Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, January 25, 1848, Image 1

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    Der Liberale Beobachter
Und Berks, Montgomery und Schuylkiil Cauntics ailgemciiicr Anzeiger. '
Ntad t N Q, MNN Gedruckt und herausgegeben von Arnold Pu melle, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- nnd Chesnnt - Straße
Jahrg.»», ganze N«m. «KB.
- Bogen mit schönen Vettern gedruckt. Der - Preis ist Ein Tha l e r des ZahrS, welker ,n halbjährige,
»ednigunge., .—D<r ! HI 5.0 angerechnet. Für kürzere Zeit als Ii Monate wird kein llnterschre.ber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur
Vorausbezahlung erbeten . gestehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekannt,nackungen werden dankbar angenommen und sür den gewöhnlichen Pre.S ein.
Das Gebirge Sinai. '
Die nicht allzu ausgedehnte Halbinsel, i
welche den nördlichsten oder vielmehr nord- >
westlichste Theil des gewaltigen Landes '
Arabien ausmacht und, durch die beiden '
nördlichen und tiefen Einschnitte ro- >
then Meeres gebildet, gleichsam die j'
demauer des einen riesenhaften Welttheils I
(Asien) von dem andern (Afrika) vor- >
stellt, führt, wie uns bekannt ist, den Na- l
men des steinigen Arabiens, und zwar mit !
vollem Rechte, denn dieser Distrikt er-
scheint, nach dem Ausdruck des Reisenden >
Friedrich Hennicker, wie ein wahres Meer
der Felsenwüste. "Man möchte, so be
merkt dieser Gelehrte, beinahe der Annah
me Glauben schenken, daß dieses steinige
Arabien vordem ein Ocean von Lava ge
wesen sei, und daß dieses bewegte Meer in
dem Augenblicke versteinert sei, wo seine
ungeheuern Wellen als gewaltige Berges
höhen zum Himmel emporschlugen. Weit
und breit, in Höhen und Tiefen, herrscht
hier einzig und allein die Versteinerung:
jähe Felsenabhänge, enge Schluchten und
sandige Thalgründe, welche letztere gleich
sam dazwischcngestreut erscheinen, so, als
sollte sie noch in ihrer traurigen Nacktheit
dieser einsamen, öden Natur eine gewisse
Abwechslung verleihen. An Vegeta
tion, an Keim und Pflanzenwuchs ist hier
natürlicherweise fast gar nicht zu denken.
Die Ebenen sind mit Kiejel- und Feldstei
nen bedeck; andere haben, wie bemerkt,
sandigen Boden. Einige wenige verküm
merte und vertrocknete Pflanzengattungen
saugen ihre dürftige Nahrung aus den
Felsenspalten oder aus einer geringen Bei
mischung von Thon, der hier und da sich
init dem steinigen Boden verbindet. Re
gen fällt selten in dieser Wildniß und noch
.weit seltener sind frische Wassercpiellen.
Auch ist das Wasser, welches hin und wie-
der gefunden wird, sehr mit Schwefelthei
len geschwängert, ein Umstand, der ganz
vorzüglich für die vulkanische Beschaffen
heit des Bodens spricht."
Fast im Mittelpunkte dieses von der
Natur anscheinend so zurückgesetzten Land
strichs erhebt sich die Gruppe der Sinai
gebirge, deren Namen wir dem Leser nur
nennen dürfen, um in seiner Erinnerung
«nanche unvergeßliche Züge und Ereignisse
erwecken, die dieses Gebirge mit der hei
ligen Geschichte in Verbindung setzen,
Eine sehr ausführliche und genaue Be
schreibung desselben verdanken wir dem be
rühmten Reisenden Burckhardt, der diese
nur selten besuchte Gegend nach allen Rich
tungen durchstreifte. Die Richtung und
Verzweigung des Sinaigebirges, so be
merkt dieser Reisende, läßt sich am besten
von dem Berge der heiligen Katharina aus
bestimmen, melcher seinen ausgezeichnetsten
Höhepunkt bildet. Der obere Kern des
Sinai, der fast durchgängig aus Granit
desteht, bildet eine felsige Wildniß, von
unregelmäßig kreisförmiger Gestalt, wel
che sich von vielen engen Thälern durch
schnitten zeigt und ungefähr AO bis
Meilen im Durchmesser hat. Hier finden
sich die höchsten Berge der Halbinsel, wel
che sämmtlich schroffe, steile und fast aben
teuerliche Bildungen zeigen, sodaß man sie
ieicht von allen Punkten der Umgegend
aus wahrnehmen kann. In dieser Ge
gend finden sich auch einige fruchtbare
Thäler, welche Obstbäume hervorbringen,
dcch erstrecken sich diese wenigen glückli
chen Punkte, die man in dieser Felsenöde
als wahre Oasen betrachten kann, nur et
wa drei bis vier Wegstunden von dem St.
