Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, April 15, 1851, Image 1

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Oer Liberale Beobachter,
Unv Berks, Montgomery und Schuylkill Caumics allgemeiner Anzeiger.
ZK eavi n g, Venn. Gedruckt und herausgegeben vonArnold Puwell e, in der Sud 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Chesnut. Straße
Jahrg. 12, ganze Nnm. ««2.
Der kleine Wilde.
Eine auf Wahrheit gegründete Erzählung.
(A»6 dem Englische» für de» „Beobachter.")
I.
Ich bin im Begriff eine sonderbare Ge
schichte zu schreiben, wie der Leser finden
wird, wenn er dieselbe lies't. Wir haben
mehr als eine Erzählung von Leuten die
auf eine wüste Insel geworfen und dann
ihrem eigenen Schicksale überlassen waren,
u. wohl keine Geschichten werden mit mehr
Interesse gelesen ; aber meine ist wohl die
erste Geschichte von einem Knaben, der al
lein auf einer unbewohnten Insel gelassen
wurde. Dies war jedoch der Fall; und
ich will nun meine eigene Geschichte wäh
len.
Meine ersten Erinnerungen sind, daß
ich in Gesellschaft mit einem Manne auf
dieser Insel war und daß wir oft längs
dem Seeufer wanderten. Es war an
manchen Stellen felsig und mühsam zu
erklimmen, und der Mann zog oder lchleif
te mich gewöhnlich über die gefährlichen
Stellen. Er war sehr grob gegen mich,
was sonderbar scheinen mag, da ich doch
der einzige Gesellschafter war den er hat
te ; aber sein Temperament war mürrisch
und finster. Er konnte niedergekauert in
einer Ecke unserer Hütte sitzen, und mit
unter mehrere Stunden kein Wort spre
chen —oder er starrte den ganzenTag hin
aus in die See, als ob er auf etwas paß
te, aber was, konnte ich nicht sagen, denn
wenn ich sprach antwortete er nicht, und
war ich in seiner Nähe, so erhielt ich si
cher einen Stoß oder einen derben Schlag.
Ich stelle mir vor, daß ich etwa fünf Jah
re alt sein mochte, zur Zeit wovon ich mich
zuerst erinnere waS vorging. Ich mag
jünger gewesen sein. Ich mag ebenso
wohl hier angeben was ich zu verschiede
nen Zeiten von ihm sammelte, in Betreff
unserer Zurücklassung auf dieser leeren
Insel. Es war nur mit großer Schwie
rigkeit, daß ich dies erlangte, denn ge
wewöhnlich warf er mit Steinen nach mir
menn ich frug, das heißt, wenn ich die Fra
gen wiederholte, nachdem er sich geweigert
hatte zu antworten. TS war bei einer
Gelegenheit als er krank lag, daß ich die
se Auskunft erlangte und hauptsächlich da
durch daß ich verweigerte ihn aufzuwar
ten. oder ihm Nahrung und Wasser zu
bringen. Er wurde wohl ärgerlich da
rüber und versprach mich dafür zu züch
tigen, wenn er wieder besser würde; aber
ich kehrte mich nicht daran, denn ich wur
de stärker, während er mit jedem Tage
schwächer wurde, und ich hatte keine Liebe
für ihn, denn er hatte mir nie Liebe er
zeigt, sondern mich immer mit großer
Strenge behandelt.
Er erzählte mir, daß vor etwa zwölf
Jahren, (ich wußte nicht waS er mit ei
nem Jahre meinte, denT ich hatte ihn nie
das Wort sagen hören,) ein englisches
Schiff (ich wußte nicht was ein Schiff
war) in einem großen Sturme nahe bei
der Insel gestrandet sei, und daß sieben
Männer und eine Frau gerettet wurden
und daß alle andern Menschen umkamen,
daß das Schiff zertrümmerte und daß sie
nichts retteten,—daß sie zwischen den
sen Stücke von dem Holze aufsuchten, wo
von es gemacht war und die Hütte gebaut
hätten worin wir wohnten. Daß einer
nach dem andern gestorben und begraben
worden sei, (von dem was Sterben und
Begraben war, hatte ich zu der Zeit noch
keine Idee;) und daß ich auf der Insel
geboren wurde. sWie wurde ich geboren ?
