessant war es, die kleinen Weltweisen. welche schon in so jungen Jahren Optimis mus und Pessimismus verkörperten, .z» belauschen. Der Kleinste sagte mit erleichternden Seuszer der Genugthu ung: „Wir Menschen haben es doch am besten aus der Welt!" „Nanu wieso?" war die anzweifelnde Ge genfrage des Aelteren. „Weil wir so viel könne»!" erwiderte das kleine, selbstgefällige Menschenkind. Sofort jagte der größere Knabe einen Sper ling auf, der vor ihm auf dem Wege hüpfte, lakonisch die Worte ausstoßend: „Der kann fliegen, der Mensch nicht." „O, wenn dcr liebe Gott uns Flügel gegeben hätte". vertheidigte der kleine Optimist seine Ueberzeugung mit einer seinen Jahren angemessenen Logik, „so könnten wir auch fliegen." Der neunjährige Knabe schlug ein kurzes, überlegen klingendes Lqchen an. „Gott hat uns aber keine Flügel gege ben, siehst Tu wobl ! lwd ich will Dir sagen. selbst wenn er u»s welche gegeben hätte, dann Du magst es ruhig glauben, dann wär' wieder Noch was Anderes da. daß wir doch nicht fliegen könnte» !"—Nr. 2. Auch eine Austastung. Emma und Sophie kommen an einem kalten, klaren Win terlage aus der Schule. „Sieh nur, Sophie die schöne Schlitterbahn !" und hui ! saust auch schon Emma von einem bis zum andern Ende der angepriesenen glatten Fläche hin unter. Sophie ist einige Schritte wei ter gelaufen; dort drüben aus dem Platze weiß sie ebenfalls eine herrliche, heut Morgen aus dem Hinwege zur Schule schon erprobte Glatteisstelle. Sie nimmt einen kühnen Anlaus. doch. o weh! Das Ziel wird nicht so siegreich gewonnen, wie von ihr» klei nen Freundin. Sophie stolpert und stürzt schreiend hin. Das Knie sich reibend, erhebt sie sich wieder und weist mit sittlicher Entrüstung aus die Stelle, welche Anlaß zu dem Falle gegeben. „Nein, Emma, diese Schlechtigkeit der Mensche» ! Ta haben sie Sand aus die Schlitterbahn gestreut, damit man hinfallen soll!" Die Schwätzerin. Führer: Hier ist ein samoseS Echo. Tourist: Um Gottcswillen, sagen Sie meiner Frau nichts davon, sonst sängt die mit ihm ein Gespräch an und dann komme» wir in den ersten zwei stunden nicht von hier sort! Moderne Mädchen. Eben aufgestanden. Gleich in Liebesbanden, Rosa-Bries kam an, Lacht sie: Süßer Mann! Jungfer sie srisirt Liest sie. wie pikirt, Ohne Schain und Schand' Zola's neu ste» Band; Dann den Teint, den fahlen. Schnell sie thut bemalen, Nun den falschen Zopf Auf den blonden Kopf. Dann herbei das neue Kleid, Mode nach der letzten Zeit Jetzt die Spitzen und Geschmeide, O, das giebt ne Augenweide! Und in einer Viertelstunde Macht sie im Salon die Runde, Spielt Klavier und singt dazu: „O wie schön, wie schön bist Du!" Doch nun kommt die Frau Mama, Töchterchen sitzt schüchtern da, Spielt von Liebe keine Spur Das „Gebet der Jungsrau" nur. Eine heitere Geschichte au» ernster Zeit passirte in Ersnrt mit einem auf der Eisenbahn eintreffenden Hamburger. Derselbe sträubte sich energisch, dcr aus dem Bahnhofe an wesende» SaiiitälS-Comrnission Folge leiste» und sich und sein Gepäck im städtischen Kraillenhause deSinficiren zu lafsen. Aber alles Sträuben hals nichts. Ein paar kräftige Fäuste pack te» ihn »iid beförderte» ih» »ach dcr bereitstehenden Droschke, welche die Uebersührung nach dem Lindenweg be sorgte. Als die Prozedur vorüber war. erklärte der entrüstete Hainburger, in einer Stadt nicht bleiben zu wollen, in welcher man dem Fremden so übel mit spiele, sprachs, suhr nach dem Bahnhof und löste eine Fahrkarte nach Gotha, um dort, da er versäumt hatte, sich