2 SrS«« Nelken. HaS neueste Erngniß, das den blü henden Pariser Blumcnhandel in Auf regung versetzt, ist das Austauchen grü ner Nelken. Als diese vor einigen Ta gen zum ersten Mal in der Blnmenab theilung der großen Halle erschienen, erregten sie bei Händlern und Publi kum großes Staunen. Beim Publikum drückte sich dieses in starker Kauflust aus, weiche den Preis dcr einzelnen Nelke rasch auf 2 Fr. trieb, bei den Fachleute» aber in heftigem Mißtrauen. Die HandelSgärtner riefen das ist «cht französisch! sosort die Polizei an, denn, so erklärten sie, das könne nicht mit natürlichen Dingen zugehen, grüne Nelken gebe es nicht, und offenbar handle es sich um irgend einen Betrug. Die Polizei schritt thatsächlich cin, be schlagnahmte einige der merkwürdigen Blumen und übergab sie dem Chemiker des städtischen Laboratoriums zur Un tersuchung. Dieser stellte, wie man dcr „Voss. Ztg." berichtet, ohne Mühe fest, da') die grünen Nelken wirklich künstlich gc« färbt sind, aber in eincr Weise, die ma» kaum beanstanden kann. Gewöhnliche weiße Nelken werden abgeschnitten und mit den lang gelassenen Stengeln in «in Gesäß gestellt, das mit einer wässe rigen Anilin-Lösung gefüllt ist. Die Lösung an sich ist farblos. Durch die Capillaritot steigt eine kleine Menge der Flüssigkeit die Gefäßbündel entlang in den Stengel auf und gelangt nach eini ger Zeit in die Kronblätter, Ivo sie dnrch die eigene chemische Zellenthätigleit der Pflanze oxydirt wird und eine prachtige smaragdgrüne Farbe annimmt, die sie auch den Kronblättern der Pflanze mit <l>eilt. ES genügt, die abgeschnittene Pflanze 24 bis 36 Stunden lang in Flüssigkeit stehen zu lassen, um dieses Ergebniß zu erreichen. Doch kann die Nelke die grüne Farbe nur mit Hilfe des Son nenlichtes erzeugen und die Kronblät'.er, die vor den« Lichte geschützt werden, Iblcibcn wciß. Es schcint, daß man bis hcr mit Hilfe verschiedener Anilin-Lö sungen ein schönes Grün, ein schwaches Rosa und cin licscs Veilchenblau erzeu gen kann, so daß es möglich ist, violette Orangenblüthen, grüne Hyazinthen und Narzissen und Rosa-Gänseblümchen Hervorzubringen. Die Kunstgärtncr versuchen jctzt dieses Verfahren auch bei lebenden Pflanzen. Ueber die Ergeb nisse dieses Versuches ist bisher nichts bekannt geworden. VerhSngnihvolle Karte«. Charles Gravier, Graf von Bergen, ncs, war unter Ludwig XVI. Mini« ster des Auswärtigen. Mehr aber als dnrch seine Staatsactionen hat cr sich in dcr diplomatischen Welt durch die von ihm erfundenen und nach ihm be nannten Karten eincn Namen gemacht. Tiefe dienten, als Pässe oder Empfch lungsbricfe von den diplomatischen Vertretern Frankreichs im Auslande dcn »ach Frankreich reisendcn Fremden mitgegeben, zu deren Ucberwachung. Anscheinend von der größten Harmlo sigkeit enthielten sie durch ihre Form, IFarbc und äußere Ausstattung das eingehendste Signalement dcs TrägcrS, «hnc daß dieser eine Ahnung davon hatte. Die Form der Karte gab zunächst Ausschluß über das Alter des Ucber dringers; viereckig, länglich, schmal, breit, rund, dreieckig u. s. w. bezeichnete jedes einen Zeitabschnitt wie zwischen 25 und 30, zwischen 30 und 40 u. s. w. Die Farbe dcr Karte nannte die Natio nalität dcs Besitzers; der Engländer er hielt sie gelb, der Spanier roth, der Portugiese wciß, der Deutsche grün, der Italiener roth und weiß, dcr Russe grün uud weiß u. s. w. Die Inter punktion diente zur Bezeichnung der Religion. Ein Punkt hinter dem Na meii'ließ dcn Katholikc», ein Semikolon den L»tl)erancr, ein Komma den Cal vinisten, cin Gedankenstrich den Juden erkennen; fehlte das Zeichen, so wußte der Minister, cr habe es mit einem Atheisten zn thun. Die Gemüthsart symbolisirte eine am Rande dcr Karte befindliche Blume; «ine Rose erzählte von einem offenen, zugänglichen Wesen, eine Tulpe von Stolz, cin Veilchen von Bescheidenheit, «ine Mohnblume von Ve schlossenheit. Die Breite eines rings um die Karte lausendenStreifens verrieth ihnsals nn verheirathet, verheirathet oder Wittwer; Arabeske», die anscheinend nur zum Schmuck der Karte dienten, setzten dcn Minister in Wahrheit davon in Kennt niß, ob er einen Ransbold odcr eincn friedliebenden Mann, einen Spieler »nd Verschwender oder einen guten Haushalter, einen Mann von Vermö gen und Einfluß odcr einen armen' Schlucker vor sich habe und belehrten' ihn seriier über dcn Vcriis dcs Empsoh- lcncn, übcr