Katharinenkloster nach mehren Richtun
gen hin. Wasser ist hier wenigstens in
ziemlicher Fülle vorhanden, weswegen sich
auch, wenn die niedriger liegenden Gegen
den ganz ausgedörret sind und keine Er
quickung mehr darbieten, alle Beduinen
hierher begeben. Dies war auch die Ste
lle, wo vor Jahrtausenden die Israeliten
auf ihrer Wanderung von Aegypten nach
Palästina ihr Lager aufschlugen und bei
nahe ein Jahr lang rasteten, eine Stelle,
die in den heiligen Erzählungen, welche
diesen Auszug darstellen, so häusig er-
wähnt wird. Dessenungeachtet hält es t
sehr schwer, wenn es nicht gar unmöglich l
ist, die einzelnen Höhepunkte, deren Na- >
men die heilige Tradition unsterblich ge- >
macht hat, genau zu unterscheiden und zu l
bestimmen, so zum Beispiel den Berg Ho- t
reb, wo Moses die göttliche Berufung zu j
seinem großen Werke empfing, oder den 5
Berg Sinai, wo die heiligen Gesetztafeln !
in seine reinen Hände gelegt wurden ; ob- j
gleich zwischen Reisenden und Gelehrten .
über diesen Gegenstand sich zu verschiede- 1
nen Zeiten mannichfache Widerrede erho- i
ben hat. '
Der durch die biblische Geschichte gehei- i
ligte Theil der Sinaigruppe besteht aus
zwei aneinander grenzende Höhen oder,
man könnte besser sagen, aus einem Ge
birge mit zwei Gipfeln, welche unter dem >
Doppelnamen des Gebel Mousa oderßerg
des Moses, und Gebel Katarin oder Berg <
der Katharina bekannt sind. Nach der
Meinung des Volkes ist der erstere der
eigentliche Berg Sinai, der letztere aber
der Berg Horeb. Andere jedoch sind ge
rade der umgekehrten Meinung. Weiter
nach Westen hin zeigt sich ein noch höhe
rer Punkt mit fünf Spitzen, der den Na
men des Berges Serbal führt, welcher in
früherer Zeit gleichfalls von Einigen für
den Mosesberg gehalten wurde. Auf die
sem Berge fand Burckhardt das Funda
ment eines weitläufigen Gebäudes, sowie
die Trümmer mehrer anderer Bauwerke,
und an verschiedenen Seiten, sogar auf
dem höchsten Gipfel, kolossale Granit
blöcke mit Inschriften. Hier entdeckte er
auch an mehren Stellen in Felsen einge
hauene Stiegen, deren regelmäßige Form
sich noch vollkommen gut erhalten hatte.
Bei der ungeheuern Härte des Gesteins
mußte die Anlegung dieser Felsentreppen
den Arbeitern außerordentliche Mühe ge
kostet haben. Näher dem Gipfel des
Berges häufen sich die Granitblöcke und
bilden in ihrem durcheinandergeworfenen
Zustande mehre Höhlen, so groß, daß ei
nige Personen darin Raum finden. Auf
den Außenwänden dieser natürlichen oder
vielleicht auch künstlichen Höhlen befinden
sich mannichfache Inschriften. Auf den
beiden andern Bergen jedoch, dem Gebel!
