v Nttderso:wille! Sinegransige Reminiscenz anL dem Nevellionskriege. Die Mikiftanoliingen «ns Leiden der gefangenen NnionSsoiSateu. <krj«»lt von einem der übcrleben ven Qpser. In der bekannten Monatsschrift „l'lia (üs-iturv", welche sich von alier Sensa tionshascherei fern hält, und in der die besten historischen Arbeiten über den Rebellionskricq erscheinen, finden, wir zwei lange Aussätze über die Gränel von Andersonvillc, dem größten und berüch tigtsten Gesängniß der kriegsgesaiigenen Unionckämpser. Die Schilderungen entstammen der Feder des Dr. Mann ans Massachusetts, dem wir jetzt, in möglichst getreuer deutscher Bearbeitung nacherzählen wollen: Ich bin ein alter Soldat, körperlich hinfällig und gebrochen durch die schreck lichen Leide», die ich nebst vielen tau fenden braver Kameraden in den entsetz lichen Gesängnissen des Südens habe erdulden müsse«. Die Strapaze» des Krieges sind nichts gegen diese Leiden. Glücklich zu preisen sind Diejenigen, welche von der Kugel iu der Schlacht dahingerafft wurden und jetzt längst un ter dem kühlen Rasen schlummern. Wie aber wäre es möglich, die Leiden derjenigen Dulder zu schildern, welche lauge Monate hindurch, von trügerische: Hoffnung auf Erlösung hingehalten, endlich unter unsäglichen Qualen, ver gessen, vernachlässigt, dem Hungertod« nahe, «ur vou rohe», entmenschten !>! -r -kerineistern umgeben, ihr Leben aus hauchten? Dem Himmel sei Dank, mein Ge dächtnis; ist frisch und nngeschwächt, wen» auch meine Körperkraft gebrochen ist. Wie könnte ich auch jene furchtbare Zeit der Qualen vergessen, die sich nn auslöschlich dem Gedächtnisse jedes unserer Märtyrer eingeprägt haben? Es war am Lv. Mai 18V1, als ich als Freiwilliger in die Armee eintrat und bald darauf dem 18. Regiment dei Massachusetts - Freiwilligen unter Col. James BarneS zugetheilt wurde. Wäh rend des ganzen Krieges fochten wir in sämmtlichen Schlachten der Potomae- Armee. Meine Dienstzeit da»erte drei Jahre; i» zweiundzwanzig blutigen Schlackten hielt ich im Kugelregen und Pulverdampf aus, uud glaubte fast, daß ich mit allen Schrecken und Gräueln des Krieges vertraut sei. Ich sollt« ei»cs Bessere» belehrt werde». Ich kannte »och nicht die Leiden der Gefau genschaft. Die Schlacht und die Gefan gennahme. Bald nachdem General Grant das Obercominando der Potoinac - Armee übernommen hatte es war im April 18V4—, begannen seine Operationen gegen Richmond. Am dritten Mai setzte unser Regiment sich in Marfchbewc giing. Zwei Tage später trafen wir auf den Feind, uud das blutige Gefecht war die Luvertüre der Caiiipagiic, sür mich sollte es das letzte Gesecht sei». Wie das bei Schlachte» herzugehen pflegt, hatte» die Theilnehiner, die Soldaten, keine Idee von dem Ganzen des Kam pfes. Für sie löst sich die Schlacht in eine Reihe von Einzclgcscchte» auf, anscheine»!? ohne Znsammcnhang. So ging's auch bei uns. Unsere Compagnie schwärinte als Schützenkette aus, das Terrai» war aber stark coupirt, buschig uud hügelig, und gewährte dem Feinde tressliche Deckung. Salve ans Salve warf nnS schließlich zurück, und unsere Llvti!le«>e »mute der guten Slel I»»g des FeindeS nnd de». Mangel a» erhöhte» Position?,! nicht viel Doch bald erscholl das Commaiido Vor wärts ! u»d obwohl rechts nnd links die Kameraden niiter dem mörderische» Feuer des FeiiidcS fiele», drangen wir doch uuanshaltsam vor, eigentlich ohne recht zu wissen, wohin. Der Pulver dampf lagerte iu dicken, erstickenden Wolken über »»S, die Somicnhitze war drückend und lein Lüftchen regte sich. Ei» Theil »»serer Brigade war dort oben, wo ein kle-ines Wäldcbe» einen i» erbittertem Kampie mit dem an Zalil und Stellung überlegenen Feinde begriffen. Tie U.isrigen z» verstärke», das war jetzt nnser Bestrebe». Es war inzwi schen vier Uhr Nachmittags geworden. Drei Stunden hatte der Kaiups uueut schietea hi» und her gewogt. Kein Theil halic eine» Vortheil