Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, March 04, 1851, Image 1

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    Der Liberale Beobachter,
Und Berks, Momgomery und Schuylkiil Caunties allgemeiner Anzeiger-
Nt .L V.i Ng, VtNN. Gedruckt und herausgegeben vonArnold Puwell e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Chesnut - Straße.
Jahrg. 12, ganze Nnm. SN«.
Der Postillion
(Schluß.)
Es war ein Jahr etwa nach der Ge
schichte, da saß eines Morgens ein weiß
köpsiger, alter Herr, der einen blauen
Oberrock mit schwefelgelben Kragen trug
im Gastzimmer hinter einer Flasche Rü
desheimer, ihm gegenüber der Herr des
Posthorns ein hübscher Mann, fast über
seinen Stand fein gekleidet, und nicht weit
davon ein blondes Weibchen neben der
Wiege, etwas blaß von Farbe, jedoch hell
äugig, und mit dem Ausdrucke höchster
Zufriedenheit den lieblichen, gesunden
Säugling betrachtend, der an ihrem vol
len Busen schlummerte.
„Hätt's nimmer gedacht," sprach der!
alte Herr mit tiefer Stimme, „daß mir
mein braver Wilm noch einmal in einem
so magnisiquen Logement das grüne Glas
kredenzen würde. Doch redlich währt
am längsten, und Gotteshand greift zu
weilen noch sichtlich wie im alten Testa
ment aus den Wolken heraus, und Nie
mand kann sich mehr über dein Schicksal
und über die Schnellpost, die dich mitten
ins Paradies gefahren, mehr gefreut ha
ben als ich. Darf dich doch noch dutzen,
Wilm ? denn das fremde Sie will mir nicht
über die steife Zunge."
„Bester Herr Postmeister," erwiederte
der junge Wirth mit sichtbarer Rührung,
„waren Sie nicht mein Pflegevater?
Danke ich nicht Ihnen vor Allen, was ich
bin und weiß? Hätte sich mein Geschick
so freundlich gestalten können, wäre ich
unter dem gemeinen Troß geblieben, zu
dem mich das Unglück geworfen hatte?
O! Sie hier bewirthen zu können, Ihnen
meine Dankbarkeit aussprechen zu dürfen
nach langer Zeit, giebt meinem Hause und
meinem Herzen einen hohen Festtag."
Auch die junge Frau wandte das Ge
sichtchen her und zeigte ei« feuchtes Au
genpaar, und nickte zu den Worten ihres
lieben Ehemannes.
„Also Mutter Ilse ist todt?" fragte
der Wirth, als der Postmeister ihm die
Hand deutsch und fest gedrückt und eine
Pause eingetreten war. „Sanft entschla
fen," antwortete der Postmeister, „dich
segnend und für dich betend. Deine
Wohlthaten, deine Spenden, die ich ihr je
derzeit pünktlich abgeliefert, hatten sie
weich gebettet, und ihre letzten Tage wa
ren ohne Wünsch«."
„Und auch in der Todesstunde hatte sie!
keine Botschaft, nichtsGeheimes für mich ?
fragte Wilm lebhaft. „O ich glaube si
cher, sie müßte mir durch Ihren Mund
etwaö zu senden haben, und darum em
sing ich die Todespost so verwirrt. Nach
jenen nun vergessenen und verschmerzten
Schreckenstagen sprach die Alte an mei
nem Krankenlager oft so räthselhaft ;
die fremden Herren hatten so viel mit ihr
verhandelt; ich meinte der Todesengel
würde daö Geheimniß, das auf ihrer Zun
ge gefesselt zu schlafen schien, frei machen."
„Und wünschest du dergleichen ?" frag
te der Postmeister scharf. „Fehlt dir et
was im Leben.
„Nein, nein," rief Wilm mit gen Him
mel gehobenen Händen, Gott hat über
schwenglich den Segen über mich ausge
schüttet ; meine Neugier ist Vünde an ihm
und er mag ihr sein Ohr verschlossen ha
ben, daß er sie nicht straft durch einen bit
tern Verlust."
