Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, November 30, 1847, Image 1

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    Der Liberale Beobachter
Und Berks, Montgomery und Schuylkill Caumies allgemeiner Anzeiger.^
Me » SiN S, Wenn. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Puwe ll c, indcr Süd Kien Straße, zwischen der Franklin- mio ClirSun, . Ciraße,
Jahrg. N, ganze Rnm.
Kedingungeii i Der liberale lirolmcntrr erscheint jeden Dienstag auf einem großen Superial - Bogen mit schonen Vettern gedruckt. Der Lubscriptions - Preis ist Ei n Thaler des lahrS, welker in l'.ilt'jSl'il'lt er
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres mchl bezahlt, den, werden -PI sl> angerechnet. Für kürzere Zeit als 6 Monate wird kein Unterschreibe angenommen, und etwaige Aufkündigungen' weiten nur
dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Subseriptions.-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewölmlichen Preis ein
gerückt. Unrerschreibern in hiesiger Etadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Verlendungen geschehen durch die Post öder Träger, auf Kosten der Unterschreibet-. Briefe und dergl. müssen postsrei' eingesandt werden.
Die silberne Hochzeit.
(Besch! »>j.)
Sodann wendete sich Herrmann schalk
hast zu Clementine: „Wie kommt s mein
Fräulein, daß Du so tiefsinnig meinen
Worten zuhorchtest? Wa 6 gilt's, dir ge
fiele der Eltern Weise, Hund und Katze
zu spielen? Meine Freunde.... so roth
auch daß Mädchen werden mag, und sie
ereifere sich, wie sie wolle.. . dennoch ist's
wahr, sie ist ein still gefährlich Wässer
lein und daneben eine Braut, und sie
meint, das habe Niemand errathen kön
nen ... Nun ... heda, Clementine, Wet
ter Robert... gebt Ihr zu, daß ich heu
te Euer wichtiges Geheimniß auSplaude
re? Ich hätte Lust, heute eine Verlobung
vor Zeugen zu stiften, die sodann der
künftige Herr Assessor Robert in eine
Vermählung verwandeln mag." Die
verschämte Elementine warf sich an die
Brust ihrer freundlichen Mutter, ihre
Schamrothe zu verbergen; Robert schüt
telte dem Vater dankbar die Hände.
Die Anwesenden klatschten Beifall, und
Hypolit kommandirte durch's Fenster sei
ner Musikbande einen kräftigen Tusch.
Indessen blickte Herrmann um sich und
fragte: ~Wo ist denn der Doktor Theo
dor geblieben? Ungern sehe ich ihn heute
in diesem Kreise fehlen." Schüchtern
erwiederte Angelika, den Vater auf die
Seite ziehend : ~Er ist in die Dlenste ei
> ner reichen russischen Fürstin gegangen;
als deren Leibarzt wird er sie durch ganz
Europa begleiten und erst nach mehreren
Jahren zurückkehren." „Und Du lie
ßest ihn ziehen? fragte eben so leise der
Vater; dacht' ich doch, Dein Herz sei mit
den Seinigen eins geworden?"—Da flog
ein wahrer Schimmer der Seligkeit über
Angelika's edles Gesicht und sie erwieder
te einfach : „Zur Ehe habe ich nicht Nei
gung und nur eine Liebe füllt mein
Herz sattsam auS: die Liebe zu Ihnen,
meine Eltern!"— Dann die herbeitreten
de Mutter in ihre Arme ziehend, setzte
Angelika hinzu: „Vergönnen Sie mir,
lieber Vater und liebste Mutter, daß ich
bei Ihnen verweile und Ihnen diene und
Ihnen Freundin und Tochter sei, bis der
Tod uns scheidet. Theodor hat begriffen,
. wie ich mein Leben verstehe. Sie wer-
den gewiß nicht minder verstehen, was
meine Seele bebehrt, die Ihnen eigen ist
in alle Ewigkeit!"— Die Uebrigcn—Ot
tomar ausgenommen—hatten keine Ah
nung von dem, waS zwischen der edeln
Tochter und ihren tiefergriffenen Eltern
vorging ; aber eine Stille wie in einem
Heiligthume nahm unter Allen Platz.
