Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, November 16, 1847, Image 1

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    Und Berks, Momgomery und Sehuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.
NcilV i N g, UtNN. Gedruckt und herausgegeben von Arn o l d Puwell e, in der Süd Kten Straße, zwischen der Franklin- und Ctwsnnt - Straße.
Jahrg. ganze Rnm. «28.
Bedingungen: —Der A.ilieralc zjrolmölltrr erscheint jeden Dienstag auf einem großen Luperial - Bogen mit schonen Vettern gedruckt. Der - Preis ist Ein Thaler des Jahrs, welcher in halbjährlicher
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres nicht bezahlt, dem weiden KI 5U angerechnet- Für kürzere Zeit als «Monate nnrd kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur
dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Lubseriptions-Termins gestehen und gleiedzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gcwöhnlicbcn Preis ein.
gerückt, ttnterfchreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreibet. Briefe und dcrgl. müssen postfre i' eingesandt werden
Die Tochter der Sklavin.
sSchluß,)
In Gegenwart seiner Geliebten und
ihrer Mutter verbarg indessen Lopez seine
Hoffnungslosigkeit. Trstz dem, daß sei- 1
ne Gemüthsstimmung von dem Augen- >
blick an, wo er von den Drohungen des
alten Herrn George hörte, an Verzweif-'
lung grenzte, zeigte er seinen Schützlin
gen doch immer eine hoffende, heitere
Stirn, und es ist wohl begreeflich, daß er
in den Herzen der verwaisten, schutzlosen
Manuela von nun an einen Platz ein
nahm, den kein Geschick der Erde ihm
mehr rauben konnte. Lopez ward ihr
Alles; er ward der Einzige, dessen Er
scheinung einen Lichtstrahl in die Nacht
ihrer Noth trug, und mitten unter den
fürchterlichen Drohungen der nächsten
Zukunft, hoch auf den Gipfel eines ver
derbenschwangern Vulkans gestellt, dessen
Ausbruch jeden Augenblick zu erwarten
stand, und dessen dumpfer Donner diese
engverbundenen Herzen auf ewig zu zer- j
reißen drohte, feierten die glücklichen Mo-!
mente der höchsten Seligkeit, die das
Menschenleben darbietet, die nicht zu be
schreibenden Augenblicke der ersten gegen
seitigen, verstandenen u. beglückten Liebe.
Ünterdeß rückte der entscheidende, der
unabwendbare Moment naher und naher
heran. Die Gerichte waren in der Ord
nung des Nachlasses des Verstorbenen so
weit gekammen, daß es nur noch an der
Versteigerung seiner Hinterlassenschaft
fehlte, und zu dieser war der Termin an
gesetzt. In dieser Zeit irrte der arme
Lopez wie ein Wahnsinniger umher. In
seiner Lage hatte sich nichts geändert, sie
war noch immer so Hülflos wie zuvor. —
Zwar hatte er die Entschlossenheit gehabt,
Alles, was er sein nannte, nach und nach,
zu verkaufen, und wirtlich hatte er, mit
Hinopferung des letzten Gegenstandes von
einigem Weith, einen Schatz von '»<) Pi- -
aster zusammengebracht. Allein das reich- j
te nicht hin, nicht zum vierten Theil, selbst !
in dem glücklichsten Falle. Mutter und
Tochter durften »ach dem Gesetz nicht ge
trennt werden, und Manuela, die ihm mit
einem Königsthron zu wohlfeil erkauft
schien, deren Werth für ihn den aller
Kronen der Erde aufwog, Manuela war
gewiß, für einen hohen Preis einen Käu
fer zu finden. Schon der bloße Gedan
ke, finster und gräßlich, die Geliebte sei
ner Seele gleich einer Waare verhandeln
zu sehen, trieb dem Jüngling alles Blut
so zu Kopf und Herzen, daß es in der
That zum Erstaunen war, daß sein Ver
stand noch hell und klar genug blieb, um
unermüdlich, doch immer umsonst, auf
Mittel zu ihrer Rettung zu sinnen. End
lich fanden sich zwei Freunde, durch deren
Hülfe sich der kleine Schatz des armen
Jünglings vervierfachte. Mit diesen 150
Piastern erwartete Lopez, unter wechseln
der Angst und Hoffnung, bald vertrau
end auf den Beistand des Himmels, der
ihn nicht so namenlos unglücklich machen
würde, bald verzweifelnd an der Rettung
der Geliebten, den Tag der Entscheidung;
mehr zusammenzubringen war ihm un
möglich, völlig unmöglich gewesen.
