Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, June 20, 1848, Image 1

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    jk caÄi N g, M»!N. Gedruckt und hermisgegebeii von Arnold Puwe l! e, in der Süd Kren Straße, zwischen der Franklin- und Cher'iuil - S mw'.
Jahrg. Num. <
«edtNgunge» : Der Aibrrale lleob.irlUer erscheint jeden Dienstag aus einem grof,«n - Bogen mit schonen vettern gedruckt. Der Sul'seriprioM' - Preis ist Ein Tl)a l e r des Jahrs, welcher >n halbjährig .'
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im des Jahres nicht bezablt, dem werden HI s>n angerechnet. Für kürzere Zeil alc> <> Monate m>rd ken, llnlerschreiber angenommen, und etivmge Aufkündigungen weiden nn
dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Subseriptions-Teriiiins gejchehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen »nd für den gewöhnlichen Preic ein
gerückt. llnterfchreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. Briefe und dergl. müssen po st frei eingesandt werden
L«»ladnng zu, S»bsc»is'ton-mn- 37!
Abenteuer in Mexiko,
NZKHrcnd sicl'eiimonatlicher
in Inner»,—indem der Verfasser nebst zwei
«»der» amerikanische» Bürgern durch Ca»a
ev' G»erilla-Ba»de bei Camargo gefangn,
leiioinme», nach Validolid, jenseits derSradt
Meriko traiisportirt und >» die Sklaverei
verkauft werden; —enthaltend
eine Menge romantische Abenteuer,
!Lcschrcib»»g des tandee, Bodens, Klimas!
ind der Produkte; der Hülftguellen, Natur- i
vi>»der und Alterthümer; der Citiee', Gtäd
le, Haciendas und Ranchos; des Kirchen->
i-eichthiiins und EinstlusscS der Geistlichkeit ;
der Regierung und des Volkes, nebst dessen
Gilten und Gebräuche», gesellschaftlichen
Lebens und der Vergnügungen. Ferner : Be-!
schreil'ung der Kampfplätze, endliche,? Entwi-!
fchen u»d gefahrvolle Neise nach de» Ver. >
Staaten.-Mit Hinsicht ans den Krieg »nv
die endliche Bestimmung des ta»de6. Von!
Z. Dsnnavan. —
Dieses Werk wird ungefähr Lex» Seiten !
schöner Schrift nnd ans gutem Papier eut
halte», nnd wird llnlerschreibern, geheftet zu
37!, oder gebunden zu >?l) Cents geliefert.
Henry Hawree!?»
Kutztaun, April ll!. 1848.
VH"Subseribe»teu auf obiges Werk wei den
in dieser Druckerei angenommen.
AttdcisP nbliknn!.
L Felix und möchten die
W> Aufmerksamkeit der Händler und des
Publikums überhaupt auf ihr ans-
Assortemeut von Stiefel»
und Sekul'en lenken, welche sle jetzt vom O-
Isteii erhalten. Diese Güter sind besonders
für diesen Markt ausgesucht nnd werde» ver
sichert von der besten Onalitär ;» sein. Kauf»
leute, die i» »iiserm Geschäftefache handeln,
ltinne» iln Assortemeut hier so wohlfeil aus»
'suchen, als in Philadelphia, und von besserer
Qualität. Es kann nicht fehlen daß das Pub
likum mit versicherten Gütern bedient wird,
wohlfeiler als sonstwo. Rufet an, sehet und
urtheilet für Euch selbst.
H. L. Felix und Co.
Ro. I.N.W. Ecke der Penn und 5. Straße
Reading, Mai S 3.
B a u materialie n.
So eben empfange», eine» grossen Vorrath
Baumaterialien. Nagel, reines Bleiweift von
vorzüglicher Oualität; alles sehr niedrig zu
Verkaufe» bei Franklin Miller.
Reading, Mai 23. 3m.
Klinten, die ganz vor-
sind, sind ju verkaufe» für we
niger als den Fabrikpreis, am neuen Eisen
stohr von Franklin Nuller.
