« '»»««Lweg». /„Geh' denn," hatte er gesagt, es mag ln der That auch besser sei» sür Dich und sür mich, wenn Dn dich für einige Zeit wieder von der Großstadtluft uni wchen läßt, zu Deiner Mutter zurück kehrst, bis —" Er hatte nicht vollendet, sondern sich abgewendet und zum Fenster hinausge sehen. > „Und Du zürnst mir nicht?" hatte sie zaghast gefragt, weil sie denn doch zu geben mußte, daß, wenn er es that, er im Recht dazu war. „Ich Dir zürnen? Weil Du Dich täuschtest, als Du glaubtest, daß Deine Liebe Dir selbst den Ausenthalt in einer kleinen Landstadt erträglich machen würde? Und weil Du ei» siehst, daß Dn Dir zu viel zugemuthet hast? Kei neswegs ! Ich hätte ja auch wohl daraus gesaßt sein müssen." Und so ruhig, überlegen sagte er's, daß er sie fast zornig machte unh sie nun ihm zürnte. Ja, wenn er sie mit Wor ten der Liebe beschworen hätte, zu blei ben, wen» er das Recht des Mannes geltend gemacht hätte, das Recht zu ver langen, daß sein Weib da ausharr« »eben ihn,, wo sei» Berns ihn hinge stellt, sie hätte sich wohl gefügt. Abel so war sie im Trotz von ihm ge gangen. Und unn saß sie im dahinrollendcn Eisenbahnwage» und jede Minute brachte sie dem Ziel ihrer Sehnsucht, der großen Stadt, der Stadt ihrer Ge burt, der Mutter, de» Freunden ent gegen. Vor vier kurzen Monaten erst saß sie ebenfalls im Bahnwagen. Und Winter war's und Schnee deckte die Felder, aus denen es nun überall emporkeimte und -sproß von junger Saat. Damals aber saß sie nicht allein, son dern dicht an den Mann geschmiegt, dem sie vor wenigen Stunden sich angelobt hatte sür's Leben, sür gute und böse Stunden. Der Frühling lebte damals in ihrem Herzen und nun Sie legte sich in das Polster zurück »nd schloß die Augen. Sie überdachte im Fluge die vergangene kurze Zeit ihre: Ehe. Anfänglich schien sich Alles erfüllen zn wolle», was sie erträumt, ersehnte. Wie ein Kind hatte sie sich gesreut, als sie zum ersten Mal die Schwelle ihres eigenen HeimS überschritten. Von einem Entzücken war sie in's andere gefallen. Nicht einmal die Zeit nahm sie sich, dir Reisekleider abzulegen. Durch alle Zimmer war sie gelaufen und von dort in die Küche. Sie felbst hatte ja in Berlin die Möbel, die Teppiche, die Vorhänge gekanst. Aber hier wirkte das Alles mit de», Reiz der Neuheit aus sie. Man erkannte die liebevoll ord nende Hand, einen feinsinnigen Ge schmack in dieser Aus und Zusammen stellung. Sie war überzeugt gewesen, daß das, was sie vorfände, nur den Charakter des Provisoriums an sich tragen würde und sie erst „Chic" in das Ganze hin liberbringen müsse. Und nun saud sie nichts mehr nachzuordnen, nichts mehr zu verändern! so wie es war, mußte Alles stehen »nd liegen bleiben, um über alle Begriffe behaglich »nd anheimelnd zu sein. Und sie war dem geliebten Mann in ihrer Herzensfreude um den Hals gefallen und sie hatten sich unter Lachen'gelüßt »nd gelacht unter Küssen, bis sie rnhiger geworden waren und sich Hand in Hand vor das lnstig prasselnde Osenseucr setzten und Träume hinüber spönnen in eine lauge, glückgeseguete Zu7n»st. De»> schönen Abend folgte ein schöner Morgen. Wieder hatte sie ansgcjubelt, als sie in das Wohnzimmer trat, durch dcsscn Fenster die leuchtende Wintcr sonne hincinstrahlte. Und diese Aus sicht! Weit vor ihr hin, bis zum hüge ligeu Horizont dehulen sich weite, im Sonueiischeni glitzernde Schueeseldcr; znr Rechten lag ans einer mäßigen An höhe eine uralte, graucKirche mit spitzem Glockenthurm inmitten eingesunkener Grabhügel und zerfallener Denksteine. Und dahinter, in der Tiefe, die Dächer »nd Giebel des Städtchens. Das also war die kleine Stadt! Gewiß wird sie sich zurechtfinden. Sie würde sich sicher auch wohl hier sühlcn ohne den böse» Mann, der ihr so bange gemacht vor dem „Ne'l". Und nun gar mit ihm! Hier neben ihm zu leben, ist doch gar kein Offser, selbst wenn man aus Berlin koinmt. Sie wird sich gewiß nicht dar nach zurücksehnen, nach dem nerven tödtcnden Straßenlärm nnd dem auf regenden GcsellschaftSleben. Und die Kirche! Natürlich wird sie die zeichnen: sie fordert ja geradezu dazu heraus. Er soll nun sehe», sie wird sich nicht langweilen. Und der erste Brief, den sie an die Mutter schrieb, floß über vor Enthusiasmus für die „kleine Stak". Der Amtsrichter führte fein junges Weib mit freudigem Stolz in die „Ge sellschaft" ein. Allerdings