errungen. den, denn der Feind machte sich nnscre verlnngiamie Bewegung zu Nutze, und wir sahen uns in wenigen Minuten um zmgelt nnd hilslos von de» Unsrigen abgeschnitten. Es blieb »ns keine Wahl, als entwe der die Wasseu zn strecke», oder uus nie dermetzeln zn lassen. So ergaben wir uns, und wurden vo» unsere» Siegern verbanden »»sere Verwundete», reichte» ibne» Wasser u»d Erguicknngen, so gut dies in unserer Lage möglich war» Z usa min en t ref fc n mit Gen, Lee. Unfer erstes Ge fängniß. <ai»it begann die erste Phase unse rer Gesangenschast. Ich »lache zwei Abschl'.clie derselben : der erste menschlich fach (Gelegenheit gehabt, uiis nnser» sorg'osc» Wächter» durch die Flucht zu entziehe», »»d krästig. muthig, wie wir wäre», »ns durchgeschlagen, bis wir di» Lreunde wieder erreichten! Doch wir waren ahnungslos und hoffnungsreich. Wir waren Gefangene der berühmten „Stonewall Brigade". Hier zum erste» Male und zum letzten sah ich Ge neral Robert E. Lee. Er saß in sorg loser Haltung, das graue Haupt- und Barlhaar schlecht gepflegt, rauchend zu Pferde. Seine Worte klangen gütig uud mitleidig. „Thut mir leid, Juu gens, euch so zu sehen, aber ihr müßt dem die beste Seite abgewinnen." So sprach er. Wir wurden nach dem Orange Court House abgeführt, eiu Marsch von 25 Meile». Sin Bpftr »oi, Ändrrson»Mt. Ich hatte Zeit genug über meine Lage nachzudenke», die mir damals kaum inehr als ärgerlich und unbequem er schien. Den» in wenigen Woche» lies meine Dienstzeit ab, nnd ich sehnte mich nach der Heimath und den Lieben da heim, die ich seit drei langen Jahren nicht gesehen. Aber man sagte n»S, daß wir in wenigen Tagen über Rich lnond und City Point ausgewechselt w»den lMrdc». Also mir Geduld! Geduld wenn's Herz auch bricht. Und bei dieser Gelegenheit kann ich mir nicht versagen, eine furchtbare Anklage gegen unsere südliche» Kerkermeister z» erhebe». Nicht genug mit körperlichen Qualen, spannte» sie auch nnsere» Geist auf die Folterbank trügerischer Ver heißung. „AnSwechselung" das war die beständige Lüge, mit der wir Hinge so tönte eZ uns beständig in den Ohre», und während wir von Kerker zn Kerker geschleppt wurden, war es immer jener Sireiieilktang, aus de» wir erst freudig uud hoffnungsvoll horchte», bis unser Muth sank, und dumpfe Verzweiflung und trübsinnige Ergebung sich unserer bemächtigte. Lügnerische Vorspiegelun gen. Unsere Leiden auf dem Marsche. Unsere Wächter, selbst gediente nnd tapfere Soldaten, ließen u»S die De müthigung der Gefangenschaft uicht em pfinde». Ein wackerer Krieger ist un sähig der kleinliche» Tyrannei, hämischer Schadcilsrcude uud grausame» Bosheit die wir a» de» „liomo kennen lerne» sollte». Diese sollten wir zuerst im Evurthause kennen lernen. Man nahm uns hier alles Geld. Werthsachen und sonstigen Besitz ab; namentlich Uhren, Geldtaschen nnd wollene Decke». Ein armer Schelm, der seine Decke aus Trotz in Streife» zerschnitt, um sie nicht in die Hand des Feindes fallen zu lasse», erhielt von seinem Wächter eine» fürch terlichen Hieb mit dem Säbel über den Kopf, woran er binnen einer Stunde verstarb. Das war, so zn sagen, der Vorgeschmack desse», was unser wartete. Von hier ging's am nächsten Tage nach Gordoiisville uud Lynchburg, und nachdem wir hier bei warmem, schönem Wetter in einem Zeltlager eine Woche lang zugebracht hatten, ging'S dann weiter nach Danville, sonderbarer Weise, obwohl uusere Wächter stets das Mär chen vou der nahe bevorstehenden „Ans wechslmw" wiederholten. Zwei und nuen halben Tag brauchten wie zu einer Eisenbahnsahrt von kaum 150 Meile». An Danville, wo „auZgewechselt" werben sollten, mußten wir, deren Zahl durch ncnen Znzng von Gesangenen in zwischen auf NWO angeschwollen war, in ein enges Gefängniß wandern. Und hier, nachdem, wir ununterbrochen 3v Stuiiden gefastet hatten, erhielten wir unsere erste» Rationen, grobes Mais brot, teigig uud kaum gebacken, und