Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, May 08, 1849, Image 1

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    Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caumies allgemeiner Anzeiger^^
N ÄiN A, Ucnn. Gedruckt und von Arnold Pnwell e, in der Slid tiren Straße, zwischen der Franklin- nnd Cinsniil - Straße.
Jahrg. Itt. gan;e Nm».
Bedingungen: Der Uilicrille erscheint jeden Dienstag aus einen, großen Supcri.il - Bogen mir schönen vettern aetruckt. Der Eul'scriptions - Preis ist Ein Tl)a l e r des Jahrs, welcher in halbjährlicher
erdeten wird. Wer in, dcö Jahres nultt bezahlt, dcni werten Hl 5» angerechnet. Für kürzere Zeil als <5 Monate wird kein Unlerschreiber angenommen, »nd etwaige ?tuskr'indigr,ngen werten nur
dann n, wenn sie einen Mon.n vor des geschehen und alle Nücksrande abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis ein
genickt. llnte» !<hreibern in hiesiger wird die .Teilung portofrei gespickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Trager, aus Kosten der llnterschreiber. Briese und dergl. müssen s? ostsrei eingesandt werden.
Die verrückten Onglättder.
Wenn wir oft die auf dem Festlande
lmherreisenden Engländer, mit ihren ruck
ichtslosen Eigenthümlichkeiten betrachten,
0 sind wir geneigt Ihnen allerlei fixe
!>deen zuzuschreiben. Der Englanoer ist
in individuel freier Mensch. Er lebt
u Hause in seiner Familie und auf den
weisen, als ob er seuie Faimlienwohnung
licht verlassen hätte, in der Regel gu,z
seinem persönlichen Behagen, ganz
RiS sich und für sich, und erwartet und er
?ägt das auch von seinem Nebenmensch.m.
50 kommt es, daß der Ausdruck „verrück
? Engländer" gang und gäbe geworden
t. Manchmal liegt aber auch diesen äu
ern Eigenthiimlichl'citen, .ine geheime
hwer zu erforschende Absicht zu -munde,
nachfolgende Geschicyte liefen hieven ein
Heispul:
AIS ich vor nicht langer Zeit in dem ge
)erbsleißigen Belgien reist', dessen re che
eschichtliche Erinnerungen vielfaches In
presse erwecken, yieic ich mich einige
Ostende, das schon so m nchen Gluck»
oechsel erfahren, auf. Mein Hausmulh
>ar ein bejahrter, gesprachiger Mann,
nd wußte mehr als eine Gescyichte aus
m verhangnißvolien Kriegszeiten, wie
ren auch Deutschland viele tennr, zu er
hlen. Ader auch an heiteren An.kdo
n war er reich; besonders ist mir eine,
elche er an euiem freundlichen Morgen,
ir erzählte, treu im Geoachnuß geblie
n. Ich will versuchen, sie in seiner na
rlich anziehenden Weise wiederzugeben.
-„Anno 1817 kamen 2 Engländer nach
stende. Sie sahen so seltsam aus, daß
an sie sogleich sur z>'vei Originale erklä
n mußte. Der Eine, klein, derb und
>thhaarig, der Andere lang und dünn.
:er.kleine nannte sich Ri.yaro Monbray,
m langer Kamerad Julian, Frachering
n. Beide waren un besten Alter, so
vischen -Ii) uno .">5), u>w von Hopf bis
1 Fuß sah man ihnen die
»t an ; auch waren ihre Passe in der be
en Ordnung
In der Wahl des Gasthauses waren
? aber gar unglücklich gewesen, denn 5aS
rZirthshauS „zur Schelde" :n der sr.
