Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, January 29, 1850, Image 1

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    Der Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schnylkitl Cannties allgemeiner Anzeiger.
»e » » lns, Venn. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Puwcu c, m der Süd klen Straße, zwischen der Franklin- »nd Cbesnui. eiraßc.
Jahrg. 11, ganze Rum. SS».
Bedingungen: —Der ZUberale Veolmckter erscheint jeden Dienstag aus einem großen Superial - Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Subscriptions, Preis ist Ein Thaler des Zahrs, welcher in halbjährlicher
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres nicht bezahlt, dem werden Kl 5V angerechnet. Für kürzere Zeit als K Monate wird kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Auskündigungen werden nur
dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Subseriptions«Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und sür den gewöhnlichen PreiS ein
gerückt. Unterschreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. Briefe und dergl. müssen post frei eingesandt werden.
(Eingesandt.)
1.
'tVenn ich vcr!,eiratl,et wäre.
„Wenn ich verheirathet wäre/' würde ich
vor Allem ans alles das verzichten, was man
im ieben des iinverheiralhcken Mannes mit
Recht tadeln kann. Ich würde keine nnnö
thige Ausgaben machen, von denen man oft
betrübende Resultate gewinnt, keine neue Be
kanntschaften, die nur dazu geeignet sind, uns
zu zerstreue», und die wir, selbst wenn wir
am Abend mit ihnen gelacht und gescherzt ha
be», am nächste» Morgen oft nicbc wieder zu
sehen wünschen.
~Wenn ich verheirathet wäre," würde ich
meine Frau und nur allem meine Frau lieben;
denn ich glaube, das; nichts entsetzlicher ist,
als mit einer Person zn leben, die man nicht
liebt. Ich weiß wohl, daß es viele Haushal
tunge» giebt, wo die Eheleute sich täglich
kaum ei»c Stunde laug sehe» ; aber es scheint
mir, daß es viel aiigenehnicr sei, seine Frau
auszusuchen, als sie zu vermeide».
„Wenn ich verheirathet wäre," möchte ich
nicht, daß man meiner Frau ihres Gesichtes,
oder ihres Anzugs, oder ihrer Manieren we
gen, bei jeder Gelegenheit erwähnte, und doch
möchte icb, daß ich das Allcs an ihr rühmen
könnte, und daß Andere sie ihrer käuelicheu
Thätigkeit und ihrer gute» E»gc»schaslc» we
gen bemerkten »nd auszeichneten,
~Wenn ich verheirathet wäre," würde man
mich nicht so oft a ll e i n in der Kirche »nd
auf den Spaziergängen sehen. Ich würde
mich nicht scheue», meiner Fran den Arm zu
diele» und nicht den Aiisiiich der Lächerlich
keit, weil wir beide alt geworden, befürchten,
deü der Zierbeiigel und Narre» Zeit ist vorü
ber, Blicke auf Gatten zu werfe», sich bemü
he» und betragen wie ich n»ch betragen wür»
de. Die zwe. Drittel dieser Geschöpfe schei
lnen dem Fuchs in der Fabel nachahmen zu
'wollen, der die Traube verschmähete, die er
nicht zu erreiche» vermochte.
"Wenn ich verheirathet wäre." möchte ich
viele Kinder habe», denn Kinder sind d,e
schönste und festeste Kette zwischen Eheleuten,
Ich würde wohl mein Zunmcr, mein Cabinet,
um ruhig mein Soll und Habe« ein
schreiben zu können, für mich haben ; aber ich
wollte nicht, daß das Unterbrecht» für 24
Stunden also wäre.
..Wenn ich verheirathet wäre," Wi rde ich
gewiß nicht eifersüchtig sein; denn Eifersucht
macht üble taune und vor dieser nimt die ne
be Reißaus, Ich würde auch nicht z» rnhig
scheinen wollen, weil die Weiber die zu große
Ruhe gar zu leicht für Gleichgültigkeit hal
ten, und weil sie darin vielleicht auch nicht
ganz Unrecht haben mögen.
