Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, June 03, 1851, Image 1

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    Der Liberale Beobachter,
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Cammcs allgemeiner Anzeiger.
NeAd i N g, Denn. Gedruckt und herausgegeben von ArnoldPu w e l! e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- nnd Chesnnt - Straße.
Jahrg. 12, ganze Nnm. ««».
Der kleine Wilde.
Eine auf Wahrheit gegründete Erzählung.
(Aus dem Englische» für den „Beobachter.")
(Fortsetzung.)
9.
Nach Jackson's Rechnung war ich nun
14 Jahre alt. Während 14 Jahren hat
ten wir nur ein Schiff gesehen. Es moch
ten wieder 14 Jahre vergehen oder dop
pelt so.viel, bevor ich wieder mit einem
Mitmenschen zusammentraf. Da diese
Gedanken mich betrübten, fühlte ich wie,
viel ich darum gegeben hätte, wenn Zack
son am Leben geblieben wäre, wenn es
auch nur für seine Gesellschaft war; ich
würd» ihm irgend etwas verziehen haben.
Ich fühlte, daß ich selbst an dem Mörder
meines Vaters einen Freund verloren hat
te.
An diesem Tage war ich so unentschlos
sen, daß ich gar nichts thun konnte; ich
zu lesen, aber ich konnte es nicht;
ich versuchte zu essen aber mein Appetit
war fort. Ich saß und blickte auf den
Ocean, wie eineWelle nach der andern vor
beirollte; oftmals wundernd, ob er je
mals einen Mitmenschen herbeibringen
würde; dann saß ich wieder eine Weile
ganz geistesabwesend. Der Abend kam,
es wurde finster, und noch immer saß ich
auf der Stelle. Zuletzt ging ich mit fast
gebrochenem Herzen nach meinem Bette;
glücklicherweise schlief ich bald ein und mei
ne Sorgen waren vergessen.
Der andere Morgen wurde durch glän
zenden Sonnenschein verherrlicht, der dun
kelblaue Ocean wurde kaum aufgeregt
durch den Luftzug der darüberfuhr; ich
fühlte mein Geist viel erheitert und
mein Appetit zurückgekehrt war. Nach
dem Mahlzeit genossen hatte, er
innerte'ich mich an das was Jackson mir
gesac c chatte von dem Gürtel mit Dia
manten ; ich ging nach seiner Schlafstelle
und nachdem ich die Vogelhäute und Fe
dern herausgenommen hatte, rührte ich
den Grävel auf, der nicht über zwei Zoll
tief war und kam auf das Brett. Ich
hob es auf und fand das etwa einen Fuß
tiefe Loch unter demselben mit verschiede
nen Artikeln angefüllt. Da waren die
Uhr und Hemdknöpfe des Steuermannes,
einige Thaler in Lumpen eingewickelt, ei
ne Tabacksdose, eine alte Pfeife, eine Bür
ste deren Haare Buchstaben bildeten, eini
ge Briefe unterschrieben I. Evelyn, die
wie ich bemerkte von meinem Großvater
waren, und die Jackson wahrscheinlich nach
dem Tode meiner Mutter erlangt hatte.
Ich sage Briefe, da es solche waren, wie
ich später ausfand, aber ich hatte damals
noch keine Briefe gesehen und mein erster
Versuch Geschriebenes zu lesen, war ver
gebens, doch gelang es mir die Unterschrift
auszumachen», In der Tabacksdose war
ein einfacher goldener Trauring, wahr
scheinlich der meiner Mutter; ebenfalls ei
ne Locke von langen schwarzem Haar, die
Me ich vermuthete auch ihr angehört hat
te. D» waren drei oder vier Proben von
Gold- und Silbererz, wie ich später fand,
ein silbern Bleistiftgehäuse und ein Paar
kleine goldene Ohrringe. Auf dem Bo
den des Loches war der Gürtel; er war
von weichem Leder und ich konnte fühlen
wie harte Körper in kleine Quadrate da
rin eingenäht waren, was ich für die Dia
manten hielt, was sich später auch so aus
wies und zwar zu einem großen Werthe,
aber ich schnitt keine von den Abtheilun
gen auf, um zu sehen was darin war.
Auf dem obern Ende stand in sehr deut
licher Handschrift: „Das Eigenthum von
Hrn. I. Evelyn, 38 Minories, London."