die Ge sellschaft! Es waren gar seltsame Men schen, deren Bekanntschaft sie da machte. Mau unißti. wahrhaft gut erzogen sein, nm ihnen nicht hellauf in's Gesicht zu lache». Diese steisleinene Würde der Männer, diese breite, selbstgefällige Be häbigung der Frauen, diese Simplicität der jungen Mädchen! So engherzig waren sie in ihren Anschauungen, so verknöchert in ihrer kleinstädterci, so unsäglich nüchtern und geisteSarm, so welteutsremdet. Sie staunten das junge, lebendige, elegante Weil, wie ein Fabel wesen aus einer andern Welt un, einer Welt, aus der kein Bcrbindmigsstcg zu der ihren hinüberleitete. Sie athmete stets wie von einem Alp befreit hoch auf, wenn sie von solchen „Visiten" in ihr Zuhause zurückkehrte. Hier »eben ihrem Manne war sie wieder sie selbst. Und sie legte ihm denn wohl die Frage vor, wie er so lange unter «nd mit diesen Menschen habe leben können, ohne, wie jetzt. Jemand zn ha dtn. mit dem er austauschen k?nnte,was Hcrz nnd Gcni ihm bewegte, zu dem er sich flüchten lonnte, wenn der Tag hin ter ihm lag mit seiner Mühe und Ar beit. Da hatte er denn stets sein gelächelt und über ihr Haar gestrichen und dabei gesagt: „Ich habe meinen Beruf und wo der mich hinstellt, da heißt eS aushalten und sich zu schicken in die Verhältnisse und Menschen. Am Ende sind auch die Menschen nicht gar so unerträglich,wenn man den richtigen Maßstab an sie zu legen weiß." Aber sie fand den richtigen Maßstab nicht. Sie konnte sich nicht davon frei machen, Vergleiche anzustellen zwi schen den Menschen, unter denen sie aus gewachsen und denen, auf dereu Verkehr sie nun angewiesen war. Sie beschränkte in der Folge denselben auf das noth wendigste Maaß. Und so kam es, daß sie als hochmüthig verschrieen wurde. Sie lachte darüber. So vergingen die Tage, die Wochen, der März war gekomme». Von den Feldern schmolz der Schnee und Früh lingsstürme brausten über sie hin. Und die Sonne wärmte schon recht, na mentlich um die Mittagszeit. Da zog eS wie Heimweh durch die Seele der jungen Fran. Wie schön hatte sie sich früher das intime Beobach tn des werdenden Frühlings gedacht, ie wußten die Dichter davon zu fingen, .lud nun sah sie dieses allniälige Wie deransleben der Natur vor sich; sah wie die weiten Felder sich mit lichtgrünem Schimmer bedeckten, wie die Sonne die ersten braunen Knöspche» an Baum und Strauch liervorküßte, wie die erste Schwalbe kam. Aber sie wurde doch /iicht recht sroh darüber, Gewiß, sie liebte ihren Mann. Freu dig war sie, das reiche verwöhnte Mäd chen ihm gefolgt in die Stille des Klein stadtlebens, hatte ohne ein Wort des Bedauern die Weltstadt mit ihren tau send und taufend Bewegungen, mit ihrem Reiz, ihrem brausenden Leben verlassen. Er war ihr Ersatz sür Alles, was sie a»sgab. So dachte sie noch vor kurzem. Aber inni sie an den langen Nachmittagcn allein an ihrem Fenster saß, nun stieg vor ihrem geistigen Auge die Vergan genheit ans, nun verglich sie das damals mit dem jetzt. Wann je srüher hatte sie so viel Langeweile empsundeu? In der Wirthschaft gab es kaum etwas zu thllii sür sie. Die Küche besorgt die „Persekte" und das übrige das Hans Mädchen. Lesen mochte sie auch nicht immer und die Berliner Zeitungen sie las deren drei —> waren mehr geeig net, sie in ihrem Unbefriedigtsein zu be stärken, als daraus emporzureißen. Was galt ihr die Beschreibung von alle dem, was sie mit dnrch zn leben gewohnt war? Und grade in dieser „Saison" häusteu sich die Ereignisse im Theatcr llnd gesellschaftlichen Leben: zu ihr kam nur der Reflex, wie er sich in den Zei tungen wiederspiegelte. Und ihr Mann? Sie liebte ihn noch immer unverändert, aber sie war unzu frieden mit ihm. Seine Art sie zu lie ben war ihr nicht die richtige. Er nahm eS zu ernst mit feinem Berus. Ach, die ser Berns! Wie sie ihn haßte, der ihn ihr entzog, sich wie eine Scheidewand zwischen ihnen a.isthürmte. Er schien es anch gar nicht zu bemerken, daß ihre natürliche Frohlaune allmälig sich in Mßvergnügtheit umgewandelt hatte. Wie sollte er anch? Brachte er sich doch häufig Akte» mit nach Haufe und laß bis in die Nacht hinein über ihnen. Und langsam verdichtete sich bei ihr das unbestimmte Heiniwehgefühl zu dem Entschluß: für einige Wochen Mut ter zu reisen. Immer vertrauter machte sie sich mit dem Gedanken, so daß sie es, ohne ihn zur Aussnhrung gebracht