Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, August 19, 1851, Image 1

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    Der Liberale Beobachter,
Und Berks, Momgomcry und Schuylkill Camities allgemeiner Anzeiger,
Ne«rd i n g, M»NI. Gedruckt und herausgegeben von ArnoldPu w e l! e, iu der Sud 6ren Straße, zwischen der Franklin- und Clwsuut - Straße
Jahrg. H L, ganze Nnm. «2«».
Das Gewiffen.
(Schluß,)
Wer in seinen einsamen Stunden hät
te um ihn sein, wer seine Selbstgespräche
hätte belauschen können, der würde nicht
mit neidischen Blicken auf ihn hingesehen
haben. Ihm fehlte die eigentliche, wah
re Würze des Ledens ein reines Ge
wissen. Es ist der Fluch eines befleckten
Gewissens, daß es in einer äußerlich glück
lichen Lage weit schwerer auf dem Men
schen lastet, als wenn das Leben heftig
stürmt; denn im Sturme des Lebens wird
der Mensch der ruhigen Betrachtung ent
rückt, u. der Kampf mit demselben schwächt
die Stimme des innern Richters ; aber im
Genusse eines ruhigen Glückes ertönt sie
wie die Posaune des Weltgerichts, in der
Menschenbrust, und hält ewig dir Erii ne
rung und das Bewußtsein wach. Keine
größere Strafe kann daher die Vorsehung
hienieden über den Lasterhaften und Ver
brecher verhängen, als wenn sie ihn mit
Glücksgütern überschüttet und es ihm äus
serlich wohl gehen läßt; denn je glückli
cher er äußerlich ist, desto nagender tritt
die Reue an sein Herz, und mit Schauder
wird er gewahr, wie glücklich er sein ton
te, wenn er tugendhaft geblieben wäre.
Viele kurzsichtige Menschen klagen oft,
wenn sie Lasteibafle im Glücke und
Wohlstande erblicken, die Vorsehung der
Ungerchtigkeit an. Ach! sie wissen nicht
wie nnglücklich der Mensch ist der mit sei
nen, Innern zerfallen ist, und wie gern er
seinen Wohlstand dahin gäbe, und bis
zum Taglöhner hinunter stiege, wenn er
das verlorene Paradies seiner Brust wie
der erobern könnte !
Hr. Louis besaß Alles, was den mei
sten Menschen als höchst wünschenswerth
erscheint: ein blühendes, sehr einträgli
ches Handelsgeschäft, ein über die gewöhn
lichen Bedürfnisse hinausreichendes Ver
mögen, eine schöne, liebenswürdige Gat
tin, ein gesundes, vielversprechendes Kind,
dabei einen guten Ruf und folglich die
Achtung seiner Nebenmenschen. Wer Här
te glauben sollen, daß dieser Mann nicht
glücklich gewesen wäre ? Und doch war er
es nicht, und doch versank er, je höher sein
Glück stieg, desto tiefer in Schwermuth
und Trübsinn. Niemand konnte dies be
greifen. Diejenigen welche am meisten
um ihn waren, folglich auch seine Gattin,
schrieben, da er sehr blaß aussah, diesen
Znstand körperlichem Unwohlsein zu. Die
Letztere hatte noch andere Gründe, dieses
zu glauben. Wenn er gleich den ganzen
Tag hindurch sehr thätig gewesen war,
und sich sichtbar müde gearbeitet hatte, so
genoß er doch keines ruhigen Schlafes,
sondern ward durch beunruhigende Träu
me gewöhnlich da schon wieder geweckt,
wo gesunde Menschen erst recht anfangen
sich der süßen Vergessenheit aller irdischen
Sorgen zu erfreuen. Bei Tische machte
er mehr den Zuschauer als den Esser;
was aber seine Gattin am meisten beküm
merte, war der reizbare, fieberhafte Zu
stand, in welchem er sich fortwährend be
fand. Wenn sie ihn mit zärtlicher Be
sorgniß zuweilen fragte, was ihm fehle,
und ihn bat, sich eines Arztes zu bedienen
ss wußte er sie immer wieder dadurch für
eine Zeit lang zu beruhigen, daß er sich in
ihrer Gegenwart heiter stellte, und der
Schüssel mehr als gewöhnlich zusprach.
