Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, February 11, 1851, Image 1

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    Und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.
mead i n g, Venn. Gedruckt und berausgegeben vonArnold Puweu e, in der Sud 6ten Straße, zwischen der Franklin- nnd Cbesnut - Straße.
Jahrg. RS, gauze Num. SNS
(A»s dein Jllustr. Unttl Haltiuige-Blaltt.)
Der Postillion
Novelle.
(Fortsetzn»-,.)
„Der Reiter ritt sogleich an den Schlag
und das Licht, welches ein Knabe auf die
Straße trug, beleuchtete ihn und ließ ei
nen Kriegsmann erkennen, der die bekann
te Uniform der Landdragoner trug.
„Ich hörte die Schüsse," sagte er auf
geregt „also ein förmlicher Ueberfall!
Da finden wir vielleicht auf offener Stras
se, was wir in den Spelunken suchten."
Mannschaft heraus! kommandirte er dem
Hause zu. Und wen habe ich die Ehre?
fragte er mit der Hand am Helme, indem
er sich wieder zum Wagen wandte.
„Baron de Marbot, Gesandter Sr.
Majestät des Königs der Franzosen,"
antwortete der Graf, „und ich Oberjäger
meister, Graf von Ritterbusch, aus der
Residenz, der Sie bittet Herr Kapitän,
uns einige Leute zu leihen, um den schwer
blessirten Domestiken in'S Haus zu brin
gen."
„Lieutenant vorerst! erwiederte der
Offizier lächelnd, doch zu Ihrem Befehl,
Herr Graf. Ich lasse Ihnen zwei Dra
goner, die übrigen fordert mein Dienst
ohne Aufschub." Er verließ den Wagen
und gab seine Ordre. Ein paar Solda
ten machten sich sogleich herbei und em
pfingen den blutenden, ohnmächtigen Jä
ger aus den Händen der Reisenden, und
trugen ihn mit Hülfe der herbeikommen
den HauSleute hinein. Die übrigen Rei
ter saßen im eiligsten Gedränge auf und
an ihrer Spitze trabte der Offizier, nach
dem er sich vom Grafen den Platz des
Anfalls ungefähr hatte bezeichnen lassen,
die düstere Heerstraße hinunter.
„Warum fragten Sie den Postillion
nicht? sprach der Baron im Aussteigen ;
er kennt gewiß die Gegend genauer und
hätte die Dragoner besser instruiren kön
nen."
Warum meldete er sich selbst nicht?
fragte der Graf zurück. Auch sehe ich
den wackern Burschen nicht und er hat un
achtsam seine Pferde verlassen. O
Gott! WaS ist das hier? Beim Him
mel, er liegt und wir haben eine zweite
Leiche in dieser Unglücksnacht!
Und es war so! Als der Baron nach
Licht geschrien, fand man den armen Wilm
von seinem Sattelgaule herabgesunken,
sein blaues Collet war von Blut ganz
durchnäßt, aber noch hielt er Zaum und
Peitsche fest in der krampfhaft geschlosse
nen, getreuen Hand.