zn hab-u, h>er nicht mehr ertragen zu kön nen glaubte. Die vier Monate ihrer Ehe schienen ihr wie cbensoviele Jahre, sinnier breiiiieiider wurde ihre Sehn s lcht nach dem, was hinter ilr lag. trotzdem zauderte sie tauge, ehe sie i.iren Mann mit ihren Wünschen be kannt machte. Sie war sich selbst nicht tlar darüber weshalb. War es denn eiwas Unrechtes, waS sie erwünschte? Toch gewiß nicht. Nnr emigc tiese Züge aus dem sprudelnden Quell des rcichbeweglen Lebens der gewaltigen Stadt wollte sie thun, dann »leinte sie wieder gestärkt und lebenssrendiger zu sein, von den neugewonnenen Ein drücken geraume Zeit hindurch zehren zu lömien Ei» schriller, langgedehnter Psiss der Lokomotive das rasende Tempo des Zuges verlangsamte sich knir schend zogen die Bremsen an die Maschine schnaufte und stöhnte noch ein Ruck der Zug stand. „Groß Heringen!" riesen die Schaff ner und rissen die Thüren auf: „Drei Minuten Aufenthalt." Die junge Frau schreckte jäh aus ihren Träumen empor. Hier mußte sie aus steige». Eine dreiviertelstündige Warte zeit stand ihr bevor: erst der nächste Eil zng brachte sie nach Berlin. Sie hing das Reisetäschchen »in und verließ den Waggon. Und nun saß sie ini „Wartesaal I. und 11. Klasse" des kleinen Stationsgcbän deS, während sich der Zug, mit dem sie gekommen war, langsam wieder in Be wegung setzte. Dieser Wartesaal! Ein mäßig große, Raum mit vom Alter geschwärUeii Tapeten, darin einige Tische und Stühle vorsündsluthlicher Construelion und ein schwarzes Ledersopha mit geschweifter Lehne, welches vor Korpulenz zu bersten schien. An der einen Schmalwand ein Büffet mit einem Servirtisch davor, aus welchem einige verdächtige „belegte" Brötchen, Würstchen, Kuchenschnitte zwischen zwei Porzellanvasen mit grell bunten Kunstblumen ein wenig einladen des Stillleben bildeten. An den übrigen Wänden Fahrpläne, der Prospekt des „Norddeutschen Lloyd" nnd der irgend einer Provinzialindustrie - Ausstellung. Ueber dem Spiegel eine Gypsbüste des ersten Hohenzollernkaisers. In einer halüduiii'ien Eeie zwischen >-. » Büffet und ei.'lc,:, -.".seinen Ofen kämpfte ein sommersprossiger, rothhaariger kcll nerbursche, wie eS schien aussichtslos, gegen die ihn übermauncnde Müdigkeit Vor sich den Kaffee, ein Konglome rat von heißem Wasser, sehr viel Eicho rie und sehr wenig Bohnen, sah Hertha mit großen Augeu aus die im Sounen gttinz weißleuchtenden Schienengelcise hinaus, zwischen denen einige Bahu arbeiter KieS aufschütteten. Und nnn kam mit dröhnenden Schritten der Herr StationS-Vorstcher herein, ließ sich von d'em Hals über Kops auffahrenden Kell nerburschen einen Cagnac geben, trank denselben auf einen Zug hinunter, rieb sehr energisch mit deu, Taschentuch das Schweißleder seiner rothen Mütze trok ken und ging dann wieder. Auch der Kellnerbursche nahm seine vorige Be schäftigung wieder auf. Hertha seufzte auf. Noch dreiviertel Stunden! Und dann weitere drei im Eilzuge, »nd sie ist in Berlin, und die Mutter ist aus dem Bahnhofe und er wartet sie. Was aber soll sie denn eigentlich sagen, weshalb sie kommt allein, ohne ihn —ihren Mann ? Ihr Mann! Ob cr sie wohl vermis sen wird? Sie kräuselt die seingeschwun genen Lippen. Wohl kaum! Seine Akten werden ihn schon über ihre Abwe senheit wenn ja sie ihm fühlbar wen den sollte hinwegtäuschen. Er hatte es ja in seiner Hand gehabt, sie zum Bleiben zu bewegen; nur ein Wort hätte er zu sagen blauchen er hatte eS nicht gesagt; nnn wohl, sie hat anch ihren Stolz! Liebt er sie wirklich, so wird-es ihn nicht lange allein lassen, und cr wird kommen und sie zurückholen. Wenn cr aber nun nicht kommt? Dann ja, was dann? Sie stützt den Kops in die Hand. Es ist ihr mit einmal, als hätte sie irgend ein Unrecht begangen an dem Manne, den sie liebt, als sreuc sie sich gar nicht mehr auf Berlin, auf die Mutter, aus die Freunde. Und sie zürnt ihm nun fast, daß cr so bedingungslos ihrer „Laune" nachgegeben. Sie ruft sich ihn in's Gedächtniß zurück. Uud da steht cr vor ihr, er mit seinen ernsten und guten Augen uud seinem Lächeln. Und sie entsinnt sich all jener tausend kleiner Zeichen von ihm, die nur die Liebe zu deuten weiß, und die in ihrer Schlichtheit mehr sage», als ei» Schwall schöner Worte. Wie er stets so wahr hast liebevoll zu ihr gewesen, wie sie ihm eigentlich so gar nichts vorznwersen hat, als die „kleine Stadt" und seine Berufstreue. So sinnt sie und sinnt und in ihrer Seele bereitet sich langsam eine Wand lung vor. Die Nachmittagssonne wirft schrägfallende Strahlen dnrch die Fen ster und überflammt die Schie>icngeleise und das dahinter liegende kleine Nadel gehölz wie mit rothflüssigem Golde. Die Arbeiter draußen Hacken und Spa Da sicht sie nach der Uhr. In zehn Minuten ist ihre Wartezeit abgelaufen. Sie ruft den kellnerburschen zu sich heran. „Wollen Sie mir ein TepcschcnsorniU' lar besorgen?" „Sehr gern." Und sortist der gut? Junge, glühend vor Diensteifer und in der Erwartung eines guten Trinkgeldes, »in in einer Minnte mit dem Verlangten wieder zu rückzukehren. Und nach abermals einer Minute trägt cr die mit Bleistift ge schriebene Depcschc »ach der Bahnpost zurück. Bevor cr sic aber am Schalter ausgicbt, hält cr sie jener Wißbe gierde, welche ein Erbtheil seiner Kaste ist, folgend dicht vor die Augen und entziffert mühsam mit Bleistift Ge schriebeneS zu lesen ist seine Stärke nicht --- die Worte: „Frau Professor Schlicken, Berlin. Lützowstraße. Komme nicht. Brie! solgt. H«tha." „Herrgott, die guädige Frau!" „Still, still, Pauline! Freilich bin ich'S. Ter Herr ist in seinem Zimmer?" „Jawohl, gnädige Fran .... soll ich...!" „Nichts sollst Du weiter als still über den Korridor und öffnete sodann die Thür zum Salon, in welchem durch -ine Portiere ein schmaler Lichtschimmer a»S dem Arbeitszimmer ihres Gatte» hereinfiel. Ties athmete sie aus und preßte die Hände aus das hochtlopsende Herz. Nun war sie wieder „zu Hause". Kein Mensch außer dem Mädchen hatte ihr Kommen bemerkt. Nur vier Stunden war sie fortgewesen, aber was hatte sie währenddessen Alles durchlebt! Und er, waS wird er zu ihrer Rückkehr sage»? Wie sie empfangen? Eben so ruhig wie er sie hat gehe» sehen? Sie verwirft gekommen als wie fie gegangen war, fu würde seine Gleichgiltigkeit jetzt »ich! verwinde» koiincn. Aus den Fußspitzen nähert sie sieh der Portiere und lugt mit verhaltenem Athem hindurch. Ihr Herz pocht zum Zerspringen: ihre knie zittern. Ta sitzt cr am Schrcibtsich, neben sich die brennende Lampc, vor sich einen Akten stoß. Und doch anders wie sonst. Er blättert nicht in den Akten, sondern stützt den Kops in die Hände. Das Bild eines in tiese Gedanken versunkenen Mannes. Heiß steigt es in ihre Augen her aus. Rasch tritt sie vor, mit wankenden Schritten, bis in die Mitte des Zim mers. „Conrad!" Er war aufgeschnellt. Der Schein dcr Lamxe fiel nun voll auf ihre gra ziöse Gestalt. Ueber sein Gesicht flackert eS wie stürmisch hervorbrechende Freude ....im nächste« Augenblick ist cr be: ihr und sie hängt an seinem Halse im wortlosen, überströmenden GlückSgefühl. Sie hat nur den einen Gedanken, daß si« geliebt wird und daß sie sterben müßte, wen» diese Liebe ihr genommen würde. Nun macht sie sich los von ihm und lacht ihm ililler Thränen in das strah lende Gesicht. „Du hast mich am Eude doch Wohl ei» bische» lieb?" „Seit heute weiß ich erst, wie sehr!'' Sie lacht. Und es ist ein so klingen des, glückliches Lachen. „Also so steht es mit Dir? Sag' »in doch, Du Lieber, wenn ich nun nicht vor selbst wiedergekommen wäre härtesi Du mich geholt?" Er zieht sie an sich. „Ich glaube nein! Wenn Dein Herz Dir nicht gesagt hätte, wo Dein ist, hättest Du mich ja nicht mehr ge liebt! Unsere Ehe wäre ein Irrthum gewesen, den weiter aufrecht z» Halter uns beide sür immer unglücklich gemachi hätte!" „Willst Du wohl still sein!" rief sn und hielt ihm die Haud aus de» Mund '„Nun, ich weiß, daß Du mich doch mehi liebst als Deinen abscheulichen Beruf, magst Du auch dreist in Zukunft der Actenstaub hier einschleppen. Deir Verstand Deinem Berns, Dein Her, mir. Ich habe ja doch dann daj Er küßte sie. „Ich aber das Beste —Dich!" Russische Dörfer. In seinem Werke „Aus nordrussischci Dörfern" gibt Dr. Georg Böhliug u Vl, folgende charakteristische Schilderung Die russischen Dörfer liegen nicht wii die deutschen am Waldesrand oder ir Thalsenkungen, sonder» sast ohne Aus nahme ans Hügeln, so recht au windum wehten Plätzen, wie die Burgen Homers Nicht einen alten mächtigen Banin. siche, keinen Obstbaum, sieht man im ganze» Dorse. Die Häuser liegen in gerade, Linie zu beiden Seiten des Weges, hin ter ihnen besindet sich eine große Meng« ganz kleiner Schuppen, Badstnben unt