Unter den Anamiten. Von Albert Kaiser. Als wir in Kobe die Anker lich teten, glaubte» wir, Hongkottg und Singapore anlaufend, eine schnelle Heimreise zu haben. In Hongkong erfuhren wir aber, daß wir nach Saigon verchartert seien, hier Reis nehme» und diesen in Bordeaux wie der löschen sollten. „Eine Ewigkeit", grollte der Ka pitän, „werden wir in Saigon lie über die Wagschale". „Das ist fa mos, Kapitän, da lernt man wenig stens Saigon kennen", erwiderte ich ihm. Was des einen Frend', ist des anderen Leid! Den Tag, an dem wir Saigon att laufen, findet eine peinliche Unter suchung sämtlicher Räume des Schif fes nach Opiuni statt. In Saigon ist ein hoher Zoll aus Opium gesetzt, und jedes Schiff, ci» dessen Bord man Opium findet, wird mit rie figen -Strafen belegt. Vor kurzem erst sind zwei Kapitäne piit 15,000 und 9,000 Dollar Sirase belegt worden. Allerdings hat es mit die sem „Finden" eine eigene Bewandt nis, und der einc der betroffenen Kapitäne, der mit uns zusammen in Saigon lag, erzählte den Hergang des Vorfalls folgendermaßen: „Das Opium ist in französisch Indo-China monopolisiert. Wird Opium an Bord von Schissen entdeckt, so muß der Kapitän 15,000 Dollar Strafe zahlen. Die Hälfte davon erhält die Regierung, ein Viertel der Entdecker und ein Viertel die Zollossiziere. Ich war im Begriff. Saigon zu verlas sen, als Zollbeamte kamen und re vidierten. Es fand sich Opium, und ich mußte 15,6d1) Dollar bezahlen. t. ... > . Da ich nun überzeugt war, daß ich kein Opium an Bord gehabt hatte, mußte es in Saigon an Bord ge bracht worden sei». Es gelang mir auch, de» P «Messenden, der es anf das Schiff gebracht hatte, heranszn bekonunen. Er hat selbst zugestan den, zu dem Betrüge angeleitet wor den zu sein. Ich machte dem Kon sulate Meldung, trotz aller Untersu chungen und Verhöre aber habe ich mein Geld bis heute »och nicht wie der." Las behaarte Rhinozeros. auch RaiihohrnnShorn genannt, un terscheidet sich von seinen Stamm verwandten durch die starke Behaa rung am Rücken und am Bauche, die . sich auch an don Vorderbeinen fort pflanzt. Tieje. Spezies dcö Nas , Wir hielten also eine genaue Un tersuchung ab. Sie ergab einige kleine Büchsen Opium, die einem Opium rauchende» chinesischen Hei zer gehörten. Sie wurden trotz al len Geschreies dem Meere übergeben. Eine handfeste gme Wache mußte gegen Einschmuggeluug von Saigon her das Schiff bewahren! Frühmorgens erblicken wir ein französisches Kriegsschiff, das den Eingang zum Mekong, einem der drei gewaltigen Stri-me Indiens (Jndos, Ganges, Mekong), bewacht. Ein Lootse kommt an Bord, ein al ter zitternder Herr mit charakteri stisch französischem Gesichtsschnitt und Henri-quatre. Er ist schon vierzig Jahre in der Kolonie tätig, seine Haut pergamentartig, d.as Weiße des Auges gelblich gesärbt, er ist, wie er mir klagt, malade du soie: leberkrank. Die meisten, die sich lange in Cochinchina aufhalte», werden leberkrank. Am Kap, dem Erholungsorte der Europäer Saigons. auch jetzt se hen wir niit unseren guten Fern gläsern einige Damen und Herren am Strande bummelnd, Muscheln suchend, angelnd geht es vorbei den Strom hinaus, der in unzähli gen Windungen sich dehnt. Das Ge lände zu beiden Seiten ist gänzlich eben. Aon vielen Nebenflüssen durch zogen, dient es sast ausschließlich dem Reisbau. Am llser des Mekong auf den zur Zeit der Ebbe freien Sandbänken sonnt sich Hill und da ein riesenhafter Alligator. Sein