Sergius Uanin. «»»an von «e»r>«»vh»»t. l«. Fortsetzung.) Man erzählte sich, daß der Fürst i» Spiel kein Glück habe. Das war auch kein Wunder, hatte «r doch so viel Glück in der Liebe! Da» Geschwätz verbreitete sich aus den Vorzimmer» und kam auch DesvarenneS zu Ohren, welch« k«ine Quelle der Erkundigung unbenutzt ließ. Man sprach von ungeheuren, augenscheinlich übertriebenen Summen, die Thatsache selbst aber war richtig; der Fürst verlor. Frau DeSvarenne» konnt« dem Ge lüst, zu erfahren, ob Micheline davon Kenntniß habe, nicht widerstehen und fragte sie daher eine« Morgen», al» si» in reizender, rosafarbener Morgentoilett« zu ihrer Mutter herabkam, scherzend und gleichsam beiläufig: „Dein Mann hat, wi««« scheint, gestern Abend ver loren?" Micheline blickt« ihre Mutter erstaunt an und erwiderte ganz ruhig: „Ein guter Hausherr darf doch seinen Gästen nicht ihr Geld abnehmen; das würde ja aussehen, al« ob er sie einlade, um sie auszuplündern! Verluste im Spiel ge hören zu den unvermeidlichen Ausgaben «ineS Empfangsabends." Frau DesvarenneS fand, daß ihre Tochter eine vornehme Dame geworden sei, die sich in kurzer Zeit sehr großartige Ansichten angeeignet habe; aber sie ge traut« sich nicht, etwas darauf zu ent gegnen. Mehr als alle» Andere fürch tete sie, sich Micheline feindlich gegen über zu stellen. Sie würde lieber alle» aufgeopfert haben, nur um sich die Zärt lichkeit ihrer Tochter zu erhalten. Sie machte sich daher mit verdoppeltem Eifer an ihre Arbeit und dachte bei sich: „Wenn der Fürst so große Summen ausgibt, so will ich noch weit größere Summen verdienen. Es soll ihm nicht gelingen, ein größeres Loch zu graben, als ich auszufüllen im Stande bin." Und nun suchte sie mit aller Anstren gung möglichst viel Geld durch ihre Thür hereinzuschaffen, damit ihr Schwie gersohn eS nach Belieben zum Fenster hinauswerfen könne. An einem schönen Tage war die ganz« vorn«hme Gesellschaft, welche in der Regel da» Haus der Straße St. Domi nique besuchte, aus'» Land hinaus ge flogen. Der Sept«mb«r war erschienen und mit ihm die Jagdzeit. Der Fürst und Micheline übersiedelten nach Cer nay, aber die«mal nicht, wie in den er sten Tage» ihrer Ehe, als Verlieble, die sich nach Ruhe und Einsamkeit sehnen, sondern al« Eheleute, die ihr Glück in Sicherheil gebracht haben und nun ihr die Jagden entgegen zu nehmen, All wöchentlich brachte die Eisenbahn ganze Schwärme von Gästen, die in großen abgehölt wurden. Die sürstliche Residenz war jetzt in ihrem vollsten Glänze. E« war ein große» Vorhalle de« Schlosses wurden endlose englische Billardpartie» gespielt, ein Theil der Gäste zog das holländische Anstand. Der einschläfernde stauch vom sechsstündigen Umherschweifen in der Sonnenhitze steif gewordenen Knie gelenke der Kavaliere wieder geschmeidig machte. Frau DeSvarenne« nahm an diesem tollen Treibe» keinen Antheil; sie war in Paris geblieben und widmete sich eis- und fuhr regelmäßig des Montag» früh wieder in die Stadt. Ihre Gegenwart dämpfte diese toll« Fröhlichkeit einiger maßen und ihr schwarzes Kleid harmo nirte nicht mit all diesen hellen Brokat, und Seidenstoffe». D«r strenge Ernst dieser Frau, welche das Geld herbei schasste und sah, wie es so schnell ver- Es war übrigens zweisello«, daß der Fürst von den Summen, die er ver schwendete, keine» Begriff halte; seine Hand war stets offen und noch nie hatte «in vornehmer Herr «S besser verstan den, seinem Reichthum Ehr« zu machen. Seit Panin Micheline geheirathet hatte, stand ihm die Kasse der Prinzipalin