Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, September 03, 1850, Image 1

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    Und Berks, Mtiitgomery und Schuylkill Canntiec! allgemeiner Anzeiger.
55 r ,ll din g, Llenn. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Pnwe l! e, in der Süd ttren Strafe, zwischen der Franklin- nnd Ckesnnt - Straße.
Jahrg. »s, ftan;e Nnm. S7<».
Die Sclirect ensvoise.
A»6 den Millheiliingeü c»iti,> Dorsps.tt'rere.
Von Ludwig Storch.
lFortseluiiig.)
Ach gutes liebes Kiud, rief ich ganz
wehmüthig, wenn ich mich unterstehen
darf, so küss' ich Sie auch auf Ihr kusch
rothes Mäulchen, und sogleich langte ich
zu, ich weiß nicht wie und wober mir
plötzlich die Dreistigkeit kam. Lorchen
unterrichtete mich nun in mancherlei un
schuldigen Ear»ssen, worin sie zu meiner
großen Freude bewanderter war, als ich.
Nun wurde ich auch recht gesprächig,
plauderte ihr viel vor von unserer künfti
gen Einrichtung und entdeckte ihr, daß
M einen recht hübschen Anfang hätten,
sintemal ich noch ein artiges väterliches
Gut in meinen? Geburtsort besäße, dessen
Interessen ich seit vielen Jahren gehäuft,
während deren ich mir meinen Unterhalt
selbst verdient.
Zur Recompenz für solche erfreuliche
Mähr theilte mir Lorchen mit, wie sie
nicht allein ein artiges Eapitälchen von
ihrem Lohn und Geschenken gesammelt,
sondern auch von der alten gnädigen
Frau auf ein sehr ansehnliches Hochzeit
geschenk rechnen dürfe, ja daß der gnädi
ge Herr ihr eine Obligation von zwei hnn
dertNeichöthalern versprochen habe, sobald
sie. einmal den Jungfernkranz ablegen
würde.
Liebes Fidelchen, fuhr sie mit anmuthi -
ger Stimme und Geberde, fort daß es
mich bis ins innerste Mark kitzelte, liebes
Fidelchen, aber unser Hab und Gut müs
sen wir gleich hübsch beisammen haben,
deshalb wirst du wohl so gut sein und
vor der Hochzeit noch in deine Heimath
reisen, um dein Gut in baares Geld zu
sitzen und die Kapitalien aufzukündigen.
Du mußt ohnedies in die Residenz, um
dich dem Oberconsistorio als Pfarrer vor
zustellen ; so reisest du noch zehn bis zwölf
Meilen weiter uud bringst deine Sachen
aus einmal alle in Ordnung. Du sollst
sehen, wie lieb ich dich dann haben will.
Wie könnt' .ich Ihnen —Dir wollt' ich
sagen, etwas abschlagen gutes Lorchen!
Wenn Sie mir alle Zeit immer so gewo
gen bleiben wollten.
Verlaß Dich darauf, mein Herz! Sieh'
und wenn dn nach Hause reisest so machst
Du höchstens einen Umweg von fünf
Meilen und du kannst meinem Vater,
welcher Grenzförster in Wersdorf ist,
selbst die frohe Mähr überbringen.
Ei, daö will ich mit Freuden, bestes
Lorchen, sagte ich und es soll mir höchst
angenehm sein, meine künftige Verwandt -
schaft von Angesicht zu Angesicht kennen
zu lernen, sintemal ich von meiner Seite
nur sehr ferne und nur ganz fremde
Verwandte aufzuweisen habe.
Mein Bruder ist ein rüstiger Jäger
und etwas wilder Bursch, —fuhr Lorchen
fort; ihn kannst du zu unserer Hochzeit
bringen; er hat mich ohnedies lange ein
mal besuchen wollen, aber so lang' ich ihn
noch nicht unter eigenem Dache beherber
gen konnte, schickte es sich nicht recht.
Nun ist es ein Anderes. —Sie haben mir
lange nicht geschrieben; je nun daö
Schreiben wird ihnen so sauer werden,
wie mir und die Jäger Haben's lieber
mit der Flinte als mit der Feder zu thun.
—Desto angenehmer wird eö ihnen sein,
wenn sie so frohe Botschaft von Dir selbst
hören. Außer dem Vater und Bruder
lebt auch noch der Mutter Schwester, ich
weiß aber nicht wo und wie, habe auch seit
vielen Jahren nichts mehr von ihr gehört
und gesehen; denn ich war kaum vierzehn
Jahre alt, als ich in die Residenz zur
Gräsin Werther kam, welcher das Gut
gehörte, dessen Grenzförster mein Vater
ist. Als die gute Gräsin gestorben war,
nahm mich unsere gnädige alte Frau zu
sich, und nun hab' ich Dich gewonnen,
mein Herz, zum Beweis, daß Gott fürch
ten und Rechthun nicht zu Schanden wer
den läßt.