Eine Grabesstille herrschte in der Gast
stube, die sonst den tobendsten Lärm ro
her Trunkenbolde gewöhnt war. Auf
einem hohen Strohlager mit den nöthigen
Kissen und reiner Leinwand bedeckt lagen
die beiden Verwundeten beisammen; der
Oberjägermeister hatte sie mit hoher Hand
selbst untersucht, verbunden, und sich dann
in den Wagen geworfen, den man durch
Abnahme des Gepäcks erleichtert, und den
der HauSknecht des SchenkwirthS mit ei
nem Zweigespann zum nächsten Städtchen
fahren sollte, von dort einen Wundarzt
herbei zu holen. Der Jäger lag wie im
Todesschlummer, und stieß nur zuweilen
ein unartikulirtes Gestöhn von sich, des
Räubers Kugel hatte seinen Hirnschädel
schwer gestreift. Den Postillion war in
die Unke Schulter getroffen, der Blutver
lust hatte ihn ohnmächtig vom Pferde ge
worfen, er war völlig bei Sinnen, doch
bis zum Tode ermattet, und sein Auge
starrte glanzlos auf das trübe Lampen
licht,welches das düstere, weile Zimmer
nur halb erlMe, und haftete zuweilen
mit lebhaftem Ausdrucke auf dem Nero,
dem großen Haushunde, der sich unten
an das Strohlager gelegt und seinen
Kopf auf Wilms Füße gedrückt hielt,
und ihn mit den großen Feueraugen un
beweglich anstaunte. Heinrich der kleine
Stallbube, saß am Tisch, beauftragt, die
nöthigen Umschläge zu besorgen und auf
die Kranken überhaupt Acht zu haben;
der französische Baron aber ging gedan
kenvoll u. unruhig in der anstoßendenStu
bedes Wirths aufu. nieder, seine Terze
role halte er auf den Tisch geworfen, und
oft trat er in die halboffene Zivischenthür
nach den Kranken horchend, und zählte
ungeduldig die Viertelstunden auf seiner
Uhr, obgleich die Rückkehr seines Reise
gefährten erst nach Stunden erfolgen
konnte.
Eine weiße, schlanke, weibliche Gestalt
trat jetzt in das große Zimmer, langsam,
mit herabhängenden Armen ging sie zu
dem Lager der Kranken, und kniete an der
Seite, wo der Postillion ruhete nieder und
beugte sich, nahm seine Hand und drückte
sie an ihren Mund und preßte sie dann
fest gegen ihren vollen Busen.
„Bist du es Line?" fragte der Kran
ke mir matter Stimme, indem er sein Ge
sicht zu ihr wandte, und sein Blick, wie
er des Mädchens Gesicht gefunden, schien
lebendiger zu werden.
„Bin die Arme, die Unglückliche, die
Schuld an deinem Tode ist/ antwortete
die Jungfrau mit eintöniger Stimme.
„O Wilm, wirst du mich nicht verklagen
vor Gott?"
Wilm drückte ihre Hand mit der weni
gen Kraft, die ihm geblieben. „Wo ist
Vater Martin ?" fragte er dann mit sicht
licher Aengstlichkeit und kurzem Athem.
„Ach! er ist nicht da, ist fort," stöhn
te sie, „seitdem der Staffettenreiter, der
Fritz, der mir deine Warnung brachte,
wieder abgeritten."
~So hast du nicht Wort gehalten?„
fragte Wilm heftiger. „Hast mit dem
Vater nicht geredet, wie du mir verspro
chen ?"
„O Wilm," sprach sie mir Verzweif
lungStönen, „schilt mich nicht, fluche mir
nicht, eS war der Vater, und da fror mir
jedesmal das schwere Wort auf dem Mnn
de, wenn die einsame Stunde mich auffor
derte, ihm zu entdecken, was du gesehen.
Ach ! in derAngst damals unter dem Flie
derbusche dachte ich mir das so leicht; aber
den Vater anzuklagen solcher That, ihm
vorzuhalten solch' Ve. brechen, ja, wird
zentnerschwer für ein gutes, gehorsames
Kind. Wenn ich vor ihm stand und in
sein freundliches Gesicht sah, konnte ich
nicht glauben, daß er sich mir so schwerer
Schuld beladen, und verschob daher das
böse Wort von Tag zu Tag. War er
doch, da ich täglich bleicher ward und täg
lich mehr abfiel, so väterlich besorgt um
mich, und wenn der schändliche Müller
von seinen Plänen und Anträgen zu mir
sprach, schalt er ihn dreister als sonst, weil
ich krank sei, und verbot ihm, mich damit
zu belästigen, bevor ich wieder das einsti
ge frohe Kind geworden. Der Müller
schoß dann giftige Blicke auf ihn, die ich
wohl verstand, aber er ließ mir Ruhe,
und die Dankbarkeit machte mir den Va
ter Martin lieber als je, und es wurde
mir immer unmöglicher, ihn mit der Ent
deckung zu kränken, daß du und ich um
seinen und seiner Kameraden bösen Wan
del wüßten. Ganze Nächte habe ich zu
Gott gebetet um Kraft für daS Wort, oder
um ein Wunder der Rettung, oder um
schnellen Tod für dich und mich, daß wir
zusammen blieben ohne Schande. Aber
Gott hörte nicht, und der Tod geht heim
tückisch an denen vorüber, die ihn rufen.
