» «2»l» »»» Z»»«» »»»«>» Leise, ganz leise klirrt die elektrische Glocke gerade, alt wenn Jemand «»r zaghaft mit schüchternem Finger «uf den Knopf gedrückt hätte. Drinnen, im schattenkühlcn Erkerzimmer, springt «in junges, blondes Mädchen rasch vom Sessel empor, wirft die Handarbeit bei Seite nnd nlt in» Entree, um zu öffnen. Ein rafcher Blick durch da» kleine rund« Guckfenster, dann nesteln die nervösen schmalen Fingerchen an der Sicherh«it»- kette, der Schlüssel klirrt, die Thür springt ans. In der Spalte wird ein sonnenge bräunteS Männerantlitz sichtbar, dem «in melancholisch herabhängender, in zwei Spitzen ausgedrehter Riesen- Schnurrbart vergeblich ein martialische« LuSsehen zu geben versucht, unter dem riesigen Kalabreserrande lugen zwei «aiv-schüchterne Augen mißtrauisch her vor und eine durchaus nicht besonders kouragirt klingende Stimme stammelt halblaut: „Darf man?" Die Kleine reißt die Thüre weit auf «nd macht eine komische Verbeugung: „Ja man darf, Hasenfuß!" Er traut sich noch immer nicht. „Aber Dein Papa?"" „Ich bin allein!" „Ganz allein?" „Ganz allein." Mit einem Sprung ist er d'rin. „Sieh mal, Schatz" er dreht ver legen den Kalabreser zwischen den Fin gern—„Du darfst mir diese Bedenklich, leiten nicht übel nehmen. Meinen Korb habe ich nun einmal weg, ich weiß ganz genau, daß meine Gegenwart hier als hvchst überflüssig empsunden wird und da ich schließlich nicht gern direkt hinaus geworfen werden möchte " „Gerade deshalb habe ich Dich ja be nachrichtigt!" unterbricht ihn das Mäd chen ; „wir find heute ganz, ganz unge stört. Papa und Mama haben sich end lich zu einem Besuch in der Kunst- Ausst«llung ausgerafft, das Dienstmäd chen wußte auf meinen Befehl in die Markthalle marschiren, wir sind allein, ganz allein. Eine glückliche, einsame Stunde haben wir vor uns —" „ die wir ausnützen wollen, so gut wie möglich!" vollendete der aus einmal höchst muthig aussehende Jüngling und preßt den melancholischen Schnurrbart unternehmend aus zwei schwellende rothe Lippen, die sie ihm nicht versagen. Diese stumme Konversation dauert eine geraume Weile und erst nach etwa zehn Minuten in einer größeren Kußpause kommt der junge Mann dazu, mit einerNachricht hinauszurücken, die ihm schon vom ersten Augenblick dieses Zusammentreffens ab heiß aus den Lippen und in der Brusttasche brennt. In besagter Brnsttasche steckt nämlich ein höchst accurat zusammengefaltetes Exemplar der „Vossischen Zeitung", und dieses Exemplar enthält eine Kunst kritik, in welcher mehrere Sätze sehr energisch mit Bleistift unterstrichen sind. Der junge Mann reicht dem Mädchen die Zeitung, indem er mit dem Finger aus die ultramarinblaue Stelle deutet: „Du Else, mein Bild hat envrmeS Glück! Lies mal, was Ludwig Pietsch darüber schreibt!" Sie strahlt vor Entzücken und er verwendet keinen Blick von ihrem liew lichen Gesichtchen, das im Widerschein der Freude zu noch frischerer, hellerer Schönheit auszublühen scheint. „Ach bravo, Paul, bravo! Da ist es sicher auch schon verkauft!" „Dieses weniger!" Er scheint plötzlich sehr herabgestimmt, und auch ihre Stimme klingt etwas Neinlauter, als sie sagt: „Ich meinte nur wegen Vater aus den hätte das sicher großen Effect gemacht." „Ach Dein Vater." Er schnippt geringschätzig mit den Fingern und zwirbelt dann die Enden feines Schnurrbarts, der wieder einen unsagbar melancholischen Ausdruck an nimmt. Plötzlich spitzen Beide die Ohren.' — Draußen klappert ein Schlüssel, die Thür knarrt in den Angeln, schwere Schritte stampfen durcb's Vorzimmer. Regungslos, mit angehaltenem Athem lauscht das Mädchen. „Mein Gott, mein Gott wer mag das sein?" „Vielleicht Einbrecher!" flüstert Paul, indem er eine kampfbereite Stel lung einnimmt. „Viel schlimmer, viel schlimmer!" stottert die Lauschende, als nunmehr ein wohlbekanntes Räuspern au ihr Ohr tönt, „ es sind die Eltern!" „Diese No. 3231! Diese vermale deite 3231!" poltert Papa Kanzleirath im Nebenzimmer, und: „O diese 3231 l Ich wollte, ich hätte sie nie gesehen!" haucht Mama's Stimme, in deren Zit tern, noch deutlich die Nachwirkungen eines hysterischen Anfalls zu erkennen sind. „Wahrscheinlich eine Lotterienummer, die sie verkaust haben und die nachträg lich mit dem große» Loose herausge kommen ist!" bemerkt Paul. „Sehr leicht möglich!" wispert Else. „In dieser Stimmung darf Dich Vater nicht erblicken. Verschwinde über die Dienstboten Treppe. Ich will versuchen, den Sturm abzulenken!" Und mit gut gespielter