furchtbares Gebiß aufreißend, blin zelt er träge nach uns herüber. An manchen Stellen wird das Strom bett eng, so daß das Gebüsch zu bei den Seiten sich sast am Schisssrnmps reibt. Sechs Stunden fahren wir schon, immer drückender wird die Messagerie-Boote, der französischen Post- und Passagier-Dampser, gehen wir zu Anker. Zahlreiche Sampans umschwärmen uns. Eigenartig ge kleidete Gestalten halten uns Blech marken mit Nummern entgegen. Die nonzierten Gesichtszügen, die keines wegs häßlich, teilwetse sogar hübsch zu nennen sind. Das billigste Ge wand haben die Kittder, nämlich Adams Kostüm. Die Männer Ho sen, die Begüterten noch einen talar artigen Oberrock. Die Frauen tra gen ein einem langen Nachthemd darnnter. Hinter Cochinchina liegt das Kö nigreich Kambodscha, dessen König und viele Rechte verblieben sind. Denn sein Volk, die Khmer, die sich die Ureinwohner des Landes zu sein rühmen und über 4MV Jahre hier ansässig zu sein behaupte», sind tap fere» kriegerischen Sinnes, und ihr König hat großen Einfluß auf sie. Frankreich stellt sich also gut mit dem Herrscher, hat ihin in der Hauptstadt Pnom Penh einen groß artigen Palast gebaut und ein Kriegsschiff geschenkt, das seins Flagge: blan mit rotem Feld, in dem ein weißer Turm, stolz zur Schau trägt. Wie wir abends die Straßen durchschleiideru, sehen wir überall in den zahlreiche» Cases, deren Ti sche aus der Straße stehe», Gruppe» von Franzosen, spielend, ranchend, plaudernd, lebhast gestikulierend, Saigon mit seinen zirka 70,0000 Einwohnern ist Sitz des Gouver neurs von Indo-China; Sitz auch des Oberbefehlshabers der Truppen uud der Marine. Breite und wohl- Stadt. Die zwei Boulevards und die Rue Catinat sind die Hauptge schäftsstraßen der Europäer. Die Das Hauptpostgebände, das Gou verueurSpalais, die Maison de la paix sind schöne, moderne Gebäude. Saigon besitzt auch ei» Opernhaus, das mit einem Kostenaufwand von drei Millionen Francs erbaut ist: Geld, bei dem die erwähnten Opiumstrafen eine Nolle spielen sol len. Heißt es doch, daß schon öfter eine Stockung im Bau eingetreten, dann jedesmal ein Opiumschmuggel inszeniert uud nach kurzer Zeit der Bau wieder gefördert sei. Den Hauptausfuhrartikel bildet Reis, der in den Reismühlen von Chalo», einer mit Saigon durch zwei Eisenbahnen und durch einen Nebenfluß des Mekong in Verbin dung stehenden Anamitenstadt, ge mahlen wird. Diese Reismühle», teils in den Händen von Chinesen, liesern 40 bis 70 Prozent jährlichen Reingewinn. Ihr Betrieb ist einfach genug: die Maschinen werden mir den Hülsen des Reises geheizt, einem billigen, als Absallsprodukt gewon nenen Material. Der Patti, der vom Felde gepflückte Reis, der, den Mekong abwärts geschifft, weit aus dem Innern konunt, wird anfangs auf großen Sieben gereinigt, dann enthülst, nochmals gereinigt und sor tiert, poliert, gesiebt, um Bruch zu entfernen dann in Säcke gepackt und verladen. Tag und Nacht arbeiten die Mühlen. Ein steter Staub hüllt die nächste Umgebung ein, lagert sich aus Kleidung und Gesicht, dringt in Mund, Nase und Kehle. Eines Morgens niiternchmen wir bei Tagesgrauen einen Radansslug in das Innere des Landes. Durch herrliche Waldungen, an Niederlas sungen von Anamiten vorbei, die, Unschuld ihre Toilette ordne». Als wir ein größeres Dorf durchfahre», schallt uns ein betäubendes Stimm gewirr entgegen. Die Markthalle ist cven eröffnet, und jung und alt, Frauen uud Männer drängen sich, ihren