6 «i» kalbcS Jak»r KSnigtn. La Granja da? wundelbare Köniqs schloß bei Tan Jldesonio, liegt am nörd lichen AbHange des GuadaramagebirgeS, etwa eine kleine Meile von Segobia entfernt. In den nnleren Zimmern befindet sich eine Antileniaiumlung, die «inst Chrisline von Schweden gekört hat, der obere Stock birgt die von Phi lipp V, und feinen Nachfolgern gesam melten Gemälde, zumeist Werte erster Meister, und die finstern, aber mit Prächtigen Fresken geschmückte Kirche Gefitzt einen berühmten Schatz! den -größten Werth haben die spanischen Herrscher >edoch von zeher auf »en gelegt, welcher sich südlich vor dem Schlosse ausbreitet, im Geschmack Le Motres mit verschnittenen Rleienhecken und geradlinigen Gängen angelegt ist «ind in einen wasserreiche» Felsenwald ausläuft. Die schönste Partie H die ?!k2usl» <Io las ()c!>»c> zönische Säulen aus weißem Marmor bilden hier ein Achteck und sind durch weite Bogen mit icinander verbunden, unter deren >edem «ine Fontäne rauscht, während eherne Götterbilder sich von den dunklen Laub wänden abheben; nach acht Seiten hin aber gehev wie Strahlen breite Alleen hinaus, die in ihrer Mitte wieder von schwatzenden Springbrunnen unterbro chen sind. Mit Wasser, welches die -vorüberrauschende EreSma in Fii.lt von den Bergen herabbrnigt, ist überhaupt «in in Spanien seltener Luxus geirieben; so wirft die Fontäne der Fama aus dem Pegaius ihren Strahl mehr als 13(1 Fug empor. ' Die Wasser dieser Fama sind einmal die Ursache für eine» sehr aufregenden tragikomischen Borsall gewesen. Zu Ansang des Jahres 1724 hatte Philipp V. in einem Gemisch von schwermütyi- Her Weltmüthizkeit und religiöser Ueber spanntheit das Land mit seiner Abdan kung überrascht, und zwei halbe Kinder, nämlich der siebzehnjährige Luis und seine vierzehnjährige Gemahlin Luisa Elisabeth, einst Mademoiselle de Mont pensier, eine Tochter des Regenten von Orleans, hatten den Thron bestiegen. König Philipp hatte sich nur La Granja und ein Jahrgehalt von tivv,- vv!) Dülmen vorbehalten und war mit seiner Gemahlin sofort nach San Ilde fons!.' abgereist. Aber dort hatte er dann, als der erste Reiz der Ruhe und Einsamkeit geschwunden war, eine Art Nebenregierung etablirt. deren Einfluß Don Luis sich nicht ungern gefallen ließ. Im Sommer kam das junge Königs paar sogar »ach La Granja zum Besuch. Ein wolkenloser Julitag ging zu Ende und alle Kreatur athmete auf, als die unbarmherzige Sonne hinter den Bergen versunken war. Tie lunge Königin lustwandelte im Garten und bewunderte die kunstvollen Wasseranla gen; die lrystallhellen Fluthen, welche in den weiten Marmorbecken nur durch die uiedcrsallenden Fontänen bewegt wurden, lockren sie mit Macht an. und als sie bis zur Fama gekommen war, tonnte sie nicht mehr widerstehen; sie schürzte plötzlich ihre Robe auf, lieg sich, schnell entschlossen, Zchuhe »nd Strümpfe ausziehe» und plätscherte vergnügt bis an die Kniee im Wasser. Die beiden Könige waren von einem Balkon aus Zeugen dieser Scene, und da ihnen das improvisirte Fußbad unter freiem Himmel für eiue Königin von Spa nien in hohem Grade unanstän dig und ärgerlich erschien, ertheilte Don Luis ungejüitmt de» Beseht, die Verbrechen» nach Madrid zurück zubringen; doch wurde ihr strengstens »erboten, das Lustschloß Buenretiro, in welchem sie bisher mit ihre»! Gemahl zusammen residirt, zu betreten, sie sollte vielmehr im königliche» Palas! einge- Gesangenichast der Königin dauerte sechs Tage lang, und erst als sie de nnd wehmüthig Abbitte geleistet und Besserung angelobt hatte, wurde ihr die Rückkehr »ach dem Buenreliro gestattet, aber Don Luis nahm die Gelegenheit wahr, um siebzehn von ihren Kammer sraueu und einige Hofcavaiicre wegzu jagen. welche einen allzu freien Geist halten blicke» lassen: auch ein italieui scher Abbate, der sich durch feuie Liebes gedichte empfohlen hatte, wurde ver wiesen, Luise Elisabeth hatte keine guten Ze>.- ten, denn von dem jiinge» Monarchen, welcher die kindische Unvorsichtigkeit der armen kleinen Königin so streng be strafte. erfahren »vir, daß er sich in Madrid gern das Vergnüge» machte, Nachts mit einigen Kameraden durch die Straßen der Hauptstadt zu ziehen, Skandal und Händel anzufangen oder gar über die Mauern in fremde Gärten einznsteigen und Früchte zu stehlen. Er war aber auch ei» Kind, ivie sie, und die bigotte Erziehung, die er g-nossen, rächte sich jetzt, er war die Freiheil nicht gewohnt und mußte sie nicht zu gebrau chen. Es war ein sonderbarer Handel ge wesen, den Frankreich und Spanien 1721 mit einander abgeschlossen hatte». Der Regent von Orleans ließ nämlich bei Philipp V. sür Ludwig XV, um