Die gräßliche Stunde des Tenmnö,
die Stunde, welche über Don Lopez' Le
bensglück für alle Zeit entscheiden sollte,
erschien. Die Siegel wurden von den
Thüren der einst glücklichen Wohnung
Sennor Pescadors gelöst. Die liegen
den Güter des Mannes waren an die Ge
richtsstelle veräußert worden; jetzt kam
die Reihe an seine bewegliche Habe, zu
der seine—Sklaven gehörten. Der Tisch
des Auktionators mit seinen beiden ange
zündeten Lichtern und einer rinnenden
Sanduhr darauf, war in der Mitte des
jüngst noch so heitern Gesellschaftssaales
aufgestellt. Hinter ihm nahm Don
Aloisio Campoman es, der er
wählte gerichtliche Vorstand der Verstei
gerung, mit dem verhängnißvollen Ham
mer- seinen Platz. Ihm gegenüber, den
beiden Wänden entlang, waren die Ge
genstände der Auktion, Pescador s Skla-
ven und Sklavinnen, aufgestellt, unter
ihnen, ein herzzerreißender Anblick, die
arme Maria Luna und ihre weinende
Tochter.
Als die Stunde schlug füllte sich der
Saal mit Neugierigen und Kauflustigen.
Lopez mit Empfindungen, die nicht zu
beschreiben, unter ihnen, musterte Mienen
und Gestalt jedes einzeln Eintretenden,
um seine Absichten zu erspähen; die we
nigen Piaster in seiner Busentasche drück
ten schwer auf seinem Herzen; er war
bleich wie der Tod, sein Odem stockte, und
seine Lippe bebte. Um 9 Uhr drängte
sich die lächerliche Gestatt des alten Geiz
halses, Monsieur George, durch die Saal
thür. Ein hönischeö Lächeln auf seiner
Teufelsmiene, strich er an der Reihe der
Sklavinnen entlang, blieb grinsend vor
dem Mädchen stehen, rückte ihr mit wid
riger Zärtlichkeit am Kinn, nannte sie
sein zartes Täubchen, schlug dann gegen
seine volle klappernde Börse, so daß das
Gold darin erklang, schlich dann schmun
zelnd und mit dem Trinmph des Verfol
gers der Tugend <nif seinem widrigen
Faunengesichte, zu einein weichen Arm
stuhl neben dem Auktionator, in dem er
gemächlich und lachend Platz nahm.
Die Stunde der Prüfung und einer
Seelengual ohne Gleichen für dies vielge
prüfte Paar war erschienen, und die Auk
tion begann. Schnell waren die Skla
ven bis auf Maria und Manuela, welche
man als die erlesensten, bis zuletzt aufge
spart hatte, verkauft. Die Reihe kam
nun an sie. „Wer bietet auf diese?"
fragte mit der Miene juristischer Gleich
gültigkeit jetzt der alte Don Aloisio die
Versammlung. „Doch zusammen, ihr
Herren! getrennt werden sie nicht, da sie
Mutter und Tochter sind, und letztere
noch nicht mannbar ist Neunundzwanzig
und vierzehn Jahr alt, gesund, wohlge
nährt, kräftig zur Arbeit, feurig von
Temperament, nicht böse, im H.iuse ge
boren." „Fünfzig Piaster für Jede,
rief Monsieur George, mit grinzendem
Lächelnd, die Herzählung der Eigenschaf
ten dieser seltenen Waare unterbrechend.
