Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, October 12, 1847, Image 1

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    Meadi ,l g, Wenn.
Jahrg. V, gernze Nsem. AM.
2>edinau»aen z Der Nibernle 15cc>liac!,t7r erscheint jeden Dienste auf einem großen Luperial - Bogen mit schonen vettern gedruckt. Der - Preit' ist Ein Thaler d.ö Jahrs, welcher in halbjährlicher
Vorau?be>ahluna erbeten wird. Wer im Lauft des Zahreö nicht bezahlt, dem werten 50 angerechnet- Für kürzere Zeit als ti Monate wird kein Uarcrschreibcr angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden »ur
dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Subs.ripNons-Tcrmins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. B.kanntm.u!m»gcn werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen -prciö ein,
gerückt ' Unlerschrcibern in hiesiger Lt.,dt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterst, reiber. Brief.- und dergl. müssen po st frei eingesandt werden.
Jonathan Slick s Abenteuer
in Nen Aork.
Beschlu ß.
Das war kapitaler Cider, und ich wur-
de gleich wieder durstig darnach, trank da
her noch einmal, und jetzt ging's in vol-!
lem Ernst ans Spielen. Hol'S der Hen
ker, sie gewannen daS Spiel; als sie aber
sahen, wie falsch ich wurde, erboten sie sich
hundert Dollar dagegen zu wetten. —Ich
weiß nicht mehr recht, wer nachher ge
wann, denn daS Ganze sing mir an, wie
ein Traum vorzukommen, die Lichter tanz
ten, und die Karten hielt ich für kleine
winzige Menschen, die Alle lebten und uns
anfeixten, wenn wir sie in die Hand nah-
men. Ich holte übrigens die alte Brief- j
rasche alle paar Minuten hervor, soviel
weiß ich noch ; wie sie aber leer war, sag-
te Miß Sneers' Bruder: „Das schadt'
Nichts, Alterchen, wir sind mit Ihrem
Autograph zufrieden!"—„lch halte sol-!
che neumodische Thiere nicht!" sagt' ich. j
„Oh, schreiben Sie nur Ihren Namen
dahin," sagte er, und reichte mir einen
schmalen Streifen Papier.— „Und war
um nicht? sagt' ich und nahm die Feder,
die er mir hinhielt, gewiß, aber halten
Sie doch nur das Papier still, ich kann's
ja gar nicht erwischen, wenn'S so auf dem
Tisch herum fähit!" „ES ist Ihre
Hand! sagt'er.-„Meine Hand? sagt'
ich, I gehen Sie!"
Ich faßte den Zettel jetzt mit allen zehn
Fingern fest, und brachte endlich ein lang
gefchwänzteS zu Wege, beim H mußt
ich aber wieder von vorne anfangen, wur
de jedoch ziemlich gut damit fertig ; dann
spielten wir wieder Karten. Mein Na
me schien ihnen übrigens an dem Abend!
sehr gut zu gefallen, denn alle Augenblick !
mußt' ich ihn auf einen anderen Wisch
schreiben, biS ich endlich fortging. Ich
weiß nicht mehr, wann Miß SneerS
uns verließ oder wie ich selber fort kam,
am nächsten Morgen wachte ich aber in
meiner Coye auf und hatte den unver
nünftigsten Kopfschmerz, der sich nur den
ken läßt; Capitän Dolittle saß meinem
Lager gegenüber in der Cajüte, und wein
te wie ein kleines Kind.
„Was ist los, Capitän?" sagt' ich,
und diehte mich nach ihm herum —„Jo-
nathan, sagt' er, stau) auf und rannte
beide Hände in seine alten Beinkleideita
schen, Jonathan, 'S ist Zeit, daß wir uns
von hier fortmachen und zu Hause gehn."
Die Thränen liefen ihm dabei an den
runzelichen Backen hinunter, und er dreh
te sich ab, weil ich sie nicht sehen sollte.