Unbefangen heit tritt sie über die Schwelle des Wohnzimmers den Eltern entgegen. „Aber sagt mir, um Himmels willen, s>aS Euch so rasch wieder nach Hause jreibt?" „Nummero 3131!" schimpfte der Alte, )ndem er mit großen Schritten im Zim mer auf und nieder rennt. „Nummero 3231 ? Ja was ist denn das?" „Ein Bild, vor dem Deine theure Mutter eiuen hysterischen Anfall be kommen hat!" „Ein entfetzuches Bild!" ergänzt die Würdige Dame. „O, diese Spanierl Stille Dir vor. Else! Ans «inem Thron» sesiel ein in seidene KrSnungSgewSnder, gehülltes Gerippe. Daneben ein verrück ter König, der von den Hofschranzen verlangt, daß si« dem Skelett ihre Hul digung darbringen. Ueberall schlotternde Gestalte«, uerstörte wachsweiche Gesich ter. Einem armen kleinen Jungen, der ganz nahe bei d«>» schauerlichen Thron sitzen muß, treten vor Angst die Augen aus den Höhlen. Weiß Gott, mir ist'S nicht viel besser ergangen! Diese Knochennnger in den Handschuhen, die ser nackte Schädel hinter dem Schleier, dieser " „Na kurz und gut", brummt de. Alte. „Mutter sieht das Bild und ein», zwei, drei bekommt sie ihre Zu sälle! So was müßte die Polizei »er bieten!" „Meine Zufälle?" „I, Gott bewahre,ich meine natürlich das Bild." „Keine Macht der Erde bringt mich ein zweites Mal vor diese Leinwand!" betheuert die Mutter. „Und mich auch nicht!"schwörtder Va ter. indem er zwei Finger in die Höh« hebt. „Ich bin kein Freund von öffent lichen Ohnmachtsansällen und habe vor läufig überhaupt genug von der Au» stellung." Else aber schreibt eine halbe Stund« später ihrem Schatz die inhaltsschweren Worte: „Endlich giebt's in der Ausstellung ein ungestörtes Plätzchen, wo wir trotz unserer Familien-Abonnementskarte vo, Vater und Mutter völlig sicher sind! Morgen Nachmittag, Punkt süns Uhr, erwartet Dich Deine Elise im Spani schen Saal, dicht bei Nummero 3231." Ein Paar Wochen ipäter. Wie ein ertappter Schuljunge steht Vaul vor dem zornrothen Vater seine, Angebeteten. Man hat mir hinterbracht, daß Si« sich seit langer Zeit, mein strenges Ver bot mißachtend, heimlich mit meine» Tochter treffen. Stimmt das?" „Jawohl, Herr Kanzleirath!" „Der Ort dieser höchst unpaffinden Zusammenlünste war meistentheils di, Kunstausstellung?" „Immer, Herr Kanzleirath!" „Dars ich vielleicht um eine näher Platzbezeichnung bitten?" „Jawohl, Herr Kanzleirath! Wir trafen uns vor Nummero 3231!" Der Kanzleirath machte ein Gesicht, als hätte man ihm soeben einen Löffel Rhabarber in den Mund gegossen. „Vor Nummero 3231 also! Vo, dem scheußlichsten Bild auf der ganzen Ausstellung?" „Vor einem der besten Bilder aus dei ganzen Ausstellung! Seien Sie, bitte, etwas zurückhaltender mit Ihrer Laien kritik, Herr Kanzleirath!" „Mein Herr!" „Mein Herr!" Wie die Kanipshähne stehen sie einan der gegenübzr, denn der Maler, sowi« es sich um Kunstsragcn handelte, verlor ganz seine Schüchternheit. „Ja, wissen Sie denn überhaupt, Herr Kanzleirasuhr er in steigende, Erregung „daß fort.gerade Sie eine ganz vortrffliche Lehre aus diesem Bilde zie hen könnten, daß es förmlich dazu ge malt ist, Ihnen Vernunft beizubringen und Ihr schlummerndes Vater-Gewis sen in heilsamster Weise aufzurüt teln?! „Herr, mir scheint, Sie sind wahnsin nig geworden?" „Nicht im geringsten Wissen Sie, we, Ines de Castro ist?" , „Nein, bin auch gar nicht neugierig." „Schlimm genug, Ines de Castro ist eine historische Persönlichkeit, Ines de Castro ist die vermoderte Dame mit den Glacehandschuhen und dem Spitzen schleier, Ines de Castro ist Nummero 3231!" „Mensch, bringen Sie mich mit die ser Nummer nicht zur Verzweiflung!" „Das werde ich wohl thun, Herr Kanzleirath! Wissen Sie, warum besagte Ines vor der Zeit elend vermodern mußte und nun die gespen siische Mission erfüllt, hysterischen Da men auf der „Internationalen Kunst ausstellung" zu gefährlichen Ohniuachts anfallen zu verHelsen? Wissen Sie, warum? Weil sie der Vater ihres königlichen Geliebten im Jahre 1355 ermorden ließ, so daß sie ihrem treuen Dom Pedro, als er endlich den Thron seiner Väter bestieg, beim Huldigungs akt nur noch in skelettirlem Zustande und in höchst mangelhafter Weise asisti ren konnte. Warum erbleichen Sie, Herr Kanzleirath?... Unser Fall liegt ähnlich. Auch Sie drangen sich mit gewaltthätiger Hand zwischen ein liebendes Paar. Zwar haben Sie durchaus keine Aehnlichkeil m»t „Alfons dem Vierten" von Portu gal, und ich bin weder Ihr Sohn, noch sonst ein portugiesischer Thronsolger, aber wenn Sie glauben, daß