Wir kennen sie drum ohne Weiteres
fünfzig für Jede!" —„Fünfzig Piaster
zum ersten wiederholte gleichgültig Don
Aloisio, und schwang den gewichtigen
Hammer. Niemand mehr?" Lopez'
Stimme versagte ihm ihren Dienst, und :
„Niemand mehr?" fragte sein ernster
Brodherr zum zweiten Mal. Manuela
schwankte ohnmächtig auf ihrer Mutter
Arm zurück; ihr brechendes Auge suchte
bald den Himmel, balb die Gestalt des
Geliebten. Da gab die Verzweiflung
dem Jüngling Muth. „Sechzig für Je
de ?" rief er aus dem Schwärm der Zu
schauer heraus, iu dem er Verborgenheit
für seine Mham gesucht hatte. „Hol
lah ! rief Monsieur George, ein Mitbe
werber ! Laßt doch sehen! Fünfundsechzig
Piaster!" „Fünfundsechzig zum er
sten !" wiederholte Don Aloisio eintönig.
„Siebzig !" rief ein anderer Käufer.
Lopez hörte es. „Fünfungsiebzig!" rief
der Jüngling in Verzweiflung. Seine
Kräfte verließen ihn; er schwankte ohn
mächtig gegen den Ausgang des Saales
zurück und stürzte an der Schwelle zu
Boden.. Mitleidige Umstehende öffneten
Thür und trugen den Besinnungslo
sen an die Luft hinaus; dort lag er
eine Zeit lang in den Armen einer wohl
thätigen Ohnmacht. „Schaut dach, ich
habe Neider, sprach der Franzose neben
Don Aloisio, oder das Täubchen rechnet
auf einen Freund. Falsch gerechnet, mein
Täubchen ! setzte er höhnisch hinzu. Laßt
sehen, ob ich s besser verstehe. Hundert
Piaster für Jede!" rief er dem Auktio
nator zu. —„Hundert Piaster zum ersten!
wiederholte dieser. Niemand mehr? Für
jene beiden Sklavinnen hundert Piaster
zum eisten, hundert Piaster zum zweiten,
und der verhängnißvolle Hammer
schwebte in seiner Hand. Lopez lag
draußen in Ohnmacht, Niemand bot mehr.
Und hundert Piaster zum dritten!"
"TVillig zu loben und okne Furcht zu tadeln."
Dienstag de« OK. November,
rief der Auktionator, und schlug mit dem
Hammer auf den Tisch nieder, daß der
Ton durch den weiten Saal erschallte.
Bei diesem Schall sank Manuela, ei
ner gebrochenen Lilie gleich, leblos in die
Arme ihrer Mutter nieder, ihrer Mutter,
welche nur noch aus dem Leiden der Toch
ter die Kraft schöpfte, sich selbst aufrecht
zu erhalten. Man trug sie in ein Ne
benzimmer.
„Der Verkauf ist vorbei, sprach Don
Aloisio. indem er die Käufer aufforderte,
ihre Kaufüimmen bei ihm niederzulegen.
Ihr, Don Francisco, habt fünfhundert
Piaster für vier männliche Sklaven zu
entrichten; Don Ruiz Galiando dreihun
dert für vier weibliche Sklaven und zwei
Kinder; Don Luis Rodriguez, Ihr steht
hier mit einhundert und fünfzig Piaster
notirt." Die Aufgerufenen näherten sieh
und zählten die geforderten Summen vor
dem Auktionator auf den Tisch. „Diese
sämmtlichen Herren sind mir bekannt,
sprach Don Aloisio; alle sind altchristli
che Spanier, und in Euba mit liegenden
Gütern und Gründen angesessen, wie das
Gesetz es für die Erwerbung von Skla
ven als Bedingung vorschrieb. Jetzt ist
die Reihe an Euch, Monsieur George."
Der Alte lachte verschmitzt und fuhr tri
umphirend mit der Rechten in die Tasche,
um die klappernden Duploncn dvrauö her
vorzuziehen. „Halt, noch einen Augen
blick, sprach der Rechtsgelehrte. Das
Gesetz des Landes ist in Betreff Eurer
noch nicht ganz befriedigt. Ihr seid ein
Franzose von Geburt, Monsieur George,
und wäret sonst Kaufmann und Handels
herr in der Havannah, nicht wahr?"