die Infant!» Maria Victoria werbe», stellte aber gleichzeitig die Forderung, daß der spanische Thronerbe feine fünfte Tockter, die Mademoiselle de Monlpensier, liei rathe. Philipp V. und »och mehr sei „er überaus ehrgeizigen Gemahlin, Elisabeth Farnese, lag viel daran, den ttönig von Frankreich zum Schwieger sohn zu bekommen, das heißt, ihr Töch terchen so glänzend zn versorgen, sie bissen daher in den sauren Apfel und nahmen die Tochter des verhaßten Re genten mit in Kauf, ja nach dem Sprüch wort: n'vst «zu» lo pe-zinit-!' ~,n «out«", ging Philipp auch noch auf die Verlobung feines dritten Sohnes, Don Carlos, mit einer anderen Tochter des Regenten, Mademoiselle de Beaujo lais, ein, lim die Eigenthümlichkeit dieser dreisacken Verlobung ganz zn würdigen, muß man wissen, daß Lud- wig XV. znr Zeit 11. seine Braut 3, Ton Luis l-t, Mademoiselle de Monl pensier 12, Don Canos 5 unv Made moiselle de Beauiolais V Jahre alt wa ren. Wie unanständig man bei diesem Handel mit einander rechnete und sich gegenseitig betrog, »nd wie ängstlich der Abbe Dubais, der die ganze Sache ein ge adelt hatte, kargte, zeigen des Abbes Briese an den Prinzen von Rohan. welcher die Prinzessin an die spanische Grenze zu geleiten und dort die Jnian lin in Emvsang zu nehmen hatte. Trotzdem wur!>c Mademoiselle de Mont pensier reick ansgest ittet: sie bekam Millionen Francs baar. außerdem Iu wcleii sür eine halbe Million, vierzig HabitS von den reichsten Stössen, die zum Theil mit SV» Francs die Clle be zahlt wordeu waren, uud dergleichen mehr. Ludwig XV.. das heißt, sür ihn der Regent, fügte noch Juwelen im Werthe von 800M(.> Franes hinzu. Im November wurde der Ehecon tract unterzeichnet nnd zwe! Tage spä ter trat die neue Prinzessin von Astu rien ihre Reise nach -panien an ; aus der Fasaiieuiusel wurde sie dann ae gen die Jnsantin ansgetallscht. die in , PanS zur Königin von Frankreich er ! zogen werden sollte. Lndwig X V., . dem seine kleine Braut nicht sonderlich geiallen zu haben scheint, begrüßte die selbe errölheud mit den Worten: „Ma- danic. ich bin entzückt, daß Sie wohlbe i halten angekommen sind", »nd küm merte sich nach dieser Farce nicht weiter ! um sie, die Jnsantin aber wnrde über diesen kühlen Emviang durch eine , Monstrepuppe getröstet, welche ihr im Namen ihres Bräutigams überreicht ! wurde und die Al.yo«? Francs gekostet haben soll. Mademoiselle de Montpensier wurde inzwischen dem Prinzen von Asturien wirklich angetraut nnd dann, nachdem man sie niit einem Autodafe, bei dem elf Personen hingerichtet wurden, rega ! lirt hatte, der Königin zur Vollendung ! ihrer Erziehung übergeben. Autodafes scheinen damals noch die beliebtesten Schauspiele in Spanien gewesen zu sein und die Galaoper unserer Tage ver ! treten zu haben, denn Lasnente berich tet, daß in den Jahren 1722 bis 1724 noch 42 stattgesunden haben. Und Lnise ! Elisabeth kam aus der sreiesten, leicht- lebigsten und lüderlichsten Gesellschast l jener Zeit an diesen Hof, an dem düste rer ReligionSsanatiSmus den Grundtim bildete nnd die strenge spanische Eti anelte jede freie Bewegung hemmte. Man kann sich daher denken, daß die Spanier sich baß entsetzte» über ' ihre zukünstige Königin, ui d daß die königlichen Schwiegereltern, welche ihr so wie so schon wenig Wohlwollen > entgegenbrachten, über ihr Betrage», welches als launisch, eigensinnig und unanständig bezeichnet wird, nicht sehr erbaut waren. Der französische Ge sandte in Madrid drückt sich milde über das arme Kind aus, er sagt: „Sie hat ! im Palais Royal gar Manches gelernt. ! was sie im Madrider Königsschloß nicht l vergaß", aber Voltaire behauptet in einem an die Präsidentin de Bernieres j gerichteten Bries ganz unglaubliche Dinge von ihr. Nun, es gibt kaum eine > Familie, i» welcher die Frauen einen 5 übleren Ruf gehabt hätten, als die Töch ter des Regenten; sie hatten das schlechte, lüderliche Blut des Vaters geerbt und > waren mütterlicherseits Enkelinnen Lud - wizs XI V. und der schönen Matguise de Montespa», die ja auch kein Tngend spiegel gewesen war. Die Herzogin von Berry. die Herzogin von Modeiia und bis zu einem gewissen Maße die Aeb tissin von Chelles mögen diesen Ruf auch verdient haben, aber die übrig-» Schwestern, und besonders Luise Elisa beth, hatten mit darunter zn leiden, denn man dars doch nicht vergessen, daß Letz tere wirklich noch ein Kind, nämlich erst 144 Jahre alt war, als sie ihre Rolle in Spanien schon auSgcfpielt hatte: Voltaire jedoch und die meisten Anderen konnten nur vom Hörensagen berichten uud Hosklatsch, den vielleicht die den Or leans sehr feindlich gesinnte Partei Bourbon