Ihre Tochter meinen Verlust überleben würde, so irren Sie sich gehörig, Herr Kanzlei rath! Ihr „Nein" ist Mord! Denken Sie an Ines de Castro und besinnen Sie sich eines Besseren!" „Ihr Gleichniß hinkt! ES hinkt furcht bar!" rust der geängstigt? Kanzlei rath. „Gleichviel," beharrt Paul, „wenn es nur zum Ziele hinkt, zum Ziele unsere, Verlobung!" Dem Kanzleirath trieft der Schweiß von der Stirn. Ueberwältigt von der Suada des Gegner», kann er nur noch fragen: „Mann, wo nehmen Sie auf einmal die ungeheure Courage her?" „Woher?" Paul greift in fein, Brieftasche. „Aus diesem Check aus die Reichs bank! Ein außerordentlich verdrehte, Engländer hat heute Vormittag in de, Ausstellung mein Bild für den Preis von fünftausend Mark angekauft." Der Kanzleirath reißt beide Augen weit aus und prüft den Check durch di« scharsen Brillengläser und rust plötzlich indem er die Arme schwiegervätcrlich ausbreitet: „Aber Paulchen, warum hast Da denn das nicht gleich gesagt?" Der Beweis war erbracht, daß man von der Malerei eventuell auch lebe» konnte. Ein paar paar Minuten später win det sich Paul aus den Armen seiner zart besaiteten Schwiegermutter, die in dem Augenblicke, als sie das Wort „Check" fallen hörte die Portiere zurückgeschla gen hatte und rasch näher getreten war. - „Ich muß in die Ausstellung, um Elsa zu benachrichtigen,"entschuldigte er sich, „sie erwartet mich vor Nummero 3231!" Und als ihm auf der Straße ein gu ter Bekannter zuruft:„ Herrjeh, Mensch Du siehst ja aus, als ob Du in der Lot terie gewonnen hättest!" Da antwortet er seelenvergnügt: „Jawohl, das große Loos! Aus Nummeco 3231!" Wiener Theater in» vorigen Ja»»r- I„«nd«rt. Das Publikum der österreichischen Kaiserstadt, welches jederzeit nicht wenig stolz aus seine Theater gewesen ist, Halle im vorigen Jahrhundert einen recht traurigen Geschmack. So wurde z. B. im Jahre 1783 im kaiserlichen Theater vor dem Käruthnerthor eine Comödie „Der Haushahn" ausgeführt, in welcher die Schauspieler als Hähne und Hennen verkleidet aus die Scene kamen und ihre Sätze und Arien nach Herzenslust kräh ten und gackerten. In derartigen Co mödien, wie z. B- der „Jackerz zu St. Marx", „Die drei Hanswursten von Salzburg", „Basilico de Bernagosso," „Die Macht der Fee Galantine", „Die galante Pilgerin oder zwei Hanswur sten", welche immer sehr gut besucht wa ren, während ein gutes Stück stets vor leeren Bänken in Scene ging spiel ten natürlich tanzende Teufel und Hexen, allerlei Thiere die Hauptrolle. Zu reden hallen die Mimen mit der Zunge sehr wenig, aber desto mehr mit ihren andere» Gliedmaßen. Danach richtete sich auch ihre Bezahlung. War ein Schauspieler einmal auf der Szene in die Lust geflogen, so erhielt er dafür einen Gulden, war er ins Wasser ge gangen, dasselbe ; für empfangene Prü gel setzte es nur 24 Kreuzer; eine Ohr feige und ein Fußtritt wurden schon besser mit 34 Kreuzer bezahlt. Hatte nun ein Mime an einem Abend viel derartige Annehmlichkeiten durchgemacht, die ziemlich ernst genommen und schon mehr Wahrheit als Schein waren, so verdiente er ein sür damalige Zeit recht hübsches Stück Geld. Ein Wiener Theaterzettel vom Jahr« 1767, nach damaliger Sitte mit Karika turzeichnungen versehen, lautet: „Heute, Dienstag, den 2ö. December, wird aus dem Kaiserlichen privilegirten Theater nächst dem Kärtnerthore ausgeführt werden eine wohlintriguirte überaus lustige und sehenswürdige Hauptbur lcske, betitelt: „Die größte Thorheit der Welt ist eine unbegründete Eifer sucht zwischen vernünftigen Eheleuten, mit Hanswurst, einem lustigen Gast wirth, eifersüchtigen Ehemann, lächer lichen Prokurator des Hausfriedens, neumodischem Frauenzimmer, Hoch zeitsbilder und brutalem Trakteur." Dabei mußten die Wiener das Vergnü gen des Theaterbesuchs ganz gut be zahlen. Im Jahre 1772 waren di» Abonnementspreise im deutschen Thea ter folgende: Loge im 1. Stock <!00 Gulden, im zweiten Stock 500 Gulden jährlich (im französischen Theater 700 Gulden); Parterre noble monatlich 21 Gulden, jährlich 150 Gulden; gesperr ter Sitz (Sperrsitz) monatlich 2S Gul den; 3. Stock monatlich IS Gulden, jährlich Ivo Gulden; 2. Parterre mo natlich 9 Gulden, jährlich 6V Gulden. — Kaiser Josef U. suchte im Jahre 175« (da er noch Kronprinz war) den Ge schmack des Wiener Publikums zu ver edeln, indem er das Burgtheater unter sein Protektorat nahm und nur gute Stücke aufführen ließ. Die Folge war, daß die Abonnenten größtentheils ausblieben. Doch ließ sich Josef