» »er a»g«sch»itt»n« Z»pf. Eine Verhandlung, welche die Mäd then und Frauen sehr zu interessiren vermag, fand kürzlich vor dem Ober pen Gerichtshofe in Wien statt. ES handelte sich dabei um die Frage: Welch« strafbare Handlung begeht der Attentäter, der «inen Zopf abschneidet? In einem Dorfe bei Spalato war ein junger Bursche, Bozo Jovanovic, in eine hübsche Bauerndirne verliebt. Das Mädchen fand jedoch an dem Bewerber kein Wohlgefallen und wies ihn ab. Nachdem Jovanovic seine Bemühungen um das schöne Kind längere Zeit erfolg los fortgesetzt hatte, gewann der Zorn in ihm über die Liebe Oberhand. Schon einige Male hatte er dem Mäd chen, auf dessen Hoffahrt anspielend, zu gerufen: „Wie geht eS Dir, gnädige Frau?" Eines TageS hielt er die sprvve Dirne an, schlug sie und schnitt ihr dabei rasch und gewandt ihren Zopf ab den prächtigen, lange», bis zur Erde reichenden Zopf. Bozo Jovanovic wurde nun vor. dem KreiSgerichte Spalato des Ver brechens der Erpressung angeklagt. ES wurde nämlich angenommen, daß er die Absicht gehabt habe, durch feine Hand lungsweise das Mädchen zu zwingen, daß eS seine Frau werde. Außerdem erhob auch das Mädchen die Privatklage wegen der erlittenen Mißhandlung. Der Gerichtshof konnte jedoch nicht zur Ueberzeugung gelangen, daß Jovanovic eine erpresserische Absicht bei seinem Vorgehen gehabt habe. Nach der Schlußberathung richtete daher der Präsident, statt das erwartete Urtheil zu verkündigen, an die Parteien die Einladung, sich darüber zu äußern, in wiefern in dem Abschneiden des Zopfes das Vergehen der boSl>aften Beschädi gung fremden Eigenthums erblickt wer den könne. Der Staatsanwalt lehnte es aber ab, hierzu eine Aeußerung ab zugeben; der Vertheidiger sprach sich gegen eine solche Auffassung aus. Der Gerichtshof erklärte indeß den Angeklagten des letzterwähnten Delik tes, fowie der Übertretung des H 496 schuldig und verurtheilte ihn zu einem Monat Arrest. Gegen dieses Urtheil erhob der Angeklagte die Nichtigkeits beschwerde an den Obersten Gerichtshof. In der vor demselben gepflogenen Ver handlung führte der Generaladvotat Dr. Schrott aus, daß über das Zopf abfchneldin in der rechtswifsenschast lichen Literatur viel geschrieben worden sei, und bemerkte Folgendes: Würde ein solcher Act mit Gewaltanwendung geschehen sein, so könnte er das Ver brechen der öffentlichen Gewaltthätigkeit durch Einschränkung der persönlichen Freiheit bilden. Wäre die Handlung ersolgt, um sich in den Besitz des Zopfes zu fetzen, dann würde sie eine» Dieb stahl begründen. Von einer boshaften Beschädigung fremden Eigenthums ver möge in keinem Falle die Rede zu sein; denn die Beschädigung könnte nur an der Person geübt sein, nicht an der Sache. , Wenn nämlich die Haare so weit ab geschnitten worden wären, daß etwa die betroffene Person um ihre Gesundheit willen das Haupt schützen müßte, so könnte eS eine körperliche Beschädi gung sein; ebenso auch, wenn mit Rück sicht aus die Landestracht, welche Red ner nicht kenne, eine Verunstaltung die Folge dieser Entfernung des Zopfes wäre. Jedenfalls sei die Handlung eine beschimpfende und mißhandelnde nach H 436; ob sie nicht mehr sei, das hänge von den Feststellungen ab, die der vorfinde. Der Kassa tionshof könnte auch, wenn er es für nöthig fände, das Gericht erster Instanz beauftragen, die Feststellungen des Thatbestandes zu ergänzen. Der Oberste Gerichtshof hob das Erkennt niß des KreisgerichtS dahin aus, daß er tn dem Abschneiden des Zopfes nur die Übertretung de» K 496 fand; an dem Strafurtheile wurde nichts geändert. ES war nach der Schlacht don Königgrätz und es galt nun, die auf dem Felde liegenden Verwundeten aufzulesen, zu retten. Da erlebte der preußische Arzt Dr. Fr. aus Breslau nn merkwürdiges Abenteuer. Dr. Fr. sieht einen Husaren verwundet liegen, nähert sich ihm, untersucht die Wunde und findet, daß er da rasch an Ort und Stelle eingreifen kann. Er zieht sein Besteck heraus, und es gelingt ihm, die Kugel herauszuschneide». Und nun sagt er zu dem Husaren: „Da greifst ki», Pferd, setze Dich darauf und reite langsam hundert Schritte, dort findest Du ein Lazarelh, wo Du auch etwas zu essen und zu trinken bekommst." Da steht der Husar auf, streckt sich, fühlt sich, dank dem gelungenen operativen Eingriff, wieder ganz behaglich und packt den Dr. F. beim Kragen: „Ich hob die Ehr', Sie zu meinem Gcfonge nen zu mochen!" Und ehe Dr. F. die merkwürdige Lage noch recht inne wird, springt der Husar auf's Pferd, selbst verständlich immer die Faust am Kra gen des Arztes und weiter ging es im scharfen Trab, bis die öslerreichifchen Posten erreicht waren. Und so kam eS, Oesterreich war damals noch nicht der Genfer Convention