dcn Zwcck seiner Reise nach > Frankreich und endlich darüber, ob er I als unrnhigcr Kops zu überwachen sei,! odcr ob man ihn unbehelligt seine Straße ziehe» lassen könne. Durch eineßeminiScenz verleitet. Lehrer: „Ihr solltet in de» Fcricn Schitlcrs „Piccolomini" lc scn. Nnn wollen wir gleich einmal zusehe», wcr sich damit eingehend be schäftigt hat. Wie hieß der jüngere Piccolomini?" Erster Schülcr: „Max." Lehrer: „Und wie hieß dcr andcrc?" Zwcitcr Schülcr: „Moritz." Kaserne ii hosblüthe. Feld webel (zu einem Untcrosficier, welcher Ersatzrcservisten. die zn einer zehn wöchentlichen llebnng herangezogen sind, ausbildet): „Unterossicicr Meier, ich bitte mir ans, daß Sie bei Ausbildung dieser Lcule ctwas mehr Geist entfalten, damit sie wciiigstcnS cine» blassen Schimmer von dcr Pocsic des Batail loiiscxcnilcnS mit in ihr bcklagciiswcr «heS Eivilistcn-Tasein nehmen!" V»i< oder «hn« Z. «. Ts klopst a». „Herein!" Eine junge Dame und ein eben sol cher Herr stehen sich gegenüber. „Verehrtes Fräulein", beginnt dn letztere, nachdem er sich uerneigt hat, „mein Name ist Rudolph Bauer. Sie hatten die Güte, meine Offerte zu be> rücksichtigen und mich einer persönlichen Besprechung zu würdigen. Ich bin Ihrer Einladung um so lieber nach gekommen, als mich Ihr gütiges Schrei ben sehr sympatisch berührte." „Sic befinden sich im Irrthum, mein Herr, es ist mir absolut nichts, weder von einer Offerte Ihrerseits, noch von einer Einladung meinerseits an Sie, erinnerlich. Ich habe gar nicht di> Ehre, Sic " „Bravo, da ist er ja! Das heißl Ordre parken!" Dafür siyd wir Ih nen dcnn auch in Gnaden gewogen." Damit huschte plötzlich ein hübsche» Kobold zwischen die Beiden hinein, warf seinen Muff ab, drehte dcn Hcrrn Ru dolph Bauer nach allen Seiten herum und sprudelte weitcr: „Ja, ja, mit dem „angenehmen Aeußcrcil" Hat'S so ziemlich seine Rich tigkeit bis auf die Nase etwa, du schaut ein wenig nach links; ein gehor samcr Ehemann verspricht er auch zu werden; nicht wahr, Sie verspreche das? Denn wohlgemerkt, dies ist di> Hauptsache, durch welche Sie sich un sere dauernde Gewogenheit sichern kön nen. Gelt, Luise?" „Aber, Anna, besinne Dich doch! Der Herr ist ja " „Hab mich schon besonnen. Tel Herr ist uuser, das heißt genau genom men, Dein zukünftiger Bräutigam; ei gefällt mir ganz ordentlich. Was schauen's denn mich so an, mein schöner Herr ? Wollen Sie etwa mich haben? Zu spät, bin schon versehen—seit einem Jahr. Mein gehorsamer Ehemann heißt Matz—Mathäus Kleinpaul—und ist, einstweilen selbstverständlich, Groß herzogl. Amtsrichter, und ich bin Mizzi, seine brave Frau Großherzogl. Amts richterin —auch einstweilen—später wer den wir Gerichtsdirector und noch etwas spö r P.äsident, das ist a e! schon ab gemacht. Nun, wie gesaut Ihnen dcnn meine Luise?" „Erlauben Sie, verehrte Frau —" „Gewiß erlaube ich; 5ie...." „Anna, sei doch vernünftig! Ich muß mich vor diesem Herr» zu Tode schämen. Wir sind uns ja bis jetzt ganz sremd!" „Ach ja, ich hatte ganz vergessen. Dich von den Bemühungen meiner müt terlichen Fürlorge in Kenntniß zu sctzen, und jctzt kam ich ctwas zu spät, um Dich auf dcn Besuch dieses Herrn vor zubereiten, zu welchem wir ihn eingela den haben. Das hat aber nichts.... „ „Wir ihn eingeladen haben! Anna, jetzt werde ich ernstlich böse." „So, Du wirst böse? Seh' mal einer diesen undankbaren Backfisch! Die Ein ladung habe ich allerdings allcin be sorgt, aber das ist ja gerade so gut, all hätten wir es Beide gethan. Hör' uur mal: Dieser Herr mit seinem UnschuldZ aesicht hat ein HeirathSgesuch in dlc Zeitung meines Lukels Brummbär ge schrieben. Tu weißt, Brummbär läuft fort, mein» ich zu ihm auf's Conto» komme. Vorige Woche war ich nuu dort, da hab' ich ihm seine Papiere durchstöbert und bin zufällig a»f den Nameu dicfesHerrn unter deuHciraths kandidatcn gltroffcn. Ich zog ganz geuaue Erkundigungen nach ihm ein, und fand alles in der Orduug, und da ich als die ältere von uns Beiden ja, ja, Herr Heirathskandidat, ich bin volle acht Monate älter als sic an Dir Mutterstelle vertreten muß, schrieb ich ihm, Du, das heißt, wir wären nicht ganz abgeneigt, und er solle sich heute um 2 Uhr zum Examen vorstel len. Natürlich schrieb ich nur unter Deiner Adresse. Begreifst Du jetzt end lich nnd willst Dn ein vernünftiges und fdlgsaMes Kind sein? Sie aber, Herr Doktor cr ist nämlich