Vleading, Mai SA. sm.
Der woblfeilste und einzige Plal), wo
l die allergrößte
Verschiedenheit von Oesen
zu Kaden ist, aua dem bejten gereinigten
lLisen verfertig», ifk an
.Hill und Klein s
Groß- und Kleinverkauf Stohren Manu
faktur, No. 2A3 Nord Zweite Stra
ße, über der Wein, und 55 Callaw
hiUstraße, oberhalb der zweiten,
Philadelphia,
Welche zum Verkauf anbieten, ein vorzügliches
'Assortement, bestehend aus den verbesserten /ti?-
den neuest verbesserten und
berühmten tDlc
Rochöfen, Pbiladelpdia
und vielen andern, von den besten gangbaren
Oefen die im Markte sind. Rufet an und be
sichtiget ihren Borrath, ehe ihr kaufet, wir «Ver
den woklfeil verkaufen. Händler werden ih
ren Vortheil befördern, wenn sie v c> n n n g
kaufen.
Philadelphia, Mai 16. !Z.
Monumente, Grabsteine
und Bauarbeit.
Die Unterzeichneten bieten dem verehrten
Publikum ihre Dienste an» in Ausführung von
«infachen und verzierten Monumenten, Mar
mor» und Sandstein-Arbeiten zu wohlfeilen
Preisen.
Solche ihrer Mitbürger, welche etwas Vor
zügliches in dem obigen Fache zu haben wün
schen, sind höflichst eingeladen anzurufen und
ihre fertige« Arbeiten, wie auch ihre grosseSam
lung von Zeichnungen für Monumente und
Grabsteine in Augenschein zu nehmen.
F. H. Strecker,
H. Hotem,
Riegelbahnstrake, zwischen der Penn und
Franklin, Reading.
Aechte Kaiser-Pillen.
Einen Vorrath ächter Baiser-Pillen just
erhalten und zum Verkauf in dieser Druckerei.
November 2V. 3m.
Uud Berks, Moiugomm) »»d SchmMll Cauuries allgemeiner Anzeiger,
Sv (Hott will! oder die Vat
zen -
Erzählung von Gustav Nicritz.
lFortsetznng.Z
Daö Kammergericht war versammelt.
DesEandidaten Papiere—Paß undTaus
schein —wurde» examinirt; er selbst und
die anderen Vorgeladenen standen erwar
tungsvoll da. Der Verblichene begann,
wie üblich, sein Testament im Namen des
dreieinigen Gottes, welchem er seinen Geist
defahl, den Leib wollte er prnnklos zwar,
doch anständig zur Erde bestattet wissen,
was auch bereits geschehen war. Seiner
alten Wäscherin, die dem Hagestolzen seit
langen lahren die Wäsche besorgt hatte,
vermachteer Thaler, welche derselben
in eben so vielen monatlichen Zahlungen
verabfolgt werden sollten. Ein vieljähri
ger vertrauter Freund bekam ein Legal von
Thalern und die Eharitee zu Berlin
als Universalerbe die ganze übrige Ver
lassenschaft, welche allein an baarem Gel
de und ausgeliehenen Capitalien
Thaler betrug. Die beiden ersten Lega
tarien machten ob der geringfügigen Erb
schaft ellenlange Gesichter; die Admini
stratoren der Eharitee hingegen priesen
laut des Seligen frommen Sinn und dem
Eandidaten, dessen Name noch nicht im
Testamente vorgekommen war, drohte die
volle Brust zu zerspringen. „Endlich, —
schloß der Erblasser in seinem Testamente
—soll dem Kandidaten Gottfried Oleari
us in Langensalza der mit seiner Adresse
versehene und versiegelte Papiersact einge
händigt werden."
Der fragliche Sack wanderte aus einer
Hand in die andere, bis er endlich in die
jenige des Candidaten gelangte, welcher
die kleine Bürde vor Zitiern kaum zu hal
ten vermochte.
„Oessnen Sie — gebot der Vorsitzende
—damit wir, im Falle, daß der SackWech
selbriefe oder Staatspapiere enthielte, hin
sichtlich des Erbstempels daö Nöthige be
sorgen können."