Es war ganz richtig nach des Volkes
rührendem Glauben —ein Engel durch die
Stube geflogen.
Sogleich mischte sich der Teufel hinein.
Ueberzeugt, einen bessern Augenblick zur
Erreichung seiner Absichten nicht mehr
finden zu können, schlich Sparintopf dem
Maler freundlich zu, und steckte ihm den
Brief seines Agenten >n die Hand „Ich
bedaure herzlich, setzt, er bei; allein es
ist nicht mehr zu ändern... das Haus
ist verkauft, und leider muß ich damit zu
gleich Ihre Nachbarschaft einbüßen."
Herrmann las. Ein bitterer Tropfen
fiel in den Kelch seiner Freude. „Ich
hatte noch immer gehofft, sagte er seuf
zend, in diesem Hause, das mir und uns
Allen lieb geworden, meine Tage beschlie
ßen zu können. O, wie hab' ich mich ge
täuscht ! Sehen Sie, mein bester Herr
Sparintopf, ich hatte, was ich an erträg
lichen Bildern besaß, zusammengepackt
und in die Residenz gesendet. Ein an
derer König, ein anderer Kunstintendant
regieren jetzt dort und die alten Vorur
theile glaubte ich verg. ssen ... aber ach,
seit sechs oder sieben Wochen keine Ant
wort .. .! Von dem Alten wollen sie
nichts mehr wissen!"
„Thu' doch nicht so grämlich, so wei
nerlich !" platzte Weitinger, ein Bißchen
mit dem Fuße stampfend, heraus. Un
ter den Liebkosungen seiner Familie und
den Possen Bombarda s kam Herrmann
bald wieder in's Geleise. —„Warum ha
ben Sie mir denn nichts von Ihren Plä
nen gesagt? fragte Bendix sehr phlegma
tisch ; was ich habe, wäre Ihnen zu Dien
sten gewesen." „Ich leihe nicht gern,
wenn ich nicht zurückerstatten kann," war
die Antwort. „So kommen Sie doch
wenigstens zu uns, bat Louise ihre Mut
ter; Sie, der Vater und Angelika und
Elementine sollen ganz wohl bei uns auf
gehoben sein. Nicht wahr, lieber Ben
dix ?" „Ganz wie Du meinst, liebe
Frau." —„Ei, das geht nicht, erwiederte
Herrmann, und Thusnelda sprach zu
Louise: „Wir danken Dir, aber Du
weißt nicht, welche Last mit uns in Dein
Haus zöge." „Hörst Du, Bendir?"
rief Louise sich ereifernd, und Bendir ver
setzte : „Ganz wie Du willst oder Deine
Mutter meint."
Derweilen hatte Weitinger den Geiz
hals auf die Seite genommen und ihm
in 6 Ohr gebru'.umt: „Da Sie doch so
gut Ihre Zeit zu nehmen wissen, um Ih
re Eorrespondenz an Mann zu bringen,
so erzeigen Sie mir die Gefälligkeit, die
sen Brief bei schicklicher Gelegenheit—et
wa, wann wir zu Tische gehen —dem Her
mann zu überreichen. Ich möcht'S nicht
gern thun, denn sein Inhalt ist nicht der
angenehmste." Der Geizhals schaute
das ziemlich dicke Paket an ; daS königli
che Wappen stand im Siegel. „Aha,
gewiß eine abschläglige Antwort. . . we
gen der Bilder. .. fragte er mit scha
venfroh leuchtenden Augen.—„So ist's,"
sagte der Maler —„Schon recht."