Doch heute, als der Vater so spät die
Flinte von der Wand nahm und den weis
sen Kittel zusammenrollte, da traf mich
eine schwarze Ahnung. Zitternd trat ich
ihm entgegen in die Thüre und fragte
voll Angst, wohin sein Weg ginge.—
Was kümmert's dich? —antwortete er
barsch, —es steht ein Hirsch im gelben
Felde, vielleicht gewinne ich den Braten!
Da faßte ich ihn am Arme und bat ihn,
nochmals zurück zu gehen in die Kam
mer nur wenige Minuten, denn ich hätte
etwas Schweres auf dem Herzen, und
müßte mit ihm reden vor diesem Nacht
gange. Da sprach er höhnisch: „Hat
Dein Bettelbursch etwa einen Boten ge
sendet ? Willst du mir ein JeremiaSlied
"Lvillig zu loben und okne Furcht zu tadeln."
Dienstag den > I Februar, IBSI .
vorleiern, daS ich schon auswendig weiß?
Das hat Zeit bis morgen!"— Und als
ich ihn beim Himmel und bei Allem, was
heilig ist beschwor, stieß er mich hart zur
Seite und sagte zornig : „Ist die Dirne
mondsüchtig? Fort von mir, damit nicht
die beste Zeit unnütz verstreicht!" So
ging er rasch zum Walde, und ich saß seit
dem von Todesangst gepeinigt im Winkel
meiner düstern Kammer bis Lärm wurde
vor dem Hause, und die Botschaft der
Hanne mir fast das Herz brach.
Wilm machte seine Hand IoS aus der
ihrigen und faßte nach seiner schmerzenden
Schulter. War's gebrochen dann wohl
dir! sagte er dumpf und halblaut. Es
ist gewiß, der Vater Martin war dabei
O Line! und wir sind seine Mitschuldigen,
der arme Kamerad hier neben mir stirbt
durch uns, und sein TodeSgestöhn verklagt
uns laut vor Gott. O, hätte mich doch
ein Wolf in dem hohlen Baume zerrissen,
so wäre die Blutschuld nicht auf mein
Herz gefallen, die mir das Sterben so
schwer macht.
Wilm! jawmerte das Mädchen und
streckte beide Hände gefaltet gegen ihn
auS, —o, Wilm fluche mir nicht! Wenn
du stirbst, komme ich dir sogleich .nach,
und dann ist AlleS, —AlleS überstanden,
unv vor Gott sollen die heiligen Engel be
zeugen, daß ich dich geliebt über Alles,
und daß ich nicht anders handeln konnte,
weil es mein Vater war.
Schweige still!— flüsterte der Postillion
bewegt;—der französische Herr steht in
der Thüre, er versteht das Deutsche so
gut, wie wir beide. Er reichte ihr dann
die Hand, und drehte sein Gesicht von ihr
und sie stand erschrocken vom Boden auf.