in Ersurt die bereits ersolgte DeSinsek tion bescheinigen zu lassen, sosori aus'» Neue in den RäucherungS-Appa rak zu spazieren. Der Deserteur. Mitternacht war es. Eben 'lugte der Vollmond über die Wipfel der Ahornbäume, welche eine schattige Allee rings um den Exercierplatz dcr Jeffer son-BarrackS bildeten. Nur das ein förmige Geräusch der Tritte des lang sam auf- und abschreitenden Postens unterbrach die tiefe Stille. In der Brust des sungen Soldaten aber stürmte es. Verworrene Gedan ken jagten sich in seinem Gehirn, die der, seine Brust ersüllenden heißen Sehnsucht »ach Freiheit entspränge». „Freiheit!" Herrmann Förster blieb betroffen stehen, denn er hatte das Wort ziemlich laut gerufen. Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen. Selbst wenn er gehört worden, wer würde es ver stehen ? Von seinen Vorgesetzten sicher keiner. Thor, der er war ! Ja wahrlich, ein Tdor war er gewe sen. hatte er denn sonst zum zweiten Male sreiwilliq den gestreisten Sllaven rock angezogen, nachdem er. um das erste Mal dcn ihm ausgezwungenen zu entgehen, Heimalh und Geliebte ver lasse» hatte? Er nahm seinen Marsch wieder auf. und während er so aus- und abschritt im dämnieiigen Mondlichte, zog in bunten Bildern die Vergangenheit an seinem Geiste vorüber. De» schönen Märchentraum der Kindheit hatte frühzeitig die Wirklich keit zerstört, deren Rauhheit und Nackt heit ihm keine zärtliche Mutter mit den Blumen dcr Liebe bedeckte. Fremde Menschen machten den armen Findling schon srüh daraus ausmerkiam, daß er eigentlich gar kein Recht habe zu eri stiren, daß dieses Privilegium nur sol che» gebühre, die vorsichtiger in der Wahl ihrer Eltern gewesen. Bald aber sah man, daß die Körperkrast des trotz aller Entbehrung kerngesunden Knaben sich vortheilhast verwenden ließ. Jahre vergingen, unter schwerer Arbeit, im grauen Einerlei. Tann erwachte in seinem Leben ein Sonnenstrahl: die Liebe. Es waren di/ blauen Augen Gertrud's, der Tochler seines Brod- Herrn, welche den Funken in seine? Brust entzündeten. Er iand Gegen liebe, und siehe, die Arbeit wurde ihm nicht länger schwer, er sehnte sich nicht mehr fort in die weite Well, der ein same Bauernhof am Saume einer me lancholischen Haide, von düstern Fich t nwäldern umkränzt, wurde ihm zum Paradiese. Zwei Jahre lang träumte er den schönen Traum, den nur einmal so überquellend und beseligend der Mai des Lebens bringt. Und dann ein Stückchen weißes Papier, es wurde das Wölkchen am Horizont seines Glücks himmelS, das bald zu einem schwarzen Sturmgewölk anschwellen und den Sonnenschein aus seinem Leben verja gen sollte. Das Papier enthielt die Einberufung zum Militär. Er wurde Soldat in einer entfernten Residenz stadt. wurde mißhandelt, geliiechtct. turannisirt, aber alles ertrug er ohne Murren, mochte auch dcr Mauns grimui in ihm koche», er dachte an seine geliebte Gertrud und daß dies Leben nur drei Jahre dauern würde. Sellen nur schrieb er ihr. Einen Bries aus zusetzen war sür ihn ein schwcres Stück Arbeit. Wozu auch? Hatten sie sich doch beim heimlichen Abschied ewige Liebe und Treue geschworen. Auch sie schrieb wenig. Zuletzt aber siel ihm der° Ton ihrer Briefe auf. diese Gereiztheit, diese selt samen Anspielungen und Beschuldi gungen verstand er nicht. Dann blie ben ihre Briese ganz aus. Eines Ta ges ersuhr er von einem Bekannten an» feiner Gegend, dcr aus Urlaub gewesen war, daß Franz Lindholt, ein reicher Bauernbursche, um seine Gertrud sreie, daß ihr Vater diese Verbindung wün sche uns