fet ten Speck. Die Luft im Gefängniß, wo man !Z5» Mann i» jedem Stockwerk un tergebracht hatte, war so entsetzlich, daß ich eS als Wohlthat begrüßte, als ich zum Wafscrholen am Flusse commandirt wurde uud so etwas frische Lust schöpfe» konnte. Auf dem Wege dahin trafen wir andere, bereits längst vor uns eingetroffene Gefangene, deren bleiche, von Kummer uud Entbehrungen abgehärmte Züge, ihr schlotteriges Aussehen unsere Hoff nungen merklich herabstimmten. Wir sahe» wie im Spiegel das Bild uuserer Zukunft vor Angcn. Die jämmerliche Verpfle g u n g. Plötzlich hieß es, Richmond sei als Ort der „Auswechselung" als zu gefähr lich Wege» Graiits Bvmbardir»»g auf zegeben, nnd deshalb sei nnsere Marsch roule nach Charleston geändert worden. Also weiter ging'S, wie gewöhnlich in überfüllten Güter- »nd BichtrcnlSport- Waggons. Glücklich der, welcher an der offene» Thür stehend die frische Luft des fonnigen Südens einathmen konnte! Bald jedoch verließe» wir den Bahnzng, überschritten die Grenze von Nord- Carolina nnd machten nach einem Marsche vo» 1K Meilen Rast in einer prächtigen südlichen Landschaft, von Magnolienbäiittie» umgebe», an ciiiem klaren uud kühle» Bache. Mit der Verpflegung war es rech» kärglich bestellt. Aus den Mann kam gerade ei» Quart Maismehl. Wir improvisirten, so gut es ging, Pfannen aus »nsercni defeeien Kochgeschirr, uud rösteten uns Maiskuchen ohne Salz und Schmalz. Doch hat mir selten ein» Mahlzeit so köstlich gcschineckt, als diese halbverbraniite» mit Kohle und Asche verunreinigte» Maiskuche». So ging's durch Nord Carolina, nach CbarloNe, wo man uns jzroßiin.lhiger Wc>je -'.lltrlüchTr, siir Is> Cents das Stück und Arn rrn Tüfckuctosfeln zu LS CentS das Bieilelpsnnz verkaufte. Ter erste Orl von Bedeutung in Süd Carolina, den wir vassirlc», war Chcftcroille, wo Toch da wir etwas Sal; bekoninicn hatten, 'chineckte das kunstlose Ä!a>? i:iel>lgeback bedeutend besser, als ich er liunbia ivar der ein',ige bedeutendere Ort, den wir berührten. Bis dahin wnrde von niclitS weiter gesprochen, als u!?er Eharleston. Doch uiusite schließlich auch der Gläubigste irre werden, denn eS ging augenscheinlich eine Berlinde rnng in unserer Reiseroute vor. Wir sn!>ren nach Angnsta zu, von Eharleston leine Üiede. Wieder gab eS Ausflüchte; es hies; jetzt, wir sollten in Savannah anSgewechselt werden. Jetzt kamen wir inMaeon Ga., an, nnd hier ninßte sich die Frage endlich ent scheiden. Rur Achselzucken war die Ant wort ans liniere angstlichen Fragen, nnd weit davon. DasGefäiignifzlager v o n An dcrsonvillc und unser Kerkermei st e r. Es war am 20. Mai, als unser Zug delgelwlz Halt wachte. Was unser war tele, wusjlen wir nur aus allgemeinen Andenlungen unserer Wächter. „Nach einein Waldhügel," hieß eS, ,?noch viel zu gut sür euch Zaukees!" Wir hallen jetzt die Wirklichkeit vor uns, und nicht viel Zeit, uns ans Ber mnlhn'.lgen einzulassen. Denn kanni >v >r der Zng zum Stehen gekommen, als ein untersetzter, breitschultriger, kei fender und schiinpsender gieiter auf einem Schiimnel den Zug entlang sprengte nnd uns unter Flüchen befahl, sofort a» ansteigen. ES war unser künftiger >te lernicister, Eapitain Henry Wirz, ein geborener Schweizer, später Bürger von Louisiana, ein Mann, Ivel cher die furchtbare Äcrautwortuiig für das unsägliche Elend von wehr losen Gefangenen ans sich geladen hat. Wirz war von Beruf Arzt, also schon an sich zur-Milde und Barmherzigkeit ver pflichtet. Sein Ende war schrecklich. Am 5. Anglist 18<ZS wurde er auf das TodeSnrtheil eiues Kriegsgerichts der Union standrechtlich erschösse i. Das Gefangenenlager, d.'sseii offiei eller Name übrigens nicht Anderson oille, sondern „Eainp Sumpter" lautete, ! w.'