Da ihm dieser Zwang aber eine zu große
Ueberwindung kostete, so ertrug er ihn
nicht lange, und dann war das Uebel är
ger als zuvor. Diese immerwährenden
Kämpfe, die er mit sich selbst zu bestehen
hatte, zerrütteten immer mehr seine Ge
sundheit, und seine Gattin und seine
Freunde sahen schon den Zeitpunkt in der
Nähe, wo er aus ihrer Mitte scheiden wür
de.
Zs dieser Zeit wurden in Arras die As
sisen eröffnet, und Hr. L. ward zum Ge
schwornen der Stadt B erwählt; höchst
ungern, ja mit dem sichtbarsten Widerwil
len sah er sich mit dieser Würde bekleidet,
und er hätte sehr viel darum gegeben,
wenn er einen Andern für sich hätte stei-
len dürfen. Aber er mußte dem Gesetze
gehorchen, und sich nach dem Orte der As
sisen begeben.
Ein schauderhaftes Verbrechen war der
Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung.
Ein junger Mann, der als Knabe nach
dem Tode seiner Eltern von einem reichen
Kaufmanne mitleidig ausgenommen, und,
da er gute Anlagen zeigte, für die Hand
lung erzogen worden war, hatte seinen
Wohlthäter auf die grausamste u. schänd
lichste Weise ermordet, und sich mit einem
ansehnlichen Theil seines baaren Vermö
gens auf die Flucht begeben. In Havre de
Grace hatte man ihn, gerade in dem Au
genblicke, wo er sich nach Amerika einschif
fen wollte, ergriffen, und jetzt sollte er
durch die Gesetze wegtn seines schwarzen
Undanks gerichtet werden.
Als der President die Thatumstände
vortrug, so ließ sich unter den zahlreich
versammelten Zuschauern ein unwilliges
Murren vernehmen, und kein mitleidiger
Blick siel aus den jungen Mörder, der auf
der Verbrecherbank saß. Als nun gar der
öffentliche Ankläger die Schändlichkeit der
That noch mehr ins Licht setzte, als er er
zählte, mit welcher Menschenfreundlichkeit
der Ermordete des verwaiseten Knaben
sich angenommen, wie väterlich er für sei
ne Erziehung und seine körperlichen Be
dürfnisse gesorgt habe, und wie er zum
Lohne aller dieser Wohlthaten von dem
jungen Bösewichte in seinem Bette mit ei
ner eisernen Stange sei erschlagen worden,
da ward jedes Gefü! empört.
Nachdem die durch Zeugen auf's
Genaueste ermittelt war, so traten die Ge
schwornen im BerathungSzimmer zusam
men, um ihr Schuldig oder Nichtschuldig
auszusprechen. Als die Reihe an Hrn.
LouiS kam, seine Stimme abzugeben, fing
er heftig an zu zittern, und mit fast ton
loser Stimme sagte er: „Ich kann nicht
stimmen!" Auf das Befragen seiner
Stimmgenossen, warum er bei so klaren
Thatumständen Bedenken trüge, seine
Stimme abzugeben, sank er zusammen,
indem er convulsivisch ausrief: „Ich ha
be ja dasselbe Verbrechen begangen!"