Ich umarmte mein liebes Bräutchen
ob solcher christlichen Gesinnung, und sah
nun erst recht ein, welch' eine vortreffli
che Pfarrcröfrau mein Lorchen werden
würde.
Die Reise wurde nun noch weitläufig
besprochen. Ich hatte Lust mir einen
Wagen zu miethen, aber Lorchen bemerkte
sehr richtig, daß die» eine kleine Summe
kosten würde, welches Geld wir vernünf
tiger anwenden würden, unsereWirthschaft
mit diesem und jenem nothwendigen Stück
zu bereichern. Der Herbst sei hingegen
Heuer höchst angenehm und ganz, wie zu
Fußwanderungen gemacht, ich möchte des
halb wie der Heiland und die Apostel,
unter welche ich mich doch billig aIS ein
Diener derselben stellen müsse, die Reise
zu Fuße machen, welches überdies meiner
Gesundheit sehr zuträglich sein und mei
nen Geist erheitern würde; wenn ich erst
in den Fessel» des Amtes und Ehestandes
läge, käme es dann an dergleichen nicht
so mehr. Alle diese gnten Gründe sehr
wohl einsehend, fügte ich mich in die Um
stände und beschloß so bald alö möglich
abzureisen.
Solches geschah denn auch wirklich in
der ersten Frühe des zweiten TageS nach
her. Mit der Bestallung meines gnädi
gen Herrn und dessen Bericht an daS Ober
consistorium in der Tasche küßte ich mein
Lorchen dreist auf den Mnnd, welche mich
bis an den Grenzstein deS Dorfes beglei
tete, nnd aIS sie mir glückliche Reise ge
wünscht nnd die beste Besorgung aller
Geschäfte noch einmal eingeschärft hatte,
kehrte sie zurück, ich aber mnsite mich noch
oft umwenden und ihr nachsehen ; sie warf
mir desgleichen noch Küsse mit der Hand
und dem Taschentuche zu, bis sie hinter
dem Hügel verschwaud.
Rüstig und fröhlichen Muthes schritt
i>h vorwärts, die schöne Braut, die noch
schönere Pfarrei, mein Eapital zu ihrem,
gleich ein hübsches Vermögen, die volle
Gunst unsers gnädigen Herrn, alles dies
ging mir kunterbunt durch den Kopf
und ließ jene Gefühle nicht in mir auf
keimen, welche der Herbst wohl schon oft
in mir erweckt hatte und die am ersten
einen Wanderer, welcher ganz einsam die
entblößten Felder und kahlen Wiesen nnd
blätterlosen Wälder durchzieht, zu ergrei
fen geeignet sind, und noch lange einen
recht düstern wehmüthigen Nachklang in
nnS erhalten. Wohlbehalten langte ich
in der Residenz an, warf mich in meine
Standeötracht und übergab meine Papie
re, bestand Tags darauf mein Examen
und wurde den folgenden Sonntag in
der Hauptkirche der Stadt zum Pastor
ordinirt.
Weil mir bei allen diesen mir höchst
wichtigen Ereignissen nichts Ungewöhnli
ches widerfuhr, so gehe ich schnell darüber
weg, um zur Reise selbst zu kommen,
welche Alles so ganz anders gestaltete, als
ich es mir ausgedacht und bei mir beschlos
sen, so daß ich das Sprichwort an mir
bewährt fand: der Mensch denkt Gott
lenkt.
Das Wetter war bei meinem Abgang
aus der Residenz ungemein milde; ich
mußte, um zu Lorchens Geburtsort zu
gelangen, mich von der großen Landstras
se ab nördlich halten.
Der Nebel, welcher allmählig in lan
gen Streifen auS den Gebirgen in das
flache Land herab zog, hüllte ganze Ge
genden wie in einen zarten Schleier. Zu
sehr mit den Bildern der nächsten Ver
gangenheit und dem, was ich zu erwar
ten hatte, beschäftigt, fühlte ich nichts
von den mit der Reise verknüpften Un
bequemlichkeiten, und kam leicht und schnell
vorwärts, ohne daß mir etwas zugestoßen
wäre. Ich war meist früh aus der
Nachtherberge auf und davon, und sang
dem Schöpfer der Lerche gleich, mein Mor
genlied unter seinem blauen Himmelsge
wölbe, betrat auch mein Nachtquartier
nicht eher, bis ich ihm inbrünstig gedankt
und meine Seele befohlen harte. Also
wanderte ich denn, aß, trank und schlief
in meinem Schöpfer vergnügt. Nun
nahm aber die Gegend allmählig einen
"LVillig zu loben und okne Furcht zu tadeln."
