Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, September 21, 1847, Image 1

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    Der Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caumies allgemeiner Anzeiger.
HeÄVLNg, MNN. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Puwell e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Ckcsnut - Straße.
Jahrg. ?>, ganze Nun».
Bedingungen Der ZUlieralc Lrolmcktk'r erscheint jeden Dienstag auf einem großen «uperial - Bogen n»r schonen Lettern gedruckt. Der Subscriptions. Preis ist Ein Thaler dcö Jahrs, welcher in halbjährlicher
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Jonathan Sliek s Abenteuer
in '?ken Bork.
Habt ihr schon jemals eine Quelle an
fangen gesehen zu sprudeln und glizern,
sobald man nur die Pfeffermünze ausein
der biegt, die drüber wächts, und das hel
le Tageslicht auf das Wasser fallen läßt ?
Wenn ihr das gesehen habt, so könnt Ihr
Euch ungefähr eine Idee machen, wie
hübsch das Lächeln war, das dem niedli
chen Ding über s ganze Gesicht und durch
die feurigen Augen zu zücken schien. Ich
konnte ordentlich sehen, wie sie sich in die
runden Lippen biß, um nicht gerade her
aus zu platzen; als ich das aber merkte,
feixte ich selbst ein Bischen, denn ich kann
in dem Geschäft 'was Merkwürdiges lei
sten. Nach einer Weile sagte sie, so gut
wie sie die Worte herausbringen konnte:
„Ich hoffe, Sie amüsiren sich recht gut in
der Stadt, Mr. Slick."—„lch denke, ich
thue es gerade jetzt, sagt' ich, ganz beson
ders viel und noch mehr."
Dabei lächelte sie wieder und ich weiß
" nicht, wie es kam, aber die andere kleine
Hand wurde so sonderbar unruhig unter
dem dünnen Aermelzeug, als wenn sie mit
der meinigen ein wenig näher bekannt zu
werden wünschte; mein Zwiebelreißer hat
te nicht das Mindeste dagegen, vorgestellt
zu werden. „Es ist merkwürdig schönes
Wetter für diese Jahreszeit," sagt' ich,
Und meine Hand fing an, ein Bischen
nach der ihrigen hinzukriechen. —„Sehr
schön, sagte sie, und sah so weich wie But
ter nach dem großen Leuchter hinüber,
sehr schön!" —„lch mag auch gerne im
Herbst in den Wald gehn, sagt' ich, wenn
die Bäume alle nur mögliche Farben be
kommen, und roth, blau und gelb werden,
wenn die Kastanien gerade reif genug
daß sie aus den Stachel-Schalen heraus
fallen ; xracnnus, ich wollte, Sie und ich
wir gingen draußen herum, und wenn's
nur dazu wäre, aufzupassen, wie die Fenz
mäuse und grauen Eichhörnchen die Nüs
se in ihren Mäulchen und mit den Vor
derpfoten wegschleppen. Haben Sie je
mals ein schwar' s Eichhörnchen mit einer
Hickorynuß zwischen den Knappern, wenn
das Laub schon fast alles herunter ist, von
einem Zweig zum andern springen sehen?"
Damit marschirten meine Finger wieder
lebhafter.
„Ja, sagte sie, ich habe zahme Eich
hörnchen ungemein gern."—lndessen war
Meine Hand am Ziel ihrer Reise ange
kommen und quartirte sich ein.—„Hüb-
sche Thierchen, nicht wahr ? sagt' ich, und
konnte keinen Athem holen, solche Angst
hatte ich. Eapitän Dolittle hat eins un
ten im Boot, so schwarz wie der Teufel
—den Schwanz schlägts über den Kopf
weg, wie ein Mädchen mit einer Feder
auf dem Hut, und es hat ein Auge im
Kopf, so schwarz und feurig, als ob eS
ans dem Ihrigen herausgeschnitten wäre
—ich stehle es dem Alten, Käfig und Al
les, und bring' es her, wenn Sie nur im
ynndisten Lust dazu haben ich will ge
hängt werden, wenn ich's nicht thue."
