Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, July 09, 1850, Image 1

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    Tradln g, HltNll. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Puwe ll e, in der Snd 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Ctiesnul - Straße.
11. ftnujc Num. »«2.
Bedingungen:— Der ?t.,iwr'-lle lirvbiirlltrr erscheint jeden Dienstag aus einem Erosion Superial - Bogen mit schönen vettern gedruckt. Der Eubseriptions - Preis ist Ein Tl)a l e r des Jahrs, welcher in halbjährlicher
Vorausbezal>l,ma erdeten wird. Wer im Vaufe des lalwes nicht bezahlt, dem werden Hl 5,1> angerechnet. Für kürzere Zeit als t> Monate wird kein Unterschreibe? angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur
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gerückt. Unterschreibe«-,, in hiesiger Ltadt wird die Zeitung porlosrei geschickt, wettere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, aus Kosten der Unterstiweiber. Briefe und dergl. müssen postfrei eingesandt werden.
Der einsmne König.
Eine solche Leuchte — von den Gelehr
ten limlvnluiiuin, Lebensleuchte, auch
Blutlampe genannt, verstand nun der
Herr des Landes zn bereiten und hatte,!
wer weiß vor wie vielen Jahren, eine der-!
gleichen aus seinem eigenen Blute zu
Stande gebracht. Man sagt, die Zeil
der Tag- und Nachtgleiche, die allem Fin
stern, Geheimnifwollen nnd Schrecklichen
günstig ist, müsse zu dem Werke gewählt
»verde», wenn es gelingen solle.—Daß die
se Leuchte stets wild, und unruhig brannte,
bedarf keiner Erwähnung, nnd jeder andre
Mensch würd' ungleiche» Falle ihr Erlö
schen am Ende gern gesehen haben; nicht
so der Ritter, der nur mit Unmulh an das
Ende seiner Laufbahn dachte.--Er hatt'
es indeß in seiner Kunst auch weiter, als
alle andern Geweihten gebracht, und hatt'
ein Mittel erfunden, sein Leben fort nud
fort, ganz dem gemeinen Laufe der Natur
entgegen, zn fristen. Wie er die Erfin
dung gemacht und wie das Verfahren da
bei, ist nie bekannt geworden, doch genügt
der Sage auch die einfache Thatsache. Er
bereitete nämlich jedesmal, wenn er merkte,
daß sich sein Licht dem Ende zuneigen woll
te, auS dem Blnte eines andern Menschen
eine gleiche 'Ampel, und indem er von die
ser allmählich allen Brennstoff nahm und
zu der seinigen hinzufügte, fristet' er auf
unbestimmte Zeit sein Leben, während je
»er hinwelkte und sterben mußte. An
fangs konnt' er so mit dem Leben eines
andern Menschen daS seinige ziemlich lan
ge hinhalten; doch macht' er bald die Er
fahrung, daß im Lauf der Zeit das Mittel
an ihm an nachhaltiger Kraft verlor und
immer öftrer erneuert werden mußte.
Dnrch Drohungen, Versprechungen oder
Gewalt opfert' er auf diese Weise seine
Umgebungen allmählich hin, bis er mehr
und mehr in Verlegenheit geriet!), wie er,
bei zunehmendem Mißtrauen deö Volkes,
neue Opfer gewinnen würde.
Diese Verlegenheit stieg aufs höchste,
als nnn endlich das Geheimniß allgemein
luchbar geworden war. All seine Dienst
leute waren bereits seiner unersättlichen
Lebensgier erlegen und vergebens mühte
er sich, neue anzulocken. Als die Unter
terthanen, die seiner Zauberkunst nichts
entgegenzusetzen wußten, mit Grauen be
merkten, baß er nun zur offenbaren Ge
walt seine Zuflucht nehmen würde, raffcen
sie ihre bewegliche Habe zusammen, flohen
traurend die Heimatstätten ihrer Väter
und verließen das Gebiet des Tyrannen,—
denn so nur konnten sie seiner Wuth ent
rinnen.