Man kann sich leicht das Erstaunen der
übrigen Geschwornen denken. Einige die
ihn seit Jahren näher gekannt, und von
seinem ächt christlichen Wandel, so wie
von seiner menschenfreundlichen Gesinnung
sich überzeugt hatten, glaubten daß der
Wahnsinn aus ihm spräche; sie sollten
aber bald erfahren, daß es die mächtige
Stimme des Gewissens sei. Denn als
Hr. Louis wieder zu sich kam, und die
Geschwornen in ihn drangen, seine Worte
zurückzunehmen oder sie näher zu erklären
legte er vor ihnen folgendes freimüthiges
Geständniß ab:
„Ich heiße nichtLouis, sondern Legrange
und bin aus Lausanne gebürtig. Meine
Eltern starben, als ich 14 Jahre alt war,
und hinterließen nicht das geringste Ver
mögen. Ein reicher Kaufmann, Laporte,
der Pathenstelle bei mir vertreten hatte,
nahm sich meiner Hülflosen Kindheit lieb
reich u. wahrhaft väterlich an. Er nahm
mich in sein HauS und sorgte für meine
Ausbildung auf die edelste Weise. Als
ich die nöthigen Vorkenntnisse erlangt hat
te, beschäftigte er mich auf dem Comtoire,
und es gelang mir, in kurzer Zeit seine
Zufriedenheit zu verdienen. In wenigen
Jahren war ich im Stande, ihm sehr gu
te Dienste zu leisten, und genoß seitdem
seines unbedingtesten Vertrauens. Nur
in einem Stücke war ich mit ihm unzufrie
den : Während die übrigen Commis an
sehnliche Gehälter bezogen, ließ er mir
nur die nöthigen Bedürfnisse und ein mäs
siges Taschengeld zukommen. Meine Ei
genliebe konnte diese Behandlung nicht
verschmerzen, und meine Geldliebe noch
weniger. Um mir Geld zu erwerben,
fing ich daher an, meinen Wohlthäter
überall, wo es unbemerkt geschehen konn
te, zu betrügen und zu berauben. Auf
diese Weise hatte ich, als ich 25 Jahre
alt war, einige tausend Franken aufge
häuft; allein zur Errichtung einer eignen
""willig zu loben und ok»e Furcht zu tadeln."
Dienstag den IN. Angnst, IBSR.
Handlung, wonach ich sehnsüchtig strebte,
waren diese nicht hinreichend. MeinPrin
zipal pflegte die Botzener Messen zu
chen, und, da er schon bejahrt war, einen
Commis zur Unterstützung mitzunehmen.
Ich war hierbei immer übergangen
worden, weit er glaubte, sich am meisten
auf mich verlassen zu können. Er
te nicht, daß ich gerade seine Abwesenheit
benutzte, um ihn zu betrügen. Endlich
aber sollte mich die Reihe treffen, ihn nach
Bötzen zu begleiten. Da er wichtige Ein
kaufe zu machen gedachte, so mußte ich den
Tag vorher bedeutende Geldsummen in
lauter vollwichtigen Goldsorten einpacken.
Der Glanz dieses Metalls verblendete
mich so, daß ich die Begierde, eS zu besit
zen, durch keine Vernunftgründe beschwich
tigen konnte, und der teuflische Gedanke
mir aufstieg, den alten Mann unterwegs
zu ermorden und mit seinem Gelde flüch
tig zu werden. Ein Umstand, der mich
vor dem Arme der weltlichen Gerechtigkeit
sicher stellte, mußte unglücklicher Weise
hinzukommen, um den Gedanken zum
Entschlüsse zu steigern. Ein Commis,
Namens Louis, mir dem ich sehr befreun
det gewesen war, hatte mir vor 2 Mona
ten, wo er an der Auszehrung starb, sei
ne Papiere übergeben. Unter diesen be
fanden sich sehr gute Zeugnisse über sein
sittliches Verhallen, und ein auf ein Jahr
lautender Reisepaß, der noch nicht erlo
schen war. Der Zufall wollte zu meinem
Unglücke, daß die Beschreibung seiner Per
son auf mich paßte, und so mußte Alles
dazu beitragen, mich zu dem entsetzlichsten
Verbrechen zu verlocken. Damit ich zu
Ende komme: In einer dunkeln Waldge
gend in den tyrolischen Gebirgen erschlug
ich meinen Wohlthäter, und flüchtete mit
seinem Gelde nach Frankreich, ließ mich
zu Bunter dem Namen Louis nieder,
und sah mich bald in den glücklichsten äus
seren Umständen. Aber je glänzender
dieselben wurden, desto stürmischer ward
eS in meiner Brust. Die Furien deS Ge
wissens erwachten in derselben und zer
fleischten unbarmherzig mein Herz. Hier
habt ihr mein Bekenntniß, ich kann und
mag nicht länger mehr leben, denn die
Last des Gewissens ist mir zu schwer."