beigetreten, daß Dr. F. dann den Rest des Feldzuges als Kriegsgefangener, in Krakau einge jchloifen, zubringen mußte. Zwei Herren werden im Kafe beim Karienfpielen von zwei „Kie bitzen" ungemein belästigt; nach einer Weile steht der eine der Spielenden auf tmd bittet seinen Kiebitz, ihm aus eine Minute die Karten zu halte»; er komme lofvrt wieder. Unmittelbar darauf folgt her zweite der Spielenden diesem Bei spiel. Die beiden Kiebitze vertiefen sich sofort in das Spiel und erst nach länge rer Zeit fragen sie den Kellner: „Wo lind denn die zwei Herren geblieben, die yier geseiün haben ?" Worauf die Ant wort ersolgt: „Die sitzen im anderen Limmer und spielen Karten." Ter Bauer unterscheidet sich mm Soldaten dadurch, daß jenem die Aelire des Feldes, diesem das Feld »er Ehre das Wichtigste dünkt. »ch«l»««r ««» . Eine Skizze au» der Reich»- hauptstadt. „Gestern erschoß sich ein Mann i» ben Anlagen des Thiergartens", so be richtet der Polizeibericht in unseren T«- geSblättern. An und für sich haben gleiche oder ähnlich lautende Mittheilun gen über Selbstmorde für uns hier kein« besondere Bedeutung; sie gehören nun einmal zum täglichen Lauf der Dinge, und sie finden nur dann größere und allgemeine Beachtung, wenn ihnen noch irgend ein Zusatz über die Gründe des Ereignisses beigefügt ist. Indessen auch diese Zusätze entbehren in der Regel nicht der Kürze: zerrüttete Vermögens verhältnisse, tieser Trübsinn, Liebes gram, Furcht vor Strafe zc. Statistiker, die ja Alles und Jedes in Zahlen um zusetzen sich angelegen sein lassen, glau be» auch sür das Vorkommen der Selbst morde „Gesetze" herausgefunden zu ha ben, denn eS wird von ihnen behauptet, daß in guten Zeiten weniger, in schlech ten mehr Menschen sich selbst tödten, und daß die Todesarten, welche die Un glücklichen wählen, um ihrem Leben «in jähes Ende zu bereiten, ebenfalls auf bestimmten „Gesetzen" beruhen. Ich glaube nun zwar an derartige Naturge setze nicht, fondern suche die Beweg gründe zur That aus dem jeweiligen Zustande der Gesellschaft heraus zu er klären und ich mache nicht » priori die Natur, sondern zunächst die Gesellschaft verantwortlich sür die in ihrem Kreise sich ereignenden Selbstmorde. Jene kurze Notiz in einem der letzten täglichen Polizeiberichte würde auch meine Aufmerksamkeit nur sehr wenig erregt haben stumpfen sich doch die Gefühle im Gewühl der Großstadt schließlich sür manche Dinge ab, die in einem kleinen Gemeinwesen eine allge meine langandauernde Erregung her vorrufen wenn mir nicht zufällig die näheren Umstände, die jenen Mann zur unseligen That getrieben, sowie dieser selbst mir bekannt gewesen. So entrollt sich nun vor meinen Au gen ein Bild aus der Großstadt, das die düstersten Farben zeigt und leider so viele seines Gleichen zählt. Um das selbe von vornherein zu kennzeichnen, bedarf es nur der Beigabe eines Zet tels, auf dem die wenigen Worte zu lesen sind: „zu Tode gehetzt". Denn in der That, jener Mann verfiel dem selben Schicksal, dem ein von einer Meute Hunde und Jäger gehetztes Wild unbarmherzig beschieden wird. Die Menschen-Jagd hat allerdings sür die Menschen Verfolger nicht dasselbe Er gebniß.wie das der Wildjagenden; diese erringen schließlich ihre Beule, sie lassen ein lustiges Halali erschcll-n, sie kehren mit „Brüchen" geschmückt, die ihnen zn», Zeichen des erfolgreichen Jagens überreicht werden, in srohester Stim mung wieder heim. Ein Menschen verfolger, der die Hochjagd nur unter nahm, um feine Wucherbeute zu errin gen, und nun vor dem entseelten Kör per sich sagen muß: „das Spiel ist aus," der schaut ob seines Mißerfolges gar grimmig darein und schnaubt vor innerer Wuth. Der Wildjägcr rühmt doch noch wenigstens das stolze Thier, welches in dem Kampfe unterlag, der Menschen-Verfolger sendet seinem da hingeschiedenen „Nächsten" einen Fluch nach. Die Geschichte jenes Mannes ist die nämliche, wie die so vieler, welche im Kamps um's Dasein trotz aller Anstren gungen, trotz angespanntester Thätigkeit und eiserner Willenskraft Schiffbruch erleiden. Aus angesehener Familie entstammend, schwang der Mann sich schnell zu einem geachteten stets hilfsbe reiten Kameraden in seinem Regimenle aus. Eine glückliche Heirath schaffte ihm ein freuitdliches Heim, an seinem gastfreien Tische fehlte eS nicht an Gästen. Da glaubte er durch Ankaus eines Gutes, wozu ihm genügende Mit tel zu Gebote standen, sein Leben und das seiner kleinen Familie noch glückli cher gestalten zu können und quiltirte seinen Dienst. AnsangS schien sich Al les nach seinem Wunsch zu gestallen, al lein gar bald erfuhr er, daß er beim Abschluß des Kaufvertrags überlistet war. Die Folgen blieben für ihn nicht