Meilenweit in der Runde war keine le
bende Seele mehr sichtbar, denn selbst das
Wild im Walde und die Bogel des Him
mels mieden instinktmäßig den Wohnsitz
des Schreckens.
Der finstere einsame König, so nannte
man ihn, lebte jetzt allein mit seinem Ego
ismus auf seiner öden Burg. In weiter
Ferne zeigte man dem harmlosen Wande
rer die Zinnen deö Schlosses und theilt'
ihm die Mähr mit : und der Gewarnte
schlug gern einen weiten Umweg ein, um
das Gebiet des Wüthrichs uicht zu betre
ten. Gleichwohl haust' er noch nicht ganz
allein auf seiner Burg. Es war ihm bei
der allgemeinen Flucht des Volkes gelun
gen, einen Jüngling zurückzuhalten, den
er in einem der Verließe gefangen hielt,
um ihn, sobald seine Lebensleuchte dem Er
löschen nahe kommen würde, zu seinem
Zweck zu benutzen. Mit diesem Jüng
ling zugleich theilte freiwillig die Gefan
genschaft ein Mädchen von wunderbarer
Schönheit—die Geliebte des Gefangenen,
die es nicht vermocht hatte, den Ort zu
fliehen, wo sie den Theuren gewaltsam zu
rückgehalten wußte. Waren auch ihre
täglichen Bitten und Thränen vor dem
Könige fruchtlos, so war's ihr doch schon
ein Trost, wenigstens in der Nähe des in
nig Geliebten weilen und sich an jedem
Morgen und Abend überzeugen zu kön
nen, daß er '.'.och am Leben sei.
Aber Wochen und Monden entflohen
Der Liberale Lcobachter
Und Berks, Moiugomcry und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.
und es dünkte dem einsamen König end
lich an der Zeit, seiner Leuchte frische Nah
rung zu geben. Beide Opfer waren be
reits mit gefesselten Händen in das schau
derhafte Gemach geführt, wo er seine Ex
perimente vorznnehmen gewohnt war. Er
schwankte, ob er zuerst sie oder ihn opfern
solle, bis er sich entschloß, daS Blut des
Jünglings zuerst zu vergieße». Als das
Mädche» die schreckliche» Anstalten treffen
sah, lieh ihr das Entsetzen wunderbare
Kraft, daß sie ihre Fesseln wie Spinnen
weben zerriß und sich verzweifelnd zwischen
den Mörder nnd das Opfer stürzte.
Der König hielt inne—er wollte zu
nächst sie wieder fesseln, um seiner Beute
gewiß zu sein. Aber der Jüngling, der
hinter manches Geheimniß deö Königs be
reits gekommen war, rief ihr zu: „flieh
nach dem See und stürze dich hinein; die
Götter werden dir Kraft geben, daS jen
seitige Ufer zu gewinnen—die Macht deö
Tyrannen beherrscht bloS daS Land, nnd
über die Finthen hat er keine Gewalt."
Die Verzweifelnde folgte halb bewußt
los dem Geheiß, entfloh glücklich den Hän
den deS Verfolgers und eilte dem nahen
See zn, in welchen sie sich in dem Augen
blicke stürzte, als jener im Begriff stand,
sie bei dem wehenden Gewände wieder zu
ergreifen.
Er hatte seine Macht über sie verloren
und eilte ivnthschänmend inS Schloß zurück
um sich seines letzten Schlachtopfers zu
versichern. Vom Hanpteorridor im er
sten Stock des Schlosses RndolfSeck führt
eine Seitentreppe nach der Seeseite hinab.
Dieser Theil des Schlosses soll noch aus
jener Zeit erhalten sein. Die Treppe ist
an beiden Ausgängen, oben und unten,
verschlossen und wird fast nie mehr benutzt.