„Wenn ich verheirathet wäre," würde ich
eine linbegränzte Achtung und Freund>chafc
für meine Frau haben; denn Achliing »nd
Freundschaft werde» viel älter als tiebe.
möchte, daß meine Frau mancherlei an
«tiikhmt und nützliche Talente hätte, daß sie
die Literatur, Musik und die schönen Künste
liebte, um nie Langeweile zu haben; denn
nicht« ist verderblicher, als Langeweile.
~Wkn» ich verheirathet wäre," würde ich
mit Sorgfalt die Personen auswähle», die
ich bei mir empfangen möchte n»d jene Hans
frenndinnen entfernen, die stch von nngesähr
immer eben dann einstiide», wenn die Fran
nicht zu Hanse ist; jene gefällige» Mensche»
verabschieden, die immer bereit sind, ihren
Arm anzubieten oder Lnstparlhie» zn veran
stalten. Endlich, ~wt»n ich verheirathet wä
re," würde ich sei», wie ein vernünftiger
Mai», in A ll e in sein mnß, wenn er nicht
die Zielscheibe des W'tzcs im Publikum wer
de» will. S.
Für einen Nußknacker etwa» zu bitter.
Ein bewährtes Sprichwort heißt:
Selig sind die arm an Geist.
Unser Glück liegt nicht im Kopfe; Ach
Denn es winkt so manchem Tropfe
Sagt: wer lebt glücklich in der Welt?
Gewiß nur der der Gott verehrt,
Der den Mensch als Bruder nne Schwe
ster ehrt,
Der gesund und genügsam ist.
Der Unwijsenhkit, selbst Schlechtigkeit,
mit Nachsicht mißt,
Der Alles merkt in dieser Welt,
Und Dumm sich stellt.
3.
Zwist um einen Tbeater-Liebkabe».
Fra u.
Wie schön, wie uiivergleichlich schö» !
Wer hat wohl einen schönern Mann gesehn ?
M a ,i n.
Man will doch aber mehr als sehn.
Daß er nichts weiter ist als schön,
Kommt meinen Ohre» thener zn stehn.
Er sprcitzt sich ja z»m Gravegeh«.
F r a u.
Was hören, höre»! stch ihn a»,
Ob ihn ein Maler schöner malen kann?
Man n.
Der Schneider hüllt die Schönheit, wie die
Knnst so Manches, ein in Watte;
Uqp wickelt so zum Baum, die alte dürre
tatte.
Auch ist «r ja so roth und weiß gemalt!
Ueber was hat die Närrin nun geprahlt! ?
k, G.
Leiden eines Rothhaarigen.
Aue de» Erinuernngcu eines Conviktlers.
Bekanntlich hat Würtemberg dreiCon
vikte, zwei niedere in Ehingen und Rott
weil und ein höheres in Tübingen. Es
sind dies Staatsanstalten, in welchen ka
tholische Landeskinder im klosterartigen
Zusammenleben den philosophischen und
theologischen Studien, nebenbei auch An
derem obliegen. Schreiber dieser Histo
rie hatte die Ehre, vor Zeiten auf einige
Monate in dem Convikt Gast des Staa
tes zu sein, und die ersten Wochen meines
Conviktlebens verstrichen herrlich und in
Freuden. Unser Direktor oder deutlicher
gesprochen, Vorsteher war ein Mann von
seltener Herzensgute, hielt uns jungeLeu
te, die wir anfingen, uns mit Brillentra
gen, Tabackrauchen und Biertrinken auf
die Universität vorzubereiten, die Zügel
nicht gar zu knapp und sprach höchstens
von Unschicklichkeit, wenn einer von uns
in der Ausgangszeit auf den Straßen
des Stäbchens, ein allzu langes Pfeifen-j
rohr führend, mit ihm carambulirte. A- j
ber ach, mit des Eonviktes Mächten ist
kein ewiger Bund zu flechten; der alte
Vorsteher machte einem neuen Platz und
damit hatte die laxe Observanz ein Ende.
Neue Besen kehren gut, und der neueße
sen bemühte sich rastlos, allen studentli
chen Unfug aus der Anstalt wegzukehren.