aus, er verlor durch feinen „Nächsten" Haus und Hos, sein ganzes Vermögen. Nicht aus Gnade, sondern durch das Gesetz gezwungen, ließ man ihm ein Tischchen, ein Veilchen und ein Stühl chen. Mit diesem gesetzlich .Nothwendig sten" kam er vor einigen Jahren hier her; eine Hosmohnung im dritten oder vierten Stock in einem Hause einer ab gelegenen Straße von Berlin bil dete den nolhdürstigen Unterschlupf der kleinen, von Haus und Hof verlriebe nen Familie. Verwandte ermöglichten es dem Manne, sein Hausgeräth durch Anschaffung von „LeihmöU»ln" in etwas zu ergänzen, und nun ging es daran, den Kamps um'S Dasein mit ungebeug ten Kräften in der Hauptstadt aufzu nehmen. Jede ehrliche, anständige Be schäftigung war ihm recht, wenn sie nur etwas zum Lebentunterhalt eintrug; er war unverdrossen von Morgens früh bis Abends spät thätig und war glück lich, wenn er seine Bemühungen mit ir gend einem Erfolg gekrönt sah. So vergingen ein paar Jahre und es schien, als ob sich seine Zukunft etwas freund licher gestalten wolle, aber da wurde er von schwerer Krankheit befallen, sie ihn für viele Wochen, für Monate er werbsunfähig machten. Der Verdienst blieb aus, die Krankheit kostete Geld: wieder trat ein Rückschlag in seiner Lage ein. Indessen auch diesen über wand er, als Genesung eingetreten war. Seine Verhältnisse besserten sich zu sehends uns nun ging die angestrengte Thätigkeit uni so besser vorwärts. Aber in dem Augenblicke, wo er glaubte wieder sickeren Boden unter seine» Füßen zu haben, da Iralen die a»z dem Schiffbruch verbliebenen Schulden an ihn heran. Unerbittlich« Gläubiger gingen mit allen „gesetz lichen" Mitteln gegen ihn vor. Kosten über Kosten vermehrten die früheren Schuldbeträge und lawinenartig wuch sen die ihn nun bestürmenden Bedräng nisse heran. Um eine Schuld noth dürftig zu tilgen, machte er neue Schul, den, bald fiel er in die Hände der so geschäftig und vertrauenerweckend sich einem in Verlegenheit befindlichen Ca valier nähernden Geldmänner, welche wie die Hyänen auf dem Schlachtfelde an Gefallenen ihre Habgier befriedi gen, und nun ging es mit dem Armen in schnellem Tempo herab. Noch focht er eine Weile wie ein Recke gegen alles Ungemach, noch hoffte er >?urch Einsetzen seiner letzten Arbeits kraft sich noch einmal durchzuarbeiten, aber vergebens. Der Gerichtsvollzieher wurde sein täglicher Gast, er sah sich von allen Seiten bedrängt, verfolgt, ge hetzt. Und eS handelte sich nur um wenige tausend Mark, die zu begleichen waren. Aber ohne Erbarmen, die „Geldmänner" voran wurde die Hetze fortgesetzt, bis endlich, als ihm die letzte Aussicht auf Hilfe aus der Noth ver schwunden schien, sein bis dahin unge beugter Sinn in'» Schwanken gerieth und „gestern erschoß sich ein Mann in oen Anlagen des Thiergartens." Und dieser Mann war ein guter Mann, seinen Freunden ein wahrer Freund, stets hilfsbereit, ein liebevoller zärtlicher Familienvater, ein biederer Charakter. Er gab mit der Rechten und ließ es die Linke nicht merken; nimmer verzagt bis zu jenem Augen blicke, wo sein Geist sich umdüsterte. Ein paar tausend Mark hatten hinge reicht, um den Mann zu Tode zu Hetzen, mil kaltem Blute, aber mit allen „gesetz lichen- Mitteln. „Es erben sich Gesetz und Recht wie eine ewige Krankheit sort," und zu die ser Krankheit muß das dem Gläubiger seinem Schuldner gegenüber durch das Gesetz gewährleistete und geschaffene Recht heute angesehen werden. Der Schuldner ist einfach vozelfrei dem Gläubiger überliefert worden, dieser dars jene» in seiner Existenz vollständig ruiniren, von Haus und Hos treiben, ihm sein Hab und Gut bis auf die zum allerkärglichsten Bedarf nothwen digen Kleidungsstücke und Möbel ab nehmen, er darf ihn verfolgen bis au dessen Lebensende, ihn immer und im mer wieder zitiren lassen und den Voll zugsbeamten an seine Ferse fesseln. Vogelsrei, ohne Schutz, ohne Rettung vor dem Häscher, vor feinem Verfolger führt der Schuldner das elendeste Da sein, das Damoklesschwert stets über sich erblickend. K aum daß eS ihm ge lungen, sich wieder einen Erwerb zu verschaffen, sieht er sich durch seinen Verfolger in demselben bedroht; es bleibt ihm nichts anderes übrig, als soviel als möglich die „gesetzlichen" Schleichwege aufzusuchen, um seinem Verfolger zu entgehen; aus Noth die Moral zu verletzen. Der heutige Kriegszustand zwischen Gläubiger und Schuldner ist schlimmer als zu der Zeit, wo jenem das Recht zustand, diesen einsperren zu lassen. Es konnte schließlich Jemand seine Schuld absitzen; im Schuldgefängniß soll es überdies ganz lustig hergegangen sein. Aber wir sind civilisirter geworden, wir haben den Gläubigern die Jagd frei gegeben und es bildeten sich in Folge