zur Verfügung; diese wunderbare Kasse schien unerschöpflich zu sein und Sergius schöpfte daraus, wie der Prinz in .Tau sendundein« Nacht' au» dem Schah« der Genien. Vielleicht würd« e». um eine Umkehr >u bewerkstelligen, genügt haben, ihm zu beweisen, daß er, anstatt der Zin sen, da» Kapital verbrauch«, daß «r seiner Frau Vermögen v«rz«hr«. Aber noch war der Moment nicht günstig und di« Summ« war noch nichl hoch genug. Lohnt« «» sich wohl wegen «iniger hund«rttaufend Franken viel Wesen» zu machen? Frau DeSvarenne» würde in den Ruf eine» Geizhälse» gekommen fem und hätte sich schämen müssen; lieber wollte sie noch warien. So saß sie denn zurückgezogen in ihrem Comptoir mit Marechal, ihrem V«r lraulin. und «rb«il«l« ohne Unterlaß, «isrig und l«id«nfchaftlich. um Geld zu »erdienen. ES war ein schöner Anblick, dieser Zweikampf zwischen den zwei Wesen, da» eine nützlich, das andre schädlich, da» ein« alles der Arbeit, da» andre alles dem Vergnügen opfernd. Gegen End« Oklob«r begann da» Weiter in Cernay schlecht zu werden und Micheline klagt« über Kälte. Aber da« vornehme Leben im Schlöffe gefiel Ser giu» so sehr, daß er ihre Seufzer nicht beachtete. Al» jedoch der Herbstwind klagend durch di« Bäume des Parke» strich, d«ren Laub bereit» «in«n schönen Goldton angenommen hatte, und Mi cheline, in diesen weiten Räumen umher irrend, traurig wurde, da überzeugte sich der Fürst endlich, daß der Moment ge kommen sei, um in die Stadt zurückzu kehren. Paris kam ihm jetzt verödet vor. Aber der Einzug in seine glänzende Wohnung wundervollen Tapeten, über die werth vollen Möbel, über die Gemälde und Kostbarkeil«n und gerielh über alles in s im kleinen silbergrauen Boudoir, seinem LieblingSaufenthalt, mit Micheline allein zu fein. Während diese sich an'» Piano fehle und anmuthig spielte oder sang, durchblättert« «r nachlässig di« Albuins. Sie gingen srühzeitig zur Ruh und standen spät auf. Sergius war nun gen und neue Gerichte erfinden, über deren Bestandtheile er sich mit seinem Küchenchef, «inem Meister ersten Ran ges, berieth. Im Laus« des TageS machte er einen Spaziergang im BoiS de Boulogne, drücke». Seine Frau, deren Gemuihi zustand ihm viel zu gleichmäßig und einförmig war, verdroß ihn; er sah slelS schassen wisse. Sergiu» Halle den Ba ron seit seiner Verheirathung nicht wie der gesehen und freute stch daher sehr, hm zu begegnen. Sie hatten sich iau unler'm Arm. Dieser, der ohnehin nicht wußte, was er beginnen sollte, ließ sich mitschleppen. E» war ihm ein ganz eigenartiges Vergnügen, sich hier, in diesen, mit einem auffälligen LuruS dekorirten Salons des Klubs, zu bewegen. Die ordinären Ledersessel deS Rauchzimmer» behagten ihm sehr. Er achtete gar nicht darauf, daß die Teppiche alt und verblichen und von weggeworfenen, glimmenden Cigarrenstummeln ver branntwaren. Der scharfe Tabaksduft, welcher sich in die Vorhäng« gezogen, halte, erregle ihm keine Uebelkeit. Es genügte ihm, sich endlich einmal anders- Fürstem Unter der Rubrik: „Ver mischte Nachrichten" stand: Das Adels register des Klubs in der Rur Royale hat sich abermals mit einem erlauchten deS Herzogs von Bligny Fürst Panin unter die Mitglieder des Klubs aufge nommen. ihr an zu klingen, al» ob alle Glocken »on Sainl-Elienne-du-Mont mit voller Kraft geläutet würden. Da» Unglück tauchte vor ihr auf; ihr Schwiegersohn, der wie zum Spieler geschaffen war, im Klub! Da mußte Micheline» Lächeln bald «in End« nehmen, es war ihr eine furchtbare N«b«nbuhltrin «rstand«n die v«rzihr»nd« Leidenschast