ausgestreut hatte, wieder ver breiten. Im August 1723, als Don Luis 17 Jahre alt wurde, erhielt er feinen eige nen Hofstaat und die Ehe wurde that sächlich vollzogen, als dann aber nach fünf Monate» Philipps V. Abdankung erfolgte, ist es wohl kein Wunder, wenn die kleine Königin, die bis dahin von alle» Seiten beaufsichtigt und einge schränkt worden war, sich für den bis berige» Zwang zu entschädigen suchte. Man sagte, sie habe auch strafbare Be ziehungen zn einem Niederländer ange ! knüpft, und dieser, ein Marquis > d'Aiseaux, sei deshalb heimlich abge i schlachtet worden. Ich will dem gar nicht widersprechen, sondern nur immer ' wieder an ihr Alter, oder besser au ihre Jugend erinnern, durch welche meiner ! Ansicht nach die ihr zugeschriebene» Abenteuer doch wenigstens fehr in Frage gestellt werden. Jedenfalls mochte man sie in ihrer neuen Heimalh nicht, sie war ja das gerade Gegentheil von alle dem. was die Spanier bisher von ihren »t öniginnen gewohnt waren von seierlichem Ernst, von religiösem FanatiSmu-Z, von steifer Grandezza i keine Spur. Das war ivohl auch ihr hauvtfächlichster Fehler; sie wird keinen Geschmack an Autodafes gefunden, ihnen die geistreich heiteren, vielleicht etwas fchlüpsrigeii Schäserspiele von Ver saille? und Vincennes vorgezogen und vor Allem aus dieser ihrer Neigung ' oder Abneigung kein Hehl gemacht ha ! den. Bezeichnend für ihre Kinderei ist gerade ihr Fußbad in La Granja. das sreilick dem Faß den Boden ausgeschla gen bat. Die Tragikomödie dieser Königschast endete übrigens schnell und plötzlich. Ton Luis bekam die Kindsblatterii nnd , starb am :?1. August 1724. Luise Eli ! 'abctl? war i Jahre alt uud Wiltwe, ! Durck die spanische Etiquette wäre sie i nun verurtheilt gewesen, in ein Kloster zu gehen unv ihren Gemahl bis zu ihrem , vierzigste» Jahre zu beweinen, aber da trat e»i Ereigniß ein, welches ihr die Freiheit wiedergeben sollte. »onig Phillip V. mußte sich ent schließen, ans seiner Einsamkeit m'S Leben zurückzukehren, er ergriff das Szepter wieder und regierte noch 22 Jahre lang. Jnzw-'cke - -'ich in Fr inkre ch wi htige W» l! n gen. der Regent war ge,.,>v an seine lelle war der Herzog von Bour bon als Pre liiermliiister getreten. Die ser trug sich mit dem Plane, seine Schwester, Mademoiselle dcVermandois, mit Lndwig XV. z» vermählen, nnd da war ihm die spanische Verlobung, die jedoch »och nicht proklamirt worden war, im Wege ; als nun das spanische Kö" nigspaar gar »och seine Maitresse, die Marquise de Prin, beleidigt Halle, kannte er keine Rücksicht mehr, nnd statt, wie verabredet wordeil war. die Feier der öffentlichen Verlobung de? Königs mit der Jnsantin an zuordne», entichiev Bourbon plötzlich: „Sie muß schnell zu rückgeschickt werden, am besten mit Eil post", nnd der König, dem die ganze Angelegenheit höchst gleichgillig war, gab seine Einwilligung - er war mitt lerweile 1ü Jahre alt geworden. ES war nicht das erste Mal, daß Prinzessinnen, die als Kinder verlobt und am Hofe ihrer zilkünstigen Schwie gereltern erzöge» worden waren, zurück gesandt wurden, so war es bereits Mar garethe» von Oesterreich. Marien von Ungani und Katharinen von Burgund ergangen, aber dle Rücksichtslosigkeit, mit der Bonrbon vorging, hatte ihres Gleichen doch noch nicht in der Ge schichte. Es gescdäh? „auf b.-stimmten Wunsch der Franzofeu" mußte der Ge sandte A be Llvru sagen, als er Philipp V, die angenehme Botschaft ausrichtete. Der K önig war außer sich vor Zorn, die Königin aber riß sogleich das Bild Lud wigs X V,, das sie bisher als zärtliche Schwiegermutter im Armbande getragen hatte, lierauS, war» eS ans den Boden und schrie, daß alle Bonrbene» Tciifel seien. Es muß eine recht gemiitliliche Sc.'nc gewesen iein, trotz der sPaiiiicken Etiauetle, Vergebens warf sick Livru beinahe weinend ihr und dein Könige zu Füßen, man wollte seine Entschiildignn gen nicht höien und verabschievele ihn in leleidigeiilstcr Weise, Dann kam aber die R'che und Phi lipp war den Franzosen injosern über, als diese ihm nur eine Jnsantin zurück schicken konnten, während er in de? glücklichen Lage war, sich dssür mit zwei französischen Prinzessinnen zu revauchi ren, mit der jungen Königin Witiw« und deren Schwester Beaujolais, wiesen, ja, die Königin, deren Wuth gar keine Grenzen kannte, erreichte es sogar, daß ihr Gemakl die Vertreibung aller Franzosen aus Spanien decrenrte. Philipp, der ück nicht so ausschließlich von feinem Zorn beherrsche» ließ, er kaniile sogleich, daß eine solche Maßre gel unabsehbare Folgen für Spanien ha- Er beiahl daher seiner Tienerschait, seine Koffer zu packe» und sich znr Ah reise