Hin und her überlegt' ich mir jetzt,
was dem Capitän wohl so leid thun kön
ne—im Kopf schlug mir's dabei wie auf
einer Trommel, endlich erinnerte ich mich
an den Cider, die Karten u. Miß SneerS,
und wie ich den Capitän ansah, hielt er
die" alte leere Brieftasche in der Hand,
und die Thränen tropften hinein, —da
dreht' ich mich wieder herum, deckte mein
Gesicht mit dem Kopfkissen zu u. schluchz
te, als ob mir das Herz brechen sollte. —
Ich muß wohl zehn Minuten so still ge
legen haben, während Capitän Dolittle
schweigend die leere Brieftasche anstarrte,
endlich setzt' ich mich auf, guckte den Ca
pitän so halb von der Seite an, und sag
te: „Capitän, was soll ich thun?"
Der Capitän sah in die Höhe, und
sagte: „Jonathan, laßt mich lieber erst
das wissen, was Ihr schon gethan habt!"
Ich fing auch gleich an und erzählte ihm,
so gut ich mich noch daran erinnern konn
te, die ganze Geschichte von Miß Sneers,
vom Theater, vom Kartenspielen, dem
Abendessen und dem Cider. Wie ich fer
tig war, schüttelte er so melancholisch den
Kopf, und sagte: „Jonathan, das ist ei
ne böse Geschichte, Ihr seid ein gewalti
ger Esel gewesen, und habt Eures Va
ters ganzes Geld verspielt; 's ist beinah
so schlimm wie stehlen." —
„O, sagt das nicht, rief ich, und barg
mein Gesicht in den Händen, sagt das
nicht, mir ist ohnedem schlecht zu Muthe,
Capitän, Gott weiß es."—„Gut! sagte
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.
der Capitän, eö ist nicht hübsch, Einen
zu schlagen, wenn er unten liegt; was
sollen wir aber jetzt thun, das ist die Fra
ge ! wie wär'S, wenn Ihr Eure Sachen
anzögt; wir wollen dann einmal in das
verwünschte Spielloch hingehen, und se
hen, ob wir nicht auf eine oder die andere
Art das Geld zurückbekommen können;
Miß SneerS wird sich gewiß unmenschlich
freuen, Euch wieder zu sehen!" -- Ich
stand auf nud zog mich, so gut es gehen
wollte, an, denn mein Hirn schmerzte mich
sürchterlich, der Capitän thu aber Alles,
was er konnte, für mich, goß mir einen
Krug voll kalt Wasser über die Haare
und ließ mich eine Tasse starken Thee trin
ken. Im Kopf wurde es mir danach et
was leichter, aber im H.wzen, ach, da sah
es bös auS. —Ich mochte den Mund gar
nicht aufthun ,so niedergeschlagen war ich,
und wir brachen nach dem verwünschten
Hause auf.
„Hört einmal, Jonathan, sagte der
Capitän unterwegs zu mir, es will mir
nicht recht behagen, aber wir müssen sie
glauben machen, daß ich von der Polizei
wäre; haltet Euch also tapfer, klingelt
und marschirt gerade hinein, ich komme
nachher und denke, wir können das Ge
schäft noch in Ordnung bringen."
Ich klingelte.—„lst Miß Sneers zu
Hause?" sagt' ich. „Nein, sagte der
Nigger ganz geschwind, sie fuhr diesen
Morgen auf's Land.—„lch wollte eben
sagen, daß ich sie schon gesehen hätte, Ca
pitän Dolittle schob aber gerade hinein,
und den Nigger auf die Seite weifend,
sagte er: „Kommt, Jonathan, kommt
- und thut, als ob Ihr zu Hause wäret."
! Damit schritt er gerade den Gang ent
! lang und ich hinterher, wo er die Seiten
thür aufmachte, die in das Zimmer führ
te, in welchen wir gestern Abend gesessen
hatten, und hineinguckce. „Niemand
drin? sagte er, geht die Treppe hinauf,
Jonathan, ich bringe den Nigger indeß
zur Ruhe, wenn er unzweckmäßig werden
sollte, nachher komm ich nach!"
Ich stieg gerade hinauf und wollte eben
an Miß SneerS Thür klopfen, alö ich
fand, daß sie nur angelehnt war und ein
Bischen hineinguckte, wo ich gerade noch
zur rechten Zeit kam, um zu sehen, wie
der Bursche, den sie ihren Bruder nannte,
durch den gegenüber liegenden Ausgang
schlüpfte. Ich stieß jetzt an die Thür,
daß sie weit aufflog, und trat hinein.
