AUS lem Leben eine» Londoner Polizetrichterö. U. heimpoli,ei, wo die Reliquie» (Körper thcile, Waffe», Werkzeuge:c.) aller be rühmte» Eriiniiialproecssc ausbewahrl weiden. Herr M. Williams war an allen großen Eriininalsällen der letzten ÄS Jahre entweder als Vertheidiger des Verbrechers oder als Anwalt des Klägers betheiligt: darunter besindcn sich Pro cesse, die einen eirropäische» Rns haben; z. B. vertheidigte er de» kürzlich i» einem österreichische» Gesäiigilii verstorben«, Auslieferung verlangt wurde. Dem Tichborne-Proceß entging Herr Wil liams. Die Vertheidigung des Schwind lers Arthur Orton, der aus den Barons titel und die Landgüter des Sir Roger D. Tichborne Anspruch erhob, wurde ihm zwar angeboten, allein nachdem er sorg fältig die Akten studirt hatte, weigerte er sich, dieselbe zu übernehmen: ein großes Glück, denn es lugte nichts dabei heraus. Unter den zahlreiche» interessanten Rechtfällen, welche in den zwei Bänden mit großem Geschick wiedererzählt wer den, hebe ich blos diejenigen hervor, welche auf das Leben und die Zustände in der Londoner Gesellschaft ein Streif licht welscn. Von ganz besonderem In teresse ist die gerichtliche Verfolgung der seiner Zeit als Madame Rachel im West end Londons wohlbekannten Verkäuferin von Kosmetik:» uiid Toiletlenar^likcln. Lieferantin der Königin ausgab, Ge heimmittel verkauft, welche, laut de» Aiiiioncen in dci, Tagesblättcrn, „die wundervolle» Kosmetiken sogleich als ein leichtes Opfer bezeichnete. In we nigen Tage» wurde sie in dem Laden etliche l-100 Mark für Salben, Email ». s. w. los. Um eine so gute Kundin an sich zu fesseln, erdachte die schlaue Zvtadame folgenden Pla» Als erscheinen, machte einen Vcrschöncrniigs proceß nothwendig, der 20,000 Mark kostete. Frau Borradailc veräußert« händigte das Geld der Mme. Rachel steten 28,000 Mark, welche der Vcrmitt hörigen ans das tolle Treiben aufmerk sam und schlugen Lärm. Mme. Rachel wurde vor Gericht gefordert und mußte sich wegen Betrugs verantworten. Unter den Zeugen befand sich auch Lord Raun lagh, ein militärisch aussehender, statt licher Herr, der in das allgemeine Ge lächter einstiinmte, als die angeblich von wußte von dem L?ebesroma» durchaus nichts. Mi»?. Rachel erhielt S Jahre ZuchthanS.^ Schublade gewesen seien ; wenn sie »och ein Wort sage, so werde sie ihrem Gat ten melden, zu welchem Zweck sie hierher gekommen sei—nämlich um Herr» It. zu »reffe». Die Dame war so entsetzt über diese Drohling, daß sie eilig den Laden verließ «nd ihrem Gatten die Sache er zählte, aIZ Fra» Borradailes Proceß anhängig war. Doch rieth Herr Mon tag« vo» einer Klage ab, die nur Skan dal mache» würde, ohn« die Juwelen zu- riickzubringe». Der Nath wurde be- dd si d d' K 's' d den und verfielen schließlich auf folgen den Plan: Sie ließen eine Zeitung „Sport" drucken und versandten Erem plare an Solche, welche sie zn Opfern auserkoren hatten. Mme. de Goncourt erhielt eine solche Nummer. I» dieser theilte ei» Herr Moiitgomery mit, daß er in den Besitz von gewisse» Turs- und Slallgeheimnisse» gelangt sei und da durch Hitiiderttausende, ja Millionen mit Wetten ans Rennpferden gewonnen habe. Das habe z»r Folge gehabt, daß die er zürnten nichts mehr mit her auf den Gedanken gekommen, feine