Als Hr. LouiS geendigt hatte, standen
die Geschwornen eine Zeit lang wie an
den Boden gewurzelt, denn ein solches
Bekenntniß hatten sie von ihm nicht er
wartet. Erst als er wiederholentlich bat
sie möchten ihn den Händen der Gerech
tigkeit übergeben, kamen sie von ihrem
Schrecken zurück, und ließen sofort den
Presidenten und den öffentlichen Ankläger
bitten, in das Berathungözimmer zu
men. Hr. Louis wiederholte vor diesen,
was er vor seinen Mitgenossen bekannt
halte, und ließ sich hierauf gelassen in's
Gefängniß führen.
Um gewiß zu werden, ob er die Wahr
heit gesagt, ward nach Lausanne geschrie
ben, und in wenigen Tagen lief die Nach
richt ein, daß die Thatumstände genau mit
der Erzählung deS Hrn. LouiS überein
stimmten.
Deßwegen ward er von dem Geschwor
nengerichte zum Tode verurtheilt, und
durch die Guillotine hingerichtet.
So rächt sich das Gewissen.
Herr Honigberger erzählt in seinen
kürzlich in Wien erschienenen „Früchten
aus dem Morgenlande" einen Vorfall, der
noch wunderbarer klingt, als die Ereignis
se des von der „Augsb. Allg. Ztg." ge
schilderten Abends bei Dr. Elliotson. Im
Jahre 1839 kehrte nämlich Dr. Honig
berger nach Lahore zurück, wo ihn Gen.
Ventura mit folgendem Berichte empfing,
dessen Einzelnheiten von glaubwürdigen
Personen bestätigt wurden. Wir bemer
ken zur Einleitung nur, daß Hr. Dr. Ho
nigberger Arzt und daß sein Werk vor
zugsweise der Erörterung naturwissen
schaftlicher Gegenstände gewidmet ist.
„Rendschit Sing" so lautet der
Bericht „hatte von einem Saat oder
Fakir gehört, welcher sich im Gebirge auf-
hielt, und von dem die Sage ging, daß er
sich im scheintodten Zustande förmlich kön
ne begraben lassen, ohne daß er deshalb
dem wirklichen Tode verfiele, indem er die
Kunst verstehe sich fortzuerhalten, so daß
er nach Verlauf von mehreren Monaten
wieder zum Leben gebracht werden könne,
wenn man ihn ausgrübe. Dem Maha
radscha schien die Sache eine reine Uumög
lichkeit. Um sich nun darüber auf die ei
ne oder die andere Art volle Ueberzeu
gung zu verschaffen, ließ er den Fakir nach
Hofe berufen und veranlaßte ihn unter der
Androhung, daß man es an keinerlei Art
von Vorsichtsmaßregeln gegen einen etwai
gen Betrug werde ermangeln lassen, sich
sich dem seltsamen Experimente zu unter
ziehen. In Folge dessen führte der Fa
kir seinen Scheintod herbei."
„Als offenbar jeder Lebensfunken aus
ihm entwichen schien, wurde er in Gegen
wart des Maharadscha und sämmtlicher
ihn umgebenden Großen in die Leinwand,
worauf er gesessen hatte, eingewickelt, das
Siegel desßendschit Sing darauf gedrückt
und der scheinbar Todte in eine Kiste ge
than, an welche Rendschit-Sing eigenhän
dig ein starkes Vorlegeschloß hängte.