dachte ich^—daß die Meisten davon star
ben, ehe ich zwei Jahre alt war; und daß
er und meine Mutter dann nur noch die
einzigen Ueberlebenden waren. Meine
Mutter war wenige Monate nachher ge
storben. Ich war genöthigt, ihn mehr
mals zu fragen um alles dies zu verstehen;
in der That ich verstand es lange nachher
noch nicht, obwohl ich eine Idee von dem
hatte waS er sagen wollte. Wäre ich bei
einem andern Menschen geblieben, so wür
de ich natürlich durch Unterhaltung Vieles
gelernt haben; aber er wollte sich nicht
nnt mir unterhalten, noch weniger etwas
erklären. Er nannte mich Junge und
ich nannte ihn Meister. Seine stete
Schweigsamkeit war schuld, daß meine
Sprache nur aus wenig Worten bestand ;
dennn außer mir zu befehlen dies oder je
nes zu thun, das oder dieses zu besorgen,
sagte er nie etwas. Er brummte jedoch
für sich selbst und sprach im Schlafe wo
ich wach zu liegen und zu horchen pflegte,
um Auskunft zu erlangen ; wohl nicht zu
erst, aber als ich älter wurde. Er pfleg
te fortwährend im Schlafe auszurufen —
„Ein Gericht, ein Gericht über mich, für
meine vielen Sünden, meine schwerenSün
den—Gott sei mir gnädig!" Aber was
Gericht, Sünde oder Gott war, wußte
ich zu der Zeit noch nicht, obwohl ich über
die Worte nachdachte, die so oft wiederholt
wurden.
Ich will nun die Insel und unsere Le
bensart beschreiben. Die Insel war sehr
klein, vielleicht weniger wie drei Meilen
im Umfange; sie war felsig und hatte
keine Bucht oder Landungsplatz, der See
bespülte die Seiten wit tiefem Wasser.
Wie ich später erfuhr war eö eine von
der Gruppe nach welcher die Peruaner
jährlich Schiffe senden, um den Guano
zu sammeln, oder die Ueberbleibsel von
Vogel», welche sich auf diesen Inseln nie
derlassen ; aber die worauf wir waren, war
klein und eine Strecke von den übrigen
getrennt, auf welcher der Guano in solcher
Masse gefunden wurde; so daß sie bisher
vernachläßigt war und ein Schiff war na
he an dieselbe gekommen. In der That
konnte man die andern Inseln nicht sehen,
außer an einem klaren Tage, wo sie wie
Wolken oder Nebel erschienen. Die Ufer
der Insel waren jedoch so schroff, daß kein
Platz zum Landen war und das fortwäh
rende Spülen des Meeres würde es einem
Schiffe unmöglich gemacht haben, eine La
dung einzunehmen. So war die Insel
worauf ich mich in Gesellschaft dieses
Mannes befand. Unsere Hütte war von
Schiffsplanken und Holz erbaut, unter
dem Schutze eines Felsens, etwa 50 Vard
vom Wasser; vor derselben war eine Ebe
ne, etwa A 0 Vard viereckig, und von dem
Felsen rieselte Wasser, das in ein zum
Auffangen desselben gemachtes Loch siel
und dann seinen Weg über die Ebene in
die untern Felsen'fand. Die Hütte selbst
war groß und hätte vielmehr Menschen
halten können als jemals darin gelebt hat
ten ; aber sie war nicht zu groß, weil wir
unsern Mundvorrath für einige Monate
darin aufbewahren mußten. Sie hatte
verschiedene Schlafstellen, mit der' Erde
eben, welche weich genug waren, darin zu
schlafen, weil sie mit Federn von den Vö
geln gefüllt waren. Hausgeräth war
nicht da, außer zwei alten Äxten, stumpf
vom Alter und Gebrauch, eine blecherne
Pfanne, eine Eßschüssel und einige grobe
Geschirre zum Wasserholen, aus Holz ge
geschnitten. Das Clima war warm durchs
ganze Jahr und nur selten fiel Regen.
Zu einer gewissen Jahrszeit kamen die Vö-
Hel in zahllosen Schaaren nach der Insel
zu brüten, und ihre Hauptniederlassung
war eine ziemlich ebene Fläche —auf eini
gen Stellen war sie sogar ganz eben durch
den angehäuften Guano—welcher Platz
durch eine tiefe Felsenschlucht von unserer
Hütte getrennt war. Auf diesem Platze,
der vielleicht zwanzig oder mehr Acker ent
halten mochte, saßen die Seevögel auf ih
rek Eiern, keine vier Zoll von einander
entfernt, und die ganzen zwanzig Acker
waren vollständig davon bedeckt. Dort
blieben sie von der Zeit an wo sie die Ei
er legten, bis die Jungen die Nester ver
lassen und mit den Alten fortfliegen konn
ten. Zur Zeit wo die Vögel auf der In
sel waren war alles munter, voll Leben
und Lärm nach ihrer Abreise war eS
ruhig und einsam. Ich pflegte mich zu
sehnen nach ihrer Ankunft und war ver
gnügt über die Lebhaftigkeit die auf der
Insel herrschte; die männlichen Vögel
tauchten in allen Richtungen für Fische,
kreiöten und schwärmten in der Lust und
"UVillig zu loben und okne Furcht zu tadeln."