Der Baron war wirklich auS seinem
Zimmer getreten. „Demoisell Wirthin !"
rief er, „schaffen Sie mir eine Bouteille
Weindann ging er in die Stube zu
rück. Line flog und holte das Verlangte,
warf im Zurückkommen einen thränen
schweren Blick auf den Geliebten, welcher
zu schlummern schien, stutzte aber nicht
wenig, als der fremde Herr, sowie sie Fla
sche und GlaS ans den Tisch gesetzt, die
Thüre hinter sich zuschob und verriegelte,
sie mit den großen finstern Augen durch
dringend betrachtete, und wie sie einen
Schritt zum Fortgehen that, ihr zuherrsch
te : Sie bleibt da! Keinen Laut oder
Schrei! Keine Bewegung zur Flucht,
oder ich rufe die Dragoner vom Hofe!
DaS Mädchen stand kreidebleich vor
dem hochgewachsenen Manne, wie Eises
kälte fuhr ihr's über den Rücken, und sie
mußte sich am Tische halten, daß ihre be
benden Kniee nicht biachen.
Also in eine Mörderhöhle bin ich ge
rathen ?—fragte der Baron mit heftigem
Ingrimm.—Hier ist das Nest der Wölfe
die uns gebissen ? Und du mit dem heuch
lerischen unschuldigen Gesicht gehörst zu
ihnen, und auch der Postknecht, den sein
Herr nicht genug zu loben wußte, ist im
Eomplott und hat vielleicht durch sein
Posthorn das Zeichen gegeben, denn so
wie er blies, sprangen die Schurken aus
dem Walde! Später mag ihm vielleicht
daS Gewissen gebrannt haben, daß er auf
die Pferde hieb, und uns wunderbar durch
bracht? !
Nein, nein! gnädiger Herr!—rief
das Mädchen, plötzlich wieder Besinnung
und Stimme bekommend. Nein, bei dem
Himmel und der Seligkeit, der Wilm ist
so unschuldig wie Sie und ich. Ach er
hat ja geblutet und stirbt für Sie, der
ihm fremd war und ihn so gar nichts an
ging ! —Sie sank ermattet in die Knie
und ihr thränenvolles Auge bat weiter.
Du hast Recht, Mädchen! —sagte der
Baron mit milderem Tone. —Ich vergaß
das; schössen doch die Schurken auch nach
ihm ! Aber welches Räthsel enthielt denn
Euer Gespräch? Beichte mir Alles, mir
ging kein Wort verloren, und wirst du es
nicht aufrichtig thun, so überliefere ich
euch beide den Gerichten, und die mögen
dann untersuchen, ob ihr daö Schaffet ver
dient habt oder nicht.
Er faßte sie am Arme und hob die fie
berhaft Zitternde vom Boden auf, und
schob ihr einen Stuhl unter.
Da kam der Jungfrau der plötzliche
Gedanke, der Fremde sei von Gott gesandt
ihr in dieser schrecklichen Verwirrung zu
helfen, zu rathen, sie von Verzweiflung
zu erlösen; stand sie doch ganz allein seit
ihr Vater schuldig geworden und ihr Ge
liebter mit dem Tode rang. Diese Ge
danken mit kindlicher Innigkeit dem Ba
ron als Tinleitung aussprechend, begann
sie ihre Beichte und verschwieg nichts ge
gen den fremden Mann, zu dem sie so
wunderbares Vertrauen gewonnen. Der
französische Herr hörte ihr aufmerksam zu
und seine Miene wechselte im Ausdruck
des Zornes, des Mitleids und der steigen
den Theilnahme, so wie ihre Erzählung
fortschritt. Als sie geendet, saß er eini
ge Minuten nachdenkend, dann hob er
wieder den Kopf und fragte rasch: Aber
was war'S mit dem hohlen Baume, dessen
der Kranke zuletzt erwähnte ? Verschwei
ge mir nichts, denn sprachst du wahr, so
will ich dir rathen wie ein Vater, du ar
mes, gemartertes Kind, —aber waS sollte
der hohle Baum?