Ich untersuchte alle diese Artikel einen
nach dem andern und legte sie dann wie.
der zurück, nachdem ich meine Neugier be
friedigt hatte. Ich deckte das Loch mit
dem Brett wieder zu, und that den Grä
vel wieder darauf sowie die Häute und
Federn wieder in die Schlafstelle. Dies
beschäftigte mich etwa zwei Stunden, dann
nahm ich meinen früheren Platz auf dem
Felsen wieder ein und versank in lautlose
Unthätigkeit von Geist und Körper, für
den Rest des Tages.
Nach Jackson's Tode mochten beinahe
drei Jahre vergangen sein. Ich hatte
meine Zeit mit verschiedenen Beschäfti
gungen zugebracht, nebst dem Lesen mei
ner Bücher. ES war mir gelungen einen
jungen Seehund zu zähmen, den ich an
der Nordseite der Insel gefangen hatte.
Ich hatte ebenfalls einige junge Seevö
gel aufgezogen und gezähmt, indem ich ih
re Flügel gestutzt hielt bis sie heimisch wa
ren. Diese singen Fische und zwar recht
große,—soviel und mehr als ich und Nero,
(denn so hatte ich meinen zahmen See
hund genannt) essen wollten. So ver
lebte ich eine ziemlich glückliche Zeit, ab
wechselnd von Fischen und gedörrten Vö
geln lebend, die ich allezeit Sorge trug in
der gehörigen Zeit zu sammeln ; und was
das Anlangen eines Schiffes bei der In
sel betraf, hatte ich nach und nach alle
Hoffnung aufgegeben. Es war eines
Abends, als das Wetter sehr unruhig und
rauh war, als ich etwas Ungewöhnliches
auf dem Wasser zu sehen glaubte, etwa
vier Meilen entfernt. Ich vermuthete
zuerst es sei ein Sperm-Wallfisch, die in
gewissen Jahreszeiten in großer Anzahl
um die Insel zu spielen pflegten, und ich
gflegte ihr Schnaufen und Rennen zu be
trachten, denn Jackson hatte mir viel von
Wallsisch-Fischereien erzählt; aber ein
Strahl der untergehenden Sonne zeigte
mir den (Gegenstand weiß, worauf ich für
mein Fernglas lief und ausmachte daß
eS entweder ein Boot oder sehr kleines
Schiff sei, mit einem Segel aufgespannt,
das vom Winde gerade nach der Insel ge
trieben wurde. Ich bewachte eS mit vie
lem Interesse, bis eS Nacht wurde und
meine Gedanken von verschiedener Art jag
ten sich durcheinander; dann begann ich
zu berathen, was wohl am besten zuthun
sei. Ich wußte, daß binnen einer Stun
de der Mond aufgehen würde und da die
Luft wolkenleer war, so erwartete ich es
doch wieder zu sehen, obwohl der Wind
und die See hoch gingen. „Aber sie wer
den nie landen können an dieser Seite der
Insel," dachte ich, „mit soviel See. Doch
konnte es möglich sein, wenn sie in den
Badeteich geriethen." Nachdem ich dies
eine Weile überdacht hatte, beschloß ich
herunter nach dem Badeteiche zu gehen
und an jeder Seite desselben, auf den Fel
sen Bündel Holz anzustecken, da dies ih
nen zeigen würde wohin sie fahren und
wie sie hereinkommen könnten. Ich war
tete etwas länger, nahm dann etwas Zun
der und mein Fernglas mit mir und ging
hinunter nach dem Teiche, trug zwei Holz
bündel auf die Felsen an jeder Seite, und
nachdem ich sie angezündet und andere be
reit hatte, um die ersteren zu ersetzen, wenn
sie ausgebrannt waren, setzte ich mich mit
dem Fernglas nieder, um zu sehen wo das
Boot sein möchte
Als der Mond aufgegangen war sah ich
es etwa eine Meile von der Insel, mit
dem Stern dem Lichte zugewendet, das
von dem brennenden Holze ausging. Ich
warf ein frisches Bündel auf jedes und
ging herunter für einen frischen Varrath.