Miß Sneers saß auf der gepolsterten, sei
denen Bank, hatte einen weißen, faltigen
Ueberwurf an und ihr Haar mit dersel
ben goldenen Kette durchwickelt, als ob
sie's seit gestern Abend gar nicht wieder
angerührt hätte; sie sprang aber halb in
die Höh', wie sie mich sah, ließ sich jedoch
gleich wieder nieder, und schaute mir mit
zusammengepreßten Lippen und weit ge
öffneten Augen in's Gesicht, als ob sie
gar nicht wisse, wer ich wäre. Ich ging
gerade auf sie zu, streckte ihr die Hand
entgegen, und sagte: „Wie befinden sie
sich diesen Morgen, Miß Sneers?" sagt'
ich. Sie lehnte sich ein wenig zurück,
und mir starr in die Augen sehend, sagte
sie: „Sie müssen sich im Zimmer geirrt
haben, mein Herr, ich nehme hier keine
Besuche an."
(-NNNMIS, sprach sie nicht eben so steif
und kalt, als ob sie einen Eiszapfen ver
schluckt hätte, ich sah mich einen Augen
blick rund im Zimmer um, und dann sag
te ich wieder: „Hören sie einmal, mein
Fräulein, Sie scheinen heute Morgen ge
rade nicht besonders entzückt über mein
Wiederkommen zu sein, ich will mich da
her gar nicht lange aufhalten, geben Sie
mir nur die Gelegenheit, einen Augenblick
i mit Ihrem Bruder zu sprechen."—„Sie
befinden sich in einem zweiten Irrthum,
sagte sie so frostig wie vorher. Mein
Bruder ist nicht im Hause." —„Vielleicht
werden Sie mir nun auch gleich weiß ma
chen wollen, daß ich meinen eigenen Au
gen nicht mehr glauben soll, sagt' ich, und
wurde falsch. Rufen Sie nur die gemei
ne Seele aus dem Zimmer heraus, ich
Gedruckt und herausgegeben von Arnold P u w e ll e, iu der Süd wen Straße, zwischen der Franklin- und Clwsnnt - Strasse
"willig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
DtenstetzH den 1.2. Oetsider,
hab' ihn stllst, vor kaum drei Minuten,
hin Nu schlupfen sehen!" —Sie wurde ein
klein Bischen roth, wie ich so sprach, nach
dem Sie aber ein paar Mal geschluckt
hatte, sagte sie, so kühl wie eine Gurke:
„Nicht meinen Bruder, Sie haben mei
nen Bruder nicht gesehen; das war mein
Mann, Sir!" —
Ich fühlte, wie mir das Blut durch die
Adern und ins Gesicht ko.hte. „Ihr
Mann ? Ihr Mann ? sagt' ich, und schlug
eine Lache auf, die jedoch in ein wildes
Feiren ausartete; dann sind Sie. . ."
„Seine Frau, Sir! sagte sie mir einem
kalten, höhnischen Lächeln, und jetzt, da
ich besondere Geschäfte habe, möchten Sie
wohl das Haus veilasien!" —„Nicht ge
rade jetzt schon! sagte Capitän Dolittle,
und platzte in'S Zimmer, wir haben selber
ein kleines Geschäft mit dem Mann von
Ihnen abzumachen, Madame!" —
„Und wer sind S:e, Sir?'' sagte die
Frau, wurde so weiß wie Quark, und setz
te sich, zu Tode erschreckt, wieder auf die
Bank zurück, von der sie schon halb auf
gestanden war.—„lch weiß nicht, ob daS
Sie überhaupt etivas angeht; sagte er,
und holte ein zusammengefaltetes Stück
Papier ans aus der Tasche, ich will den
betrügerischen Schuft sehen, den Sie
„Mann" nennen, .und cS ist meine Mei
nung, daß er und ich, el e ich dieß Haus
wieder verlasse, noch besser bekannt mit
einander wc'.den."