Er warf einen Blick auf Weib und
Kind, in dem das Gefühl der reinsten Se
ligkeit sich aussprach. Da tönte ein fröh
liches Posthornlied auf der Heerstraße,
und der Wirth trat zum Fenster.
„Line!" rief er laut und jubelnd, „es
ist der Herr Baron; Postmeisterchen es
ist der französische Herr, der das Geringe
tvas ich einst für ihn that, so überreich,
so ohne Ende bezahlt. Er ist es, ich ken
ne die Equipage auf eine Viertelmeile hin
aus."
„Nun, er bezahlt Euch eine große
Schuld," entgegnete der Postmeister lä
chelnd, „aber daß er sie so bezahlt, umsich
tig und vorsorglich wie ein väterlicher Vor-
Mund, das macht ihm Ehre."
Aber das Weibchen hatte schon den
schlafenden Säugling in die Wiege gelegt
und Hand in Hand sprang das junge Paar
hinaus, an der Pforte den Wohlthäter
zu bewillkommnen.
Der Herr stieg aus, und sein Auge
traf sogleich mit dem lebendigsten Aus
druck auf Wilms Gesicht, und was er dort
fand und las, erweckte auch in seinem
ernsten Antlitz einen lichten Freudenson
nenschein.
„Alles gesund und froh?" fragte er,
als die Frau gebückt auf die ihr gereichte
Hand einen ehrfurchtsvollen Kuß drückte.
„Aber Madame ist so blaß; der Wildfang
hier an meiner Hand macht ihr doch kei
nen Verdruß?"
Da zog ihn der junge Mann, ohne re
den zu können, in das Haus, in das Zim
mer und an die Wiege. —„Ein Louis wie
der! Und mein Louis!" rief der Baron
und beugte sich und küßte heftig den Klei-,
nen auf die apfelrunden Bäckchen. „Habt
doch gewartet, dis ich sein Pathe werden
konnte?" Und als Wilm ihm geantwor
tet, daß er, gehorsam dem Briefe der Exel
lenz, das schöne Fest verschoben, obgleich
er fühle, daß nicht er, nicht sein Linchen
so hohe Ehre verdient; da wandte sich
der bewegte Baron zu dem Postmeister,
umfaßte ihn und flüsterte ergriffen:
„Mein lieber Freund, es ist doch ein schwe
res Kunststück in solcher Stunde das Herz
verschlossen zu halten, aber er ist
glücklicher als die Andern, glücklicher als
ich selbst, und er soll es bleiben!"
St. Paul, Minnesota. — Am 14.
Januar unmitterbar nach der Verta
gung der Territorial-Legislatur, siel auf
dem Kapitol in St. Paul ein blutiger
Auftritt vor. I. M. Goodhue, Heraus
geber des „Minnesota Pioneer," und Hr.
Cooper, ein Bruder deS Richters Cooper
kamen in heftigen Wortwechsel und end
lich zu einem mörderischen Kampf, in dem
Hr. Cooper von Goodhue in den Unter
leib geschossen wurde; Cooper zog nach
seiner Verwundung ein Bowie-Messer,
mit dem er Goodhue drei Stiche versetzte,
einen in den Rücken und zwei in den Un
terleib. Beide sind tödtlich verwuiTket
und wahrscheinlich wird keiner von ihnen
wieder hergestellt werden. Die Kugel
Goodhue's drang Cooper durch den Un
terleib und blieb im Rücken stecken.
Die Veranlassung zu diesem Auftritte
sollen die bittern Ausfälle gegeben haben,
die Goodhue in seinem Blatte gegen
Richter Cooper gemacht hatte. Letzterer
war nach dem Osten verreist, und so glaub
te der Bruder sich seiner annehmen und
Goodhue zur Verantwortung ziehen zu
müssen.