„Ganz recht," erwiederte schmunzelnd der
Geizhals, und fuhr dabei fort, mit zuk
kenden Fingern die Geldstücke auf die
Tafel zu zählen. „Wo sind nun Eure
re Güter, Eure liegenden Gründe, Häu
ser, Plantagen oder Ackerfelder? fragte
der Auktionator ernst. Das Gesetz Eu
ba's verlangt die Beantwortung dieser
Frage von Euch, bevor Ihr die erkauften
Sklaven heimfuhren dürft." Der Alte
blickte ihn zornig an, sein Mund zuckte.
„Ich habe keine Güter in Euba, sprach
er endlich mürrisch, ich habe nur Geld."
Und damit wollte er zu zählen fortfahren.
„So spart Euch die Mühe, sprach Don
Aloisio, streicht Euer Geld nur wieder ein,
und seid froh, daß ich Euch nicht obenein
in Strafe nehme, zum Besten des Fiskus,
weil Ihr als ein Unberechtigter Euch in
diesen Saal gedrängt, um gegen die Vor
schrift und das ausdrückliche Gesetz König
Karls 111. Sklaven zu kaufen, zu deren
Besitz Euch als Ausländer und Unbegü
terten in Euba die nöthigen Eigenschaf
ten fehlen." „Ei, das wäre!" schrie,
von plötzlicher Wuth ergriffen, der alte
Franzose, unfähig ein Wort weiter zu
sprechen.
„Ja, das ist so und nicht anders, sprach
Don Aloisio eintönig. Wollt Ihr das
Gesetz sehen ? Hier les't es, Buchstab für
Buchstab gedruckt in dieser Sammlung
unserer Landesgesetze." Und damit
rückte er dem Alten einen dicken Folian
ten, der vor ihm lag, bis dicht unter die
Augen, währe!'.d"der Getäuschte grimmig
und sprachlos auf das aufgeschlagene Blatt
hinstarrte. Alles lachte, und unter Hohn
gelächler und Zischen schlich der alte Geiz
hals aus dem Saale. „Der Kauf ist null
und nichtig wegen mangelnder Besitz- und
Kauffähigkeit in der Person des Käufers,
sprach Don Aloisio indeß ruhig weiter.
Die beiden Sklavinnen, Maria und Ma
nuela, Mutter u. Tochter, neunundzwan
zig und vierzehn Jahr alt, kommen noch
einmal unter den Hammer. Wer bietet
mehr auf sie, als das letzte Gebot betrug
vor Monsieur George?" fragte er dann
die Gegenwärtigen—Alles schwieg.
Der Versammlung war daß Verhält
niß zwischen dem armen Lopez und der
reizenden Manuela schon kein Geheimniß
mehr. Der ohnmächtige Jüngling, die
leblos dahinsinkende Jungfrau, hatten je
den Blick entteuscht, jedes Herz mit Rüh-
rung und Mitgefühl erfüllt. Niemand
wollte bieten, Niemand einen Bund bre
chen, den der Himmel geheiligt zu haben
schien, Niemand der Nachfolger des ver
haßten Geizhalses sein, über dessen Ab
fertigung jeder Anwesende die innigste
Freude empfand. Alles schwig. ~Einh
undeitfünfzig Piaster zum ersten! rief
Don Aloisio. Niemand mehr?" Der
Saal blieb stumm. „Cuchuudertfünszig
Piaster zum zweiten! wiederholte der
Auktionator. Und zum dlitten!" Der
Hammer sank nieder.