bereit zu halten: ans die Frage der verwunderten Königin, was das bedeu ten solle, antwortete er: „Ich bin ja auch ein Franzose und muß also dem AusweisuilgSdccret Folge leisten." Vhilipp V, war bekanntlich ein sranzö sischer Boiirbone, ein Enkel Lud wig XIV. und der Jnsanli» Maria- Theresia, Dem guten Witz zn Liebe billigte die Königin in die Zur>ick»ahmc des BesehlS. doch wurde» Truppen an vie sran-ösische Grenze gesandt. Wieder ivie vier Jahre zuvor, sand der Prinzessinnen - AilSlansck aus der nack Madrid zurück, wurde jedoch bald darauf mit dem portugiesischen Thron folger verlob: und nach Lissabon ge behalte». nnd sie isi ihre Königin ge worden. Während Luisa Elisabeth über die i!»verhoff:e Wendung der Dinge hock enreut war. soll ihre kleine Schwester BeanjolaiS untröstlich gcwese» iein, daß ma» sie weder vo» ihrem Bräutigam, hatte Abschied nehme» lasse», »nd auch Don Carlos, erzählt man, sei frh, ergriffen von der Auflösung > -ner lobung gewesen. Später entwickelte sich sogar »och ein veritabler Roman indeni Mademoiselle de BeanjolaiS. welche die Hoffnung, den ehemalige,! Spielkameraden doch noch zum Gatten ten begann, aber der Tod lra: trennend zwischen die Beiden, die sich vielleicht wirklich gelieb: haben, sie starb mit die Kircken und sühne eine eingezogen« »nd sehr strenge Lebensart. I» dei letzten Fasteiizeil, die sie durchmacht?, bestand ihre Nayrnng lediglich in Hül sen srüchlen, und Wasser war ihr einzi ges Gelränke, während sie gleichzeilig ihre AndachiungSübiiiigen verdoppelte. Dieses Kasteien paßt jedoch nickt sü, ihre zarte Constitution, sie siechte seit dem langsam dahin nnd starb am IL. Jnni 1742 im Alter von 33 Jahren, Sie wurde in der Pfarrkirche zu St. Sulpiee beigese»!, ihr Herz aber sandt« Ludwig X V., durch einen Curier nach Spanien. gräflicher Schwindler. Zur Verhaftung de? Reicksgrasen Franz Sickingen wird i» Ergänzung unserer Meldung von Wiener Blättern noch ausführlich berichtet: Anlaß zn dieser Verhastung boten die Ergebnisse eines Civilprocesses. der seitens einer Bcamtcliwittwe gegen den Graien Se verin abgeschlossen wnrde, beliei sick auf 30>»1 fl. und für diese Summe gab der Graf der Frau als Deckung einige Bil der, Bronzen und Anliquiiä:en Im fväteren Verlause der Angelegenheit er fchien Graf Franz Sickingen nock zu wiederholten Malen mit der Bitte uni weitere Darlehen. Er halte aller dings keine Bilder nnd keine Anti quitäten mehr, um sie zu verpfände», aber er sand ein andere» AuskunftS miltel, welches sich in der Thal weit wirkungsvoller erwies, als alle Psand obje'te. Er machte der Frau unter dem Ziegel der strengsten Verschwiegenheit die Mit theilung, daß er in kürzester Zeit zum Fürsten von Bulgarien erwählt werden würde, daß er diesbezüglich mit einfluß reichen Personen in Unterhandlung stehe und daß seine Erhebung zum Fürsten schon aus dem Grunde eine gesicherte sei, weil Rußland ihn »ulcrstütze An der Glaubwürdigkeit dieser Behaup tungen konnte die Frau, welche sich sonst mit Politik nicht zu befasse» pflegt, nicht zweifeln: es imponirtc ihr nicht nur die Persönlichkeit des Grasen; dieser las laut Briese und Telegramme vor, welche sich auf seine Ernennung zum Fürsten von Bulgarien bezogen und alle etwai gen Bedenken zerstreuen mußten. Im Ganzen schwindelte Graf Sickingen der Witlwe IK.övv Gulden ab. Als der Zahlungstermin heranrückte, war der Gras außer Staude, die Wechsel einzu lösen; er war aber auch noch nicht Fürst von Bulgarien geworden nnd in Folge der Zähigkeit, mit welcher Fürst Ferdinand von Coburg auf dem bulga rischen Throne ausharrt, sah sich die Gläubigen» veranlaßt, in eine Prolon gation der, Wechsel zu willigen. Sie hoffte doch noch immer, daß der Graf ins den bulgarischen Thron kommen und zieht nur sie fürstlich entlohnen, sondern »uch ihre beiden Töchter, von dciien die :ine Schauspielerin, die andere Klavier zirtliosi» ist, in ihrer Carriere that krästigst unterstützen werde. Da alle Lemühungen, eine Zahlung zn bewir ken, erfolglos blieben, wurde endlich die Strafanzeige erstattet und der zukünf tige Fürst von Bulgarien verhaftet. Gras Franz Sickingen. der im 55. Lebensjahre steht, ist in dem Gotha'sche» Taschenbnch der gräflichen Häuser als Erbherr der Herrschast Odran in Oe stcrreichisch Schlesien, Ritter des bayeri schen Georgs-OrdenS, k. k. Kämmerer nnd Major a. D. bezeichnet. Er stainmt in directer Linie von dem Vorkämpser der dcilische» Reformation, dem tapferen Feldhaiiplmaiin des oberrheinischen gen ab. Dessen Sohn wurde von Kai ser Maximilian 11, in den Reichsfrei hernistaud uud dessen Nachkonimenichast 1773 von Kaiser Joseph 11. in