sie derselben nicht ganz abhold zu sein scheine. Eine heiße Angst, daß er seine irdische Seligkeit verlieren könne, ergriff ihn, und zugleich eine grimme Wulh, daß die» möglich sein könne. Er schrieb ihr einen' Brief voll Fragcn und Bitten nnd Vorwürfen. Keine Antwort. Seine Hoffnung sank von Tag zu Tag. Erst jetzt spürte er mit voller Wulh die Slavenkette des Militarismus. Kaum konnte er die Sehnsucht gebielen, hinzueilen zu ihr, in ihren 'Augen sein Urlhcil zu lcsen, von ihren Lippe» bestätigt zu hören, was er immer und immer noch nicht glauben konnte. Er vernachlässigte seine» Dienst, zog sich die Ungnade sei ner Vorgesetzten zu und die Folge war, daß ihm dcr nachgesuchte Urlaub.ver weigert wurde. Tage der Verzweif lung. ohn»,ächtiger Wuth, düsterer Ächwermuth folgten, bis endlich der gefuude Kern in ihm die Oberhand ge wann. Er legte sich einen Plan zu cecht. Durch unermüdlichen Dienst eiser, durch slavische Untcrwürsigkcit ge wann er allmälig die Gunst seiner Vor gesetzten zurück, und als er dann wie der um Urlaub auhiklt, wurde er ihm bewilligt. Mit vor Aufregung gerötheten Wan gen stand er am Fenster des kahlen Boupee und blickte aus die im jungen Frühlingsschinuckprangende Landschaft. Viel zu langsam suhr ihm der Zug und zuweilen viel zu schnell, wie eben die Gesühle des Hoffen» und Bangens in seiner Brust abwechselten. Endlich konnte er den Zug verladen. Rasch durcheilte er das kleine Städtchen, hinaus in das weite, stille, dustende Land. Ein deutsche Meile hatte er noch zu wandern. Bald schon grüßten ih» dunkle Fichtengruppen. rothe Ziegeldä cher über blühenden Obstbäumen als alle Belannte. Die saftgrünen Blatter dcr Erlen blinklen im Fruhlingzson ncnstiahl. Fcrn am Saume der Fel der. von wo das laute „Hüh" und „Hot" der Ackerer drang, schiinmerlen wie Marmorsäulen die Stämme dcr Birkcn. Die Pappeln am Wegesrand, vou iubilirenden Lerchen umkreist. lispelten bekannte Melodien. Ta Mlrde ihm so traut und heimathlich zu Muthe, «nd wie ein süßer Hauch aus dem Pa radiese seiner Kindheit zog es durch feine Brust. Plötzlich gewahrte er fern auf der Landstraße eine gelbe Staubwolke. Was konnte es sein? Eine Heerde oder ein Ackerwagen war eS nicht. Endlich unterschied er eine von zwei Gäulen ge zogene Kutsche, von einer zweiten ge folgt. Ein eigenthümliches Gefühl der Scheu, da» er selber nicht verstand, bewog ihn, sich zu verbergen. Rasch sprang er über den Graben und stellte sich hinter die Erlenhecke, von wo aus er. ohne selbst gesehen zu werden, die Landstraße überblicken konnte. Die Fuhrwerke kamen näher. Fröh liches Gelächter drang an sein Ohr, schon konnte er einzelne Stimmen un terscheiden. Er bog die Zweige aus einander, um besser sehen zu können. In der ersten Kullche saßen vier Per sonen. War'S denn möglich? DaS war ja dcr alte Haidbauer, sein Dienstherr, mit seincr Frau, und dieser gegenüber faß Franz Lindholt, und nek»en diesem saß eine Mädcherigestalt mit weißem Schleier, «nein blühenden Myrtbcn krariz aus dem prächtige» goldblonden Haar. ES war Gertrud. Vor seinen Augen flimmcrle e», ein fchuierjhasteS Siechen durchzuckte seine Brust. Langsam drang er durch die Hecke, sprang über den Graben, lehnte sich müde an de» Stamm einer Pappel und blickte den rasch fortrollenden Fuhr werke» »ach. Die Sonne strahlte und die Lerchen jubilirlen wie vorher, aber ihm war dcr Frühling entwichen, ein eisiger Haiich hatte die duftenden Blüthen ia feiner Brust getödtet. Lange stand er am Stamm dcr Pappel, und zuletzt kam