Strohschober, Alles eingeschlossen vor dem großen Zaun, der das ganze Dorf zu Zeiten auch wohl die ganze Feldmar! umgibt und am Eingang nnd Ausgang des Dorfes Thüren hat, die jeder Fnhr man» sich selbst öffnen und Wiedel schließen muß. Am Ansänge der Straße, die besonders in der Butterwoche, de> Woche vor deu großen Fasten, als Korsi sür die feiernden Bauern dient, stehe« in der Regel mehrere ungezimmerti Blockhäuser, meistens viereckige Holz lasten ohne Dach, mit einigen kleiner Einschnitten, die später mal die Fenstc> bilden werden: sie sehen aus, als hätt« sie jugendlich uubcionueu mit dem grauer Barackcngcwimmcl weiterhin Versteckcr gespielt und konnten jetzt den Weg zi besserer Gesellschaft nicht wiederfinden Ein solches Bauernhaus macht osl viele Versetzungen durch, ehe es gaiij abgedankt wird, es muß manchmal so gar von einem Dorse in's andere ziehen ja früher kam es vor, daß ei» Edelmann heit zur höchsten Ausbildung zn geben Aus alledem geht hervor, wie billig ei» solches HanS sein muß, für VO, höch fteiis 80 Thaler ist es hergestellt Einige Kieselsteine bilde» das Funda ment, natürlich bloß über der Erde darauf eiu Holzkastc» aus rund hundert sind, und ein Dach darauf, das is! Alles. Nen sehen die Hütten »och er träglich aus, aber wie lange sehen si, bei dem rauhen k lima so ans ? Ter Russi denkt meistens nicht daran, die Sparrci, wieder auszurichten, wenn sie zusam mengesnnkcn sind, er legt sie auer übn den Holzkasten und legt hundert alt, Bretter von verschiedener Länge dazu, hilft mit Stroh uud Binsen nach. terial aus dem Hause, als ob dort näch 'sieus ein Ostcrseuer angezündet werde» sollte. Unter der Last stöhnend, legi sich das HauS ans die Seite, aber neue- Leben blüht aus den Ruinen. Gräsei und Bäumchen wachse» lustig auf den ehemäligcii Dache. Auch eiueu Schorn stein hat in neuester.ieit die russisch« .Banernhütte bekommen, eS ist das ei« woraus oben ein Tops ohne Bode» ge stülpt ist. Ter neuen gesetzliche» Ver ordiinng ist damit Geitüge geschehe», schade n»r, daß der Rknich gar »icht da "ran denkt, seinen Weg durch diesen Schornstein zu nehme»: er zwängt sich noch immer dnrch die vielen Ritzen in Dach und Wand. Znr Verminderung der FeuerSgesahr ist es seriier gesetzliche Vorschrift, daß vor jedem Hause Birken gepflanzt werden sollen, das geschieht ä»ch, wunderbar ist es nur,' daß diese Birken gar nicht höher werdcu. Wahr schcinlich macht's der Russe, wie es einst die treue Penelope mit dem Gewände machte, das sie gar nicht zu Ende weben konnte: cr reißt später wieder aus, was er zur Beruhigung der revidirenden Beamten pflanzte. Alle zwanzig Jahre ganz Rußland ab, sagte dem Verfasser ans seiner Heimreise ein russi scher Gelehrter, der damals in Berlin dozirt hatte, und wirklich, dieser Aus spruch ist kaum übertrieben zu ueuncn. Leiser Wiu k. Lieutenant l zum Unterosficicr Janstenbcrg): M»S leliee Schnlze aus Ihrer Eorporalschast besucht da öfter eine Köchin in meinem ihm 'mal leisen Wink geben! - Unter ofsicier Sanflenberg: Zn Befehl, Herr Lieutenant! «Andern Tag'S vor der Front): Musketier Schulze, drei Schritt vor! Hören Sie, Schulze, Sie Rind Vieh, der Herr Lieutenant läßt Ihnen sagen: Wenn Sie noch einmal die Liese in seinem Hause mit Ihrer krummbeini gen Gegenwart beehren, denn soll Ihnen ein Himinelkreiizmillioncndonnerwctter in die Kaldaunen sahren! Sie Do« Juan, Sie! Kehrt, marsch!!! «kine neue Utopie. London, SO. Oct. Der größte Rc clamekönig nach Barnumist wohl der Heilsarmeegeneral Booth. Jener ar beitet sür die Volksaiisklärung. dieser sür das Gedeihe» der Heilsarmee; in beiden Fälle» aber handelt es sich um Geld, viel Geld. Vor acht Tagen ließ er seiner seligen Frau, der Armee Mut ter, einen Riesentodtendienst in der Olrimpia Halle veranstalten: an 40,000 Theilnehmer erschiene» und zahlten, nnd ergiebig an Ruhm und Geld sür die Heilsarmee erwies sich der Heilsmutter Leichnam. Wiederum Geld steckt hinter dem neuesten Plan zur Steuerung von Laster und Armuth, den Booth heute in seinem soeben erschienenen Werke: "In I>arl«z»t nn<l tlis a)' ant" (Im dunkelste» England und der Ausweg daraus > attscinandcrsetzt. DaS Buch liest sich wie der ProspectuS zu einer Acticngesellschast behuss Aus Nutzung von Armen »nd Lasterhaften; erforderliches verzinsbares Capital 1 Million Pfund Sterling, fofortige Aus