dessen sogar Beruss-Menschen Jäger aus, die sich „Eintreiben" nennen. De ren gibt eS zweierlei in unserer Ztadt; die Einen befassen sich mit dem Eintrei ben schlechter Forderunzen entweder gegen eine Provision od«r indem sie ge wissermaßen aus gemeinschaftliche Rech nung die Eintreibung sür den Gläubiger besorgen. Die Anderen kaufen schlechte Forderungen auf, und stürzen sich nun mit allen gesetzlichen Mitteln, die aller dings oft nur um eines HaareS Breite von den ungesetzlichen entfernt bleiben, auf ihre Opfer. Diese letztere Sorte von Eintreibern zeigt nur zu oft die Bestie, die in dem Menfchen wohnen soll, in ihrer ganzen Abscheulichkeit; ihnen ist nichts heilig, sie scheuen vor nichts zurück, um Geld vom Schuldner zu erlangen; Voll ziehungsbeamte, selbst der Staatsan walt, Drohungen, unaufhörliche Mah nungen, alle Hilfsmittel werden zu dem Ende in Bewegung gefetzt. Ist der Aermste verheirathet, hat er Kinder, um so schlimmer sür ihn, denn dann werden diese ebenfalls in die größte Mitleidenschaft durch den Dränger ge zogen. Die Kinder lernen namentlich die Thätigkeit der Vollzugsbeamten kennen und bewundern die bunten Siegel, womit die Möbel versehe« weroen. Anfang? »och mit einer natürlichen Aengstlichkeit diese amtliche Thätigkeit betrachtend, wird sie ihnen bald zu einer willkommenen Unterhal tung: sie fpielen selbst „psänden" und verlieren unbewußt dabei ein Stück Ehrgefühl. Und wenn sie dann eine» wirklichen Vollstreckung, dem Abholen! von Möbeln durch den Beamten aus dem Schulwege begegnen, beschauen sie sich die Exekution lächelnd, auch ein Stück Mitgefühl wurde ihrem kind lichen Herzen geraubt. WaS Wunder, wenn s» die gewordenen Jngendein drücke sich nicht wieder verwischen und ihre verderblichen Folgen noch in spä teren Jahren nach sich ziehen. Ueberall arbeitet man an den socia le» Verbesserungen, an der Fürsorge sür die Existenz deS Einzelnen, der Fa milie, aber noch Niemand ist gegen jene „gesetzlichen" Mittel aufgetreten, die dem Gläubiger den Schuldner auf Gnad« und Ungnade überliefern. Niemand hat für den unverfchuldet feines Ver mögens Beraubten „gesetzlich-" Mittel verlangt, die ihn vor gänzlichem Ruin schlitzen, die ihm die Möglichkeit gewäh ren, auf's Neue den Kampf um's Da sein mit Aussicht auf Rehabilitirung zu wagen. Nehmt dem Gläubiger einen Theil feiner heutigen Rechte und ge währt dem ehrlichen Schuldner Mittel, sich vor den Angriffen unmenschlicher Gläubiger zu schützen und eS wird weni ger Gläubigen geben. Das heutige System des »reditgebenS findet seinen Stützpunkt in unserer drakonischen Ge setzgebung, die den Schuldner allein sür sein Unterliegen verantwortlich macht, und der heutige Wucher würde eine mächtige Stütze verlieren, wenn Klagen „notorischer" Hyänen ebenso von dem Richter behandelt würde», wie „Einre den" „notorischer" Verbrecher. Die Statistiker aber würden eine Abnahme dcr Selbstmorde constatircn und die Polizeiberichte seltener erzählen: „Ge stern erschoß sich ein Mann in de» An» lagen des Thiergartens." ~tr»»ödeltag" von Karlsbad. Interessante Reminiscenzen an daZ Kriegsjahr 186 V veröffentlicht Julius Walter (der Karlsbader Badearzt Dr. Fleckles) im „N. W. T." Wir entneh men den Skizzen folgende heitere Erin nerung an den 8. Juli 1360: „Die Preußen sind da!" Vormit tags sprengte ein Piguet Landwehrhu saren. bestehend aus einem Lieutenant und neun Mann, mit gespannten Revol vern durch die Stadt und kündete dem Bürgermeister die Ankunft von LVVIZ Mann sür den nächsten Tag an, für deren Proviantixung die Stadt zu sor gen habe. Gegen Abend traf ein n:ues Detachement von einundzwanzig Mann cm, dessen Führer ebenfalls als Quar tiermacher von weiteren WOO Mann er schien. ES wurde nun Vieh ans der ganzen Umgegend requirirt, die Bäcke reien arbeiteten ununterbrochen, lls resistsuos bildeten aber die Knödel. In Folge eines Kompromisses mit dem Heinde wurden durch Rathsbeschluß fünf Knödel per Mann bestimmt, das sind M.vov Knödel, und da begreiflicher weise jetzt für die Hausfrauen weder Zeit noch Material vorhanden war, ein anderes Menu für die Familie zu be stellen und es schon in „einem Auf'va fchen" ging, wurde auch die autochthone Bevölkerung 19,000 Einwohner, mit Knödeln bedacht, so daß der Effektiv stand der Knödel am 9. Juli um 11 Uhr Vormittags von Fachmännern auf mindestens ?O,ONII Stück beziffert wurde. Da ereignete sich ein hochaufregendes Schauspiel. Der Commandant des «weiten DetachementS, Lieutenant Be low, sprengte plötzlich durch die Stadt ;ur Salle de Saxe, wo sein College, Lieutenant Limonius, eben gemächlich beim Frühstück saß, raunte ihm, ohne aus dem Sattel zu steigen, ein paar Worte zu, worauf der