cinc seltiainc Ruhe über ihn«, die Ruhe eine» grauen, stillen December-- tageS. Er wanderte langsam weiter. lwg> aber bald von d» Landstraße ab, kreuzte Wiesen und Felder und erreichte endlich einen einsamen Fichtenwald: Tort streckte er sich in'S dustige Moo»« und lauschte dcm Brausen der Wipfel, welches wie Geistergelispel die heilige Slille durchklang. Unbeweglich lag er da. bis in den Wolken da» Abendrolh erlosch: dann schritt er weiter. Einmal blieb er mit ten aus einem fremden Felde stehen und betrachtete lange einen Stern, der groß und glänzend am westlichen Hori zonte stand. Heller Lampenschimmcr strahlte ihm aus den Fenstern der Wohnräume und Küche des geräumigen Bauernhöfe»« entgegen, von der Tenne klang Tanz musik und fröhliches Stimmengewirr. Unbemerll erreichte er vas Kämmerchen. worin er srüher mit einem Knecht zu sammen geschlafen hatte. In einem Spinde hingen noch die Kleidcr. Hastig vertauschte er die Uniform mit einen, starten Arbeitsanzug und entfernte sich so unbemerkt, wie er gekommen- war. Tie Unisorm verscnktc cr. mit Stei ne» beschwert, in einen Teich. Nun war cr srci, jctzt hinaus in die weite Wclt! Unter manchcrlci Strapazen und« Entbehrungen erreichte cr Rotterdam. Von dort kam er als Matrose nach Rcw-Aork. Hicr im Lande der Freiheit, boten sich ihm genug Gelcgcnheiten zu einer erfolgreichen Laufbahn, aber die innere Zerfahrenheit mit sich selbst raubte ihm de» Sinn für Beständigkeit. Immer wieder zog er weiter, und ein rollender Stein setzt bekanntlich lein Moos an. S» vergingen süns Jahre, und noch hatte er eS zu nichts gebracht» befand« sich in St. Louis, seine Mit tel waren erschöpst und zum ersten Male konnte cr keine Arbeit finde». Als kr null eines TageS an einem Relrutsii- Aiiwerbc-Bureau vorüberlam und sich »nlernchtea ließ, daß der Soldat in Amerika für seine Dienste gut bezahlt und wie ein „Gentleman" behandelt würde, kam ihm der Gedanke, fich an werben zu laffen und sich selbst hindurch >u zwingen, süns Jahre lang beständig zu bleiben. Gedacht, gethan. Sechs Wochen war er jetzt Soldat und schon hatte er den raschen Schritt wohl hundert Mal bereut und ver wünscht. Zwar die Disciplin war hier nicht so stienge wie in Te»tschlnnd. die Willkür aber eben so groß, welches ihr» um so unerträglicher war. weil er »wartet hatte, als srcicr Mann und aichi als Sklave bchandclt zu wer >cn. Ein Geräusch von Triltcn weckte nn seren Helden aus seinen Betrachtungen. DiinlleGestalte» tauchten aus;cr wurde abgelöst. Am folgenden Tag gab e» Löhne. Hermann Förster erhielt noch nichts, denn der Lohn des ersten Monats »urde den Rclruten zurückbehalten. Da er auf Wache gewesen, wurde er heute nicht zur Aushülfe im Garten oder zum Reinigcn der Wege und An lagen kommandirk, welches ihm, dem .Dutchman". sonst oft seitens seiner irdischen Vorgesctzlen passirie. Nachdem cr da» schlechte Mittags mahl verzehrt hatte, welches »ur aus Kartoffel», dicken Bohnen, Brod und Kaffee bestand (der Fetzen Fleisch, den eS noch gab. war nicht z» genießen) be gab er sich zu den Schlassalen hinaus, iim ein wenig zu lefen und sich auf die Nachmittags- „Dreß Parade" vorzube reiten. Oben bot sich ihm ein überraschender Anblick. Mitten in, Saale stand ein Theil der Manufchaften in einer dichlci, Gruppe zusammen, in deren Mute er bei». Näherkommen den «Sergeanten O'Leary gewahrte, der die Deutschen und besonders Hn nicht leide', konnte und den auch er von ganzem Herzen haßte. Er saß auf einem hoben Swbl. Bor ihm stand ein Tisch, mit