Als nun Ottomar sich beklagte, daß er
noch nicht Bischof geworden, und Robert,
daß er's noch nicht zum Oberappellations
gerichtspräswenten gebracht, um der Fa
milie einen prächtigen Wohnsitz im eig
nen Hause abtreten zu können... als
auch Bombarda, der Witzreißer, sagte:
„Wär' auch nur ein Schneckenhaus mein,
Herrmann und seine Thusnelda sollten's
haben," Weitinger kam herbei und pol
terte bärenmäßig : „Nichts da! hatte ich
einen Palast zur Verfügung, ich ließe den
Huldreich nicht bei mir wohnen. Er ge-
Hort nicht mehr in die Stadt. Ich selbst
gehöre nicht mehr hin und könnt ich's
nur anders machen ! Wir alten Pinsler
müssen das Feld räumen vor den Jungen,
und um unsern verjährten Ruhm küm
mert sich kein Mensch mehr. Hab' ich
nicht neulich Brust- und Nierenkrampf
vor Neid bekommen, da ich in der Aus
stellung die Schlacht des Constantin be
trachtete? Vor Neid, vor bitterm gelben
Neid! Dahin, lieber Herrmann, können
wir nicht mehr reichen, und besser wär's
also, nur aus Zeitungen von Meisterwer
ken zu hören, die uns in den Grund boh
ren. Man glaubt dann gerade nur da
von, was man will."
Hermann versetzte lächelnd: „Ohne
Deinen Ansichten zu huldigen, unwirr
scher Bruder, so muß doch an dem ge
nannten Bild ein Bischen viel sein. Ich
habe davon gelesen, wer weiß was alles.
Ist der Maler, der so eigensinnig seinen
Namen verschwiegen hielt, noch nicht be
kannt geworden?" ~Ich glaube doch,
antwortete Weiringer, aber ich mag nichts
von ihm wissen. Seine Lorberen stören
mich im Schlaf."
Ein Trompetenstoß, ein völliger Tusch
sodann begrüßte Bombarda's Artillerie,
aus zwei winzigen Kanönchen bestehend,
die auf dem Platean erschien, von des
Spaßmachers hinkendem Bedienten her
beigezogen.—„Endlich, endlich, endlich!"
schrie Bombarda aus voller Kehle, tanzte,
trank seinen Wein über m Kopf aus,
machte geschwinde einiges Vögelgezwit
scher und Katzengeschrei nach, und eilte,
seine Kanonen zu laden. Die Dorfbe
wohner waren auf dem Rasenplatz in vol
ler Lustbarkeit. Gejodel und Gejauchze
allenthalben. Das Bier, das der frei
gebige Bendix spendete, und die Würste,
die Bombarda austheilen ließ, und einem
vollkommenen Jahrmarkt glich daß Ge
tümmel vor Herrmann's Hause.
"IVillig zu loben und sl)»»e Lurche zu tadeln."
Dienstag den 3«. November, RB'«7.
Die hohe Stunde des Mahls für die
Herren und Damen rückte auch heran.—
„Suppe auf den Tisch, Feuer!" kom
mandirte Bombarda und richtig knallten
seine beiden Geschütze, wie noch nie ein
Böller im Gebirge. Sie setzte sich im
Salon, die frohe bunte Reihe, und auf
allen Zügen lag Heiterkeit, auch auf
Sparintopf v Zügen. „Ich hatte ver
gessen . . . sprach er süßlich zu Herrmann,
dieser Brief, mir zur Besorgung über
schickt, führt Ihre Adresse."
Herrmann, Siegel und
fend, machte ein lang Gesicht. —„Eigent-
lich sollte ich mißtrauisch sein gegen De
peschen, die aus Ihrer Hand kommen,
! Herr Patron, sagte er mit satyrischem
Blick auf den Geizhals. Allein, da mei
ne Gewohnheit ist, gleich jedem Ding auf
Erden dreist in's Auge zu schauen, so will
ich nicht bis zum Dessert warten, mir den
Magen mit der Hiobspost zu verderben.
Ich will das Schreiben les'n." Er las
wirklich für sich, und schloß die Augen
faltete die Hände über den Brief. Nur
der Geizhals und Weiringer lächelten.
Die Andern standen besorgt auf und rie
fen: „Mein Gott-, was gibt's?"