den ReichSgrasenstcnd erhoben. Das Ge schlecht, das dem oberrheinischen Uradel angehörte, theilte sich in mehrere Linien, von denen sich nur noch die österreichische katholische Linie Sickingen Hohenburg, welcher der verhastete Gras Franz Sik kingen angehört, erhallen hat. Thatsache ist, daß sich Franz Sik kingen. schon seit längerer Zelt in den drückendsten Geldverlegenheiten befand. Die früher der Familie gehörige Herr schast Odran in Oesterreichifch-Schlesien ist von der Central-Bodenkredit Anstalt als Psa»dglä»bigeri» gekauft worden. Ein Schloß bei Ischl, das als letzter Familicnbesitz geblieben war und da-Z Ivie es heißt vor einigen Jahren der Hos erwerben wollte, mußte in der letzten Zeit auch verkaust werden. Die Mutter des Grase», Gräsi» Eveliiia Sickiilge», geborene Gräfin Schablen dors, Slerukreiiz OrdciiSdame eine Greisin von!!! Jahre» hat ihr ganzes Vermögen sür ihren Sohn geopfert und lebt gegenwäVtig in sehr beschränken Verhältnissen in einem Wiener Vor orte. N eue II ebu n g. Z n oe >, Bestimmungen des neuen Exercier Reglements gehört anch die, daß selbst während derCommandostellnng nach dem Commaiido „Ruht!" kein Mann spre chen dar». Bei einer Compagnie wollt's »NU gar ni.hl gehen. Der Lieutenant, erbost, führt die Soldaten »ach Schluß der Beschäftigung nochmals auf den Ukbungsplay. um sie, im Schweigen zu üben. Stilium steht die Abtheilung. Der Herr Lieutenant ruft nun Einzelne vor die Front, die auf sein Geheiß aller lei Haxen machen, nm die Leute zum Lache» »nd zu Bemerkungen zu verlei tc,n Der Herr Ge»eral geht vorüber »nd siebt der Geiellsckast die längste Zeit verwundert zu. Endlich nist er : Herr Lieutenant, was üben Sie denn da?" „'s Maul halten, Herr Gene ral!" » Logisch. Herr (im Weggehen); Hör' mal, weil heut Sonntag ist. darfst Du auch eine Cigarre aus meiner >tifie nehmen, Dn weiß! >a, wo sie steht! (Ab). - Johann (nach denkend); Eine Cigarre zn »elimen, hat mir der Herr erlaub!! Ein eCi garre nehme ich mir ia täglich so wie so. also nehme ich ni'.r hent lin Ganzen —A n s ser n e r Zuk u » sl, A, Das Proiec! einer Berliner Wellaus stcllung ichein: wieder ganzlich einge scklasen z» sein. B. Im Gegentheil; man weiß sogar schon genau, aus wel ! werden wird, A. So? Wo soll siel denn stehen? B In weitet!! Feld-'! »-lp-j« ««tlenheilmitttl. Vom Grafen Leo Tolstoi ist in L»n t»on ein neuer Roma» erschienen, wel cher den Titel führt: „Arbeitet, so lauge ihr das Licht besitzet!" Die Hand lung vollzieht sich in Tarsus, der Hauptstadt Ciliciens, zur Zeit der! ersten Christen. Unter der Regierung ! Trajans lebte daselbst ei» Juwelen- ! Händler, Namens Juvenal, der ans den untersten Volksklassen hervorgegangen! war und sich zu großem Reickthum emporgeschwungen hatte. Er glaubte weder an die Götter noch - an die Gött lichkeit der Cäiaren, erwies aber beiden um des lieben Friedens willen Vereh-, rung nnd sührte als braver Philister ein leidlich glückliches Dasein, Juvenals Sohn Julius war scho» seiner geartet als der Vater. Als er im Alter von ! zwanzig Jahren die Schule verließ, be ! gegnete er einem jungenChristen.NanitiiS ! Pamphilius. den er über das Leben, auSsra '-te. welches die Christen Gemein- ! den in den vor der Stadt gegründeten , ländliche» Niederlassungen führten. Er ist entzückt von dem einfachen Bilde, i welches PamphilinS ihm enlwirft und verfpnchl, ba>d eine der friedlichen Thristengemeiden aufzusuchen. Bald aber hat Julius unter junge» Lebemänner» »»d Dirnen sein Verspre chen vergessen; er trinkt, spielt, hält sich Rennpferde und Maitressen, kurz, lebt wie die jugendlichen Verschwender aller Zeiten und Völker zn leben pflegen, und als der Vater Juwelier endlich die er schöpste Kasse vor den Ansprüchen des Sohnes verschließt, bedroht die er den Alten mit Schlägen. Auf dies wüste Treiben folgt für Julius eine Zeit des moralifchen Katzenjammers und er Wik die Christen aufsuche». Auf dem-Wege dahin aber begegnet er einem weisen Arzt, der ihm sagt: „Bei den Christen, wie anderswo, wirst Du unglücklich fei», denn das Uebel liegt nicht außer, fon- i dern in Dir, Kehre in die Stadt zu- ' rück, Heirathe und werde ein guter Bür- ! ger," Julius folgt dem Arzt und hejrathet eine fchöne junge Erbin. Nun sind alle Bedingungen zum Glück erfüllt, aber ! er wird nicht glücklich. Da begegnet ihm wieder Pamphilius in Gesellschast eines wunderschönen Mädchens. Juliiis klagt dem Freunde, daß er zwar seine Frau liebe, daß diese aber ihm gleich- j wohl ansauge, zur Bürde zu werden. Der juiige Christ antwortet, in ihren Gemeinden werde die Ehe niemals zur Last. Die Christen li-blen sich und er zeugten