dadurch nicht beirren: „Nur so fortgefahren, sie werden schon kom men!" sagte er zu seinen Schauspielern und schenkte Manchem, wenn er in einer Rolle besonders gut gewesen, die zanze Tageseinnahme. Auch belohnte er den Fleiß und die Strebsamkeit der Vurgschauspieler dadurch, daß er ihre Bildnisse, die sie in ihren besten Rollen zeigten, in der Burgtheater Galerie auf hängen ließ, ein noch heute herrschender Brauch. GedankenspSne. Willst du den wahren Charakter dei er Angebeteten kennen lernen, so hei, rathe sie. Bedenke: Alles frommt nicht! WaS man sich wünscht, das komm) nicht, Und wenn eS kommen sollte. Ist'S selten wie man'S wollte. * » * Traue nie den Zuckersüßen, Die sich immer sanst dir zeigen! Das Umarmen und das Küssen War ja schon dem Judas eigen. M. Stichlberger. Abgeführt. Geck: „Neulich habe ich ein interessantes Buch gelesen, meine Gnädigste. ES wird darin erör tert, welchen von den fünf Sinnen man am leichtesten entbehren könnte. Wel chen würden Sie wohl am leichtesten entbehren, wenn Sie einen verlieren sollteu?" Dame: „Das Gehör." Geck: .Und weshalb gerade dieses?" Dame: „Um nicht so alberne Fragen hören zu müssen!" Ein Schlauer. Lotterie collecteur: Wollen Sie lieber ein Loos der Pserde- oder K ölner Dom Lotterie? Bauer: Geben Sie mir lieber ein Loos der Pserde-Lotterie; was sollt« ich wohl mit dem Kölner Dom anfan gen, wenn ich den gewinnen würde? W«« ?" Frau Wanda gehörte zu jenen Witt wen, die Alles in sich vereinen, WaS einen Mann zu fesseln vermag. Sie war nur ein Jahr an einen obendrein kränklichen Mann verheirathet gewesen, hatte in der Pflege desselben e,n genügend gutes Herz bekundet und sein Erbe angetreten, ohne sich dessen in» eigentlichen Sinne bewußt zu sein. In Wahrheit Frau Wanda besaß nicht mehr Prätensionen, als einer hüb schen und dabei klugen Frau nun einmal von Natur eigen sind. In guten Ver hältnissen ausgewachsen, hatte sie weder den Mangel noch den übertriebenen Luxus kennen gelernt. Ihr Reichthum behinderte sie deshalb ebenso wenig, wie «r sie zur Einnahme einer besonders hervorragenden Stellung .verleitete. Sie hatte dem Trauerjahr, das sie in stillet Zurückgezogenheit verlebte, ein paar Jahre der Reisen, die sie mit einem älteren Anverwandten unternahm, fol gen lassen. Seltsam junge Wittwen haben anscheinend ein helleres Auge sür die Gegenstände um sie her, soweit diese Gegenstände männlichen Geschlechtes sind. Und so kam es, daß Fran Wanda nach zweifellos hübschen und interessan ten Reisen in die Mittelstadt zurück kehrte, die neben einem ziemlich starken Dragonerregiment, auch noch eine königliche Reitschule besaß, deren zu ihr kommandirten Osficiere in der mi litärischen Gesellschaft den ersten Ton angaben. Nun war X. nicht groß genug, um zwei große getrennte Gesellschaftskreise nebeneinander bestehen lassen zu können. Und so hatten sich die tonangebenden „civilen" Gesellschaftskreise mit den mi litärischen höchst einträchtig zusammen gefunden. Dank ihrer guten Erzie hung, ihres tadellosen Rufes und viel leicht auch ein wenig ihres Vermögens wegen war Frau Wanda Mitglied die ser Gefellschaft. Ja, sogar ein vielumworbenes im Ansang wenigstens. Denn damals hat ten noch alle jüngerm Osficiere der Gar nison Leib und Seele daran gesetzt, um einen freundlichen Blick, eine kleine ge sellschaftliche Auszeichnung von Frau Wanda erhaschen zu können. Alsbald aber waren zwei Cavaliere in den Rin gen um die Gunst der jungen Wittwe in den Vordergrund getreten, welche die „jüngeren Elemente" veranlaßten, den Sturmangriff einzuschränken. Und das war der etatsmäßige Stabsosficrer im Dragonerrcgiment und der Husaren rittmeister, der zur Reitschule common dirt war. Und Frau Wanda ? Nun, die so offen zur Schau getragene Lust der bei den Cavaliere, sie zur Frau Major resp, zur Frau Rittmeisterin zu ma chen, war schme:chelnd genug, und die junge Wittwe hätte trotz ihrer Erfah rungen kein Weib sein müssen, wenn nicht die Huldigungen in ihr eine ge wisse Befriedigung erzeugt haben soll' ten. Aber ihr Herz? Ja, das dumme kleine Ding—sie hatte es noch nicht ein mal befragt ntid aus eigenem Antriebe sagte es nichts. Beide Osficiere waren Junggesellen und trugen altadelige Namen. Frau Wanda wäre in jeder Beziehung wür dig gewesen, in den Schutz ihres Wap pens zu treten und keiner von ihnen hätte sich besonnen, ihr dieses und den alten Namen zu Füßen zu legen. Wir wissen nicht, ob der jungen Wittwe Reichthümer von besonderem Einfluß aus