Dienstag den S. September, 1
imfreundlichen Charakter an; Berg und
Waldung wechselten häufiger mit ebenem
Weg nnd freiem Felde, die Witterung
machte auch Miene sich ändern zu wollen,
der Wind erhob sich und blies immer hef
tiger und überdeckte deu Himmel mit trü
ben grauen Wolken, die endlich einen kal
ten anhaltenden Sprühregen ausgössen.
Bald war ich durchnäßt nnd ob ich auch
Abends die Kleider wechselte, so fuhr mir
doch am andern Tage der Regen bald
wieder bis auf die Haut, nnd ich war
um wenig gebessert. Dazu kam, daß in
der unfreundlichen Gegend wenig Dörfer
lagen, und diese wenigen mit den schmut
zigsten nnd schlechtesten Wirthshäusern
versehen waren, denen man den Aufent
halt unter freiem Himmel sogar bei sol
chem Wetter noch vorzuziehen in Versu
chung kommen konnte. Mein guter Hu
mor machte endlich meiner alten Hypo
chondrie Platz, ich sang kein geistliches Lied
mehr und, über den Wechsel deS WetterS,
welches mir bei der Abreise größeren Ge
nuß der Wanderung, als die schönsten
Tage des August versprochen, ganz ver
drießlich, schlich ich stumm und in mich
gekehrt dahin. In dieser Gemüthsstim
mnng siel mir denn auch, wie natürlich
Lorchen ein, aber gleich wie die Natur um
mich ihren Glanz verloren, so hatte sich
denn anch meine innere Welt sehr ent
färbt. Es wollte mich jetzt in allem
Ernst bedünken, als seien Lorchens Scher
ze mit dem Herrn Baron doch unschicklich,
ja unsittlich nnd unerlaubt; ferner siel
mir auf, daß Lorchen schon vorher von
allem müsse unterrichtet gewesen sein,
sonst hätte sie sich nicht gleich so bestimmt
nnd ausführlich über unsere Hochzeit
äußern können! daö fatale Taschentuch
des gnädigen Herrn wollte mir anch jetzt
mehr zu schassen machen, alö früher, und
das böse Gesicht der gnädigen Frau, wel
ches, wie mir jetzt wohl einleuchtete, nicht
mir, sondern Lorchen gegolten hatte, war
nun auch ein Gegenstand meines Grü
belns und Nachdenkens geworden, uud end
lich die Obligation von zweihundert
Reichsthalern, wofür nur der gnädige
Herr Lorchen die schenken wollte? Sie
hat ihm ja doch nicht gedient, sonder» der
guädigen Frau Mutter. Das Gelächter
und die Worte des gnädigen Herrn bei
unserer Verlobung schallten mir stelö in
die Obren, und machten mir keinen klei
nen Kummer. Was doch nicht schlimmes
Wetter thun kann ! ich sah jetzt alles in.
einem ganz andern Lichte, und was mir
erst rosenroth geschienen hatte, sah mir
nun blaßgelb und grau auS! Je mehr
ich über diesen Gegenstand nachdachte,
desto betrübter wnrde ich, und indem mir
die Nässe vom Hut in den Nacken und
Gesicht troff, zog ich still seufzend meine
Straße weiter.—
Nach und nach halte ich nichtö alö
Waldung zu durchstreichen, welche hie und
da nur offene Stellen hatte, arm-an nahr
haften Erzeugnissen war nnd nur wenig
Bewohner duldete. Ich war nicht mehr
fern von dem Wohnorte meines künfti
gen Schwiegervaters, und erhöhte nun
die Tagesmärsche, um sobald als möglich
bei ihm anzulangen und dort die Aende
rung des Wetters wo möglich abzuwar
ten, mich zu pflegen und mit meinen
künftigen Verwandten zu befreunden.
Der Regen dauerte noch immer fort
nnd war sogar in einen derben Landregen
ausgeartet, und der lehmige, glitschig ge
wordene Boden hielt meine ohnedies trau
rige Fußwanderung unangenehm auf.
Endlich war ich meinem Ziele nahe.