ein zukünftiger Universitätsprosessor, hörst Du, Luise? wissen jetzt, mit wem Sie es zu thun haben, wenn Sie meine Luise nicht glücklich machen? Schauen Sie mal meine Nägel an! Adieu!" Fort war der Kobold, unsere beiden ersten Be kannten in der peinlichsten Verlegenheit zurücklassend. „Verehrtes Fräulein", begann end lich schüchtern der Doctor, „darf ich hof fen, daß Sie mir verzeihen? Ich wollte mich Ihnen auf die Einladung hin, von der ich wie sich herausge stellt, allerdings irrthümlich anneh inen mußte, sie rühre von Ihnen hcr, vorstellen, uiu Ihnen Gelegenheit zu geben, mich kennen zu lernen. Ich wollte Jhncn auch mit Ihrer gütigen i Erlaubniß mein ganzes Herz anSschüt ! ten, Ihnen mittheilen, warum ich den Weg der Annonce gewählt und ! „Bitte, mein Herr, Ihre Entschul ! diguugen sind ja jctzt ganz übcrsliilsig, ! ncichdcm sich das unscligc Mißvcrständ niß ausgcklärt. Ich habe Ihnen nichts zu verzeihen; ich bin nur ernstlich bös« ans meine Freundin, die „Sie hat es jedenfalls gut gemeint mit mit mir. Ich flehe Sie an, zür nen Sic ihr nicht. Ich ich bin ihr zum ewigen Dank vcrpflichtet, denn, o. lassen Sie es mich gestehen, ich wäre unendlich glücklich, wenn ihre Ein mischung dcn beabsichtigten Ersolg hätte." „Beleidigen Sie mich nicht!" „Verzeihen Sie; ich wollte Sie nich» beleidigen und ich will Sie auch nicht länger mit meiner Gegenwart belästi gen; aber ich werde meine Zuflucht zu der liebenswürdigen Frau Amtsrichte rin nehmen und sie anflehen, ihrc Mut terrechte auf Sic gellend zu machen, möchten Sic mir nicht cin tlcin wcnig Hoffnung lassen, daß Sie eine gehor same Tochtcr scin wollen?" i Bitte, verlassen Sic mich jetzt!" j Tie Thür öffnete und schloß sich. Luise sank aufs Sopha; sie weintq lange vor Scham und Zorn. Plötzlich sprang sie aber auf und eilte zu Anna. Diese wollte sie mit bitterbösen Wor ten ihren gerechten Zorn sühlen lassen. Sie hat schon die Hand auf die Thür klinke, da vernimnit sie von innen di» helle Stimme ihrer Freundin. Unwill kürlich hält sie iune. „Nein, Herr Doctor", hört sie Anna sagen, „so schnell lößt sich meine Luise nicht gewinnen, selbst, wenn sie Sie lie ben sollte. Ich sehe ein, daß ich in meiner Eigenmächtigkeit zu weit ge gangen bin und ihr sehr wehe gethan habe. ES wird Mühe " Luise wollte nichts weiter hören; sie wankte zurück auf ihr Zimmer. Andern TageS kam die AmtSrichte rin. Sie saiid Luise mit rothgewein te.i Auge». „Ach liebes Kind," begann sie, „ver zeihe, daß ich Dir so wehe gethan" und wollte Luise in ihrc Arme schlie ßen. Doch diese stieß sie zurück. „Nie, nie verzeihe ich Dir das. Du Kupplerin! Tu hast mich zum öffent lichen Gespötte gemacht. Geh I" „Louise, ach, jci mir doch wieder gut! Herr Bauer ist nich't dcr " „Nenne dcn Namen nicht und geh', sag' ich!" „Aber er liebt Dich ja doch; er hat es mir " „Was geht das mich an. Du, Du.." Louise vergrub sich schluchzend ins Sopha, und Anna blättert«! verlegen in einem zierlichen Heft. Es war eine un iieimliche Pause. Plötzlich springt Anna auf. kinzt im Zimmer herum und jubelt: Du liebst ihn! Du kennst ihn schon lange und liebst ihn! Ei, Du Falsche! An Dir ist ja die beste Schauspielerin verloren ge gangen!" Louise blickt erstaunt zu ihr hin, sieht das Heft inihterHand nndfpringt ,Meb her das Heft", herrscht sie. Sie ringen. Anna ist die Stärkere. Louise sinkt nieder. „Ich gehe in'S Wasser!" jammert sie. Anna aber hat ick? mit eiserner Ruhe wieder hingesetzt und blättert in dem Heft. „Ihr Tagebuch von gestern", mux mcltc sie vor sich hin und liest: „Anna hat mir sehr wehe gethan. O, wie un glücklich bin ich...." —„„Nun, ich will nicht alles wiederholen, nur dcn Schluß, da heißtS: „Sie wissen ja beide nicht, daß ich ihn schon längst kenne, und daß sein Weg täglich an unserm Haus vorbeiführt. Ach, ich liebe ihn ja so unsäglich und darf es ihm jetzt weniger, denn je gesteh'»". ~„O, Du einfältiges Kind!"" eifert aufsprin gend Anna, „„warum denn darsst Du !s ihni nicht gestehen? Soll ich eS für Dich thun?"" „Anna, hab' Erbarmen! Ich sterbe vor Scham!" Ach geh! Daran stirbt man nicht. Zch werde dcn Herrn Doctor inftrui ren. Wein' Dich jetzt nur rccht satt, damit Du nachher wieder lachen kannst." Ein herzlicher Kuß, und Anna war fort. Entweder war die JnstruktionSine lhode der Frau Amtsrichterin sehr praktisch, oder Herr Dr. Rudolph Bauer war ein sehr gelehriger Schüler. Vielleicht erhielt er auch Nachhilfe. Kurz: Nach wenigen Wochen sah man dcn Herrn Dr. Bauer niit einem aller liebsten Frauchen am Arm zur Frau Amtsrichterin stolziren, die feierlich zur Schwiegermutter ernannt wurde. Incognito. „Das kann so nicht weitergehen!" erklärte Frau Schulze ihrem Manne.