.r von General I. H. Wiüder auSge !o.u)lt, welcher erfl im April 1864 iaö Coni'.uando überiiahni, aber feine Krea lur Wir', nach Willkür darüber schalten ließ. Welchen Rnf Winder im Süden ze:osi, kann ina» daraus ersehen, das, >'er Alichnwndcr „C>a"niner" bei feinem Abgänge nach Anderlouvilli! aufrief: „Gott fei den armen KriegSgesangcncn inädi^!" undObersilieulenantEhandler in se!uci» Bericht vom ü. Angn?t Itiiil über Eamp Sumpter, der austerordeut lich gemäsiigt gehalten ist, erklärte zum schlusse.wörilich: Nach alle Dem mns! ich ergebeust zu einem Wechsel in der Person des Eoin menschlichem vereinigt, leu-and, oer nicht absichtlich nnd mit kaltblütiger itzrausanik' it die Lage der unglücklichen l>':csc»igenen unverändert bestehen läßt, vaniit die Sterblichkeit, welche sie fetzt ans's Furchtbarste deznnirt, schiiestlilh das; die durch Uebersüllung sowie man geltzafte und schlechte Ernährung von selbst verschwind'. »." So lautere das Ur Weil eines b: aoenOfsieierS dcrSüdarniee. zlanbt, daß ineine Mittheilungen über irieben sind. Im Gegentheil. Meine ersten Aufzeichnungen habe ich sorgfältig gesichtet, und alles ausgemerzt, was vielleicht den Stempel persönlicher Bit terkeit trug. Tie Zeit tzeilt ÄUes, und Sie Lti lalire, inelche seiidem sind, haben den scharfen Stichel der Leiden abgestumpft. Unsere ersten Eindrücke. Zchinimelrciter au der Spitze, nach dein Lager. Ein schweres Eifei.thor schlos, sich mit dumpsem Krachen, als der lel.ue liner düsteren Resignation Als inan ins wie Lchase in den inneren UinlreH der Hoden PaUisadcnnmzäunnng trieb, wurde» wir bald von den Gesangenen umringt, die in fieberhafter Hast Fragen an uns richtete». Taraus erfuhren mir, daß sie seit drei bis sechzehn Monaten im Camp schinachicieu. Bald wurden gewiesen, und ich würde der Abtheilung 13, Schwadron !), zugetheilt. Wie unser Lager aussah. Unser Gefängniß hatte einen Flächen inhalt von fünfzehn Acker, dessen Grenze durch den obenerwähnten Pallisaden zaum gebildet wurde. Tie Pfähle be stände» ans starkem, viereckig bchanene» Fichtenholz von fünfzehn Fi!» Hohe und so dicht nebeneinander eingerammt, das; auch nicht die geringste Fuge sicht bar war. NingShernm aus der äuße nuugen SchildhäuSchcn mit der Oessunng nach dem Lager zu angebracht. Fünf zehn Fuß innerhalb der Umzännnng zog stellte Einfriedigung, die sogenannt« „Todtenlinie" entlang. Ter Name war bezeichnend genug. Die Schildwachen hatte» nämlich strenge Weisung, jeden schreitet, sofort niederzuschießen. Tiefe Wachen waren ausschließlich halbwüch sige Inugeu von zwölf bis sechszehn Jahre, welche namentlich deshalb diesem barbarisch?» Besehl auf's Püuklichste nachkamen, weil der Henker siir die Er schußung eines Gefangenen dreißig Tage Urlaub als Belohnung erhielt, ein Tag aiug vorüber, ohne das »linde stenS ein Gefangener aus diese Weise er schössen wurde. Auf zwei Seite» der Umzäunung -twa in zwei- bis vierhundert Ellen Eni eniüng, erhoben sich zwei Erdwälle jeder mit vier geladenen Kanonen be setzt, die ihre schwarzen Schlünde nach dem Lager zn richteten, bereit, bei einem Zeichen von Ansruhr sosort Tod und lageil zwei >sngel; ein in einer thal artigen Einseniung fließender schmaler, schmutziger Bach theilte das eingefriedete Land in zwei fast gleiche Halsten. Etwa drei Acker des Thales bildete einen stinkenden Sumpf oder richtiger Schlaiumteich, der unter der Sonnenhitze fast brodelte und mephitischs Fieber dünste au-Zhauchte. Unglaublich, aber wahr: Tie Feldküche, wo alles Brod gebacken nud das Fleisch gekocht wurde, stand an diesem Bach oberhalb der Um zäunung, sodas; aller!