Romantisch-tragischer
Liebeshande l.—Ein junger Deut
scher in Louisville halte für eine Schöne
in jener Stadt eine heftige Leidenschaft
gefaßt. Das Mädchen war nicht ganz
gleichgültig gegen ihn; aber die Eltern
desselben wollten von einer Verbindung
nichts wissen. Am löten d. M. besuch
te Böttcher seine Schöne, und machte ihr
abermals Heirathsanträge. Sie weiger
te sich, und er verließ in Verzweiflung
das Haus, schaffte sich eine Pistole an,
und wollte sich erschießen, woran er jedoch
durch einen Freund verhindert wurde.—
Bald darauf verschluckte er zwei Unzen
Laudanum, kehrte zu dem Mädchen zu
rück, und bat es noch einmal, seinen Bit
ten Gehör zu schenken. Auf abermalige
abschlägige Antwort zog er das Fläsch
chen aus der Tasche und schluckte noch
mehr Gift trotz der Versuche des Mäd
chens, ihn daran zu hindern. Aerztliche
Hülfe wurde augenblicklich angewandt, a
ber er weigerte sich hartnäckig, irgend ein
Gegenmittel anzunehmen, und beharrte
darauf, nicht länger leben zu wollen.
Das Mädchen wurde rasend, und bat ihn
auf den Knieen, sich retten zu lassen, aber
all ihre Bitten und Beschwörungen blie
ben fruchtlos, bis das Gift seine Wir-
"Ivillig zu loben und okne Furcht zu tadeln."
Dienstag den A. März. IBSI.
kung gethan, und keine menschliche Hülfe
ihn mehr erreichen konnte. Er starb
Nachmittags um 3 Uhr.
Ein neuer Beitrag zu den
Geheimnissen von Baltimore.
Ein altes, in der Parkstraße wohnendes
farbiges Weib lieferte gestern ein halb
weißes Kind in's Polizeiamt ab und mach
te dabei folgende Mittheilung: ein jun
ges Mädchen von 17 Jahren kam vor ei
niger Zeit von Europa hier an und wur
de von einer Familie im westlichen Thei
le der Stadt employirt. In'demselben
Hause war ein Schwarzer, Namens Chap
man, angestellt. Eines Abends gab der
Herr des Hauses eine große Gesellschaft,
bei welcher dem Champagner gehörig zu
gesprochen wurde. Nachdem die Gesell
schaft auseinander gegangen, gelang es
dem Schwarzen, sich eine der übrig ge
bliebenen Flaschen mit Wein zu verschaffen
und das junge Mädchen zu persuadiren,
davon einige Gläser zu nehmen. Dieses
trank denn auch, wurde aber demzufolge
besinnungslos und in diesem Zustande von
dem Schwarzen strafbar mißhandelt. Die
Folge war die Geburt des obenbesagten
Kindes, das gleich nach der Geburt der
Schwarzen in der Parkstr. übergeben
wurde, die es auch drei Monate behielt,
nun aber, da sich Niemand zur Erhaltung
desselben einstellte, sich genöthigt sah, es
der Polizei zur Ablieferung in s Armen
haus zu übergeben. Auf die Handlung
des Schwarzen steht nach den hiesigen
Gesetzen—Tod am Galgen.
Meuterei und blutige Ent
gel t u n g.—-Die Boston „Mail" er
zählt, daß an Bord der von dort via Ost
indien nach San Francisco gsegelten Bar
que „Wm. H. Shaler" ein blutiges Er
eigniß stattgefunden habe.
Es erhellt, daß der Capitän der Bar
que, W. H. Gardiner,jun., wegen Krank
heit einiger seiner Leute genöthigt war,
in Manilla zwei Matrosen zu engagiren.
Nur mit Mühe und in der Person zweier
notorischer Individuen, eines ein Portu
giese und das andere ein Engländer,
waren diese zu bekommen. Am vier
ten Tage nach der Abfahrt der Barke
von Manilla befahl Capt. Gardiner ei
nem der neuen Matrosen in's Takelwerk
zu steigen und etwas zu ordnen. Dieser
weigerte sich jedoch, den Befehlen nachzu
kommen, worauf der Capitän denselben
peremptorisch wiederholte. Der Matro
se erwiederte dalauf insultirender Weise
und griff gleichzeitig den Capitän derauf
ihn zukam, bei der Gurgel, worauf beide
zu Boden sielen. In demselben Momen
te eilte der Genosse des erwähnten Ma
trosen mit gezogenem Messer herbei.