grünem Tuche behängen, woraus eine WachS tuchdecke mit rotbcn und schwarzen Fel dern lag. kurz: ein Spieltisch. Herrmann wollte seinen Augen nicht kauen. War eS denn möglich? Der Sergeant hielt eine Ssklbank «nd nahm in Rouge et noir »er, armen Soldaten den kargen Gehalt «b? Kein Zweifel, so war es. Bald entdeckte er noch mehr. Oder war es nur Zufall, daß eine gewisse Elique von Landsleuten des Sergeanten die meisten und größten Gewinne zogen, die gezogen wurden? Die übrigen Mitspielenden, meistens harmlose Re kruten, schienen dies gar nicht zu be merke«. und wenn, mochten sie wohl lieber ihr Geld verlieren, als wie die Feindschaft des gefürchtet«», Vorgesetzten herauszufordern. DaS Rechtsgefühl empörte sich in dem Deuitschen und als er sah, wie ein gutmüthiger Schotte seinen letzten Dol lar setzen wollte, flüsterte er ihm zu: „Sei vernünftig, gib doch diesem Schwindler nuht Alles!" In seiner Erregung hatte er ziemlich laut gesprochen. Unheimliche Stille folgte. Plötzlich sprang der Sergeant auf und stürzte mit den Worten : „Von cl l)otl!l>m»o!" vorwärts und stieß dem jungen Manne so hesiig mit der geballten Faust vor die Brust, daß er rückwärts zu Boden taumelte. So gleich sprang er aber wieder aus. Seine Wangen brannten,, seine Augen giÄh ten, die Lippen hatte er sest zusammen gekniffen. Vier Mann sprangen ihm entgegen, aber mit, cfnem gewaltigen Stoß schleuderte er sie von sich. Aber schon kamen dem Sergeanten einige von seinen LandSleuten zu Hilse. Er wurde von dcr Ucbermacht überwältigt und« zur Wache abgeführt. Sechs Tage strenger Arrest wegen: Widersetzlichkeit gegen den Vorgesetzten«,, lautete das Urlheil, welches, am sagen den Morgen über Herrmann Förster gesällt wurde. Er wurde mit den ein-- gesangenen Deserteuren zusainmenge-- sperrt, mußte ihr elende» Lager theilen, unter Aussicht der Wache in den Stein brüchen arbeiten und wurde behandelte wie ein Verbrecher. Schweigend, im finster m Trotz ließ er Alles über sich er gehen. Sein Entschluß war gesaßt, sobald er srei war, wollte er deser tiren. Der Tag, seiner Entlassung au»« dem« Arrest kam. De» Abends beim „Roll Call" antwortete er krästig sein „Hier!" und begab sich gleich zur Ruhe. Die« Lampen in den Sälen wurden ausge löscht. Hier und da wurde noch halb laut gesprochen, welches ober bald ver stummte und einem Schnarchconcert? Platz machte. Draußen singen die? Wipfel an zu brausen, grelle Blitze zuck te» durch die Nacht und serner Donner rollte. Nicht lange, so rauschte ei» hestiger Regen nieder. Leise erhob sich Herrmann nun und schlüpste in seine.« Kleider. Das Tosen des Sturmes« verschlang das Geräusch seiner Tritte. Unbemerkt gelangte er in s Freie, war tete unter einem Schuppen bis der Re gen nachgelassen hatte und besand sich« iiald aus der Straße nach Earondelet., Dort bestieg er einen Straßenbahnwa gen nach St. LouiS. Er crin»erte sich, daß ein Bekannter aus seiner Hcimalb, seines Zeichens ein Schneider, vor zehn Jahren mit seiner Familie nach Ame rika ausgewandert war und sich in St. Louis niedergelassen hatte. Wenn er diesen sand, war ihm geholfen. Richtig sand er im ..Directory" die Adresse und stand daraus bald vor einem hohen Tenementhause. Der gute Schneidermeister, dcr sich eben mit seiner Gemahlin zur Ruhe begeben wollte, war höchlichst erstaunt, als so spat noch an die Thür ge klopft wurde und ein Soldat herem trat. „Kennen Sie mich nicht mehr, Meister Bügeler?" sragte Herrinan. Jener schüttelte verdutzt sein Haupt. „Ich bin dcr Herrmann