lage 100,00 Pfund Sterling, jährliches Betriebscapital JO,OOO Pfund Ster ling. Wird den, braven General diese liinime znr Bersügung gestellt, so un ternimmt er es. London vom Laster der Armuth zn säubern, wie ein Wasser bainncistcr die Anlage von Abzugsgrä ben besorgt. Der moralische Unrath soll aber nicht etwa verloren gehen, sondern und das ist der uneingestaiidene Endzweck der Utopie der Heilsarmee zugute kom men. Mit andern, Worten: der Re iorm - Entwurf,st ein neues Anwerbe bureau sür die Heilsarmee. Ein Holz schnitt vordem Titelblatte versinnbildel oen Entwurf. In einer wüsten Bran dung sieht man die Armen, Verhunger ten uud Stellenlosen käinpse», während die Hcilsmänner oben aus sicherem Fel len ihnen die rettende Hand entgegen strecken nnd sie nach der Stadtcolonie bringen, wo ihnen Nahrung nnd Unter kuiist zutheil wird. Von der Stadcolo nie wandern sie »ach der Farmcolonie, um zu lernen, und schließlich winkt ih nen in der Ferne die „Colonie über',» .Neer", wo,h»en Selbstständigkeit und neues Leben wird. Booth wendet sich zunächst an du Enterbten, die Trunkenbolde, die Hei math- uud Arbeitslose», die Diebe iiud straßendirilcn, kurzum, au alle, die im Äeichbilde einer großen Stadt ohne ehr liche ErwerbSgiiellen ihr Tasein sristen; sie will cr retten, aber nicht wie die Socialisten, Landnationalisten . »nd Cottectiviste». dnrch ein bloßes Snstem, sondern durch sosortige Hilseleistuug, wie sie beispielsweise dem gestürzten Fiakerpserdezn Theil wird. Tem Pferde wird aufgeholfen, wer auch an feinem Falle die Schuld trage» mag, und so soll anch dem gefallene» Mensche» sofort ausgeholfen werden durch Errichtung der Stadteolonie. Dort erhält er Un terknnit nnd Nahrung, aber nicht um sonst, sonder» z»m Preise von 4 Pence täglich, und salls er diese 4 Pence „icht besitzt, hat er sie in den Stadtzuslucht statten in Verbindnng stehenden Fabri ieil durch Holzzerstückeln oder Sacknähen abzuvcrdieueu. In Wtiiiechapel soll sich diese Art der Wohlthätigkeit schon bewährt haben. Findet der zeitweilig Gerettete Geschmack an der Arbeit, so wird cr den, HauShaltbergungScorpS eingereiht. Dessen Mitglieder haben die Straße» Londons nach Speiseresten, alten Klei der», Zeitungen uud HaushaltuugSab süllc» abzusuchen; letztere sind für das bestimmt, welches sich in der Nähe der Farmcolonie, der zweiten Station in Bootbs Beglücknngspla», befindet. Nach der Farmcolonie wan dern die AnSerwähllen der Stadteolonie, die sich durch musterhaftes Betrage» Au recht aus ciue reinere TaseinSsorm er worbe». Die Farmcolonie dient zwei Zwecken, als Schnle sür Auswanderer und als große Meierei zur Beschaffung der Nahrungsiiiiltel sür die Obdachlosen ver Stadtcolonie. In eislerer hung werden die Siadtcolonisten dorthin wie nach irgend einer auswärtige» Eo lonie jenseits des Oceans gesandt; sie haben sich ihre eigenen Blockhäuser zu errichten nnd ihr Gemüse anzupflanzen, bis ihre eigenen Bedürfnisse gedeckt und und sie sich in der Lage besinden, von ihrem Ueberstuß abzugeben. Dann treten sie als Mitarbeiter bei der Versorgung der Obdachlosen und der Rutzbarmachiiuz der vou dem Haus Haltbergungscorps gciaunncltc» Absalle der Londoner Straßen aus. In diesen Absällen seiert die Phantasie des bra oen Generals förmliche Orgie»: Alles und jedes entsteht ans ihnen: Caval lerie - Regimenter, Schweinezüchtereien, Jeiscn und Papiersabriken, Schnh nnd 'ilciderlager, Sattlerioerkstätten. Ein Theil des Abfalles kann, paffend ansge nuntcrt, noch als menschliche Nahrnng nid Tüngersabrikc», ans dem Fett Zcisensabnken. Im Geiste sicht Booth »ie sich ans der Wasserstraße zwischen .'ondon »nd der Farmcoloine unzählige >a',n gehörige» Judustricdorse herge hellten Erzeugnissen. ES bleibt inni als Schlußstein des Booth'schen Planes »och die Colonic ienseits des Meeres übrig. Sie ist 'cm Entwurf etwas lose angeheste!. Glicht als nothwendige Ergänzung, jon ichwebt dabei zumcist eine Umgestal nng des bisherigen AnswanderungS ihstcms vor; er will, daß die Aus ivaiiderungsschiile durchmachen, wie er sie a»f seiner Farmcolonie cingerichtei hat, ehe sie ihr Vaterland verlassen Lieblingsauswanderungsseld ist Südafrika, dahin möchte er ein Schiff mit bewährten Farmcolonisten senden, lie oort auf vorher angekauftem Ge lände ansiedeln und mit de» nöthige! Mitteln zur Beschaffung von Haus