Andere nun rai'ch die Serviette weg- und ein Goldstück auf den Tisch hinwarf, sich auf das Lferd schwang, und im Steigbügel ste llend sprengten beide auf demselben Mrde zu der Mannschaft. Wenige Minuten später jagte die ganze feind liche Besatzung zum Thore hinaus. Dieser fluchtartige Rückzug wurde ver anlaßt durch das Gerücht, die Bayern seien im Anzüge. Die Bayern kamen aicht und es war Mittag. Nachmittag and Abend und die signalisirten 4l)(w Preußen kamen nicht, deren Ankündi gung nur eine Kriegsfinte war, um den ZS Mann in der fremden Stadt al» sichere Deckung zu dienen. Und nun war all' das Fleisch gesot ten, gedünstet und gebraten und mnßte in diesen heißen Tagen doch rasch ver ;ehrt werden. Auch waren noch die w.ocitl Knödel da! Griesknödel, Mehl knödel, Erdäpfelknödel, Speckknödel, Hefeknödel, Knödel in jeglicher Fa?on nnd in allen Mundarten. Man aß sich krank an Knödeln, man verschenkte sie lonnenweise, aber sie nahmen kein Ende, so schwammen Legionen unverdauter Knödel in stiller Nacht, vom Monden schein romantisch verklärt, die Tepl herab mit dem Wunsche ihrer Schöpse tinnen: „Wenn Du einen Preußen siehst, so sag', ich laß ihn grüßen." Der 9. Juli steht im Karlsbader Ka lender als Knödeltag verzeichnet; noch heute uzen unverschämte Bettler, wenn ihnen gesagt wird, daß nichts EßbareS mehr da sei: „Aber ein Knödel Wer den'S doch haben!" Die Landparthie des Frauenkränzchens. In Sorau N.-L. »rrangirte das dortige Frauenkränzchen in einem Sonntag eine VergnügungS sahrt nach Sagan; die Herrenwelt war natürlich »on diesem Vergnügen ausge schlossen. Die Damen hatten einen Omnibui gemiethet, in welchen sie sorgsam von ihren Ehemännern gepackt wurden, dann verabschiedeten sich die trostlos Hinterbliebenen zärtlich, um bei einem Schoppen Linderung ihrer Stroh ivitlwerschmerzen zu suchen, während der Kremser in schlankem Trabe mit den lustigen Insassen die Saganer Straße entlang rollte. Allenthalben aus der Chaussee, wo sich das Gefährt zeigte, gab eS lachende Gesichter und fröhlichen Zuruf, bei der Einfahrt in Sagan steigerte sich sogar der Jubel der Einwohner zu hoher Begeisterung; die jugendlichen Frauen aus Sorau aber liahmen diese Ovation, die sicherlich ihrer Jugend und Schönheit galt, stolz und keundlich bewegt entgegen. Auf dem Marktplatz in Sagan, wo der Omnibus seine zarie Fracht entlud, klärte sich allerdings die Situation; eine der Damen erblickte nämlich an dem Wagen ein Plakat, welches mit riesengroßen Lettern die Worte enthielt: „Eine La kimg alter Schachteln aus Soran!" Nachdem die schöne» Passagiere einen Ohnmachtsanfall überwunden halten, ergossen sie die Schale ihres Zorne» tber den Kutscher, der hoch und heilig schwor, von dem Plakat nichts zu toissen; schließlich aber wurde er so hart bon den Frauen bedrängt, daß er einen ier Ehemänner, einen alten Ehevetera len und bekannte» Spaßvogel, als den Urheber des Frevels angab. DieDa tnen traten sosort zu einem Kriegsralh pisammen, in welchem der Unhold zu iiner ausgiebigen Gardinenpredigt und >er Tragung der nicht unerheblichen Reisekosten verurtheilt wurde; mit der Vollstreckung wurde seine Ehesrau be haut. Wehe dem Armen! Manchem Ehemann wer ten die Hörner, die er trägt, zum Horn »es Ueberflusse». Zeftn Tag« Landw«»rma«n. Motto: Ha, welche Lust Soldat zu fei»! Zehn Jahre sind's jetzt, daß ich keine „Knarre" mehr in der Hand gehabt, so nennt man im Militärjargon jenes unheimliche Ding: Fünf Kilo und ein balbeS schwer, Doch wiegt es jetzt fo viel nicht mehr, jenes Ding, mit dem man nicht spielen soll, da es geladen fein könnt'. Ordre zur Uebung bab' ich in der Zwischen zeit wiederholt bekommen, ollein vor dem Geschick, mich mit zweierlei Tuch zu schmücken, hat mich bisher immer cm hartnäckiges Augenübel jetzt fehlt mir das passende Wort: Schreibe ich „bewahrt", so könnte man annehmen, ich sreue Mick zu gewissen Zeiten meines Augenübels. Nun. mag sich der Leser das geeignete Wort denken —jeder nach seinem Geschmack. Also seit zehn Jahren keine Uebung mitgemacht, seit zehn Jahren keine Kasernenluft geathmet, seit zehn Jahren und mitten hinein in das friedliche Dafein platzt wie eine Bombe die Ordre: Zehn Tage üben! Es war am Tage der ärztlichen Un terfuchung. Ward ich diesmal als ge sund befunden, so stand mir die zehn tägige Uebung bevor, als deren schlimmste Zuthat mir das Schlafen in der Kaserne auf hartem Bctt mit allem Zubehör erschien. Ob da überhaupt noch von einem wirklichen Schlasen die Rede sein könnte? Das schien mir sehr fraglich, und so beschloß ich denn, wenigstens daheim noch einmal ordentlich auszu schlafen. Ich machte mir s auf dem Sopha bequem, zog die weiche Decke bis zum Kinn herauf