jenen Entschluß gewesen sein kön nen, Thatsache ist jedoch, daß der Dra goner mit den Achselraupen, wie der Husar mit den Rittmeisterabzeichen sich in der Lage befanden, einer Vergol dung ihres alten Wappenschildes nicht mit ganz ungünstigen Augen entgegen zusehen. Da kam der 1. April heran und was die Hochsaison in der Gesellschaft ihr nicht gebracht hatte, sollte ihr der omi nöse 1. April bringen Erklärungen nämlich! Manche Dame, die eine Erklärung ahnenden Herzens erwarten und erhof fen mag, muß längere Zeit daraus war ten. Wittwen sind glücklicher daran. Und Wanda schlug alle anderen Vertre terinnen ihres Standes um e>ne dop pelte Länge. Der 1. April brachte ihr nicht eine Erklärung, sondern deren zwei. Am Morgen eine, und am Nachmit tag eine, beide unter etwas seltsamen, begleitenden Umständen. Die erste fand nicht in ihrem, und die zweite in einem fremden Salon statt. Frau Wanda hatte einer Dame ihres Bekanntenkreises einen Besuch machen wollen und diese zwar nicht angetroffen, aber die Auskunft erhalten, die Rück kehr derselben müsse in wenigen Augen blicken erfolgen. Weiber bleiben Weiber! Hätte irgend ein conventioncller Anlaß den Besuch herbeigeführt, Frau Wanda wäre sosort wieder aufgebrochen. Aber fo hatte eine Toiletiensrage ihren Besuch herbei geführt. Natürlich blieb sie. Und da war's, wo der Dragonerma jor, der nur einen conoentionellen Be such machen wollte, sie antraf. Der blieb auch. Sein Grund dazu aber hieß Wanda. Sie waren so hübsch allein. Lein neugieriges Auge, kein lauschendes Ohr störte. Und da floß denn die erste Er klärung vom Stapel. Der Major öff nete sein Herz, —vielleicht! ganz gewiß aber dieSchleußen seiner eavalieren Be redsamkeit und die bekannte Vorfrage aller späteren standesamtlichen Eon sequenzen erfolgte mit gebührender Schneidigkeit.— Frau Wando hatte die Arme leicht in den Schooß gelegt und hörte. Wirk lich, das, was der Major sagte, interes sirte sie. Aber, als er geendet, gerieth sie in Verlegenheit. Während seiner ganzen Werbung war ihr nicht einge sollen, was sie aus dieselbe eben zu er widern hätte, und deshalb schaute der gute Major schließlich etwas verblüfft darein, als Wanda sich erhebend sagte: „Ihr Antrag ehrt mich sehr, Herr Ma jor—aber—" „Aber " „Er trifft mich völlig unvorbereitet und deshalb seien Sie mir nicht böse! kann ich augenblicklich Ih nen kein« Antwort geben." „Und wann dars ich „Morgen, Herr Major!" Und Wanda ging. Die Toiletten fraqe war aus ein Nebengeleis gerückt. Der Abend brachte die zweite Wer bung. Der Winter' war lang gewesen und die Ballsaison hatte sich mit ihm ausge dehnt. So war denn auch am ersten Apriltage noch eine Loirs« <lans»i>ts beim Kommandeur des Dragonerregi mentS. Wanda und die beiden Anbeter waren natürlich geladen. Dem Dragoner folgte der Husar eigentlich eine falsche Ordnung der bei den Waffen! Aber desto kecker ging er auf sein Ziel los. Mitten im hell «rleuchieten Ballraume, während einer Tanzpause, bieder übrige Theil der Ge sellschaft dazu benutzte, um sich plau dernd in die Nebenräume zurückzuzie hen, kam die zweite Erklärung. Sie war etwas unvermittelt, aber das entsprach ja dem Husarencharakter. Frau Wanda war zum zweiten Male überrascht, aber jenes geheime Pochen in ollen Herzenswinkeln, das der kleine Liebesgott, hat er einmal sich daran niedergelassen, zu veranstalten pflegt, blieb auch hier wieder aus. Und so ward denn dem Rittmeister derselbe Bescheid wie dem Major: „Morgen!" Frau Wanda verließ früher, als sie beabsichtigt hatte, den Ball. Sie wollte allein sein, um eine Entscheidung treffen zu können. Kurz vor ihrem Ausbruch traf sie auch den Rechtsbeistand und Verwalter ibres Vermögens, den jungen Rechtsanwalt von Soden, den eine Pro ceßangelegenheit bis zum späten Abend ferngehalten hatte. Herr von Soden war in der Gesellschaft eine persona xr-rtissima; die Mütter überhäuften ihn, den Unvermählten, mit Artigkeiten, und die jungen Damen hätten fast alle durch die Bank ihrcn Namen »nit dem feinen vertauscht. Herr von Soden sah im Antlitz der schönen Wittwe die Erregung, in welche die beiden Anträge sie gesetzt, sich wider spiegeln. Noch nie war ihm die junge Frau so anziehend erschienen und ein seltsames Gefühl machte sich in ihm gel tend. das sich noch verstärkte, als Frau Wanda mit raschem Entschluß auf ihn zutrat und mit ihrem gewinnendste» Lächeln sagte: „Ich freue mich, Sie noch zu sehen, Herr Doctor! Würden Sie mir ini Lause des morgigen