Dienstag den BS. April, RBSI .
ihr lauteS Schreien wurde von den Weib
chen auf den Nestern beantwortet.
Aber es war auch ebenso unsere Ern
tezeit; wir rührten selten die alten Vö
gel an, weil sie mager waren, aber eini
ge Tage zuvor ehe die Jungen ihre Ne
ster verließen, waren wir thätig genug.
Ungeachtet ihres Schreiens und SchlagenS
mit ihren Flügeln in unsere Gesichter,
und das Hacken der alten Vögel mit ih
reu Schnäbeln nach unsern Augen, wenn
wir ihre Jungen raubten ; wir sammelten
täglich Hunderte und trugen so schwere
Ladungen heim als wir über die Schlucht
tragen konnten auf die Plattform unserer
Hütte, wo wir thätig waren sie abzuhäu
ten, zu spalten und zum Trocknen in die
Sonne zu hängen. Die Luft auf der
Insel war so rein, daß nie Fäulniß ein
trat, und in den zwei letzten Wochen wo
die Vögel auf der Insel waren, hatten
wir so viel gesammelt, als für unsern Un
terhalt nöthig waren bis zu ihrer Zurück
kunft im folgenden Jahre. Sobald sie
trocken waren, wurden sie in einer Ecke der
Hütte zum Gebrauch aufgepackt.
Man kann sagen, daß diese Vögel das
einzige Erzeugnis; der Insel waren, außer
Fischen, und den Eiern, welche wir weg
nahmen, wenn sie erst anfingen ihre Ne
ster zu machen. Fische wurden in großen
Quantitäten gefangen. Es war hinläng
lich eine Leine über die Felsen zu werfen
und wenn sie kaum einen Faden tief ins
Wasser gesunken war, war irgend etwas
am Ende derselben erfaßt. In der That
waren unsere Mittel sie zu fangen so ein
fach als ihre Verschiedenheit groß war.
Unsere Leinen bestanden aus den Sehnen
aus den Beinen der Hlan-nf-war Vögel,
wie ich sie später nennen hörte; und da
sie nur etwa einen Fuß lang waren, so er
forderte eö eine große Zahl zusammenzu
knüpfen, um eiüe Leine zu machen. Am
Ende der Leine war ein Köder (dnit) an
einer starken Fischgräte befestigt, welche
in der Mitte an der Leine befestigt war;
eine kleine Sehne an der Leine hielt den
Knochen paralell mit der Leine I?is der
Anbiß angefaßt wurde, wann es abschlüpf
te und der Knochen quer im Halse des
Fisches steckte, der dann daran aufgezogen
wurde. So einfach als diese Einrichtung
auch war, so entsprach sie doch dem Zwecke
so gut als die beste Angel, wovon ich zu
der Zeit noch nichts gesehen hatte. Die
Fische waren so stark und groß, daß der
Mann mir nicht erlauben wollte einen zu
fangen, als ich noch jung war, weil er
mich ins Wasser gezogen hätte; aber als
ich größer wurde konnte ich sie meistern.
Dies war unsere Nahrung von einem
Jahrsende zum andern; wir hatten keine
Veränderung, außer wenn wir abwechselnd
die dürren Vögel oder die Fische auf den
Kohlen brieten ; statt sie roh zu essen wie
sie in der Sonne getrocknet waren. Un
sere Kleidung verdankten wir ebenfalls
den gefiederten Geschöpfen. Die Vögel
wurden mit den Federn abgehäutet und
ihre Häute mit Sehnen zusammenge
näht, wobei eine Fischgräte statt der Na
del dienen mußte. Diese Kleidung war
nicht dauerhaft, aber das Klima war so
schön, daß wir zu keiner Jahrszeit von der
Kälte zu leiden hatten.