Indessen war ihre Hand und meine so
vertraut mit einander geworden, wie ein
paar Rothkelchen in einem Nest, als ich
aber von dem Eichhörnchen sprach, fühlt'
ich, daß jHre Finger sich fester und fester
an die meinigen anhielten, und wie ich
schwieg, hob sie die großen Augen zu mir
'auf, warf mir einen Blick zu, der mir das
Herz in der Brust schlagen machte, wie
eine Ente im Schlammwasser, und sagte:
,;Sie sind sehr gütig!"—„O gehen Sie,
sagte ich, das ist noch nicht die Probe von
dem, was ich zu thun gedenke, wenn wir
Beide uns nur zusammen verstehen und
in ein und demselben Joch ziehen können.
Ich bi» nicht so knickerig, wie manche An
dere, ich gebe das letzte Hemd her, wenn's
sein muß; fragen Sie Capitän Dolittle,
wenn Sie's mir nicht glauben wollen."
Sie sah mich dabei wieder mit einem
solchen Lächeln an, daß ich mir nicht mehr
helfen konnte, ich hob die kleine Hand an
die Lippen und naschte dran, eh' ich nur
wußte, was ich that. Es war, als ob sie
mir die Hand wegziehen wollte, und sie
drehte den Kopf ab, daß ich ihr Gesicht
nicht sehen konnte. „Sie sind doch nicht
böse ? sagt' ich und ließ Sie los ; Sie sa
hen aber so unmenschlich liebenswürdig
aus, ich ich konnte mir nicht helfen."
Sie antwortete weiter nichts, stand aber
auf, trat zu dem angezogenen Tisch hin,
roch an ein paar Blumen und setzte sich
dann wieder so freundlich zu mir nieder,
wie ein Pußkätzchen; ich hatte aber einen
solchen Schreck bekommen, weil ich fürch
tete, sie wäre böse, daß ich gar nicht wuß
te, was ich zunächst vorbringen sollte, end
lich siel mir wieder der Wald ein u. ich sag
te : „Da wir doch vom Walde geredet
haben, sagt' ich, sind die Ahornbäume
nicht hübsch? Haben Sie wohl schon je
mals die Blätter gesehen, wenn sie gera
de roth werden wollen und an den Zwei
gen zittern, als ob sie sich fürchteten her
unter zufallen ; so roth sind sie dabei,
daß mir's oft vorkommen ist, als ob der
Zucker durch die Blätter heraus wollte
und sie gefärbt hätte; sie sehen so süß
aus. Apropos aber, da wir doch von Zuk
ker reden, mögen Sie Ahornzucker?"
„Sehr gern," sagte sie.—„Schön, sagte
ich, wenn ich wieder komme, bring' ich Ih
nen einen Klumpen mit; passen Sie ein
mal auf, ob ich's nicht thue.'/
In demselben Augenblick machte der
Bursche, den ich im Theater gesehen hat
te, die Thür auf, und kam gerade herein.
Ich wäre beinahe in die Höhe gesprun
gen und ließ ihre Hand, die auf eine oder
die andere Art wieder in meine gerathen
war, so schnell fallen, als ob's eine heiße
Kastanie gewesen wäre, er sah sich aber
blos um, machte eine kurze Verbeugung
und die Thür »vieder zu.
„Nun, sagt' ich, und zwar beklommen,
ich denke, ich werde wohl gehen müssen !"
—„So bald schon?" sagte sie, und hob
ihre Augen ordentlich traurig zu mir auf.
Ich fuhr augenblicklich wieder in mich
selbst zusammen, wie eine Kohlpflanze in
der Sonn?. „Und wer mag der da sein?"
sagt' ich, denn es wurde mir so sonderbar
uin's Herz herum. —„O, sagte sie, es ist
nur mein Bruder; kehren Sie sich nicht
an ihn. Lieben Sie Musik, Mr. Slick?"