— „Vom Zimmervermiethen ist zwar.noch Keiner Millionär geworden, aber „Aber, Kind" suchte sie ihr Gatte »u beruhigen „das hat ja auch noch Niemand behauptet!" Sei doch nicht immer gleich so aufgeregt ! Wenn auch die Stube ein paar Tage leer steht, wir werden sie schließlich doch schon wieder Vermietben!" „So ?" ereiferte sich Frau Schulze immer mehr. —„Eiy paar Tage nennst Du das ? Bald vier Wochen sehlt nun schon der „Möblirte mit Pension". Die Einnahme ist also geringer gewor den, während die Ausgaben täglich wachsen. Die Steuern sind auch kaum noch zu erschwingen!" „Halt, Gustchcn! nicht über die Steuern räsonniren!" warf Herr Schulze ein, „das kann ich als pen sionirter Beamter nicht niit anhören! Uebrigens habe ich ja kürzlich deswegen ceklamirt und wird wohl bald eine Aenderung eintreten. Na, wenn nun erst unser gutes Kind, die Trude, ver heirathet ist, dann haben wir beiden Alten ja nur noch für uns allein zu sorgen und Hunger habe» wir doch schließlich nie zu leiden brauchen !" „Na, das fehlte auch noch !" brummte die theure Gattin und Mutter vor sich hin ; doch dann. Plötzlich den Ton wech selnd, sagte sie: „Du, Alter, so ganz sicher ist das mit Trnde's Heirath noch lange nicht!" „Nanu ?" wunderte sich Schulze; „Arthur ist doch so Mensch und spielt vortresflich Skat!" „Und ein tüchtiger Kaufmann ist er auch," stimmte Frau Schulze bei; „aber Tu weißt doch, sein Vater giebt nur die Zustimmung zu einer reichen Heirath." „Na, die wird es ja auch, Gustchcn, wenn er das nöthige Geld mitbringt!" „Aber, Mann, stell' Dich doch nicht so dumm!" murrte Frau Schulze schon wieder unruhig. „Ich stelle mich ja garnicht, Gust chcn !" „Um so schlimmer! Na höre weiter: Arthur's Vater, den wir leider noch niemals gesehen haben, will sich heimlich nach unseren Verhältnissen erkundigen und wird sich höchst wahrscheinlich unter irgend einem Lorwande in- ogiiito bei uns zu schasse» machen; vielleicht kommt er als Wvh ilungssuchlnder oder dergleichen." „Laß' ihn doch, Gustchcn! Wenn dann Arthur gerade bei uns ist, kommt vielleicht noch ein vergnügter Skat zu Stande!" „Nun höre aber bald einmal ans mit Deinem Kartenspiel!" ereiferte sich Frau Schulze. Der Schwiegervater wird also, wie ich aus Arthurs Reden merkte, kommen, um zu spioniren und unsere, namentlich Deine Aufgabe ist es, ihm zu imponiren! Kannst Du das?" cn „Ach, Gustchen," machte Herr Schnlze mit kläglicher Stimme, „ich habe noch nie imponirt." Das schien sein Weibchen auch ein zusehen, dcnn sie nahm ihm nur daS Versprechen ab, gelegentlich des Schwie gervater - Besuchs nicht etwa gar über ihrc zerrütteten Vermögensvcrhältnissc zu klagen, und Schulze sagte ihr mit verschmitztem Lächeln zu, sogar als arger Renommist auszutreten. Eines Vormittags saß dcr gute Schulze gemüthlich auf dem Sopha und studirtc im Local-Anzcigcr sämmt liche in Chicago und Umgegend pas sirten Mordthaten, als ein schriller Klingelton seine Andacht störte. Er mußte selbst öffnen, denn ein Dienst mädchen war nicht vorhanden, und seine Gattin nebst Tochtcr hatten einen höchst wichtigen Gang zur Markthalle unternommen. Ein ältlicher Herr mit geistvollen Zügen und röthlichem Voll bart trat ihm entgegen. „Kann tch den Herrn vom Hause sprechen?" sagte er kurz. „Meine Frau ist leider ausgegan gen!" erwiederte der zerstreute Schulze; trotzdem geleitete er dcn Fremden in'S Lorderzimmer. „Bitte, setzen '.Sie sich!" sagt? Schulze dort „Womit kann ich die nen?" Der Fremde nahm den noch kurz vor her von Schulze inngehabten Platz dan !end an und legte den Lokal-Anzeiger zom Sopha auf den Tisch. Schulze jah besorgt nach seinen Mordberichten. >och dann ermannte er sich zu einer noch naligen Frage. „Hm" machte der Fremde verle ben mit der Zeitung spielend „ich 'ommc nämlich eigentlich incognito! siel'ermi:t?e i ja wohl, nicht wahr?" .Aha." jetzt ging Schul,e ein Licht >uf „incognito! Das ist vielleicht llrthur's Vater! Selft schlau sängt der »ann aber die Sache nicht an! Na varte!" Sich vergnügt die Hände rei fend, sagte er dann laut zu seinem