und schloß die Augen. Nach wenigen Minuten schon war ich lest eingeschlafen. Was nur so Mancher, der bereite die Uebung überstanden hatte, mit sei nen Schauer-Erzählungen beabsichtigt haben mochte? Es war doch so schön während der Uebung! So schön, daß ich die stelle aus der „Weißen Dame" : „Ha, welche Lust Soldat zn sein!" den ganzen Tag über vor mich hin trällerte! Doch, ich will nicht vorgreisen, sonder» hübsch der Reihe nach erzählen. Also: Gegen elf Uhr Morgens hat ten wir Landwehrleule uns auf dem Bahnhof einzufinden, um nach dem Ort der Bestimmung besördert zu werden. Der Major Halle allerdings gewünscht, wir möchten bereits um neun Uhr er scheinen, allein der Feldwebel meinte, Dieser oder Jener der Herren Land wehrmäniier möchte an ein spätes Aus stehen gewöhnt sein, ein plötzlicher Brnch mit den alten Gepflogenheiten dürste aber bei den mannigsach vertre tenen „starken" Herren von üblen Fol gen begleitet sei», und überdies kämen wir ja immer noch zeitig genug, wenn wir ein paar Stunden später sühren; und so wars denn bei der Verabredung „elf Uhr" geblieben. Pünktlich ein Viertel auf zwölf Uhr Ware» wir sämmtlich zur Stelle. Im Wartesaal erster und zweiter Klasse, der für alle Civilisten, mit Ausnahme der sehr zahlreich erschienenen Angehörigen der Landmehrmänner, abgesperrt war, versammelten wir unS. Nachdem wir unS dem am e enden Officier vorgestellt, uns auch mir den Unterofficieren und unter einander bekannt gemacht hatten mittlerweile war es drei Viertel aus zwölf geworden ergriff der dem Rangenach höchste Officier, ein jovialer, graudärtiger Major mit einem strain iven Bäuchlein, das Wort zu einer An sprache etwa folgenden Inhalts: „Verehrte Anwesende! Meine Da men! Liebe Kinder! Kameraden! Die Stunde der Trennung ist gekommen. Gern hätte ich sie noch länger hinaus geschoben, allein die Pflicht ruft. Lassen wir uns den Abschied nicht so sehr zu Herzen gehen, sind e» doch nur wenige Tage, die wir uns dem Dienste für s Vaterland zu widmen haben. Ihne«, meine verehrten Damen, rufe ich tröstend zu: ich werde über Ihre Männer wachen, wie Sie eS nicht besser könnten; wie das Mutterauge sorgend jedes Un gemach von den lieben Kleine» abzu wenden bestrebt ist, so werde ich allezeit beniüht sein, Ihre Männer auch vor dem leisesten Fehltritt zu bewahren. Ihr, lieben K leine», seid ja am leichtesten zu trösten. Euch verspreche ich, daß Vater Euch etwas heimbringen wird: sür >edes sei ner Kinderchen ein kleines, allerliebstes Kommißdrod, aus schönem weißen Wei zenmehl gebacken, mit Rosinen und süßem Citronat und bestreut mit Zucker und Zimint. Und endlich Ihr, Kame raden, Ihr braucht kein Versprechen von mir; Ihr werdet ja mit eigenen Augen sehen, was für ein Sorger ich Euch fein werde während der Zeit un seres Beisammenseins. Um den Ab schied brauchen wir uns also Alle nicht zu sorgen, hoffen wir nur, daß auch das Wiedersehen ein freudiges, »»ge trübtes sein möge!" Ich tonnte nicht umhin, dem freund lichen alten Herrn mir einigen Worten zu danken und die Versammelten auszu fordern, auf den Major em Hoch auszu bringen, in das Alle voller Begeiste rung einstimmten. Ein anderer Land wehrmann ließ die anwesenden Unter ossiciere lebe», danach ging'S ans Ab schiednehmen von den Angehörigen. Auch die» war bald ohne Zwischenfall erledigt; da»» begaben wir uns nach dem bereit stehenden Zuge, stiegen in unfere ToupeS lauter Coupes erster und zweiter Klaff«,—ei» schriller Pfiff der Lokomotive, und fort ging's, un serm Bestimmungsorte zu. Ich sah nach der Uhr, als sich der Zug in Bewegung setzte; e» war halb ein Uhr. „So, meine Herren, da wären wir!" sagte der Major, als wir nach mehr stündiger Fahrt die ConpeS wieder verließen. „Die Kaserne liegt nur eine Viertelstunde vom Bahnhos entfernt. Wem das zu weit sein sollte Sie sind von Berlin an» ja besseres Pflaster ge wöhnt der kann einen Wagen be nutzen. Links vor dem Ausgang werden Nur wenige Landwehrmänncr mach ten von dem freuudlichen Anerbieten des Majors Gebrauch, die meisten legten die kurze Wegstrecke zu Fuß zu rück. Der Major hatte die Entfernung richtig abgeschätzt. Nach etwa fünf zehn Minuten tauchten zwischen herr lichem Blättergrün die einladenden bäudes der Kaserne auf. Vor dem aus zierlichem Drahtgeflecht hergestellten Eingang hatte sich die RegimcniSmufik ausgestellt, die uns mit einem begeister ten Tusch willkommen hieß. Außerdem erwarteten uns eine Anzahl Soldaten, die vom Major die Weisung bekamen, uns nach den sür uns bestimmten Zim mer» zu führen. Mit einem freundlichen Kopfnicken und den Worten: „Auf Wiedersehen. Kameraden, morgen früh zehn Übr im Garten" verabschiedete sich der Major von uns, und