„Als wie ich? sagt' ich, ich denke so
sehr! Wenn zu Hause einmal der Vor
sänger in der Si'ngschule fehlt, versehe
ich immer seine Stelle."
„Haben Sie schon die Castellan ge
hört ?" fragte sie.—„Nein, sagt' ich. ich
kann mich nicht besinnen, auf der Baß
geige bin ich aber vorzüglich, und im Tut
horn blasen konnte mich, wie ich noch ein
Junge war, Keiner übertreffen." —Ich
weiß nicht, wie es kam, ich konnte nicht ein
Wort sprechen, ohne daß es ihr in einem
fort wie verhaltenes Lachen um den klei
nen Mund herum zuckte.
„Würd' es Ihnen recht sein, diesen A
bend mit mir hinzugehen und sie zu hö
ren ? sagte sie. Es ich dort herrliche
Musik/'—„Wenn Sie nur mit mir spre
chen wollen, sagt' ich, und machte eine tie
fe Verbeugung, so habe ich nicht den ge
ringsten Zweifel." „Also wollen Sie
mich hinführen?" sagte sie. „Ob ich
will, sagt' ich, und noch äußerst sehr an
genehm dazu." —„Gut, sagte sie, ich wer
de um halb acht Uhr bereit sein/'—--„Und
Sie sollen nicht auf mich Worten, sagt'
ich, jetzt muß ich aber gehen, denn ich bin
noch nicht einmal wieder in der Expreß-
Expedition gewesen." »
Damit nahm ich meinen alten Filz und
nachdem ich sie noch eine von meinen be
sten Verbeugungen hatte sehen lassen,
wollte ich fortgehen, als ich auf einmal
dran dachte, was ich für ein Esel gewesen
wäre, „tii'aeious, sagt' ich, ich hätte
ja bald vergessen zu fragen, warum ich
eigentlich herkommen sollte?'' Kaum
waren die Worte heraus, so wurde ihr
Gesicht so roth, als ob alle die Ahorns
blätter, von denen ich gesprochen, ihr hin
ein geflogen wären, in dem Augenblick
hörte ich aber auch den Burschen wieder
"TVillig zu l?>ben und ohne Furcht zu tadeln."
Dienstag den 21. September, 18A7.
kommen, machte ihr daher noch in aller
Geschwindigkeit eine liefe Verbeugung,
und schob nach der Schute zurück.
(i.
Indessen war es dunkel geworden, bis
wir Alles verkauft hatten. In der (sa
jütr wieder angekommen, warf ich mich
in aller Geschwindigkeit in Wichs und
kam, nach einer Stunde etwa, so nett und
fein daraus hervor, wie eine neue Steck
nadel, roch aber so stark nach Pfeffermünz
Essenz, daß ich, blos durch Vorbeigehen,
wobei die Ecke von meinem Taschentuch
herausguckte, Eapitän Dolittle von seinen
Magenkrämpfen kurirte.
Ich brauche wohl nicht erst zu erzäh
len, wo ich hinlief, und gerade zur rech
ten Zeit kam ich an Ort und Stelle. Der
gelbe Nigger begann gleich mit einer gan
zen Reihe von Verbeugungen und Kratz
füßen, so wie er mich nur zu Gesicht be
kam, und sagte: „Haben Sie die Güte,
sagte er, und bemühen Sie sich die Trep
pe hinauf." —~Ia wohl!" sagt' ich, und
hinauf sprang ich, immer eine unbestimm
te 'Anzahl von Stufen auf einmal, denn
es war mir werkmürdig sprüngig um die
Kniekehlen herum.