d«S Spi«lS, Di« Aufnahm» in d«n Klub war für Panin» künftig« L«b«nSweise von großer Bedeutung. Um sich seine Freiheit zu erobern, mußte er seine Zuflucht, zur List nehmen. Die ersten Abende, an denen «r ausging, b«unruhigt«n Miche lin« f«hr; d«nn als di« jung« Frau ihn torlgehen sah. wurde si» eiserfüchiig. da sie glaubt«. eS handle sich um ein Lie be»verhältniß, und sie daher sür ihr ehe liches Glück fürchtete. Da» geheimniß volle Wesen des Fürsten verursachte ihr eine unerträglich« Qual; sich ihrer Mul ler anzuvertrauen, wagte sie nichl, und ihrem Manne gegenüöer beobachlele sie ein oerzwelflungSvolle» Schweigen, Sie such!« insgeheim eiwa» zu erforschen. und suchte irgend ein Anzeichen ausfin dig zu machen, da« sie aus die richtige Fährt« bringen könnte. Eine» Tage» fand sie in einem Käst chen, das im Toilettenzimmer ihres Mannes aus dem Kamin stand, eine elfenbeinerne Spielmarke mit dem Klub stempel, Nun war kein Zweifel mehr, daß ihr Mann sein« Abend« im Klub der Ru« Royal« verbrachte. Diese Ent der Fürst einige Cigarren rauchte und sein Geld im Hasardspiel verlor, so war das nur ein halbes Unglück und noch Eifer eine« Spielers von Beruf an den Kartentisch und sein GesichtSausdruck veränderte sich vollständig: gewann er, Freude, verlor er aber, so nahm sein Antlitz die Starrheit einet Steinbildes seine Züge wurden bewegungslos, Auswiese zog sich daS Spiel bis palin «rstaunt. „Ja! Das ist «ine Art von Bankier," sagle Marechal, „wenn die Herren Geld brauchen, wenden sie sich an ihn. Wahr- Lagc. obschon er soeben erst den Mielh zins des Hause» in der Rue de Rivoli in Empfang genommen hat," „Den MiethzinS !" grollte Frau DeS> „den Miethzin» ! Ein Tropfen Wasser m Meer! Wissen Sie denn nicht, daß r im Stande ist, die hundertlausend Franken, welche »nan hier verlangt, in einer Nach! zu verspielen ? Die Prinzipalin ging mil großen plötzlich ilill und sagte: .Greife ich da nicht beizeiten ein, so ist dieser Mensch im Stande, da» Federbett meiner Toch- Dieser lag, nach einem delikaten Frühstück, aus dem Diva» seines Rauch zimmers ausgestreckt, im Halbfchlummer und rauchte. Die letzte Nachl war für ihn stürmisch gewesen. Er Halle von der Thürhüter Halle den Geldverleiher, anstatt in die Wohnung de« Fürsten, in'« Comptoir gewiesen. seinem Namen unterzeichnet« Papitr vor .di« Augen. Sergius griff darnach und sagte, die Schwiegermutter kaltblütig anblickend: „Wie kommen Sie zu diesem Papier?" „Man hat eS an meiner Kaff« zur Zahlung präfentirt. Hunderttausend Franken! Eine Kleinigkeit! Si» gehen gut in'» Zeugl Wissen Sie auch wie viel Hektoliter Getreide man mahlen muß, um hunderttausend Franken zu »erdienen?" „Pardon. Madame." sagte der Fürst. Frau DesvarenneS unterbrechend, „ich denke, Sie sind wohl nicht deshalb zu mir gekommen, um mir einen Vortrag über HandelSstatistik zu hallen. Dieses Papier ist au« Versehen an Ihrer Kaff« präs«nlirt «ord«n. Ich «rwart«te e«, und hier ist da» dafür bereilgehaltene G«ld. Da Sie sich ab«r der Müh« unter zog«n haben. «I zu bezahlen, so haben Sie di« Gül«, Ihr Geld zurückzu n«hm«n." Er holt« au« dem Schubsach «ine, kleinen Kommode «in Päckchen Bankbil letS und reicht« et der verdutzten Frau DeSoarenn«». „Aber.... * begann die Prinzipalin, welche durch diesen unerwarteten Zwi schenfall ganz verlegen geworden war, „wo haben Sie denn diet Geld her? Sie haben gewiß große Op.fer bringen müssen...." „Pardon, datist mein« Sach«," er widerte der Fürst ruhig; „wollen Sie sich gefälligst überzeugen, daß der Be trag