Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, September 17, 1850, Image 1

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    Der Liberale Beobachter,
Und Berks, Momgomcry und Schuylkill CauntieS allgemeiner Anzeiger..
15. t ,ll diN g, Prnn. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Puwe ll e, tu der Süd Kteu Straße, zwischen der Frankliu- uud Chesnut - Straße
Jahrg. 12, ganze Nnm.
Die Sehreckensreise.
A»6 den Mittheilungen eine«; Deefpsinrerc!.
Von Ludwig Stor ch>
(Fonsel/ung.)
Allmählig kam ich aus dem Schlamme
hervor und trat auf einen erhöhten Erd
ball, den ich bei näherer, mit meinen
Händen vorgenommenen Untersuchung
für einen Damm erkannte. Ich sam
melte hier einige Minuten meinen Muth
und neue Kraft, und sprang dann von
der Erhöhung hinab in die Ebene, um
von neuem das moorige Feld zu durch
walken. Ein Ende mußte doch nun na
he sein, da man einen Damm darin auf
führen konnte. Kaum war ich aber zehn
Schritte vorgearbeitet, als ich plötzlich
bis unter die Arme versank. Da gab
ich mich laut jammernd für verloren und
sagte der Welt Adje. Nu» wich der ab
scheuliche Trotz schnell von mir, ich er
kannte meine Sünde, ging in mich uud
bereuete sie. Darauf faltete ich meine
Hände und that ein lauteS Gebet zum
Herrn deS Himmels und der Erde, daß er
mich entweder aus dieser großen Noth er
retten oder mich sanft in Abrahams
Schoos; hinüber führen möge. Als ich
mich nun alleS Irdischen abgethan, war'S
als käme der Geist Gottes über mich.
Trotz der eisigen Kälte, welche mir auö
dem Sumpfe an den warmen Leib drang,
gewann ich doch neue Kraft und arbeitete
mich nach einer Viertelstunde furchtbarer
Anstrengungen heraus. Zwar sank ich
noch oft hinein, aber sobald ich den Bo
den weichen fühlte, war ich schnell mit
dem andern Berne vorwärts und schützte
mich so durch äußerste Behendigkeit vor
dem gänzlichen Versinken. An einer et
was feuchten Stelle ruhte ich wieder auS,
gürtete meinen Rock unter die Arme,
blickte andächtig zum Himmel und hob
meine Gedanken in stummen wortlosen
Gebeten zu Gott, dann wandte ich mich
seitwärts um nur in etwas eine Aende
rung zu treffen. Dieser Wendung ver
danke ich nächst Gottes Hülfe, welche sie
mir eingegeben, mein Leben; wenn ich ge
radeaus gegangen, wär" ich gewiß im tief
sten Kothe elendiglich versunken und um
gekommen. so aber fand ich nach einigen
Schritten etwas wässerigen Boden, in
den ich zwar um so tiefer stürzte aus wel
chen, ich mir aber auch um so leichter her
aus half. Fast bis unter die Arme schritt
ich eine Weile im Wasser und Schlamm,
kam dann auf festen Grund woselbst das
Wasser abnahm, und endlich auf Wiesen
rasen. Als ich hier einige Schritte ge
than hatte, rannte ich mit der Stirne vor
einen harten Gegenstand; ich fühlte mit
den Händen und wurde inne, daß es eine
mannshohe hölzerne Befriedigung sei.
Schnell entschlossen kletterte ich daran hi
nauf und überstieg sie. Oben war mir
der vom Rock geknüpfte Gurt aufgegan
gen und als ich kühn hinab sprang blieb
der eine Fittig meines Oberrockes daran
hängen. Der arge Riß erschreckte mich
von neuem, auch hatte ich mir durch den
Sprung die Beine gewaltig gestaucht, so
daß ich wohl fünf Minuten am Boden
lag und mich nicht rühren und regen
konnte. Doch als ich erst wieder auf
den Beinen stand, hatte ich gewonnenes
Spiel; denn indem ich die Augen aufhob
und durch das Dunkel ringsumher schwei
fen ließ, erblickte ich in kleiner Entfernung
mir zur Seite einige Lichter, und ein
dumpfes Gesurre, dem ich jedoch noch kei
ne Bedeutung geben konnte, verkündete
die Nähe lebender Wesen. Die Wiese
verlor sich unter mir und ich kam in dich
te Weidenpflanzungen, durch die ich mich
mit Mühe durcharbeitete. Als dies ge
schehen war, fühlte ich gebahnten Weg
unter mir und langte, auf demselben rasch
vorschreitend, nach zehn Minuten vor ei
nem Dorfe an, aus welchem mir durch
die Stille der Nacht Töne der Freude
und Musik entgegen drangen. Welche
Empfindungen dadurch in mir erregt
wurden, vermag ich nicht zu beschreiben,
aber ohne daß ich es verhindern konnte
gingen mir die Augen über und eine
Thränenfluth stürzte von meinen Wan
gen.