Förster vorn Haidbauernhose!" AIS das Ehepaar sich von seiner Ucbcrraschung erholt hatte, begann er, von seinen Schicksalen zu erzähle», von seinem festen Entschluß zu dcserti re», erbat sich zum Schluß zu diesem, Zwecke eine» abgelegten Anzug. Dieser wurde ihm gerne bewilligt. Während er im Nebengemache seine Kleider wechselte, bereitete die Schnei derSsrau einen kalten! Ausschnitt und, der Gemahl holte in einer Blechkanne Bier herauf. Der junge Man» mußte sich hinsetzen, essen »rrd trinke» »iid dabei wurde von alle» Zeilen gcplau-- dert. ~D« schreibst dsch auch zuweilen« nach Hause?" fragte ver Schneider bei läufig. „In den fünf Jahren, seit ich hier bin. habe ich nichts von draußen veo? nomine»!" ..Ist's möglich? Dann wcißt Tu.'» wohl »och gar nichl,!" „Was?" ~Ja, weißt? DusK denn nicht? Ter alte Haidbauer und seine Frau sind vor vier Jahren kurz nacheinander ge storben und da hat der Franz Lindholt, der die Gertrud geheirathet hak den Hos übernommen, der aber ganz: un glaublich verschuldet gewesen 'ein soll, so daß der Franz ihn nicht lange hat halten können und, da ist er mit sei»»!! Frau u»d einem Kinde herübergekommn nach Amerika.." ~Wa»," ries Herrmann? erregt, „Franz Lindholt ist mir seine: Frau in AmeriM?" „Ja., nun warte mal, da,» ist noch nicht Alle», der Franz hat sich nämlich in Missouri oben, nichi weil« ?o» Wood ville, eime kleine Farm gelaust und soll auch ganz gut auZgcmacht haben, da hat er sich oder, im Marz, i.st's ein Jahr geworden, sehr staik erkaltet, hat sich hinaelegt und ist gestorben." Hertmann war ganz bleich geworden t»io starrte den Sprecher mit großen, glühende» Augen an. Allinalig stieg eine dunkle Röthe in seine Wange» «iid mit einem tiefen Athemzuge mur melte er: ..Wer hätte das gedacht!" Er schien auf einmal von einer gro ßen Unruhe desallen zu sem und ver abschiedete sich bald daraus mit herzli chen DankeZworten van den brave» , Leuten. Imi»er Merk kr wcmd«!te ei', irl West« licher Richtung, durch d?e stillen Stra ßen. Mitternacht mochte eS sein, al» er die Normte erreichte. Rechts zeigten ihm die griwen und rothen Signcilla krnen einen Güterbahnhos. In dun keln Reihen stinden die Wagg,nS auf dem Netzwerk der Schieneiiyeleise. Torthin lenkt? er seine Schritte, schwang sich in einen leeren Wäger», zog die Thür hinter sich zu. streckte sich auf den harten Boden nieder und war bald, von großer Müdigkeit übermannt, ent schlafe». Ein dumpfes Rol?m und Rüttelt weckte ihw. Verwundert rred er sich vi» Augen und gewahrte, Vau sein Nacht quartier sich bewegte. Durch die Ritzen strahlte dnu helle Tag. Als er die Thüre aufschob, gewahrt? »r. daß der Zug mit vvtlein Damps in'» Land hi nausfuhr. Bei der dritten Hallestelle wurde er van einem Bremse» entdeckt. Dieser drückte ihm, nachdem er erfahren hatte, daß da» Städtchen Woodville 60 Meilen weiten« derselben Bahn, liege, sein letztes in die Hand unk? durste mitfahrew. Al-Z der Zug,um die Vüttagszeit an einer kleinen Station hielt, erkundigte sich Herrmann, wie weit es noch. di» WoodoiUe sei. Zehn Meilen, hieß, s». Statt wieder den Zug zu besteigen.rorfte :r zu Fuß aus den Landweg weiter. Mit plötzlicher Angst war ihm oer Ge zanke in die Glieder gefahren, er könne ,u früh in Woodville'ankommen. I», oas wollte er denn eigentlich dort? War ie nicht die Wittwe eines Andere,?? Mußte er ihr nicht-eim Fremder sein? Welches Recht hatte er» vor sie hinzntre-- ien? Er blieb erschrocken stehen und sanr» irach. Wäre es doch nicht besser, wenn? e.r weiter