Ein solches Leben führend, mit so we
nigen Bedürfnissen, die zu gewissen Zei
ten so leicht zu bekommen waren, kaum
verschieden, von einem Jahre bis zum an
dern, kann man sich einbilden, daß ich sehr
wenige Ideen hatte. Ich würde mehr ge
wußt haben, wenn mein Gesellschafter
nicht von so mürrischem, schweigsamen
Charakter gewesen wäre; wie es war blick
te ich auf daß Meer, die Luft, nach der
Sonne, dem Monde und den Sternen,
wundernd, erstaunt und zu furchtsam zu
fragen und alles mit Schlafen beschlies
send, womit ich einen großen Theil meines
Daseins hinbrachte. Wir hatten keine
Geräthschaften außer den alten, welche un
brauchbar waren.—Kein Geschäft irgend
einer Art. Da war ein Buch und ich
frug, was und wofür eS war, aber ich ke-
kam keine Antwort. Es blieb auf dem
Brette liegen, denn wenn ich es anstarrte
wurde ich weg beordert, und zuletzt betrach -
tete ich es mit einer Art Furcht, als ob es
ein unerklärliches Thier sei. Der Tag
verging mit Nichtsthun und fast still;
vielleicht wurden in vier uud zwanzig Stun
den kein Dutzend Worte gewechselt. Mein
Gesellschafter war immer gleich, brütend
über etwas, was seine Gedanken immer
zu beschäftigen schien, und verdrießlich
wenn er in seinem Hinbrüten gestört wur
de.
2.
Eines Tages erhob sich ein furchtba
rer Sturm, begleitet von heftigem Don
ner und leuchtenden Blitzen. Mein Mei
ster war ungewöhnlich erschrocken. Ich
hatte ihn nie zuvor so in Furcht gesehen
bei Donner und Blitz. Wir blieben in
in unserer Hütte bis der Sturm allmälig
nachließ, der Regen war nur in Zwischen
zeiten stark und wir konnten hören wie die
Wellen unter uns an die Felsen schlugen.
Die Luft klärte sich ebenfalls etwas auf
wir konnten schwach den weißen Schaum
der Brandung sehen. Ich kroch aus der
Hütte und stand auf der Plattform vor
derselben, strengte meine Augen an auf
auf den Ocean hinaussehen, ob das Wetter
sich bald aufhellen würde, als ein leuchten
der Blitz mir das Wrack eines Schiffes
zeigte wußte damals noch nicht was
es war eö war entmastet, in die furcht
bare Brandung treibend, welche es auf die
hohen Felsen trieb, keine Viertelmeile da
von entfernt.
„Da ist etwas im Wasser," rief ich,
als der Blitz verschwand und mich noch
stärker im Dunkel ließ.
„Das ist fertig," brummte mein Gesell
schafter, der ohne daß ich es wußte, an mei
ner Seite stand. „Keine Hoffnung dies
mal, traurig!" Dann fuhr er fort eine
Weile furchtbar zu fluchen u. zu schwören,
wie ich später erfuhr denn ich wußte damals
nicht was fluchen und Schwören war.
„Da ist es wieder," sagte ich, als ein
anderer Blitzstrahl die Lage deS Schiffes
zeigte.
„Ja und es wird nicht lange dort sein;
in fünf Minuten ist es in Stücke zertrüm
mert und jede Seele verloren."
„Was sind Seelen?" frug ich.
Mein Begleiter antwortete nicht.
„Ich will heruntergehen nach den Fel
sen," sagte ich, „zu sehen was es gibt."
„Geh," sagte er, „und theile dessen Ge
schick."
Ich verließ ihn und begann sorgfältig
die Felsen herabzuklettern, wovon wir um
geben waren, aber ehe ich weit gegangen
war folgte auf einen hellen Blitz ein lau
ter Schrei, der meine Schritte hemmte.
Wo der Lärm herkam konnte ich nicht sa
gen, aber ich hörte mich von meinem Ge
sellschafter rufen zurückzukommen. Ich
gehorchte, und fand ihn stehend wo ich
ihn verlassen hatte.
„Ihr habt mich gerufen, Meister?"
„Ja ich habe; nimm mich bei der Hand
und führe mich in die Hütte."
Ich gehorchte ihm, wundernd warum er
mich ersuchte es zu thun! Er erreichte
seinen Schlafplatz und warf sich darauf.
„Bringe mir die Kanne voll Wasser,"
sagte er, „schnell."
Ich brachte es und er badete seinen Kopf
und Gesicht. Nach einer Weile warf er
sich zurück auf seinen Schlafplatz und seufz
te tief.
„O Gott! eö ist ganz vorbei mit mir,"
sagte er zuletzt, „ich werde leben und ster
ben in diesem v n Loche."
„Was fehlt, Meister?" fragte ich.