Beim ersten Hause angelangt, warf
ich mich mitten in den feuchten Weg auf
die Knie und dankte Gott mit dem innig
sten Dankgebet, was wohl je auö reinem
Herzen gen Himmel gestiegen ist, für die
Erhaltung meines armen Lebens. Mei
neßrust fühlte sich erleichtert und gestärkt,
und getrost, voll freudiger Zuversicht,
ging ich auf das hell erleuchtete Haus
zu, aus welchem mir daö Musikgetön
entgegen drang. Die lebensfrohen Leu
te darin konnten doch unmöglich jenem
Ungeheuer gleichen, welches mich mit
Hunden von der Thüre gehetzt. Meh
rere Zeichen verkündeten mir, daß ich mich
vor der Schenke befand; ich trat in die
Stube unter die heitern Gäste, und als
ich nach dem Wirthe fragte, sah ich mich
bald von einer Menge Neugieriger bei
derlei Geschlechts umstanden.
Ei woher so spät ? fragte der Wirth, ein
wohlbeleibter Mann vom biedersten treu
herzigsten Ansehen, mit dem freundlich
sten Gesicht, indem er ehrerbietig das
grünsammtne Käppchen rückte.
Wie viel Uhr vor allen Dingen? frag
ich.
Wird gleich um zwei Uhr fein.
Gern will ich Euch alles erzählen, was
mir in dieser Nacht Schreckliches wieder
fahrenfahren ist, guter Mann, und auch
Euch, Ihr lieben Leute, deren Freude ich
gestört habe, nur seid so gut und zeigt
mir ein Plätzchen, wo ich diese von Näs
se und Koth durchdrungenen Kleider ab
werfen kann, und dann laßt mir eine
warme Suppe bereiten; denn ich bin halb
todt.
Herzlich gern, mein lieber Herr, sagte
der Wirth und gab sogleich Befehle.
Mein Ansehen mußte in der That schreck
lich sein; ich vernahm es aus einzelnen halb
lauten mitleidigen Aeußerungen der Um
stehenden und Tags darauf aus dem Be
richte des Wirths. Aber bis unter die
Arme war ich auch mit Schlamm über
kleistert, hatte nur einen halben Rock an
und diese Hälfte war zerfetzt. Die Haa
re hingen mir unordentlich im Gesicht,
dessen Züge durch Angst, Furcht und
Entsetzen ganz verzerrt waren. Dazu
kommt, daß ich von Natur ohnedies nicht
mit besonderer Leibesschönheit begabt bin ;
mit einer langen, sehr hagern Gestalt
verbinde ich auch ein langes dürres Ge
sicht, meine Wangen sind bleich und ein
gefallen und die Stirne mit sehr dunkeln,
buschigen Braunen versehen, ist stark
hervortretend und gewölbt.
Mein sanfter, liebreicher Ton, welchen
ich mir, seit ich die Kanzel betreten, an
gewöhnt, schien den Wirth sehr für mich
einzunehmen; denn nach einer Minute
führte er mich in seine warme Wohnstube,
reichte mir ein Hemd, ein Paar Beinklei
der und einen warmen wollenen Matin,
war mir auch beim Auskleiden sehr be
hülslich. Während dessen erzählte ich
dem freundlichen Manne kurz mein Aben
teuer.— Als ich an den Förster kam
dessen nähere Beziehung zu mir ich aber
weislich verschwieg, nannte ihn der Wirth
den größten Schurken im Lande, dem
man eine Kugel vor den Kopf schießen
sollte; darauf besah er den Biß und wusch
mir die Wunde aus, welche mich sehr
schmerzte. Da er aber bedenklich darü
ber wurde, so rief er den Barbier herbei,
welcher, sich auf dem Tanzsaale befand.
Eine Menge Neugieriger quoll mit her
ein. Der Chirurg verband mir das Bein,
ebenso die blutrünstigen Hände, nachdem
er auf beides ein schmerzstillendes Pflaster
gelegt. Als wir damit fertig waren,
stand auch schon das wohlduftende Ge
richt auf dem Tische; ich aß und trank
nach Herzenslust; denn man hatte ein
gutes Bier, welches zum Kirmeßfeste be
sonders gebraut war. Die Stube füllte
sich immer mehr an und der Wirth, der
seinen höchst neugierigen Gästen
einiges verrathen, bat mich in ihrer Na-
"willig zu loben und o!>ne Furcht zu tadeln."