Als er diese Treppe, damals einer der
Hauptausgänge, erreichte, stürzt' ihm auf
der Mitte derselben der Jüngling entge
gen, dem es nnterdeß gleichfalls gelungen
war, sich seiner Ketten zu entledigen. Ein
verzweifelter Kampf entstand hier zwischen
den Beiden, in welchem der Jüngling end
lich der übernatürlichen Kraft des Zauber
königs erliegen mnßte. Todt sank er auf
die steinernen Stnfen hin. Mit seinem
Leben entfloh aber auch zugleich die letzte
Hoffnung seines Mörders, der ihn nun
nicht mehr nützen tonnte.
Er ließ den Leichnam auf der Treppe
liegen, verschloß beide Eingänge derselben
und stieg dann hinauf nach dem höchsten
Thurme, in welchem sich sein geheimniß
volles Gemach befand. Mit Grauen sah
er, wie watt und trüb seine Leuchte brann
te. Es war ihm keine Frist mehr gegönnt
auf neue Opfer zu sinnen, er erkannte
nur zu deutlich, daß sein Leben bloß noch
nach Stunden gezählt sei.
Düster brütend setzt' er sich auf den
Söller, der das Land überschaute. Die
Sonne neigte sich dem Rande des Him
mels zu und malte die öden Wälder und
daS mit Unkraut überwucherte Land roth,
so weit daS Auge reichte. — Im Süden
zog ein Unqewitter herauf; einige Schwal
ben umkreisten, zum erstenmal seit vielen
Monden, die Zinnen, vielleicht weil sie ahn
ten, daß sie bald wieder eine Freistätte
hier finden könnten.
Das Gewitter zog lieraus und die
Sonne sank hinter dem verödeten Lande
hinunter, welches schnell von Nacht um
hüllt wurde. Tin Blitzstrahl zuckte aus
den tiefhängenden Wolken, ein gellender
Donnerschlag krachte und hallte dröhnend
an Schloß und Bergen wieder. Die Leuch
te von Blut zuckle noch einmal matt und
erlosch, und mit ihrem Erlöschen war das
Leben ihres Besitzers entflohen. So en
dete der selbstsüchtige einsame König.—
—„Und wer vermöchte seine letzten Le
bensscenen zu schildern, da der einsame oh
ne Zeugen starb?"
Entschuldigen Sie, Verehrtester Frager,
die poetische Sage hat sich das erlaubt.
Oder vielleicht trugen die Schwalben die
Mähr von hinnen und zwitscherten sie un
ter den Fenstern der Ausgewanderten.
Kommt zurück, sagten sie, der böse cinsa-
"LVillig loben und ohne Furcht zu tadeln."
Dieustng den ». Juli, I8S<».
Me König ist todt, ein milder Gewitterre
ge» hat das öde Land segnend begossen
und ihr sollt es wieder anbauen u. fröhlich
darauf sein. —Oder noch wahrscheinlicher
ist, daß das Fräulein im See einem nen
gierigen verwegenen Besucher in soimner
licher Mitternacht die ganze Geschichte
entdeckt hat.
JeneS Mädchen stürzte nämlich, wie er
wähnt, in den See, und würde vielleicht
das jenseitige Ufer in der That glücklich
erreicht haben, wenn die Nixen nicht ge
wesen wären. Staunend erblickten sie
die Schöne in ihrem Bereich und beschlos
sen sofort, sie dort zurückzuhalten. Sie
erwählten sie einmüthig zu ihrer Königinn
und räumten ihr den Ehristallnen Palast
in der Tiefe ein, den sie nun zur Nacht
zeit verläßt, um sich oben vom Mondlicht
bescheinen zu lassen. Dann wiegt sie ihre
schlanke Gestalt auf der spiegelglatten
Silberfläche, und ihr langes Rabenhaar,
welches sie auch als Nixenkönigin behalten
hat, schmücken ihr die Dienerinnen mir
weißen Wasserblumen ; oder sie schwimmt
einsam im Schatten, den die Hängewei
den über das Wasser werfen, und singt in
wunderbaren, wehmüthigen Melodien, die
den späten Wanderer heranlocken, bis er,
von unendlicher Sehnsucht ergriffen, hin
nnterstürzt in die Fluth. (P. Stztg.