>! üchenabsall, Blut und schmutziges Wasser sich mit den Ge wässer» des BcicheS mischte, mit demsel ben Wasser, welches unsere einzige Trinkwasserquelle abgab! Tic Zelte unserer Wächter waren so angelegt, daß der ganze Schmutz von dort in einem ekel» Ström sich durch unser Lager schlangelte, um dann sich mit dem Schlamm jenes stinkende» Sumpfes zu V" s' - u . Pia» os» vermischen. Bon Schatte» oder Küh lung während der Tagcshitze war gar keine Rede. Tenn es waren, wie es scheint absichtlich, alle Bäume innerhalb der Umzäunung umgehauen worden, um sür die Zaunpfähle verwendet zu wer de». Keine Borkechrungeii irgend welcher Art waren gotrosfe» worden, um den immer mehr fich anhäiisende» Unrath bei Zeile zu schassen. Ter größte Theil desselben wurde in jene» Sumpf ge schafft, und i» diesem stinkende» Höllcu pfubl entwickelten sich uutcr demEi«sl»ssc der Hitze Milliarden von Maden, welche sich zu Schmeißfliegen entwickelten und daS Lager durchschwärmten. Die Schrecke» derGefangeu scherst. Folge» in Betreff der Gesundheit der Gefangenen hatten, kann ma» sich uuge sähr vorstellen. Tie 13MV Gesänge nen, welche bereits vor u»S Monate lang hier eampirt hatten, hatten bereits gewechselt zu werdeu uud die Heimath wiederzusehen. Sie legte» sich nur mit dem Gedantcn nieder, zu sterbe». Fast jede halbe Stunde, Tag und Nacht, starb einer der Gesungenen. Anfänglich Geist unter ihnen zu erwecken und einen HvjlMtiigsjcheuuittc «ozujuißeu. Uui» die erschreckend große SterblichkeitSziffer nahm wirtlich ab. Doch als die Hitze immerfort stieg und die Zahl der auf den 15 Ackern ziisammengcpserchlen Ke fangenen schließlich auf 56,000 anwuchs, da mehrte» sich auch wieder die Todes fälle, imd jede» Morgen wurden durch schnittlich hundert Todte aus der Um zäunung herausgeschafft. An einem Augustlage stieg die Zahl der Todte» aus zweihuudertuudzwöls! Dabei man gelte es nus au jeder Lectüre, an jeder Möglichkeit, die Gedanken von dem ent setzlichen Einerlei, den Strecken des Tode? abzuziehen. Weder Bücher noch Schreibmaterialien waren zu haben. Nnr wenige Bibeln hatten sich in das Lager verirrt und winde» mit Begier gelesen, ja, so abgegrissen, das, sie mürbe wie Zunder und unleserlich wurden. So brüteu und den schwärzesten Gedanke» über die Zukunft, welche gleich bei imse rer Ankunft durch de» traurige» Anblick unserer I!>,000 Leidensgefährten die Oberhand gewonnen. Dem Hungert ode nahe. Die Verpflegung war die denkbar Sergeanten nach Abtheilungen vo» je NO Mann vertheilt wurden. Der Sc» geant theilte da»» die Rationen sür seine Leute ein, und wenn er damit ser tig war, siel mir gewöhnlich das Amt zu, mit dem Rücken dem Sergeanten zu gekehrt, auf's Geradewohl die Empfän ger zu bezeichnen. Dadurch siel jeder Schein der Bevorzugung fort, denn die bestehende» Rationen siele» oft in der Eile der'Theilung recht ungleich aus. Ich habe mit drei Waffengefährten— ineinfchaillich mit unsere» Vorräthen aushalsen, und häufig wehmüthige Er innerungen aus der Hcimalh austausch te-». Am erste» Juli verloren wir Stelle nahmen wir eineil gewissen Tho mas Brown, eine alte englische Tbeer jacke, in imsere Gemeinschaft ans. Frü her ein niwerbesscrlicher Trnnkenbold wurde Brown unter dem Zwange der Mäßigkeit—denn an Spirituosen war natürlich nicht zn denken—ein tresslichcr UuterhältuugSgabe über manche trüb selige Stunde hiuweghals, sondern anch viel praktischen Rarh ertheilte. Nnr Wenige von u»S brachte» es so weit, düng zn setzen, der außerhalb des La gers seine Vorräthe sür kaum glaubliche Preise seilhielt. Er hatte Mehl, Soda, Salz, Pfeffer, Süßkartoffel» u»d aiidcce Leckerbissen zu vrrkanseil, z. B. Salz sür eiueu Dol lar die Piut, ebensoviel für ei» Quart Mehl, zehn EentS sür eine kleine Zwie bel, vier bis zehn Dollars sür ei» Psiind Tabak ». s. w. im entsprechende» Ver hältniß. Viele von nnS legten sich aus den Tauschhandel und machten gute Geschäfte bis zum Betrage von mehrele» hundert Dollars, indem sie mit dem ge machten Gewinn ihr Geschäft immer wieder vergrößerten. Fluchtversuche. Trotz der anscheinenden Hoffnungs losigkeit jeden Fluchtversuchs stachelte voch gerade diese anscheinende Unmög lichkeit den Schärfst»» uud die Erfin dungsgabe der Gefangene» auf's Aeu ßerste an, um so mehr, als Jeder sich lus's Sehnlichste aus dieser Hölle hin ivegschiile. Die einzige Art, einen Aus gang ans dem scharf bewachten Lager zu finden, war auf untcrirdifchem Wege. Am günstigsten dazi? 