In meinem Leben hab' ich kein arme-?
Geschöpf so ineiuanderfallen sehen, wie
sie that, ihr Gesicht wurde so weiß wie
Schnee, ihre Lippen auch, und ich konnte
sehen, wie sie trotz alles Tträubenö am
ganzen Leibe zitterte. „Sie haben doch
! Leinen Pölizeiofsicianten hub er gebracht?"
sagte sie, und schaute mich mit ihren sanf
ten Augen, die ganz voll Thränen hin
! gen, wehwiuhig an.—Äs reute mich schon
fast. —„Jonathan, seid kein Esel!" sagte
! der Capitän, und stieß mich heimlich in
,die Rippen; dann ging er gerade auf sie
zu, und sagte: „Es wandert mich gar
' nicht, daß Sie erstaunt sind, Madame,
denn Sie werden wohl nicht'vft einen an-
ständigen Mann in diesem Neste sehen ;
wenn Einer von unS aber einmal hierher
kommt, so macht er gewöhnlich auch ziem
lich reine Arbeit; das kann ich Sie versi
ehern. Ihr Mann ist vielleicht nicht der
Einzige, der das auSsinden möchte; ich
- habe hübschere Frauen, als Sie sind, vor
> Gericht gesehen."
Sie zittc'ite jetzt immer stärker, und
! sah mich ganz merkwürdig wehmüthig an.
„ES hilft Nichts, sagte Capitän Dolittle,
und schob mich zuiück. Sie sollen's bü
ßen, wenn der Lump daS Geld nicht wie
der herausrückt. Mr. Slick hat mit der
Sache, seit er sie den Gerichten übergeben
hat, nichts weiter zu thun; und in mir
möchten Sie auch jetzt keinen soweichher-
zigen Burschen als er ist, finden. Das
kann ich Sie versichern." „Aber, was
j wollen Sie denn eigentlich?" sagte sie,
und schüttelte sich, als ob sie's kalte Fie
! ber hätte. —„Das Geld, um das Sie die
sen jungen Menschen gestern Abend be
trogen haben, sagte er, das Geld und die
Wechsel, die er schreiben mußte, und beim
lebendigen Feuer, wenn ich's nicht binnen
zehn Minuten in Händen habe, marschirt
jede Seele im Hause hier nach dem Zucht-
Hause."
Das arme Geschöpf geriet!) mehr und
mehr in Angst und schluchzte ganz unver
nünftig, der Capitän aber sagte : „Da
der Mann von Ihnen keine besondere Lust
zu haben scheint, herauszukommen, so wer
de ich mir die Freiheit nehmen, ihm eine
besondere Einladung zu bringen." Da
mit ging er in das andere Zimmer, kam
aber nach wenigen Minuten Stampfens
und Stühle rückenö wieder heraus, und
führte den Bruder oder Mann der Frau
beim Ohre herein. Er hatte einen merk
würdig guten Halt genommen, denn es
war so roth, als ob's abgebrüht' wäre.
„Wollt Ihr herausrücken oder nicht?"
sagte der Capitän; der Spieler zerrte und
der Capitän bekannte Farbe. —„Kommt,
wir haben Eile," sagte er jetzt, und neh
men Euch fast eben so gern als daS Geld."
Der Bursche that einen anderen Ruck,
des Capitäns Finger waren aber gerade
wie ein Schraubenstock, und er ließ nicht
locker. „Icke, Jak?," schrie Jener jetzt.
„Wenn Euer Nigger I.cke heißt, so
wird er Euch wohl nicht hören, fürcht'
ich," sagte der Capitän, und steckte ein
neueS Pumchen Kautaback mit der einen
Hand in seinen Mund, während er dem
Ohr mit der anderen einen Extrakuipp
versetzte, „ich schloß ihn unten in die
ÄorralhSkammer genug Weinflaschen
da ; befinden sich hinlänglich wohl da un
ten, stören Sie'n ja nicht, den armen Ne
ger, bitte, thun Sie s nicht !"