Eine eiserne Zuchtruthe schwebte fortan
über uns, und die schönen Tage von A
ranjuez waren vorüber. Während ich
nun im stillen den Entschluß faßte, den
Staat der Sorge für meine fernere Aus
bildung zu überheben und mich bald mög
lichst zu skisiren, kamen viele meiner Co
militonen auf den sublimen Einfall, sich
zu verlieben, um wenigstens einige Unter
haltung zu haben. Von diesem Entschluß
ließ sich auch mein Freund Fabian anste
cken, der, so langeTarockspielen u.Wirrhs
hausbesuch und Rauchen erlaubt gewesen,
kaum daran gedacht hatte, daß es zweier
lei Leute gäbe.
Er war ein prächtiger Junge, schlank
und hochgewachsen, frisch und blauäugig.
Er hatte nur einen Schönheitsfehler,
wenn es einer ist, nämlich ein Haar so
furchtbar, fo stechend roth, wie ich es
sonst in meinem Leben nie wieder gesehen.
Er hatte indessen nie darauf geachtet, wie
er denn überhaupt auf sein Aeußeres so
wenig Sorgfalt verwendete, als nur im
mer möglich. Er lebte ganz seinen Stu
dien und.studentischen Delicen. Als aber
diese, wie erwähnt, durch den neuen Vor
steher total verpönt wurden, bemerkten
wir alle mit Erstaunen wie der gute Fa
bian anfing, sich sorgfältig zu rasiren,
seinen Rock auszubürsten und ungeflickte
Stiefel zu tragen. Eine Stunde des
Vertrauens erklärte dieses Phänomen.
Fabian hatte sich in eine der Schönheiten
desStädtchens verliebt,welche ihres Dampf
nudelbacken halber im Convikt den hoch
tönenden Namen ~Posaunenengel" er
halten hatte. Fabian durfte in den Au
sgangsstunden nicht mehr im „goldenen
Lamm" tarocken und verwendete also die
Zeit dazu, vor den Fenstern seiner Schö
nen schmachtend zu paradiren. DasMäd
chen ließ sich rühren, nur Eins genirte
sie gewaltig, Fabians rothes Haar. Er
erfuhr es und wollte gelind verzweifeln.
Ich tröstrte nach Kräften und eines Ta
ges spielte mir der Zufall eine Beilage
des schwäbischen Merkurs in die Hände,
in welchem, o Glück! eine wundersame
Haartinktur annoncirt war zum Troste
aller Rothhaarigen. Fabian kehrte seine
Börse um und in wenigen Tagen war die
wunderthätige Essenz von Stuttgart in
seinen Händen. Er salbte sich über und
über und sein Haar wurde so schwarz wie
Ebenholz. Er ließ uns aber keine Zeit,
die Verwandlung anzustaunen, sondern
machte sich, da gerade die Glocke schlug,
sogleich auf den Weg um seiner Dulcinea
das Verschwinden seines unseligen Haa
res zu zeigen. Ich begleitete ihn; wir
gingen ein paar Mal an den Fenstern
deS Posaunenengels auf und ab, und sie-
"IVillig zu loben und ohne Lurcht zu »adeln."
Dienstag den SN. Januar, I8S».
he da, sie lächelte recht engelhaft u. hold
selig auf den glücklichen Fabian herab,
wodurch dieser bis in den siebenten Him
mel Mahomeds verzückt wurde. Selig
kam er heim, selig legte er sich zu Bette,
nachdem er wenigstens eine Stunde lang
noch vor dem Spiegel gestanden. Die
verwandelte Behaarung Fabians war ein
Ereigniß. Der ganze Convikt sprach
von nichts Anderem..
Meinßett stand in dem großen Schla
fsaal dem seinigen zur Seite, und bevor
es am andern Morgen recht Tag gewor
den, weckte er mich schon mit der Frage,
wie sein Haar aussähe. Es war schwarz
wie das Gemüth unseres Vorstehers.