-------ZW
Pete Wetftone,
Von der Devil 6 Fort.
Am zweiten Montage des September
Iwaren alle Bewohner von Washing
ton Eannty in Bewegung. Der Mam
mut!) Bienenkorb des westlichen Arkansas
schwärmte. Fast jede Straße, jeder Ne
benweg, jeder Reitpfad dnrch das Röhricht
jeder Fnßsteg über die Berge schickte sei
nen Menschen Strom, um das Meer von
Köpfen anzuschwellen, das auf den öffent
lichen Marktplatz von Fayetville, dem Ge
richtssitze jener Gegend, rollte. Und doch
würde ein Philosoph, der nach der altmo
dischen logischen Methode folgerte, in Ver
legenheit gekommen sein, jrgend eine hin
reichende Ursache zu finden, um die Ver
sammlung einer so großen Menge zu recht
fertigen. Es war keine Musterung von
Freiwilligen gegen einen Jndianerstamm,
auch keine politische Zusammenkunft für
Stumpredner, um den Blitz zu überbieten
und den Donner in den Hintergrund zu
stellen; eben so wenig eine Wahl, worin
das ~Mark und Bein" der Grenze um
den enormen Preis blauer Augen und zer
schlagener Nasen die Republik retten muß
te, und auch keine Eamp Meeting, wo al
le Sünder und Rückfällige einen für das
nächste Jahr ausreichenden Vorrath an
Religion erhalten konnten, —endlich auch
keine Hinrichtung auf Befehl des achtba
ren Lynch, um Diebe und Münzer von
Bleithalern aus dem Wege zu schaffen.
Es war bloß der erste Tag der zweiten
Woche des Circuit-Gerichtes von Wa
shington Caunty,— der Tag, an welchem
die Criminalfälle des Termins vorgenom
men werden sollten, welcher die ganze Be
völkerung anzog. Was jedoch für einen
Fremden das Auffallendste bei der Sache
gewesen sein würde, war, daß die ganze
Bevölkerung bewaffnet erschien, wie sie es
selbst ausdrücken würde, „bis an die Zäh
ne und Fußnägel." Lange Messer wa
ren so zahlreich wie Schlangen in einem
Cypressensumpfe.—Jede Rocktasche war
eine Pistolenbatterie, jede Schulter schim
merte mit ihrer Büchse, und einige tru
gen solcher zwei, um auf jeden Nothfall
vorbereitet zu sein. —Man muß hieraus
uicht folgeru, daß dies gewöhnliche Aus
rüstung der Zuschauer für das Gerichts
haus war, —dieser Fall galt als Ausnah
me, veranlaßt durch den Eintrit ungewöhn
licher Ereignisse. Eine kurze Angabe der
selben mag dieses Geheimniß aufklären.
Die Lynchners hatten kürzlich auf ein
mal sieben Mann an ein und denselben
Baume aufgehangen. Es gab Grund
für sie, zu fürchten, daß man wegen die
ser barbarischen That eine gerichtliche
Verfolgung gegen sie einleiten würde,
und deßhalb rückte die ganze Bande aus,
um im Falle der Prozeß gegen sie an ha»
gig gemacht winde, alle seine Anklagepunk
te mit Pulver und Blei zu „quatschen."
Doch es gab noch eine viel ergiebigere
Quelle der Aufregung als selbst diese.
Eine zahlreiche und gut organisirte Elique
in Fayetville, aus Föderal,Lokal-und
Bankbeamten, zusammengesetzt, strebte
nach unbedingter und unverantwortlicher
Beherrschung des Eaunty's. Ihre Füh
rer waren verzweifelte Duellanten, und
ihre Machtanmaßungen waren eine wahr
hafte Schreckensregierung. Allmählich
entwickelte sich jedoch eine mächtige Oppo
sition gegen die Junta unter den Farmern
und Jägern der Gegend. Sie gaben der
Fayetville Eligne den gehörigen Namen
der „Aristokratie," oder wie sie es ausspra
chen der „Horostokratie," und die letztere
rächte sich damit, daß sie ihre Feinde
„Waldratten" hieß, —nach einen, beson
ders schädlichen und kleinen Thiere, das die
Gärten nnd die Felder von Arkansas ver
wüstet. Die Plebejer uahmen diesen Bei
namen an und sammelten sich unter ihm
als der Benennung und dem Losungswor
te ihrer Partei.