Vormittags ein halbes Stündchen widmen können?" „Eine ganze Stunde und die oben drein mit Freuden, gnädige Frau!" er widerte Herr von Soden und führte die Hand, die sie ihm reichte, an seine Lippen. Herr von Soden sah der Enteilenden nach. Was war es mir, das so plötzlich sein Herz, das so hübsch ruhig, wie es sich sür einen Vertreter des Rechtes ge hörte. schlug, zum lebhafteren Schlagen brachte? Die mit Heirathssähigen Töchtern ge segneten Damen fanden den sonst so „interessanten" Herrn von Soden heute recht einsilbig und die Herren, die ihn in ein Gespräch zogen, schüttelten den Kopf. Nur der Major von den Dra gonern und der Rittmeister von den Husaren landen nichts auffallendes in seinem Wesen, denn das ihrige ent sprach just dem seinigen, auch sie beide waren zerstreut und einsilbig in der Er wartung der Entscheidung des morgige« Tages. Der Dragonermajor hatte den ihm genau bekannten Herrn von Soden schon einige Male wie prüfend angeblickt. Jetzt schien er zu einem Entschluß ge kommen zu sein, denn er schritt plötzlich aus de» jungen Rechtsanwalt zu und zog ihn in einen Winkel. „Liebster Soden —sind Sie nicht der geschäftliche Vertreter der Frau Wanda von T? Nun denn, ich will mich Ihnen anvertrauen. Ich habe heute Mvrgen der Dame mein Herz und meine Hand zu Füßen gelegt." Herr von Soden fchaute auf. Sein Blick blieb aus dem schon stark gelichte len Haupthaar seines Gegenüber liaslen. Sonderbar er dachte in diesem Mo mente nur an das eine: „Das ist ja unmöglich!" „Liebster Soden, man sagt wohl nicht mit Unrecht, Sie genössen das vollste Vertrauen der schönen Frau. " „Ich dars mich dessen rühmen. Aber eine Frage, Herr Major! Hat Frau sich sofort entschieden ?" „Nein, sie erbat Bedenkzeit bis mor g>n." Wieder eine sonderbare Empfindung bei Herrn von Soden: das Gesühl als salle ihm ein Stein vom Herzen. „Es ist wahrscheinlich," fuhr der Major fort „daß Frau Z. Sie mit dem Geschehenen bekannt macht —" „Sie hat mich morgen früh zu einer Unterredung zu sich gebeten!" „Sehen Sie! Nun, liebster Soden — nicht wahr Sie unterstützen meine Werbung?" Und dem ob dieser Wandlung äugen schcinlich erschrockenen Rechtsanwalt die Hand drückend, ging der Major eilig Sem Commandeur des Regiments ent gegen, welcher in das Zimmer getreten wär und ihn heranwinkte. Ehe nochSoden sich von seinem Erstau nenerholt hatte, stand schon der Husare nrittmeister, zum Ausbruch gerüstet, vor ihm, schlug ihm cordial aus die Schulter und flüsterte ihm zu: „Einen Liebes dienst, Soden habe heute der schönen Wittwe Z:. meinen Stammbaum zu Fü ßen gelegt. Will mit dem Ausheben bis morgen warten. Stehen ihr ja als Verwalter ihres Vermögens sehr nahe lieber Soden Ihr Fürwort ist nicht ohne Bedeutung Kann mich wohl dessen erfreuen, nicht wahr? Keine besondere Versicherung, glaube es Ihnen schon so! Adieu! Adieu!" Und der Rittmeister ging, Herrn von Soden in einer fassungslosen Stim mung zurücklassend, die endlich in einem so kräftigem „Verflucht!" sich Lust machte, daß eine alte Anstandsdame, die just das Gemach belretcn wollte, ganz erschreckt zurückwich. Die Nacht schlief Herr von Soden miserabel. Er sollte die Werbung zweier Anderer unterstüpen und im sel ben Moment, in welchem die Bitten darum zu ihm drangen, ward ihm klar, daß er feib't „im Bunde der Dritte" sei, d. h. Frau Wanda ebensalls Herz und Hand anbieten möchte. Auch die juuge Witiwe schlief recht schlecht. Die beiden Werbungen denn ruhigten sie. Ja, wenn es noch ihr Rechtsanwalt gewcsen der schöne Soden, für den sie längst ein Faible sühlte. Aser der war eisherzig und hatte kaum einen Blick sür sie. Am andern Morgen stand Soden in einer wirklich moralischen Koterstlm mung vor der schönen Frau, die aller lei belanglos.s Geschäftliche mit ihm besprach. Endlich eine Pause und nun ermannte sich Soden. Er wollte des Majors Werbung unterstützen. Und so begann er halb scherzend: „S:e sollte» einen natürlichere» Ver treter Ihrer Interesse» suchen, gnädig« Frau " „Sie soU:eu Heirathen!" Eine Blutivelle übergoß das Aullih Wanda's. „Herr Doctor!" saqte kie leite. Und dann, wie von einer plötzliche» Empfin dung über'chauert. fügte sie binzu: „Glauben Sie, daß ich noch einen Mann glücklich machen könnte?" „O," i'agte der junge Jurist mit tie fem Gefühl. „Sie sind das Glück selbst sür denjenigen, der ho-sen dürs-e, Ihre Neigung zu Sie sind so jung, so schön —" Er war. hingerissen von dein Zanber ihres Blickes, der ihn in die'ein Augen blicke