Herrmann öffnete wieder seine Augen
und gab seinem Ottomar den Brief, und
fröhlich sagte der Geistliche, nachdem er
die Zeilen überflogen : j'e Deum lniida
mu» ! der König hat des Vaters Bilder
gekauft und demselben eine Pension aus
geworfen, die ihn für seine Lebenszeit vor
Mangel aller Art reichlich schützt und
deckt. Danket Alle Gott! und es lebe
der König!"
Plauz! Plauz! gingen draußen die
Kanonen, und —er wußte nicht wie
Herrmann hatte ein Champagnerglas in
der Hand, noch ehe die Suppe versucht
worden, und allenthalben floß Champag
ner, und mit einem Jeden trank Herr
mann den Freudenwein, selbst mit dem
der unangenehm da saß. Wei
tingers boshaft herüberlugenden Augen
ließen ihn eine derbe Mystifikation erra
then.
„Woher denn dieser prachtvolle Cham
pagner?" fragte Herrmann endlich, selig
stammelnd. —„Es ist das Einstandsprä
sent deß neuen Besitzers dieses Hauses !"
antwortete Weitinger und war mit einem
Satz aus der Thür. —„Feuer! F.'uer!"
schrie Bombarda: „dem neuen Besitzer
eine Salve!" —Plauz! Plauz!
Und an Weitinger's Haud trat der
Besitzer in die Stube. „Raphael!" gell
te ein Schrei aus vier weiblichen Kehlen,
und von Mutter und Schwestern umfan
gen, stand der junge Mann da, das leb
hafteste Roth des Vergnügens auf dem
Gesichte. „Grüß Gott, Vater! sagte
er ohne Umstände, ich habe Sie über
rascht und Freund Weilinger hat trefflich
geholfen. Ich komme von Rom und ha
be meinen Schülerftreich tapfer ausge
wetzt. Der König hat meine „Schlacht
des Constantin" königlich bezahlt, und
mich zum Hofmaler ernannt. Mein er
stes Geschäft war, Ihnen den glücklichen
Heerd zu sichern, an dem Sie sitzen, und
mit der Bitte, die Abtragung eines Theils
meiner Schuld an Sie meine Eltern, nicht
auszuschlagen, übergebe ich Ihnen hier
die Eigenthumsurkunde Ihres Hauses."-
Was weiter an dem glücklichen Tage
sich im Kreise der Frohen begab, läßt sich
nicht schildern. Aber hinzuzufügen ist,
daß Herr Sparintopf matt und schwach
heimschlich, und ein enormes Gattenfieber
auszuhalten hatte. Der Tod mochte den
Burschen nicht, darum lebt er noch, wohl
bekomm's ihm !
Die Spieler Vehme.
Es wurde schon öfters erwähnt, daß
man seit einiger Zeit in Paris sehr stark
spiele und daß dabei sehr betrogen werde.
Das hat zu einem ganz neuen Jndustri
zweige Veranlassung gegeben. Man
höre folgendes Abenteuer. Ein junger
Herr hatte in einem ganz anständigen
Hause im Spiel zwanzigtausend FrS. ver-
loren. Der Verlust that ihm weh, doch
verschmerzte er ihn bald. Einige Zeit
darauf erschien ein anständig gekleideter
Herr bei ihm, der ihn an diesen Verlust
erinnerte, ihm auseinandersetzte, daß man
ihn um das Geld betrogen habe, daß er
den Betrüger kcnne, und daß er sich ver
bindlich mache, ihm die ganze Summe
wieder zu verschaffen, wenn er ihm die
Hälfte davon geben wolle. Der Betro
gene konnte leicht die Hälfte des verschen
ken, das bereits ganz verloren war, und
der Andere entfernte sich, um sein Ver
sprechen zu losen. Er ging zu dem fal
schen Spieler und sagte demselben ohne