Die „Waldratten" standen mit Rück
sicht auf die Zahl bedeutend im Vortheil,
aber unglücklicher Weise fehlten ihnen fä
hige und redliche Führer, —auch zerfielen
sie unter sich in klägliche Zersplitterungen.
Die „Horostokraten,, monvpolisirten die
Bank, und jedes civile und militärische
Amt im Eaunty. Außerdem besaßen sie
unbeschränkte pecuniäre Mittel, um alle
käuflichen Bowiemesser der professionirten
Desperados der Grenze aufzukaufen. Des
halb waren die „Waldratten" in mehre
ren mörderischen Schlägereien schimpflich
und blutig in die Flucht geschlagen wor
den. Gegen die allgemeine Regel bestän
diger Niederlage kam jedoch in letzter Zeit
eine einzige Ausnahme vor. Eine junge
„Waldratte" hatte einen der berüchtigten
Kopffechter der „Horostokratie" wegen
nichtswürdiger Verläumdungen seiner
Schwester erschlagen. Er war gefangen
genommen, in Ketten und ins Gefängniß
gelegt worden, und dieser zweite Montag
des September sollte der Tag des
öffentlichen Polizeiverfahrens gegen ihn
sein. Alle„Waldratten" der ganzen Re
gion versammelten sich im Eourthause,
um zu wachen, daß ihrem Gefährten
Recht geschehe, und brachten ihre verläß
lichen Büchsen als ein Reservekorps mit,
um im Falle der Noth zur Hand zu sein.
Auch die „Horostokratie" war bis auf den
letzten Mann zugegen, um die Klagesache
im Gange zu halten. —Da also alle Füh
rer und Anhänger beider Parteien anwe
send, vollständig bewaffnet und durch die
Ausdünstungen der Leidenschaft und die
uoch verderblicheren Flammen des Alko
hols fast bis zur Tollheit aufgeregt wa
ren, so ließen sich die schauderhaftesten
Auftritte befürchten.
Das Forum war ein geräumiges Haus,
das reichlich mit Gallerte, versehen, und
doch füllten sich schon, ehe die Morgenson-
ein Vi ertheil ihrer Strahlenbahn
am blauen Zenith zurückgelegt hatte. Hal«
len und Gallerte. Thüren und Fenster mit
einer bis zum Ersticken gedrängten Men
schenmasse. Dennoch erwuchs eine Wohl
that aus diesem Uebel. In diesem dichten
Gedränge mußte es den oponirenden Fak
tionen unmöglich werden. Feuerwaffen zu
gebrauchen, und sollte es wirklich bis zum
Punkte eines tödtlichen Streites kommen,
so würden selbst Bowiemesser aus Mangel
an freiem Raum zum vollen Handschwuu
ge nicht viel auszurichten geeignet gewesen
sein.
Zur festgesetzten Stunde bestieg der
Richter Tully den Stuhl,—blaß und an
jeder Nerve zitternd, ohne es zu wagen,
sich durch eine Vertagung der Verhand
lungen die Beschuldigung der Feigheit zu
zuziehen.
Der Gefangene, Henry Martin, wurde
in den Gerichtshof gebracht, vom Scheriff
und einer Wache. Er war ein ziruuich
Laufende Nummer AK.
hübscher Landmann von nicht mehr als
achtzehn Jahren, schlank, aufrecht und statk
wie ein Löwe, auf seiner Stiln die „Brav
heit" wie mit einem glühenden Eisen ge
stempelt. Die schöne Schwester Mary,
zwei Jahre jüuger als er, begleitete ihn, der
um ihretwillen diese That begangen, durch
die er sich mit Ketten beladen, und für die
er bald ein Urtheil empfangen mnßte.