traf, einen Schritt aus sie znqe treten nnd hatte ihre Hände gefaßt. Tie e bebten, und als nun Soden fort-, suhr, Worie zu stammeln, halb willen los, da war es ulötzlich geschehen, das unerwaricie Wnnda« Viovf ruhte an seiner Brust und seine Lippen suchten die ihrcn! „Weißt Du, mein Freund," sagte sie glückstrahlend, daß es die letzte Minute war, die Deiner Werbung vergönnt war. Der Major von Z. und der Ritt-, meister vo» O. haben um mich angehal- ES war gut, daß Frau Wandrs Au in diesem Augenblicke an einem an deren Gegenstande hafteten, als auf dem Antlitz des Rechtsanwaltes, denn sie hätte dort die grenzenloseste Verwirrung gesehen. Aber diese Verwirrung machte bald wieder dem strahlenden Glücksgesühl Platz. „Wer das Glück hat, führt die Braut heim!" dachte er und preßte die schöne Frau nur noch inniger an sich. Die beiden Cavaliere aber, denen ein Kärtchen von der Hand WandaS mit einem aus zierlichen Phrasen zusammen gedrechselten Körbchen zuging, trösteten sich. Nur behaupteten sie: Soden sei ein ganz verfluchter Kerl, der ein un verschämtes Glück habe! Lcwtnsky als «achverständiger« Eine heitere, aber seltsame Geschichte ist dem Characterspieler de» Wiener Hosburgtheaters vor Kurzem begegnet. Tin Beamter der Eisenbahn hatte sich eine Uebertretung seiner Vorschriften schuldig gemacht und dafür eine Rüge im Beamtenleben „Nase" genannt zugezogen. Besagte Rüge war sehr energisch gehalten und gipselte in der Sluffordcrung, sich über die, dieselbe oeranlassende Ursache zu äußern, be ziehungsweise sich zu rechtfertigen. Der Betreffende, welcher es einerseits „nicht nöthig" hat, zu dienen und der anderer seits de i Dienst eineS Eisenbahners be reits satt hatte, kam dieser Aufforderung in einer bei den Beamten der verschie densten Kategorien nicht sehr gebräuch lichen Weise nach. Er schrieb an die vorgesetzte Direktion Folgendes: Auf die mir «uk Zahl so uud so viel zuge gangene Aufforderung, mich über den Fall zu äußern, auf den sich der Inhalt des Dekrets bezieht, habe ich sonst nichts zu erwidern, als: „Götz von Berlichin gen, IV. Act, 7. Scene." Die Drrec tion war selbstverständlich über den In halt dieser Aeußerungsganz außeror dentlich betroffen; es war dies „der erste Fall in ihrem Hause" und sie be schloß, den Beamten zu entlassen. Nun handelte es sich um eine gründ liche Motiviruug ihrer beschlossenen Maßregelung, denn: war ihr auch die kernige Apostrophe des Götz, welche in der Eingabe zitirt sein wollte, männig lich bekannt, so schien ihr dieselbe denn doch nicht vollkommen nachweisbar für den Fall, daß der Betreffende etwa versuch?» sollte, sich hinter Ausreden zu verschanzen, die Sache als n»r aus ein Versehen oder Mißverständniß beru hend hinzustellen. In den gedruckten Büchern ist ja be kanntlich die betreffende« raststelle punk tirt. Es handelte sich sür die Direktion daher darum, den Wortlaut derselben durch die Aussage einer fachmännischen Autorität auf dem Gebiete der klassi schen Literatur festzustellen. Als solche wählte man Herrn Lewinsky, welcher schriftlich um die Kommentirung der punktirten Stelle, das heißt um den Wortlaut derselben und eventuelle Be weise für Richtigkeit der Interpreta tion angegangen wurde. In Burg theaterkreisen gab es kein klnneSHalloh, als LewinSku das Geschichlchen erzählte. Der Künstler ist aber der ehrenden Aus forderung bereits, und zwar mit peinli cher Gewissenhaftigkeit, nachgekommen und der frivole Beamte wandelt daher auch schon als ein „Gespritzter" in der Mitte seiner Mitbürger. Vom K asel ne nho se. Un terosficier: Donner und Dorla! Wenn doch nur ein Windstoß diesen dämliche» Rekruten ..rechtsum" blasen möchte! Im Ust«nth«at«r. Hinter die Kulissen deS Affen theaters läßt uns ein jüngst erschienene» Buch „Wandernde Künstler von Signor Domino" einen Blick thun. „Ich habe stets bedauert —so schreibt der Verfasser —, daß Director Broekmann seine Vorstellungen nicht aus einer Bühne ohne Proszenium gab! Zum Beispiel mit einer durchsichtigen Glas wand statt der feste» Vorderwand, welche das Publikum leider hindert, den höchst interessanten Schauplatz zu beiden Seilen der Bühne zu überblicken. Da» Leben und Treiben der vierhändigen Bühnenkünstler dort bildete ein noch ungleich sesselnderes, eigenartigere» Schauspiel, als selbst ihre hübschesten Kunstleistungen auf der Bühne. Wie eine Gesellschaft wunderlicher Gnomen oder Liliputaner sitzen dort die Künst» ler wohlkostümirt, wohlgesittet, jeder in