Wir standen auf. um draußen im dun
keln Corridar an den Waschbänken unse
re Tpilette zn machen. Dann gings in
den Betsaal, um die Morgenandacht zu
halten. Fabian war diese Woche über
Vorbeter. Wir waren bereits alle ver
sammelt, als er mit seinem Buche eintrat
und auf den Altar zuschritt. Da lief ein
Summen durch die Betstühle und brach
plötzlich in ein unwiderstehliches, tobendes
Lachen aus, welchem selbst der die Auf
sicht habende Repetent beistimmte.
Fabians Haar war himmelblau!
Das Waschen mit kaltem Wasser hat
te diese zweite, entsetzliche Metarmophose
bewirkt.
Fabian nach seinerGewohnheit ganz in
Gedanken an den Pasaunenengel vertieft,
beachtete die allgemeine Lustigkeit nicht,
sondern begann mechanisch sein Gebet zu
lesen, bis endlich das Toben seine Stim
me erstickte. Das Geräusch führte den
Vorsteher herbei, der käsebleich vor Zorn
in den Betsaal trat. Er forderte von dem
Repetenten eine Erklärung solcher Unge
bührlichkeit, aber der Befragte vermochte
nur auf den armen himmblauen Fabian
zu deuten. Der Vorsteher lachte nicht —
wer hätte es je an ihm erlebt?—sondern
ließ den guten Fabian wegen Erregung
von Aergerniß auf der Stelle in's Carcer
hinauf bringen, wo er sich den ganzen
Tag über damit abmühte, die himmlische
Farbe von seinem Haupte zu entfernen,
während die Geschichte von der höllischen
Haartinktur sich in dem ganzen Städt
chen verbreitete.
Am andern Morgen dem Gefängnisse
entlassen, trat Fabian in den Hörsaal,
wo der alte Rektor der Homeros traktir
te, und erregte einen neuen, unerhörten
Sturm.
Sein Haar war jetzt grasgrün und so
unendlich possirlich anzusehen, daß der al
te Rektor lachend sagte: Aber Fabian,
Sie sehen ja aus wie ein Flußgott, dem
Schilf aus dem Kopfe wächst.
Fabian rannte hinaus. Er begann
sich vorVerzweiflung das grasgrüneHaar
auszuraufen, da aber diese Operation doch
eine zu schmerzliche war, so machte er sich
wieder ans Waschen und Bürsten.
Nun wurde sein Haar gräulich, wie
Asche mit Salz vermischt.
Der Vorsteher befahl ihm, für bestän
dig eine schwarze über die Ohren gezoge
ne Nachtmütze aufzusetzen.
Am dritten Morgen zeigte sich eine a
bermaligs Umfärbung. Fabians Haar
war kupferfarben.
JmConvent herrschte völliger Aufruhr,
den der wüthende Vorsteher umsonst zu
bändigen suchte. Man dachte und sprach
von Nichts, als von Fabians Haar. In
den Museen, im Betsaal, in den Speise
sälen, auf den Gängen, in denCarcern—
immer und überall Fabian und fein Haar.
Noch ein Tag mit fortgesetztem Wa
schen und Bürsten und fortgesetzter Ver
zweiflung, und siehe Fabians Haar hatte
alle sieben Farben desßegenbogens ange
nommen.
Das war zu viel. Die Alteration zog
dem armen Jungen ein Fieber zu.
Als er die Krankenstube wieder verließ,
war seinHaar in die alte rotheVerfassung
zurückgekehrt, er aber schwur hoch und
theuer, in der nächsten Herbstvakanz nach
Stuttgart zu gehen, den Haartinkturver-
Käufer auszukundschaften u. ihn zu zwin
gen, eine Flasche von seinem schändlichen
Gebräu zu verschlucken. Stsztg.
Das Duell.
Eine Scene ans Washingtons Leben.
Der Morgen brach an.
Das Zimmer des Obersten im Gast
hofe zu Alerandria war der Schauplatz
einer merkwürdigen Scene. Durch die
unverhängten Fenster konnte man noch
einige Sterne sehen, deren Schimmer aus
dem Spiegel des Flusses zurückstrahlte,
die aber immer mehr und mehr verbleich
ten vor dem herannahenden Tage.