Wette»: durch ausländische Agenten ab schließen zu lassen. In einem bald nach her eintresfende» Brief wurde Dame eingeladen, die Agentur zu übernehmen, gegen eine Entschädigung von S Procem Provision. Mine, de Goncourt ging richtig auf den Leim. Sie erhielt erst eine» Cheque von Lst. 200, dann von Lsl. 1000, mit der Anweisung, auf ein gewisses Pferd in England mit einem gewissen Lookmillcer eine Wette abzu schließen. Zugleich wurde sie eingeladen, selbst Lsl. 1000 zu ristiren; sie that es, Schwindler aus diese Weise etwa 200,VVC Das hätte ihnen genügen sollen. Aber ihre Unersättlichkeit brachte sie zu Fall. Ein paar Tage späte: traf wieder ei» Brief von Herrn Moiitgomery ei», wo rin die Dame eingeladen wurde, 600,000 Mark auf ein gewisses Pferd z» wette» und zwar mit dem Ijooliiu-ikvr Ellerts». Ein enormes Vermögen lasse sich hier verdiene». Jetzt oder nie sei die Gele genheit dazu da. Falls die Dame selbst nicht aus eigenen Mitteln die ganze Summe aufbringen könne, wolle Herr Montgomery den Rest vorschießen. Mine, de Goncourt wandte sich an ihren 'Bankier; dieser entdeckte sofort, das; die aber die vo» Mine, de Goncourt ausge stellten Cheq»eS richtig einkassirl worden wäre». Die Hochstapler hatte» die eng- Sein letztes Austreten ersolgte, wie ich Bei Anlaß dieses Processes kam ein Geheimniß an s Licht, das sür die Lon doner Polizcivcrwaltnng äußerst peinlich war. Die fünf unter Anklage stchenden Hochstapler fanden Mittel,im Gcsäiigniß mit einander zu verkehren, und die Folge davon war, daß vier Mitglieder der De tectivpolizei, die drei Ober-J»spectoren Drnscovich, Palnier und Clarke, der Jnspeclor Meiklejohn und der Notar Froggat der Mitschuld angeklagt wur den. nißstrase verurtheilt. Nach der Ansichl des Herrn M. Williams hat sich die De gcivachscil ist. Ein ganz außerordentlicher Fall war Lord Ehescheidnngs-Proceß. Lord Ensto» machte als LI jähriger Jüngling die Bekanntschast der Kate Eook, einer leichtsertigen Person, welche Sprößling eines altadligen Geschlechtes zu fange». Ter Honorable Henry Fitz roy (so lautete damals sein Name) lebte ein Jahr lang mit der Dame »nd hei rathete sie dann in der Gemeindekirche in Worcesier. Im Eheverlrag erhielt sie von ihm 200,0v0 M. ausgesetzt, die nachher aber von dem Notar Froggat vcrnnircut wurden. Jn's Civilstands- Siegister wurde der Name der künftigen Lady Euston und Herzogin Grafton als „Wittwe Kate Walch" eingetragen. Sie war Jahre alt. Stach vier Jahren, in deren Verlans der Ehe keine Kinder entsprossen, trennten sich die Eheleute, und bis das Ehegericht sich mit der Sacke bcschäjiigtc. fand zwischen den Parteien keinerlei Verkehr statt. Henry Fitzrvy ging nach Australien, trat in den StaatS kainen ihm Dinge z» Öhren, die es zwei sclhast erscheinen ließen, ob seine Fran dazu beiechtigt war, sich beim Eheschluß als Witlwe zu bezeichnen. Man stellte Nachsorschuuge» an und da stellte sich heraus, daß sie i» 13V.'l in Glasgow de» Handels-Neiscnden George ManlySmith geheirathet hatte, der zur Zeit, als sie den späteren Lord Euston ehelichte, noch »n Leben war. Es galt nun, diesen aufzufinden. Kate Walsh hatte früher, als sie einer Schuld wegen vor Gericht stand, eidlich erklärt, daß ihr Gatte auf de», Dampfer „Lo»don", der auf der