Kinder, aber sie lebten still und leideiischastslos neben einander wie Brü- > der und Schwester». „Sieh dies junge Mädchen an ine» > ner Seite," sagte Pamphilius, „viel leicht einer meiner Freunde, denn sie liebt uns alle in gleicher Weise, aber mag sie meine Fran oder die meines Freundes werden, nie will ich aufhören, , sie wie eine Schwester zu lieben." Julius jchwimmt im Strudel de» Geicllschaft weiter. Die Jahre ver- ! gehen und es kommen Enttäuschungen. Eine Maitresse wird ihm iintrcu, ein erwünschtes Amt entgeht ihm, kurz, er wird zur Philosophie gedrängt nnd be schließt mit seiner Fran, christlich zu werden. Der kluge Arzt aber wider räth und sagt: Euer Unglück kommt daher, weil Ihr im reifen Alter nicht von den Leideuschasten der Jugend los- j kommt. Aendert Euer Leben, anstatt Ench unter Verrückten zu begraben. Diesen Rath befolgend, sröhnt Ju lius dein Ehrgeiz, vermehrt sein Ver mögen. Seine Söhne aber leben toller und ausschweifender, als er je gelebt, und als er ihnen die Mittel zu ihren Ausschweifungen verjagt, mißhandeln sie ihn weit schlimmer, als er in solchen Füllen seine» Vater mißhandelt hatte. Im Greifenalter steht er verwittwet, verarmt lind verlassen in der Welt und entschließt sich endlich, z» den Christen zu gehen. Dort arbeitet er im Wein berge, aber er hat zu spät begonnen, ermüdet leicht und verliert den Muth. T a tröste: ihu der Vorsteher der Ge- ! meiiide: „Arbeite, wo Du Arbeit fin dest, mein Bruder. Im Grunde kommt nicht das Resultat der Arbeit so sehr in Betracht, als die Befriedigung, welche uns dieselbe gewährt. Damit schließt der Roman ab, dessen Moral im Tilel liegt: „Arbeitet, so lange Ihr das Licht besitzet !" Tolstoj „FreutX!uch des Lebens, so lange nock ! das Lämpcken glüht." Da der russische Moralphilosoph die Bildersprache liebt, > so hat ivohl »ie Arbeit des greisen In lins im christlichen Weinberg eine reli giöse Bedeutung. Arbeitet mit den, Volke nnd sncht dessen Blicke aus den Himmel zn lenken, das ist der Wahl sprach Tolüoj's, seitdem er auf feiner« LebenSfahrt an das Ufer d, h, zn Golt gelangt ist. Wer „Meine Beichte" vcn Tolstoi gelesen hat, dem wird die Aehnlichkeit der seelischen Wandlungen zwischen dem Verfasser und seinem Hel den ailffallen. Unter der Toga erken nen wir die Gestalt des Patriarchen von Jasnaja Polana, Wie Tolstoj in sei ner Beichte den eigenen Läuterung-pro zeß schildert, so wird im Roman der des Julius dargestellt. Tolstoj beichlet die Verirruiige» seines Lebens in ziemlich fummarischer Weife. Bon feiner J>> gend sagte er: „Lhne Entsetzen, Ekel »nd Herzweh vermag ich nicht an dieie Jahre zurück zudtttlen. Ich lödtete Menschen im Kriege, ich forderte zum Tiiell, um zu lödten; ich verspielte in »arten, ver geudete, was die Bauer» mühsam erar beilet halte»; ich mißhandelte dieselben, ich buhlte, ich betrog. Lüge, Diebstahl, Bnhlerei aller Art, Völlerei. Vergewal tigung, Todtschlag ES gab kein Verbrechen, das ich nicht begangen hatte, und sür das alles lobte ma» mich, meines Gleichen hielten nnd halten mich »och sür einen relativ sittlichen Men schen. So habe ich zehn Jahre lano! gelebt. Zur selben Zeit begann ich zu schrei- s ben ans Eitelkeit, Eigennutz und > t Hochmuth. In meinen Schristen that ich dasselbe, was ich im Leben that. Um Ruhm und Geld zu erlangen, um verenlwillen ich schrieb, mußte ich das Gute verheimliche» »nd das Schlechte schildern. So habe ich eS denn auch ge , !han. Wie ost habe ich eS listig anskünsteln müssen, in meinen Schriften unter dem ! Mantel von Gleichgiltigkeit und gar leichtem Spotte jene meine Bestrebiin ! gen zum Guten zu verheimlichen, die den Sinn meines Lebens ausmachten. Und ich habe es erreicht ; man lobte mich." Später wurde Tolstoj Gatle und Va wurde reich und berühmt, trotzdem aber ! war er nicht glücklich. Vor zehn Jah- I ren aber begann etwas Sonderbares ! mit ihm vor;ugeheu Er hatte das Ge > fühl, als stehe sein Leben still Eine große Mißstimmung überfiel ihn und ! die Fragen beschästiqten und bedrückten ihn: Wozu? Und was dann? Es er ' ging ihm. wie dem Terwisch in der Fa . bel, der über dem Abgrund an einem ! Strauche hing, dessen Wurzel» von ei nem Mäuschen benagt wurden. Er sab schaudernd sein Leben verrinnen und ihm gähnte der Abgrund Tod. Die Frage: Was dann? trieb jhn nn Alter von fünfzig Jahreu fast zum Selbstmord, Nach langem Seeleu tampse landete er am User dies User war Gott. Zuerst war er orthodox, denn er fagte sich: Das gesammte Volk besitzt die Erkenntniß der Wahrheit, das unterliegt keinem Zweifel, denn fönst würde es nicht leben. Später zweuelte er, ob die Kirche, der er sich