»udulastrape, nach welche,:, sie sich
eich nach ihrvr Ankunsc harten fuhren
Mn, gehörte zu den schiechtesten, und
r Wirth war ein Spitzbube. Um so
srgnugter rieb er sich bei der Ankunft so
nerwarteter Gaste die Hände. Sie
ählten sich die besten Zimmer aus und
achten dem Wirthe einen Speisezettel zu
»rem Mittagsmahl, welcher die besten
enner in dieser Hinsicht verrieth. Da
aren sie aber schlecht gefahren. Wäre
>r Magen nicht von der Seefahrt her,
empfänglich für alles gewesen, so hat
n sie die Speisen und den sauren Wein
cht hinunter bringen können. Was die
.echnung und.das Bezahlen betraf, da
lber schien der Wirth nicht die geringste
engstlichkeit zu hegen ; er überreichte die
stere ruhig am Morgen in doppelten
nsatzen, und erhielt sie ohne die leiseste
Bemerkung ausbezahlt. So weit war
lies gut. Jetzt überkam, Van R )S
-)ort, den Wirth, plötzlich die Angst, die
seltenen Paradiesvögel möchten seinem
allzuschneU enrsliegen.
Allein das Freundepaar machte nicht
e geringsten Anstalten zur Abreise, ob
)on der Eilwagen, lockend bei ihnen
»rübersuhr; sie blieben gemächlich in
ren Zimmern im Gasthof zur Scheide,
»er gingen in der Umgegend spazieren,
jen und tranken, rauchten und schliefen,
sen Zeitungen, und lebten überhaupt so
tedlich und ruhig, wie die Engel nur le
n können. Sie vermieden jeden Ver
hr mit den Stadtbewohnern, kümmer
n sich nicht im geringsten um Sehens
ürdigkeiten, versandten keine Hriefe und
hielten keine, die Welt war für sie todt,
>d sie für die Welt.
jeden dritten Morgen ke
hlten sie ihre Rechnung, und obschon der
»jrth das kleinste Ding zum dreifachen
erthe anrechnete, so zogen sie nie einen
Pfennig ab. Van Rysvoort war im
Allgemeine,', sehr gesprächig, seit aber die
Engländer so gut bezahlten, kümmerte n
sich gar nicht mehr um seine übrigen Gä
ste, sondern wandte seine Aufmerksamkeit
nur jenen zu. Hatte er nur gewusit, wer
sie eigentlich waren, und warum sie nach
ästende gekommen seien. Sein Kopf
wurde von den vielen Vermuthungen
ginz verwirrt, und der Mittheilung be
dürfend, zog er endlich seine Frau zu Ra
! the. Aber auch selbander vermochten sie
das Räthsel nicht zu lösen und mußten
Freunde und Nachbarn in das Vertrauen
ziehen.
~(56 sind Spione," sagte der Eine.
~Verbrecher, welche der Strafe entstohen
sind," ein Anderer.
Der Stadtschreiber, der einige Jahre
in England gewesen war, und ebenfalls
der Berathung kam, setzte sie über die
! Sache sogleich in s Klare,
j strengt Euren Verstand nicht so an,
ich will euch gleich sag.n, was die beiden
Engländer für Leute sind —wißt Ihr waS
sie sind?-verrückte Engländer."
! „Ja, sperrt nur die Augen auf. Wißt
' Ihr auch, was das heißt? Hort, ich will
!es Euch erklären. Ich kannte in London
seinen alten Mann, welcher sich so an das
Zetteln gewohnt hatte, das er fünfzehn
i lahr laug das elendeste Dasein, daS je
!ein Ärmel geführt, hinschleppe, und ob
schon er von seinen Bettelgenossen, alle
möglichen Quälereien erdulden mußte, ob
schon er durch diese Lebensweise sich Prü
gel und Gefängniß zuzog, beharrte er doch
dann. Eines Morgens fand man ihn er-
froren in einer kleinen Gasse liegen ! Nun
aber hört! er hinterließ einen in allen
> Formen gültigen, und durch einen Notar
> aufgesetzten letzten Willen, in welchem er
einer Stadt, die er nie gesehen und ge
! kannt, mehr als 50, Pfund Sterling
. vermachte. War das nicht ein ven üekter
Engländer ? Und in der Scheide sind auch
so ein Paar. So sprach der kluge Mann,
! allein Van Rysvoort antwortete: „Ver
rückt oder nicht, mir ist'S einerlei; sie sind
jedenfalls gute Hunden, leben gut, bezah
len gut und klagen nie. Wenn ich fünf
! Jahre solche sie behalten konnte, wä-
re ich ein gemachter Mann.