richtig ist; ich zähle so schlecht, daß ich mich vielleicht zu Ihrem Nachtheil geirrt haben könnte." Die Prinzipalin stieß die Hand, welche ihr di« Bankbillet» reichte, zurück, senkt« betrübt da« Haupt und sagte: „Behalten Si« Ihr Geld, Sie werden e« leider nöthig hab«». Der Weg, auf dem Sie befinden, ist gefährlich, er wird un» allen noch viel Kummer bereiten. Ich würde Ihnen gern sofort zehnmal soviel geben, wenn ich dadurch die Ueberzeugung er langen könnte, daß Sie keine Karte mehr anrühren." „Madame!" rief der Fürst ungeduldig. „Oh, ich weiß, was ich mit diesen Worten ri»kire!... .Aber mein Herz ist zu schwer belastet, eS muß heraus, oder ich ersticke! Sie verschwenden da» Geld wie jemand, der keinen Begriff davon hat. Wa» Geld oerdicnen heißt, und wenn Si« so fortfahren.... " Frau D«Svar«nne» schlug die Augen auf. Alt sie den Fürsten bleich vor Zorn, den er kaum noch zurückdrängen konnte, vor sich sah. getraute sie sich nicht, noch ein Wort hinzuzufügen. Sie las im Blick de» jungen Manne» tödt lichen Haß. Voll Schreck bereute sie die gesprochenen Wort« und wandl« sich ab, um da« Rauchzimmer zu o«r -lafftn. „Nehmen Sie di«s G«ld", rief Ser giu« mit bebender Stimme, „oder zwi schen un« ist Alle» auSl" Damit drlkkl« «r Frau De«oarenne» die Banknolen gewaltsam in die Hand. Dann zerriß er wüthend den Zettel, welcher diese peinlich« Scene veranlaßt hatte, und warf die Fetzen in's Kamin. Ti«s bewegt ging die Prinzipalin langsam die Stiege hinab, welche sie noch vor einigen Augenblicken mit solcher Entschlossenheil hinaufgeschritten war. Sie ähnle, daß zwischen ihr und ihrem Schwiegersohn ein Riß enlstanden sei, der nicht wieder gut zu machen war; sie hatte seinen Stolz zu ties verletz! und fühlt« nun, daß er ihr das Vorgefallen« ni« verzeihen werde. Traurig und nachdenk lich belral sie ihre Wohnung. Die Exi stenz d-eser armen Frau fing an sich zu verdüstern; ihr starkes Selbstvertrauen war erschüttert. Sie zögerte und zaudert« jetzt, wen» sie einen Entschluß sassen sollt«; sie ging nichl mehr auf dem kür zesten Wege, gerade und lapser, auf ihr Ziel los. Ihre klare Stimme war ver schleiert, es war nichl mehr die nämliche eigenwillige und energische Frau, der nichl« zu widerstehen vermochte. Sie wußle jetzt, was eine Niederlage ist. Micheline hatte ihr gegenüber jetzt eine ander« Haltung angenommen. Es schien, ols ob sie jede Mitschuld von sich abzuwälzen suche. Si« stellte sich an, als ob sie gänzlich unbetheiligt sei und ihrem Mann ausdrücklich beweisen wolle, daß, wenn auch ihre Mutter sein Miß fallen aus irgend eine Weise erregt halt«, si« selbst keinen Antheil daran habe und ihre Hände in Unschuld wasche. Dieser kleinliche Verralh, dies« armselige Feig heil kränkte die Prinzipalin. Sie sühlte, daß Sergiu« daraus au«ging, Micheline insgeheim von ihrer Müller abwendig zu machen. Die wahnsinnige Leidenschaft der jungen Frau für denjenigen, den sie als ihren Herrn und Meister anerkannte, schloß jeden Zweifel aus, den die Mut ter in Bezug auf die Parteinahme ihrer Tochler, an dem Tage, wo sie sich entwe der sür ihre Mutter, oder für ihren Gat ten enlfcheiden mußte, noch hegen konnte. Mutter herab, die schon seit «inem Mo nat das Vergnügen entbehrt hatte, ihr« Tochter bei sich zu sehen. Ein einziger Blick war für Frau DeSvarenne» genü gend, um zu errathen, daß Micheline ihr «twas Mißliche» mitzutheilen habe. Denn ersten« war sie vi«l zärllich«r all Küff« die Bitterkeit deS Verdrusse», lassen, ind der vortresslliche Doktor Nigaud, der Micheline seil ihrer Geburt behandelte, hatte in der Thal Anzeichen eine Luftveränderung vcroodnet.... Bei diesen Worten erhob Frau DeS oarennes den Kopf, blickt« ihre Tochter der Wahrheit! Er will dich sortneh „AberMama!" rief Micheline, welch« durch diesen heslig«n Ausfall ganz b«- stürzl wurde, „ich versichere dich, daß du dich täuschst; nur die Sorge für meine Gesundheit bewog meinen Mann..