Vieh und Nahrung auf einige Monat, hinaus leihweise versorgen. Im übri gen ist diese Auswanderungsidee, si vortrefflich sie an sich ist, doch wenigei ausgeführt. Dafür aber gibt es ii dem Buche noch eine Menge sonstige! Plane: so die Schassung der Kerker ihoren Brigade, deren Mitglieder en burean, eine Arme Leute Bau^. Zur Ausführung dieses Rettung - vlanS braucht er ;iO,OOO L. jährlich und 100,000 L. zur sofortigen Einrichtung der ersten Stadteolonie, was einem Capital von einer Million L- so ziemlich gleichkommt. Für sich hat der General jedenfalls den bisherigen Erfolg seiner vielverlachten Heilsarmee: sie besitzt ein Vermögen von 800,000 L-, hat eine von 720,000 L., ist in A4 Länder» bis jetzt verbreitet und zählt ?874 ArmeecorpS und 9416 Ofsiciere. Merkwürdig ist, daß die militärische Organisation, die das Geheimniß dieses fall an die Hand gegeben ward. Sein Titel „General" ist die bloße Abkürzung des vollen Titels: „Gcneralsuperinten dent der christlichen Mission" »nd be staud schon, che irgend einer an die Ar mee dachte, »nd der Ausdruck „Heils armce" vollends wurde bei der Durch sicht eines Druckbogens auss Gerade wohl hineingeseht als Erklärung der „christlichen Mission", deren Stelle er such machen, seine Utopie in Wirklich keit umzusetzen. ttras Tolstoi als Sirt. Einer meiner Frenude, der unlängst in Josnajc Polanje den kranken Gra sen Lew Nikolajewitsch Tolstoi besuchte, theilte mir eine kleine Episode aus der jüngsten Bergangeiiheit der berühmte, sten aller lebenden russischen Belletristen mit, die sür Ihre Leser umso interes santer sein wird, weil sie noch nirgends veröffentlicht worden war und ebenso authentisch wie characteristlsch ist. Es handelte sich in» die Wahl eines Torf- Hirten, zn welchem Zwecke eine Ver auch Gras Tolstoi theilnahm, La er sich ein für allemal das Recht auSbeduugen halte, allen Berathungen der Torfbe völkerniig beizuwohnen. ES entspan nen sich eifrige Erörterungen darüber, wen man mit den hohen Obliegenheiten eines Hirten betrauen solle. ES wur den mehrere Eandidaten vorgeschlagen, doch konnte uian sich über die Wahl nicht einigen. Graf Tolstoi, der bis dahin mit schweigender Aufmerkiamkeit zugehört hatte, trat plötzlich in de» Kreis, verneigte sich ties vor dein „Mir" < Dorfversammlung) »nd bat, daß man ihn zum Genieindehirte» ernennen Möge: er würde gewiß das in ihn durch diese Wahl gesetzte Vertraue» rechtser tigen. Es sei ihm gleichgiltig, ob man ihm Gehalt.zahlen werde oder nicht. Obgleich die örtliche ländliche Bevölke rung schon ost Gelegenheit hatte, sich mit dem excentrischen Wesen des Grasen vertraut zu machen, so wurde sie durch diesen Vorschlag doch überrascht. Tie Aeltesten kratzten sich nachdenklich hinter de» Ohren »nd schwiegen verlegen still. Endlich ertönte aus den hintersten Reihen eine Stimme: Ist es aber anch sür dich, Väterchen Lew Nikolajewitsch, passend, einer solchen Beschäftigung nachzugehen? Bist dn auch geeignet dafür? Der dadurch in seiner Ehre gekränkte Gras sing an, seine Wider sacker zn überzeugen, daß er sich für die Stellung eines Hirten grade eigne: er sprach so schön, so hinreißend, bat so Weigerung anzuthun, daß die Gemeinde wenn auch kopfschüttelnd, ihre Einwilli gung gab: Da er es uuu einmal so sehi will, so muß man ihm nachgeben. Dam ist er auch ein guter K erl, der stets zu Helsen bereit ist. Und wen» es inni ihm das Spaß macht! Wir wolle» hos se», daß unsere Herde nicht darnntei leiden werde! Lange wird er wohl de» ähnlich sprachen sich die Bauern uiiter sich aus und beschlossen, den Grase» Tolstoi die Zügel der Regierung über sämmtliche Dorsherden zu übergeben. ES fand sich nur einer, das »ukuiii Schluß der erregten Berathung pathe tisch ausrief: Brüder, wir haben einen großen Fehler begangen. Wir hätte» bei Lew Nikolajewilch ein paar Eimer Branntwein dafür verlangen sollen, daß wir seinen Wunsch crsüllt, und hätte» kann ans diesem Gebiete de» größte» Weltweisen übertreffen. Außerdem hatte der gräfliche Hirt die üble Gewohnheit, uig litten. In den Dörfern werde» die Viehheerden früh mit Morgengrauen ans die Weide getrieben; der Hirt um schreitet das ganze Dorf und ruft mit seinen Horutönen die Heerde znsamme». Während der Regierung Tolstois mußte ein anderes Regiment einzcsührt wer den. Die Bauernweiber von Hasui Poljewi mußten das Vieh