Fahrt nach Australien mit Mai», »nd Maus unterging, daS L«b«u verloren habe. Unter den.Passagieren befand sich nun allerdings ein George M. Smitb. Doch fand man heraus, daß dieser „MaSlin" und nicht „Manly" hieß und seine Witlwe noch lebte. Sie wurde als Zeugin vorgeladen. Anch de» George Manly Smith eindeckte ma», »nd zwar in Neuseeland. Lord Euston schien a»s dem Punkte, seinen Proceß zu gewin nen. G. M. Smith wurde aus Neu seeland geholt und erkannte seine Frau wieder. Herr M. Williams, der Lady Euston vertrat, stellte jedoch weitere Nachsorschunge» an, und da kam zu Tage, daß zur Zeit, als G. M. Smith die Kate Walsh heirathetc, er schon eine Frau hatte. Ihr Name war Mary Ann Smith nnd sie starb erst vier Jahre, nachdem ihr Mann Kate Walsh geheira thet hatte. Diese Ehe war als Doppel ehe gesetzlich ungiltig. Die mit Lord Eiiston geschlossene Ehe war daher die erste gesetzliche Ehe, welche Kate Walsh eingegangen war. Sie war und blieb Zeit Herzogin von Graston werde»! Warum nicht? Der Ursprung mehrerer herzoglicher Häuser Englands ist um kein Haar besser. Montag» Williams' Erinnerungen sind eine reiche Fundgrube drolliger Anekdoten aus dem englischen Gerichts lebe». Der Verfasser kanyte alle Rich ter und Advokaten, »nd da er selbst ein unverbesserlicher Witzbold ist, weiß er allen Ereignissen eine humoristische Seit« abzugewinnen. Ich muß mich ans eine kleine Auswahl folcher Anekdoten be schränken. V^^dem ein nnd erwachte erst, als der Zug beider nächste» Haltestelle, Vaurhall, zum «lehnen kain. Er wollte feine Uhr her- Janies Jnghani gerade zu Gericht saß, des Diebstahls angeklagt. Der Richter fragte de» Kläger, ob sich diguugeu waren ebenso ausrichtig als wortreich. Der Nichter wollte Lei aus's stürmische Wasser gießen und sagte: Borsall. Wir sind aber Alle solchen Ansälle» von Vergeßlichkeit ausgesetzt. Ein Gleiches ist mir heute selbst be gegnet. ließ, war ich ganz sicher, daß ich meine sehr kostbare Uhr in die Tasche gesteckt Wie ick, ins Gerichtshans komme, AIS Sir JaineS nach Erledigung seiner Geschäfte n.'.ch HauS giug, kam ihm beim Eintritt i» de» Drawing Noom seine pa, D» hast doch ivohl Deine Uhr richtig erhalten?" „Meine Uhr, Schatz?" .'rividcrte der Richter, „die hab' ich ja sich zu einem Wahrspriich geeinigt. Uni Advokaten: Dasselbe Resultat, kein Wahrspruch. Die Geschworenen wurden ben Wache. Endlich um 4 Uhr öffnete sich die Thür; die Gesworenen waren einmüthig; der Nichter wurde aus dem Bett geholt, man verlas die Name» der Geschworenen; einer antwortete nicht. Sein Name ivnrde zum zweiten Mal ausgerusen. Ein schwaches „Hier!" ertönte. Der Grund des Stillschweigens war leicht er kenntlich. Es war der Metzger, sein Gesicht war mit Blut bedeckt, seine Klei hatte der Ueberredung seiner Genosse» aus. Nicht minder drollig ist die Geschichte von dem dreizehnten Geschworenen, der Platz unter de» Zwölf erhielt, gleichsam als Austausch. Ein Betrug der gröbsten Art war Gegenstand der Verhandlung. Schuld des Angeklagten überzengen lassen," sagte der Wortführer. Endlich um Z Uhr Morgens kamen sie todtmüd« bestochen. Ter alt« Herr. Die älteste» Semester der Burschen festes. Auf dem Markte stand ein Ka roussel. Jni 'Nu hatte sich ei» Theil der lnstigen Kneipantc» auf