Eine Woche nach dieser Unterredung,
fließen die Engländer den Wirth zu sich
und sagten: „Herr Van Rnö
. lhr Gasthaus gefällt uns gut, sehr
!gut, und wenn der Vorschlag, den wir
machen wollen, Ihnen gefällt, so
! können wir unsre Bekanntschaft fort
> setzen."
j „Meine Loids," erwiederte der Wirth
unter tiefen Bücklingen, „verfügen Sie
über mich, sprechen Sie Ihre Wünsche
nur aus, Harmoniren gewiß ganz mit den !
meinigen, wuß schon, was ich auögezeich-'
nete» Gästen schuldig bin."
„Guter Mann," sagte der kleine fette
Mann, „Ihr Gasthaus ist ganz und gar
nicht so groß, als es sein sollte. Sie ha
ben nur drei Zimmer, in welchen vorneh
me Leute wohnen können, wovon die Fen
ster noch gar auf die Straße gehen, so daß
man das ewige Wagengerassel hören muß.
Wir aber lieben die Ruhe, wird
man jeden Augenblick durch einen Lärmen
aufgeschreckt. Unsere Gesundheit würde
darunter leiden, wenn wir dieß noch län
ger ertragen müßten."
„Thut mir sehr leid, dies zu hören,
meine Lords, aber was kann ich thun?
Sie haben wohl recht, der Lärm ist gren
zenlos, aber ich kann doch nicht die Stra
ße absperren."
„Natürlich nicht, die Sache ist jedoch gar
nicht so schwer, als Sie meinen."
„Wenn sich Eure Lordschaft näher er
klären wollten."
„Die Kosten können nicht so bedeutend
sein und wir sind bereit, die Hälfte zu tra
gen."
„Bitte unterthänigst sich deutlich aus
zusprechen, schrie der Wirth voll Wärme,
wie man sie sonst gar nicht an ihm ge
wohnt war.
"TVillig zu loben und okne Furcht zu tadeln."
Dienstag de» 8. Mai,
„Sie haben hinter ihrem Hause einen
kleinen Garten, in welchem nichts wächst,
und dessen Mauer einzustürzen droht.
Konnten Sie da nicht ein kleines HauS,
mit drei hübschen Zimmern bauen, in de
nen wir eine ruhige Wohnung hätten?
Wenn Sie ohne alle Bedingung in unsern
Plan eingehen, so wollen wir, wie gesagt,
oie Häisre der Kosten tragen. Wenn
wir abreisen, gehört das HauS ganz allein
Ihnen ; ist Ihnen jedoch dieser Plan nicht
anständig, so müssen wir leider gehen, so
gerne wir auch bleiben möchten.
Van Rysvoort ging eifrig auf den
Vorschlag ein, da er ihn ganz zu seinem
! Vortheile fand; so behielt er diese Herr
liehen Kunden, und noch dazu, wurde sein
HauS auf ihre Kosten vergrößert.
Noch denselben Abend berieth sich der
' ehrliche Wirth „zur Scheide", mit einem
Baumeister, und schon am folgenden Mor
gen ging er ans Werk, da die Engländer
durchaus keinen Aufschub gestatteten.
Sobald sie den Boden abgesteckt hatten,
nahm die Arbeit einen raschen Fortgang
Vom Morgen bis zum Abend stand
Richard Monbray und William F rat her
ington bei den Arbeitsleuten ; Van Rys
voort, nahm den größten Antheil an Allem
waS vorging, sagte aber kein Wörtchen,
Er war eigentlich nicht recht zufrieden mit
der Eile, mit welcher die Engländer das
Bauen betrieben, denn auf solche Weise
konnte das Haus nicht für lange Dauer
sein; es wäre ihm auch lieber gewesen,
wenn das Häuschen nicht so ganz in der
Ecke bei dem alten Walle ausgeführt, und
wenn es eine Treppe hoch gebaut worden
wäre; allein seine Gäste waren unerbitt
lich und erlaubten nur ein Erdgeschoß
aufzuführen. In vierzehn Tagen stand
das Gartenhaus, wie durch Zauber hervor
gerufen fertig da, und die Engländer
nahmen es unverzüglich in Besitz.