Ge genüber: „Jawohl, wir vcrmicthen, »ber nur zum Vergnügen, um ein me ng Unterhaltung zu haben. Das Geld »rauchen wir keineswegs; denn wir sind als Rentiers Gott sei Dank !o gestellt, daß wir bequem von unseren Zinsen leben können!" „So, so? I, sehen Sie 'mal!" nachte der Fremde ein langes Gesicht ind drehte die Zeituug nervös zn einer Spirale „Sie müssen ja in be ücidcnswcrthen Verhältnissen leben! haben Sie denn Familie?" „Aha!" freute sich Schulze im Stillen „jetzt lenkt er'S Gespräch Ichon auf meine Trude!" Lächelnd er ahlte er nnn von seiner braven, wirth jchastlicheii Tochter, die im Stande wäre, einen jeden Man» glücklich zu machen u. s. w. Dcr Fremde hörte alles ruhig mit an, steckte in der Zer streuung den vollständig zerknitterten Lokal-Anzeiger in seine Ücberzichcrtafchc und, nachdem er sich das zu vermie lhende Zimmer flüchtig besehen, empfahl tr sich mit dem Versprechen, bald von sich hören zu lassen. In dem angenehmen Bewußtsein, schlau gehandelt zu haben, wollte sich Schulze mit den noch übrig gebliebenen Zeitungsblütter'n trösten, als es schon wieder klingelte. „Na, wer kann denn das schon wie der sein?" wunderte sich Schulze und dsfnete. Ein kleiner, corpulenter Herr trat ein. „Guten Morgen!" sagte er den Hut lüftend und sich den üschwciß von der Stirn wischend „ich bin ganz außer Athem, Puh! Ach, diese drei Treppen, das greift an!" Schulze nöthigte ihn in'S Zimmer, dot ihm einen Stuhl an und blickte -ragend zu ihm herüber. Der Dicke jchien ihn zu verstehen. „Ja, was ich dill, nicht wahr, das möchten Sie gerne vissen?" sagte er. „Ja, lieber dtann, das ist so'ne Sache, Siewerden's Iber gleich merken!" Schulze'« wurde ganz dumm zu Muthe. Der Dicke sah sich prüfend >m Zimmer um, dann sagte er plötz lich: „Nicht allzu herrschaftlich eingerichtet, da brauchen Sie wohl nicht viel Steuern jahlen?" Steuer! Das Wort ging Schulze durch und durch! Ter Fremde hatte sich verrathen! Wegen dir Steuer kam !r, weil Schnlzc rcklamirl hatte! Nuu hieß es aber wieder einmal schlau han deln! „Ach, lieber Herr" wimmerte Schulze — „glauben Sie nur das nicht! Die Stenern sind gar nicht mehr zu er schwingen; ich mußte schon deswegen eine Eingabe machen! Meine Frau, Techter und ich leben nur dürstig von meiner kleinen Pension und Zimmcr- Kermiethen; aber leider steht unser ein zig, gut möblirtes Zimmer schon seit acht Wochen leer. Die Möbel darin sind natürlich auch nur auf Abzahlung »nd können täglich wegen der unregel mäßigen Zahlungen wieder abgeholt werden!" „Hm/' brummte der Dicke, sich erhebend und zum Gehen wendend „ich weiß genug!" „Und werden das Nöthige veran lassen?" begleitete ihn Schulze bis zur Thüre. „Und werde das Nöthige veranlassen!" wiederholte der starke Herr eigenthüm lich lichelnd und stieg die Tvppe hinab. Nicht wenig erstaunt warHerr«ch»lze, als er am andern Morgen zwei Briefe «hielt. Ter eine kam von der Behörde und erhielt die Mittheilung, daß aus Grund persönlicher Prü> fung Schulze's Eingabe nicht nur abgewiesen, sondern er selbst sogar in eine höhere Steuerstufe versetzt sei. Der andere Brief kam von Arthur's Vater, dcr in geschäftlicher Kürze er klärte, niemals feine Einwilligung zu einer Verbindung seines Sohnes init Fräulein Schulze geben zu wollen, nach dem cr sich gestern incognito persönlich von den geradezu schrecklichen^Verhält nissen dieser Familie überzeugt habe. Zur Beruhigung der verehrten Leser bleibt nur »och übrig, mitzutheilen, daß es schließlich doch noch dcn vcrcinig ten Bemühungen der resoluten Frau Schulze und der jungen Liebesleutc gc lang, durch cin offenes Geständnis; der fatalen Verwechslung, den strengen Schwiegerpapa in ep« nnd die hohe, wohllöblichc, noch strengere Steuerbe hörde zu ihren Gunsten umzustimmen. Herr Schulze hat aber seit jener Zcit eine heilige Scheu vor dem klcinen Wörtcheu: Incognito. Zingvögelchen. Von Wilhelm «rothe. „Singvögelchen" wurde sic im ganzen Hause genannt, nnd viele Bewohner ilmschloß die MiethSkaserne, in der Elise Bcrgcr ihr Hcim besaß. Dcr Bciiiamc war dcr Tochtcr des fünfzig jährigen, schlichten Eiscnarbcitcrs gege ben worden, weil sie stets heitcr und gntcr Dinge war und mit dem Z»isige, der im Käsig über dcr Nähmaschine hing, um die Wette zu singen schien, keine kunstreiche Mclodicn, kcinc Arien odcr Solseggicn, sondern einfache Lie der und Eouplets, wie ihrc ungeübte