'ageu natürlich die gelte unweit der Umzäunung. Von hier i'.inßle man erst einen Schacht und dann einen Stolle» bis weit über die Schilderhäuser hinaus graben, also etwa SO bis 100 Fuß lang. Doch da die ganze Nacht Fackeln an der Umzäunung die Gegend dahinter hell erleuchteten, war eS sehr schwierig, die Erde hiuweg ziischasfeii. Einer der Zeltbefitzcr an der Umzäunung, eiu gewisser William Moore, erklärte sich mit Freude» zu einem derartige» Eomplott bereit. Am l. Juli begann die Maulwurssarbeit, welche besonders dadurch begünstigt iviirde, daß daS Zelt innerhalb des 30 bis 40 Fuß langen ticsschwarzeu Schat tens der Umzäuuung belege» u»d sür vie Cchildwachc» also uusich'.bar war. (Ein weiterer Artikel folgt.) In einem Städtchen Li tauens hat sich vor einigen Tagen ein recht heiterer Vorfall zugetragen. Ein junger Gutsbesitzer, der kürzlich die des schwere» MarktdieiisteS sein Mit lagbrod verzehrt und ein GlaS Bier trinkt. Da er sich durch das Eintrete» des Gutsbesitzers natürlich nicht weiter stör n läßt, fragte der Herr Lieutenant in Eivil ihn, ob er, der Gendarm, nicht wisse, daß er vor ihm auszustehen habe. Aus die verwunderte Verneinung erfolgt die Ankündigung, daß eS ihm bewiesen bedauern mußte, der Beschwerde nicht Folge geben zu könne», da der Gendarm im Recht gewesen. Ueber den Ersolg näntS ist »och nichts bekannt, doch gibt der Vorfall sowohl bei Eivil als Mili tär Anlaß zu bcdeiltcnder Heiterkeit, zu seine erste Beschwerde bei einem im Range unter ihm stehenden Militär an gebracht. » WirthSwih. Herr Wirth, die Wnrst riecht. Das ist unmöglich! —Wieso? —Weil die Wnrst keine Nase hat. , . . . Lieb« und Politik. Man schreibt aus Hamburg: Wie oft Staatsaktionen in das Familienglück eingreifen, be>vcist neuerdings ein Fall, welcher hier lebhast besprochen wird und dessen Einzelheiten verbürgt sind. lin Tezciiiber des vorigen Jahres starb in Frankfurt a, M, der alte Roheisenageiit M., ein sehr vermögender Herr, nnd wig L. zum Universalerben ein. Ter alte M, galt als Mcnjcheiiseind. Na montlich die (Engländer nnd alles, was englisch hieß, liegte er eine.: unver söhnlichen Hast, der sich wohl aus dein Umstände herschrieb, daß er früher ein mal in Birmingham, wo er ansäßig ge wesen, von dem „.Kräme! Volk" gründ lich übers Ohr gehauen worden war und sich geschäftlich rniuirt hatte. Seine britische Antipathie ging so weit, das; er aus den, Sterbebette seine!» Neffen und zukünstigen Erben das eidliche Versprc che» abnahm, sich niemals mit ciiier Engländerin zu verheirathen. Ter junge L. konnte diesen von einer krank hasten Laune dillinen Schwur »in so leichteren Herfens leiste», als er damals aus dem Punkte stand, sich mit der Tockter des Berliner Fabrikbesitzers G. in der PotSdamerslraße zu vorleben. Kurze Zeit daraus starb der alle M. und hiuterließ sciucm Neffen das ge jammte Vermögen. Als dieser nun Schritte that, nm dem Ziel eines eigenen Hausstandes näher zu kommen, machte ihm der Tod einen dicken Strich durch die Rechnung. Ansang Januar näm lich wurde die Verlobte des Herrn L. von der Influenza ergriffen, bekam in Folge eines verfrühten Ausganges einen Rückfall nnd starb nach wenige» Tagen an de» Folgen dieser heimtückischen 'Krankheit, —an einer BrusißMcntzün düng. Ter junge L. war von diesem Ver luste aus das Schmerzlichste betroffen, Venn er hatte seine Braut ansichtig ge liebt, uud mau konnte eö für chu als ein Glück betrachte«, das; die viele» geschäft liche» Reifen, die er zu machen hatte, dem Kummer feines Herzens eui heilsa mes Gleichgewicht boten. Eine dieser Reise» führte ihn im April dieses lah res »ach Hamburg. Hier sollte er end lich Heilung finden. Er wurde von einem Geschäftsfreunde in eine Familie eingeführt, wo er die Bekanntschaft einer außerordentlich anziehende» jungen Dam? machte, welcher