Jetzt war Van Rysvoort und seine
Frau überzeugt, daß die Engländer
verrückt seien, da r"n vernünftiger Mensch
nie ein gut ausgetrocknetes Haus, mit ei
nein feuchten vertauschen würde. Uebri
gens, w.is geht sie daS an? daS ist Sache
der Gäste, und da das Ganze eine Grille
schien, so beschloß das edle Paar sich auch
gut dafür bezahlen zulassen. Laut der
verschiedenen Rechnungen der Handwerks
leute, welche daran gearbeitet, kostete das
ganze Haus 2!»7 ! Gulden, eine Summe,
welche dem Wirthe so unvernünftig klein
vorkam, daß er sie blos auf 4748 Gul
den erhöhte,—versteht sich in seinen eige
nen Beutel. So ungeheuer groß, die
gelegte Rechnung auch den Engländern er
schien, sie bezahlen sie, uud der geizige
! Wirth tröstete sein Gewissen mit dem Ge
danken : es ist schon wohlfeil genug da
für, dafür, daß ich solche wahnsinnige
Verrücktheiten auf meinem Eigenthnme
dulde.
Als nun nnt der Bezahlung alles in:
Reinen war, und die Engländer in ihrem
Gartenhause sich eingerichtet hatten, sah
man sie selten mehr außerhalb desselben.
Sie aßen, tranken, rauchten, und lasen Zei
tunken, wis gewöhnlich. Das Me kw»>'
digste von der Geschichte war aber, daß kei
ne Sterbensseele bei Ihnen eintreten durf
te. Sie machten sogar ihre Betten selbst.
All diese Zeit über war ihre Bedienung
sehr schlecht gewesen ; vielleicht, dass Frau
Rysvoort versuchen wollte, wie weit ihre
Geduld gehe; denn es konnte wohl nichts
Schlechteres geben, als das Essen und
Trinken, das ihnen vorgesetzt wurde. Der
ehrsame Van Rysvoort war nämlich der
Meinung, daß verrückte Engländer, ehe
sie guten Wein zu trinken bekämen, ihn
auch müssen schätzen lernen- Wirklich kam
auch nichts der Gutmüthigkeit, mit wel
cher sie zahlten, gleich, als das Phlegma,
mit welchem sie die schlechtbereiteten Spei
sen verzehrten.
Und sonderbar! Je unverschämter der
Wirth wurde, desto nachsichtiger fand er
seine Gäste, ein Räthsel, daö sein armes
i Hirn in bedeutende Thätigkeit versetzte;
er wagte es sogar, seinem Gesichte den An
schein eines verbiss.nen Aergers zu geben»
aber er konnte den Gleichmuth der beiden
Britten nicht erschüttern. Der Umstand,
daß >i'e ibreß. tten selbst machten, war arlch
wirklich das Verrückteste und Neugier er
regend sie, wis man sich denken konnte;
und warum verriegelten sie sich immer so
sorgfältig ? warum brannten sie die gan
ze Nacht ? Sie hatten doch däs Gar
tenhaus gebaut, um ruhig schlafen zu kön
nen, und jetzt seitdem sie darin wohnten,
schienen sie gar nicht ».ehr ;u schlafen.