wir folgten unseren Füh rern. Es war ein hübsches, geräumiges Zimmer, das mir angewiesen war. Aus den beiden Fenstern hatte ich die Aus sicht nach dem im herrlichsten Grün prangenden parkähnlichen Garten. Ein Tisch, mehrere Stühle, zwei Fanteuils, ein Sopha. Waschtoilette mit schönem klaren Spiegel und ein Bett waren ge schmackvoll in dem Raum vertheilt; ja sogar sür Unterhaltung war in reichem Maße gesorgt, denn nicht nur, daß Zei tungen aller nur erdenklichen Parteien auf dem Tisch schön geordnet lagen, auch ein Spiel Karten fand ich bei iit herem Nachfehen vor. Noch hatte ich mich von meinem Stau nen über all' den Comfort nicht erholt, als ein bescheidenes Klopsen an der Thür erscholl. Auf mein „Herein" trat ein Unlerofsicier ein. Er hielt ein Centiinetermaß in der Hand und bat mich um die Crlanbniß, Maß nehmen zu dürsen. Das war in wenigen Augen blicke» geschehen, und kaum eine Viertel stunde später befand ich mich im Besitze einer sunkelnagelneuen Unisorm, die wie angegossen saß, obwohl sie aller dings nach Maß den reichen Bestän den der Kammer entnommen war. Ein Gcsreiter theilte mir bald daraus mit, daß für die Herren Landwehrmän ner im Casino servirt sei, und da mein Magen mir bereits einmal zu verstehen gegeben halte, daß es doch eigentlich Zeit zu einem Abendimbiß sei, trug ich auch kein Bedenken, dem Winke Folge zn leisten. Ter bilde» und blumengeschmückte Saal des Casinos machte einen unge mein einladenden Eindruck. Eine Un menge kleiner Tische, jeder zu vier Ge decken, waren ausgestellt. Das blen dende Weiß des Tischzeuges, das blitz blanke Geschirr, die schwere» vierzinkige» Gabel», die blinkenden Messerklingen Tust der Speisen, das Alles wirkte so verlockend auf unS Landwehrniänner, daß in wenigen Minute» sämmtliche Plätze besetzt waren. Und die Speisen machten den Köchen alle Ehre! Die Suppe war vorzüglich; das Roastbeef konnte man fast mit der Zunge zerdrücken, und unter den Spar geln war nicht eine einzige Stange zu finden, die auch uur im Geringsten hol zig gewesen wäre. Und dazu ein Bier, ein so köstliches, erfrischendes Getränk, wie wir's in Berlin mit der Laterne zu suchen haben! Weß das Herz voll, deß geht der Mund über. Nur eine Stimme des Lobes hörte man in dem weißen Saal. Toast folgte auf Toast, und alle gipfel ten >n dem Sinne: „Ha, welche Lnst Soldat zu sein!" Bis zwols Uhr währte das erhebende Beisammensein, dann sagten wir aus den Wunsch deS Osfiners der Ronde, der uns mittheilte, die in dem nahe ge legenen Wachtlokal befindlichen Mann schasten könnten infolge unserer begei sterten Gesänge keinen Schlaf finden, einander gute Nacht, um bald darauf in der kommende Tag bringen würde. Gegen acht Uhr am nächsten Morgen erwachte ich plötzlich infolge eines Ge stellt. Ich sprang von meinem weichen Lager auf und kleidete mich an. „Wünschen Sie den Kaffee auf Ihrem Zimmer zu trinke» oder im Casino?" Mit diesen Worten schob bald darauf ei» Soldat wieder feine» Kops durch die Thürspalte. Da ich noch vor dem Beginn des Dienstes einen Brief an die Meinen zu Kaffee auf mein Zimmer zu bringen. Schon nach wenigen Minuten sog ich das duftende Aroma eines starken „Schwarzen" mit Genugthuung ein. Auf einer silbernen Blatte stand ein zierliches, weißes Kännchen, gut zwei Tasse» des löstlichen Getränkes enthal tend. Sahne und Znck:r ließ ich unbe die beiden knusprig gebackenen Milch brödchen zum Kaffee schmecken. Ja, das war ein Genuß! Der Ma. jor hatte nicht zu viel behauptet, als er beim Abschied sagte, wir würden sehen, was für einen Sorger wir an ihm ha ben würden. Mittlerweile war es Zeit geworden, nach dem Garten zu gehen, wo mir uns ja um zehn Uhr mit dem Major wieder sehen wollten. CS war ein von herrlichen alten, schatlenfpendenden Bäumen umgebener Platz, wo wir uns zusaiiimenmnden. ! Es verstrich kaum eine halbe Stunde, als wir vollzählig beisammen waren. Der Major hatte uns bereits erwartet. Er stand muten auf dem Platze, ein neues Gewehr in der Hand, und wir stellten uns in einem Kreise um ihn auf und lauschten seinen Worten, mit denen ' er unS in die Geheimnisse der neuesten Schußwaffe einweihte und die wenige» „Griffe" erklärte. Da« war in etwa zwanzig Minuten geschehen. Danach wurden wir wieder entlassen, mit der Bitte, unS das Gewehr, das unS dem nächst übergeben werden würde, recht genau anzufehen, damit wir am nächsten Tage im Stande seien, gut und sicher zu schießen. WaS aber nun den ganzen geschlage nen Tag anfangen? Wir schlugen die Zeit todt, so gut es eben gehen wollte. Tie Einen nahmen die Sehenswürdig keiten der Stadl in Augenschein, 9-ndere vergnügten sich in dem zum Kasino ge hörigen Billardsaal, wieder Andere er öffnete» im