Daö Siegel knackte unter Gottfrieds
bebenden Fingern. Indem er den Sack
ausschüttete, gedachte er unwillkürlich an
den Sägespänekasten der alten Base lind
an die herausfallenden, datzengefüllten
Menschenbeine.
Statt deren kamen jetzt zwölf goldge
ränderte, zierlich beschriebene lahrwün
sche zum Vorschein, welche Olearius von
seinem erfüllten litten Jahre an bis jetzt
dem reichen Oheim gewidmet und zuge
schickt hatte. Elf davon hatte der Ver
blichene mit eben so viel Dukaten ausge
löset, der zwölfte dagegen war, unter der
Jüngerzahl gleichsam der falsche Judas
wenigstens fühlte sich
der arme Olearius jetzt wie verrathen und
verkauft. Die Beisitzer des Gerichts sa
hen sich theils betroffen untereinander,
theils bedauernd den Getäuschten an, von
dessen Angesichte jede Spur von Farbe ge
wichen war, dessen Augen gebrochen und
erstarrt auf seinen ihm wohlbekannten
Schri>tzügen hafteten.
Endlich raffte Olearius all' seinenMuth
zusammen. Bevor er aber die Lippen zum
Sprechen öffnete, mußte er durch mehrma
liges Schlucken den ganz ausgedörrten
Gaumen nätzen.
"Der Selige—hob er leise und mit dem
'Ausdrucke des tiefsten Seelenschmerzes an
—war meiner Mutter einziger Bruder -
-und im Leben haben wir ihn mit keinem
Worte beleidigt."
„Lebt Dero Frau Mutter noch ?" frag
te der Beisitzer einer.
Olearius schüttelte das gebeugte Haupt.
„Dann ist das Testament gültig und
kann in keinerlei Weise angefochten wer
den'—fuhr jener fort. — Der Herr da ist
weder Ascendent, nochDescendent von dem
Defunkto, und darum konnte der Letztere
nach freiem Belieben mit seiner Verlas
senschaft verfahren. Ueberdies hat er die
selbe einer milden Stiftung zugewendet
und schon aus diesem Grunde ist das Te
stament rechtskräftig. Wir bedauern den
I Herrn, können ihm aber nicht helfen."
zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Dienstsift dc» Juni, ÜSAB.
„Eorban —wenn ich'ö opfere—" mur
melte Olearius mit des Heilands Worten
in sich hinein. Als aber die andern An
wesenden Worte aufrichtigen Bedauerns
an den 'Aermsten richteten, erhob dieser et
was getröstet das Auge gen Himmel, und
die gefaltenen Hände mit dem werthlosen
Vermächtnisse des Oheims gegen die vol
le Brust gepreßt, sprach er in sanfter Er
gebung „Wie Golt will!" Dann wank
te die gebeugte Gestalt aus dem Zimmer.
Noch hatte Olearius dessen Schwelle nicht
überschritte», als aus den Papieren des
Sackes etwas herunter fiel. Ein Aufwär
ler hob den dahin gerollte» Gegenstand
auf. Es war ein holländischer Dukate»,
den jener, da der in sich versunkene (Kan
didat, auf die an ihn ergangene Aufforde
rung. ihn nicht im Empfang nahm, dem
selben in die Westentasche steckte.
A m Nachmittage desselben Tages stand
Olearius an dem frischen Grabe des har
ten Oheims. „Da liegt er!" sprach er
grollend. „Bald wird ein prächtiger Lei'
chenstei» der Nachwelt verkünden, was
Großes und Rühmliches er der leidendeil
Menschheit bewiesen. Aber verschwiegen
bleibt, daß der gepriesene Wohlthäter sei
ne leibliche Schwester der bittersten Ar
muth preisgegeben, seinen einzigen Bluts
verwandten verstoßen, enterbt ja noch
mehr auf daö Entsetzlichste verhöhnt
und gemißhandelt hat! Und wenn er mir
nur wenigstens den zweihundertsten Theil
seines Reichthums vermacht hätte! Dann
würde die Eharitee immer noch mehr als
Thaler bekommen haben, ich aber
hätte den beiden Waisen die geraubten
Thaler wieder erstatten können, wo
für ich ihm mein Lebelang Dank gewußt
hätte. O Mutter! auf welche Weise
magst dli deinen Bruder drüben in der E
wigkeit empfangen haben?"