Dienstag den 17. September,
men, ihnen sobald ich gespeist, meine
Abenteuer dieser Nacht mitzutheilen.
Gern sagte ich den gemüthlich theilneh
menden Leuten dies zu, um ihnen dadurch
noch einen recht schauerlichen Kirmeßspaß
zu bereiten; denn der Mensch, vorzüglich
der gemeine Mann, vergnügt sich am
Schauerlichsten stetö am meisten.
Der Tanz wurde nun ganz eingestellt,
den man ohnedieö zu beschließen im Be
griff gewesen war; aber aller Schlaf
war den Kirmeßern aus den Augen ge
wichen, selbst die Eingeschlummerten wa
ren durch meine Ankunft wieder munter
geworden und daö für sie ungewöhnliche
Ereigniß brachte ein solch' lebendiges
Treiben unter sie, alö sollte wunder was
vorgenommen werden.
Sobald ich mich nun an Speise und
Trank gelabt und die Glieder erwärmt
hatte, begab ich mich in des Wirths Klei
dern wieder auf den der Stube gegenü
ber liegenden Tanzsaal; sogleich drängte
die ganze muntere Gesellschaft auf mich
ein, die mich schon seit einer halben Stun
de mit der größten Sehnsucht erwartete,
man drückte mir die Hände und führte
mich gleichsam im Triumph an die Mitte
einer Tafel, wo ein weicher Sitz in ei
nem Sorgenstuhl am frischgeheizten Ofen
für mich bereitet war.
Nun erzählte ich meine Fahrten um
ständlich und alle Blicke hingen an mei
nem Munde, mir gleichsam die Worte von
den Lippen stehlend. Dem alten Förster
Bertram wurde von Allen geflucht, und
ich konnte nicht einmal die ganze Größe
seiner Schändlichkeit an mir enthüllen;
denn ich hätte mich ja vor allen diesen
Leuten geschämt, ihn meinen Schwieger
vater zu nennen. Andere Beispiele sei
ner tyrannischen abscheulichen Sinnesart,
von meinen Zuhörern aufgetischt, stellten
den rohen Alten als eine wahre Pestbeu
le der Gesellschaft dar.
Dem muß es auch noch so gehen wie
! seinem gottlosen Sohn, sagten Einige;
denn er hat Jesum Ehristum nicht er
kennen lernen, sondern ist vielmehr nach
her schier noch wilder geworden.
WaS ist denn seinem Sohne wicderfah
ren? fragte ich.
Erzählt nur weiter, lieber Herr; wenn
Ihr fertig seid, wollen wir Euch alles von
von dem alten bösen Wilddieb und seiner
Familie berichten, sagte mein Nachbar,
und ich eilte mit meiner Erzählung, weil
mir diese Andeutungen die Brust zusam
menschnürten und ich bald volles Licht zu
erhalten hoffte.
Als ich nun an die Scene am Hochge
richt kam, riefen sogleich Einige: Nun
da seid Ihr ja vom Vater zum Sohn ge
kommen ; Diese Worte fuhren mir wie
ein Dolch ins Herz.
Der am Galgen? fragte ich höchst be
stürzt.
War Stephan Bertram, der böseste
Kerl in der ganzen Gegend, ein Räuber
und Mörder;
Mir erstarrte das Wort im Munde
und ein gräulicher Schauder durchrieselte
meine Gebeine, dem ähnlich, welchen ich
bei der Berührung des Gehenkten em
pfunden hatte. Nur mit Mühe konnte
ich meine Erzählung beendigen, und al
lein das wohlschmeckende starke Bier,
welches mir die guten Leute fleißig zu
tranken, vermochte den neuen Fieberfrost
wieder aus meinen Gliedern zu verdrän
gen.
Als ich geendet, bewunderte man all
gemein mein Glück, daß ich im Moor
grunde dem Tode entgangen wäre, denn
seine Abgründe seien ungeheuer tief und
groß, so daß Jeder, welcher schon hinein
gerathen, unerrertbar verloren gewesen
sei. Zwar sei er an drei Seiten durch
eine hohe Befriedigung über welche ich
geklettert, eingezäunt und nur von der
Waldseite, wo gar kein Weg, sondern
steiler rauher Boden, sei er offen, weil er
sich darüber hinausziehe und einige Stun
den in dieser Richtung fort, abwechselnd
mit Wald ununterbrochen fortlaufe, und
doch habe das Unglück schon einigt
Schlachtopfer ebenso wie mich von dieser
Seite her hineingeführt. Eö wurde so
gleich in der Versammlung allgemein be
schlossen, nun auch diese Seite noch mit
Pallisaden zu umgeben.