Stimme sie bewältigen konnte. Die ungetrübte Heiterkeit war jed»h nicht ihr größter Vorzug: die ihr näher stan den, behauSteten, Lischen Berger sei das beste HauSmütterchen, das sich finden ließe, obgleich sic noch nicht zwanzig Jahre zählte und tüchtig für Geschäfte nähte. Sie führte thatsäch lich die ganze Wirthschaft, kochte und versorgte ihre zwei jüngeren Geschwister von zehn und zwölf Jahren. Dabei war Alles in dcr kleinen Wohnung blitzblank nnd man konnte es kaum be greifen, wie ein so unbedeutend aus sehendes Kind das alles zn schaffen im Stande sei. Thatsächlich sah Singvögelchen sehr unbedeutend auS; sic bcsaß nicht einmal hübsche Züge; doch schauten ihre brau nen Augen so treuherzig und ungetrübt darein, daß man unwillkürlich freund lich zu ihr war und mochte sich der Aer ger noch so breit in der Brust gemacht haben. Wunderbar war.es nicht, daß ihre beiden Schwestern voll Liebe an ihr hin gen. Doch, des Lebens ungetrüb!« Frendc ward keinem Sterblichen zu Theil, und der Himmel Lischen Ber ger's sollte nicht immer heiter glänze». Wer i» einer großen Fabrikstadt lebt, sieht in den Straßen des Arbeiter viertels an dem letzten Wochentage Abends Gruppen von Weibern, denen meistens dcr Stempel der Noth, des in neren Zerfalles auf das Antlitz geprägt ist. Sie warten auf ihrc Männer, de nen dcr Wochcnlohn ausgezahlt wird, um sich diesen geben zu lassen. Heute müssen dic Schulden dcr Woche bezahlt werden, sonst borgen Bäcker, Fleischer, Materialhändler dem schlechten Kunden nicht weitcr. Jctzt kommen die Männer aus dem Eomptoir; aber ihrc Blicke fallen auf ihrc Weiber nicht liebevoll, dcnn sic sehen in ihnen nur Mahner, die ihnen den letzten Groschen nehmen möchten, und doch haben sie selbst ihre Rechnungen in den Restaurants und Destillationen auszugleichen. Dic Gat te» eiitscriien sich hadernd und heftig gcstikulircnd. Zu diesem Gange hatte sich Lisch:» noch nie zu entschließen brauchen, war doch ihr Vater ein nüchterner Mann, der die Hänslichkeit liebte und am Ende der Woche stets heimging, um von sei nen verdienten zwanzig Mark sechszehn dem hausmütterlichen Töchtercheu zu übergeben. An einem Sonnabend- Abend im November kam aber der Vater nicht nach Hause, man mußte ohne ihn zu Abend essen. Er war auch nicht zur Stelle, als die Kinder schla fen gingen. Auf deren Fragen, wo jener bliebe, hatte das Singvögelchen nichts zu erwideru gewußt. ES wurde zehn Uhr, Lischen vermochte an der Nähmaschine nicht mehr zu arbeiten. „War ihm ein Uusall zugestoßen?" Elf schlug cS. Sie griff nach dem Um schlagctuch, sie wollte ihn in ihrer Her zensangst aufsuchen, doch wohin sollte sie sich wenden ? Noch einmal öffnete sie das Fenster, um hinauSzuschaiicn. Ja, das war er, sein Schritt, dem jedoch die Festig seit fehlte. Jetzt stolperte er die Treppe empor. Elise ergriff die Lampe uud leuchtete hinaus. Der Vater schwankte herein, di? Augen stier, den Mund zu einem Lächeln in die Breite gezogen. „Vater, wie siehst Du aus?" rief Singvögelchen entsetzt. „Na, wie denn? Ich war in Gesell schaft mir haben getrunken, gespielt. ES war gottvoll!" Er fiel mehr auf den Sessel, als er sich setzte. Sie war um ihn beschäftigt. „EZ ist nur gut, daß Du jetzt zu Hause bist. Willst Du zu Abend essen?" „Ist nicht nöthig. Den Teufel auch! Das war ein lustiger Tag. Ich geh« zu Bett." Am folgenden Morgen fragte sie den Vater, vertheilte mißvergnügt und fin ster blickte, nach dem Wochenlohn. Der Alte sah sie verwundert an, dann griff er in die 'Westentasche und schleuderte zwei Markstücke auf den Tisch. „DaZ ist heute Alles," erwiderte er. „Du mußt Dich eben diese Woche einrichten." „Mit zwei Mark?" wandte sie leise ein. „Nun ja, Du verdienst ja auch, muß. Dir schon etwas gespart haben. Könn, test mir auch die zwei Mark über« lassen." „Du wcißt, daß Frauenarbeit sehr schlecht bezahlt wird. Auch kann ich nicht fortwährend an dcr Nähmaschine sitzen. In voriger Woche habe ich den Kindern Wintermäntel gekauft." „Dumm genug, das hätte auch noch Zcit gehabt. Nun. wie ist eS mit dcn zwei Mark? Du willst sic nicht geben. Kut, dcr blaue Engel (das Wahrzeichen dcr Destillation) borgt mir schon." „Vater, um GotreSwillen, borge nicht." „Dann gib mir das Geld." „Vater, c;eh nicht in dcn blauen En gel," bat sie, während sie schüchtern das Geld hinschob. „Ich bleibe nicht lange," versetzte cr und