angeschlossen, die ganze Wahrheit be sitze. Um das Falsche vom Wahren un terscheiden zu könne», wandte er sich dem Studium ver Theologie zu. Die Offen barung, zu der Tolstoj bei seiner For schung gelangt ist, legi« er amSchluß der „Beichte" in, einem etwas langen Traum nieder, den wir kurz zusammensassen ! wollen. Tolstoj träumte, er ruhe nicht ! auf den Polstern, sondern aus den Trag bändern seines Bettes und seine Beine lägen sehr unbequem. Er fürchtete fal ! len zu müssen und sah mit Grausen un ter sich einen Abgrund, über sich die Unendlichkeit. Es heißt denn in der Beichte wörtlich weiter: „Ich srage mich, wie ich mich halte, ich taste, ich j schaue mich um und sehe, daß unter niir, unter der Mitte meines Körpers ein Tragband iich befindet und daß. wenn ich nach oben schaue; ich auf demselben liege, >n seinem sichern Gleichgewicht, daß dieses allein eS war, das mich frü > her festgehalten hatte. Dabei aber, wie eS im Traume zu gehen pflegt, stellt sich ! mir jener Mechanismus vor, mittelst dessen ich mich in sehr natürlicher Weise halte, lrotzdem in Wirklichkeit dieser:Ne chanlsmiis keinen Sinn hat. Im Trau me staune ich sogar darüber, daß ich es ! nicht schon srüher begriffen hab-: es ! zeigt sich, daß an meinem Kopfende eine ! Säule steht, und daß die Festigkeit die ! ser Säule keinem Zweisel unterliegt, trotzdem diese Säule keinen Halt hat. Von der Säule aus zieht sich eine Schlinge, so sonderbar, so geschickt und zugleich so einfach hin, und wenn man aus dieser Schlinge mit der Mitte des Körpers'kiegt und nach oben schaut, so kann das Henlillerfalle» gar »ich einmal in Frage kommen. Alles dies war mir klar und ich freute mich und wurde ru hig, Und eS war mir, als ob Jemand mir zuriefe: „Siek also, behalte eS," und ich wachte aus." Wer sich aus Traumdeuterei versteht, wird nun ganz genau wissen, welches Sccleiiheilinittel Graf Tolstois durch unablässiges Forschen gesunden hat ich weiß es nicht. Die Männer der positiven Wissenschaft pflegen, sobald sie etwas gesunde» haben, was der Menschheit nütze» kann, ihre Entdeckung in klare», verständige» Worten zu ver künden ; Tolstoi aber hüllt die seinige in ein mystisches Dunkel. Der Läute rnngSproceß seines Julius bringt uns nun aus dem Wege der Erkenntniß schon !um einige Schrille weiter. Liebe ohne sinnliche Leidenfchaft, arbeite, so lange D» das Licht beätzei't. das sind die neuesten Rathschläge des russischen Moralphilosophen. Das Leben der ersten Christengemeinden erscheint ihm als das z» erstrebende Ideal. Dies ist aber in der moderne» Welt vollkommen verwirklicht worden durch die Perfeetio ! niste», eine Communisten-Gemeinde zu Nitida im Staate New Uork. I Vierzig Jahre bevor Tolstoj in seinen ! Büchern die Forderung ausstellte, der I Verkehr der Geschlechter dürse nicht ! über die Bruderliebe hinausgehen, man solle Kinder zeugen ohne sinnliche Lei dinschast, solle lieben ohne Eisersucht, > hatte ein amerikanischer Theologe, Na - inenS Humphrcy Noyes, der Begründer der Perfectionisteil Gemeinde, bereits »ie Complexehe saetifch eingeführt. In Oncida brachte», wie »ach der Erzäh »Hg deo PamphiliiiS die Christe» zenieittde» bei Tarsus, alle Schwestern ! gegen, nnd die Acltesten bestimmten, welche Paare sür die Fortpflanzung der Gemeinde Sorge zu tragen hatten. Ei'erincht wuroe als Ausfluß fchnöder Selbstsucht mit allen Mitteln bekämpft. Noyes war der Erste, der sein Weib i und seine Töchter in die Masse warf. In Lneida gehören die Kinder, wie je der andere Besitz, der Gemeinde. NoyeS nahm nicht den geringsten Vorzug sür sich oder seine Kinder in schmicd, bald als Mäher, bald als Drescher, bald als K orbflechter, bald als Buchhalter; er wohnte wie jeder andere Bruder, aß wie er uud beanspruchte keine andere Zärtlichkeit als die, welche sie jedem Mitglied der Gemeinde erwie sen, Der amerikanische Gesellichastsre sormator ging somit behuss Verbreitung der Nächstenliebe, radikaler vor als der rufsische. Dieser behält sein Schloß, seine weilen Ländereien, seine Fron »nd seine Kinder, sein Geld und seine Vieh herden für sich. Er gefällt sich in der , Rvlle des armen Christen, theilt aber mit de» Brüdern in der Dorfgemeinde nur das Taschengeld, welches ihm seine kluge und vorsorgliche Gattin sür christliche Reformzwecke mitgibt. Die guten Lehren, mit denen Tolstoi schon freigebiger ist, fallen bei seiner eigenen Familie ans unfruchtbaren Boden, denn seine Gemahlin, seine Töchter und Söhne genießen im gräflichen Schloß be: Tut,, nnd in Petersburg die reiche» Einkünfte der Familiengüter und die Vorrechte ihres Standes. Wie TolstojS Söhne, so werden sich alle