Nach einer stummen Pause hob er wie
der an : „Da hat mir mein wackererWirth
den Rath ertheilt, einen Advokaten anzu
nehmen und mein Gesuch um Wiederher
ausgabe der geraubten Batzen vor den Fi
nanzminister zu briiige». Aber welcher
Advokat wird sich eines Mittellosen an
nehmen wollen
Er griff in die Westentasche und zog
den Dukaten hervor, welcher aus dem letzt
geschriebenen Jahrwunsche gefallen war.
„Ich wollte ihn dem Oheim in's Grab
stecken —sprach er.—Wenn ich aber wüß
te, daß er der Dietrich würde, um mir daö
Herz eineö Advokaten und durch ihn das
jenige deö Finanzministerö zu eröffnen:
so wollte ich selbst für diese kleine Gabe
dem Verblichenen noch großen Dank wis
sen !" -
Erst nach Hehreren Tagen supplicirte
Olearius, einen Rechtsbeistand zur Seite,
vor dem mächtigen Finanzminister, und
zwar der Eandidat auf stumme Weise
durch seine Jammergestalt, der Advocat
dagegen in einer wohl überdachten Rede.
Letztere beantwortete das Staatsorgan
ziemlich barsch.
„Will der Herr etwa —sprach er hitzig
das erst erlassene königliche Gesetz be
reits wieder durchlöchern? der Gerechtig
keit eine wächserne Nase drehen? Nichts
damit! Die Batzen sind und bleiben con
fiscirt. Dies des Supplikanten erster u.
letzter Bescheid." Nach diesen Worten
wendete der Minister sich ab und zwang
so die Bittsteller zum Rückzüge. Auf
demselben begriffen sprach der Advokat zu
seinem Clienten: „Das Gewissen dieses
Finanzministers ist begriffen und. abge
nutzt wie eine Accisklinke. Ein Mittel
nur noch steht dem Herrn Supplikanten
offen: der Weg an den König ! Schlägt
auch dieses fehl, so hat es bei dem Deeiso
sein Bewenden."
Langbeinig und dürr, einem schwarzen
Storche gleich, schritt auf tiefsandigem
Pfade, durch schweigsames Kieferndickigt
dahin, Herr Gottfried Olearius, seinen
Paß, seine Testimonia, sein Magisterdi
plom und eine Bittschrift an des Königs
Majestät in der weiten Rocktasche. Sein
Gemüthszustand harmonirte vollkommen,
mit der Außenwelt um ihn her beide
freuden- und hoffiilingslos. Zuweilen
überholte ihn eine Hofkutsche und hüllte
den einsamen Wanderer in eine erstickende
Staubwolke ein, welche die, wenn gleich
wollarme, schwarze .Kleidung allgemach
in diejenige eineö Müllers umwandelte,
und niehtö als Staub trank der
trockne Mund hinein, und fast noch bei
lebendigem Leibe hätte Oleanus zu Stau
be »Verden mögen, was doch sonst den Me
nschenkindern erst nach ihrem 'Ableben zu
widerfahren pflegt. Vier Meilen weit
reichte die unermefiliche Streusandbüchse,
welche zwischen Berlin und Potsdam liegt,
und immer gebeugter ward die Haltung
des Kandidaten, bis mit dem Ende des
WaldeS auch die Landschaft urplötzlich ei
ne andere, heitere Gestalt annahm. Ole
arius erhob daö auf die Brust gesenkte
Haupt und sah daS Ziel seiner Reise
Potsdam im Thale vor sich liegen.