- „Deinen Mann! Deinen Mann!" platzte Frau DesvarenneS loS; „ei, sieh doch! Mach', daß du fortkommst! Denn bltibst du noch länger da, s» kannst du Dinge über ihn zu hören bekommen, die du mir nie verzeihen wirst. Bist du wirklich krank, so hast du ganz recht, eine Luflveränderunz vorzuneh men; ich aber bleib« hier, ehn, dich, bleibe an meiner Kett« gefesselt, um, während du fort bist, Geld für dich zu verdienen. Geh nur!" Sie ergriff ihre Tochter krampfhaft am Arm, stieß sie rauh von sich und mißhandelte sie zum erstenmal ln ihrem Leben, dabei wiederholte sie beständig! .Geh nur. gehl Laß mich allein!- Micheline ließ sich aui dem Zimmer hinauswerfen und stieg bestürzt und er schrocken in ihre Wohnung hinaus. Kaum halte die junge Frau den Rücken gewandl, da fühlte Frau DeSva renne! auch schon die Rückwirkung der gehabten Ausregung. Ihr« Nerven er schlafften, sie sank auf das Sofa nieder und blieb dort, trostlose Gedanken he gend, regungslos und gänzlich erschöpf! liegen. War eS denn wirklich möglich, daß ihr« Tochler. diese» von ihr vergölterle Kind, um der Rachsucht ihres Manne» Genüg« zu lei sten, sie auf ein« solch« Art v«rlafs«n konnte? Nein, Michelin« mußte, in ihre Wohnung zurückgekehrt, nachdenken und sich überzeugen, daß die se» Han» mit ihrer Abreise seine ganze Freude einbüßen würde, und daß e» lehr grausam sei, der Mutier das ganz« LebcnSglück zu rauben. Nachdem die Prinzipalin sich etwas beruhigt Halle, begab sie sich in ihr Comptoir. Als sie aus den Treppenabsatz der kleinen Stiege h>nau«lral. sah sie, wie die Diener de» Fürsten ihre» Herrn Koffer auS den untern Räumlichkeiten hinauftrugen. Frau DeSoarennes' Herz zog sich krampfhast zusammen; sie sah, daß diese Abr«is« schon vorher bespro chen und endgültig beschlossen war. ES schien ihr, alt ob ihre Tochter auf ewig verreise und daß sie dieselbe nie wieder sehen würde. Sie war eben im Be griff, Sergiu» inständigst zu bitten, dazubleiben; sie wollte ihn fragen, welche Summe er als Entgelt für Micheline» Freiheit begehre, aber da stand plötzlich di« hochmülhige und sarkastische Ge stalt des Fürsten vor ihren Augen, wie er ihr di» Bankbillet» gewaltsam in di« Hand drückt«, und si/ war über» zeugt, daß sie nicht« von ihm erlangen würde. Düsler und verzweifelt belrat si« ihr Comptoir und begann zu ar> beiten. Am folgenden Tage reisten der Fürst und die Fürsten nebst ihrer ganzen Die nerschaft mit dem Abendschnellzuge nach Nizza und da« Hau» in der Straße St. Dominique war veröde: und verlassen. Dretz«hnt«S Kapttel. Dort, wo die „Promenade des Ang faiS" endet, aus dem mit Tamarinden besetzten, lieblichen Weg, der sich an der Meeresküste hinzieht, «rh«bt sich unter dustenden Pinien, umgeben von Euka- Haus mit rosasarbenen Fensterläden. Die Gräsin Woreffew, eine Russin, ließ e» vor fünf Jahren bauen und bewohnte nach ihrem nebeligen Vaterlande bekam, reist« sie p'.