Umstände, warum er komme. Der Spie
ler setzte sich anfangs auf daS große
Pferd und behandelte seinen Gegner sehr
wegwerfend. Dieser aber behielt trotz
aller Drohungen die kaltblütigste Ruhe,
und setzte ihm endlich auseinander, wenn
er die zwanzigtausend Frs. nicht sofort
zurückgebe, oder vielmehr an den Eigen
thümer zurücksende, werde er ihn der Po
lizei anzeigen. Er wisse, daß der Name,
den er führe, nicht sein wahrer Name sei,
daß er schon «nehrere andere geführt, daß
er da und dort im Gefängniß gesessen
habe, :c., kurz, er erzählte den Spieler
den ganzen Lebenslauf desselben. Die
ser suchte ihn zu bestechen, iudem er ihm
die Hälfte der gewonnenen Summe an
bot, aber der Verfolger der falschen Spie
ler stellte sich als .Tugendhelv und zwang
so den Spieler wirtlich die zwanzigtau
send Frs. an den Eigenthümer zurückzu
senden, der dann seinem Wahlthater mit
Dank die Hälfte davon abgab. —Solche
Verfolger von falschen Spulern gibt es
in Paris eine ziemliche Anzahl. Sie ste
hen mir einander in Verbindung, bildet
eine Art Polizei, ein Art Spieler Vehme,
suchen die frühern Lebensverhältnisse der
Spieler von Profession zu ermitteln, und
benutzen dann die so erworbenen Kennt
nisse, um den Dieben die Beule abzupres
sen. Das Gewerbe soll sehr eintraglich
sein, und die, welche sich damit abgeben,
erwerben sich überdieß den Ruf vortref
flicher Ehrenmänner, während sie doch ei
gentlich selbst nichts weiter alß Jndustrie
ritter sind.
„Warum bist Du so lustig?" fragte
ein Offizier seinen Bedienten, der mit
dem vergnügtesten Gesicht von der Welt
ein kleines Briefchen durchflog. „Weil
iH und mein Schneider einerlei Glauben
haben," entgegnete lachend der Gefragte
—„Und was glaubt ihr Beide?"—„Er
schreibt mir hier, er glaube, ich habe die
Absicht, ihn nicht zu bezahlen, und—he,
he, he daS glaub' ich auch!" „Wie
viel bist Du ihm schuldig?" „Drei
Thaler." „Hier sind sie! sagte der
Lieutenant, ich will nicht, daß Jemand
sagen sollte, Du sei. st bei mir und habest
Schneiderschulden " „Nun, hast Du
Deinen Schneider bezahlt?" erkundigte
sich am nächsten Tage der Offizier.
„Nein, Herr Lieutenant, entgegnete mit
sehr ernstem Kopfschütteln der Bediente,
dreier Thaler wegen ändere ich meinen
Glauben nicht."
Ein Schneidergeselle schrieb seiner fer
nen Geliebten, daß es ihm schlecht gehe,
daß er ohne Arbeit sei, und seine Wirthin
ihm selbst den kleinen Boden aufgekün
digt habe, wo er bisher geschlafen Sei
ne Geliebte ließ umgehend einen Trost
brief vom Stapel laufen, dessen Adresse
lautete: An den bodenlosen Schnei
dergesellen Heinrich.
In London hat ein Mann seine Frau
verklagt und zugleich den Schutz der Ge
richte angefleht. „Gewöhnliche Prügel
habe er sich, wie er meinte, schon Jahre
lang gefallen lassen, vor einigen Tagen
hätte ftine theure Ehehälfte ihm aber
Asche in's Gesicht geworfen und ihn nach'
her mit der Feuerzange bearbeitet das
sei übertrieben; gegen weiches Holz wol
le er nichts sagen, aber Eisen greife ihn
zu sehr an."
Laufende Nummer l t.