Aber er freute sich dessen nicht; vielmehr
entglitt seiner bangen Brust ein schwerer
Seufzer. Dann suchte er sich unter den
letzten Bäumen des Waldes einen heraus,
der in mäßiger Höhe einen kurzen Ast
stumpf besaß. An letzterem hing er sei
nen Frack auf, band daS weiße Halstuch
ab und
„Was will der Herr da machen?" rief
schnell eine rauhe Männerstimme, und ein
Jägersmann, die Büchse über die Schulter
gehangen, trat auS dem nahen Dickicht
hervor. „Ist der Herr etwa gesonnen sich
aufzuhängen, so wisse er, das! hier könig
licher Forst und der Selbstmord bei lang
wieriger Zuchthausstrafe verboten ist/'
„Darf ich in diesem Anputze mich wohl
vor des Königs Majestät zeigen ?" versetz
te OleariuS trübe, indem er auf den reich
lichen Staub in des Halstuches Falten und
auf dem' Rocke deutete.
„Ah so, das ist etwas Anderes!" erwie
derte der Jäger beschämt und, seinen un
gerechten Verdacht wieder gut zu machen,
begann er nur seinem hölzernen Ladestok
ke dienstbeflissen den aufgehängten Frack
auszuklopfen. Doch verliest er den Kan
didaten nicht eher, als biö derselbe den
Forst eine ziemliche Strecke im Rücken ge
lassen halte.
„Aufhängen! Selbstmord!" murmelte
Olearius dumpf vor sich hin, als er wie
der allein war, und tiefeS Entsetzen durch
bebte seinen Körper. „Dieser vermeinte
lägerSmann—war vielleicht ein verkleide
ter Teufel, der mit den zwei Worten zum
Selbstmorde reizen will, im Falle, daß
selbst beim Könige mir keine Gerechtigkeit
zu Theil werden sollte? Aufhängen!
Selbstmord! hat je der Gedanke daran
nur im Entferntesten in meiner Seele ge
legen ? und nun erfüllt er plötzlich dieselbe
ganz gegen meinen Willen. O mein Herr
und Gott!-er blieb stehen und faltete sei
ne Hände-laß mich nicht über mein Ver
mögen versucht werden, sondern laß die
Versuchung so einEnde gewinnen, daß ich
sie ertragen kann."
Gefaßter wanderte er in Potsdam ein.
Die überaus reizenden Ansichten von der
Havelbrücke aus waren für ihn nicht da ;
sein Blick haftete lediglich auf des nahen
Schlosses Zinnen, in welchem der Mann
wohnte, von welchem er die Entscheidung
seines Schicksals erwartete. Vor Frie
drich den Großen sollte er hintreten —vor
den Helden, den König, den Sieger in Z
blutigen Kriegen und über halb Europa,
vor ihn, den großen Geist, welchem gegen
über ganz andere Männer als er gezittert
hatten! Aber das Glück schien den Ean
didaten begünstigen zu wollen. Vor dem
Schlosse angelangt, sah er den Monarchen
sofort, welcher seine Soldaten exerzieren
ließ. Es war um die Mittagsstunde.
Der Köuig wurde von einem Schwärm
hoher Offiziere umringt, in deren Kreis
der Eandidat sich um keinen Preis gewagt
hätte. Aber doch sah er auf's Neue be
stätigt, daß die Furcht vor einem Dinge
oft das Schlimmste sei. Denn der ge
fürchtete große König sah aus wie jeder
Laufende Rumin»»
andere Mensch; ja erging sogar eins,»
cher gekleidet und weniger besternt als >. i
ne Generäle nebeil ihm. Seine Stimme
hallte nicht wie Posaunenton, und nichi
erzitterte die Erde unter seinen Tritte»
Aber, die Macht, die in der kleinen Hand
dieses einzelnen Menschen lag! Diese»
Gedanke war es, welcher den Supplika»
ten abhielt, sich dem Monarchen selbst dann
zu nähern, nachdem dieser seine Soldaten
entlassen und sich in den angrenzendenLust
garten begeben hatte. Olearius, in groß
ter Unenlschlossenheit, warf seine Papiere
aus einer Hand in die andere. Dies und
die LcidenSgesialt des Aermsten gewahrten
bald vier Offiziere, welche noch auf dein
Schloßplätze zurückgeblieben waren.