Tiefe Stille herrschte im Zimmer, wo
ungefähr zwanzig Mann in düsterem
Schweigen versammelt saßen. In der ei
nen Ecke stand ein noch unberührtesßett,
in der Mitte ein Tisch, um welchen die
Männer saßen, die Zeuge sein sollten bei
dem herannahenden Zweikampfe.
Ein Theil davon waren Offiziere aus
des Obersten Regiment, die andernPflan
zer, Besitzer von ausgedehnten Länderei
en und bedeutendem Vermögen. Keiner
wollte das Schweigen brechen. Jeder sah,
daß die Andern mit ernsten Gedanken be
schäftigt waren, wie sie dasaßen, den Tisch
in der Mitte, oder sich selbst wechselseitig
anstarrend in düsterem Zwielicht.
Da saß der tapfere Capitän, aber er
schien alle seine schönen Redensarten über
Ehre und Ritterlichkeit vergessen zu ha
ben ; neben ihm der Fähndrich, dessen
blasses Gesicht, in der That noch weit
blässer als sonst, von einer in Angst u.
Kummer durchwachten Nacht erzählte:
dann unser Freund der Pflanzer, der, so
früh es noch amMorgen war und obgleich
er noch nichts zu sich genommen hatte,
schon eine Cigarre zwischen den Lippen
hielt und sein Gesicht hinter Rauchwolken
verbarg.
Nur der Oberst und der Geforderte
fehlten noch.-Der Oberst war jedoch nicht
weit; er saß im Nebenzimmer mitSchrei
ben beschäftigt. Nahm er Abschied von
seinen Verwandten, oder schrieb er seinen
letzten Willen nieder?
Da schoß der erste Sonnenstrahl durch
die Fe.nster und tanzte auf der Spiegel
fläche des Tisches.
Als hätte dieser Strahl, der dasDun
kel plötzlich erhellte, mit einem elektrischen
Schlage, alle Zungen gelöst, begann auf
einmal die ganze Gesellschaft zu wispern.
Der Eine sprach von der traurigen, fata
len Nothwendigkeit, seine Ehre im Blute
des Beleidigers rein zu waschen, ein An
derer von den unglücklichen Frauen und
Kindern, welche der ritterliche Codex schon
zu Wittwen und Waisen gemacht, der
Dritte von der Wunderkraft, mit welcher
ein Degenstoß gebrochene Herzen heile,
oder von der leichten und kurzen Metho
de, die verletzte Ehre mit einer Pistolen
kugel wieder zusammen zu löthen.
Einige sprach?« von demObersten, von
seinem tadellosen Charakter, von seinem
Glücke, das ihn mit zwanzigLebenSjahren
schon so hoch stellte, u. von dem Unstern,
der vielleicht schon in ein paar Stunden
seinem Leben ein Ziel setzen würde.
Andere rühmten wieder die Vorzüge
seines Gegners, die ihm die Herzen so vie
ler Freunde gewonnen hätten, und spra
chen von den theuren Banden, die ihn am
Leben festhielten. Und in weniger als
einer Stunde war dieser Mann vielleicht
ein kalte Leiche!
Unser Freund, der Capitän, schlug alle
diese ernsten Betrachtungen nieder mit
den Worten: Der Oberst ist geschlagen
worden und muß jetzt fechten.-DerPflan
zer sagte nichts, sondern rauchte ruhig
seine Cigarre; aber er gedachte der Mut
ter und Freunde des Obersten, die viel
leicht von seinem Tode hörten, bevor der
Tag um zwei Stunden älter geworden.
WaS den Fähnrich anbelangt, so hatte
dieser nichts zu sagen; seine Sache war
es, darauf zu sehen, daß die Mordwaffen
in guter Ordnung seien, und daß der Mord!
selbst nach allen herkömmlichen Gesetzen
Laufende Nummer 2A
und Gebräuchen vor sich gehe. Das war
alles, was er zu thun hatte, und er war
te mit löblicher Ungeduld wie es sich für
einen guten Sekundanten gebührt, auf
den Augenblick des Zweikampfes.