Der Sturm halte zugenommen und der
Schaum schlug nun über die Felsen, wo
daS Feuer brannte und drohete es zu er
löschen, aber ich legte mehr Holz auf und
hielt es in voller Gluth. Nach einer
Viertelstunde konnte ich das Boot genau
sehen ; eS war nun dicht bei der Insel, viel
leicht 3t)v Vard davon entfernt, nicht ge
rade nach dem Lichte steuernd, sondern et
was längs der Küste; die Thatsache war,
daß sie nicht eingehalten hatten, nicht wis
send wie sie landen konnten, bis sie die bei
den Lichter ganz von einander sahen, und
dann sahen sie ein wie dieselben gemacht
waren; und einen Augenblick nachher
steuerten sie gerade nach dem Eingange
zum Badeteiche und kamen brausend her
ein vor den rollenden Wogen. Ich fürch
tete noch für sie, denn ich wußte, daß wenn
die See zurückwich während sie auf dem
Felsrücken vor dem Tingange zum Bade
teiche waren, das Boot in Stücke zertrüm-
"Lvillig zu lobe» und ohne Furcht zu tadeln."
Dienstag de« S. Juni, 18; I
mert werden würde, wenn sie gleich ihr Le
ben retten könnten, aber zum Glück für
sie, kam es nicht so—im Gegentheil wur
den sie auf einer mächtigen Welle hinein
gtragen, die sie frei über den Felsrückcn
trug, gerade gegen die Mauer von Felsen,
die ich durch den Teich gemacht hatte, und
dann stieß das Boot auf den Grund.
„Hurrah! wohlgethan das," sagte ei
ne Stimme auf dem Boote. Laßt die
Segel sinken, meine Jungen; Alles recht."
Die Segel sanken herunter und ich sah
dann beim Licht vom Feuer, daß mehrere
Menschen im Boote waren. Ich war zu
aufgeregt gewesen, um etwas zu sagen,
und wirklich wußte ich nicht was ich sa
gen sollte. Ich fühlte nur, daß ich nicht
mehr allein war und man mag sich mei
ne Freude und mein Glück denken.
10.
Sobald das Segel unten war spran
gen die Männer über die Seiten des
Bootes ins Wasser und wateten nach den
Felsen.
„Wer bist du-?" sagte einer der Män
ner, mich anredend," und wie viel von Euch
sind hier?"
„Es ist Niemand auf der Insel wie ich,"
„aber ich bin so froh daß ihr gekommen
seid."
„Bist du? Dann kannst du uns viel
leicht auch sagen wo wir etwas zu Essen
bekommen, mein Lieber ?" sagte er.
„O ja, wartet nur ein wenig und ich
will euch genug bringen," antwortete ich.
„Wohl, dann sei schnell, das ist schön,
denn wir sind hungrig genug dich zu ver
schlingen, wenn du uns nichts besseres
bringen kannst."
Ich war im Begriff nach der Hütte zu
gehen für einige Vögel, als ein anderer
Mann rief —
„Sag, kannst du uns etwas Wasser be
sorgen ?"
„O ja genug," antwortete ich.
„Wohl, dann Jim, gib uns den Eimer
aus dem Boote."
Der Angeredete that dies und der Mann
gab mir den Eimer in die Hand, sagend,
„bring uns den Eimer voll Junge, willst
du?" Ich eilte hinauf nach der Hütte,
füllte den Eimer mit Wasser und ging
dann für eine Quantität gedörrter Vö
gel, womit ich wieder herunter nach dem
Badeteiche eilte. Ich fand daß die Män
ner nicht müßig gewesen waren; sie hat
ten einige Bündel von dem Haufen ge
nommen und ein tüchtiges Feuer unter den
Felsen gemacht und waren dann daran
mit dem Segel vom Boote eine Art Zelt
zu machen.
„Hier ist das Wasser und da sind eini
ge Vögel!" sagte ich, als ich zu ihnen
kam.
„Vögel! Was für Vögel?" sagte der
Mann der erst zu mir gesprochen hatte
und Controlle über die übrigen zu haben
schien. Er hob einen auf und prüfte ihn
beim Schein des FeuerS, ausrufend, „son
derbares Essen vermuthe ich."
„Wie, du wirst doch nicht ein regulä
res Wirthshaus zu finden erwartet haben
als wir landeten, Steuermann ?" sagte ei
ner der Männer.
„Nein sonst würde ich längst für ein
GlaS Grog gerufen haben," antwortete er.
„Ich denke, ich könnte lange rufen bis mir
Jemand einS hierher brächte."
Da ich wußte, daß Jackson den Rum
Grog genannt hatte, so sagte ich, „eS ist
genug Grog auf der Insel, wenn ihr wel
chen haben wollt.
„Es ist, wo mein Lieber, wo?"
„Da in dem Fasse im Wasser an der
andern Seite von eurem kleinen Schiffe.
Ich kann euch gleich etwas herausziehen,"
erwiederte ich.