Mousa und Gebel Kalarin, findet man
solche Inschriften nicht, außer an der Stel
le, wo, durch Moses Sab hervorgerufen,
das Wasser aus dem Felsen hervorgequol
len sein soll. Diese Inschrift rührt aber
unstreitig von spätern Pilgern her, welche
die heilige Stelle besuchten. Aus diesen
Umständen und Wahrnehmungen allein
zieht Burkhardt den Schluß, daß der Berg
Serbal in früherer Zeit der Hauptort für
die Wallfahrten der Pilger in dieser Ge
gend gewesen sei, und daß er unstreitig
damals als der heiligeßerg betrachtet wur
de, rvo Moses die Tafeln des Gesetzes em
pfing ; doch spricht es derselbe Reisende
als sein Ueberzeugung aus, daß das Lager
der Israeliten sich auf dem obern Sinai
» befunden habe, und daß demnach entweder
> Gebel Mousa oder der heutige Kathari
nenberg der wahre Horeb sein müsse.
Auch halten weder die Mönche von Sinai,
' noch die von Kairo den Berg Serbal für
> einen Hauptschauplatz der Mosaischei^Ge
- schichte, sowie sich auch unter den Bdui
> nen keine ihn vorzugsweise berührende
, Tradition findet; vielleicht waren es also
zuerst die byzantinischen Gcschichtsschrei
> ber, welche das nachmalige Ansehen dieses!
Berges begründete. Zu der Verwirrung
, der spätern Ansichren, ob der eine oder der
andere der eigentliche Berg Horeb oder
> Sinai sei, haben auch die biblischen Urkun
> den selbst vieles beigetragen, welche sich
- oft mit großer Unbestimmtheit dieser bei
- den Benennungen bedienen.
i Den Namen des Katharinenberges er
- hielt der Horeb von dem an seinem Fuße
, befindlichen und nach dieser Heiligen be
> nannten Kloster, welches aber ursprüng
lich der Verklärung Christi gewidmet war.
, Es war der Kaiser Justinian, der dieses
> Klostcr erbaute, und die Legende erzählt,
es habe wenige Jahre nach dessen Stif-
"willig zu loben und ohne Lmcht zu tadeln."
Dienstag den 23. Jnnnar, 1848.
tung einer der Mönche einen Traum ge- -
habt, der ihn in Kenntniß gesetzt habe, l
wie der Körper der heiligen Katharina, c
welche den Märtyrertod zu Alexandria er- >
litten, von Engeln auf die höchste Spitze !
der umliegenden Gebirge getragen worden »
sei. Es bestiegen deshalb, um sich von der !
Wahrheit dieses Traumes zu überzeugen, 5
die Mönche das Gebirge in feierlicher Pro- >
zession, fanden wirklich die Gebeine der <
Heiligen, brachten sie herab und begruben -
sie in ihrer Klosterkirche. Diese Legende t
mag nun allerdings hingereicht haben, um i
nicht blos das Kloster, sondern den gan- ,
zen Berg nach der heiligen Katharina zu >
benennen. '
Die Reisenden welche in diesem Kloster '
übernachten, halten es in der Regel nach >
kurzer Rast für ihre erste Pflicht, denGip- >
fel des Äebel Mousa zu ersteigen, zu wel- >
chem der Pfad dicht hinter den Kloster- .
mauern heraufführt. Regelmäßige Stu- >
fen waren eingehauen und erleichterten >
ehemals den Weg bis auf die Höhe hin- !
auf; jetzt sind sie durch die winterlichen
Wasselgüsse fast ausgewaschen und ver
tilgt, sodaß man sich ihrer kaum noch be
dient. Nach einem etwa dreiviertelstün
digen ziemlich steilen Aufsteigen gelangt
man zu einer kleinen Ebene, zu welcher von
untern empor ein steinerner Thorweg
führt, der in frühern Zeiten wahrschein
lich verschlossen wurde. Nicht weit von
diesem, mitten in den Felsen, ist eine klei
ne Kapelle, der heiligen Jungfrau gewid
met. Auf der Ebene selbst befindet sich
ein größeres Gebäude von roher Bauart,
das den Namen des heiligen Elias führt.