Capt. G. hatte eben noch Zeit, um einen
seiner Arme aus den Händen des über ihn
hergefallenen Matrosen zu befreien.
Schnell zog er ein Pistol, feuerte es in
den Nacken des Meuterers und sprang in
dem Augenblicke wieder auf die Beine,
als der Andere mit dem Messer auf ihn
zustürzen wollte. Sofort legte der Ca
pitän auf's Neue an und der Mann
stürzte tödtlich getroffen nieder. Der
ganze Vorfall nahm etwas mehr wie ei
ne Minute in Anspruch und kam den Be
amten und der übrigen Mannschaft des
Fahrzeugs nicht eher zu Ohren, bis er be
reits vorüber war. Der eine der Ma
trosen überlebte den Vorfall, sagte aber
während der ganzen Reise kein Wort mehr
bis die Barque in der Bay von San
Francisco angelangt war, als er plötz
lich über Bord sprang und ertrank.
Vor zwei oder drei Jahren verließ ein
Mann, Namens Lawrence, seine Familie,
da er in seinen Vermögensverhältnissen
ganz heruntergekommen war, und wurde
Omnibusführer an der Foxriver-Linie zu
Chicago. Da er ein angenehmes Aeuße
re besaß, so wurde er bei einer respektab
len Familie eingeführt und wußte sich
durch Lügen so einzuschmeicheln, daß er
eine siebenzehnjährige Tochter aus dersel
ben zur Frau erhielt. Hierauf fälschte
er eine Anweisung von A7OOO auf die
„Wisconsin Marine- und Feuer- Jnsur
ance-Companie" und mehrere andere Per
sonen, wurde aber auf seinem Betrüge er
tappt, arretirt und in das Lane Caunty-
Gefängniß abgeliefert. Seither hat es
sich herausgestellt, daß er noch drei ande
re Weiber in verschiedenen Gegenden der
Ver. Staaten hat.
Neu-O r l e a n s.— Die ersten 5
Concerte der Jenny Lind haben eine
nähme von!K9O,VW getragen. Sie wird
hier noch 5 Concerte geben und dann
nach St. Louis reisen. Am 1. April er
wartet man sie in Cincinnati.
Der Winter in Sibirien.
Aus einem neuen englischen Reisewerke,
betitelt, „Reisen im Norden," übersetzen
wir nachstehende Schilderung eineö slbiri
schen Winters:
„Der Reisende in Sibirien ist im Win
ter dergestalt in Pelz eingehüllt, daß er
sich kaum bewegen kann. Unter der dik>
ken Pelzmütze, die c.n den Kragen von
Bärenftll befestigt ist und das ganze Ge
sicht bedeckt, kann man nur wie verstohlen
dann und wann ein wenig von veräußern
Luft einathmen, die so scharf ist. daß sie
in Schlund und Lungen einen eigenen
Schmerz verursacht. Die Entfernung von
einem Anhaltungsplatz zum andern beträgt
in der Regel zehn Stunden während wel
cher Zeit der Reisende beständig auf dem
Pferde sitzen bleiben muß. weil sein schwer«
fälliger Anzug es ihm unmöglich macht
durch den Schnee zu waden. Die armen
Pferde leiden wenigstens eben so viel, als
ihre Reiter, denn außer der allgemeinen
Einwirkung der Kälte, werden sie auch
dadurch gequält, daß sich in ihren Nasen
löchern Eis bildet und ihnen das Athmen
benimmt. Sobald sie dieses durchSchneu
zen und ein convulsivischeö Schütteln des
Kopfes anzeigen, muß der Reiter ihnen die
EiSstücke herausnehmen oder sie würden
ersticken. Wenn der gefrorene Boden