Wahrhaftig! e' war, um selber närrisch
zu werden, nie Van Rysvoort sagte, und
s.ist ging es idm so. Ganze Nächte stanv
er an seinem Fens.er, nnd sah hinüber nach
der Wohnnng, und beo
bachlele das Wimmernde Licht,
in der Hoffnung, dal; ein Schatten ihm et
was verrathe—aber Alles umsonst! Jetzt
kann er s »'cht länger mehr allein ertra
gen. dies Quäl n und Sinnen, er muß ei
nem Fi unde s. a Leid mittheilen, das ihm
das Leben fast verbitterte, trotz der pünkt
Uch bezahlten Rechnungen. Nach langer
Berathung kamen sie endlich zu dem Er
i gebniß, das' die beiden Engländer Falsch
s.in mußten. Van Rysvoort,
war von diesem Ausspruche eiqentlichzgar
nicht so sehr erschreckt; er lief nur sogleich
zu dem Kasten, in welchem die Goldstücke
von seinen räthselhaften Gästen aufbe
wckhrt lac-en, musterte sie u>.d fand nicht
ein verdächtiges. Doch um den Willen
seiner Ehehälfte zu erfüllen, nahm er eine
Guinee aus der gefüllten Sparkasse und
trug sie zu einem benachbarten Wechsler,
damit er ihr Gewicht und ihre Reinheit
prüfe. Der Wechsler machte alle nöthi
gen Versucke, und erklärte sie vollwichtig
und reinhaltig. Jetzt w ' der ehrsame
Wirih mit sammt seine, Friu und der
ganzen Gevatterschaft, am Ende aller
Weisheit!
So gingen die Dinge ihren Gang fort,
bis gegen Mitte Oirober die Engländer
plötzlich ihre Lebensweise änderten und
> mit Flinte und Jagdtasche j doch stets
l einzeln—auszogen, um. wie sie sagten auf'
! den Dünen und Kanälen zu jagen. Die !
ses Vergnügen mußte ihnen sehr zusagen,!
denn Fretberington rief eines Abends bei
seiner Rückkehr den Wirth bei Seite und
theilte ihm mit, daß sie auf drei Tage zu
einer lagdpartie verreisen würden.
Dem war auch so. Am andern Mor
gen vor Sonnenaufga .g, hieir ein H . ?en,
vor dem Thore, und die Engländ r in völ
liger lagdkieidung, stiegen ein, und fuhren
ab; Alles geschah in solcher Eile, daß der
Wirth nicht einmal Zeit hatte, einen tie
fen Bückling zu machen und viel Vergnü
gen zur Reise zu wünschen. Während
dieser drei Tage, war vergüte ehrliche Van
Rysvoort in beständiger Unruhe und Ver
legenheit. Die Engländer batten den
Schlüssel zamGartenhause mi' .enoiamen.
und Neugierde kämpfte mit kluger Beschei
denheit- Brich die Tbür aus! stusterte
nicht da wirst sonst deme Gäste verlieren,
warnte ihn die Klugheit.
Mittwoch, der 4te Tag nach der Abrei
se der Engländer, erschien, aber sie waren
noch nicht zurück. Man hielt am Abende
dieses Tages eine stürmische Sitzung in
der Wirthostube, wo alle möglichen Ver
muthungen aufgestellt wurden.
Donnerstag nahm Van Rysvoort sei
nen wärmsten Winterrock vom Nagel,
schlüpfte hinein, und begab sich zur Poli
zei, um dieselbe von dem bedenklichen Fal
le in Kenntniß zu setzen. Doch war er
des Ganges nicht froh, denn er berechnete
weislich, daß, wenn seine Gäste ein früh
zeitiges Ende gefunden hätten, er nicht un
gestört in den Besitz ihrer Kostbarkeiten
gelangen würde- Ein Polizeicommissär
und drei Gensd'armen verfügten sich nach
dem Wirthshause, um die Sache aufzu
klären.
Laufende Nummer S 7.
Mit größter Feierlichkeit und Formbe
. achtnng schritt man zu dem Geschäft; ein
, dreimaliges Klopfen an der Thür forderte
, zum Oeffnen auf umsonst—Leine Antwort
> erfolgte. Darauf geschah nach üblicher
Weise der gewaltsame Eintritt. Endlich
; ivar der lang ersehnte, glückliche Augen
> blick gekommen—die Thüre stand weit of
fen. Ab,r horch ! was erblickten sie?
r Nichts, buchstäblich genommen, nichts, gar
nichts!