Dieses heilige Haus wird nur noch zu ge
wissen Zeiten des Jahres von den Mön
chen besucht, um dort Gottesdienst zu hal
ten. Ein schlanker Cypressenbaum steht
hier neben einer steinernen Eisterne, wo
sich das Regenwasser sammelt, und dieses
Plätzchen dient den Pilgern zum angeneh
men Ruhepunkt. Noch vor einigen Jah
ren standen hier, nach der Versicherung
des Reisenden Laborde, der den Sinai
gleichfalls besuchte, außer diesem einsamen
Eypressenbaume noch 2 andere von dersel
ben Gattung, und drei Olivenbäume; al
lein sie sind alle, mit Ausnahme dieses
einzigen, eingegangen. Hier war es, wo,
nach der Meinung der Araber, Moses sich
in der Nähe der Gottheit befand. Von
hier aus wird das Aufsteigen zum Gipfel
noch steiler und beschwerlicher; oben steht
eine Kirche, welche das eigentliche Ziel für
die wallfahrenden Pilger ausmacht. Die
se Kirche ist aus Granit erbaut, hat jedoch
viel von den Arabern gelitten, die sich ge
flissentlich Mühe gaben, sie zu zerstören.
Sie glauben nämlich, es seien unter ihrem
Gestein noch die Gesetztafeln des Moses
verborgen, und um diese zu finden, unter
minirten sie das heilige Gebäude von al
len Seiten. Auch die Mahomedaner ha
ben hier eine kleine Moschee von sehr
schmucklosem und ärmlichem Ansehen ; die
se steht auf einer etwas tiefern Stelle, et
wa 30 Schritte von der Kirche entfernt,
wird jedoch von den Anhängern des Pro
pheten nicht minder heilig gehalten. Die
Beduinen besuchen sie oft und schlachten
hier Schafe zu Ehren des jüdischen Gesetz
gebers, dem sie auch Gelübde darbringen.
Eine andere, den Mahomdanern heilige
i Stelle befindet sich gleichfalls in der Nä
he ; dies ist ein Eindruck in den harten
> Felsen, der einigermaßen dem Vorderthei
le eines menschlichen Fußes gleicht. Die
ser etwas riesenhafte Fußtapfen soll von
Mahomed selbst herrühren, als dieser den
Berg besuchte. Daß ein solcher Besuch
» von Seiten des Propheten stattgefunden,
- glauben seine Anhänger fest, wiewohl der
selbe durch die Geschichte nirgend verbürgt
wird. Der Katharinenberg ist höher u.
> malerischer als der Mosesberg. Auf ihn
- verlegt man den feurigen Busch, von weU
- chem aus Gott der Herr mit Moses rede
. te. Allein die Stelle, wo dieser Busch
z gestanden, kann nicht mehr gezeigt werden,
, da auf derselben ein heiliges Gebäude er
. richtet worden ist. Das Ersteigen des
Berges ist sehr beschwerlich, allein eS be- <
lohnt sich auch durch herrliche Aussichten >
auf die Meerbusen von Akaba und Suez, i
welches die beiden Einschnitte oder tiefen <
Busen des rothen Meeres sind, durch die l
eben die Halbinsel gebildet wird. . Der .
Blick erstreckt sich ferner auf die Insel >
Teraan, das Dorf Tor und die Hochebe- I
ne von Suez, und Laborde will sogar die i
afrikanischen Gebirge gesehen haben. i
Der Gipfel des Serbal zeigt sich weit un- !
terhalb ; das Uebrige, was dein Beschauer '
ins Auge fällt, ist freilich nur die traun- !
ge Einöde, jenes Meer der Felsenwüste, !