ötzllich nach Petersburg ab und ließ da« anmuthige Besitzthum, welche sich vorzugsweise als Asyl sür ein glückliche« Liebespaar eignete, oer mielhen. blühenden Arbulus, hatten sich nun Micheline und Sergiu« eingenislel. Di« Fürstin war bisher noch nie gereist, weil ihre beständig an'« Geschäft gesesselte Mutter Paris nichl verließ und Miche lin« immer bei ihr geblieben war. Wäh rend dieser weilen Reise, welche mit dem rassinirtesten Luru» und der größten alles anstaunt und sich über da» ge ringst« Ereigniß freut. Sie schlief nur wenig, da di« Ausregung der Reise sie viele Stunden lang nach hielt. Dann lehnte sie sich an die Fensterscheibe und blickte in die schöne, dämmernde Winternachl hinaus, wo Dörfer und Wälder wie Phantome an ihr vorüber eilten. Weit hinten, tief im Lande, leuchtete ein zitternde« Licht, und sie bil nächtlicher Still« Die Kinder! Daran dacht« sie häusig, und stels lral «in Seufzer de» Be dauern« auf ihre Lippen. Sie war nun schon mehrere Monale verheiralhet, aber bi« jetzt hatte sich ihr Traum, in dem sie sich als Mutter sah, noch nicht verwirklicht. Und sie würde doch so glücklich gewesen s«in, vence. Von diesem Zeitpunkt an war Miche line in beständiger, freudiger Aufregung. Die Ankunft in Marseille, die Fahrt längs der Küste, der Einzug in Nizza, die« alle» waren Anläss« sür si«, um in Entzücken zu gerathen. Al» aber de» Wagen, w.lcher si« leim Bahnhof er «artet hatt«, am Gitt«r d«» Landhause« anhielt, da kannte ihr Enthusia»mu» keine Grenzen mehr und sie konnte stch an dem wundervoll«!» Anblick, d«r sich ihr darbot, gar nicht satt f«hen. Da» tiefblau« M««r, der wolkenlose Him mel. di« weißen Villen, di« von dun kelgrünen Gebüsch umgeben, sich den Hügel hinainogen, und in d«r F«rn« die st«ilen, Ichneebtdecklen Gipfel d«» Este rel. von den glänzenden Strahl«» d«r Sonne «osenrolh gefärbt, dies« ganz« strotz«nde, «iwa» mild«, f«hr buntfarbig« und durch di« grellen Farbentön« fast blendende Natur überraschte die Parise rin und machte sie wonnetrunken. ES war«n noch ni« gekannt« Eindrück«, di« si« jetzt empfand. Von den Lichtmaffen geblendet, beläubt von der duftenden Vegetation, verfiel sie in ein« Art von Mattigkeit. Da» Klima griff si« an und ermüdete sie; aber sie erholte stch bald von dieser anfänglichen Erschlaf fung, und nun wurde sie von «inem ganz n«u«n, kräftigenden Jugendsaft durchströmt, fühlte sich physisch und moralisch erquickt, de« Blau war in ihr eingezogen. Da» Leben de» fürstlichen Ehepaars gestaltet» sich in Nizza ähnlich, wie in Pari» während der ersten Zeit ihrer Ehe. Die Besucher strömten herbei; alles, wa« von bekannten Parisern und von vornehmen Fremden in der Koloni« an wesend war, fand sich in ihrem Land haus« «in. Die Festlichkeiten btgannrn auf « neue, wöchentlich dreimal war EmpfangStag und an den übrigen Tage» ging Sergil/S in den Klub. Diese aufreibende Lebentweise hatte nun bereit» zwei Monate gewährt, der Februar war herangekommen und di« Natur sing an, sich unter dem Einfluß deS Frühling« zu neuem Glänze zu ent fallen. Eines Abends stiegen am Gitter deS Landhaus«» drei Personen au» «inem Wagen und standen plötzlich einem Rei senden gegenüber, der zu Fuß gekommen war. Gleichzeitig ertönten die Ausrufe: .Marechal!" „Sie in Nizza? Durch welch ein Wunder!" „Ein Wunder, wodurch man in der ersten Klasse sür lundertdreiunddreißig Franken sünfzehn Meilen in der Stunde macht und da» sich Marfeiller Eilzug nennt!" „Aber verzeihen Sie, treuer Freund, ich habe Sie Herrn und Fräulein Herzog noch nicht vorgestellt." „Ich hatte bereit» die Ehre, das Fräulein bei Frau DeSvarenne» anzu treffen." sagte Marechal, sich vordem jungen Mädchen verneigend, indeß er den Valer n cht zu bemerken schien. „Sie sind im Begriff nach der Villa