Als der Nigger die Stubenthür auf
rieß, sah ich Miß Sneers gerade vor mir,
aber angezogen, Haß Einem dk Augen
ordentlich weh thaten. Sie stand vor
dem schon erwähnten Spiegel, in dessen
breitem, goldenen Nahmen zwei große,
lange Lichter staken, im Glas konnt' ich
jedoch das wunderhübsche Gesichtchen sich
ganz zufrieden anlächeln sehen, wie sie da
bei die runden Arme in die Höhe hob und
eine goldene Kette um das zusammenge
bundene, pechschwarze, glänzende Haar
herumwand. Gerade da, wo der Nacken
sich ein Bischen vorbiegt, trug sie ein
schwarzes Sammtband mit einem golde
nen Schloß d'ran, das ihren weißen Hals
noch vül weißer aussehen machte, und
wenn sie lächelte, konnt' ich im Spiegel
die kleinen weißen Zähne sehen, daß ich
manchmal dachte, sie hätte das Mänlchen
voll Eocosnußfleisch und würde es im
nächsten Augenblick hinunter schlucken.
Ich stand mäuschenstill, wie sie sich die
seidenen Aermel am Handgelenk glatt
strich und unten mit einer kleinen golde
nen Handschelle fest machte, nachher nahm
sie einen winzigen Handschuh, hob ihn an
den rothen, süßen Mund, bließ ihn ein
Bischen auf, daß er anssah wie ein
Schneeball, und arbeitete sich dann ganz
langsam und behaglich mit der niedlichen
Hand hinein; wie sie es aber mit dem
andern eben so gemacht hatte, begann ich
doch Angst zu bekommen, daß sie mich
hier beim Lauschen ertappen möchte, als
sie daher gerade ein weißes feines Taschen
tuch in die Höhe nahm, schlich ich mich
auf den Zehen hinan, hielt ihr meinen
Mund dicht an s Ohr und fuhr gerade
heraus: „Buh!" sagt' ich.
Spinnräder und Käsepressen, sprang sie
nicht in die Hol)' und schrie sie nicht? ich
dachte wahrhaftig, sie krieqte Krämpfe,
waö ich auch anfangen mochte. „O ge
hen Sie! erschrecken Sie doch nicht, s ist
ja Niemand als ich." sagt' ich, und wußte
vor Angst nar nicht was ich thun sollte.
Sie wäre richtig umgefallen, wenn ich
sie nicht gerade um den Leib erwischt und
gehalten hätte, und da lag das kleine
Köpfchen an meiner Schulter und die ro
then Lippen dicht vor mir, und ich durft'
sie nicht anrühren. DaS war denn aber
ein Bischen zu harr. hätte sie übrigens
einen Augenblick länger gelegen, so glaubt
ich doch, daß meine Lippen auf ihre d'rauf
gekommen wären, wie eine Hummel auf
eine Zwiebelblüthe. sie wandte sich aber
auf die Seite, schob mich ein wenig von
sich und sagte: „(Zraeicius!" sagte sie.
Ich ließ sie los. und sing an mich so strei
sig zu fühlen, wie der Tiger bei den wil
den Thieren d rin, denn ich hatte merk
würdige Angst, daß sie's übel aufnehmen
würde.
„Sein Sie nicht böse, sagt' ich, und
drehte den alten Filz zwischen den Fingern
herum, es sollte Sie ja nicht so unver
, nünftig erschrecken ; Sie sind wieder gut ?
nicht wahrSie antwortete mir nicht
gleich, zog aber ihren Handschuh aus, und
glättete sich das Haar auf der ei'Nen Sei
te wieder herunter, denn mein Rockärme»
hatte das ein wenig rauh gemacht, aus
einmal aber drehte sie sich um, lächelte
mich so freundlich, wie ein Korb voll
Spähne an. und : „Oh, es schadet
Nichts ; ich erschrak blos im Anfang" und
damit hielt sie mir die kleine Hand, mit
dem Handschuh halb angezogen, so ver
führerisch hin. daß ich sie aus Leibeskräf
ten faßte und schütelte, wie unsere Katze
eine Maus schüttelte, die sie vor'm Fres
fen noch richtig quälen will.