Bekannt ist s, daß in den damaligen
Zeiten, der Äen Hälfte des Jahr
hunderts, der Soldatenstand gar zu gern
auf Unkosten des geistlichen Standes sich
lustig machte, welcher dafür nicht erman
gelte, die Spötter gehörig abzukanzeln
Wohl mochte eS nicht die Nächstenliebe sein,
welche die Offiziere nach des Eandidaten
Anliegen forschen ließ; als sie aber den
Thatbestand erfahren hatten, gedachten sie
mit einem Schlage zwei Fliegen zugleich
zu treffen ; sich einen köstlichen Spaß, dem
Supplikanten dagegen sein Recht zu
schaffen. Unter dem Vorgeben, daß der
König heute absonderlich bei gnädigerLau
ne sei, ermunterten die Offiziere den Ean
didaten, in den Garten zu treten und
selbst den König aufzusuchen. Und als
Olearius zauderte, diesem Vorschlage Fol
ge zu leisten, ergriffen zwei der Herren
ihn unter die Arme und führten ihn fast
gewaltsam in den Garten hinen. Oleari
us gemahnte sich jetzt ein Lot zu sein; ob
es aber gute Engel oder schadenfrohe Gei
ster seien, welche ihn geleiteten, wußte er
noch nicht zu entscheiden. Sie fanden den
König über der Betrachtung einer Pflan
ze lind von einigen Gärtnern umgeben.
Die Offiziere geboten Olearius im Gan
ge stehen zu bleibeil und daselbst den Kö
nig zu erwarten, welcher ihnen den Nük
ken zukehrte. Hierauf kommandirten sie
mit halblauter Stimme den bangenden
Supplikanten: „den Hut unter den lin
ken Arm ! den rechten Fuß vor! den Kopf
in die Höhe! die Briefe aus der Tasche
und mit der rechten Hand hochgehalten!
so steht!"
Die schwarze Kriegsmaschine gehorch
te willenlos, obgleich sie dunkel begriff, daß
man seinen Spott mit ihr treibe. Aber
die Furcht vor den l ommandirenden Obern
ließ keinen Versuch der Widersetzlichkeit
emporkommen. Darauf entfernten sich
die Offiziere unter mühsam verbissenem
Lachen, sich öfters umsehend, ob auch ihr
! »euer Nekrute noch die ihm angewiesene
Stellung behaupte. Dieser aber sah
nichts, denn er hielt das Auge starr in die
Wolken gerichtet. So stand er da, ein
himmelstürmender Titane, nur mit dem
Unterschiede, daß der in der Hand gehal
tene Gegenstand kein Felsstück, sondern
blos ein unschuldiges Papier war.
„Wie Gott will!" seufzte Olearius und
wartete mir hochklopfendem Herzen der
kommenden Dinge. Jetzt hörte er Tritte
knistern, die sich naheten. Sie rührten
von einem Gärtner her, den der König
auf das Erblicken der schwarzen Bildsäule
abgeschickt hatte, die Papiere in Empfang
zu nehmen. Mit denselben begab sich der
Monarch in einen andern Gang des Gar
tens, indeß der Eandidat wie festgebannt
stehen blieb. Nach einer Weile kehrte der
König zurück und winkte dem Bittsteller
zu sich heran. Als schreite er über Eier
hinweg, näherte sich Olearius dem Monar
chen. Vor ihm angelangt, bildeten Kopf
und Rücken mit den Schenkeln und Bei
nen des Eandidaten einen Winkel von 45
Grad, welcher erst auf den Wink des Kö
nigs in einen stumpferen sich verwandelte.
„Mein lieber Magister—sprach der K
önig huldvoll —man.hat Ihm Unrecht ge
than, wie ich aus Seiner Supplik ersehen.
Man hätte die Säcke mit den Batzen blos
versiegeln und ihm bedeuten sollen, diesel-