wie wir es im Eingange bezeichneten; je- <
ne durcheinander gestreute und verworrene
Masse von G anitbergen und alles grü
nen Schmucks beraubten Thälern, was
eben das Charakteristische der Gegend aus
macht. Auch dieser Berg, so wie der
andere endigt in einer scharfen Spitze, die
aus einem ungeheuern Granitblock besteht,
dessen abgeplattete Oberfläche man nur mit
großer Mühe besteigen kann. Aus dem
Gipfel selbst befindet sich eine kleine Ka
pelle, die aus blos übereinander gelegten,
unverkitteten Steinen erbaut ist und kaum
so viel Höhe hat, daß eine erwachsene Per
son darin aufrecht stehen kann. Diese,
sagt die Ueberlieferung, stehe cmf dersel
ben Stelle, wo man den Leichnam der hei
ligen Katharina hinweggenommen.
Zwischen dem Sinai und dem Horeb
befindet sich das Thal El-Ledja, mit dem
kleinen Kloster EUErbayn, einem gewöhn
lichen Ruheplätze für die von dem unwirth
baren Gebirge herabkommenden Reisen
den. Dieses Thal, obwohl eng und von
umhergestreuten Steinblöcken
schlossen, welche von den hohen Gebirgen
nach und nach herabrollten, ist doch im
Ganzen ein angenehmer Aufenthalt. Der
Thorweg soll auf der Stelle stehen, wo
einst ein wunderbares Kreuz von Eisen den
weitern Fortschritt eines Juden hemmte,
der durch dieses Wnnder sich zum (shri
stenthum bekehrte und bei der (Zisterne un
ter dem Evpressenbaume die Taufe emp
fing. Man zeigt in diesem Thale ferner
einen andern Felsblock, aus dem Moses
Wasser schlug; dieser liegt ganz abgelöst
von allen übrigen an der Seite des Fnß«
pfades, ist von unregelmäßiger Würfelge
stalt und etwa 12 Fuß hoch. Auf seiner
Oberfläche zeigen sich mehre Oeffnungen,
aus denen, wieder Wunderglaube berich
tet, das Wasser hervorgebrochen sein soll,
unstreitig sind aber die meisten davon daS
Werk von Menschenhänden; einige mögen
auch wohl natürlich sein. Auch die Be
duinen halten diesen Felsblock für heilig
und legen Gras in die Oessnungen dessel
ben, zur Opfergabe für den Gesetzgeber
der Inden, eine Gabe, die bei ihnen weit
kostbarar und werthvoller geachtet wird,
als bei uns, da ihre ganze Existenz davon
abhängt. Sie bringen auch zuweilen ih
re hierher, lassen sie vor dem
Felsblock niederknieen und sprechen einige
Gebete über sie, in der Meinung, daß dies
die Fruchtbarkeit dieser Thiere vermehren
soll, so daß sie reichlichere und schönere
Milch geben. Ein anderer großer Stein
block enthält einen natürlichen Sitz, auf
welchem Moses häusig ausgeruht haben
soll; noch ein anderer wird von den 'Ara
bern der „Kochtopf des Moses'' genannt,
weil er einigermaßen einem solchen gleicht.
In diesem vermuthen die Araber große
Schätze und versuchten daher mehrmals,
ihn zu sprengen, wiewohl vergebens.
Tochterliebe.
» Ein junges Fräulein in R— . hatte
durch den Tod ihrer Mutter eine reiche
Erbschaft gemacht; da sie nun dabei sehr
' hübsch und liebenswürdig war, so fürchte
te der Vater, daß sich bald ein Freier sin
> den werde. Er wollte aber den Gebrauch
des Vermögens nicht verlieren und be
- schloß, sie lebendig an einem einsamen Or
) te einzumauern. Es fand sich auch ein
, Maurer, der zu dieser That die Hände bot
- und dem jungen Mädchen ward ein klei
; nes Kabinet eingeräumt, statt der Thür
Laufende Nummer 22.
aber nur ein Luftloch übrig gelassen, durch
welches sie zugleich Nahrung erhielt. In
diesem Zustande lebte sie zehn Jahre, bis
gewisse Ereignisse das Gewissen des Na
terö erweichten (es war 15525) und in der
Hoffnung, den verlornen Seelenfrieden
wieder zu gewinnen, gab er dem Gerichte
sich selbst und sein Verbrechen an. Man
eilte das Opfer der Geldgier zu erlösen;
sie begrüßte zum Elstenmale wieder daö
Tageslicht und freudig konnte sie im Ge
fühle der wiedererlangten Freiheit jubeln,
doch die ersten Worte, welche die fromme
Tochter sprach, waren nur: "Bitte, thun
Sie meinem Vater kein Leid an."