Nachdem man sich nun darüber weit
läufig ausgesprochen, erfuhr ich zu mei
nem nicht geringen Erstaunen, daß der
alte Bertram über die Grenze gegangen
und daö Wild bei Nacht und Nebel zu
sammengeschossen, auch sonst ein arger
Bösewicht sei; sein Sohn, in des Vaters
Fußstapfen tretend, habe den Meister bald
übertreffen, denn auö einem Wilddiebe
sei er endlich gar ein Moder geworden,
indem er den Förster, in dessen Revier er
unbefugter Weise gejagt, erschossen, als
ihn dieser einst im Walde ertappt. Da
für sei ihm kurzer Prozeß gemacht und er
an dem Armensünderbaum aufgeknüpft
worden.
Ohne daß ich nach ihr fragte, erfuhr
ich über Lorchen ebenfalls wunderliche
Geschichten. Die Bauern beschrieben sie
mir als sehr unkeusch und erzählten eini
ge garstige Histörchen von ihr, welche sich
bei der Gräsin Werther zugetragen ha
ben sollten. Ich schämte mich vor mir
selber, daß eine solche lasterhafte Person
meine verlobte Braut war. Hinsichtlich
deö gnädigen Herrn wollte mir nun auch
manches klar werden, aber ich drängte die
argwöhnischen Gedanken zurück; denn
von seinen Obern soll man nur alles Gu
te denken, und es hätte mir sehr leid thun
sollen, wenn ich den Baron in einem fal
schen Verdacht gehabt hätte. Deshalb
ließ ich die Sache dahingestellt sein, und
überredete mich lieber, Besseres zu glau
ben.
Die Ueberspannung aller meiner geisti
gen und und körperlichen Kräfte, sowie
die Mittheilung meines Schicksals hatte
mir allen Schlaf verscheucht; die Theil
nahme der guten Landleute erheiterte
meinen Sinn einigermaßen, doch war der
Eindruck des Erlittenen und Erfahrenen
zu furchtbar, als daß Heiterkeit hätte sie
gen können. Eine fieberhafte Unruhe
durchzuckte mich und meine Wunden
schmerzten mich sehr Nach 1 Uhr ging
die Gesellschaft, mir gute Nacht wünsch
end, auseinander und ich zu Bette, doch
vermochte ich kein Auge zuzuthun. Erst
gegen Morgen war ich in einen unruhi
gen Schlummer versunken, aus welchem
mich jedoch bald gar gräßliche Traumbil
der aufscheuchten.
Die Liebe meiner guten ehrlichenWirths
leure halte meine Kleider getrocknet und
gereinigt, mir einen starken aromatischen
Kaffee bereitet, die Stube gut geheizt,
und so nahm ich denn im Sorgenstuhl
hinter dem Ofen Platz und schmauchte mit
Wohlbehagen mein Pfeifchen. Ich pfleg
te mich sorgfältig, und da ich im Dorfe
keinen bequemen Wagen erhalten konnte,
so wanderte ich, nachdem ich mich am
Mittagsmahl gelabt, langsam dem nur
einige Stunden weit entfernten Städt
chen zu. Der Regen hatte sich gelegt
und obschon sehr matt, langte ich doch
vor Anbruch der Nacht in dem erstrebten
Orte an.
Mein guter Wirth hatte mir gerathen,
im Gasthofe zur schwarzen Katze einzu
kehren und mich zugleich mit der Nach
richt überrascht, daß die Wirthin selbigen
Gasthauses meines Lorchens Tante und
das beste Stück von der Familie sei,
welche sich auch mit den übrigen Gliedern
der Familie nicht abgegeben; nichts de
sto weniger sage man ihr auch allerhand
abgeschmacktes Zeug nach, was er aber
nicht und kein vernünftiger Mensch glau
be. Als ich nun dem Thore zu mar
schirte, sah ich eine ältliche Frau, welche
lange schon vor mir hergegangen, noch
einmal auf einem Wegsteine mit ihrer
Last auf dem Rücken ruhen.—lch gesell
te mich zu ihr, um zu fragen, wo der
Gasthof zur schwarzen Katze zu suchen
sei.