nicht mit Schnee bedeckt ist, so bersten il)
re Hufe nicht selten vor Kälte. Die Rei
segesellschaft ist fortwährend von einer
dicken Dunstwolke umgeben ; es sind nicht
nur die lebenden Körper, welche diese Wir
kung hervorbringen, sondern es dampft so
gar der Schnee. Diese Ausdünstungen
werden augenblicklich in Millionen kleiner
Eisnadeln verwandelt, und verursachen
ein beständiges leises Geräusch in der Luft
ähnlich dem. welches das Zerreißen von
dickem Seidenzeuge hervorbringt. Selbst
die Rennthiere suchen das Dickicht der
Wälder auf. um sich vor der furchtbaren
Kälte zu schützen. In den Steppen, wo
sie solchen Schutz nicht finden können,
drängt sich die ganze Heerde so nahe zu
sammeiv als möglich, und so sieht man sie
oft lange regungslos dastehen. Nur der
schwarze Vogel des WinterS, der Rabe,
durchschneidet die eisige Luft mit langsa
men u. schwerem Flügelschlage u.eine lan
ge Linie dünnen Dunstes hinter ihm be
zeichnet die Spur seines einsamen Fluges-
Der Einfluß der Kälte erstreckt sich selbst
auf die unbelebte Natur. Die dicksten
Baumstämme bersten mit lautem Krachen
von einander, welches in diesen Einöden
gleich einem Signalschusse auf der See.
an das Ohr schlägt; große Felsmassen
spalten sich mit einem donnerähnlichen
Getöse; und in den Steppen wird der
Erdboden zerrissen und bildet gähnende
Klüfte, aus denen der Dunst der unterir«
dischen Wasser in dichten Wolken auf
steigt und augenblicklich zu Eis verwan
delt, wieder zu Boden fällt. Auch die
Sterne, deren besonderer Glanz sonst im
hohen Norden mit Recht gepriesen wird,
verlieren denselben, wenn die Kälte den
höchsten Grad erreicht, und schimmern nur
noch schwach durch die dunstige Atmos
phäre."
Wie Einer sein Passagier
geld abverdien t.—Vor wenigen
Tagen erbot sich eine kräftige Figur auf
einem Dampfboot, das zwischen Cincinna
ti und Louisville fährt. Arbeiten an der
Tafel zu verrichten, um auf diese Art oh
ne Kosten nach einem zwischen beiden
Städten gelegenen Orte zu gelangen.
Bald schellt es zum Essen und der Ste
ward, der den' Gehülfen brauchte, suchte
in allen Ecken nach ihm. konnte ihn aber
nirgends finden, so daß er am Ende glaub
te er sei über Bord gefallen. Endlich
kehrt er an die Tafel zurück um den Pas
sagieren aufzuwarten, als ihm eine laute
Stimme mit den Worten entgegentönt:
Laufende Nummer 27.
"Hier Herr Steward, geben Sie mir et
was Welschhahn." Der Steward folgte
dem Rufe und erkennt zu seinem größten
Erstaunen den jungen Mann, der sich er
boten hakte, an der Tafel zu arbeiten, wie
dieser eifrig mit Verschlingen beschäftigt
ist. „Mein Herr," sagte der Steward,
„ich habe mich die ganze Zeit nach Ihnen
umgesehen, daß sie mir. dem Contrakte
gemäß, an der Tafel helfen sollten."—
„Ja." erwiederte Jener, „ich habe Ihnen
versprochen, an der Tafel zu arbeiten, und
wahrhaftig, ich thue meine Schuldigkeit."
Unterdeß landete das Boot und der „ar
beitende Passagier" machte sich eiligst aus
dem Staube.