zu gehen, wir auch. Wie befindet sich meine Tante? Wann haben Sie sie ver lassen?" „Ich habe sie gar nicht verlassen." „Was sagen Sie?" „Ich sage, daß sie hier ist." Savinien ließ die Arme sinken und drückte damit seine vollständige Ratlo sigkeit aus, in der er sich, durch die Un iin Fistelton: „Meine Tante! In sicher!, da« Phanteon sei während einer schönen Nach! an'» User des Paillon übergesiedelt, so könnte mein Erstaunen nicht größer sein! Ich glaubte, die Prin zipalin sei so fest in Pari» eingewurzelt, wie jenes Denkmal unsrer Siege! Aber „Einer Laune I" „Und wann zeigte sich diese?" „Gestern, beim Frühstück. Pierre Delarue, der nun seine Arbeiten in Algier beenden will, um sich dann end gültig in Frankreich niederzulassen, kam, um von Frau DeSvarenne» Abschied zu nehmen. Da brachte man ihr einen Brief von der Fürstin, den si« sogleich zu lesen begann. Aber plötzlich innehaltend, rief sie: .Cayrol und seine Frau sind seit zwei Tagen in Nizza!' Pierre und ich waren erstaunt über den Ton, mit dem sie diese Worte hervorstieß. Dann ver sank sie in tiese» Nachdenken und sagte schließlich zu Pierre: ,Du reifest heute Abend »ach Marseille? Gut, ich reise Während diese» Gesprächs war man durch den Garlin bi» zur Thür d«r Villa gekommen. „Nicht» ist leichter zu erklären, als diese Abreise," bemerkt« Fräulein Her zog ruhig. „Als Frau DeSvarenne« ersuhr, daß Herr und Frau Cayrol in Nizza bei der Fürstin seien, da sühlte sie sich mehr als je vereinsamt in Pari». ES regle sich in ihr der Wunsch,, einige Tage im Familienkreis« zuzubringen, und si« reist« ab." Herzog Hörle aufmerkfäm z» und schien üb«! den Zusaminenh, nlvel- «r zwischen der Ankunfl des t>ayrol'i<, e,i Ehepaars und der Abreise der Frau DeSoarennes bestehen mußle, nachzu sinnen. „Vor allen Dingen ist e» unleugbar, daß wir Marechal als Sommer frischler vor uns haben!" rief Savinien. „Aber, was ist denn das? Gott ver zeihe mir, ich glaube sie sitzen noch bei Tische," fiigle er beim Eintritt in de» Salon hinzu, al« man durch die Thüren ein wirres Geräusch von Stimmen und sellschasi sind, so können wir ja warten," sagle Herzog, sich an Marechal wendend, der ihm aber nur durch eine frostig« ginnen, mein Irefflicher Marechal?" fuhr Savinien sort, „Sie müssen sich ja doch langweilen?" (Fortsetzung folgt.) »«e »«aft. Sein oder Nichtsein was soll dem toaste gelten, dem vielbegehrten, viel zefirchteten? Einer, der diese „dunkle!« Kedanken durch die Seele wälzt", gab ihnen, wie der Berner „Bund" Ver Mitwelt verkündet, vor einem Kreis Auserlesener Worte in folgendem Mo lolog : toast oder nicht Toast, das ist hier dr» Frage. Ob'S edler, im Gemüth den Wunsch und Drang gum Toast zu unterdrücken, oder Sich waffnend gegen eine See von Miß» geschick. Viit kühnem Muth ihn halten —Toaste« .... Glänzen, llnd zu wissen, daß ein Toast Ausdruck kann leihen den Gefühlen Aller Es ist ein Ziel auf's Innigste zu wün schen. koasten—glänzen!—Glänzen! vielleicht auch stecken bleiben Za, da liegt'S! Was in dem Toast für Sätze kommen mögen, Wenn wir im Drang des Redens vor wärts stürmen DaS zwingt unS, still zu sein. Da» ist die Rücksicht, Vit Manchen läßt zu keinem Wort« kommen. Venn wer ertrüg' de» Schweigen» bittre Qual, Der Anderen Vorwurf und die Peini gung, iluf vieles Bitten immer »Nein!" j» sagen, Wenn er sich selbst in Ruh'stand setze» könnte Mit einer Rede blos? Kur, daß die Furcht vor etwas in der Rede ver Perioden Labyrinth, aus dem Kein Wand rer wiederkehrt den Wil len irrt, Daß wir das Schweigen, da» wir üben, lieber ilu»halten, als da» Unbekannte wa gen! so macht Gewissen Schweigen au» un» Allen. Ver angeborenen Farbe der Entschlie ßung Wird de» Gedanken» Blässe angekrän kelt; lind Toaste, noch so schön erdacht zu Hau», vurch diese Rücksicht au» der Bahn ge lenkt, verlieren so den Namen Rede.