die Karrossen vorgestrigen Tage in G. als Polizeirait schaltete. Ein M ü lle r S tli ech t fährt Stadt kommcnd heimwärts seinem Dorse zu. Unterwegs holt der Wagen ei» altes Mütterchen ei», das eine» schwere» Korb auf dein Kopfe tragend, sich langsam und mühselig aus der heiße», staubige» La»d straße dahinschleppt. Der MüUerbursche, eine gute Seele, hält an und fordert die »eil Korb auf den Wage», klettert hieraus selbst hinauf, setzt sicii und nimmt dann ihren Kcrb wieder auf de» Kopf. Der Müllerburfche fragt die Alte darauf: „Oho, Mutter, warum laßt Ihr denn Eure» Korb nicht im Wagen stehen?" — »O Du lieber Gott", erhält er zur Ant wort, „es is ja freundlich g'uug, daß «rttische Neisebriefe. Leipzig. Geschäftsklug, inusikverständig und „reichstreu", so steht der moderne Leipzi ger vor uns. Seine drei Egenschasten sind Prima, wie er ül erHaupt nur Prima- Waare sührt. Seine Geschästsktnaheit hat einen vornehme» Anstrich, de»» er »lacht in Literatur und Eonversalions- Lerikas, die Waggonladung zu 10,000 Kilo, er hält den Welthandel in Ranch waaren und Leder in festen Hände» und tauscht in seinen Messen Orient und Occident um. Der Ruhm seines Mu sikverstandes klingt weiter als die deutsche Zunge, so weit wie der Ruf seines Musikverlages und feines einzig daste hendeil Gewandhauses. Und feine ReichS treiie deckt sich brillant mit seinen ge schäftlichen Principien-, ein deutscher Großkaufnianil mit weitem Blick wird nie Partikttlarilt sei». Leipzig ist in erster Linie die deutsche Großhandelsstadt; erst in zweiter die sächsiiche Groß- und Knnststadt. Trotz zahlreicher »nd bedenleiider Fabriken und industrieller Etablissements macht Leip zig nicht den Eindruck einer Jndiiftrie stadt, wie etwa Ehemnitz, sondern den geistigen Hauptstadt des deutscheu die Jnkorporirnng der zahlreichen Fabrik- Vorolte, wie Goylis, Eutritzsch, Reud nitz, Eoniicwitz, Anger, Crollondorf, und wie sie alle heißen, im Wesentlichen keine Aenderung hervorzubringen. Die reiche und intelligente Stadt verwindet die Schmerzen, die ihr die Angliederung vo» mehr als 100,000 Arbeiter» vo» »linderer Stenerkrast »nd die dadurch iiöthig werdende» unverhällnißmkßig hohen kommunalen Leistungen vernr die ganze Ei»verleib»»gsprozed»r been det und auch die volkreichen Orte Plag witz und Lindenau zur Stadt geschlagen sein werden, so wird der Stolz der Leip ziger, mit ihrer Drittelniillion Einwoh ner, als drittgrößte Stadt Deutschilands dazustehen, die Beschwerde» dieses ra sche» Wachsthums tragen helfen. Beschwerlichkeiten, so auch gegen den wachsenden Eiiifluß der Reichshanpt stadt, die natürlich mit Leipzig ebenso wenig Federlesens macht wie mit ande ren denischen Großstädten, und an sich zieht nnd in sich aussaugt, was nicht mit aller Macht der „klammernden Organe" an seinem Ursprungsorte festhält. Manche Berliner Filiale hat daS Leipzi ger Mutterhaus überflügelt; aber der Grundstock des Leipziger Handels ist doch zu solide nnd zu sestgcgrüiidet, als daß solche Erschütterungen einen blei- der alten Innenstadt, was insbesondere am Marktplatz, dem vielhundertjährigen Eentralpunkt des Leipziger Kleinhandels n»d in den angrenzenden Hauptgeschäfts straßen sich präsentirt, was da handelt und feilscht, das ist Alles wohlgegründet iiiid sest siiiidirt. Aber die äußere Fori» Art, geschäftlich zu glänze» nnd z» re präseniireii, fehlt fast gänzlich. Man es Nicht an, Kainmern ruhig weiter, und die vermit telten Plnnkbautci! verflossener Jahr hunderte und von historischen Reminis lig. ' > 'S Z !