Von dem Dorfe in welchem ich zuletzt
übernachtete, sollte Mersdorf, der Wohn
ort des Försters nur einige Meilen ent
fernt sein. Weil aber der Regen heftig'
siel, konnte »ch nicht früh genug ausgehn ;
daher kam es denn, daß, als ich drei Mei
len marschirt war, schon die Dämmerung
eintrat, und ich mich noch nicht an« Ziele
meiner Wanderung befand. Der Weg
wurde sehr uneben und der Himmel im
mer dunkler, so daß ich bald weder die
Gegend, nach welcher ich die Richtung zu
nehmen hatte, noch den Weg unter mir
erkannte. Mißmuth, Furcht vor Etwas,
was ich nicht zu nennen vermochte, und
das Bestreben, mich bald am Ziel zu se
hen, alles dieses beflügelte meine Schritte
dermaßen, daß ich endlich mehr lief alö
ging. Trotz Wind und Regen wurde
ich durch und durch warm, um mich auch
in dieser Stimmung zn erhalten, welche
mir schnell vorwärts half. —Die Dunkel
heit na hin zu, doch lichtete sich der Wald,
der Weg wurde abschüssig, und plötzlich
gewahrte ich zu meiner unanösprechlichen
Freude bei einer Wendung desselben um
den waldbekränzten Hügel, dicht unter
mir viele Lichter schimmern, und die
freundlichen Laute, welche die Nähe der
Menschen nnd ihre wohnlichen Häuser
verkünden drangen wie die süßeste Mu
sik mir in die Ohren. An der ersten
Hütte angelangt, klopfte ich an dem er
leuchteten Fenster an und befragte mich
nach dem Namen des Dorfes. Es wur
de mir freundlich geantwortet, und ich er
fuhr von dem jungen Bauer, daß ich et
was zu weit rechts gekommen war, die
Wolmung des Försters aber nur eine hal
be Stunde links um die Waldhöhe her
um liege, von welcher ich eben herabge
konnnen war.
Wenn Ihr mir ein Stück Geld gebt,
sagte der Bauer, so bin ich erbötig Euch
bis an das Försterhaus zu bringen ; im
Dorfe drin findet Ihr ohnedies ein
schlechtes Nachtlager.
Meinem Ziele so nahe, wollte ich nicht
noch einmal in einer schmutzigen Herber
ge zubringen; wir wurden also kurzab
des Handels einS, ich bezahlte und der
gesprächige Bauer war zwei Minuten
darauf mein Begleiter.
Kennt Ihr den Herrn Förster Ber
tram ; fragte mich mein Führer, nachdem
er lange über das schlechte Wetter losge
zogen nnd mich neugierig «über meine
Reise befragt hatte, worauf ich ihm gut
müthig gedient.
Ich kenn' ihn noch nicht, aber ich hof
fe ihn kennen zu lernen und an ihm ei
nen guten Mann zu finden.
Der Bauer schwieg hierauf ein paar
Minuten, was mir anffällig war; ich
fragte deßhalb; Seid Ihr nicht auch der
Meinung guter Freund?
Der Herr scheint mir falsch berichtet,
doch will ich nichtö NachtheiligeS über ihn
- gesagt haben, überzeugt Euch selber; der
Förster wär im Stand, mir den Hals in
der Hecke umzudrehen, wenn er mich ein
mal erwischte, erführ' er, daß ich nachge
sagt, was alle Welt spricht. Soviel will
ich Euch aber doch für das gute Trink
geld, welches ihr mir gezahlt noch drein
geben, damit ihr Ench ebenfalls darnach
richten könnt; Ihr werdet den Förster
eben nicht in der besten Laune antreffen.
Und weßhalb nicht? Ist ihm etwas
wiederfahrcn, was ihn mißlaunig ge
macht ? fragte ich sehr begierig und über
die Worte betreten, welche ich so eben
vernommen.
I nun, es hat sich ein Sterbefall in
seinem Hause zugetragen; so etwas
macht Jedermann betrübt, zumal, wenn's
mit solchen Umständen verknüpft ist.
Wer ist dem alten Förster gestorben ?
Ei was, Herr, fuhr jetzt der Bauer
grob heraus, ich bin mit Euch gegangen,
um Euch den Weg zu zeigen, nicht um
mich von Euch ausfrage» zu lassen.
Nun es kommt mir auf vier Groschen
nicht an, die ich dem Trinkgeld noch zu
lege, wenn Ihr mir was aus des Försters
Hause berichtet. Ihr scheint eö genau
zu kennen.
Um vier Groschen wage ich den Halö
nicht.
Ich gebe Euch mein Wort, daß ich
Euch nicht verrathe.
Ei, ich kenn' Euch nicht, und kann
Euch nicht einmal in's Gesicht sehen, ob
Ihr ein ehrliches habt.