eilte fort. Er blicb doA länger als sonst, kam auch müde zurück und legte sich nieder. Das war dcr erste traurige Sonntag, dessen sich dic Kinder seit Jahren er innern konnten. Eifriger als sonst nähte Singvögelchen an dcr Nähma schine, abcc sie sang nicht. Der Zeisig blickte sie ganz verwundert an, begann auch einige Male anzuschlagen, als cr jedoch keine Antwort erhielt, setzte er sich auf die oberste Sprosse, steckte den Kopf unter die Federn, zog das eine Bein hinauf und entschlief. Die Verstimmung ging diesmal vor über, schon nach einigen Tage» hatte der Zeisig seine Begleiterin wieder. Lischen hatte sich mit ihrem ersparten Gelde eingerichtet, daß sie nicht zu bor gen brauchte. Daß ließ sie die alte Heiterkeit wieder sinden. So kam wie der der Sonnabend Abend. An dem selben hatte Bcrger wieder gewinnen wollen, was er am vorigen Sonnabend an den Verführer Galgenberg verloren hatte. Vergebens, er kam ohne einen Pfennig nach Hause. Am Sonntag trat Lischen vor ihn hin. „Vater, was soll daraus wer den?" sagte sie, „ich habe nur meinen Verdienst von voriger Woche." „Mache mir zu meinem Unglücke nichl noch Vorwürfe!" schrie er und schlug mit der Faust auf den Tisch: „Es wird schon anders werden, muß anders wer den." „Wenn Du es forttreibst, nicht!" be merkte sie. Er sah sie drohmd an mit ging. Singvögelchen setzte sich an die Näl>- Maschine, und dieses Mal war es wirk lich mit dem Singen vorüber. Dage gen arbeitete sie von Morgen bis in du Nacht. Der Zeisig sah sie wieder ver wundert an und schlief dann wieder auj der obersten Sprosse. Die Bcrger'fch« Wohnung war nicht mehr wie sonst uut war doch dieselbe. Der Zeisig wa> nicht mehr wie sonst, und Singvögelchen noch weniger,, Sie beklagte sich nicht aber sie arbeitete still und traurig. Dci Vater ging seiner Wege, und die jün geren Kinder saßen flüsternd in ein« Nur einmal war es lebhafter her gegangen, das war, als der Vater da>! jüngste hatte schlagen wollen. Da wai Lischen aufgesprungen und hatte sie ihm fortgerissen. „Ist es nicht schon genug, was wir leiden," rief sie. Er hob die Hand ge gen sie; aber sie blickte ihn furchtlos an. Dann sank seine Hand hinab, and er meinte: Für dieses Mal soll :s genug tein." Hierauf ging er mur rend hinaus. Wohl sechs Wochen waren vergan gen, in denen Singvögelchen keinen hatte vernehmen lassen, als einer von Bergers Kameraden mit ihm den selben Weg ging. „Ich bin heute Deinem Lischen be gegnet," sagte Jener, „die sollte zum Arzt gehen. Ich glaube, die hat Eins fortbckommen." Das Wort wirkte. Der alte Arbeiter faßte erschreckt seines Kameraden Arm. „Du meinst wirklich?" rief er. „Sit sollte krank sein?" „Ich kann mich irren; aber sie sieht ivie eine Kirchhoss-Candidaten aus." Als der Vater nach Hanse kam, war er in großer Aufregung. „Bist Du krank?" frug er feine älteste Tochter. „Nein, nein!" versetzte Singvöge lein. „O ja!" rief er ängstlich, „Du bist krank? Gehe zum Arzt, er kostet uns ja nichts." „Der hilft mir nichts," hauchte sie. „Es ist nichts, ich bin nur elwas müde." „Du arbeitest zu viel." wovon iollen die Kinder tssai?" Er blickte ihr scharf in die Augen, dann sagte er: „Meinst Dn wirklich, daß es besser wenn ich morgen nicht in den „Blauen Engel" gehe?" „Was würde Galgenberg dazu sa gen?" „Ich gehe nicht," Mit den Worten reichte er ihr die Hand über den Tisch. Sie legte die ihrige hinein. „Dn wirst es nicht können." Er brachte es doch über sich, uud als er ihr die zwanzig Mark gab und nichts zurück haben wollte, sank sie an seine Brust. „Dank, Vater!" rief sie, ~nun werde ich auch bald wieder gesund wer den." Am folgenden Sonntage es war ein schöner Wintertag —ging die ganze Familie zum ersten Male wieder vor das Thor. Sie trafen dort eine» ande ren Arbeiter. „Weißt Du schon, Berger. was ge stern im „Blauen Engel passirle?" fragte er. „Ich war nicht dort, ich wurde eS müde, mich von Galgenberg ausziehen zu lassen." „Das sind Andere auch müde gewor den," meinte der Arbeiter, „und paßten ihm aus die Finger, und da lag der Hase im Pfeffer. Er spielte falsch. Da schlug man auf ihn IoS, er zog daj Messer, aber es half nichts, und endlich lag er da und rührte kein Glied. Dt« Polizei kam hinzu und nahm mit sich, was sie fassen tonnte. Uebrigens ist Galgenbcrg nicht todt; aber ein Vier teljahr wird er wohl im Lazareth zu bringen. Ter „Blaue Engel" ist gc