>p Ins buchhäiidlensche Ressort fällt auch der Briefmarrenhandel, ein Sport, Senf steht, in deren Verlag das „Jllu strirte Briefmarken - Journal" erscheint, bekommt ma» eiuen Begriff von dem Unfug dieser neuen buchhändlerische» Abart. Neben de» bnchhändlerischen Patri ziern, neben de» Chefs der große» Ver sandtgeschäfte stehen vollberechtigt die Großhandelsherren in Wolle, Leder »»d Ranchwaaren, die Millionäre ans der Fabrikbranche, besonders aus der chemi schen Industrie, überhaupt der erbeinge sefsene Reichthum, «rben dem in der großmächtigen Handelsstadt an der Pleiße, Elster ::nd Parthe das bischen Lehördenthuii. s.!>> verschwindet. Selbst das Reichsgericht mit leinen, Bataillon von Richlcrgreisen bedeutet für Leipzig kaum etwas Anderes, als 10 gute Mie ther sür große Faniilienwohnnnge». Freilich, im Punkte des gesellschaftlichen Verkehrs läßt der Leipziger Patri zier dieses höchste Nichlerkollegium in Deutschland gelten, die erclnsive „Har monie" öffnet ihnen ihre Pforten, und manch junger Kaufherr mit der Last der alten Millionen ni» ReichSgerichtsrath«, Töchterlcin, wie anch manch schneidiger Juristensprosse s-ineHuldigungcn der gol dene» KausherrnStochier zu Füße» legt; das manch gute Mischung geben. OJm Uebrigen ist die vornehme Absper rung des reichen Patrizierthums eine peinlich durchgeführte, iiiid die Tourni- der schon erwähnten Gesellschaft ! „Harmonie" bleiben »laiichmal selbst Millionären gegenüber unbeweglich.weil» nicht ka»fmän»ifches Leipziger Blanblnt in de» Adern des Bewerbers fließt. Das ilt beinahe wie bei den vielzackigen Herr schaften,mit den in uiiniinn sechzehn Ah nen. Die Patriziersöhne find geborene „Harmonie"-Mitglicder, mögen sie sonst sich sichren wie immer; der im Kampf des Lebens reich gewordene Mann der Arbeit aber klopft oft vergeblich an die Pforten dieses gesellschaftlichen Paradie ses. Geschieht ihm übrigens Recht; soll draußen bleiben und beherzige», daß man auch „harnwnieloS" sich ainüsiren kann. Das thun denn die leipziger auch red lich,allen voran die Großkausmaiinschasr, die innerhalb ihrer vier Psähle einen großartigen Luruö entwickelt. In der ganzen Hochsaison findet ein Wettbewerb Sehenswürdigkeit für sich. Diesem persönlichen Aufwand steht aber andererseits Opserwjlligkctt Stiftungen und Schenkungen von enor men Werth. Der lohannapark, der Meiidebrunnen, der MuseuinS - Neubau, »Ittch etn Äpostel. sich ein veriiüiistiger Mensch so gewaltig ereisern könne über die glcichgilligstrn »nd nebensächlichsten Dinge von der lichkeit für die Verbanniing aller thieri schen Nahrung, aller Leckerbissen und! rafsinirten knlinarischeii Genüsse zii plaj- oder von einem anderen Schutzheiligen der Pslanzenesser auch nur das Geringste gewußt hatte : denn sein Vater war ein armer Handwerker, der fünf lebendige Kinder zu ernähren halte, und der dem Aeltestcn weder auf.dem Polytechnikum auch nur die geringste Beihilfe gewähren konnte. Da hatte er freilich der Pflan zennahrung vor aller