—Stillt Ver edle Wirth. —Verehrter, schließ IM' unsere Wünsche ein in deine» Toast! Was mach« ma« mit einem Thaler? Da diese hübsche, angenehme alte piünze immer noch da ist und einem n die Hände geräth, diesem häufiger md jenem seltener, so ist die Frage be lechtigt: Was macht man damit? Was nacht man mit einem harten Thaler? ver „Kladderadatfch"-Redakteur Jo janneS Trojan beantwortet diese Frage n der „National-Ztg." wie folgt: ES >ibt Leute, die ihn zu andern Thaler« egen, die sie schon haben; und wenn sie vieder einen bekommen, legen sie ihn vieder dazu, so daß nach und nach eine liolle entsteht. Man nennt das, ihn ms die hche Kante legen. Fürwahr, l» gehört nur wenig Menschenverstand >azu um einzusehen, daß dies eine sehr linfältige Verwendung des Thalers ist. KS kommt gar nichts heraus dabei, nan kann ihn ebenso gut, wie es auch >eschieht,in einen Strumpf stecken oder »ergraben. Der Thaler aber gewährt >ur dann Nutzen, wenn er in Bewegung »leibt, wenn er im Rollen erhalten wird, ven Thaler in Wein zu verwandeln, ist !in Vorschlag, der sich hören läßt. Bei >en schlechten Weinlesen der letzen Jahre md den theuren Preisen kann man ja !ein Hochgewächs dafür bekommen, aber »och immerhin eine Flasche ganz triuk >aren Rebensafte», vorausgesetzt, daß nan sich an die rechte Quelle wendet. Mit dem Austrinken der Flasche listet man nun zwar keinen großen kutzen, es liegt aber doch ein sehr viel »erständ'gerer Gebrauch des ThalerS >arin, als der ist, von welchem zuerst >le Rede war. Man kann sich auch sür >en Tbaler ein Buch kaufen, aus dein velehrung oder Vergnügen zu schöpfen st. Aber wozu davon reden, da es doch o leicht Niemand thut. Eher verzehrt liner den Thaler schon im Pfefferkuchen »der verraucht ihn. Auch fönst gibt e» »och verschiedene Arten, den Thalei icher unterzubringen. Eine Art ist >ie, daß inan am Tage vor Weihnachten >en Thaler zu sich steckt, sich mit ihm ius die Straße begiebt und ihn dort rgend Jemand in die Hand drückt, von, »ein man denkt, er könne ihn brauchen- Ich halte das für eine sehr listige Art, »en Thaler loszuwerden. Der Je nand aber, dem man ihn vorsetzt, kann »uf der Straße gehen oder stehen, e> !ann auch auf dem Kutscherbock eines Wagens sitzen. Er kann auf dem Kopfe !ine Mütze haben oder einen alten Hut, das ist einerlei. ES kann auch «ine Ute Frau sein oder ein Junge od«r ein ssind. Auch braucht man nicht aus der Straße zu bleiben, sondern kann auch in ein Haus hineingehen und einmal in den Hoswohnungen sich umschauen, ob sort vielleicht Jemand ist, bei dem sich der Thaler g>U andringen läßt. Und zwar kommt es daraus an, ihn da los zu werden, wo er nicht lange bleibt, sondern bald entlassen wird, um weiter wandern zu können. Ich erinnere mich, daß wir einmal sogar einem schlasende» Nachtwächter einen Thaler in die Tasche geschmuggelt haben. Das war, ich will es gestehen, ein etwas derber Spaß, hat »ber doch keine Anklage wegen Ver iibung groben Unfugs »ach sich gezogen. —-Selbstgefühl. .Ist es denn wahr, Herr Lieutenant, daß Herr von Stangenberg fo geistreich ist?" „Ge wiß ist er das, mein Fräulein wi> saßen in der Kriegsschule immer «eben» »„ändert" 3
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