Ein leichtes Roth der Scham färbte
deS Mädchens Wangen, sie schlug die Au
gen nieder und antwortete leise: Ach!
von da her kommt gerade die Hauptursa
che all' unseres Kummers. Wäre der ar
me Wilm im Dorfe d'rüben geboren und
hätte Vater und Mutter, wenn's auch
nur Kothsassen gewesen, der Vater hätte
uns vielleicht längst zusammengegeben,
aber so nannten sie ihn einen Findling, ein
Sündenkind, das irgend eine freche Dirne
ausgesetzt, denn sie fanden ihn in einer
hohlen Eiche, und der Pastor taufte ihn
Wilhelm von dem hohlen Baume, weil
man nicht wußte, ob er schon in den Chri
stenbund aufgenommen.
In der tiefsten Gemüthsbewegung
sprang der Fremde von seinem Stule em
por.
Mädchen was sprichst du? rief er mit
schwankender Stimme. In einem hohlen
Baume fand man daö Kind ? Im Walde ?
Nor achtzehn Jahren etwa?
Das weiß ich nicht, denn ich war ja
noch nicht auf der Welt, als es geschah,
und nur die Leute und die alte Hirtenfrau
die ihn gesäugt und aufgezogen, haben
mir's erzählt, entgegnete daS Mädchen,
erstaunt über die Veränderung im gan
zen Wesen des Fremden.
Der Baron eilte zur Thüre, doch sich
besinnend kam er langsamer zurück, und
faßte daS Mädchen unter das Kinn und
legte die andere Hand auf ihre Stirne.
Gel), mein Kind!—sagte er, sichtlich und
mit Gewalt seine Gefühle niederkämpfend
—Sende nach der Hirtenfrau, schaffe die
Alte mir gleich zur Stelle, ich gebe dem
ein Goldstück, der sie mir herbringt, ehe
diese Nacht zu Ende geht. Geh' Kind,
und glaube mir, es waltet noch ein Gott
über dir und dem braven Wilm, der nicht
sterben wird an seiner Wunde. Geh',
ich höre Lärm auf dem Hofe, der Graf
wird zurück sein. Aber verschweige Al
leS, was du mir vertraut, befiehl auch dei
nem Geliebten zu schweigen gegen Jeder
mann. Was geschehen, ist nicht wieder
gut zu machen, darum wollen wir retten,
was ohne Schuld in die Sünde gerieth.
Nur die Hirtenfrau bringe mir herbei und
ohne Säumen!
Das erstaunte Mädchen eilte fort, der
Baron jedoch warf sich erschöpft in einen
Sessel, blickte himmelan, und legte die fei
nen, magern Hände gefaltet zusammen
und flüsterte: „Hortense, bist du mir
nahe?" —
Die Wirthstochter wurde an der Er
füllung des ihr befohlenen Geschäfts auf
eine furchtbare Weise gehindert. Nicht
die Kalesche mit dem Grafen und dem
Wundarzt war es, welche den Lärm vor
dem Hause verursacht. Der Offizier der
Landdragoner kehrte mit mehreren seiner
Leute zurück, ein Leiterwagen fuhr mit
ihnen, von einigen Baurrn geführt und
Laufende Nummer L i.
' besetzt, welche die Ladung desselben sogleich
in das Haus schafften, zwei todte
schen in weißen Kitteln, und als sie die
erste Leiche dicht vor dem Mädchen nieder
legten, erkannte die Arme trotz des ge
schwärzten Gesichtes sogleich den Getödte
ten, und stürzte mit dem SchreckenSschrei:
„Vater Martin !" besinnungslos auf dem
Estrich des Vorplatzes nieder.