Hierauf wurde die Kiste außerhalb der
Stadt in einem Garten des Ministers
vergraben, über den Ort Gerste gesät,
rings herum eine Mauer aufgeführt und
Wachen hingestellt. Am 4()sten Tage,
der zur Ausgrabung bestimmten Zeit, fan
den sich nebst dem Derbar, wozu auch der
General Ventura gehörte, noch einige
Engländer aus der Nachbarschaft ein;
unter andern auch ein Doctor der Arznei
kunde. Als man die Kiste mit dem Fa
kir ausgrub und dieselbe öffnete, fand man
ihn in demselben Zustande, in dem man
ihn gelassen hatte, kalt und starr."--
„Ein Freund," fügt der Verfasser der
„Früchte aus dem Morgenland" hinzu,
„sagte mir, wenn ich nur selbst hätte se
hen können, mit welcher Mühe man ihn
durch Anwendung der Hitze auf den Kopf,
durch Lusteinblasen in die Ohren und den
Mund, durch Reibungen des Körpers u.
s. w. zum Leben zurückbrachte, so würde
ich gewiß nicht den geringsten Zweifel an
der Möglichkeit der Sache hegen. Der
Minister Radscha Dhyan-Sing versicher
te mich, daß er diesen Fakir, der sich Ha
ridas nannte, in Dschemu im Gebirge 4
Monate hindurch unter der Erde gehabt
habe. Am Tage des Begrabens habe er
ihm den Bart abscheren lassen und bei der
Ausgrabung sei ihm das Kinn eben so
glatt gewesen, wie am Tage des Begra
bens, ein Beweis seines Mittelzustandes
zwischen Leben und Tod. Auch in Dsches
reta im Gebirge, wie auch in Amritsir,
hatte er sich vergraben lassen, so auch bei
den Engländern in Hindostan, und es
heißt im „Calcutta Journal der Medizin
von 1835," wo die ausführliche Beschrei
bung zu finden ist, daß der Fakir das
Aufhängen der Kiste in die Luft der Ve
rgrabung derselben vorgezogen habe, weil
er in der Erde die Ants oder weißen Amei
sen scheuete. Da er aber ein eigensinni
ger (?) Mensch war, der vermuthlich aus
Mißtrauen in das wiederholte Begehren
der Engländer nicht hatte ferner eingehen
wollen, so zweifeln Manche an der Wirk
lichkeit der hier erzählten Thatsachen. Es
scheint jedoch, daß die Kunst des willkürli
chen TodeS und des Wiederauflebens mit
ihm erloschen ist. Denn ich habe mir alle
mögliche Mühe gegeben, sowohl in der E
bene Indiens im Pendschab, als auch an
den Ufern des Ganges, im Gebirge und
im Thale vonKafchmir einen solchenKünst
zu finden, um ihn, wenn auch nicht nach
Europa, doch wenigstens bis nach Calcut
ta zu führen, mög' es es kosten was es
wolle, habe aber weder einen solchen ge
funden, noch überhaupt von einem jetztle
benden gehört. Mehrere von den Hin
du's, bei denen ich nachfragte, meinten,
daß derlei Fakire keinen Werth auf das
Geld legten. Desto mehr Werth legen
sie aber auf andere irdische Genüsse, war
meine Antwort. Sie hörten es aber nicht
Laufende Nummer »I
gern, wenn ich sagte, daß der Saat (Fa
kir), der in Lahore sein Semat (Begräb
niß) zum Besten gegeben habe, ein aus
schweifender Mensch gewesen sei, und daß
mehrere Klagen gegen ihn angebracht wor
den wären, aus welchem Grunde Rend
schit'Sing sich bereits vorgenommen hatte,
ihn des Landes zu verweisen. Dem kam
er aber dadurch zuvor, daß er mit einer
jungen Katrain sFrau von einer Hindu-
in's Gebirge entwich, wo er bald
darauf in allem Ernste starb, und nach
Landessitte verbrannt wurde." Was Hr.