Bruderliebe.
Ein aus Marocco gebürtiger, aber in
Porto ansäßiger jüdischer Kaufmann,
muel Safate, war als ein Mitverschwor
ner, vom Jahre zum Tode verur
theilt und sein bedeutendes Vermögen in
Beschlag genommen worden. Sein 20-
jähriger Bruder begab sich nach Tanger
nnd erhielt vom Kaiser ein Schreiben an
Don Miguel. Mit dieser Empfehlung
kam er in Lissabon an, gerade vier Tage
vor der zur Hinrichtung festgesetzten Zeit.
Don Miguel milderte hierauf die Todes
strafe in Zwangsarbeit. Allein der jun
ge Mann begnügte sich nicht damit, son
dein reiste zum zweitenmal,.' nach Tanger,
wo er einen zweiten Brief erhielt, in wel
chem der Kaiser von Marocco droht, daß
er, falls nicht sofort sein Unterthan frei
gelassen würde, seine Rache dem portugi
sischen Eonsul empfinden lassen wolle.
Dieser energische Schritt hatte einen gün
stigen Erfolg. Safate ging am 11. No
vember auf einem portugiesieschen
Schiffe nach Marocco ab, um in den Ar
men seines edelmüthigen Bruders glück
lich zu sein.
Dater und Sohn.
Der gelehrte Thomas Morus war
Lord-Großkanzler von England, sein Va
ter aber war einer der ältesten Räthe des
königlichen Hofgerichts, und daher weit
geringer im Range als der Sohn. Allein
den Gefühlen seines Herzens folgend, hät«
te der Sohn willig seinem Vater den er
sten Platz eingeräumt. Wenn das könig
liche Gericht seine Sitzung hielt und der
Großkanzler in den Saal eintrat, ging er
jedesmal zuerst zu seinem Vater und grüß
te ihn ehrfurchtsvoll. Wenn es sich bis
weilen ereignete, daß sie in Gesellschaft
zusammen kamen, bot er seinem Vater je
desmal den ersten Platz an, obgleich ihn
dieser, wegen der hohen Würde scinesSoh
nes immer abzulehnen suchte.
Großmuth eines Dichters.
Der berühmte italienische Dichter Me
tastasio war in seiner Jugend ganz ohne
Vermögen. 'Als er sich in Wien befand,
wo er vom Kaiser einen jährlichen Gehalt
als Hofdichter bekam, empfing er die Nac
hricht, daß ihn einer seiner Freunde zum
Erben seines ganzen Vermögens von mehr
als hunderttausend Thalern durch ein ge
richtliches Testament eingesetzt habe. Er
konnte nun auf einmal reich werden und
ganz unabhängig leben. Allein er wuß
te, daß der Verstorbene arme Anverwand
te in Bologna zurückgelassen und diesen
gar nichts vermacht habe. Der edle Me
tastasio sagte: sie sollen das 'Andenken
ihres Verwandten segnen, nicht mich und
ihn verwünschen. Er reiste nach Bolog
na, zog genaue Erkundigungen über ihre
Verhältnisse und ihr Betragen ein, ging
dann zu ihnen und sprach: mein Freund
hat mir zwar sein ganzes Vermögen hin
' terlassen, aber wie ich glaube, aus keinem
andern Grunde, als um es so lange in
Verwahrung zu nehmen, bis ich die wür
> digsten seiner Verwandten kennen gelernt
habe, um es dann nach Billigkeit unter
sie zu vertheilen. Ich bin hierher gekom
men, um diesen Auftrag zu e> füllen.
' Hierauf zahlte er ihnen das ganze Ver
' mächtniß aus, ohne etwas zu behalten.