„Wollen sie ihn nicht zuknöpfen ?" sag»
te sie, und bog das klein? Handgelenk nach
mir herum, wie ein Gänsehals. „Na,
ich denke, ob ich will!" sagte ich. und setz
te alten Filz geschwinde aus den Teppich,
zog meine Handschuh aus und legte sie
auf den Ranv, klappte dann vorn meine
Nockärmel in die Höh'—aber ganz lang
sam, damit sie nicht sehen sollte, wie ich
mich freute, u. nahm nun die kleine Hand
«zwischen meinen Daumen und Zeigesinger,
und ging nun an die Arbeit.—Nachdem ich
an dem Knopf eine ganze Weile so unge
schickt wie möglich, aber so ernsthast wie
ein Pastor, herumgearbeitet hatte, sieng er
sich auf einmal, ganz gegen meinen Wil
len, und ich mußte nun wohl loslassen.
Hol's der Henker ich hätte die kleine
Hand die ganze Nacht festgehalten.
Indessen ich meine Handschuh nun wie
der anzog und den alten Filz aufhob,
guckte sie nach der winzigen Uhr und hud
delte sich dann in dem großen Kragen, wie
ein ganzer Haufen von Schönheit, zusam
men. „Es ist wohl Zeit zum abtraben?"
! sagt' ich. und setzte den alten Filz auf. es
war mir aber wegen dem Arm reichen noch
nicht so recht behaglich zu Muthe; denn
ich wußte nicht ganz gewiß, ob ich ihr mei
nen Ellbogen schon im Haus, oder erst
auf der Straße, wie wir's daheim machen,
anbieten sollte; während ich mir aber die
Sache noch überlegte, glitt sie auS der
Thür die Treppe hinunter und ich, was
hast du. hinterher. Als wir zuletzt auf
die breiten Steine kamen, machte ich mei
ne Verbeugung, gerade wie in Weathers«
sield, und sagte: „Wollen Sie meinen
Arm nehmen, mein Fräulein ?" Sie sagte
nicht, wenn's Ihnen gefällig ist, Sir?"
und hing sich nachher hinein, wie eins von
unsern Mädchen, sondern sie legte ihre
Hand nur auf meinen Rockärmel, daß die
kleinen Fingerchen gerade an meinen gel
ben Handschuh anstreiften, und mir der
allerkleinste auf dem Handgelenk lag, aber
nur ganz, ganz wenig.—Wir gingen nach
dem Broadway und mischten uns in einen
ganzen Strom MenscheNnatur, der in die
Stadt hinauf fluthete, lächelten dabei ein
ander in 6 Gesicht und unterhielten uns
so freundlich wie zwei kleine Vögel auf
einem Ast.
Gut, wir traten in ein großes, hübsches
Haus und gingen durch einen langen, lau
gen Gang, bis zu einem Mann, neben
einem ganzen Haufen kleiner viereckiger
Papierstücke an einem Tische saß. Er
hielt mir zwei davon entg«gen u. ich nahm
sie, eigentlich blos ihm zu Gefallen, denn
er sah gar so ernsthaft aus, und wollte
eben weiter gehen, als der Bursche auf
einmal sagte: „Sie kosten zwei Dollar."
—„Was kostet zwei Dollar?" sagte ich.
—„Die Billette." er. und zeigte auf
die Pappe.—„Was? das BiSchen Buch
binderabfall? sagt' ich; das ist ja keine
zwei Eente werth." „Sie können nicht
ohne diese hinein !" sagte er.—„l, machen
Sie, daß Sie fortkommen, sagte ich, Sie
haben mich doch nur zum Besten; kommen
Sie. hier sind sechs Schilling baar Geld,
so. das wird wohl recht sein !" „Nicht
einen Cent weniger als zwei Dollar! sag-
Laufende Nummer
te er," und saß so steif wie ein Garten
pfahl da —„Nehmt's und geht zum Hen
ker, sagt' ich, und warf ihm das Geld auf
den Tisch, hätt' ich aber das hübsche Mäd
chen hier nicht am Arm. ich wollt' Euch
zeigen, wie Ihr das nächstemal einen Van
kee behandeln sollt!" damit richtete ich
mich ganz perpendikulär in die Höhe und
marschitte so stolz und ärgerlich ab, wie
einer ungefähr aussehen müßte, der zwei
Dollar für ein paar viereckige Pappe ge
geben hatte.