Ein einfältiger Diener sollte seinem
Herrn des Abends im Finstern etwas aus
einem Zimmer holen, die Stube stand
ganz offen, ohne daß der Diener es wuß
te. Um nicht mit dem Gesicht gegen die
Wand zu stoßen, hielt er beide Arme aus
gestreckt vor sich hin. Unglücklicherweise
ging er gerade auf die offenstehende Thür
los, so daß sie zwischen seinen ausgestreck
ten Armen mit der Kante durchging und
er sich tüchtig an die Nase stieß. „Alle
Wetter! rief er vor Schmerz aus, hätte
ich doch nimm.rmehr gedacht, daß die ver
fluchte Nase länger wäre als meine Arme!^
Das Wunderthier. In ei
nem Dorfe, in welchem sich einmal die
Wohibeleibtheit des Schulzen von vier
robusten Bauern auf einer Bahre über
die Gemeindewiese tragen ließ, damit daS
fette Gras nicht zertreten werde, verkün
dete auf dem letzten Jahrmarkt vor einer
Bretterbude ein Herold, daß hier der noch
nie gesehene Sohn aus der Ehe eines
Karpfen mir einem Kaninchen zu sehen
>ei. HanS und Kunze drängten sich mit
Vettern und Basen für zwei Groschen
den Kopf durch die Thür und waren des
Wunderthierö gewärtig. „Entschuldigen
sie, meine Herren und Damen, trat der
schlaue Herr der Bude hervor, das Junge
ist durch Unpäßlichkeit verhindert zu er
scheinen. Erhuben Sie, daß wir Ihnen
für diesmal einstweilen die Eltern zeigen."
Hans und Kunze, Vettern und Basen
betrachteten den Karpfen und das Kanin
chen und meinten : „Das Junge muß ein
merkwürdig Ding sein ; wenn s nur näch
sten Jahrmarkt wieder gesund ist."
Der sächsisch? Minister von Globig
wurde unterm Thore gefragt: „Um Ver
gebung. wer sind Sie?" „Der sächsi
sche Minister Glob i g." „I, daß
j kann mich nischt helfen, was Sie gla
uben, ich will bestimmt wissen, wer Sie
! sind."
j Weite Hosen. „Was zu han
. deln ? was zu handeln ?" rief ein Jude
seinem Studenten auf der Leipziger Messe
zu. Der Student ging weiter ohne zu
! antworten, aber auch der Jude ging mit
und wiederholte seine Frage: „Nix von
!alte Älaider?" Das rührte den Studen
! ten, er musterte den Juden und heftete
namentlich auf dessen Beine seinen piü
! fendeii Blick. „Ein Paar blaue Hosen
habe ich wohl, aber sie werden Dir zu
weil sein." „Warum su weil? Werde
ich doch mit Ihnen gehen, ich kann brau
chen enge und weite Hosen!" Der Jude
folgte dem Studenten unverdrossen bis
nach dem eine halbe Stunde weit entfern
ten Dorfe Lindenau' als dieser abrr hier
noch immer keine Miene machte, in ein
Haus einzulenken, fragte er: „Werden
wir bald kommen su ihre Wohnung und
su de Hosen, gnädiger Herr?" „Ich
bin aus Kassel, antwortete der Student,
und gehe in die Ferien, ich sagte Dir s ja
gleich, die Hosen würden Dir zu weit
sein."
Ein Kutscher trat zu seinem Herrn,
der ein Wuchrer und von der ganzen Welt
gehaßt war, in s Zimmer und kündigte
ihm den Dienst. „Warum willst Du
mich verlassen?" fragte der Herr.
„Wenn wir ausfahren, versehte der Kut
scher, so muß ich immer hören, wie die
Leute auf der Straße sagen : „„Da fährt
der Spitzbub,"" da weiß ich nun nicht,
wen 6 angeht, Sie oder mich, und das
kränkt mich."
In einer kleinen Garnison in Oestreich
war die Ankunft einer durchreisenden Für
stin angejagt, und der Unteroffizier der
Thorwache hatte Befehl erhallen, ihre
Ankunft sogleich bei dem Commandör
melden zu lassen. Der Unteroffizier sah
eine vierspännige Ernapost - Chaise an
kommen, in welcher jedoch nur ein frem
der Offizier saß; um jedoch seiner Sache
recht gewiß zu sein, trat er an den Wa
genschlag und fragte: „Halten's z Gna
den, sein's vielleicht die Frau
Fürstin von H...!"