Schaudervoll.—Am 17. Decembr.
v. I. ritt ein junger Mann von 22 Jah
ren, Namens Samuel Brown, von Quas
queton. Buchanan Caunty, lowa. InGe«
schäften etwa 12 Meilen weit aus; auf dem
Rückwege, etwa 4 Meilen vom Hause,
stürzte sein Pferd auf dem Eise, und
Brown blieb, als sein Pferd sich wieder
aufraffte und scheu wurde, im Steigbügel
hängen. Um seinen Kopf vor Verletzun
gen zu schützen, klammerte er sich mit bei
den Händen an sein rechtes Bein und
schleppte so sein linkes Bein; das scheue
Pferd schlug fortwährend aus und so wur
de er—eS ist kaum glaublich—3 Meilen
weit fortgeschleppt, bis das Pferd ermü
dete. So konnte er endlich mit vieler An
strengung den rechten Fuß aus dem Stie
fel ziehen, welcher im Steigbügel zurück
blieb: sein linkes Bein war vom Fuß bis
zum Knie zu Brei geschlagen. So lag er
nun auf einer weiten Prairie, drei Meilen
weit kein Haus und anderthalb Meilen
von der Straße weg, nicht im Stande von
der Stelle zu kriechen. Es war Donner
stag um 1 Uhr. Erst am Samstag wur
de er von seinen Freunden aufgefunden.
Seine beiden Beine waren bis an die Knie
gefroren, das gebrochene mehr als das rech
te ; ebenso waren seine Hände und Ohren
ganz steif. Es waren die zwei kältesten
Nächte des ganzen Winters. Mittelst eis
kaltem Wasser wurden seine erfrorenen
Glieder mit Ausnahme des zerschlagenen
linken Beines, wieder zum Leben gebracht.
Am Samstage, den 28. December haben
Hr. Dr. Carpenter. von Ceder-RapidS
und Hr. Dr. Bradwell von Marion, des
sen linkes Bein amputirt, und—merkwür
dig—der Patient soll sich so wohl befin
den, als unter solchen Umständen gehofft
werden konnte. —
Während Brown so im Schnee lag, oh
ne sich fortbewegen zu können, umlunger
ten ihn die Prairie-Wölfe, doch ohne ihn
anzugreifen. Er sah auf der Meilen
entfernten Straße Fuhrwerke fahren aber
diese hörten sein Hülfegeschrei nicht. A
ber am Samstag hörten ihn seine suchen
den Freunde auf zwei Meilen weit, und
konnten ihn so auffinden.—Durch seine
Anstrengung mit Schreien hatte er seine
Lunge verletzt, und rings um sich hatte er
den Schnee mit Blut gefärbt. Nur mit
großer Schwierigkeit konnte er innerhalb
zwei Wochen einen Arzt finden, der ihm
das erfrorne Glied amputirte.
Die Taufe des Schulmei
ster s.—Da drunten im sonnigen Theile
des Illinois, faßten die muthwilligenMäd
chen in einer sogenannten Buschschule um
die Christmeßzeit den Entschluß, sich auch
einmal ein paar Feiertage zu verschaffen.
Sie verrammelten zu diesem Zwecke die
Thür des Schulhauses und ließen den ge
strengen Hrn. Schulmeister nicht eher her
ein bis er ihnen das Versprechen gegeben
halte die ganze Woche von Weihnachten
bis Neujahr keine Schule zu halten, und
ihnen ein Geschenk von zwei Pfund Rosi«
den zu machen ; kaum war aber dem treu
losen Schulmonarchen die Thür geöffnet
worden als er auch sein ihm abgezwunge»
nes Versprechen für ungültig erklärte.
Jetzt sielen die muthwilligenMädchen über
ihn her, banden ihn, erdrückten ihn fast
mit Küssen, versicherten ihn, wie sehr sie
ihn lieben, schleppten ihn in ihren Armen
in einen, eine Viertelmeile vom Schulhau
se entlegenen Bach und gaben ihm in dem
eisigen Wasser eine gehörige Taufe. Der
geraufte Schulmeister hat jetzt Klage ge»
gen die Mädchen eingereicht, bezeugt aber
daß sie durchaus keine Bosheit gegen ihn
offenbarten» sondern ihn küßten und ihn
„unser lieber Schulmeister" titulirten.
Blos die Taufe hat ihm nicht gefallen
wollen. Den Ausspruch der Jury haben
wir nicht erfahren.
Die Moral von der Geschichte ist : Wer
in den westlichen Hinterwäldern Schul
meister werden will» der sollte ein paar
tüchtige Fäuste mitbringen.