Juliuse der Gegenwart sagen: Erst wollen wir unsere Jugend genießen, verspüren wir dann gleich dem Propheten von Tula im Alter eines Stillstands des Lebens, so ist ja noch immer Zeit, im christlichen Weinberg zn arbeiten. llnfer Wahl spruch fei: Freut Euch des Lebens! Mögen die Alien sich zu Tolstojs See lenheilmittel bekehren, fobald sie sich krank, fchwach und verlasse» fühlen! Da« vterdlStterige «leeviatt. Wenn man in heutiger ausgeklärter Zeil von einein vierblätlerigen Kleeblatt erzählt, so ist damit meistens eine Skat gejellschaft, e.n Kegelclub, ein Sing' ! quartett oder sonst eine gebildete Sache ! gemeint, denn der Aberglaube soll za ziemlich aus der Well geschafft fem, wie ! man fagt, und ich bin gewiß der Letzte, welcher ihn» das Wort reden möchte Ich mische mich überhaupt nicht in Älaubensangelegeuheiteii. In diesem Fall kann ich aber dock nicht umhin, mal wieder ans den alten gmen Aberglauben zurückzukommen, denn es handelt sich »in eine Sache, die mir selbst passirt ist u.ld bei der nickt etwa vier gute Freunde eine Rolle spiel ten, sondern ei» wirkliches, echtes vier blätteriges Kleeblatt. Es war natürlicherweise im Sommer Wir Beide gingen durch das Kor», der eine hinten, der andere vorn. Da plötzlich bückte sie sich und rief mit helliauchzender Lust: O sieh mal, Heißgeliebter (es war wirklich sehr wa.in an diesem Tage), sieh mal, ein wirklich echles ausgewachsenes vierblätl nges Kleeblatt! Jetzt hat aller »um mer und alles Weh ( damit meinte sie unseren permanenten, chronischen, bisher durch keinerlei Mittel zu unterdrücken den - Dalles!), also aller Kummer und alles Weh hat jetzt ein Ende, den» ich habe ein richtiges Vierolatt gefuii den und morgen setzen wir in die Lotterie!" „Na na," sagte ich, „mor gen schon? Du weißt, übermorgen ist erst der Zahltag beim Verleger!" „Nun. dann übermorgen meinetwegen," wa< ihre freundliche Entgegnung, „in der Sache bleibt sich das ja ganz egal!" »Da hast Du Recht! Das thut es zuch!" Und sie steckte mir das Lierblatt in mein geräumiges Porte monna'e, kehrte den letzten darin befind lichen Thaler schnell noch mal nm (ein sehr gnles Mittel!), spulte »ochein ganz klein Bischen daraus (ein äußerst pro baleS Mittel) nnd wir gingen seelen vergnügt weiter durch Flur und Hai», freuten uns, daß die kleinen Vöglein ans ein lanleS Loblied sangen und be wir in arge Differenzen gerielhen, in Sem sie absolut nach Aegypten wollte, während ick den Nordpol vor zog. Na, darüber würde sich ja später wentuell noch reden lasse» Am zweiten daraus folgenden Tage »hielt ich vom Verleger (i(1 Mark (schreibe: sechzig Mark) und frohe» Sinns ging ich zu meinen Cigarren sritzen nnd kaufte mir ein recht schönes Lotterieloos, das in der nächsten Woch bereitS hei auskommen mußle! Als ich Abends spät nach Hanie kam war mein Portemonnaie verloren' Donnerhagel! Zum letzten Vorortzuge aus dem Potsdamer Bahnhos halte ick es doch noch in der Hand gehabt, um mir ein Billet für 1(1 Pfennig zu kaufen und jetzt war eS weg, rein weg, ver schwnndkn mitjamml dem schönen Gelde dem schönen Lotterieloos und dem scho nen vierblättrigen Kleeblatt! Das tonnte unmöglich mit richtigen Dinge» zugehen! Solch Kleeblatt sollte das Glück bringen und kein Malheur, ganz abgesehen davon, daß ich ja nach dein Nordpol reisen wollte und nicht blos auf dem Südring! - —Aber dac- Portemonnaie kam nicht wieder! In meiner Verzweiflung fragte ich meinen Freund Ludwig um Rath, einen unge wohnlich gebildeten Menschen, der auch mit Aberglauben uud so etwas gut Be scheid wußte. Derselbe dachte eine» Moment sinnend nach: „Ja. meinte er dann, weißt Du, die Sache hat ihre Richtigkeit. Das Kleeblatt hat wirk lich Geld gebracht, wenn anch nickt ge rade Dir, so dock demjenigen, der das Portemonnaie gesunden hat!!" Gnte Ausrede. Herr (zum Heirathsvermittler): „Bei Ihnen bu» ich schön 'reingefallen. Ihre Parti« habe ich geheiralhet, aber meine reiche Frau gibt mir nichts von ihrem Reich thuni!" Heirathsvermittler: „Nun können Sie sich etwas Besseres wün schen? Eine reiche Frau haben Sie Iber eine gefcheidte noch dazu!" Gegenleistun g. Der kleine Pepi (zu seiner Schwester): Em ma, gib mir ein bischen von Deine»! Kuchen! Ich werde dann unser K lavier so ruiniren, daß Tu 'n paar Wochen lang keine K lavierstunden mehr zu neh men brauchst!" Gege li > eitige Rücksich ! Frau (Morgens 2 Uhr): „Jetzt hab' ick drei Stunden gewartet, daß Du heimkommst!" Mann: „lind ich iiu Wirthshaus drei Stunden, daß Du ei» schlafen sollst!" -Die Schriftsteller sind am »edrückiesten, wenn sie ungedrncki bleiben.
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