seiner verstorbene» Braut überraschend ähnlich sah. Jenny M. hatte vor zwei lahreil beide Eltern verloren und leble seitdem, im Besitz eines kleinen Vermögens, als Familien Mitglied bei den Hamburger Freunden. H-'rr L. tl-Wi ost und öfter, bis schließ lich die schime!', lebensvollen Züge Jen ny's das Bild der Verlorenen mehr nnd mehr erblassen machten. Tie neue Nei gung faßte tiefe Wurzel in seinem Her zen, und da er jetzt wußte, was der Ver lust einer theuren Person zu bedeute» hatte, tlammcrtc er sich um so fester an diese zweite Liebe. Er erklärte sich der jungen Tamc nnd fand Erhörnng. Tie Verlobung wurde publizirt, nicht lange darauf sollte die Hochzeit sein. Als der Bräutigam eines Tages zum Zweck der standesamtlichen Aiimcldung die Papiere seiner Verlobte» dnrchsah, fielen seine Blicke ans das Taufzcugniß und seine Auge» starrte» auf ein Dokument in englischer Sprache. Jeilnh war nicht in Hamburg gebo ren, wenn sie dort auch bereits längere Jahre lebte sie war ihrer Geburt nach Engländerin, ein Umstand, den sie selbst vorhor für zu unwichtig gehal ten hatte, nm da o> zu erzählen. Herr L. war dnrch diese Laune des Schicksals vollkommen niedergeschmettert. Er dachte an den Schwur, den er geleistet, und sah keinen Ausweg, diesem schreckli chen Tilemma zu entgehen, wenn anders er vor seinem eigenen Gewissen bestehen wollte. Endlich faßte er einen Ent schluß. Jeniih müßte alles wissen. Er eilte zn ihr und schilderte ihr die That sache, die ihn zur Verzweiflung brachte. Tic junge Tamc, welche sofort die ganze Tragweite der Situation begriff, brach in Tränen ans. An ihrer Nationalität war so wenig etwas zu ändern, als an den EideSwortcn, die ihr Verlobter einst dem Sterbenden init ins Grab gegeben. Sie war Engländerin und gerade eine Engländerin durste er nicht Hur Frau nehmen. Tie beiden Lieben den sahen keinen Ausweg. So schlichen düstere, nebelgraue Wochen dahin. Ta sitzen die Zwei vor mehreren Wochen wieder einmal beisammen, bekümmert uud hoffnungslos, als das Abendblatt ins Zimmer gereicht wurde. Herr L. wirst einen flüchtigen Blick darauf, bald aber liest er ausmcrksamer, er liest noch einmal und noch einmal, dann springt er aus und schließt seine Braut jubelnd in die Arme. WaS war geschehe»? Ein großarti ger politischer Alt hatte sich vollzogen, ein Akt, der mit einem Schlage den Knoten löste, den die beiden jungen Leute nicht entwirren konnten, Hel goland war deutsch geworden nnd Jenny, deren Vater vor seiner Uebcr siedlnug nach Hamburg als Klein- Kaufmann auf Helgoland ansässig ge wesen, war somit keine Engländerin mehr, sondern eine Teutsche. Am 10. August, einen Tag, nachdem die Insel feierlich übergeben worden, beging das überglückliche jung? Paar in Hamburg das Fest der Vereinigung. Jetzt befin den sich Herr und Fmii L. auf d.'i Hochzeitsreise in Helgoland. Keine Kunst. Erster Stu dent: Donnerwetter, gestern wäre ich beim Baden bald ertrunken, ich hatte schon drei Liter Wasser geschluckt. Zwei ter Student: Pah! Das ist noch gar nichts! Ich hab' gestern Abend minde stens zwölf Liter geschluckt! Erster Stu dent: Unsinn! Soviel Wasser kann ja kaum ein Kameel trinken! Zweiter Student: Wasser war es auch nicht, son dern Bier! Erster Student: Ja, das ist auch keine Kunst! .. Die Gntenbtrger Höhle. Seit einigen Monaten pilgern tagaus tagein Natursieuude, Touristen nnd Ausflügler in stattlicher Zahl nach de-n kleinen Dorfe Guteuberg im Leuuiuger Thal, ci»e>» kleinen Torse im schönen Schivabeulande, zwei deutsche Meilen von der Bahnstation i räche im unter Teck eutsernt. Tic vom Pfarrer Guß mau daselbst eindeckte und vom „Höh leuvcrein" sreigelcgtc Tropfsteinhöhle lockt immer mehr fremde an und mit Recht, denn sie ist, wenn anch nicht die größte und weiteste, doch okne Zweifel die schönste Höhle des Schwabenlands. In keiner anderen Höhle trifft man solch wunderiaine Farbe, so vielgestal