fühllos. Er habe sich gar zu sehr über die Unverschämtheit des alten' Hinze, ihm für sein schönes Pserd nur 500 Mark zu bieten, geärgert, behauptetc er, und jetzt sollte derselbe dcn Schim mel erst rccht nicht haben. „Na," meinte Ockermann schließlich „dann gcht c-Z nicht anders, dann muß ich selbst in den sauren Apsel beißen! Wirst Tu mir dcnn wenigstens, wenn ich Dir den Schimmel die zehn Thaler herunterlassen? Du weißt doch, daß ich zu allen Zeiten Dein getreuer Nachbar gewcscn bin!" „Ja, mein altcr Junge," war -nal die im srenndlichsten Tone gcgc bcnc Antwort dcs im innersten Herzen ja durchaus nicht bösartigen Kunze, „das ist ja ganz was Anderes! Ti> lasse ich selbstverständlich den Schimmel etwas billiger, das ist ja ganz klar! Aber sage mir aufrichtig, nicht wahr. Du willst ihn dann dem Hinze wieder verkaufen? Ist es nicht so?" „Jawohl, so ist es!" entgegnete Ackermann offen nnd ehrlich, „aber ich Dir gleichzeitig, daß ich den Hinze veranlassen werde, zu seinem schändlich niedrigen Gebot von üW Mark noch eine Kleinigkeit zuzulegen, sonst bekommt cr das Thier auf keinen Kall!" „Ist das Deine ausrichtige Absicht?" schrie dcr alte Kunze im höchsten Gradr srendig errcgt, „dann hast Du meine. Hand, mein lieber Freund, ver Schim mel ist Deiu für 140 Thaler!" So war dieser Handel also glücklich ibgeschlosscn. Ockermann legte jcn'.c 140 Thaler (»Ii»» 420 Mark) in harten Thalerstücken aus den Tisch des Hauset! nieder nnd die Beiden schieden von ein inder mit demjenigen Gcsühl ml«? größter gegenseitiger Hochachtung, w.« man 5 ies nach einem glatte» Geschäft eben stets auf beiden Seiten zu empfin den Pflegt. Dem warmherzigen, aufopfernden Ockermann aber erübrigte ja nun noch die schwierige Aufgabe, wenn er sein einmal angefangenes gutes Werk voll ständig machen wollte, seinem herzlichen Nachbar Hinze den für ihn allein er standcncn Schimmel (denn er selbst tonnte denselben absolut nicht gebrau chen) nun auch thatsächlich—anzuhän zen! Zu meiner großen inneren Befriedi gung und sicher auch zur Freude aller meiner verehrten Leser muß ich.berich ten, daß ihm dies vortresflich gelang. Hinze sah es nach einigen überzeugende» Worten, die ihm Ockermann in seine ja ebenfalls nicht ganz verstockte <Äelc hincinpsropste, gar bald ein, daß er n.i> etwas zu großer Hartnäckigkeit aus sei nem Gcbot von nctto 500 Mark be standcu habe, und da jctzt Ockcrmann und nicht nichr Kunze dcr eigentliche Besitzer dcS Schimmels war, so legte er willig und gerne auf die fünf blauen Hundcrtmarkschcine noch ein blitzende« goldenes 20 Markstück drauf, dcnn er brauchte sich ja nun nicht mehr unter seinem eigenen Misthaufen beerdigen zu lassen, eine Art von Hünengrab, da» ilMi doch am Ende nicht recht gepaß! haben möchte. So schied man dcnn auch hier mit dci vorcrwähntcn Hochachtung, wic sie jede! glatte Geschäft mit sich bringt; Ocker mann hatte freilich außer der Hoch tuug auch noch 100 Mark baar ver dieiit! Wie gcfagt, im Pferdehandel und in der Liebe kommt es unendlich häun? auf einen guten Mittelsmann an. «edankenttetn. Es wäre besser, wenn die Menschen sich einander weniger hoch als lange le ben ließen. Dichter sind dic literarischen Schnei» der, sie kleiden die Gedanken in Worie ein. Ueber den politischen Tagcsfrager, liegt ost die schwärzeste Nacht. Auf der Jagd nach dem Glück trifft man dic meisten Sonntagsjäger. Gcdanleiis p l i t t e r. Wie mächtig muß dcr Liebe Spraclw sein. Da sic so vicl vermag mit „Ja!" und „Nein!" Eincn schlechten Witz »nlerdrückeii, ist oft schwieriger, als einen guten machen. Häßlichkeit ist die*AnstandSdame dcr Tugend. Scherzfrage. . Wann fetzt sich ein Historiker zur Ruhe? i!vtz „vj Z!tz>iHj?G ziq u uuM Boshast. Dame: „Sehen Sie, an dieser Stelle umrde meinetwe gen ein Dncll ausgcsochten; eincr dcr. Duellanten ist mein jetziger Mannt" „Und weiter hatte dcr Zweikampf kcinc bösen Folgen?" Das Gegentheil. Erster Student: „Unerhört! Gestern hat man mich aus dem Pserdebahnwagen gewie sen!" — Zweiter Studcnt: „Sah man Dich nicht sür voll an?"— Erster Stu» dent: „Im Gegeukhcil!" Das Äehnlichste. Lehrer: „Bildet einmal ähnliche Sätze, wie z. B. das Häschen ißt Kohl." —Fritzchen: „Das Käschenist hohl!" Beim Geniecorps. Serge ant: „Nur immer kouragirt, Jungens! Ich bin auch nicht an einem Tage 'n Genie geworden!"
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