Tagesbedarf einzukaufen. Ei» Stück Fisch, eine Handvoll grünes Gemüse sind die tägliche Nahrung, Handeln, Leren kühler Inhalt uns erquickt. Alles weicht uns scheu aus, die Franzosen haben sich in Ne, anderswo gilt hier der Europäer. Bei Todesstrafe ist es dem Eingebo renen verboten, sich an dem Euro päer zu vergreifen, selbst die einhei mische Polizei darf nicht Hand an den Weißen legen. Neugestärkt geht es weiter, über mehrere Flüsse auf schön geschwungenen Eisenbrücken. Dann gebietet ein breiter, unüber brückter Strom Halt. Gleich uns wartet schon eine Gesellschaft Fran zosen 7 die in drei Omnibusse» einen Fähre, die uns über den Stroin bringt. Drüben empfangen uns zu beiden Seiten der vorzüglichen Wege einen hockt ein Kind, im anderen sind Früchte, Lebensmittel unterge bracht. Eine Schar Kinder der Kinderreichtum ist hier ein sehr gro ßer folgt der Mutter. Jedes trägt schon sein Bündel. Ab und zu zieht ein zweirädriger Karren, von dem einhöckrigen Zebu gezogen, oie Straße entlang. Sonst tiefe Ruhe, Waldcseiusamkeit! Gegen acht Uhr haben wir Thu Tue, unser Ziel, er reicht, die Niederlassung eine? rei chen Anamiten, der augenblicklich verreist ist. Seine Dienerschaft, die einen meiner Begleiter kennt, nimmt uns ehrfurchtsvoll auf. Frisch ge legte und vor unseren Angen im Hühnerstall gesuchte Eier stillen un sere» Hiiuger, nachdem uns ein Bad im Zenith steht, auf uns nieder, und wir sind froh, daß wir ohne Son nenstich nach elf Uhr wieder ani Schiff sind. Denn hier ist die liebe Sonne oft ein Feind des Menschen, Tropenhelm oder auch mit diesem allzu lange ausgesetzt hat, erlegen. Auch soust ist das Klima Saigons recht uiigesuiid, vor allem sind es Tysenterie uud Leberkrankheiten, die hier viele Opser sordern. Tas gro ße Hospital, von Saigon, mit 500 Betten, ist, wie mir Aerzte desselben bei meinem Besuch dort mitteilten, oft überfüllt und fast ausschließlich mit diesen Kranken belegt. Es ist ein sehr gut eingerichtete?, den mo dernen Ansprüchen genügendes Krankenhaus, das hohe, luftige Pa- Villaus und große, saubere Erho lungsräume für die Rekonvaleszen ten mit gesonderten Speiseräumen, enthält! ausgezeichnete Ladeeinrich tungen, ein großes Erfordernis für die Tropen; Jsolierhäuser sür Pest, Cholera, Pocken- und ein Pasteur- Jnstitut. Tas Sermn sür Imps zwecke nach dem Biß toller Hunds gewinnt der Leiter dieses Instituts. Oberstabsarzt Doktor Simor, ein Elsässer, besonders aus Gehirn und Rückenmark von Zraninchen, da halten sind. Mit den Resultaten ist er recht zufrieden. Interessante Ver suche stellt er mit Schlangen, vorzüg lich der so gefährlichen Kopra- Schlange au, um auch hier ein Te- Venezuela. Caracas ist die Hauptstadt der „Vereinigten Staaten von Vene zuela", wie der stolze Titel dieses tingsvolk entstehen lassen, welches alle Untugenden seiner Väter, aber keinen ihrer Vorzüge in sich verei nigt. Auch der Zuwachs an Aben teurern und verzweifelten Existen zen aus Nordamerika nnd den ver schiedensten Länder» Europas, hat weder die geistige, »och die sittliche Kraft der Bevölkerung in diesen von der Natur reich bedachten Gebiete» gestärkt. Seuchen und Erdbeben ha ben wiederholt das ganze Land aufs schwerste heimgesucht. Am 2S. Ok tober 1900 wurden zahlreiche Men schenleben und viele Werte an Bau lichkeiten durch heftige Bod.nerschüt terungen Vcnez»ela ist von vie len Vulkanen durchzogen zerstört. Die Abende sind der Erholung ge widmet. Gegen