„Wo ist er? wo >st er?" riefen hun-
Stimmen und in demselben Augenblick
trat Don Lopez, auf siines Freundes
Arm gestützt, in den Saal. „Sie ist
Euer! sie ist Euerreisen die Umste
henden jubelnd durcheinander. Lopez
traute seinen Sinnen kaum. Er trat an
den Tisch des Auktionators. „Die Skla
vinnen Maria Luna und Manuela sind
Euch zugeschlagen für einhunderifünfzig
Piaster, sprach Don Aloisio jetzt zu sei
nem Pflegesohn. Ihr seid ein altchrist
licher Spanier, und wenn gleich unbegü
tert, so befriedigt Ihr das Ges. Tz Cuba's,
welches den Güternachweis nur von Aus
ländern fordert, doch schon durch diese er
ste Eigenschaft. Zählet daher die Kauf
summe auf." Der Jüngling errang mit
Mühe so viel Selbstbewußtsein, um seine
Piaster auS der Busentasche hervorzuzie
hen. Don Aloisio machte große Augen,
als er die blinkenden Silberstücke in der
Hand seines Pfleglings sah; doch seine
Würde als Gerichtsperson hielt ihn ab,
seine Verwunderung hierüber jetzt und
an dieser Stelle laut werden zu lassen.
Es ist nämlich hierzu bemerken, daß Don
Aloisio von Allem, was vorging, und
zwar durch einen der Freunde des jungen
Mannes selbst unterrichtet war. Er war
ein ernster, trockener Rechtsgelehrter, aber
im innern Herzen ein trefflicher Mann.
Auf die flehentliche Bitte für Don Lopez
hatte er Anfangs gar keine Antwort ge
geben, und endlich trocken bemerkt: „Wir
wollen zusehen." Im Herzen aber hat
te er den Entschluß gefaßt, den armen
Jüngling vor Verzweiflung zu retten,
und ihm entweder de.n Zuschlag zuzuwen
den, oder Mutter und Tochter selbst als
Meistbietender zu erstehen, um sie ihm
alsdann zu übergeben. Das Spiel mit
Monsieur George war von seiner Seite
nur ein Spiel; denn er kannte die Unfä
higkeit des Ausländers, durch gesetzlichen
Kauf Sklaven zu erwerben ; allein seine
Hoffnung, durch großmüthiges Dazwi
schentreten den armen Lopez zu überra
schen, war nun doch fehlgeschlagen, und
er selbst war jetzt der Ueberraschte, da es
ihm nie in den Sinn gekommen war, es
für möglich zu halten, daß sein armer
Schreiber, den er auf diese Art für seinen
Mangel an Vertrauen zu ihm strafen
wollte, die große Summe zusammenbrin
gen könnte, die zu diesem Kauf nöthig
schien.
Unterdessen waren im Nebenzimmer
die Vorfälle bekannt geworden, welche
sich im Auktionssaal«.' ereignet hatten.
Manuela, zum Leben erwachend bei der
Kunde von ihrer Rettung, schlug das gro
ße schwarze Auge dankend zum Himmel
auf, sie lag auf einem Divan in Erschöp
fung dahingestreckt, vor ihr kniete ihre
Mutter, die Hände zum leisen Dankge
bet gegen den Himmel erhoben und ge
faltet. So sah sie Lopez, als er die Thür
öffnete, und außer sich vor Wonne und
Seligkeit, mit dem Jubelruf: „Manuela!
mein!" zu ihren Fußen niederstürzte.
Wer wollte es wagen, die Scene auszu
malen. welche jetzt folgte! Ihre Arme
verschlangen sich in seligem Entzücken, die
Lippen schmolzen zusammen, Herz klopfte
am Herzen, und ohne der zahlreichen Zu
schauer zu achten, die sich, ergriffen von
diesem Schauspiel, an der Thür des Ge
machs drängten, feierten die Glücklichen
einen Moment der Seligkeit, wie das Le
ben weniger Sterblichen einen ähnlichen
aufzuweisen haben mag. Die Wonne
Laufende Nummer 12.
der beglückten Liebe, nach Sturm, Mar
ter und Gefahren, wie Lopez und Manu
ela sie bestanden hatten, diese Wonne hat
ihres Gleichen nicht auf Erden.