Honigberger diesem abenteuerlichen Vor
trage hinzusetzt, ist eine Beschreibung des
Verfahrens, wie sich der Fakir in den
schcintodten Zustand bringt. Das geschä
he darnach durch ein förmliches Ausspü
len des Körpers mit Wasser und durch
das Verstopfen aller Nasen-, Ohren-,
Mundöffnungen u. s. w. mir Wachs, wo
bei er überdies die Zunge in den Rachen
hinabschluckt, um so den Athemgang gänz
lich zu hemmen. Bei der Wiederbelebung
sei es daher das Erste, daß die Zunge zu
rückgezogen werde, worauf der Körper
durch Wärme, Reiben und Lufteinblasen
wieder zn seiner Thätigkeit zurückgerufen
werde.
Berlin, 3t). Juni. Die kurze E l
l e.—Dem Berliner Publicum, nament
lich den Hausfrauen, macht eS viel Spaß,
daß gegenwärtig die Behörden mit un
nachsichtlicher Strenge gegen die Handels
leute verfahren, die sich falschen Maßes
und Gewichtes bedient haben. Vor we
nigen Tagen standen wieder mehr als 20
solcher „Maßloser und Ungewichtiger"
vor dem Einzelrichter. Unsere sogenann
ten ~Handelsfrauen" behaupten von je
her den Ruhm großer Contenance und
Zungenfertigkeit. So war eine von ih
nen angeklagt, eine Elle geführt zu haben
an der drei Achtel fehlten. Das ist für
die Verkäuferin freilich ein einträglicher
Verlust. Die Elle war mit dem gesetz
lichen Stempel versehen, aber wo waren
die fehlenden drei Achtel geblieben? „die
Handelsfrau" behauptete mit großem Ern
ste und im geläufigsten Berliner Jargon :
„Der selige Herr von Münchhausen hat
einen hochbeinigen Windhund gehabt, der
sich die Beene bis zum Dachshund herun
terjelaufen. Und so ist's mich mit mei
ner Elle jejangen; ick habe soviel mit ihr
in meinem Leben jemessen, daß nach und
nach die drei Achtel abjejriffen sind, ick
weiß nicht wie!" Der Richter schüttelte
ernst das Haupt und gab der ehrlichen
Frau auf acht Tage frei Quartier im Po
lizeigefängnisse. Die Sache ist wirklich
so passirt, wie ich sie hier erzählt. Also
Respect vor der Interpretation zu kurzer
Ellen aus dem geistreichen Munde einer,
wenn auch gerade äußerlich nicht liebens
würdigen Berlinerin!
Die Mayors der Stadt Neu-Pork, Alban,)
und Buffalo haben das Arrangement verabre
det, daß, um Betrügereien an Einwanderern zu
verhüten, ein Durchschnittspreis von den Prei«
sen der drei wohlfeilsten Emigranten - Besörde«
rungshäuser angenommen und die Übrigendann
durch Androhung der Einziehung ihrer Lizenz
gezwungen werden sollen, nach diesem Preise
die Emigranten zu befördern. Diese wohlthä
tige Einrichtung bleibt bei Worten, denn sie ist
noch nicht ausgeführt. Dagegen schicken jetzt
da ihnen in Albany und Buffalo da» Hand
werk größtentheils gelegt ist, die Mäkler diesel
ben nach Troy, und betrügen sie dort. Der
Mayor von Troy wird hoffentlich auch solche
Maßregeln ergreifen, daß die Einwanderer von
den Gaunereien der sogenannten Emigranten
beförderer und mit ihnen im Bunde stehenden
Eisenbahncompanien geschützt werden.
WaShingto n.—Die Militärcommission
hat die Farm des Zehn Adam Smith im nörd
lichen Theil der Stadt für 54»,00 t) gekauft»
um daselbst ein Militär-Znvalidenhaus zu bau
en, nachdem der frühere Kaufvon Eolonel Tho
mas nicht zu Stande gekommen war.
Zn dem mit Riesenschritten fortschreite-««»
Staate Michigan bildet die Gchaaszuchc einen
der Hauptzweige, einen de»
Reichthum». Die Zahl der in demselben unter
haltenen Gchaafe übersteigt 1 Million und da»
zur Förderung der Schaafjpcht angelegte Kapi
tal überschreitet 55,50v,05v.