tige, zarte Forme-'. Seit Eröffnung drr Höhle im Frnhsommer haben die Gulciibergcr bereits 309« Mark (lUl an den Gewinn hervorgetreten ist. Nach dem das Uliner Landgericht in einer vorläufigen Entscheidung die Ansprüche der Schopflocher für berechtigt aner kannte, haben die Gnlenbcrger sich dazu verstaube», künftig die Beute aus dem theilen nnd letzteren noch aus dem seit herigen Ertragnis; 45» Mark auszube zahlen. In Folge dieses Zugeständnis ses ist der Friede zwischen Gutenberg und Schopsloch wiederhergestellt, und die aufgeregte» Gemüther in beiden Dorfgemeinde» haben sich bernlügt. Bon Gntcnbcrg aus führt ein hüb scher Waldweg den Besucher iu etwa 25 Minuten nach dem Eingang der Höhle. Tieien bildet das schon srüher bekannte sogenannte „Heppenloch." Hier harrt der Führer, erhelt seine» Obolus für die Eintrittskarte, versieht die Besucher mit einem Lichte und sich mit einer Magne sium-Fackel. Ter nächste Höhlenranm ist die Fundstätte vieler versteinerter Thicrreste. Gesunden wnrde n. A. Nashorn ( ?), Höhlenbär, UrochS, ver schiedene Hirfcharten. Wie die vielen Reste dieser Thiere in die Höhle hinein kamen, wo sie kunterbunt und mit ge schlagenen Feuersteine», gemischt unter V<l Fusi hohem Lehm in felsenharter Versteinerung dalageu, darüber gehen die Urtheile noch felir auseinander. Weitaus interessanter im Anblick ist die sich anschließende „gothische Grotte". Reinstem Eise gleich glitzert nnd schim mert liier das milchweiße Gestein an den Wänden und hängt in Zapfen ver schiedenster Größe von der Höhe herab. Noch schöner ist die folgende „manrische Halle", ein kapellenarliger Raum mit herrlichen Tropsstcingebildcn in der Form von Säulen und Röhrche», Ka tarakten uud Nischen. Weitere Ueber raschung bietet der „Zwergpalast" mit seine» vielen durchsichtige» Säulchen, eine Märchenwelt aus Tausend uud Eine Nacht. Ihren verläufigen Ab schluß finden die Höhlcngänge mit der roiuautijchc» „Klamm". Wie im Eingang zur Unterwelr thut sichs da nuten auf nnd gewaltig, hoch gcbirgsiiläßig klafft darüber das Ge birge in schmaler, schaurig hoher Spalte auseinander. Auch hier noch, wo die Verhältnisse ins Große gewachsen sind, schaut das Auge allerorts zarte, blen dende Bildungen, die sich an die dunkel ausrageuden Felswände angeschmiegt haben oder in erstarrten kleinen Wasser fällen von der Höhe herabziehen. Bon der Klamm, in die hinabzusteigen na mentlich wohlbeleibten Besuchern einige Mühe macht, geht es auf dem gleichen 'Wege durch die Hoiilengänge wieder zu rück nach dem Heppeuloch, wo uns da-Z Tageslicht wiezer begrüßt. Abgeson dert, am Fuße der Fetscu liegt noch die „Wolffchliicht", eine kleine aber anch sehr interessante Hohle nut vom Boden em porschießenden Tropfsteinen, alle schnee weiß, einer über Mannesgröße, andere pilzförmig sich ausbreitend oder pi>ra verein" ist eifrig darauf sie zu entdecken uud sreiznlegen. Ein kleiner 'Neinfall. Studiosus Henning war von feinem Professor zu einem Täßchen Kaffee ein geladen worden, und sich der hohen Ehre, die ihm dadurch widerfuhr, vol laus bewußt, ging er stolzen Schrittes nach der reizend gelegene» Billa des ge strengen Herrn. Er hatte noch nicht fein Ziel erreicht, als plötzlich ziemlich unfanft ein großer Gnmmiball gegen fein woht frisirtes Haupt flog. Wüthend sah er sich um, aber der ihm schon anf ferin, eine liebliche Blondine' wie sie sieniling nie schöner gesehen halte, znm Vorschein. Sein München lüftend, »er junge Mann kurz und entschlossen: „Ich habe die Eliie, Herr Prosesjor, Zhlien hier meine Schwester verzusicl mciiie Arme, lieber Sohn, de»» Teiiie Schwester dort ist meine Tochter!" U» nöthige Befürchtung. In einer so wunderbar reizenden und herrlichen Gebirgsgegend muß doch den Leute» das Sterbe» recht schwer ia en. Ab'r meinen S' denn etwa, gnä' Frau, daß wir hier goar keine Aerzie han?
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