Don Lopez wurde nun der glückliche
Gemahl seiner Freigelassenen. Don A
loisio stattete das junge Paar mit der
kleinen Summe'aus, die er für die Los
kaufung Manuela s und ihrer Mutter be
stimmt hatte. Bald darauf starb die
Letztere; sie ging ihrem geliebten Herrn
in die Heimath der Glucklichen nach; ihr
Schmerz um ihn war allzu standhaft, all
zu stark gewesen, als daß der Anblick des
Glückes ihrer Tochter allein sie hätte auf»
recht erhalten können. Nun verließ Lo«
pez den Dienst seines Beschützers. Sei
ne höhere Natur verlangte nach einer grö
ßern Wirksamkeit. Er ward Soldat,
Offizier. Seine seltenen Naturgaben,
seine Talente, sein Muth, seine Wisseü
ichaft brachen sich Bahn; er ging nach
Europa, Manuela und ein alter, treuer
Diener begleitete ihn. In Spanien wü
thete der Freiheitskrieg; Lopez' große
Eigenschaften überstrahlten bald alle sei
ne Waffenbrüder; er ward mit Rang und
Orden, mit Ehrenzeichen und Gütern
Überhäuft; er ward General und Heer»
sichrer; doch im innern Herzen blieb er
immer derselbe bescheidene, gefühlvolle
und liebenswürdige Mann, der er als
arme Jüngling, als er Schreiber Dem
Aloisio's gewesen war. Sein Glück
blieb ungetrübt, ein Glück, wie wohl we
nig Menschenleben es gewährt haben oder
gewähren.
Ein Dorfjchullehrer erklärte seinen
Zöglingen, daß der Mond von Menschen
bewohnt sei. Ein naseweiser Bengel
warf die Frage auf: „Aber wo kommen
denn die Menschen hin, wenn der Mond'
abnimmt?" „Die nehmen auch ab,"
entgegnete der verblüffte Schulmonarch
mir größter Ruhe.
Ein besühmter Schauspieler wurde auf
seiner Durchrei>e''von dSM Direktor eines
kleinen Theaters zum Gastspiel eingela--
den. Um seine Bedingungen gefragt,
forderte er zwei Drittel der Einnahme.
„Ach Gott—entgegnete der arme Direk
tor zwei Drittel, jetzt im Sommer
nehmen wir manchmal kaum e i n Drit
tel ein."
Ein Pennsylvanier, der in der Taufe
den sonderbaren Vornamen ~N i cht" er
halten hatte, kam nach Deutschland und
wurde auf einer Reise gefragt, wie er
hieße. „Nicht Obertown!" antwortete
er.—,, Nun wie denn?" fragte der Thor
jchreiber.—„Nicht Obertown !" erwieder
te er zum zweiten Mal. „Herr! fuhr
ihn der erzürnte Beamte an, hier werden
keine Narrenspofsen gemacht, hier sind
wir im Königreich Hannover, ich heiße
auch nicht Obertown, ich will aber Jh
r e n Namen wissen."—„Sie heißen auch
Nicht Obertown? fragte überrascht der
Pennsylvanier, haben Sie Verwandte in
Amerika ?"—„Herr! was gehn Sie mei
ne Verwandten an ? wie Sie heißen, will
ich wissen."-„Nicht Obertown, ich habe
es Ihnen ja schon dreimal gesagt."
„Nun warten Sie! rief im Uebermaß sei
nes gerechten Zornes der königliche Be
amte, ich will Sie zu einer ganzen Men
ge von Leuten bringen, die alle nicht
Obertown heißen !"—Der Reisende wur
de in der That abgeführt, und erst durch
seinen Paß klälte sich der Irrthum auf.
Als der Schauspieler Jerrmann ein
mal den Franz Moor spielte und im letz
ten Akte in der Nachtscene nach der Ver
wandlung die Worte sprach: „Wer
schleicht hinter mir?" stand plötzlich ein
verirrter Theaterarbeiter im Schurzfell
mit auf der Scene und sprach ganz treu
herzig : „Ich bin's, Herr Jerrmann, ich
suche meinen Nagelbohrer."
Man warf Einen die Treppe hinunter.
„Auch gut, sagte er, ich habe ohnehin hin
abgehen wollen."