regelrechter, ausrechter Menschenhaltung auf seinem Stühlchen, jeder mit uuge theilter Ausmerksamkeit und reger Spannung den Vorgängen auf der Bühne folgend, um den Augenblick seines Erscheinens, der von keinem je verpaßt wird, zu erwarten. Kein Wensch ist in ihrer Nähe zu sehen, kein Diener oder Wärter, der nur ihre Ausmerksamkeit zerstreue» würde. Es bedarf für sie keines Souffleurs, keines Inspizienten, der ihnen im rech ten Augenblick zuflüstert: „Fräulein Lehmann, passen Sie aus, Sie kommen gleich 'ran" „Herr Schultze wo ist Herr Schultze.... rasch, rasch, Sie müsse» 'rauS!" Jeder kennt seine Rolle vollkommen, jeder kennt den Gang der Handlung und den Augenblick, der ihn rust, auf das Genaueste. Ohne Stichwort, ohne Wink des auf der Bühne beschäftigten Directors, er hebt er sich, wenn seine Scene gekom men, vo» seinem Stuhl, laust hinaus, spielt seine Episode, kehrt, ohne durch eine Verbeugung für den Beifall deS Publikums aus der Rolle zu fallen, nach seinem Stnhlchen zurück uud nimmt wieder Platz, um mit tiefem Ernst und großer Aufmerksamkeit weiter zu war reu, vi» ihn seine Pflicht wieder auf die Bühne fordert. Selbst bei diesem War ten hinter den Kulissen, ganz sich selbst überlassen und unbeaufsichtigt außer durch den gelegentlich über sie hin fchmeifend n Blick des auf der Bühne thätigen Direktors, fallen diese Thiere hier nie so weit aus der Rolle, auch nur ihre emporgerichtete Haltung auszuge ben und aus alle» Vieren zu lausen, oder in Asftnmanier niederzukauern, oder in jener „quecksilbrigen Beiveg lichkeil", die in ihrer Natur liegt und ein Haupthinderniß bei ihrer Dressur bildet, Allotria zu treiben. Noch ein Wort über diese Dressur selbst. „Der Mensch ist für den Affen «in fremder, unverständlicher Begriff", so erklärte Direktor Broekmann dem Verfasser, „ich muß mich so viel als möglich seiner Anschauungsweise nähern. Der Asse muß in mir seinesgleichen sehen, einen Affen wie er selbst ist aber einen stärkeren Affen als er, dem «r daher gehorchen muß! Das begreift er, er lebt sich viel eher da hinein und gibt sich viel bereitwilliger Mühe, mich zu verstehen, als wenn er ein fremdes, ihm unverständliches Wesen in mir sieht, das auf ihn ungefähr den Ein druck machen muß, wie auf den Men schen ein Ungeheuer aus einer anderen Welt. Deshalb passe ich im Verkehr mit dem Affen Alles, was er begreift» oder was besonderen Eindruck auf ihn machen soll, möglichst seiner eigenen Art und Weise an, und insbesondere be kämpfe ich ihn, wenn er nicht gehorchen will, mit den Waffen, mit denen er mich bekämpft; ich schlage ihn nicht, denn er schlägt nicht, sondern ich beiße ihn, den» er beißt." Amerikanischer Humor. DerChampion-Faulenzer. Mrs. Fizzletop ist unzufrieden mit den Fortschritten ihres Sohnes auf der Texas-Universität, weshalb sie bei dem Director sich erkundigt: „Professor, wie kommt mein Johnny mit seinen Stu dium vorwärts?" „Ich setzte große Hoffnungen auf ihn, Madame, ja große Hoffnungen!" „Das freut mich un endlich!" Madame, er ist von phänomenaler Faulheit!" —„Wie, Sie sagten doch, Sie hegten Hoffnungen ." „Gewiß, Madame! Zch bin über zeugt, wenn er einmal zu lernen begin nen sollte, daß er dann zu faul sein nird, um jemals wieder aufzuhören!" Einer unserer größten „Dudes" besuchte kürzlich eine junge Dame in ihrer Wohnung. Das irische Dienstmädchen, welches noch sehr „grün" war, öffnete die Hausthüre. Unser Elegant überreichte ihr seine Karte und sagte dabei: „Ich wünsche Miß L.... zu sehen." Da erwischte ihn das Mäd chen beim Rockärmel, zieht ihn mit einem Ruck bei der Thür hinein und rust: „Gehen Sie nur hinein! Wir gebrauchen hier keine „Tickets"! Gehen Die Sorgen eineSNewAor ker Miethers. St. Petrus (im Himmel): „>VelI, wer ist eS?" —Page: „ES ist Jones mit seiner Familie aus der Stadt New Aork." St. PetruS: „Oh ja; hab' gehört von ihm. Warum läßt Du ihn draußen warten?"— Page: „Mr. Jones will erst wissen, ob Sie auch Kinder aufnehmen." Ein unwiderlegbarer Ein wand. Unternehmende Schwester: „Sieh, wie hübsch sie ist mit diesem olivenfarbigen Hintergrund. Jetzt ist eine sehr günstige Gelegenheit für Dich, Frank. Gch' hinein und sprich zu ihr, sie ist allein." Furchtsamer Bruder: V-o-s-s, aber wenn ich dort hinein gehe, dann ist sie ja nicht mehr allein!" Kasernenhofblüthen. Feldwebel (zu den Rekruten): „Nur Courage Jungens! Alexander der Große ist auch in einem Tage nicht Feldwebel geworden'»
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