„Was! in jenem Fasse? Grog im
Salzwasserherumfließend, das ist zu schlim,
Kommt alle hierher.—Bist du ernst Jun
ge—keine Narrei hier, denke ich, oder du
möchtest eS bereuen."
„Ich will euch nicht foppen, sagte ich,
„dort ist es."
„Alle bis auf einen von den Männern
folgten, wateten ins Wasser und gingen
nach dem Numfasse.
„Gebt Acht/' sagte ich, ~der Zapfen
ist darin."
„Das sehe ich —fürchte nichts, mein
Lieber—kommt nun alle her." So sa
gend legten sie alle Hand an das Faß, ho
ben es auf und legten es auf die Felsen
an der Seite des Teiches.
Gib uns die kleine Kanne aus dem
Boote, Jim," sagte der Mann, „wir wol
len bald sehen ob es der rechte Stoff ist."
Er zog etwas heraus, versuchte es und
schwor, daß es vortrefflich sei. Es wur
de dann herumgereicht und alle tranken da
von.
„Wir sind glücklich heute Abend, wir
sind auf unsere Beine gefallen," sagte der
erste Mann. „Ich sage Jim thue die
trocknen Hühner in den Pechkessel, mit ei
nigen Kartoffeln aus dem Sacke —es wird
eine gute Mahlzeit geben; und dann mit
diesem Fasse, um dazu zu trinken, werden
wir nicht so schlecht ab sein."
„Ich sage, alter Junge," sagte er, sich
an mich wendend, „du bist ein regulärer
Trumpf. Wer hat dich am Lande gelas
sen, um alle dies bereit zu machen für uns?"
„Ich wurde hier geboren," erwiederte
ich.
„Hier geboren ! wohl wir werden von
alle dem morgen sprechen—für jetzt wol-,
len wir nns entschädigen für die verlorne
Zeit, denn wir hatten nichts zu essen oder
zu trinken seit dem Mittwoch Morgen.
Seid munter meine JungenS! macht das
Sturmhaus auf. Jim thue den Eimer
voll Wasser in den Kessel und schicke den
Insulaner fort, für einen andern Eimer
zum Grog.
Der Eimer wurde mir eingehändigt
und ich kehrte bald mit demselben voll zu
rück, und weil ich gesehen hatte, daß sie
keine Pfanne hatten, so brachte ich eine mit
aus der Hütte und gab sie ihnen.
„Du bist ein guter Junge," sagte der
Steuermann, „und nun möchte ich dich
fragen, wo hältst du dich auf?" haft du
eine Hütte oder eine Höhle, um darin zu
wohnen?"
„Ja," antwortete ich, „ich habe eine
Hütte, aber sie ist nicht groß genug für
euch alle."
„Nein, nein! wir wollen nicht dorthin
gehen—wir sind wohl geuug wo wir sind,
bei dem Rumfasse; aber du siehst, mein
Junge, wir haben eine Frau hier."
„Eine Frau!" sagte ich; „ich habe
nie eine Frau gesehen. Wo ist sie ?"
„Dort sitzt sie, beim Feuer."
Ich sah mich um und gewahrte, daß
einer von der Partie in eine Decke gewik
kelt war, mit einem breiten Strohhute
auf dem Kopfe, der ihre Gestalt gänzlich
verbarg. Die Thatsache ist, daß die Frau
auüsah wie ein Bündel und regungslos
am Feuer saß. Auf mein Sagen, daß
ich nie eine Frau gesehen hätte brachen
die Männer in lautes Gelächter aus.
„Wie, hast du nicht gesagt, du wärst
auf dieser Insel geboren?" sagte der
Steuermann zuletzt. „Wurdest du
ren ohne Mutter?"
„Ich kann mich meiner Mutter nicht
erinnern—sie starb als ich noch sehr klein
war, und daher sagte ich, daß ich nie eine
Frau gesehen hätte."
„Wohl, das ist erklärt; aber du siehst,
mein Junge, dies ist nicht allein eine Frau
sondern auch eine besondere Art von einer
Frau ; und es paßt nicht für sie, daß sie
hier bleibt nachdem wir zu Nacht gegessen
haben —denn nach dem Essen möchten die
Leute einen Tropfen zu viel trinken und
sich nicht in Acht nehmen; darum frug ich
dich um deine Hütte, daß du sie dorthin
nehmen möchtest zum Schlafen. Kannst
du daß thun?"
„Ja," antwortete ich, „ich will sie dort
hinnehmen, wenn sie eS wünscht."
„Das ist alles recht dann; sie wird je
denfalls dort besser daran sein als hier.