Der Bursche rannte dein Capitän sei
ne Faust in die Seite, der ritt ihn aber
nach der Thür, und wandte sich dann so
kühl wie eine Salzgurke nach mir um und
sagte: „Rufen Sic die Ucorigeu herauf,
Mr. Slick, diesen Herrn hier werd' ich
schon besorgen, die Dame mochte aber
wieder zwei Beschützer nöthig haben, ru
fen Sie sie nur!"—
Die arme Frau that mir wahrhaftig
leid, sie sprang auf, schlang ihre Arme
um den Menschen, und sagte: „o, gib's
!UMn, gib ö ihnen, ich kann dieß nicht er
! irageu :"—„Sagt ihm, daB er mein Ohr
l los laßt, knirschte der Bm sche, und drehte
> sein käseweiß.ö Gesicht nach mir herüber;
dann sollt Ihr das Geld haben, müßt aber
uns nicht wieder zu belästi
gen." „Gciade so, sagte der Capitän,
; und ließ das Ohr loö, Heiaus mit der
Munziorte!W — Der Bleiche schob seine
Hdnd in dir Tas.be, und langte ein Packet
BaiiUwten und fünf Papier st reifen, mit
meinem Namen drauf, Alles zusam
' mengekl'.ittert, hervor. „Behalret Ihr
ihn einmal im Auge, sagte der Capitän,
mw nickte nach ihm herüver, ich will in-
dessen nachsehen, ob Alles in Richtigkeit
! .st." Damit setzte er sich, dicht neben
die arme Frau, auf das eine Sopha nie»
«der, hob ein Bein überhander.', leckte sich
' die Finger und überzählte daS Geld. Es
war ganz richtig, er legte es also wieder
eins auf oas andere, steckte es in die alte
i Brieftasche und reichte mir dies? herüber.
! „Da, sagt' er, Mr. Slick, ich denke,
wir können nun gehen."—Damit erzähl
te er dem Mann, daß er den Schlüssel
zur Vorratskammer stecken, und den
Nigger wohlbehalten drin finden würde,
l und wir verließen daö HauS. —
„Nun, Jonathan, sagte der Capitän,
alö wir endlich wieder im Freien waren,
! ich denke, das haben wir gescheut genug
! angefangen, doch warum feht Ihr denn
> so traurig aus ?" —„lch weiß nicht, sagt'
'ich, und fuhr mir mit dem Rücken der
Hand über die Augen, ich weiß nicht, es
kommt mir aber so vor, als ob ich Etivas
veiloren hätte, waS mehr als all das Geld
werth war!"
„Und was war das?" sagte er.
„ES ist das erste Mal in meinem Le
ben, sagt' ich, daß ich eifalwen habe, wie
hinteilistig und falsch die Frauen eigent
lich sein können, und es kommt mir fast
vor, als ob ich sie nie wieder so recht lieb
gewinnen würde Capitän, Capitän, in
wollte lieber Tag und Nacht für das Geld
arbeiten, als mich so elend und einsam im
Heizen fühlen, wie gerade jetzt—denn es
lebt sich ja eben so g»t in einer Welt oh
ne Sonnenschein, als ohne Lercrauen. —
Ich werde wohl wieder mit nach Weat
hersfield hinauf gehen !" —-
Das Ar tt b st tt cl'.
Auf der Insel Bourbon hauste an dem
malerischen Ufer deS St. AnnenfliissiS
vor einigen Jahren ein braver Creole
friedlich und wohlgemuth. Poi phire war
sein Name und er galt allgemein für ei
nen außerordentlichen starken Mann, ob
gleich er nur selten Lewei je, welche zu
diesem Ruhme veranlaßten, geliefert hat
te. Natürlich gab es Leute, welche an
seiner Stärke zweifelten. So geschah es
LLNsfessde Nummer 7.
denn, daß er oft zum Ringkampfe aufge
fordert, ihm Welten angeboten und er
wohl gar durch Neckereien gereizt wurde.
Dennoch ließ er sich nicht irre machen;
er war seiner herkulischen Kraft bewußt,
hielt es aber für eine Abgeschmacktheit,
mit ders-lben als Athlet großprahlen zu
wollen.