Der Diener der Polizei und der Wirth
. fuhren entsetzt zurück. -- dann folgte ein
, lang gehaltener Athemzug, des Kopf an
, Kopf gedrängten Haufens von Freunden
> und Verwandten, die im Hinlergrunde
> standen, bis enclich ein Gensd'arm sein
Schwert zog und muthooll in die geheim»
nisworlen Räume vordrang, woraus eine
! lange verhängnißvolle Stille eintrat. Ä-
b'r auch hier fand er nichts als zwei leere
Truhen, und einen offenen Brief. Mit
dieser Beute eilte er zurück, und neues A
> rhemholen, neue Bewegung, bewillkommte
den Sieger, neue Stille folgte, als der
- Eommissär Folgendes zu lesen begann:
„Theurer Van Rysvoort! Obschon ü
berzeugt.daß Sie in den Chroniken ihrer
Stadt, ebenso bewandert sind, wie in Ih»
- rem Hauptbuche, über dessen Pünktlich
» keit Sie uns keinen Zweifel ließen, möchte
> es jedoch nöthig sein. Ihnen zu erzählen,
daß Ostende im Anfang des siebzehnten
Jahrhunderts, in den Krieg, welcher da«
mals zwischen Holland und Spanien wü
thete. verwickelt, und vom Jahre 1604»
all den Wechselfällen unterworfen war.
welchen eine Stadt in solcher Lage unter«
worfen ist, bis die holländische Besatzung
gezwungen ward, dem spanischen General
Spiola sich zu ergeben. Unter den Ver
theidigern. welche als Helden unter den
Fahnen der vereinigten Provinzen kämpf
ten, waren manche Engländer. Söhne der
edelsten Familien VritlanienS. Auch ei
ner unserer Ahnen, diente während dieses
Krieges, als Schatzmeister in dem Heere.
Ehe Ostende sich ergab, hatte er die Vor
sicht nno Klugheit, den öffentlichen Schatz
vor der Beutelust der Spanier in Sicher-
heit zu bringen.
Bald nach seiner Rückkehr nach Eng
land starb er, hinterließ jedoch seiner Fa?
miüe einige Andeutungen über die verbor
genen Schätze. DaS Glück sie zu heben,
is: nun uns zu Theil geworden, nnd Ihr
war d . Ort. wo sie vergraben la
aen. Ns wir einmal auf die Spur ge
kommen waren, verloren wir keine Zeit,
uns in Ihrem Wirthshause einz'.nniethen,
und fanden auch bald Ursache, mit unse
rer Arbeit zufrieden zu sein. Oyne Ver
dacht zu erregen, erreichten wir unsern
Zweck, und eigneten uns, als rechtmäßige
Besitzer die Schätze zu. welche solange in
tiefster Vergessenheit geblieben. Wie wir
arbeiteten, braucht nun nicht täuger mehr
ein Geheimniß zu bleiben, doch wollen wir
der Enthüllung noch die Erklärung auf
Manneswort voransinicken, daß wir Hrn-
Van Rysvoort, gro's.nüchig einen Theil
der Reichthümer zukommen ließen. So
lange Ostende steht, mag noch kein Wirth
solche einträgliche Gaste gehabt haben»
Sie haben uns auf jede mögliche Weise
dermaßen ausgeplündert, wie es nur Ban«
ditten vermocht hätten. Genug. Sie ha
ben, wie wir schon versicherten, hinlängli
chen Nutzen gezogen. In dem hintersten
Zimmer, werdemSle den' Boden aufgebro
chen und eine etwa zehn Fuß tiefe Höhle
finden, in welcher eine eiserne Kiste liegt.
Die alten Dukaten von Earl dem Fünf
ten haben wir mit Muke herausgenommen
und in Sicherheit gebracht, die Kiste ver
machen wir Ihnen, und überlassen Ihnen
die Höhle, gain nach Ihrem Gutdünken
wieder auszufüllen.
Sollten Sie vielleicht zu wissen wün
schen. wie die „verrückten Engländer" ei
gentlich heißen, so müssen wir unendlich
bedauern. Ihnen nicht willfahren zu kön-