reiste? Wozu die alten Mün zen wieder ausreißen?' Aber das heiße? Verlangen seines Herzens siegte über die' lalte Verminst. Er wollte sie ja nur? fragen. ob sie damals seinen Bries er»- halten habe. Nach verschiedenen Erkundigungen, erreichte er das lieblich von Obstbäu men umgebene, zwischen blühenden Feldern liegende FarnrhauS. Sein herz klopfte, hestig, als er sich aber der Thür nahte, kam eine stltfame Ruhe übrr ihn. Die Magd, bei welcher er sich nach MirS Lindholt erkundigte, sührte ihn in's Wohnzimmer, wo erPlatz nahm. Sobald aber aus dem Nebengemache dev Klang der geliebten S>u»me an sein Ohr drang, die er seitJahren nicht vernommen hatte, war et um seine Ruhe geschehen. Er sprang aus und stützt sich mit den Händen aus die Tifchkanle, denn seine Knie bebten. Tie Thür ging auf. Sie war e». Schöner »och war sie geworden und weiblicher. Ein Zug stiller Schwermutl» um die Lippen verlieh dem Gesichte et was rührend Liebliches. Sie stutzte, erblaßte und starrte ihn an» als sahe sie ein Gespenst. ~Mrs. Lindholt ich>bin'S" stotterte er. Sie starrte ihn noch immer groß an: sank dann auf eincn. Sluhl und murmelte: ~Du, Herrinann?" Ihre Fassungslosigkeit gab ihm sein« »alle Ruhe wieder. ..Verzeihen Sie, Frau Lindbolt." spnich er, „ich wollte Sie nicht er» ichrecken, nur fragen wollte ich hast Du damals meinen Brief nicht er» hotten?" Sie blickte ihn in maßl'ösem Erstau nen an, sprang plötzlich aus. ergriff seine Hand und sragte eindringlich cr» regt: .Sag' mir die Wahrheit. Hermann, hast Du damals in der Residenz ein Verhältniß gehabt mit einer Wirths-- tochter und hast D» aus meine letzten drei Briese einmal geantwortet?" „Was sagst Tu? Dreimal hast Di» geschrieben und keine Antwort von mir erhalten? Um Gotteswillen, svrick» wer hat die Briese an Dich in Em pfang genominen und die Deinen be» fördert?" „Mein Vater!" „Und wer hat gesagt daß ich mit» einem anderen Mädchen ein Verhältnis? hätte?" „Elans Waldmann schrieb es, der bei Deinem 'Regiment stand!" „Der Freund Franz, Lindholt' S— ? nun ist mir Alles klar! Ger trud," suhr er nach siner Pause mit funkelnden Augen sort und ergriis ihre Hand, „man hat UNS betrogen, schänd lich betrogen um unser Glück! Ich schwöre es Dir. Gertrud, nie hat ein anderes Bild in meinem Herzen ge wohn!. wie das Deine—man hat i»nS schmählich belogen! und betrogen! " Allmälig legten sich die stürmischen Wogen der Erregung, sie vermochten mit Ruhe über die Vtrgangcnh»! zu reden, und Alles» «a» zwischen ihnen dunkel gewesen, klarte sich aus. Eine Stunde war im>N« vergangen, 5a off nete sich die Thür »nd ein dreijährige», blondlockiges Mädchen trat herein, stutzte aber beim Anbtuk des Fremden». „Komm nur, Gretel," sprach die Mutter lächelnd,. „und gib «m srem den Onkel Ins Hand!" Die Kleine, ganz das Ebenbild der Mutler, kam, zögernd näher und lie» ihre großen, Augen prüfend auf dem Fremden« harten. Er mzchte ihr wshl gefallen, denn vertraglich streckte sie ibm ihr Handchen entgegen. Samt zog er sie aus seinen Echooß und küßte sie »,uf dir Stirn. „Willst Tu den fremden Onkel auch ein, wenig lieb Hader»?" sragv er si» >«jf». l Statt der Antwort schlang sie zirtliA ihre Acrinchen «m seinen Nacken ual» schmiegte ihr Köpfchen an seine Wanze. Herrmann» leuchtende Augen begeg neten denen der eiröthenden jungen Mutter. In diesem stummen Blick lag mehr alz was tausend Worte sagen können, aus diesem Blick strahlte da» Moraenrotb einer alücilichtn Zeit. >
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