Ich konnte mich die ganze Treppe hin«
auf nicht recht zufrieden geben, bis wir in
ein großes, unmenschliches Zimmer kamen,
wo die Wände mit feuerrothen Bäumen
und Büschen, und Menschen bemalt wa«
ren, zwischen denen eine ganze Menge
großmächtige Spiegel standen. Dabei
hingen in der Mitte und an den Wänden
eine Anzahl goldene Lichter, >inter denen
die Bänke ganz voll von hübschen Frau«
enzimmern, fast Alle im bloßen Kopfe, sa
ßen. und Einige sogar merkwürdig schön
waren, sich aber doch noch nicht lange mit
meinem Mädchen vergleichen konnten. ES
waren auch eine gehörige Menge Männer
zwischen ihnen herumgesprenkelt; ich den
ke aber, ein junger Mensch von meiner
Größe etwa, mit seinem Haar in lauter
zierlich gedrehten Locken, den Frack hinten
quer abgeschnitten, in Faltenbeinkleidern
und mit dem hübschesten Geschöpf am
Arm, das jemals Schuhleder zertreten hat,
mußte sich nicht übel ausnehmen, wie er
sich mit dem Kopfe zurückgeworfen, durch
sie Alle durchdrängte, bis er zu einem So«
pha an der Wand kam ; dort nahm er die
äu Bersten Fingerspitzen der kleinen Hand
zwischen seine gelben Handschuh Finger
und machte eine kleine Verbeugung, daß
er mit dem Hutdeckel beinah' das Gesicht
des hübschen Mädchens berührte. Oaul/
üs)1)alu8! starrte uns nicht Alles an, sie
werden aber wohl nicht alle Abend zwei so
gut aussehende Figuren zu Gesicht bekom
men ich ließ mir NichtS merken, und saß
so unabhängig wie ein Pfropfenzieher da,
den alten Filz zwischen den Knieen, die
Hände über den Deckel zusammengefaltet,
und mit den einem Daumen immer hinter
dem andern hersagend, damit sie wenig
stens sehen sollten, ich könnte mich eben so
behaglich wie zu Hause fühlen, und wenn
sie mich Alle anstarrten. Nach einer klei
nen Weile sing das andere Ende vom
Zimer mit lauter Musikanten überzulau
fen, dann setzten sie eine große lange Kiste
auf Beinen, mit einer Reihe von Zähnen
am einen Ende, hin, u. dann kam ein lan
ger Mensch herein und schlug mit beiden
Händen d'rauf herum, was eine ganze
Menge hübsche Musik heraus ließ; und
nun singen die Fiedler und Tuthornbläser
auch an.
Endlich hörten sie auf und der Mann
an der Kiste erhob sich, öffnete eine Thür
und führte ein ganz niedliches Mädchen
herein, die so sanft und unschuldig aus
sah, als ob ihr keine Butter im Munde
zerginge. Sie kam mir aber gerade vor
wie eine Wasserlilie am frühen Morgen,
die sich noch halb und halb vor dem Son
nenlicht fürchtet; ihr Kleid hatte hiebet
die Farbe vom Himmel, wenn düline Wol«
ken d'rüber hinziehen, und an einem Arm
trug sie einen breiten goldenen Reifen;
aber was für ein Arm war das? Arsei<iuB,
da konnte das Gold nicht gegen aufkom«
men. (Fortsetzung folgt.)
„Muß man auch seine Feinde lieben ?"
fragte ein Lehrer. —„Ja." antwortete ei.
ner der Schüler. „Recht, mein Sohn,
aber führ mir ein Beispiel an." Der
Knabe schwieg verlegen und der Lehrer
fuhr fort: „Wenn Dir zum Exempel ein
böser Bube, dem Du nichts zu Leide ge
than. eine Ohrfeige gäbe, was würdest
Du thun?" ..Ihm zwei zurückgeben/'
war des Knaben schnelle Antwort.