Der Lieutenant hatte mit seinen Rei
tern zuerst einen Theil der Heerstraße
durchsprengt, als man auf ihr nichts Ver
dächtiges getroffen, wurden im nächsten
Dorfe der Vogt und die Bauermeister
herausgeklopft, und diese der Gegend
kundigen Männer zur Hülfe bei Durch
suchung der Büsche und Steinschluchten
gebraucht. Bei dem Scheine der großen
Stallleuchte des Vogts fand sich bald auf
der Heerstraße der Platz des räuberischen
Angriffs durch große Blutflecken auf den
zerschlagenen Kalksteinen bezeichnet Be?
der Untersuchung der nächsten Gräben
fand sich in denselben ein todter Körper
nach der Kleidung erkannten die Bauern
in ihm den Wirth von der Bärenschenke,
sein Kittel war zerfetzt und ganz mit
Blut übergössen, welches auch geronnen
noch vor seinem Munde stand. Durch
seine Beutegier und Unvorsicht war er in
die Räder des Wagens gerathen, fortge
schleift und zerquetscht. Die zerrissenen
Lungen hatten ihr Blut in jedem Athem
zuge ausgegossen und schnell sein Leben
geendet. Bei der Flucht der Räuber hat
ten diese seinen Leichnam zur Vorsicht in
den Graben geschleift, da die Furcht vor
Verfolgung nach dem mißlungenen Nacht
stück sie an seiner Fortschaffung gehindert.
In einem nahen Steinbruche entdeckte ein
Bauer durch seinen Schäferhund einen
Zweiten von der Mörderrotte, und in ihm
war der verwachsene, kürbißköpfige Haus
schlachter der Gegend nicht zu verkennen.
Der Pistolenschuß des Barons hatte ihn
gut getroffen, die Kugel war durch den
dicken Speckhals gefahren, doch hatte der
Verwundete sich noch bis in dieses Ver
steck geschleppt, er lebte noch, rang jedoch
augenscheinlich mit dem Tode, und röchel
te bald, ehe noch ein Ackerwagen zum
Transport herbeigeschafft, seine schwarze
Seele aus, zum Aerger des Offiziers, der
trotz aller Fragen von ihm keine Antwort
erpressen konnte.
Durch das Getümmel auf dem Gange
herausgelockt, sah der französische Baron
mit Entsetzen die schauderhaften Leichna«
me, sah die Tochter des Hauses von den
Dienstboten fortbringen, und erhielt durch
den Lieutenant die gewünschte Aufklärung.
„Auf Ehre, Excellenz!" schloß der
Offizier seinen Bericht. „So knapp un
ser Sold ist, und obgleich ich alles Gold auf
meiner Uniform noch schuldig bin, eine
Monatsgage ließe ich springen, könnte ir
gend Jemand den beiden Halunken dort
am Boden einen lebendigen Odem ver
schaffen. Lange schon war die Polizei
auf diese Bärenhöhle aufmerksam, hatte
ihre Argusaugen auf jeden fremden Lump
gerichtet, der hier Nachtquartier nahm,
denn dieser Grenzwinkel ward immer ver
rufener durch Diebereien aller Art. Doch
daß die wohlhabenden Bewohner selbst
hier den Fra-Diavolo gespielt, wird dem
Hrn. Polizeiminister eine Neuigkeit wer
den, die dem bis jetzt durch nichts zu er
hitzenden Herrn sicherlich eine Fiebernacht
verursachen möchte."
„Mein Genius hat Sie zu rechterStun
hierher geführt," antwortete der Baron
verbindlich, indem er einen Brillianten
ring vom Finger zog. „Ohne Ihre Ge
genwart wäre ich gerettet aus den Klauen
der Löwen in die Höhle der Löwin gera
then, und sicher der übriggebliebenen Ban
de ein willkommenes, wehrloses Schlacht
opfer geworden. Nehmen Sie diese Klei
nigkeit als ein Andenken an diese Schau
ernacht und meine Dankbarkeit."
Der Offizier trat einen Schritt zurück.
„Ercellenz verzeihen!" antwortete er
ernst. „Ein deutscher Soldat läßt sich
seine Pflicht nie bezahlen. Ich fteue mlch