Saal eine feucht-fröhliche Kneiptafel kurz, die Zeit ward eben hingebracht, bis uns spät am Abend d>e Müdigkeit auss Lager warf. Das neue Gewehr ist doch nicht zu verachten, das hatten, wir am nächsten Tag beim Schießen zu beobachten Gele genheit. Auf den Vorschlag, der aus unserer Mitte heraus gemacht wurde, das Geschoß auf feine Durchschlagskraft hin zu prüfen es soll nämlich sechs hinter einander aufgestellte Soldaten durchschlagen wurde nun freilich nicht eingegangen, aber seine Treffsicher heit lernten wir zur Genüge kennen. Man braucht nämlich nur richtig zu zie len beim Abdrücken dann nicht das Ge wehr aus der Lage zu bringen und der Schuß fitzt! Der Rest dieses TageS, von elf Uhr Morgens ab, gehörte wieder uns. Am nächsten Tage ward ein wenig mar schirt, an einem weiteren wird in der Compagnie exerciert, am nächsten im Bataillon, dann erlöste uns ein Sonn tag vom Dienst, am Montag ward abernials geschossen, und den Schluß unserer Uebung sollte die Vorstellung vor dem Obersten bilden. Ob wohl Alles klappen würde? Das war unsere Sorge; doch wesh.ilb daran zweifeln?' War doch bis jetzt Alles gut abgelaufen und zur Zufriedenheit des Majors! Doch mit des Geschickes Mächten ist bekanntlich nicht gut Kirschen essen k Die Vorstellung drohte vollständig in die Brüche zu gehen. Und zwar sollte ich der Unglücksmensch sein, der an dem Mißlingen schuld war. Wir standen bereits in Reih und Glied. Die Rich tung war eine vorzügliche. Der Major ritt dem heransprengende» Oberst ent gegen, um die vorschriftsmäßige Mel dung zu machen. Wie aus Stein ge hauen standen wir Landwehrmänner da. Da plötzlich merke ich. daß ich mein Gewehr nicht habe. Entsetzt blicke ich um mich, dabei sällt mir der Helm vom Kopf. Dcr Hauptmann sieht das. Er raunt mir leise zu: „Ich bitte Sie um Alles i» der Welt, stehen Sie doch still!" Allein ich beachte die freundliche Ermahnung nickt. Ich bin außer mir, denn ich kann doch nicht barhäuptig und ohne Gewehr in Reih und Glied stehen 5 „Mein Gewehr! Mein Gewehr!" Ver zweiflungSvoll rufe ich eS aus. „Aber Mann, was hast Du nur! Komme doch zu Dir! Wach'doch aufk Du träumst ja so schwer und stöhnst, daß eS einen Stein erbarmen kann!" Ich blicke verwirrt um mich und sehe meine Frau vor mir stehen. „Wo bin ich denn? Wo ist mein Gewehr?" frage ich, mich erstaunt aufrichtend. „Dein Gewehr? Nun, so warte doch gefälligst, bis Du eines bekommst, oder kannst Du die Zeit gar nicht erwarten, daß Du gedrillt wirst? Du warst doch sonst nicht so besessen auf's Dienen!" Jetzt endlich ward mir meine Situs» tion klar. Ich Halle mich niedergelegt, um vor der ärztlichen Untersuchung erst noch einmal tüchtig auszuschlafen, und hatte bereits eine zehntägige Uebung, hinter mir, allerdings nur ge träumt. ES war die höchste Zeit, daß mich meine Frau weckte, denn bis zu der in der Ordre angegebenen Stunde fehlten nur etwa noch fünfundzwanzig Minu ten. Aber ich kam doch noch zur rech ten Zeit auf dem Gestellungsplatz an. Ein so schneidiges „Still gestanden!" wie ich es letzt in der Wirklichkeit z» hören bekam, hatte ich während der gan zen zehntägigen Uebung, die ich aus dem Sopha turchgeträumt, nicht wahrge nommen. Auch Worte wie „Herren" und „Kameraden" drangen hier nicht an mein Ohr. Das war Alles die nackte Wirklichkeit, wie sie Jedermann im deuischen Reiche bekannt ist. Auch die Worte: „Ha, welche Lust Soldat zu ! sein!" schwirrten mir nicht mehr durch den Kopf, wohl aber beschäftigte ich mich angelegentlichst mit der Frage: „Wird Dich Dein Augenübel auch dies mal wieder vor einer Uebung be wahren ?" Jawohl, das war das Wort, das mir durch den Kopf ging, bewahren! Denn fo schön, wie's in der gelräumten Uebung war, wär'S ja in Wirklichkeit doch lange nicht geworden! Und—ich ward bewahrt! Da trällerte ich denn auch wieder auf dem Heimweg vor mich hin: „Ha, welche Lust Soldat zu sein!" Sinnspruch. Nicht immer ist's die Ueberlegung, Von der mit Recht man Kluges hofft/ Denn nach der reiflichsten Erwägung Macht man die größte Dummheit oft. Verfehlte Verbefse eung. Junge Frau: „Sie sprechen da immer mit Betonung von schlechten Hausfrauen Sie meinen doch nicht etwa mich damit?" Aeltere Dame: „Warum nicht gar ich bitte Sie, es gibt doch unter unS noch mehr schlechte Hausfrauen!" In« Photographen-Ate lier. Herr: Ist das Bild meiner Frau schon fertig? Photograph: Ja tvohl, zum Sprechen ähnlich! Herr: Um Gotieswillen, dann nehm' ich'» nicht! Sommerwetter. Vater: Die Hitze ist heute kaum zu ertragen. Solm: Ja, Papa, denke Dir, daß die zwei Thaler, di« Du mir gestern gegeben hast, schon z« zwei Silbergr». ichen geschmolzen sind I '
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