Nun lebte auf der Insel Vourbon ein
gewisser Christoph, welcher früher Steu
er.nann auf einem Schiffe der Kriegsflot
te gewesen war, sich nicht wenig auf seine
Muskelstärke einbildete und deßhalb zu
des Areolen Ruhme sehr scheel sah. Um
seinem Dünkel endlich ein Genüge zu
thun, machte er sich einst vor Tage auf
den Weg nach dem St. Annenflusse, um
Porphire zu einem Zweikampfe aufzufor
dern. Die sechs Meilen machte Christoph
zu Fuße und langte im Hause des Neben
buhlers auf dem Felde deS Ruhnies gra
de an, als dieser frühstücken wollte. Der
Steuermann rückte sogleich mit seinem
Ansinnen heraus und der Creole ging ru
hig darauf ein, doch als ein Mann von
Lcbenc-art lud er den Gast erst zum Früh
stücke ein. AIS sie sich zu Tische setzen
wollten, sagte der Crcole: „Guter Freund
ich möchte Sie gern recht ordentlich bewir
then ; Sie haben einen tüchtigen Marsch
gemacht und das Essen schmeckt Ihnen al
so ; auch mein Appetit ist nicht klein.
Mit dem heutigen Frühstucke steht es a
ber sehr schlecht. Ich wollte ohnehin
morgen ein Schwein schlachten ; was mci-
nen Sie dazu, wenn wir sogleich in den
> Park gingen, von den Schwarzen die fette
Sau schlachten ließen und für frische
! Wurst und Fleisch sorgten ?"
Christoph war rein Kostverächter und
c-lso schnell mit dem vorschlage einver
! standen. Sie machten sich also nach dem
! Parke auf den Weg und besprachen sich
! dabei über den bevorstehenden Ringkampf.
! Christoph meinte, essn doch besser, wenn
l sie eine Wette machten : er setze seine sil
berne Uhr gegen zehn Piaster, daß er
l Sieger bleiben werde. Der Creole wil
ligte ein. So erreichten sie den Park.
! Porphire rief den Schwarzen und da d?r
-! selbe —wahrscheinlich im Einverständnisse
'mit dem Creolen nicht zu finden war,
so sprang der Hausherr selber über die
vier Fuß hohe Ringmauer, in welchem die
Schweine gehalten wurden und suchte daS
Prachtexemplar, welches wohl an dreihun
dert Pfund wiegen mochte, heraus.
Christoph sah über die Mauer dem
merkwürdigen Verfahren des Creolen zu.
Dieser nahm das Schwein beim Schwän
ze, zog es an die Mauer und gab ihm ei
nen so derbe» Faustschlag auf den Kopf,
daß eS betäubt zu Boden sank. Darauf
rief er: „Aufgepaßt, Herr Chustoph!
fangen Sie!" und rasch faßte er das
Schwein mit der rechten Hand am Ohre
und schleuderte es, wie ein Fangball, mit
einem Rucke über die Mauer.
Christoph traute seinen Augen kaum...
er war geschlagen ! Die Schwarzen kamen
jetzt heran, daS Schwein wurde gestochen,
zerlegt und nach Hause gebracht.
Als die ftifche Wurst auf dem Tische
stand, wurde der Steuermann immer be
denklicher ; er aß wenig, trank desto mehr
und vom Zweikampfe war nicht mehr die
Rede. Jetzt stand der Creole vom Ti
sche auf und sagte ruhig: „Ich bin be
reit !"—„„Bester Mann,"" antwortete
Christoph, „„wenn man sich's so gut
schmecken ließ, schadet ein solcher Ring
kampf der Verdauung.""—„lch verste
he Sie," sagte der Creole lächelnd, „doch
da mir Ihre Uhr gefällt, so haben Sie
wohl die Güte Ihren guten Freunden in
St. Denis, welche um den Zweck Ihrer
Fußwanderung wissen, zu sagen, Sie hät
ten mir Ih'.e Uhr zum Andenken an den
heutigen Tag geschenkt und wir wären
durchaus freundschaftlich von einander ge
schieden."
Christoph ließ die Uhr im Stiche, ging
still nach Hause und rühmte sich fortan nie
seiner herkulischen Stärke mehr; er hatte
sich den Creolen zum Beispiel genommen.