Er gab mir keine Antwort, sondern lag
stöhnend und mitunter fluchend. Eine
Weile nachher wurde er still und ich ging
wieder hinaus. Der Sturm war jetzt
vorbei und man konnte hin und wieder
Sterne sehen, aber der Wind war noch
immer stark und die wilden Wolken flo
gen schnell. Die Ufer der Insel waren
eine Masse von Schaum, welcher hoch in
die Luft geschleudert wurde und dann auf
Laufende Nummer ss.
die schwarzen Felsen fiel. Ich sah nach
dem Schiffe und konnte nichts sehen —der
Tag war scheinbar am Anbrechen und ich
setzte mich, dessen Ankunft abzuwarten.
Mein Gesellschafter schien zu schlafen,
denn er lag still und lautlos, ich war über
zeugt, daß ein Unglück geschehen war, aber
welches, konnte ich nicht sagen, und ich ge
brauchte lange Zeit zum Nachdenken, mei
ne Gedanken theilend zwischen ihm und
dem Schiffe. Endlich kam der Tag—
daß Welter wurde schnell gemäßigter, doch
schlugen die Wellen noch fürchterlich an
die felsigten Ufer. Ich konnte nichts von
dem Schiffe sehen und stieg den Pfad her
ab, der jetzt von dem starkenßegen schlüpf
rig u. unsicher war, und ging so nahe an
den Rand deö Felsens als es die stürmen
den Wogen erlaubten. Ich ging weiter
mitunter von Spritzwasser durchnäßt, bis
an die Stelle wo ich das Schiff zuletzt ge
sehen hatte. Die Wellen schlugen und
tobten spielend mit Stücken von Bauholz
Fässern und Stangen; aber dies war al
les was ich sehen konnte, außer einem Mä
ste und Takelwerk, das längs den Felsen
lag, mitunter auf der Spitze der Wellen
hoch über denselben erscheinend, dann wie
der weit aus meinem Gesichte sinkend, denn
ich wagte mich nicht so nahe um über den
Rand der Felsen zu blicken. „Nun ist das
Schiff in Stücke zertrümmert, wie mein
Gesellschafter sagte," dachte ich, „ich wun
dere nur wie es gebaut war ?" Ich blieb
etwa eine Stunde auf den Felsen und kehr«
te dann nach der Hütte zurück. Ich fand
meinen Gefährten wach und schwer seuf
zend.
„Es ist kein Schiff da," sagte ich,
„nichts als Stücke Holz schwimmen her
um "
„Ich wußte das," antwortete er, „aber
was kümmere ich mich jetzt darum? ich bin
blind; ich werde nie wieder ein Schiff oder
irgend etwas sonst sehen, Gott helfe mir!
ich werde auf dieser verwünschten Insel
sterben und verfaulen."
„Blind, was ist blind?" fragte ich.
„Der Blitz hat meine Augen ausge
brannt und ich kann nichts sehen —ich kann
mir selbst nicht helfen—ich kann nicht her«
umgehen—ich kann nichts thun und ver
muthe du wirst mich hier lassen, um wie
ein Hund zu krepieren.
„Könnt ihr mich nicht sehen
„Nein Alles ist dunkel, dunkel wie die
Nacht und wird so sein so lange ich lebe,"
und er drehte sich auf seinem Lager um
und seufzte; „ich hatte Hoffnung—sie hat
mich viele traurige Jahre am Leben erhal
ten, aber nun ist sie verschwunden und es
kümmert mich nicht wenn ich morgen ster.
be."
Und dann stand er auf und drehte sein
Gesicht gegen mich, und ich sah daß kein
Licht in seinen Augen war.
„Bring mir etwas mehr Wasser, hörst
du?" sagte er verdrießlich. Sei schnell
oder ich werde dich flink machen."
Aber ich erkannte nun vollends seinen
Zustand und sah wie ohnmächtig er war.
Meine Neigung war, wie ich schon früher
sagte, nichts weniger als herzlich gegen ihn
und diese erneuerte Strenge und drohen
de Manier hatte ihre Wirkung ; ich war
dann, glaube ich, etwa zwölf oder dreizehn
Jahre alt stark und lebhaft; ich war mehr
als einmal geneigt zu rebelliren und mich
mit ihm zu messen. Aufgeregt daher -
durch seine ärgerliche Sprache antwortete
ich:
„Geht selbst nach dem Wasser."
„Ach," seufzte er nach einer Pause von
einigen Sekunden, „das hätte ich erwar
ten können. Aber, komme mir nur noch
einmal in die Hände, so sollst du daran
denken."
„Ich gebe nichts darum ob ich in eure
Hände gerathe," antwortete ich, „ich bin
so stark wie ihr; ihr seid Meister gewe
sen und ich war lange genug Junge. Nun
bin ich Meister und ihr Junge, daü werdet
ihr ausfinden."
AIS ich dies in desparatem, ärgerlichen
Tone gesagt hatte, ging ich auS der Hütte