Mit gedämpfter Stimme und geheim-
Laufende Nummer S.
nißvoller Geberde erwiederte sie: Wir
! haben zwei Gasthöfe, in dem, nach wel
chem ihr fragt, logirt sich's zwar besser
als im andern, aber—man spricht nicht
gerne davon—vormals ist das Haus ein
Kloster gewesen, und wie man behauptet,
geht es in dem alten, großen Gebäude um.
Ihr werdet es gleich sehen, wenn wir
durch das Thor sind. Das ist's aber
nicht allein, —denn im Vertrauen mein
bester Herr, —Ihr seid fremd und Frem
den muß man helfen, die Wirthin ist ei-
Hexe! Ich könnte Euch Manches erzäh
len, was mein seliger Mann mit eigenen
Augen gesehen, aber man muß seinem
Nächsten nicht zu schaden suchen.
Deßhalb rath ich Euch aus wohlmei
nendem Herzen, geht in den andern Gast
hof zum goldnen Ochsen, da eßt Ihr auch
gut.
Wenn ich mehr bei Kräften gewesen
wäre, würde ich der Frau ihren unchrist
lichen Aberglauben verwiesen haben, jetzt
aber wurde mir das Sprechen sauer; ich
dankte daher und ging in die schwarze
Katze. Wenn auch Lorchens Tante mich
nicht gerade angelockt hätte, so wäre ich
es mir, als einem Diener des göttlichen
Wortes schuldig gewesen, nun in den ver
schrieenen Gasthof zu gehen, um dem
Aberglauben Hohn zu sprechen.
Bald stand ich vor dem langen grauen
Gebäude, dessen Bauart ein hohes Alter
verrieth. Große steinerne Stufen führ
ten zum Eingang und durch eine breite stei
nerne Pforte trat ich in eine innere Hal
le, welche von meinem einsamen Fußtritt
dumpf wiederhallte. Alles war, wie im
Grabe ruhig und ein leiser Schauer über
lief mich unwillkührlich. Als ich nach
der Stubenthür fühlen wollte, wurde die
se geöffnet ein geschäftiges altes Mütter
chen trat mir entgegen und hieß mich recht
freundschaftlich eintreten.
Die Stube war weit ausgedehnt, die
Fenster hatten große steinerne Bogen, die
Decke bestand aus gothischen Schwib
bögen ; das Ganze war nur von einer
sehr großen und düster brennenden Lam
pe spärlich erleuchtet, und machte auf
mich einen höchst unangenehmen Eindruck.
Nur wenige Gäste waren anwesend,
am Ofen drückte sich eine Frau mit ver
bundenem Kopfe herum, sprach aber kein
Wort. Ich nahm bei den Gästen Platz
und forschte, soviel es meine Müdigkeit
erlaubte nach dem Städtchen, dessen Grös
se und Einwohnerzahl, dann nach dessen
Bewohnern, bemerkte aber, daß man mir
geflissentlich auswich, und einer nachdem
andern sein Glas Bier austrank und sich
entfernte.—Die Alte brachte mir ein gu
tes schmackhaftes Essen ; als ich aber ge
sättigt war, sah ich mich mit einem gewis
sen Unbehagen in dem großen düstern
Umfang der Gaststube allein mit den bei
den Weibern. Kein Wort wurde mehr
gewechselt. Die Alte spann Wolle und
das grämliche Weib kroch tiefer in die
Ecke, und seufzte zu ihm in einem Tone
der mir durch Mark und Bein ging.
Ich hatte sehr wenig Lust,, mich nach der
Verwandtschaft zu erkundigen, sondern
bestellte ein gutes Frühstück und bat, mir
mein Schlafzimmer anzuweisen. Die
Verlegenheit, in welche mein Verlangen
die Alte setzte, entging mir nicht; sie nä
herte sich der jüngern Frau, welche die
eigentliche Wirthin zu sein schien, sprach
leise mit ihr, nahm dann ein Licht und
ein Bund Schlüssel und hieß mich folgen.
Wie viele Stufen wir gestiegen, weiß ich
nicht mehr, mir zerriß aber endlich meine
gewiß lange christliche Geduld. Die
Schwibbögen- Seiten- Kreuz- und Ouer
gänge wollten gar kein Ende nehmen.
Die Alte immer stumm und eilig voran,
ich ihr nach; endlich brach ich daö ängst
liche Schweigen und fragte, wohin sie
mich eigentlich führen wolle; ich hätte
nicht Lust, mich so hoch zu betten, sie sol
le mir ein unteres Zimmer anweisen.
Wir sind schon an Ort und Stelle,
lieber Herr, antwortete sie. Die meisten
Zimmer dieses Hauses sind dumpf und