aus den Hos des Herrenhauses zusammentreiben und erwarten, bis es Seiner Erlaucht dem Grafen-Hirten belieben würde, die Füh rung aus die Weide zu übernehmen. i!S ging dabei nicht ohne tragikomi sche Scenen ab. Die Bauernweiber wäre» ost gezwungen, lange zv warten, und die Vichhterden wurden ungedul dig und ein allgemeines Brüllen. Meckern u. s. w. protestirte gleichsam gegen den Langschläfer. Wenn der Lärm zu stark wurde, erschien ein Die ner in eleganter Livree, Kniehose und weißen Handschuhen, mit goldenen Achselschnüre»: „Wollt Ihr wohl das Maul halten!" schrie er die Weiber an. „Seine Erlaucht geruht Thee zu trin ke». Wenn der gnädige Herr sein Früh stück beendet haben wird, so wird er ge ruhen, heranszukomme:, und euer nie derlrächtiges Vieh auf's Feld zu trei ben." Da sich derartige Auftritte zu häusig wiederholte», so riß den Bauer» endlich die Geduld, besonders da die Weiber erklärten, sie würden nicht mehr das Vieh auf den Herrenhos treiben. Es wnrde eine Versammlung znsam menberuscn, zu welcher auch Tolstoi eine Einladung bekam. „Wir haben eine große Bitte an Dich, Lew Nikolaje witfch!" fagten die Aeltesten, sich vor dem Grafen tief verneigend, „hoffentlich wird Deine Gnaden sie uns nicht ab. schlagen." „Was ist das? Ich bin stets bereit, dem „Mir" zu dienen! Rede, was wollt Ihr?" Die Aeltesten konn ten lange nicht ihre Bitte vorbringen und einer von ihnen schob stets den an dern vor. Endlich faßte einer der Ael testen, ein fast neunzigjähriger Greis, deu Muth und sprach: „Befreie uns, o Herr, fei so gnädig. Wir werden Dir ewig dankbar sein. Quäle uns nicht." „Was wollt Ihr denn eigentlich?" sragte erstaunt der Graf, „wovon soll ich Euch befreien?" —„Von Deiner ver rückten Idee befreie uns, Lew Nikolaje witsch, sür Dich ist es ein Spaß, sür uns aber Ruin! Und die Weiber geben uns keine Ruhe, die Hexen!" Mit Einem Worte, der „Mir" bat den Grasen unterthänigst, aus den Po sten eines Gemeindchirtcn zu verzichten. Tolstoi nahm sich dieses ihn, ertheilte Mißtrauensvotum, diesen von ihm ge sorderte» Abschied sehr zu Herzen, sing an. sich zu vertheidigen und sragte. wo. durch cr sich denn die Unzufriedenheit der Gemeinde zugezogen, daß sie de. schloffen habe, ihn zu entlassen. Wo. durch habe ich denn euer <urr Unzilsriedenheit erregt? sragte Tolstoi sast mit Thränen in den Äugen. Da ließ sich in den hintersten Reihen eine Stimme vernehme»: ~D» taugst schon darum »icht als liiiscr Hirt", sagte diese unerbittliche Stiuime, „weil wir dich, scw Nikolajewitsch, doch nicht nus schimpseu könne». Dn bist doch ei» Bo rin (Herr), lind was ist das sür ei» Hirt, de» wir »icht ailsschimpsen oder im Nothsalle verhauen können!?" Und der ganze „Mir" drückte durch beifälli ges Grunzen sein Enigeständniß ans. Der zahnlose Alte mit de», ans die Brust in Silberwellen herabfließenden Patriarchcnbartc sagte: „Es ist wirt lich so, Lew Nikolajewitsch, du taugst für uns nichts. Unsere Hirten müssen wir schimpsen und prügeln können. DaS mußt du selbst begreifen. Befreie uns, Väterchen!" Was blieb dem Grafen übrig, als sich dem Spruch des „Mir" zu unterwerfen uud auf de» Posten eines Geinelndehir ten zu verzichten. Sine Audienz. Die Deputation der Perl» in u I te r Fabrik a n t e n: llnf're Lage wird sehr düster. Zwar bis heute noch verkaufen - Wir in Ballen »och und Haufen llnf're Waaren über's Meer, Aver bald wied das sehr schwer. Die verdammte K inley Bill Dem, der was verkaufen will, Droht hermetisches Gehege. Wir verarmen ganz und gar, Daß sie möge Schonung üben! Der Minister: Dieses. Leute ist nicht möglich, Werd' ich i» die Mode bringen? „Zn den Müttern, zu den Müttern" Wird die Losung, die moderne, So bei Bürgern, als bei Rittern, Deutlich seh' ich'S schon von Ferne. Holz, Metall »nd Stein verschwindet, Knöpfe, Oesen, Hakens Ketten, Stühle, Tische. Wannen, Betten, Leuchter, Spinde, Schlöffer, Schränke, Die Behälter für Getränke, Wie für Käse, Fleisch und Bnttcr, —^ * ' * Dieser Trost wird Euch genügen, Kinley soll Euch nicht besiegen! Ich und meine Herrn College» Werden Weiteres noch erwägen. Baut man nur auf Frau Austria, > Auf die wahre Perl-Mama; , - Sie wird Euch zum Heile führen, ' Und die Hindernisse lichten, Sie entzieht sich-niemals ihren Perl- und sonst'gen Mutterpflichte«»
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