süns Uhr macht man sich zu Wagen aus, um eine Tour de l'inspection zu sahreu. Tag täglich findet um diese Zeit ein Ren dezvous der guten Gesellschaft statt. Im Zweispänner, mit kleinen aber schnellen Pferden dahinfliegend, geht es ans schöner, breiter Straße durch den botanischen Garten, der mit Zierhäusern und schönen Anlagen eine Sehenswürdigkeit bildet, auf diese „Tour de l'inspection". Es ist dies eine Art Ruudsahrt um die Stadt. Außerhalb des Weichbildes auf breiter Chaussee wird umgewen det, dann geht es in schnellem Ros seSlans zum Diner. Im Garten des Case Catinat speist man vorzüglich, trinkt eisgekühlte Weine und suhlt sich nach des Tages Müh' und Hitze wieder Mensch. Dreiviertel neun Uhr läutet die Glocke des nahen Theaters, zu einer Gala - Vorstel lung, die insofern von Interesse war, als alles, was „was ist", in füll dreß erschienen war uud man geht nach den leiblichen zu den gei stigen Genüssen über. ES gibt Lust spiele, Opern, Operette»; letztere werden noch am besten gegeben. Die Dekorationen sind mäßig, der Chor mich, die Hauptrollen in den Hän den der erste» Kräfte pud gesanglich gut, schauspielerisch wenig hervorra gend. Mein Nachbar raunt mir al lerlei in die Ohren. Bon jeder Da me in den Logen den Namen und interessanten Stadtklatsch. Es hier, glaub' ich. noch schlimmer als in Paris. Nach dem Theater, das, durch lauge Pausen unterbrochen, sich stets bis nach zwölf Uhr hinzieht, trisst sich alle Welt noch in den Cafös. Hat sich nun die Nacht aus die sonnendurchglühte Erde gesenkt, dann hofft man seine Glieder in der jetzt wenigstens erträglichen Tempe ratur dehnen zu können und einen guten Schlaf zu tun. Aber „was sind Hofsnungen, was sind Entwürfe, die der Mensch, der ver gängliche, baut?" Sü,.. ü ii tönt es von allen Seiten, nnd bald entdeckt man sich umschwärmt und attackiert von zahllosen Moskitos. Man wirst sich von einer Seite auf die andere vergebens. Mit ihrem summenden Geräusch: „will dich schon sin... nn... nn nnden" über setzt, treiben sie das geplagte Men schenkind zur Verztveislung. Fast ohne ein Auge geschlossen zu haben, erhebt man sich und erblickt im Spiegel ein von rötlichen Hllgel rücken besätes, geschwollenes Gesicht, seine „Schatten"-Seiten! Drei Wochen fast lagen wir in Saigon. Schöne Tage, die ich hier verlebt habe, unter und teilweise mit dem leichtlebigen, fröhlichen und liebenswürdigen Völkchen der Fran zosen, die sich fern ihrer Heimat hier ihr Paris, wie sie Saigon stolz neu nennen, geschaffen haben: mit Bou- Caracas hat etwa 80,000 Einwoh ner, ist der Sitz der Regierung, des gen. Interessant ist es übrigens, daß das Land, speziell die Provinz Caracas, früher einmal deutscher unter Aufwendung nicht unbedeutcn- Mittel verwaltet, bis das Geviet von de. In dem Befrei ttngStanipfe von der spanischen Herrschaft tat sich be sonders Simon Bolivar, geboren nezuela selbständig. Bolivar ist in seiner Vaterstadt ein Triumphbogen errichtet worden. heimwärts zu dampfen. Ter Kubt Minar zu Delhi. Die nebenstehende Abbildung, die Stuttgart erschienenen Werke von Cornelius Gurlitt „Geschichte der Kunst" entnehmen, stellt den berühm ten Kubt Minar, den Turm von Ku- Ter Kubt Minar zu Delhi, tab bei Delhi dar. Die Zylinderform bare Gestalt. Bester Beweis. Graf: „Als ich mich um Deine Hand be warb, glaubte ich bestimmt, eine Frau mit bescheidenen Ansprüchen
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