Endlich zog er seine Taschenuhr her
aus und kündigte an, es sei bereits sieben
Uhr. '
Diese Nachricht erregte eine allgemeine
Bewegung in der Gesellschaft, und zu
gleicher Zeit öffneten sich beide Thüren deS
Zimmers.
Durch die Thür, welche zum Vorhaus
führte, trat ein großer, schmächtiger Man
ein, mit einem Pistolenkästchen unter dem
Arme.
Der Sekundant HerrnPayne's, schall
te es auf einmal von zwanzig Zungen.
Und diesem großen, sckmächtigenMan
ne mit dem Pistolenkästchen unter dem
Arme folgte ein anderer, von kleinem, a
ber starkem und gedrungenem Bau, mit
nicht ungefälligen Zügen, der Gegner des
jungen Obersten selbst, Herr Payne, der
gestern den Liebling des Volks zu Boden
geschlagen hatte.
Der Sekundant verbeugte sich und lehn
te sein Kästchen auf die Brust; Herr
Payne verneigte sich gleichfalls, und blieb
dann mit gekreuzten Armen ruhig stehen.
Sein Muth war über jeden Zweifel erha
ben ; und doch verdunkelte eineWolke von
traurigem Ernst, ja Trübsinn seine Züge.
Der Oberst schießt vortrefflich und ist
ein Meister in Führung des Degens, wis
perte man sich zu.
Er wird seinen Mann gewiß klopfen,
sagte der Capitän fast drohend.
Der Fähnrich stand auf, verbeugte sich
zweimal zuerst gegen Herrn Payne, dann
gegen den Sekundanten und begann hie
rauf mit diesem alsogleich die Conferenz
über die Wahl der Waffen und über die
Formen, welche bei dem bevorstehenden
Zweikampfe beobachtet werden sollten.
Zhr Gemurmel allein brach das fast a»
themlose Schweigen der Gesellschaft. Soll
te mit Büchseu, mit Pistolen oder mit
Degen gefochten werden? Hier in diesem
Zimmer oder in freier Luft? Sollte ein
fallendes Schnupftuch das Zeichen zum
Beginne des Kampfes geben? Wie viele
Stöße oder wie viele Schüsse wie viel
vergossenes Blut sollte hinreichen, die ver«
langte Genugthuung zu geben?
Dies waren die großen Fragen, um
sich die Unterredung der Sekundanten
drehte, die in leisem Tone aber lebhaft,
geführt wurde, jetzt von einer Verbeu
gung, dann wieder von einem Lächeln be
gleitet. Denn der Sekundant bei einem
Duell ist der höflichste Mann von der
Welt.
Indessen stand Herr Payne allein, mit
gekreuzten Armen, bald auf den Kamin,
bald wieder zum Fenster hinausblickend.
Vielleicht dachte er nach über den Vor,
fall, der ihn hierherführte, über die Stel
lung, welche er hier einnahm, öder viel
leicht auch darüber, wie die Sonne, die
jetzt so freundlich zum Fenster hereinscheine,
in kurzer Zeit das Antlitz eines Leichnams,
und eines Mördes, oder gar zwei Todte
beleuchten werde.
duld auf das Ende der Unterredung der
Sekundanten und auf das Kommen sei
nes Gegners.
Wir vergaßen, daß auch die zweiteThür
geöffnet wurde. Durch diese Thür
kam der Oberst einige Augenblicke nach
dem Herr Payne und sein Freund durch
die andere eingetreten waren. Er blieb
noch einige Zeit hinter dem Schatten des
Bettes verborgen, aber dann trat er plötz
lich hervor, unmittelbar vor Herr Payne
selbst hin.
Dieser fuhr mit unwillkührlicher Ue
berraschung zurück, als er zuerst denSchat?
ten seines Gegners und gleich darauf die
hohe Gestalt selbst erblickte.
sSchluß folgt.z
Die Gesetzgebung vo« Virgimen hat 100.»
OSO Thlr. zur Errichtung eines Washington.
Monument« in Richmem», Ba, angewiesen.