anderen den Bor- . zug geben müsse», sich in allerlei Ent haltsamkeit z» übe». Seine Studienzeit war nichts Anderes gewesen als ein« lange Kette vo» dlirchdarbte» Tage» und von durchfrorenen Nächten, nnd als er es endlich zu einer bescheidenen Lebens stellung gebracht, da war die Summe seiner traurigen Erfahrungen fast noch > größer als die Summe seiner Kenntnisse. Nun hätte er freilich ein Ende mache» können mit dem Hunger» und Einkehren; denn so mäßig auch sein Einkcmineu war, es reichte doch hin zu eiiiem gliten «Stück Brate» am Mittag und zu einem Schoppen Bier oder Wein am Abend. Aber da hatte er etwas gelesen von Py thagoras »nd von anderen Weise:, des Alterthums, die den Menschen ans die Rückkehr zur Natur verwiesen und auf die Fleuden eines Lebens, das rein sei vom Blute uiischltldiger Mitgeschöpse,- da hatte er eine» lehrreichen Vortrag gehört über de» Vegetariaiiisiiius, hatte sich Broschüren iiiid Bücher gekauft und war über Stacht zu einen, fanalischeir Anhänger der strengen Lehre geworden. Er machte sich nicht etwa im Stillen kleine Zugeständnisse, wie die Andere»; er unterlag nicht i» der locke»dei, Versu chu»g, die ei» dnstender Brate» oder ein schäumender Humpen darstellt, sondern er ging unbeirrt mitten durch alle An fechtungen seinen harrscharf vorgezeichne ten Weg. Ein rothwangiger Apfel »»d Morgen- und Abend-Imbiß, eine gute Portion Reis oder Mais, in Wasser gar gekocht, fein Mittagsmahl. Und das war, als ich ihn kenne» lernte, feine Lebensweise »»» schon seit manchem Jahr! es hätte illiil freilich Niemand Ursache gehabt, sich darum zu kümmern, und es hätte auch vielleicht Niemand gethan, wenn sich nicht allgemach eine gar schlimme Eigenschast bei unsere», Pythagoräer eingestellt hätte und das war der Be kehl ungSeiser ! Er selber war so vollkommen durch drungen von der Richtigkeit seiner Ent halifamkeilslehre, er bemerkte sowenig des Vegetarismus recht oft," recht a»- fchatilich und recht nachdrücklich vor Au ge» zu führen. Und >o wurde er aus einem stillen, friedliche», harmlose» Mcnsche» ein Fanatiker von wüthender Rücksichtslosigkeit, ein opferfreudiger Apostel, den ken, Spott zurückzilschrecken, > vor seiner stammciide» iind ! wehe der ahnungslosen Gesellschaft, die ihn zur Theilnahme an fröhlichen Tafel srendeii in ihre Mitte aiifgeiiommeir Kind nicht nur an Herzensgut«, sonder» a»ch an llnerfahrenheir »nd Unkenntniß der mcilschlichc» Eigenart. Mancher ge wjsscnlofe Geselle niachte sich die Lcicht »rbeileten Thal«r wnrdc verschlkmmt und vergeudet. Es that ihm erst weh, wenn er es erfuhr, aber er ließ darum doch keine» Bittende» ungetröstet von feiner „Ich »ins, da noch einen kleinen Läute rungsproceß durchmache»/' sagte er hei teren Sinnes, „das steckt noch von früher her in. Blute und »ins; heraus, ehe ich U>r volle» Gesundheit gelangen kann. Na, die Natur wird es schon recht lind sie machte es recht! Acht Tage spater gingen wir bei strö mendem Rege» hinter seinem schmucklosen Sarge her. (76 war kein großes Tra»er gefolge, das wir zwei Studenten reprä jenlirten, und ans zwingenden Gründen gekommen, ohne Equipage und Kravatte, nur ganz hübsch zu Fuß und obendrein mit ausgcschlagciie» Beiiiklei-
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