Nun sagt mir nur, ist des Försters
Sohn noch bei ihm im Hause.
Laufende Rummer I.
Oho! der hat ein anderes Logement,
eine Stunde von hier an der Grenze, ein
hohes weißes Haus.
Das ist wohl ein Jagdhaus und er
hat einen Dienst und sich selbst eingerich
tet ?
Ja, ja, ein Jagdhaus, lachte der Bau
er ; die Vögel des Himmels spielten die
Hauptrolle bei seiner Jagd. Doch wißt
Ihr was, besucht ihn selbst und beseht
Euch seine Eiurichlung, Ihr werdet dazu
morgen die schönste Zeit haben und von
deö Försters Haus dis zum jetzigen Hau
se seines Sohnes ist ein artiger Spazier
weg.
Der Förster hat auch eine Tochter,
wie ich gehört habe? fragte ich jetzt mit
hochklopfendem Herzen.
Die Lore? Gott weiß, wo die schlechte
Vettel jetzt steckt!
Ei gnter Freund, wie könnt Ihr von
eiuer ehrbaren Jungfer also sprechen?
Ehrbar?! Jungfer?! lachte der Bau
er hell auf. Das weiß ich besser, Herr.
Vor zehn Jahren hättet Ihr wohl so
sprechen können, aber doch auch nicht ehr
bar ! denn das ist die Lore nie gewesen.
Doch hört Ihr den Hund anschlagen?
Geht nun den Zaun hier herum, so seid
Ihr an des Försters Hintergebäuden.
Noch zweihundert Schritte und Ihr steht
am Hosthor. Die Rüden wittern uns.
Behüt' Euch Gott ! auch wünsch, ich gu
ten Empfang und angenehme Ruhe.
Eh' ich mich nur recht besinnen konnte,
war der Bauer verschwunden, und ich
stand allein in der gräßlichen Finsterniß.
Eö überfiel mich plötzlich eine Angst, daß
mir alle Glieder schlugen und das Herz
im Leibe bebte. Zähneklappernd tappte
ich an dem Zaune hin, und kam an die
Gebäude; bie Hunde machten einen ge
waltigen Lärm und ihr uuaufyörlicheö
Bellen erfüllte mich mit noch größerer
Furcht. Endlich stand ich am Thore und
sah durch die Spalten desselben Licht
schimmern.
Das verstärkte Bellen der Hunde muß
te den Bewohner des Hauses schon auf
merksam gemacht haben; denn kaum hat
te ich mein Dasein durch ein starkes Klop
fen am Thore kund gethan, als auch
sogleich eine rauhe tiefe Männerstimme
mir barsch zurief: „Wer stört nnS noch
so spät!"
Ich bitt' Euch, guter Herr! antwortete
ich mit der freundlichsten Stimme, wollet
mir die Thüre öffnen! Ich bin ein
Mensch, der den Herrn Förster Bertram
näher angeht und demselben sehr erfreuli
che Nachrichten überbringt.
Dummes Geschwätz! polterte die
Stimme zornige mich geht kein Mensch
an. Ich will nichtö von dem Gesindel;
bleibt mir auch vom Halse! Ich mag
weder schlechte noch gute Nachrichten, »nag
von der ganzen Welt nichtö wissen. Pak
ket Euch zum Teufel! Hier wird nicht
aufgemacht. ,
Ihr irrt Euch, guter Förster und Eu
er Jrthnnm sott bald verschwinden; habt
nur die Güte und laßt mir Thor und
Thüre öffnen damit ich unter Dach und
Fach komme. Der Regen fängt schon
wieder an zu fallen, die Nacht ist kalt
und mich friert sehr.
Was kümmert mich Euer Frost, —
schrie der Förster, —hier ist kein Platz
für Straßenläufer und keine Herberge
für Gauner, die sich mit freundlichem
Wort einschleichen wollen. Noch einmal,
packt Euch!
So hört mich doch an, lieber Herr
Förster; ich bin ja der Bräutigam Eue
rer einzigen Tochter, der Jungfer Lorchen.
Nun, da magst Du ein schöner Gesel
le sein! Wer die heirathet, ist keiner
Nachtherberge werth. Marsch fort!
Das Fenster wurde klirrend zugeworfen,
und ich stand wie vernichtet am Thore.
Die Hunde heulten, daß mir's durch
Mark und Bein fuhr; durch das lange
Stehen war ich, früher vom raschen Ge
hen so sehr erhitzt, nun ganz kalt gewor-'
den, meine Zähne klapperten unwillkühr-