Ich sage, Junge, wo hast du deine Hosen
gelassen?"
„Ich trage nie welche."
Laufende Nummer
Wohl denn, wenn du welche hast, so
rathe ich dir sie anzuziehen, denn du bist
völlig alt genug, um behos't zu sein."
Ich blieb eine Weile bei ihnen, wäh
rend das Nachtessen kochte, frug alle Ar
ten Fragen, was viel Spaß verursachte.
Der Pechkessel, was ein großer eiserner
Topf mit drei Füßen war, wunderte mich
nicht wenig ; ich hatte nie zuvor ein solches
Ding gesehen, noch sonst etwas das man
auf's Feuer setzt; ich frug was es war
und wozu er gemacht war. Die Kartof
feln wunderten mich ebenfalls, denn ich
hatte noch nie eine eßbare Wurzel gese
hen.
„Wie, wo bist du denn all dein leben
lang gewesen?" sagte einer der Männer.
„Auf dieser Insel," antwortete ich sehr
naiv.
Ich watete in das Wasser, um das Boot
zu besehen, so gut als dies beim Scheine
des Feuers möglich war, aber ich konnte
nur wenig sehen und war genöthigt mei
ne Untersuchung bis zum andern Tage
aufzuschieben. Ehe das Nachtessen ge
kocht und verzehrt war, erfuhr ich jedoch
folgende Auskunft.
Daß sie ein Theil von der Mannschaft
eineS Wallsischfängers waren, der etwa
7l) Meilen davon auf ein Felsenriff ge
rannt war, und daß sie gezwungen wa
ren denselben sogleich zu verlassen, weil er
sich in wenigen Minuten auf die Seite
legte; daß sie in zwei Böten abgefahren
wären, aber nicht wüßten was aus dem
andern Boote geworden sei, da es bei der
Nacht aus ihrer Gesellschaft verschwunden
sei. Der Capitän und sechs Matrosen
waren in jenem Boote, und der Steuer
mann und sechs andere waren in dem was
auf der Insel landete, nebst der Dame.
„Was ist eine Dame fragte ich.
„Ich meine die Frau welche dort sitzt;
ihr Gatte wurde ermordet von einigen Be
wohnern der Sandwich-Inseln ; sie war
auf der Heimreise nachEngland. Wir ha
ben einen Gefährten, einen andern Wall
sischfänger, der unsere Ladung Oel an
Bord nehmen und sie nebst der Seinigen
nach England bringen sollte, und die Mis
sionärsfrau sollte in demselben mitreisen."
„Was ist ein Missionär?" frug ich.
„Wohl, ich weiß es nicht genau, aber
eS ist ein Prediger, der ausgeht den Wil
den zu predigen."
Bei der Zeit war das Nachtessen gekocht
und der Geruch aus dem Pechkessel war
appetitlicher als irgend etwas, das ich bis
her gerochen hatte. Der Kessel wurde
vom Feuer gehoben, der Inhalt in eine
Schüssel geschüttet und nachdem sie ein
Teil davon in einer kleinen Schüssel der
Frau gereicht hatten, die noch immer in
ihre Decke gewickelt beim Feuer saß, setz
ten sie sich alle rund um die große Schüs
sel und begannen ihr Nachtessen.
„Komm, Junge, und sei mit uns, sag
te der Steuermann, du kannst dein Nacht
essen noch uicht gehabt haben; und da du
uns eines besorgt hast, so wäre es hart
wenn du nicht Theil daran nehmen soll
test."
Ich war nicht furchtsam zu thun wie
er mir sagte, und ich muß gestehen, daß
mir nie in meinem Leben eine Mahlzeit
hesser schmeckte.
„lch sage, Junge, hast du einen guten
Vorrath von den gedörrten Hühnern?"
sagte der Steuermann.
„Ja ich habe ziemlich viel, aber nicht
genug, um lange zu halten für so viel Leu
te."
„Wohl, aber wir können mehr bekom
men ; können wir nicht?"
„Nein!" antwortete ich, „nicht bis die
Vögel wiederkommen, und das wird in
den nächsten 5 Monden nicht sein."
„Fünf Monde! was heißt das?"
„Ich meine fünf Vollmonde müssen
kommen, einer nach dem andern."
„O, ich versteh ; wohl dann müssen wir
nicht auf dieser Insel bleiben."
„Rein," sagte ich, „wir müssen alle
gehn, oder wir werden verhungern; ich
bin so froh daß ihr gekommen seid, aber