Man stellte ihn vor die Schranken unv
beorderte ihn, seine rechte Hand in die Hö
he zu halten. Die Anklage wurde vorge
lesen.
„Schuldig oder nicht schuldig?" fragte
der Gerichtsschreiber.
Der kecke junge Mann wandte sich ge«
gen den Richter und entgegnete: „Richter,
ich kann keine Lüge sagen. Ich habe den
Oberst Wollace getödtet, denn er mißhan
delte meine Schwester.--Aber ich focht eh
renhaft mit ihm. Jedermann weiß das."
Die plebejische Partei donnerte Beifall,
aber die Fayetville Elique hißte ein bedeu
tungsvolles Gemurmel.
..Mr. Martin haben Sie einen Rechts
beistand ? fragte der Richter.
„Nein, Sir," antwortete der Gefan«
gene.—„Zch bin zu arm, um einen Advo
katen zu zahlen, und außerdem sind sie alle
von der Horostokratie aufgekauft worden.
Advokaten, wie sie wissen flattern wie die
Geier, nur um die fettesten Eadaver."
„Will kein legaler Gentleman für den
Angeklagten einstehen ?" fragte Sr. Wür
den und warf einen Blick rund um den
Kreis der „Grünsäcke" innerhalb der
Schranken.
..Möge eö dem Gerichte belieben, ich bin
angagirt/'
„Und ich auch."
„Und ich auch." So antworteten zwei
Dutzend ölige Stimmen.
„Dann fürchte ich. daß die Sache ver
schoben werden muß." bemerkte Richter
Tully mit einem erleichterten Blick der
Frerude. welcher so viel sagen wollte, als:
„Bon ganzem Herzen bin ich froh darü
ber."
„Warten sie ein Paar Minuten. Rich
ter," bat der Gefangene dringend, "ich er»
warte Fent Noland."
Der Richter, fuhr vor Staunen halb
von seinem Sitze auf. Die muthigsten
Mitglieder des Advokatenstandes von Fay»
etville erblaßten, und die ganze Menge
summte in plötzlicher Aufregung wie ein
Bienenkorb, den der Wurf eines schweren
Steines aufstört. Fent Noland!—Die
ser Name wirkte wie ein Zauberspruch.—
Hätte der Gefangene gesagt: „Ich erwar
te den Erzfeind, um in eigner Person zu
meiner Vertheidigung zu erscheinen." so
würde die Verkündigung keinen tiefern
Schrecken eingeflößt haben. Und doch
wie sonderbar eS auch scheinen mag. kannte
keine einzige anwesende Person den Fent
Noland. ausgenommen aus seinem Rufe
und allgemeinen Charakter. Er lebte am
äußersten Ende des Staates. Aber der
Name allein war ein Donnerschlag deS
Schreckens. Er war berüchtigt als ein
„todter Schuß." als ein Duellant, der ge
wissen Tod brachte, wohin er zielte, und
schnell wie der Blitz aus den Wolken.
„Sind Sie mit Fent Noland bekannt?
fragte der überraschte Richter.
„Nein Sir." entgegnete der Angeklagte,
wir hatten aber alle von ihm gehört, und
hier meine Schwester schrieb an ihn für
mich, und er schickte uns einen Brief, wo»
rin er versprach, heute hier zu sein."
In diesem Augenblicke sah man eine
Person sich mit den Ellenbogen durch das
Getümmel Bahn brechen. Der Angekom
mene trat an die Schranken, wisperte ei»
nige Worte in des Gefangenen Ohr und
sprach zum Gericht: „Ew. Winden kön
nen in der Sache fortfahren. Ich bin be
reit Herrn Marti» zu vertheidigen."
„Sie!" rief Richter Tully in einem
Tone worin sich Verwunderung und Wer
achtuug mischten. Das Aussehen und die
Kiridung des Fremden mochten die augsn-